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Title: Die Technik der Lastenförderung einst und jetzt - Eine Studie über die Entwicklung der Hebemaschinen und - ihren Einfluß auf Wirtschaftsleben und Kulturgeschichte
Author: Kammerer, Otto
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Die Technik der Lastenförderung einst und jetzt - Eine Studie über die Entwicklung der Hebemaschinen und - ihren Einfluß auf Wirtschaftsleben und Kulturgeschichte" ***


  ####################################################################

                     Anmerkungen zur Transkription

    Der vorliegende Text wurde anhand der 1907 erschienenen Buchausgabe
    so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Typographische
    Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Fremdsprachliche
    Orts- und Personennamen wurden vom Autor teilweise in deren
    deutsche Schreibweisen übertragen; diese wurden nicht verändert.
    Rechtschreibvarianten wurden nicht vereinheitlicht; ungewöhliche
    und altertümliche Wortformen bleiben unverändert, sofern die
    Verständlichkeit des Textes dadurch nicht berührt wird.

    Das Original enthält offenbar einige Rechen- bzw. Rundungsfehler;
    in mindestens einem Fall wurde von einem falschen Maßsystem
    ausgegangen. Da die Zahlenwerte dennoch im Rahmen ihrer
    Größenordnung korrekt erscheinen, wurde in der vorliegenden Version
    auf eine Änderung verzichtet, insbesondere weil in den meisten
    Fällen eine Fehlerquelle innerhalb des Textes nicht ermittelt
    werden kann.

    Besondere Schriftschnitte wurden in der vorliegenden Fassung mit
    den folgenden Sonderzeichen gekennzeichnet:

      kursiv:     _Unterstriche_
      fett:       $Dollarzeichen$
      gesperrt:   ~Tilden~

    Kapitälchen werden als VERSALIEN dargestellt.

  ####################################################################



                              Die Technik
                          der Lastenförderung
                            einst und jetzt

                              Eine Studie

                               über die

            Entwicklung der Hebemaschinen und ihren Einfluß
               auf Wirtschaftsleben und Kulturgeschichte

                                  von

                        Kammerer-Charlottenburg

                  Mit Schmuck von ~O. Blümel~-München

                            [Illustration]

                        $München$ und $Berlin$

                  Druck und Verlag von R. Oldenbourg
                                 1907



                             GEWIDMET DEM

                           DEUTSCHEN MUSEUM
                VON MEISTERWERKEN DER NATURWISSENSCHAFT
                              UND TECHNIK

                                                          IN MÜNCHEN


    CHARLOTTENBURG
    IM DEZEMBER 1906



Entstehung der Studie.


Dem Steuermann eines Schiffes gleich muß der Ingenieur, der inmitten
des rastlos pulsenden Getriebes der modernen Welt steht, seine Augen
unablässig auf das gerichtet halten, was vor ihm liegt. Was überwunden
hinter ihm bleibt, entschwindet auch bald aus seiner Erinnerung.

Das unablässige Vorausschauen, zu welchem die stürmische Entwickelung
der Ingenieurkunst zwingt, hat es mit sich gebracht, daß die Ingenieure
der klangvollen Geschichte ihres eigenen Berufes bis jetzt nur wenig
Aufmerksamkeit geschenkt haben, daß sie dem Gedächtnis ihrer Pioniere
nicht immer die verdiente Ehre gewidmet und die Pietät gegen deren
Erstlingsschöpfungen nicht allezeit gewahrt haben. Darum ist es auch
gekommen, daß um so weniger andere Berufe die kulturgeschichtliche
Bedeutung der Ingenieure und ihrer Kunst gewürdigt haben: Kein
geschichtliches Werk verzeichnet den Einfluß ihrer Arbeit auf die
Entwicklung der Menschheit, und eine Gedenktafel für einen ihrer
Führer ist eine seltene Erscheinung in Deutschland, das sonst so viel
historischen Sinn zur Schau trägt.

Als ein erfreulicher Wandel ist das Geschenk zu begrüßen, welches das
beginnende Jahrhundert den deutschen Ingenieuren gebracht hat: die
Gründung eines Museums, das ihrer Kunst und ihrer Geschichte gewidmet
ist, und zwar an einer Stätte, die nicht ein Mittelpunkt der Industrie
sondern durch die Pflege der Kunst und durch künstlerische Tradition
als ein Kulturmittelpunkt Deutschlands mit Fug und Recht gilt.

Die Entwicklung der Technik bietet -- auch in früherer Zeit bereits
-- eine solche Fülle von fesselnden Bildern, daß der Aufbau dieses
Museums als eine dankbare Aufgabe erscheint; freilich ist der Stoff so
zerstreut, daß die Sammlung und Ordnung die Mitarbeit vieler notwendig
macht. Eine treffliche Grundlage hierfür bieten die wenigen Werke über
die Geschichte der Technik, die bisher entstanden sind: die »Geschichte
des Eisens« von Ludwig Beck, die »Ingenieurtechnik des Altertums« von
Merkel, die »Lebendigen Kräfte« und andere Arbeiten von Max Eyth und
die »Geschichte der Dampfmaschine« von Matschoß.

Für die Gruppe »Hebemaschinen« haben die »Beiträge zur Geschichte
des Maschinenbaues« von Theodor Beck für die Zeit vor dem Jahre
1500 wertvollen Stoff geliefert, während für die spätere Zeit
sehr zerstreutes Material aus einer großen Zahl von alten Werken
zusammengetragen werden mußte.

Es lag nun der Gedanke nahe, die Ergebnisse dieser historischen
Studien nicht nur in einem Bericht für das Museum von Meisterwerken
zusammenzustellen, sondern sie gleichzeitig den Fachgenossen
zugänglich zu machen, die der Geschichte ihrer Kunst einige Neigung
entgegenbringen.

Es braucht kaum gesagt zu werden, daß die vorliegende Studie keinen
abschließenden Bericht, sondern nur einen ersten Anfang mit vielen
Lücken vorstellen kann.

Den Persönlichkeiten und Werken, die diese Studie durch freundliche
Zusendung von Mitteilungen und Photogrammen unterstützt haben, sei auch
an dieser Stelle bestens gedankt, ebenso dem Künstler, der den Schmuck
des Buches entworfen hat.

Besonderer Dank aber sei dem Verleger ausgesprochen, auf dessen
Anregung die Veröffentlichung zurückzuführen ist, und der weder Mühe
noch Kosten gescheut hat, um die Studie in einer des Deutschen Museums
würdigen Gestalt erscheinen zu lassen.

    Charlottenburg 1906.

    $Der Verfasser.$



Inhaltsverzeichnis.


                                                                   Seite

    Entstehung der Studie                                              V


    I. Überblick über die Geschichte der Hebemaschinen                 1


    II. Die Hebemaschinen der Antike und des Mittelalters              7

        1. Vorzeit                                                     9

        2. Antike                                                     11

        3. Mittelalter                                                14

        4. Renaissance                                                17


    III. Die Hebemaschinen der Neuzeit                                25

      A. Die Lastenförderung im Bergbau                               27

        1. 1500-1820: Antrieb durch Göpel und Wasserrad               27

        2. 1820-1900: Antrieb durch Dampfkraft                        35

        3. Von 1900 an: Antrieb durch elektrischen Strom              49

      B. Die Hebemaschinen im Hüttenwerk                              69

      a) Die Hebemaschinen des Hochofens                              70

        1. 1803-1900: Antrieb durch Druckluft und Dampf               71

        2. Von 1900 an: Elektrischer Betrieb                          72

      b) Die Hebemaschinen des Stahlwerks                             74

        1. 1840-1900: Antrieb durch Druckwasser                       77

        2. Von 1900 an: Elektrischer Betrieb                          83

      c) Die Hebemaschinen des Walzwerks                              89

        Von 1900 an: Elektrischer Antrieb                             91

      d) Die Hebemaschinen des Lagerplatzes                          101

      C. Massentransport in Hafenanlagen                             107

        1. 1500-1850: Antrieb durch Tretrad und Kurbel               107

        2. 1850-1890: Antrieb durch Dampf und Druckwasser            114

        3. Von 1890 an: Elektrischer Antrieb                         129

      D. Lastenbewegung in Werften                                   151

      a) Helling-Krane                                               153

      b) Schwerlast-Werftkrane                                       160

      c) Schwimmkrane                                                169

      E. Hebemaschinen an Bord                                       177

      a) Die Hebemaschinen auf Handelsschiffen                       178

      b) Die Hebemaschinen auf Kriegsschiffen                        189

        1. Bootskrane                                                190

        2. Kohlenwinden                                              192

      F. Schiffs-Hebewerke                                           203

      a) Trogaufzüge. (Lotrechte Hebewerke)                          205

      b) Trogbahnen. (Geneigte Hebewerke mit Naßförderung)           216

      c) Schiffsbahnen. (Geneigte Ebenen mit Trockenförderung)       224


    IV. Rückblick auf die Entwicklung der Hebemaschinen im
          19. Jahrhundert                                            237

        1. Einfluß der Naturkraft auf die Gestaltung
             der Hebemaschinen                                       239

        2. Einfluß des Baustoffes auf die Gestaltung
             der Hebemaschinen                                       246

        3. Einfluß der Herstellung auf die Gestaltung
             der Hebemaschinen                                       248

        4. Einfluß der Hebemaschinen auf die Arbeitsverfahren        249

        5. Einfluß der Hebemaschinen auf die Wirtschaftlichkeit
             des Betriebes                                           251

        6. Einfluß der Hebemaschinen auf die Häufigkeit
             der Unfälle                                             253

        7. Einfluß der Hebemaschinen auf den Arbeiterstand           255

        8. Die Hebemaschinen in der Kulturgeschichte                 257



I

Überblick über die Geschichte der Hebemaschinen



[Illustration]



I

Überblick über die Geschichte der Hebemaschinen.


Die Arbeit des Lastträgers ist von jeher als eine besonders harte
und drückende empfunden worden. Dies spricht sich aus in bildlichen
Ausdrucksformen: »Jemandem eine Last aufbürden« -- »Schwer daran
tragen« und anderen. Das Drückende liegt nicht etwa in der großen
Muskelanstrengung, denn die Arbeit des Schmiedes strengt gewiß nicht
minder an und ist gleichwohl seit alten Zeiten als eine vornehme
empfunden worden. Die drückende Empfindung wird vielmehr dadurch
hervorgerufen, daß einmal der Lastentransport eine nur körperliche
Arbeit ohne jeden Aufwand von Denkarbeit ist, und daß er zudem eine
unproduktive Arbeit ist. Denn durch den Transport wird keinerlei
Veredlung des Stoffes herbeigeführt sondern nur eine Raumveränderung.

Versuche, dem Menschen die Arbeit der Lastenförderung abzunehmen oder
sie wenigstens in eine minder harte Form zu bringen, sind uralt: sie
reichen in die Vorzeit zurück. Solange keine Naturkraft -- Wasserkraft
und Wärme -- zur Verfügung stand, konnte nichts anderes geschehen
als eine Umwandlung der harten Arbeit des unmittelbaren Schleppens
und Tragens in die minderanstrengende Arbeit des Drehens eines
Speichenrades, einer Kurbel oder eines Gangspills.

Auf diese Bestrebung, die Arbeit des Lastenhebens in eine den
menschlichen Muskeln besser angepaßte Form zu bringen, beschränken sich
alle Ausführungen bis zum 15. Jahrhundert. Tierkraft und Wasserkraft
waren zwar schon den Römern bekannt, wie uns Markus Vitruvius Pollio
um 16 v. Chr. berichtet, aber Pferdegöpel und Wasserrad wurden damals
nur zum Betrieb von Mahlmühlen verwendet und selbst diese ließ man
lieber durch Sklaven betreiben, die in dem günstigen Klima Italiens
billiger zu beschaffen und zu unterhalten waren als Pferde und hölzerne
Maschinen.

Erst gegen das Jahr 400 wurden in Rom die 300 Roßmühlen, welche bis
zu dieser Zeit dort bestanden, durch Wassermühlen verdrängt. Ausonius
erwähnt um 379 Wassermühlen in der Moselgegend: es scheint hiernach,
daß die Ausnutzung der Wasserkraft in Deutschland mindestens ebenso
früh eingeführt wurde als in Italien.

Die Windkraft war ihrer unsteten Natur nach wenig geeignet für den
Betrieb von Hebemaschinen; es finden sich daher Anwendungen dieser Art
nur als Anhängsel von Windmühlen und zwar erst im 15. Jahrhundert;
Windmühlen als solche finden sich zum erstenmal von Mabillon in
Frankreich 1105 erwähnt.

Ein Wandel trat erst um das Jahr 1500 ein. Um diese Zeit war der
Bergbau in Deutschland so weit entwickelt, daß er aus dem Tagebau der
antiken Zeit zu einem Tiefbau mit Schacht und Stollen sich umgebildet
hatte. Es lag daher das Bedürfnis vor, das gewonnene Erz aus Teufen
bis zu 200 m zu heben. Die Verwendung von Menschenkraft hierfür würde
in dem Klima Deutschlands zu kostspielig gewesen sein. Es war darum
notwendig geworden, Naturkräfte in den Dienst des Förderbetriebes zu
stellen. Anschauliche Zeichnungen von Göpel-Fördermaschinen und von
Wasserrad-Fördermaschinen sind uns in dem Werk »Bermannus« von Agricola
überliefert.

Die Anwendung dieser Naturkräfte für Hebemaschinen anderer Art, etwa
für den Umschlag vom Schiff auf das Landfahrzeug war kaum möglich,
denn die Wasserkraft war überhaupt nur in bergigem Gelände verfügbar
und ebenso wie der Tiergöpel zu schwerfällig und sperrig für den
beschränkten Raum am Kai. Wir finden daher vom Jahre 1500 bis gegen
die Mitte des 19. Jahrhunderts keinen wesentlichen Fortschritt. Die
Zeichnungen von Fördermaschinen und von Kaikranen aus dem Beginn des
19. Jahrhunderts sehen fast genau so aus wie diejenigen aus dem 15.
Jahrhundert; nur die Abmessungen sind mit den zunehmenden Teufen und
Lasten etwas gewachsen.

Eine völlig neue Periode begann erst mit der Beherrschung der
Dampfkraft und mit ihrer Anwendung auf den Lastentransport. Die
Dampfmaschine selbst stammt zwar schon aus dem Ende des 18.
Jahrhunderts, die Einführung der Dampfkraft in den Landverkehr fällt
aber erst in das Jahr 1829, ihre Anwendung für Fördermaschinen
ungefähr in dieselbe Zeit und ihre Verwendung für Krane erst in
die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die unmittelbare Anwendung der
Dampfkraft für Hebemaschinen blieb auch in der Folge auf Sondergebiete
wie Fördermaschinen, Schiffswinden und Kaikrane beschränkt; denn
Hebemaschinen mit eigenem Dampfkessel waren schwerfällig und
kostspielig, während der Anschluß an zentrale Kesselanlagen durch
lange Dampfleitungen hohe Instandhaltungskosten mit sich brachte. Das
Bedürfnis nach einer zweckmäßigen Energieverteilung machte sich lebhaft
geltend. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts tauchten zahlreiche
Bestrebungen dieser Art auf: Seilübertragung, Druckwasser und Druckluft
wurden in vielen Ausführungen zur Energieverteilung benutzt. Von diesen
Übertragungssystemen errang indessen kein einziges eine allgemeine
Verbreitung, weil alle zu geringe Beweglichkeit besaßen und zu wenig
für Fernübertragung geeignet waren. Es wurden daher bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts noch zahlreiche Hebemaschinen mit Handbetrieb
ausgeführt.

Erst mit dem Jahre 1890 trat ein Umschwung ein. Die elektrische
Kraftübertragung, die um das Jahr 1880 bekannt geworden war, wurde
gegen 1890 für den Hebemaschinenbetrieb nutzbar gemacht.

Trotzdem anfänglich zahlreiche Schwierigkeiten zu überwinden waren,
bis die Einzelheiten der Elektromotoren und ihres Zubehörs dem
Hebemaschinenbetrieb völlig angepaßt waren, verbreitete sich dieses
System mit so großer Schnelligkeit, daß um 1900 der elektrische Antrieb
infolge seiner Beweglichkeit, Einfachheit und Billigkeit bereits alle
anderen Systeme fast völlig verdrängt hatte.

Die Beherrschung der Naturkraft ist daher das Leitmotiv für die
Gestaltung der Hebemaschinen; von diesem entscheidenden Gesichtspunkt
aus gesehen ergibt sich die Einteilung der Entwicklungsgeschichte wie
folgt:

    ~Antike und Mittelalter~: Von der Vorzeit bis zur Einführung
    der Tierkraft und Wasserkraft in den Hebemaschinenbetrieb um das
    Jahr 1500.

    ~16., 17. und 18. Jahrhundert~: Von der Zeit um 1500 bis zur
    Einführung der Dampfkraft in den Hebemaschinenbetrieb um das Jahr
    1820.

    ~19. Jahrhundert~: Vom Jahr 1820 bis zur Einführung der
    elektrischen Kraftübertragung in den Hebemaschinenbetrieb um das
    Jahr 1890.

    ~Jüngste Zeit~: Vom Jahre 1890 bis jetzt.

Naturgemäß hat -- abgesehen von dem Wechsel der Naturkraft --
noch eine Reihe von Einflüssen umgestaltend auf die Entwickelung
der Hebemaschinen eingewirkt, so der Wechsel im Material, in
der Herstellung, das zunehmende Bedürfnis nach Vergrößerung
des Arbeitsfeldes und der Geschwindigkeit, nach Ersparnis von
Hilfsarbeitern u. a. m. Aber alle diese Einflüsse waren nicht von so
entscheidender Bedeutung für die Gestaltung wie die Art des Antriebes.

Die Hebemaschinen aus der Zeit der Antike und aus dem Mittelalter
erscheinen durchweg nicht als dauernde Einrichtungen sondern als
provisorische Vorkehrungen, um sich gelegentlich bei der ausnahmsweise
vorkommenden Bewegung schwerer Lasten zu helfen. Es ist noch keine
typische Ausgestaltung zu erkennen, wie sie nach dem 15. Jahrhundert
eintritt.

Es ist daher eine Gliederung nach Anwendungsgebieten für Antike und
Mittelalter kaum möglich; für diese erste Entwicklungszeit kann wohl
nur eine rein chronologische Ordnung gewählt werden.

Vom 15. Jahrhundert an treten deutlich ausgeprägte typische
Gestaltungen von Hebemaschinen auf. Für die folgenden Zeiten würde
eine rein chronologische Darstellung wegen der unvermeidlichen
Wiederholungen unübersichtlich und ermüdend wirken. Eine Ordnung nach
fachwissenschaftlichem Gesichtpunkt -- etwa nach Zahl und Art der
Lastbewegungen -- würde für den Nichtfachmann ungenießbar sein. Es
soll daher für die Zeiten nach dem 15. Jahrhundert eine Gliederung
nach Anwendungsgebieten eingehalten werden, weil diese der typischen
Ausgestaltung am ehesten gerecht wird.

[Illustration]



II

Die Hebemaschinen der Antike und des Mittelalters



[Illustration]



1. Vorzeit.


Mit den ersten Hausteinbauten trat sofort das Bedürfnis nach sicherem
Heben und Bewegen der Steinblöcke auf. Die Monolithen der Egypter,
die bis zu 1000 t Gewicht hatten, waren naturgemäß nur mit besonderen
Hilfsmitteln zu transportieren und aufzustellen. Wenn wir auch keine
genaue Kenntnis der Ausführung dieser Bauten haben, so liegen in den
bildlichen Darstellungen Urkunden vor, die uns eine unzweifelhafte
Vorstellung von angewendeten Methoden geben. Letztere laufen darauf
hinaus, eine große Anzahl von Menschen zu gemeinsamer Zusammenwirkung
zu vereinigen.

Fig. 1 zeigt die Fortschaffung des Standbildes des Dhutotep durch
die Krieger und die Stadtleute des Hasengaues. Das Standbild ist auf
einen hölzernen Schlitten gestellt, der auf einer ebenfalls hölzernen
Bahn gleitet. Vier Reihen von Arbeitern ziehen mittels Tauen den
Schlitten vorwärts. Ein Mann gießt Wasser auf die Bahn, drei weitere
bringen Wasser hinzu. Ein Mann steht auf den Knien der Statue und gibt
von diesem erhöhten Standpunkt durch Händeklatschen das Signal zum
taktmäßigen Anziehen. Mit welchen Menschenmassen bei diesen Transporten
gearbeitet wurde, geht aus einer Mitteilung hervor, wonach zur
Fortschaffung eines Steinblockes von 4,2 m Länge, 2,1 m Breite und 1 m
Höhe 3000 Leute verwendet wurden.

[Illustration: Fig. 1.]

[Illustration: Fig. 2.]

Neuerdings hat Choisy an vorgefundenen Resten und Spuren Untersuchungen
über die Entstehung der egyptischen Bauten angestellt und in dem
Buch »L’art de bâtir chez les Egyptiens« dargelegt. Aus diesen
Forschungen geht zunächst hervor, daß schwere Lasten durch eine große
Zahl gleichzeitig angreifender Hebel mit Gewichtsbelastung gehoben
wurden (Fig. 2, entnommen aus Choisy, S. 76), wobei nach jeder Hebung
die Unterstützungspunkte der Hebel durch Aufschütten von Erde höher
gelegt wurden, während die Last selbst auf einer Erdschüttung aufruhte.
Einzelne Quadern wurden durch wiegenartige Wälzungshebel abwechselnd
gehoben und durch Unterlagen zeitweise unterstützt. (Fig. 3, entnommen
aus Choisy, S. 82.) Die Aufstellung von Monolithen ging in der Weise
vor sich, daß sie in wagrechter Lage zunächst durch Hebel stufenweise
gehoben und auf vorübergehend aufgestellte Mauern gelagert wurden.
(Fig. 4, entnommen aus Choisy, S. 124.) Dann ließ man das untere Ende
des Monolithen auf einem Mauersektor heruntergleiten, wobei die
stützende Erdschüttung allmählich entfernt wurde. Schließlich wurden
Sandsäcke unter den Fuß gelegt, die stützenden Hölzer durchgesägt und
nun die Sandsäcke allmählich entleert, so daß sich der Steinblock ohne
Stoß auf sein Fundament aufsetzte.

[Illustration: Fig. 3.]

[Illustration: Fig. 4.]

Die technischen Hilfsmittel waren also: Gewichtshebel einfachster Art
und in großer Zahl angebracht, Schlittenkufen und Erdschüttungen. Zur
Handhabung dieser Mittel waren naturgemäß gewaltige Mengen von Menschen
erforderlich, die gefügig einem einzigen Willen gehorchten.



2. Antike.


Aus der griechischen Zeit liegen bereits Nachrichten vor, nach welchen
die einfachsten Hebemaschinen -- Flaschenzug, Trommelwelle, Stirnräder
und Wippkran -- damals bereits in Gebrauch waren. Das Werk »Barülkon«
über Hebemaschinen von Heron dem Älteren, der etwa 120 v. Chr. lebte,
ist freilich verloren gegangen (Theodor Beck, S. 5). Einen Auszug aus
diesem Werk bildet indessen das »Pappi Alexandrini collectionis liber
8«, das um das Jahr 300 n. Chr. geschrieben wurde. In diesem Buche
sind Flaschenzug, Trommelwelle mit Spillenrad, Stirnräder und ein
einmastiger Wippkran (Monokolos) einfachster Art deutlich beschrieben.
Die Beschreibung des Wippkrans lautet nach der Übersetzung von Theodor
Beck wie folgt: »Aber um Lasten in die Höhe zu heben konstruiert man
entweder einbeinige oder zwei- oder drei- oder vierbeinige Maschinen.
Was die einbeinige Maschine betrifft, so nimmt man ein festes Holz,
dessen Länge größer ist als die Höhe, bis zu welcher man die Last
aufziehen will. Wenn es auch an und für sich fest ist, so umschnürt
man es doch mit einem in Windungen darum geschlungenen Seile. Die
Zwischenräume dieser Windungen sollen nicht größer sein als vier
Handbreiten. So wird nicht nur das Holz fester, sondern die Windungen
können auch den Arbeitern wie Leitersprossen dienen, wenn sie in
die Höhe steigen wollen. Wenn das Holz nicht stark genug zu haben
ist, setzt man es aus mehreren Hölzern zusammen. Diese Säule wird
dann in einer Bohle aufgerichtet, und an ihrer Spitze werden drei
oder vier Seile befestigt, herabgeführt und an irgendeinen festen
Gegenstande angebunden, so daß die Holzsäule, wenn nach irgendeiner
Seite hin gezogen wird, nicht wankt, sondern von den gespannten Seilen
festgehalten wird. An der Spitze angebundene Flaschenzüge werden nach
der Last hingezogen und ziehen, entweder mit der Hand oder durch Göpel
in Bewegung gesetzt, die Last an, bis sie zur gewünschten Höhe gehoben
ist. Wenn ein Stein (der die Last bildet) auf eine Mauer, oder wo man
sonst hin will, gelegt werden soll, so läßt man, nachdem Vorstehendes
geschehen, eines von den an der Spitze befestigten Seilen, und zwar
dasjenige, welches sich auf der der Last gegenüberliegenden Seite
befindet, nach und neigt die Säule. Auch legt man Walzen unter solche
Stellen der Last, wo das Bindeseil nicht herumgeschlungen ist, und läßt
dann die angespannten Flaschenzugseile nach, bis die Last auf den
Walzen sitzt. Nachdem dann das Bindeseil gelöst ist, bewegt man die
Last mit Hebeln, bis sie an die Stelle gebracht ist, wo man sie haben
will. Dann bringt man die Bohle, worauf die Säule steht, indem man sie
mit Seilen an den Händen fortzieht, an eine andere Stelle des Gebäudes,
läßt die Seile wieder herab, bindet sie wieder an, und gebraucht die
Maschine wieder auf dieselbe Weise, wie wir es beschrieben haben.« --
Fig. 5 ist eine Zeichnung von Leonardo da Vinci (entnommen aus Th. Beck
S. 447), die dieser Beschreibung des Pappus entspricht.

[Illustration: Fig. 5.]

[Illustration: Fig. 6.]

Aus der römischen Zeit liegt gegenüber der griechischen nichts
wesentlich Neues auf dem Gebiet der Hebemaschinen vor, denn nach dem
eigenen Zeugnis des Marcus Vitruvius Pollio (um 16 vor Chr.) hat dieser
in seiner Darstellung nur zusammengetragen, was er in griechischen
Werken bereits vorfand. Die Figurentafeln des Vitruv sind verloren
gegangen, nachstehend eingefügte Figuren sind den Rekonstruktionen von
Theodor Beck entnommen. Fig. 6 (entnommen aus Beck S. 42) stellt einen
Wippkran vor, wie er heute noch als allereinfachstes Hilfsmittel zum
Heben von Lasten an Baustellen benutzt wird. Mit der schon erwähnten
Beschreibung eines einmastigen Wippkrans (Monokolos) von Pappus stimmt
folgende Darstellung des Vitruv überein: »Es gibt außerdem noch eine
andere ziemlich sinnreiche Art von Hebemaschinen, welche den Vorteil
der Arbeitsbeschleunigung bietet, die aber nur von kundigen Leuten
gehandhabt werden kann. Man stellt nämlich nur einen Baum auf und
spannt ihn auf vier Seiten mit Haltseilen fest, unter den Haltseilen
befestigt man zwei Backen (Auffütterungshölzer), knüpft die Flasche
mit Seilen über denselben fest und legt der (oberen) Flasche ein etwa
zwei Fuß langes, sechs Zoll breites und vier Zoll dickes Querholz
unter. Die Flaschen werden so eingerichtet, daß die Rollen zu je drei
nebeneinander laufen. Nun werden drei Zugseile an der oberen Flasche
festgeknüpft, dann zur unteren Flasche herabgeführt und von innen um
die drei oberen Rollen derselben geschlungen, dann werden sie wieder
zur oberen Flasche hinaufgeführt und von außen nach innen über die
unteren Rollen derselben geschlungen. Wenn dann die Seile wieder auf
den Boden herab gelangt sind, schlägt man sie von innen nach außen
über die drei Rollen, die an zweiter Stelle stehen, führt sie wieder
nach oben, zu den zweiten Rollen daselbst, schlingt sie über diese,
führt sie abermals nach unten und von unten noch einmal nach oben, und
nachdem sie über die obersten Rollen geschlagen sind, leitet man sie
bis an den Fuß des Hebebocks (Standbaums). Am unteren Ende der Maschine
aber ist ein drittes Rollengehäuse angebracht, welches die Griechen
Epagon (Zieher), wir Römer aber Artemon (Leitflasche), nennen. Dieses
Rollengehäuse wird am Fuße des Standbaumes festgeknüpft und enthält
drei Rollen, um welche die Seile geschlungen werden und dann ihre Enden
den Leuten zum Ziehen darbieten. So können ohne Göpel drei Reihen von
Leuten ziehen und die Last wird schnell in die Höhe gebracht.

[Illustration: Fig. 7.]

Diese Art von Maschinen wird Polyspastos (vielzügig) genannt, weil sie,
in vielen Rollen gehend, sowohl leichte als rasche Handhabung zuläßt.
Der Umstand aber, daß nur ein Baum dabei aufgestellt ist, gewährt den
Vorteil, daß man vorher, ehe man eine Last versetzt, die Maschine nach
Belieben nach der rechten oder linken Seite hin neigen kann.« (Beck
S. 44.)

Neben dem Wippkran war den Römern auch der Drehkran bereits bekannt,
und zwar nicht in der einfachen Ausführung als Säulenkran, sondern in
dem weit schwierigeren Aufbau des modernen Drehscheibenkrans. Vitruv
schreibt hierüber: »Alle Maschinenarten, welche oben beschrieben worden
sind, finden bei Verladung und Ausladung von Schiffen Anwendung, bald
aufrechtstehend, bald wagrecht auf »Krandrehscheiben« angeordnet.«
(Beck S. 44.)

Theodor Beck fügt zur Erläuterung ein Bild aus dem 16. Jahrhundert bei:
Fig. 7 (entnommen aus Beck S. 45).



3. Mittelalter.


Es folgt nun eine große Lücke in der Überlieferung, die bis zum
Jahre 1400 sich erstreckt. Die nunmehr folgenden Berichte lassen
erkennen, daß der Fortschritt in dieser Zeit nur ein ganz geringer
war. Diese Erscheinung ist durchaus begreiflich. Denn die hohe Kultur
der griechischen und römischen Zeit kam nur einem winzigen Bruchteil
der Bevölkerung zugute; die ungeheure Mehrzahl hatte alle körperliche
Arbeit gegen geringes Entgelt zu liefern. Man mag vielleicht behaupten,
daß die materielle Lage der Sklaven nicht schlechter als diejenige von
Taglöhnern unsrer Zeit gewesen sei, jedenfalls nicht schlechter als die
Lage der untersten Volksschichten in Italien, insbesondere in Neapel.
Immerhin waren sie jeder Willkür ihrer Besitzer völlig preisgegeben,
denn diese hatten Recht über Arbeitskraft und Körper, über Leben und
Tod. Daß die Lage dieser Volksschichten keine beneidenswerte war, geht
jedenfalls aus der Tatsache hervor, daß mehrjährige Sklavenaufstände
sich wiederholten, die zum Teil nur mit Aufwendung aller Machtmittel
niedergeschlagen und nur durch brutale Abschreckungsmittel für einige
Zeit unterdrückt werden konnten. Die von Rom nach Neapel führende
Straße wurde nach Niederkämpfung eines Aufstandes mit 7000 an das Kreuz
geschlagenen Sklaven besetzt. Vollends unmöglich wäre eine solche auf
völliger Unterdrückung der breiten Masse beruhende Kultur in einem
Lande gewesen, das nicht das fruchtbare und milde Klima Italiens
besessen hätte, das mit einem Mindestmaß von Arbeit und Einkommen das
Leben zu fristen gestattet.

Die Verbreitung des Christentums und der Einbruch der Germanen
bereiteten dieser künstlerisch so hochwertigen und vom Standpunkt
der Humanität aus barbarischen Kultur das unausbleibliche Ende. Die
körperliche Arbeit konnte nun nicht mehr auf die Sklaven abgewälzt
werden, sondern mußte gemeinsam von allen geleistet werden. Die Folge
war, daß die Muße für künstlerische und wissenschaftliche Tätigkeit
fehlte, und daß daher ein mehr als tausendjähriger Stillstand und
Rückschritt auf diesen Gebieten eintrat.

Erst gegen das 15. Jahrhundert zu werden uns wieder Nachrichten über
Maschinen zur Bewegung schwerer Lasten übermittelt. Der erste Bericht
dieser Art stammt aus der Zeit der Hussitenkriege um das Jahr 1430.
Theodor Beck übermittelt uns aus dieser Schrift folgende Skizzen:

Fig. 8 (entnommen aus Beck S. 271) zeigt einen Drehkran, der nicht
wie die römischen Krane als Drehscheibenkran, sondern als Säulenkran
gestaltet ist, wobei indessen die Lagerung der Säule nicht dargestellt
ist.

[Illustration: Fig. 8.]

[Illustration: Fig. 9.]

In Fig. 9 (entnommen aus Beck S. 273) ist die Lagerung der Kransäule
deutlich erkennbar. Das Triebwerk ist hier nicht wie in Fig. 8 an der
drehbaren Säule sondern an dem feststehenden Gestell gelagert.

[Illustration: Fig. 10.]

[Illustration: Fig. 11.]

Fig. 10 (entnommen aus Beck S. 277) zeigt zum erstenmal
eine Hebemaschine, die durch Naturkraft betrieben wird. Die
Einzelkonstruktion ist nicht sichtbar, es ist aber zu vermuten, daß
die Trommelwelle parallel zur Windradwelle so gelagert ist, daß durch
Reibungsräder die Übertragung von der letzteren auf die Trommelwelle
stattfindet, sobald die Reibräder aneinander gepreßt werden. Wir haben
also anscheinend die Urform der sog. Friktionswinden vor uns, die
geradezu typisch für Mühlenaufzüge geworden sind.

[Illustration: Fig. 12.]

Aus derselben Zeit -- um das Jahr 1440 -- stammt eine zweite
Handschrift, die von dem Künstler und Ingenieur Marianus Jakobus aus
Siena verfaßt ist. Theodor Beck berichtet über seine Persönlichkeit:
»Marianus Jacobus, genannt Taccola, genoß im 15. Jahrhundert großen
Ruf. Er war Erfinder und wurde von seinen Zeitgenossen der Archimedes
von Siena genannt.«

In dieser Handschrift sind die ersten fahrbaren Winden und Krane
dargestellt. So zeigt Fig. 11 (entnommen aus Beck S. 284) eine
fahrbare Bauwinde, die durch ein Gangspill betrieben wird und von zwei
Lastseilen das eine aufwindet und gleichzeitig das andere senkt.

Fig. 12 (entnommen aus Beck S. 285) stellt einen Kaikran dar, der
gleichzeitig Wipp- und Drehbewegung ausführen kann.

[Illustration: Fig. 13.]

Fig. 13 (entnommen aus Beck S. 291) ist die erste Darstellung einer
Seilbahn mit festem Tragseil und mit einem besonderen Zugseil.



4. Renaissance.


Während uns die genannten beiden Berichte aus dem Ende des Mittelalters
nur einzelne Skizzen ausgeführter Maschinen überliefern, ist uns
in den Handschriften des Leonardo da Vinci und besonders in seinem
Codice atlantico zum erstenmal eine zusammenhängende Darstellung von
Maschinen verschiedenster Art überliefert, die ein deutliches Bild von
seiner Ingenieurtätigkeit entrollt.

[Illustration: Fig. 14.]

Künstlerische und technische Tätigkeit scheinen zwar dem Laien, der die
Technik meist nur im grob-materiellen Sinn auffaßt, einander völlig
fremd gegenüberzustehen; in Wirklichkeit beruhen sie beide auf der
Raum- und Formvorstellung, auf Phantasie; sie sind beide nichts anderes
als eine Kompositions- und Erfindungstätigkeit. Wenn es eines Beweises
hierfür bedürfte, so könnte die Persönlichkeit Leonardos hierfür
dienen, der ein gleich hervorragender Ingenieur wie Künstler war und
hierin seinen Vorgänger Marianus Jacobus aus Siena weit übertraf. Wenn
die Neuzeit keine Persönlichkeit aufzuweisen vermag, die künstlerische
und technische Leistungen in sich vereinigt zeigte, so mag es wohl
darum sein, weil im 19. Jahrhundert der Zusammenhang zwischen Kunst und
Leben ein sehr loser geworden ist. Eine vorzügliche Darstellung von
Leonardos Leben im Zusammenhang mit seiner Zeit findet sich in dem Werk
von Theodor Beck.

Leonardo war Wasserbau-Ingenieur im Dienst des Ludovico Sforza
in Mailand in den Jahren 1482 bis 1499 und Kriegsingenieur des
Césare Borgia 1502 bis 1507. Seine Lehrbücher über Mechanik und
Maschinenelemente sind leider verloren gegangen; die hinterlassenen
Handschriften sind gewissermaßen als der Rohstoff zu den ersteren
anzunehmen. Sie enthalten eine Fülle von konstruktiven Gedanken
und wissenschaftlichen Überlegungen und umfassen das gesamte
Gebiet damaliger Technik, von den Werkzeugen bis zu vollständigen
Wasserkraftanlagen, von der Herstellung der Geschützrohre bis zu dem
Projekt einer Dampfkanone.

[Illustration: Fig. 15.]

Zur Bewegung schwerer Lasten gibt Leonardo folgende Maschinen an:

Fig. 14 (entnommen aus Beck S. 329) ein Gangspill mit einem Gestell,
das bei größter Einfachheit den wirkenden Kräften vollkommen angepaßt
ist.

Fig. 15 (entnommen aus Beck S. 330) ein Drehkran, der durch die
statisch durchdachte Anordnung seines Gerüstes sich auszeichnet.
Während in Deutschland Drehkrane stets als Säulenkrane ausgeführt
wurden, hat sich in Italien die Drehscheibenanordnung der Römer
erhalten, die Vitruv beschrieben hat.

Fig. 16 (entnommen aus Beck S. 447) stellt zwei Wand-Drehkrane vor,
von denen der eine an einem Gebäude, der andere an einem Strebenwerk
gelagert ist. Letzterer ist so aufgestellt, daß er die Umladung aus
Schiffen eines tiefliegenden Kanals in einen hochliegenden bewirken
kann: er ersetzt also bis zu einem gewissen Grade eine Schleuse.

[Illustration: Fig. 16.]

Fig. 17 (entnommen aus Beck S. 481) gibt eine Darstellung von zwei
übereinander an demselben Stützgerüst angeordneten Drehkranen, zu dem
Ausheben eines Kanals bestimmt. Die durchaus zweckmäßige Anordnung
des Gerüstes mit den wohldurchdachten Einzelheiten ist besonders
bemerkenswert. Auch der Arbeitsvorgang ist gut überlegt: er gestattet
ein gleichzeitiges Arbeiten in zwei Geschossen und ein stetiges
Vorrücken der ganzen Maschine.

Besonders bemerkenswert erscheint, daß unter der Fülle von Skizzen
zahlreiche Wasserräder zum Betrieb von Mühlen und von Werkzeugmaschinen
dargestellt sind, daß aber keine einzige Hebemaschine mit
Wasserradantrieb oder auch nur mit Pferdegöpel sich findet. Man
kann aus diesem Umstand wohl schließen, daß auch im Mittelalter die
Menschenkraft in Italien noch sehr billig war; wird doch heutzutage
noch aus den Schwefelgruben Siziliens das geförderte Material durch
Knaben auf Leitern heraufgetragen.

Als Abschluß der ersten Epoche -- die durch ausschließliche Verwendung
von Menschenkraft für Heben von Lasten gekennzeichnet ist -- mögen
zwei Figuren beigegeben werden, die den Transport des Vatikanischen
Obelisken darstellen, der durch Domenico Fontana im Jahre 1590
ausgeführt wurde und wobei zum erstenmal Pferdegöpel verwendet wurden.
Theodor Beck gibt auf S. 485 und den folgenden eine ausführliche und
sehr anziehende Darstellung des Vorgangs nach dem eigenen Bericht des
Domenico Fontana.

[Illustration: Fig. 17.]

»In der genannten Absicht, sowie um den Platz und das neue, prachtvolle
Gebäude von St. Peter zu zieren, befahl Se. Heiligkeit der Papst am 24.
August 1585 den Zusammentritt einer Versammlung von Prälaten und den
intelligentesten Herren, die beraten sollten, welches die geeignetste
Stelle für den Obelisken sei und wie man sich zu verhalten habe, um
dessen Transport mit der größtmöglichen Sicherheit zu bewerkstelligen.
Auch sollten sie den Künstler nennen, den sie wegen seines Scharfsinnes
und seiner Erfahrung für den geeignetsten hielten, das Werk zum
gewünschten Ende zu führen. Das Unternehmen wurde allgemein für äußerst
schwierig gehalten, sowohl wegen des ungeheuren Gewichtes, als auch
wegen der Größe des Steines und seiner Neigung, bei der Bewegung zu
brechen. Viele der früheren Päpste, die denselben Stein zu versetzen
wünschten, waren durch die Bedenken, die die ersten Ingenieure ihrer
Zeit dagegen erhoben, davon abgeschreckt worden. Man hegte wegen
der Schwierigkeiten, die das Unternehmen habe, tausend Zweifel, da
kein Schriftsteller beschreibt oder erwähnt, wie die Alten sich
dabei verhielten, so daß man davon Regeln hätte abnehmen können, und
man übertrieb die Gefahren, die der Zufall bei derartigen Arbeiten
unversehens bringen könne. Man kam deshalb in der ersten Sitzung der
Versammlung trotz langer Beratung zu keinem befriedigenden Resultat
und beschloß, zum Zwecke der Klarstellung der Sache und damit eine so
hoch geschätzte Relique unversehrt transportiert werde, alle Gelehrten,
Mathematiker, Architekten und andere tüchtige Männer, die man
herbeibringen könne, zusammenzurufen, damit jeder seine Ansicht über
die Ausführung des Unternehmens ausspräche.

Die zweite Sitzung wurde auf einen um 25 Tage späteren Termin verlegt,
damit Fremden Zeit gelassen würde, nach Rom zu kommen und Beweise ihres
Scharfsinnes abzulegen. Durch das Gerücht von einer solchen Arbeit
angelockt, kamen viele, zum Teil ohne die Absichten des Papstes genau
zu kennen, aus allen Weltgegenden, so daß bei der genannten zweiten
Sitzung am 18. September an 500 Personen der genannten Berufsarten
aus den verschiedensten Ländern erschienen, aus Mailand, Venedig,
Florenz, Lucca, Como, Sizilien, Rhodos und Griechenland. Mehrere waren
Geistliche, und ein jeder trug seine Erfindung bei sich, der eine in
Zeichnungen, der andere im Modell, einige erklärten sich auch nur
mündlich. Die meisten stimmten darin überein, daß der Obelisk aufrecht
zu transportieren sei, da man es für das Allerschwierigste hielt,
ihn umzulegen und wieder aufzurichten. Einige wollten nicht nur den
Obelisk, sondern ihn samt seinem Piedestal und Fundament aufrecht
transportieren, andere nicht aufrecht und nicht wagrecht, sondern
schräg liegend, im Winkel von 45° gegen den Horizont geneigt. Dann
zeigten sie die Art, wie er bewegt werden sollte. Der eine meinte
mit einem einzigen Hebel, der andere mit Schrauben, der andere mit
Zahnrädern.«

Dieser Transport war für die damalige Zeit eine Aufgabe von besonderer
Schwierigkeit. Der Obelisk mußte auf seinem alten Platz umgelegt,
auf den rund 200 in entfernten Petersplatz gebracht und dort wieder
aufgerichtet werden. Das Gewicht des Monolithen betrug rund 300 t.
Fontana löste die Aufgabe sehr zweckmäßig dadurch, daß er den Obelisken
nicht um seine Fußkante, sondern um seine Schwerpunktsachse kippte
und gleichzeitig den Schwerpunkt vertikal senkte, so daß der Fuß des
Obelisk stets in einer Horizontalbahn sich bewegte. Der Vorgang ist aus
Fig. 18 (entnommen aus Beck S. 493) deutlich erkennbar.

[Illustration: Fig. 18.]

Der mit einer Holzverschalung und eisernen Bändern armierte Obelisk
wurde durch 40 über die ganze Länge verteilte Flaschenzüge gefaßt,
deren Taue zu 40 Pferdegöpeln führten. Die Seile waren an den
Trommelwellen der Göpel nicht befestigt, sondern nur durch Reibung
mittels mehrfacher Umschlingung gehalten, um eine einfache Regelung der
Seilspannung zu ermöglichen.

Fig. 19 (entnommen aus Beck S. 491) zeigt die Anordnung der Göpel.

[Illustration: Fig. 19.]

Den Beginn der Arbeit schildert Domenico in der Übersetzung von Beck
wie folgt:

»Am 30. April, zwei Stunden vor Tagesanbruch, wurden zwei Messen in der
Heiligengeistkirche gelesen, damit Gott, zu dessen und des heiligen
Kreuzes Ehre dieses merkwürdige Unternehmen ausgeführt werden sollte,
ihm seine Gunst schenken und es gelingen lassen sollte. Und damit
er die Bitten aller erhöre, gingen sämtliche Arbeiter, Aufseher und
Fuhrleute, die bei dem großen Werk zu tun hatten, und nach meiner
Anordnung tags zuvor gebeichtet hatten, zur Kommunion. Auch hatte unser
Herr mir den Tag vorher seinen Segen gegeben und mir anempfohlen, was
ich zu tun habe. Nachdem alle kommuniziert hatten und angemessene Reden
gehalten worden waren, trat er aus der Kirche in die Umzäunung, und
alle Arbeiter wurden an ihre Plätze beordert. Jeder Göpel erhielt zwei
Aufseher, deren Anweisung besagte, daß jedesmal, wenn das Signal eines
Trompeters gehört würde, den ich auf einem erhöhten Platze aufstellte,
so daß er allen sichtbar war, die Göpel in Gang zu setzen seien,
und er ein scharfes Auge darauf haben müsse, daß richtig gearbeitet
werde; wenn aber der Ton einer Glocke erklinge, die oben an dem Gerüst
aufgehangen war, müsse er sofort Halt machen lassen. Innerhalb einer
Umzäunung am Ende des Platzes stand der Chef der Fuhrleute mit 20
starken Reservepferden und 20 Mann zu ihrer Bedienung. Außerdem hatte
ich noch acht bis zehn tüchtige Männer auf dem Platze verteilt, die
herumgingen und Überall nachsahen, daß während der Arbeit keinerlei
Unordnung vorkäme. Ferner hatte ich eine Abteilung von 12 Mann
angewiesen, die nötigen Reserveteile, Flaschenzüge, Rollen usw. nach
Bedarf hin und her zu tragen. Diese waren vor dem Vorratshause auf
einem erhöhten Platze aufgestellt, wo sie auf jeden Wink oder Befehl
das auszuführen hatten, was ihnen aufgetragen wurde, so daß kein
Göpelaufseher seinen Platz zu verlassen brauchte. An jeden Göpel aber
hatte ich sowohl Menschen als Pferde gestellt, um ihn zu bewegen, damit
ihn erstere mit Vernunft nach den Befehlen der Aufseher regierten,
da Pferde allein manchmal stehen bleiben oder sich zu rasch bewegen.
Unter dem Gerüste waren 12 Zimmerleute aufgestellt, welche fortwährend
hölzerne und eiserne Keile unter den Obelisk zu schlagen hatten,
einesteils um damit heben zu helfen, andernteils um ihn fortwährend
zu unterstützen, so daß er niemals frei hing. Diese Zimmerleute
trugen eiserne Helme auf dem Kopfe, um sie zu schützen, wenn ein
Gegenstand von dem Gerüste herabfiel. Zur Beobachtung des Gerüstes,
der Flaschenzüge und Verschnürungen daran bestimmte ich 30 Mann. An
die drei Hebel gegen Westen (nach der Sakristei hin) stellte ich 35
Mann zur Bedienung und an die gegenüberliegenden zwei Hebel 18 Mann mit
einem kleinen Handgöpel.«

»Nachdem von allen ein Paternoster und Ave Maria gesprochen war,
gab ich dem Trompeter das Zeichen, und sobald sein Signal ertönte,
begannen die 5 Hebel und 40 Göpel mit 907 Menschen und 75 Pferden zu
arbeiten. Bei der ersten Bewegung schien es, als ob die Erde zittere,
und das Gerüst krachte laut, indem sich alle Hölzer durch das Gewicht
zusammendrückten, und der Obelisk, welcher um 44 cm gegen den Chor von
St. Peter hin geneigt gewesen war, stellte sich senkrecht. Alsdann fuhr
man fort und hob den Obelisken in 12 Bewegungen (Hitzen) um 60 cm,
was genügte, um die Schleife darunter zu schieben und die metallenen
Knäufe, worauf der Obelisk gestanden hatte, wegzunehmen. In dieser Höhe
wurde daher angehalten und wurden die vier Ecken des Obelisken mit sehr
starken Unterlaghölzern, hölzernen und eisernen Keilen unterschlagen.
Und als dies um 22 Uhr desselben Tages geschehen war, wurde mit einigen
Mörsern auf dem Gerüste das Signal gegeben und die ganze Artillerie gab
mit lautem Donner das Zeichen der Freude.«

[Illustration]



III

Die Hebemaschinen der Neuzeit



[Illustration]



A.

Die Lastenförderung im Bergbau.



1. 1500 bis 1820: Antrieb durch Göpel und Wasserrad.


Der Bergbau des Altertums war kein Tiefbau, sondern nur ein Tagebau.
Die technischen Mittel konnten daher die denkbar einfachsten sein;
denn bei einem Tagebau bietet die Herausschaffung des geförderten
Erzes und des Grundwassers keinerlei Schwierigkeit. Zur Erzielung
der erforderlichen Leistung waren wegen der fehlenden technischen
Mittel naturgemäß zahlreiche Arbeitskräfte erforderlich. Es darf uns
daher nicht in Erstaunen setzen, wenn uns berichtet wird, daß in den
Silberbergwerken von Laurion bei Athen mehrere Tausende von Sklaven
tätig waren.

In Deutschland wurde der Bergbau zuerst als Tiefbau betrieben; der
Tiefbau erschwert das Herausschaffen von Erz und Wasser nicht nur
darum, weil die Hubhöhe größer ist, sondern vor allem deshalb, weil
für diesen Transport nur der enge Querschnitt des Schachtes zur
Verfügung steht. Man war daher gezwungen, technische Mittel, d. h.
leistungsfähige Hebemaschinen für Wasserhaltung und Erzförderung zu
Hilfe zu nehmen.

Die Dienstbarmachung der Naturkraft war schon durch den Tiefbau allein
zu einer Notwendigkeit geworden; dazu kam, daß die Lebenshaltung in dem
rauhen nordischen Klima eine weit kostspieligere war als im sonnigen
Italien, und daß die Menschenkraft bei uns daher schon damals weit
höher im Werte stand wie im Süden.

[Illustration: Fig. 20.]

Eine Nachricht über die Entwicklung des Bergbaues im südlichen
Deutschland übermittelt uns Vannuccio Biringuccio (um 1540), der in
seiner »Pirotechnia« nach der Übersetzung von Theodor Beck folgendes
berichtet:

»Ich erinnere mich, in Deutschland, wo solche Kunst vielleicht am
meisten in der ganzen Christenheit blüht und geübt wird, nicht
nur die Anordnung der Schacht- und Flammöfen, sondern auch die
Aufbereitungsarbeiten gesehen zu haben.«

[Illustration: Fig. 21.]

»Ich suchte Gelegenheit, von anderen etwas abzusehen, und ging deshalb
zweimal nach Deutschland, um die Gruben zu sehen, welche in diesem
Lande sind, und um mir Erfahrung zu sammeln.«

»Und als es später dazu kam, daß ich wieder nach Hochdeutschland
zurückkehrte, suchte ich mit noch größerem Fleiße als zuerst mich dort
umzusehen, und zwar in Sbozzo (Schwaz), Plaiper (Bleiberg), Ispruch
(Innsbruck), Alla (Hall) und Arotimbergh (Rattenberg).«

Ein ausführliches Werk über den deutschen Bergbau im 15. Jahrhundert
hat uns Georg Bauer, genannt Agricola, hinterlassen, der 1490 bis 1555
lebte. Sein Werk führt den Titel: »Bermannus, sive de re metallica.«
Sein wechselvolles und arbeitsreiches Leben schildert Theodor Beck in
anziehender Weise.

Aus diesem Werk geht zunächst hervor, daß schon damals (1550) die
Erzwagen auf hölzernen Schienen liefen, daß also die Spurbahnen nicht
eine englische, sondern eine deutsche Erfindung sind.

Fig. 20 (entnommen aus Beck S. 131) und Fig. 21 (entnommen aus Beck
S. 132) geben ausgezeichnet klare Darstellungen von Fördermaschinen
mit Göpelbetrieb. Auf der letzteren Figur ist sehr deutlich die Bremse
dargestellt, welche zum Stillhalten der Fördermaschine dient: der
Arbeiter setzt sich auf das an der Bremsstange angebrachte Querholz,
sobald er die Fördermaschine anhalten will.

[Illustration: Fig. 22.]

Fig. 22 (entnommen aus Beck S. 142) zeigt in sehr anschaulicher Weise
eine Fördermaschine, die durch ein Kehrrad betrieben wird, d. h.
durch ein Wasserrad mit einem rechtsgängigen und einem linksgängigen
Schaufelkranz. Man erkennt deutlich die beiden Zuaufschützen, von
denen der eine geschlossen ist, während der andere geöffnet ist;
man sieht den Steuermann, der die beiden Schützen bedient und
die beiden Hilfsarbeiter, welche das Entleeren der Fördergefäße
besorgen. Ein vierter Mann bedient die Bremse. Diese Maschine hatte
ein Kehrrad von 10,40 m Durchmesser, die Welle war 60 cm stark und
10,40 m lang. Die Bremsscheibe hatte 1,80 m Durchmesser und war 30 cm
breit. Es wurden also diese Fördermaschinen bereits in ansehnlichen
Abmessungen ausgeführt; sie waren in ihren Einzelheiten den damaligen
Herstellungsmethoden durchaus angepaßt und in der Gesamtordnung wohl
durchdacht; für die damalige Zeit stellen sie eine erstaunliche
Leistung dar.

Von dieser Zeit -- um 1500 -- bis zum Jahre 1800 bleibt die typische
Gestaltung der Fördermaschinen unverändert. Aus dem Jahre 1826 liegt
uns ein sehr umfangreiches und wertvolles Werk vor: »Ausführliches
System der Maschinen-Kunde« von Prof. Langsdorf, ordentlichem Lehrer
der Mathematik zu Heidelberg.

Kennzeichnend für das unbefangene Urteil dieses Verfassers sind die
einleitenden Sätze, die er seinem Werk vorausschickt:

»Die Wichtigkeit einer Zusammenstellung von Lehren, die zur
~industriellen~ Mechanik gehören, ist allgemein anerkannt. Aber
hat die industrielle Mechanik weniger Bedeutung als die Mechanik
überhaupt? und haben wir nicht Anleitungen zu letzterer, selbst in
unserer Muttersprache zum Überfluß? Man nehme Euler oder Lagrange,
oder Kästner und ähnliche Werke zur Hand: Von besonderen Zwecken der
Bewegung ist in diesen Behandlungen der ~allgemeinen~ Mechanik
nicht die Rede, daher auch nicht von Anordnungen zur Erreichung
bestimmter Zwecke; mit letzteren geht die Wissenschaft in die
~Technik über, die der reinen Wissenschaft, und oft genug auch dem
Subjekte, das sie besitzt, ganz fremd ist~.«

»Karsten ging ungleich weiter als Kästner; er betrachtet schon
mannigfaltige Maschinen, die für das bürgerliche Leben von großer
Wichtigkeit sind. Ich glaube aber den großen Verdiensten dieses
trefflichen scharfsichtigen und gründlichen Mathematikers unbeschadet
bemerken zu dürfen, daß er, ich möchte sagen, zu sehr Mathematiker war.«

»Es ist nicht das künstliche Gewebe von Reihen und Kombinationen, was
uns zu brauchbaren Resultaten führt; es ist ein geübtes praktisches
Talent, das durch Mannigfaltigkeit von Beobachtungen zusammenwirkender
Kräfte und dazu dienlicher Organe geleitet, die mannigfaltigen Kräfte
und Organe aufzusuchen gewöhnt ist, deren Verein zu einer bestimmten
Wirkung führt, jenes Talent, wodurch Belidor, v. Baader, v. Reichenbach
sich zu Lehrern in diesem Fache erhoben -- nicht die bewunderten
Kunstgriffe der neuen Analysis, die dabei nicht einmal ihre Anwendung
finden.«

In diesem Werk findet sich eine vorzügliche Darstellung der technischen
Mittel des damaligen Bergbaues. Unter anderem sind dort die von dem
bayerischen Ingenieur v. Reichenbach in Berchtesgaden ausgeführten,
noch heute erhaltenen Wassersäulenmaschinen eingehend dargestellt, die
ein Jahrhundert hindurch in Betrieb gewesen sind.

[Illustration: Fig. 23.]

Fig. 23 (entnommen aus Langsdorf 2. Band, Taf. 48) gibt ein klares
Bild einer im Freiberger Revier aufgestellten Fördermaschine mit
Göpelbetrieb. Die Abmessungen, Geschwindigkeiten und Leistungen dieser
Maschine werden vom Verfasser genau mitgeteilt; diese Angaben sind hier
auf modernes Maßsystem umgerechnet, um dem Leser einen unmittelbaren
Vergleich zu ermöglichen.

    Teufe              = 100 Lachter = rund 200 m,
    Nutzlast           = 1100 Leipziger Pfund = rund 550 kg,
                         Antrieb durch zwei Pferde,
    Seilgewicht        = 14 Ztr. = rund 700 kg,
    Hubgeschwindigkeit = 0,95 Dresdener Fuß in der Sekunde = rund
                         0,27 sekm,
    Hubzeit            = 12⅓ Min.,
    Sturzpause         = 3 Min.,
    Schichtdauer       = 6 Std.,
    Stundenleistung    = 550/1000 × 60/15,3 = rund 2 t,
    Anlagekosten       = 900 bis 1500 Rheintaler = rund 2700 bis
                         rund 4500 M.

Der Verfasser fügt noch folgende Bemerkungen hinzu: »Die größte
Förderteufe, auf welche man in Sachsen die Pferdegöpel anwendet,
beträgt 140 Lachter.« »Man rechnet, daß die Reparaturkosten in 15
Jahren den Anlagekosten gleichkommen.«

»Die bei einem solchen Göpel beschäftigten Arbeiter sind: ein Knecht
zum Antreiben der Pferde, ein ~Treibmeister~ zum Stürzen, ein
~Anschläger~ zum Füllen der Tonne und ein ~Ausläufer~ zum
Wegführen der Fördermasse aus dem Treibhause.« »Beim Schemnitzer
Bergbau in Ungarn, wo der Mangel an Aufschlagwasser die Zahl der
Wassergöpel sehr beschränkt, verlangt man von den Pferdegöpeln weit
mehr als in Sachsen.« Teufe 200 Klafter, 4 Paar Pferde, jedes Paar an
einem besonderen Göpelarm. Verhältnis von Göpelarm zu Trommelradius
= 2 : 1.

Der Verfasser beschreibt dann weiter eine sehr primitive aber durchaus
wirksame Senkbremse für größere Teufen mit folgenden Worten:

»Da in sehr tiefen Schächten, bei Anwendung einer zylindrischen
Trommel, das Gewicht des Seils der leeren Tonne, sobald diese dem
Füllort nahe kommt, das Übergewicht über die Last der vollen Tonne
bekommt, so wird zur gehörigen Zeit ein sog. Göpelhund am Zugkranz
angehängt, der aus zwei mit Steinen beschwerten Hölzern besteht und
durch seine Reibung auf der Rennbahn das allzuschnelle Umgehen der
Welle verhindert.«

Fig. 24 stellt eine besondere Ausführungsform von
Wasserrad-Fördermaschinen dar. Es war nämlich zur Ausnutzung des
Gefälles in vielen Fällen zweckmäßig, das Wasserrad soweit unter Tag
aufzustellen, daß das Abfallwasser durch einen vorhandenen Stollen
seitwärts an der Berglehne herauslaufen konnte. Die Trommelwelle mußte
aber naturgemäß über Tag liegen. Es ergab sich daher die Notwendigkeit,
die hochliegende Trommelwelle durch Kurbeln und Schubstangen von
der tiefliegenden Wasserradwelle aus anzutreiben. Da die hölzernen
Schubstangen mit ihren einfachen Angenlagern für die Aufnahme von
Zerknickungsbeanspruchungen und von Wechseldrücken wenig geeignet
gewesen wären, so sind vier Schubstangen ausgeführt, die stets nur auf
Zug beansprucht sind. Die Kurbeln sind als Schmiedestücke mit doppelter
Kröpfung ausgebildet.

Aus dem Bild ist ersichtlich, daß das Kehrrad aus dem Jahr 1800 dem von
Agricola 1500 mitgeteilten aus dem Jahre 1500 durchaus gleichartig ist.

[Illustration: Fig. 24.]

Trotzdem bei diesen Fördermaschinen nahezu alle Teile, namentlich die
Wellen und Seiltrommeln aus Holz hergestellt sind, sind doch bereits
Mittel angegeben, welche es gestatten, die eine Seiltrommel auf
der Welle während des Stillstandes soweit zu verdrehen, und wieder
festzusetzen, daß aus verschiedenen Teufen gefördert werden kann.

Die Anlagekosten einer Wasserrad-Fördermaschine ohne Zu- und Ableitung
aber einschließlich des Triebhauses gibt der Verfasser zu 500 Talern
sächsisch an.

Wie typisch derartige Wasserrad-Fördermaschinen geworden waren, geht
daraus hervor, daß sie in ähnlicher Art auch in Norwegen verwendet
wurden. Borgnis beschreibt in seinem Werk »Traité complet de Mécanique
appliquée aux Arts«, Paris 1815 eine Maschine dieser Art, die in dem
Silberbergwerk Kongsberg in Norwegen in Betrieb war. Aus Fig. 25
(entnommen aus Borgnis Taf. 19) ist ersichtlich, daß die Maschine
zugleich zur Wasserhaltung und zur Förderung dient. Das Wasserrad ist
hier nicht als Kehrrad ausgebildet, sondern läuft stets in derselben
Richtung um und treibt mittels einer Kurbel, eines Gestänges und
zweier Kunstkreuze zwei Pumpengestänge an. Das Gestänge ist doppelt
ausgeführt, damit nur Zugbeanspruchungen auftreten. Von den beiden
Kunstkreuzen aus wird die Trommelwelle durch Klinken bewegt. Die
Bewegung der Fördergefäße ist also keine stetige, sondern eine
absetzende. Da die Teufe nur eine sehr geringe ist, wie aus der
Anwendung von Ketten anstatt der sonst üblichen Seile und aus der
geringen Trommelbreite geschlossen werden kann -- etwa 50 m --, und
da die Hubgeschwindigkeit bei dem großen Durchmesser des Wasserrades
-- 13 m -- und dem geringen der Kettentrommel -- 2 m -- ebenfalls nur
eine sehr geringe gewesen sein kann, so dürfte die absetzende Bewegung
keine Nachteile gehabt haben. Das Stillsetzen der Kettentrommeln wurde
einfach durch Ausheben der Klinken bewirkt, während das Wasserrad und
die Pumpengestänge stetig weiterliefen.

[Illustration: Fig. 25.]

Fördermaschinen mit Wasserrad-Antrieb haben sich bis in die Mitte des
19. Jahrhunderts erhalten. So ist in der »Enzyklopädie« des Prof. Hülße
aus Chemnitz vom Jahre 1844 noch eine Darstellung eines Kehrrades mit
Bremswerk mitgeteilt.

Auch Fördermaschinen, die durch Wassersäulenmaschinen betrieben wurden,
scheinen ausgeführt gewesen zu sein. Wenigstens läßt eine Nachricht
von Langsdorf darauf schließen. Vermutlich aber haben diese Maschinen
der damaligen Fabrikation weit größere Schwierigkeiten bereitet als die
so sehr einfachen und zweckmäßigen Wasserräder, die unmittelbar die
drehende Bewegung der Seiltrommel erzeugten.



2. 1820 bis 1900: Antrieb durch Dampfkraft.


Wasserkraft war naturgemäß nur in bergigem Gelände verfügbar; für
das Flachland gab es nichts anderes als den Pferdegöpel. Als daher
die ersten Dampfmaschinen auftauchten, wurden sie nicht nur für die
Wasserhaltung, sondern sehr bald auch für die Förderung benutzt.

Severin berichtet in seinen »Beiträgen zur Kenntnis der Dampfmaschine«,
die als Abhandlung der Kgl. Technischen Deputation für Gewerbe
in Berlin im Jahre 1826 erschienen, daß damals im ~preußischen
Bergbau~ 77 Dampfmaschinen mit zusammen 1440 PS im Betriebe waren.
Unter diesen waren folgende 20 Fördermaschinen, deren abgerundete
Leistungen und Anlagekosten in umstehender Tabelle (S. 30) auf unser
heutiges Maßsystem umgerechnet zu finden sind.

Über die Förderung in ~Belgien~ berichtet Dr. Poppe in Dinglers
Polytechnischem Journal aus dem Jahre 1828 Bd. 29 S. 467 von einer
Studienreise durch Belgien und Westfalen: »Das Steinkohlenbergwerk zu
Hornu bei Mons war im Jahr 1811 bereits aufgelassen worden; die zwei
Schächte waren erschöpft, und alles Gerät bestand aus einer schlechten
Dampfmaschine und einem Pferdegöpel. In den Jahren 1810-13 baute
Degorge-Legrand 10 neue Schächte, die mit 8 Dampffördermaschinen von
zusammen 156 PS, also von durchschnittlich 156/8 = 19 PS ausgerüstet
wurden.«

Über Dampffördermaschinen in ~Westfalen~ gibt derselbe Verfasser
im Jahre 1838 die in nachfolgender Tabelle (S. 31) zusammengestellten
Angaben.

Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, daß die
Dampffördermaschinen der damaligen Zeit im Mittel nur über eine
Leistung von 8 PS verfügten; die stärkste Maschine leistete 20 PS. Es
wurde meist nur ein Kohlenwagen bei jedem Hub gefördert und zwar mit
einer mittleren Geschwindigkeit, die über 3 m in der Sekunde nicht
hinausging. Die Teufen blieben unter 150 m.

Zusammenstellung von Fördermaschinen in Preußen von Severin 1826.

 =================+===============+=========+========+========+=========
                  |               |Zylinder-|  Nutz- | Anlage-| Anlage-
     Namen der    | Konstrukteur  |durch-   |leistung| kosten | kosten
    Kohlengrube   |               |messer   |        |        | für 1 PS
                  |               |in mm    | in PS  | in Mk. | i. Mk.
 -----------------+---------------+---------+--------+--------+---------

 ~Westfälischer Oberbergamtsbezirk.~

 Trappe bei Wetter|Harkort Thomas |   380   |    7   |  9000  |  1200
                  |    & Co.      |         |        |        |
 Sälzer u. Neue   |Masch.-Inspekt.|   420   |    9   | 10000  |  1200
  Ack  b. Essen   |    Merker     |         |        |        |
 Kunstwerk bei    |  Dinnendahl   |   790   |   30   | 35000  |  1150
  Steele          |               |         |        |        |
      do.         |      „        |   390   |    8   | 14000  |  1840
      do.         |      „        |   390   |    8   | 14000  |  1840
 Wiesche bei      |               |         |        |        |
  Mühlheim        |      „        |   470   |   11   | 14000  |  1280
  a. d. Ruhr      |               |         |        |        |
 Sellerbeck bei   |Englerth       |         |        |        |
  Mühlheim        |Reuleaux u.    |   680   |   12   | 10000  |   850
  a. d. Ruhr      |Dobbs          |         |        |        |

 ~Rheinischer Oberbergamtsbezirk.~

 Hostenbach       |   Perrier     |   550   |   15   | 20000  |  1350
  a. d. Saar      |               |         |        |        |
 Furth bei        |  Cockerill    |   420   |    9   | 22000  |  2570
  Bardenberg      |               |         |        |        |
 Abgunst bei      |      „        |   390   |   35   | 45000  |  1280
  Richterich      |               |         |        |        |
 Neulangenberg bei|               |         |        |        |
   Kohlscheid     |      „        |   470   |   11   | 24000  |  2220
 Neulaurweg       |Englerth       |   420   |    9   | 12000  |  1400
                  |Reuleaux u.    |         |        |        |
                  |Dobbs          |         |        |        |
 Zentrum bei      |      „        |   420   |    9   | 12000  |  1400
  Eschweiler      |               |         |        |        |
      do.         |      „        |   420   |    9   | 12000  |  1400

 ~Schlesischer Oberbergamtsbezirk.~

 Segen Gottes b.  |  Holzhausen   |   310   |    5   |  4500  |   950
 Altwasser        |               |         |        |        |
 Glückhilf bei    |      „        |   310   |    5   |  3500  |   730
 Hermsdorf        |               |         |        |        |
 Luise Auguste b. |      „        |   420   |    9   |  7000  |   790
 Waldenburg       |               |         |        |        |
 Königsgrube      |      „        |   420   |    9   |  7000  |   780
     do.          |      „        |   420   |    9   |  7000  |   780
 Charlotte zu     | nach Newcomen |   310   |    5   |  4000  |   790
  Czernitz        |               |         |        |        |

Fig. 26 (entnommen aus Dinglers Journal 1838, Bd. 69, Taf. 2) zeigt
den Aufbau der Fördermaschine von 8 PS auf der Kohlengrube Leonore
und Nachtigall. Die Fördermaschinen der damaligen Zeit glichen
vollständig den Dampfwasserhaltungsmaschinen. Sie hatten nur einen
einzigen Dampfzylinder, der stehend angeordnet war und mittels einer
Lenkergeradführung und eines Balanciers die Kurbelwelle antrieb; die
Seiltrommel wurde von dieser durch ein Stirnradpaar betrieben. Die
Förderung war in der Regel eintrümig angeordnet. Naturgemäß war die
Steuerfähigkeit dieser einzylindrigen Maschinen sehr unvollkommen. Ein
Stillsetzen der Maschine in den Totpunkten mußte sorgfältig vermieden
werden, weil andernfalls die Maschine ohne Andrehen von Hand nicht
wieder in Gang gesetzt werden konnte. Poppe schreibt über die genannte
Maschine: »Das Manövrieren mit der Dampfmaschine erfordert große
Aufmerksamkeit.«


Zusammenstellung westfälischer Fördermaschinen von Poppe 1838.

    ========================+=====+=====+==========+=====+============
                            |     |     | Mittlere |Nutz-|
                            |Teufe|Nutz-|  Hubge-  |leis-|
    Namen der Kohlengrube   |in m |last |schwindig-|tung |Bemerkungen
                            |     |in kg|   keit   |in PS|
                            |     |     | in sekm  |     |
    ------------------------+-----+-----+----------+-----+------------
    Frühlingshaus bei Wetter| 120 | 300 |   2-3    |  8  |
    Leonore und Nachtigall  |  60 |     |    --    |  8  |zweitrümig
    Gewalt bei Stehle       | 150 | 300 |   2,5    | 10  |
    Kunstwerk bei Stehle    | 100 |  -- |    --    |  8  |zwei Förder-
                            |     |     |          |     |maschinen
    Ath bei Aachen          |  -- | 500 |    --    | 20  |

[Illustration: Fig. 26.]

In den nächstfolgenden Jahrzehnten machte die Fördermaschine die
gleiche Wandlung durch wie die Betriebsdampfmaschine: die inzwischen
vervollkommnete Werkstättentechnik erlaubte es, die schwerfällige
Lenkergeradführung mit Balancier durch die Gleitbahn mit Kreuzkopf
zu ersetzen; die inzwischen eingeführte höhere Pressung verminderte
die Zylinderabmessungen und ermöglichte es infolgedessen, den
Zylinder liegend anzuordnen. Die Steuerfähigkeit wurde in hohem
Maß vervollkommnet durch den Einbau von zwei Dampfzylindern, deren
Stirnkurbeln unter einem Winkel von 90° versetzt waren. Dadurch wurde
gleichzeitig die zweitrümige Förderung in betriebssicherer Weise
ermöglicht.

[Illustration: Fig. 27.]

In England behielt man die stehenden Maschinen bis in die Siebziger
Jahre bei, während man in Frankreich und Belgien in den Sechziger
Jahren bereits die liegenden Maschinen bevorzugte. Dowlais Eisenwerk in
Südwales hatte im Jahre 1855 bereits 16 Fördermaschinen mit zusammen
1134 PS, entsprechend einer Durchschnittsleistung von 70 PS, wie »Iron
Manufacture of Great Britain« von Truran berichtet.

[Illustration: Fig. 28.]

Fig. 27 (entnommen aus Burat: »Cours d’exploitation des Mines« Paris
1871) stellt eine Fördermaschine der Compagnie d’Anzin dar, die auf
der Kohlengrube von Havelny in den Sechziger Jahren in Betrieb war und
mit zwei Zylindern von 700 mm Durchmesser und 2000 mm Hub ausgerüstet
war. Die stehenden Zylinder sind noch beibehalten, der Balancier ist
aber bereits durch eine Geradführung ersetzt. Der Maschinenrahmen wird
zum Teil noch durch die Mauern des Geländes gebildet. Das Fördergerüst
liegt noch innerhalb des Maschinenhauses, zeigt aber bereits einen an
spätere Ausführungen erinnernden Aufbau. Das Fördergerippe hat bereits
zwei Stockwerke und fördert vier Wagen bei jedem Zug. Auch ist bereits
eine Dampfbremse eingebaut.

Die liegende Fördermaschine nahm sehr bald die Gestalt an, die sie
auch in modernen Ausführungen noch zeigt: die Trommelwelle liegt in
zwei Lagern und trägt Stirnkurbeln, an denen die Schubstangen der
nach außen gelegten Zylinder angreifen: das Fördergerüst wird als
freistehendes Eisengerüst neben dem Maschinenhaus aufgestellt, wie es
aus Fig. 28 (entnommen aus Volk, »Geräte und Maschinen zur Förderung«
Taf. 2) ersichtlich ist, die das Wesentliche einer modernen Anordnung
darstellt. Diese Anordnung wurde von den Siebziger Jahren an typisch
für Fördermaschinen, wie sie in Europa gebaut wurden. Abweichungen
finden sich bei diesen Maschinen nur in der Konstruktion der
Einzelheiten, hauptsächlich der Seiltrommeln und der Steuerung.

Einen Einblick in die Entwicklung der Dampffördermaschinen um die
Mitte des 19. Jahrhunderts gibt Redtenbacher in seinem Werk »Der
Maschinenbau« aus dem Jahre 1865. Er gibt in diesem folgende Tabelle
über die Hauptabmessungen einer Anzahl von Fördermaschinen:


Zusammenstellung ausgeführter Fördermaschinen von Redtenbacher 1865.

    ================+=====+==========+==========+=======+===========+
                    |     |          | Mittlere | Nutz- |           |
       Namen der    |Teufe| Nutzlast |  Hubge-  | leis- | Material  |
         Grube      |in m |  in kg   | schwin-  | tung  | des Seils |
                    |     |          | digkeit  | in PS |           |
                    |     |          | in sekm  |       |           |
    ----------------+-----+----------+----------+-------+-----------+
    Bleiberg        | 110 |    200   |   1,2    |   3   |    Hanf   |
    Altenberg       |  32 |   1000   |   0,6    |   8   |    Hanf   |
    Kronprinz       | 276 |    750   |    3     |  30   |   Draht   |
    Wilhelmina      | 366 |    750   |    4     |  40   |   Draht   |
    Friedr. Wilhelm | 306 |    750   |    3     |  30   |   Draht   |
    Immenkoppel     |  96 |    620   |    --    |  --   |     --    |
    Bassin de       | 100 |   1700   |   1,2    |  27   |    Hanf   |
    Commentri       |     |          |          |       |           |
    Cornwall        | 520 |    220   |    2     |   6   |     --    |
    Cornwall        | 300 |    700   |    3     |  28   |     --    |
    Julien          | 120 |    800   |    --    |  --   |   Draht   |
    Julien          | 300 |    700   |    --    |  --   |    Hanf   |
    Rive de Gière   | 400 |    800   |    --    |  --   |     --    |
    Anzin           |  -- |    700   |    --    |  --   |     --    |
    Gauley          | 240 |    600   |   1,7    |  14   |     --    |
    Worm            | 208 |    600   |    1     |   8   |   Draht   |
    Bensberg        |  60 |    500   |    --    |  --   |   Draht   |
    Langenberg      | 145 |     --   |    --    |  --   |   Draht   |
    Apfel           |  -- |     --   |    --    |  --   |   Draht   |
    Zentrum         |  -- |     --   |    --    |  --   |   Draht   |
    Grand Hornu     |  -- |     --   |    --    |  --   |   Draht   |
    Bassin de       | 300 |    700   |    --    |  --   |    Hanf   |
    Bressac         |     |          |          |       |           |

    ================+===============+=========+=========+============
                    | Querschnitts- | Gewicht | Durch-  |
       Namen der    |  abmessungen  |   des   | messer  | Gefördertes
         Grube      |   des Seils   |  Seils  |  der    |  Material
                    |     in mm     |  in kg  | Trommel |
                    |               |  pro m  |  in m   |
    ----------------+---------------+---------+---------+------------
    Bleiberg        |    30 × 80    |    --   |    --   |    Erz
    Altenberg       |    30 × 1000  |    --   |   1,2   |     --
    Kronprinz       |    13 × 78    |   4,5   |    --   |   Kohle
    Wilhelmina      |    13 × 78    |   4,5   |    --   |   Kohle
    Friedr. Wilhelm |    13 × 78    |   4,5   |    --   |   Kohle
    Immenkoppel     |       --      |    --   |    --   |    Erz
    Bassin de       |    35 × 140   |    --   |    --   |    Erz
    Commentri       |               |         |         |
    Cornwall        |       --      |    --   |    --   |    Erz
    Cornwall        |       --      |    --   |    --   |   Kohle
    Julien          |       18      |    --   |   1,8   |    Erz
    Julien          |    30 × 130   |   4,26  |    --   |     --
    Rive de Gière   |       --      |    3    |    --   |     --
    Anzin           |       --      |   4,19  |    --   |   Kohle
    Gauley          |       --      |   3,34  |    --   |     --
    Worm            |       24      |   1,46  |   4,0   |     --
    Bensberg        |       25      |    --   |   2,0   |    Erz
    Langenberg      |      19,6     |    --   |    --   |     --
    Apfel           |       25      |    --   |   1,5   |    Erz
    Zentrum         |       30      |    --   |   2,4   |   Kohle
    Grand Hornu     |       --      |    --   |   2,2   |   Kohle
    Bassin de       |    30 × 130   |   4,26  |    --   |     --
    Bressac         |               |         |         |

Aus dieser Tabelle ist unter anderem ersichtlich, daß die Nutzleistung
im Mittel zwar auf das Doppelte gestiegen war, daß sie aber noch immer
über 40 PS nicht hinausging. Bei so geringen Leistungen entspricht die
Zwillingsfördermaschine mit Seiltrommeln allen billigen Ansprüchen
an Steuerfähigkeit und Betriebssicherheit. Der Dampfverbrauch ist
allerdings groß im Vergleich zu einer Betriebsdampfmaschine, aber er
ist, absolut genommen, gering im Vergleich zu dem Kraftbedarf anderer
Bergwerksmaschinen, wie Kompressoren und Pumpen. Als im letzten Drittel
des 19. Jahrhunderts die Nutzlasten, Geschwindigkeiten und Teufen sich
mehr und mehr vergrößerten, da machten sich auch die Nachteile der
Dampffördermaschine in höherem Grade geltend. Die Steuerfähigkeit nahm
ab, mit ihr die Betriebssicherheit; gleichzeitig wurde der relativ und
absolut hohe Dampfverbrauch um so fühlbarer, je mehr man bei anderen
Maschinen auf Sparsamkeit bedacht war.

[Illustration: Fig. 29.]

Zur Beleuchtung dieser Verhältnisse ist im folgenden der Arbeitsgang
einer Fördermaschine für sehr geringe Teufe verglichen mit dem Vorgang
bei sehr großer Teufe.

Fig. 29 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1901, S. 1750) stellt den
Arbeitsvorgang bei einer Fördermaschine für 200 m Teufe, 1200 kg
Nutzlast und 12 sekm Höchstgeschwindigkeit dar. Das Diagramm ist
entwickelt aus Versuchen, die von Buschmann in Dinglers Polytechnischem
Journal 1899, Nr. 4, mitgeteilt sind, und die an der Fördermaschine des
Salzwerks Heilbronn ausgeführt sind. Diese Maschine ist dargestellt in
Fig. 30 (entnommen aus Dinglers Polytechnischem Journal 1899). Aus dem
Diagramm ist erkennbar, daß der durch das Seilgewicht hervorgerufene
Widerstand klein ist, und daß auch die Beschleunigungswiderstände
verhältnismäßig gering ausfallen. Der Gesamtwiderstand ändert sich
während der Fahrt nur wenig und bleibt stets über Null, so daß am Ende
des Hubes nur eine geringe Bremswirkung erforderlich ist.

[Illustration: Fig. 30.]

[Illustration: Fig. 31.]

Demgegenüber ist in Fig. 31 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1901,
S. 1751) ein Diagramm dargestellt, welches sich ergeben würde wenn
die in Fig. 32 und 33 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1900,
s. 249) abgebildete größte bisher ausgeführte Fördermaschine (der
Tamarack-Mining Co. am Oberen See) ebenso wie die Heilbronner Maschine
mit zylindrischen Trommeln ausgeführt wäre. Die Maschine ist gebaut
für 1800 m Teufe, 6000 kg Nutzlast und 20 sekm Höchstgeschwindigkeit.
Der große Widerstand infolge des Seilgewichtes von 10000 kg und die
großen Beschleunigungswiderstände würden einen sprungweisen Verlauf
des Gesamtwiderstandes ergeben, der insbesondere im zweiten Teil des
Hubes die Steuerung der Maschine sehr erschweren und demgemäß die
Betriebssicherheit beeinträchtigen würde.

[Illustration: Fig. 32.]

[Illustration: Fig. 33.]

Der störende Einfluß des veränderlichen Seilgewichtes machte sich
schon bei den alten Göpel-Fördermaschinen bemerkbar. Langsdorf hatte
bereits mitgeteilt, in welcher Weise man in Schemnitz diesem Übelstand
begegnet war. Schon damals kam man auf den Gedanken, die Seilkörbe
nicht zylindrisch sondern kegelförmig in solcher Weise auszuführen, daß
zu Beginn des Hubes das große Seilgewicht am kleinen Hebearm angreift,
während das geringe Seilgewicht zu Ende des Hubes am großen Hebelarm
wirkt. Die Maschine der Tamarack-Co. ist mit kegelförmigen Seiltrommeln
ausgeführt, ähnlich wie die in Fig. 34 dargestellte Maschine, die von
der Gutehoffnungshütte für die Zeche Zollverein ausgeführt wurde. Um
indessen die Abmessungen nicht allzugroß werden zu lassen, hat man
auf vollkommene Ausgleichung verzichtet und den mittleren Teil der
Seiltrommeln zylindrisch gestaltet, wobei dieser Teil abwechselnd von
beiden Seilen benutzt wird.

[Illustration: Fig. 34.]

Fig. 35 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1901, S. 1751) stellt
das Diagramm dar, welches sich für die tatsächlich ausgeführten
kegelförmigen Seiltrommeln ergibt. Wenn auch die Seilausgleichung
nur eine sehr unvollkommene ist, so ist doch der Verlauf des
Gesamtwiderstandes nicht mehr der sprunghafte des vorhergehenden
Diagramms.

Werden die kegelförmigen Trommeln so gestaltet, daß sie eine
vollkommene Seilausgleichung ergeben, dann müssen sie so große
Abmessungen erhalten, daß die Maschine sehr schwerfällig und
teuer wird. Man hat daher derartige sogenannte Spiralkörbe nur
in Ausnahmefällen ausgeführt. Dazu kommen noch einige andere
Betriebsnachteile, die gleichfalls dazu geführt haben, daß diese
Maschinen nie eine typische Ausgestaltung gewonnen haben.

Eine weit einfachere Seilausgleichung ergibt sich dadurch, daß man
ein sogenanntes Unterseil anwendet, d. h. ein Seil, welches mit
seinen beiden Enden an den Böden der beiden Gerippe befestigt ist und
als Schleife bis zur Sohle des Schachtes hinabhängt. Es sind dann
die Seilgewichte in beiden Schachttrümen stets gleich groß. Diese
Erfindung wurde bereits im Jahre 1821 von Delneufcourt gemacht (Fig.
36; entnommen aus Dinglers Journal 1821, Bd. 5, S. 129), aber erst sehr
viel später zur Anwendung gebracht.

Fig. 37 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1901, S. 1751) läßt erkennen,
daß bei dieser Anordnung der Widerstand des Seilgewichtes gänzlich
verschwindet, und daß infolgedessen der Verlauf des Gesamtwiderstandes
sehr viel gleichmäßiger wird.

[Illustration: Fig. 35.]

Diese Anordnung kann indessen nur innerhalb gewisser Grenzen
verwendet werden. Sie hat sich bei Dampfbetrieb bis zu 700 m Teufe
bewährt; darüber hinaus ruft das infolge des Kurbeltriebwerks stark
veränderliche Drehmoment der Dampfmaschine Geschwindigkeitsänderungen
und damit Schwankungen im Seil hervor, die dessen Lebensdauer sehr
verkürzen. Abgesehen von der Seilausgleichung, gewährt das Unterseil
noch die Möglichkeit, an Stelle der zwei Seiltrommeln eine einzige
Seilscheibe (Fig. 38; entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1902, S. 364)
verwenden zu können, auf welcher das endlose Seil nur mit einer halben
Umschlingung aufliegt, also nur durch Reibung mitgenommen wird. Es
entsteht bei dieser Anordnung -- der sog. Koepeförderung -- der
Vorteil, daß bei Klemmungen der Gerippe im Schacht oder bei übermäßig
schnellem Anfahren das Seil auf der Scheibe gleiten kann, so daß
Zerrungen und Überlastungen des Seils vermieden werden. Gleichzeitig
wird die ganze Maschine leichter und daher steuerfähiger und darum
wieder betriebssicherer.

[Illustration: Fig. 36.]

Alles in allem genommen, hat die Koepeförderung die Eigentümlichkeit,
daß sie dem Dampfbetrieb gut angepaßt ist; der zur Erzielung der
nötigen Reibung erforderliche große Durchmesser der Koepescheibe ist
außerdem gut in Einklang zu bringen mit der für die Dampfmaschine
passenden Umlaufzahl, so daß ein einfacher und harmonischer Aufbau
entsteht.

Für größere Teufen ist, wenigstens bei Dampfbetrieb, das Unterseil
nicht anwendbar, weil die dann sehr große Masse des Seils unter den
unvermeidlichen Geschwindigkeitsschwankungen zu sehr leiden würde, die
mit dem Kurbeltrieb unabänderlich verknüpft sind.

[Illustration: Fig. 37.]

[Illustration: Fig. 38.]

Alle diese Bestrebungen bezweckten in erster Linie, die
Dampffördermaschine leichter, steuerfähiger und betriebssicherer
zu gestalten. Gleichzeitig hatten sie aber das Ziel, den im
Verhältnis zu Betriebsdampfmaschinen ungeheuer großen Dampfverbrauch
der Fördermaschinen zu vermindern. Der eingeschlagene Weg, den
Dampfverbrauch durch Vermeidung allzu sprunghafter Belastungsänderungen
zu verringern, war zweifellos grundsätzlich richtig und führte auch
zu einem gewissen Erfolg. Aber er konnte nichts daran ändern, daß
bei dem Anfahren der Maschine der heiße Dampf in die kalt gewordenen
Zylinder stürzt und zum großen Teil kondensiert; ferner war es nicht
möglich, zu wirtschaftlichen kleinen Füllungen überzugehen, weil
andernfalls das Drehmoment allzu veränderlich und infolgedessen die
Geschwindigkeitsschwankungen während einer Umdrehung allzu heftig
wurden.

Man hatte schließlich versucht, die ungünstigen thermischen
Verhältnisse dadurch zu verbessern, daß man die Verbundwirkung
zur Anwendung brachte. Zunächst versuchte man eine zweizylindrige
Anordnung, bei der ganz wie bei der Zwillingsmaschine der
Hochdruckzylinder auf die eine Kurbel und der Niederdruckzylinder auf
die andere Kurbel wirkte. Das Anfahren war bei dieser Anordnung so
schwierig, daß dieses System bald wieder aufgegeben wurde.

Dann versuchte man eine vierzylindrige Anordnung, bei der auf jede
der beiden Kurbeln ein Hochdruckzylinder und ein Niederdruckzylinder
hintereinander liegend arbeiteten, also eine Zwillingsmaschine, die
durch zwei angekuppelte Niederdruckzylinder ergänzt war. Dieses System
erwies sich als steuerfähig, führte aber naturgemäß zu einer sehr
verwickelten Maschine mit zahlreichen Organen. Es kam daher dieses
System nur für sehr große Teufen vereinzelt zur Anwendung. Man kam
zuletzt dazu, den großen Dampfverbrauch als ein notwendiges Übel zu
betrachten: die einfache Zwillingsmaschine blieb der Normaltyp.

Die stetige Erweiterung des Bergbaubetriebes führte zu immer größeren
Abmessungen und Geschwindigkeiten der Fördermaschine. Man war
schließlich dazu gekommen, bis zu acht Wagen gleichzeitig zu fördern
und hatte zuletzt die Fördergeschwindigkeit bei sehr großen Teufen bis
zu 20 sekm gesteigert. Die größte bisher angeführte Fördermaschine, die
in Fig. 33 bereits dargestellte Maschine der Tamarack-Mining Co. am
Oberen See, arbeitet mit einer vierzylindrigen Zwillingsmaschine von
insgesamt 5000 PS und fördert bei jedem Hub 6000 kg Nutzlast aus 1800 m
Teufe mit 20 sekm Höchstgeschwindigkeit.

Die zunehmenden Abmessungen sowohl wie die gesteigerten
Geschwindigkeiten stellten an den Steuermann immer größere Ansprüche.
Man mußte bereits dazu übergehen, die Steuerung durch einen
Dampfvorspannzylinder zu bewegen, um dem Steuermann die Arbeit zu
erleichtern; selbst das Absperrventil wurde bei sehr großen Maschinen
mit Dampfvorspann betätigt. Infolge der schwierigen Steuerung kam es
immer häufiger vor, daß der Maschinenführer es versäumte, rechtzeitig
abzustellen, und daß infolgedessen das Gerippe mit solcher Wucht über
die Hängebank hinaus gegen die Seilscheiben fuhr, daß Seilbrüche und
Zertrümmerungen die Folge waren. Bei Menschenförderungen führten
derartige Zufälle wiederholt zu schweren Unglücksfällen.

Zahlreich waren die Vorschläge für Sicherheitsvorkehrungen, die nun
auftauchten. Nach vielerlei mehr oder weniger mißglückten Versuchen
glaubte man das Übel an der Wurzel fassen zu können durch Einführung
sog. Retardierapparate, d. h. Einrichtungen, welche selbsttätig und
rechtzeitig die Geschwindigkeit der Maschine so weit verzögern, daß
die Hängebank nur um ein Geringes überfahren wird. Die Absicht ist
durchaus richtig; die Ausführung scheitert aber an dem Umstand, daß die
Geschwindigkeit einer Dampffördermaschine keineswegs von der Stellung
des Steuerhebels allein abhängig ist, sondern außerdem auch noch von
der Größe der Belastung und von der Kurbelstellung. Der selbsttätige
Eingriff muß sich daher auf Absperrung des Dampfes und auf plötzliches
Anziehen der Bremse beschränken. Es kann demnach keine wirkliche
Verzögerung, sondern nur ein mehr oder weniger ruckweises Anhalten
eintreten; man wird sich daher hüten, diese Vorkehrung im normalen
Betriebe wirken zu lassen. Außerdem sind diese Apparate sehr verwickelt
und unübersichtlich; erfahrungsgemäß haben sie nur selten genutzt, in
einzelnen Fällen sogar geschadet.

Diese Erfahrungen lassen, zusammengefaßt, erkennen, daß der
Dampfbetrieb für geringe Teufen zwar einfach ist, für große Teufen
aber zu recht verwickelten und betriebsunsicheren Maschinen führt. Ein
schlagendes Bild hierfür zeigten die Fördermaschinen der Düsseldorfer
Ausstellung vom Jahre 1902. Von den beiden Dampffördermaschinen
für große Teufen war die eine nach dem Tandem-Zwillingssystem
gebaut und besaß dementsprechend 4 Dampfzylinder mit 16 Ventilen
und 24 Stopfbüchsen, die andere war als Verbundmaschine mit
Kunstkreuzübertragung ausgeführt und war mit 8 festen Lagern und 12
Zapfenlagern im Kurbeltriebwerk ausgerüstet; beide hatten außerdem
Dampfvorspann für die Umsteuerung. Diese Maschinen waren in ihrer
Einzelkonstruktion und ihrer Werkstättenausführung zweifellos
bewundernswert; als Ganzes genommen aber waren sie drastische Zeugnisse
dafür, daß die Technik hier in eine Sackgasse geraten war.



3. Von 1900 an: Antrieb durch elektrischen Strom.


In jener Zeit waren bereits Versuche gemacht worden, die
Wirtschaftlichkeit des Förderbetriebes dadurch zu verbessern, daß man
die Fördermaschine nicht durch eine gesonderte Dampfmaschine betrieb,
sondern daß man sie durch elektrische Übertragung an die wirtschaftlich
arbeitenden Zentral-Dampfdynamos des Bergwerks anschloß.

Versuche dieser Art wurden gleichfalls in der Düsseldorfer Ausstellung
im Leerlauf vorgeführt und ließen erkennen, daß eine brauchbare Lösung
damals zwar im Werden, aber noch nicht reif war.

Schwierigkeiten lagen in zwei Richtungen vor: in der Steuerung der
Fördermaschine selbst und in der Rückwirkung auf das Kraftwerk.

Für die Steuerung der Fördermaschine war die sonst für Elektromotoren
übliche Anlaßmethode mit Vorschaltwiderstand von vornherein
unbrauchbar. Ein Versuch dieser Art führte zu einem Ungeheuer
von Anlasser, das für den Bergwerksbetrieb nie geeignet gewesen
wäre. Bei dieser Anlaßmethode wird der Fördermaschine die für den
Anlauf erforderliche niedrige Spannung dadurch zugeführt, daß
der überschüssige Teil der Netzspannung in einem Anlaßwiderstand
abgedrosselt wird. Die Kontakte des Steuerapparates müssen daher den
Hauptstrom führen, d. h. Ströme von 2000 bis 4000 Amp. schließen und
unterbrechen.

Diese Schwierigkeit war grundsätzlich nur dadurch zu beheben, daß
man Unterbrechungen des Hauptstroms während des Anfahrens überhaupt
vermied. Nach einem von Leonard schon früher für andere Zwecke
gemachten Vorschlag ging man dazu über, die Fördermaschine nicht
unmittelbar aus dem Netz mit Strom zu versorgen, sondern sie von
einer besonderen Dynamomaschine aus zu speisen, die ihrerseits durch
einen an das Netz geschalteten Elektromotor getrieben wurde. Dadurch
wurde freilich eine mehrfache Umwandlung der Energie erforderlich:
die Dampfdynamo des Kraftwerks muß zunächst die Wärme-Energie in
mechanische Energie und von dieser in elektrische Energie von
konstanter Spannung verwandeln. Letztere wird durch das Leitungsnetz
dem Anlaßumformer zugeführt, der seinerseits die elektrische Energie
von konstanter Spannung zunächst in mechanische Energie zurück
verwandelt und aus dieser in elektrische Energie von veränderlicher
Spannung umsetzt. Diese erst wird dem Elektromotor der Fördermaschine
zugeführt und von diesem schließlich in die für die Förderung
erforderliche mechanische Energie umgewandelt. Naturgemäß entsteht bei
jeder dieser vier Umsetzungen ein Verlust; der hohe Wirkungsgrad der
elektrischen Maschinen gestaltet indessen den Gesamtverlust zu einem
verhältnismäßig geringen. Der große Vorteil, der durch diese in der
Theorie verwickelte, in der praktischen Ausführung einfache Anordnung
entsteht, ist darin zu finden, daß der Hauptstrom während des Betriebes
nicht unterbrochen wird; die Regelung wird lediglich durch Veränderung
der Feldstärke des Umformers herbeigeführt, der Steuerapparat hat daher
nur Ströme zu unterbrechen, die einige Hundertstel des Hauptstroms
betragen.

Die zweite Schwierigkeit bot die Rückwirkung auf das Kraftwerk.
Bei der Dampffördermaschine wird die große während des Anfahrens
erforderliche Energie einfach dem stets vorhandenen Dampfvorrat des
Dampfkessels entnommen, es werden also andere Maschinen nicht in
Mitleidenschaft gezogen. Anders bei der elektrischen Fördermaschine.
Diese würde den großen Anlaufstrom dem Kraftwerk entnehmen, es
müßten daher die Dampfdynamomaschinen den ganzen Stoß aushalten,
so daß als Kraftspeicher wieder der Dampfvorrat der Kesselanlage
herhalten müßte. Bei solch stoßweisem Betrieb würde das Kraftwerk sehr
unwirtschaftlich arbeiten und störende Spannungsschwankungen im ganzen
Netz hervorrufen. Nur dann, wenn ein sehr großes Kraftwerk eine große
Zahl von stetig laufenden Elektromotoren zu versorgen hätte, würde eine
mitangeschlossene Fördermaschine ohne Störungen betrieben werden können.

Ein Mittel, um die Belastungsschwankungen von den Dampfdynamos
fernzuhalten, würde in der Einschaltung einer Pufferbatterie bestehen,
wie sie in den Kraftwerken der Straßenbahnen verwendet werden. Dieses
Mittel würde bei den großen Stromstärken aber ein sehr kostspieliges
sein und würde außerdem nur bei Gleichstromzentralen anwendbar sein.
Für Bergwerke kann der großen Entfernungen wegen aber in der Regel nur
Drehstrom verwendet werden.

Ein weit einfacheres Mittel ergab die von Ilgner vorgeschlagene
Anwendung eines Schwungrades, welches auf die Welle des Anlaßumformers
gekeilt wird -- Fig. 39. Während der Förderpausen wird vom Motor
des Umformers mechanische Energie in das Schwungrad geleitet, d.
h. die Umlaufzahl des Schwungrades allmählich erhöht. Sobald die
Fördermaschine anfährt, entnimmt sie durch Vermittlung der Dynamo
des Umformers mechanische Energie aus dem Schwungrad, wodurch
die Umlaufzahl des Schwungrades sich allmählich vermindert. Die
Belastungsschwankungen gehen dann lediglich durch die Dynamo
des Umformers, nicht aber durch den Motor desselben und noch
weniger in das Kraftwerk. Letzteres läuft vielmehr mit fortwährend
gleichbleibender Belastung. Es ist daher gleichgültig, ob das Kraftwerk
Drehstrom oder Gleichstrom liefert, da der Netzstrom lediglich in den
Motor des Umformers geht, während die Dynamo des Motors stets als
Gleichstrommaschine gebaut wird.

[Illustration: Fig. 39.]

Die Energieverluste dieses Systems beschränken sich auf den Verlust,
der bei der mehrfachen Energieverwandlung entsteht, und auf den
Luftwiderstand und die Lagerreibung des Schwungrades. Würde man das
Schwungrad mit der bei Dampfmaschinen üblichen Umfangsgeschwindigkeit
von 20 sekm laufen lassen, so würde es außerordentlich schwer und
kostspielig werden. Man führt daher diese Schwungräder aus Stahl aus
und läßt sie mit 80 sekm Umfangsgeschwindigkeit laufen. Die Folge der
hohen Geschwindigkeit ist eine ziemlich große Luftreibung auch dann,
wenn das Schwungrad glatt poliert ist.

Dagegen treten keinerlei Energieverluste in Anlaßwiderständen auf; das
Kraftwerk kann sehr wirtschaftlich arbeiten, weil seine Belastung eine
vollständig gleichbleibende ist.

Die Fördermaschine selbst erhält bei elektrischem Antrieb die denkbar
einfachste Gestalt, wie Fig. 40 zeigt: die Welle eines Elektromotors
wird einfach mit einer Seiltrommel oder Seilscheibe unmittelbar
gekuppelt. Der Motor wird als einfacher Nebenschlußmotor gewickelt,
dessen Feld konstant erregt wird, und dessen Anker die regelbare
Spannung des Schwungradumformers zugeführt wird.

[Illustration: Fig. 40.]

Die Fördermaschine hat daher keine hin und her gehenden, sondern nur
noch drehbare und starr miteinander gekuppelte Teile. Die Lagerung
läßt sich bei geschickter Anordnung auf zwei Lager beschränken. Das
Drehmoment schwankt nicht wie bei der Dampfmaschine während einer
Umdrehung in weiten Grenzen, sondern ist vollkommen gleichmäßig.

Die Fördermaschine fährt daher ohne Stoß an, treibt die Seile ohne
Geschwindigkeitsschwankungen und kann auf beliebig große, bzw. kleine
Geschwindigkeit durch Handhabung eines einzigen Hebels eingestellt
werden, der die Feldstärke des Umformers regelt.

Überwiegt gegen Ende des Hubes das Seilgewicht, so verwandelt sich die
elektrische Fördermaschine ohne Zutun des Führers in eine elektrische
Bremse; die abgebremste Arbeit geht nahezu verlustlos in das Schwungrad
und wird dort bis zum nächsten Hub aufgespeichert. Die Geschwindigkeit
der Seiltrommel ist lediglich von der Stellung des Steuerhebels
abhängig, dagegen von der der Größe der Belastung völlig unabhängig.

Dieser Umstand gewährt die Möglichkeit, eine wirkliche
Verzögerungs-Vorrichtung einfachster Art anzubringen. Der Teufenzeiger
braucht nur so gestaltet zu werden, daß er am Hubende mittels
eines Kurvenschubes den Steuerhebel langsam in die Nullstellung
zurückschiebt. In genau demselben Verhältnis vermindert sich dann
selbsttätig die Geschwindigkeit der Fördermaschine bis auf Null, so daß
ein Überfahren der Hängebank vollständig ausgeschlossen ist.

Die elektrische Fördermaschine arbeitet daher nicht nur
wirtschaftlicher, sie ist auch viel einfacher und steuerfähiger und
gewährt aus beiden Gründen eine wesentlich höhere Betriebssicherheit.
Diese Vorzüge kommen um so mehr zur Geltung, je größer Teufe und
Geschwindigkeit sind. Dampffördermaschinen werden daher voraussichtlich
nur noch für geringe Teufen und Leistungen in solchen Fällen ausgeführt
werden, wo nicht die Betriebskosten sondern nur die Anlagekosten
ausschlaggebend sind, wie dies bei provisorischen Anlagen vorkommen
kann.

Die erste elektrisch betriebene Hauptschachtfördermaschine nach
diesem System wurde zu Ende des Jahres 1903 auf der Zeche Zollern II
zu Merklinde in Westfalen in Betrieb gesetzt. Sie ist ausgeführt im
elektrischen Teil von den Siemens-Schuckert-Werken, im mechanischen
Teil von der Friedrich-Wilhelmshütte. Fig. 41 zeigt das Maschinenhaus,
in dem die Fördermaschine aufgestellt ist. Die vorhergehenden Figuren
39 und 40 stellten Umformer und Fördermaschine selbst dar.

Die wenigen bisher ausgeführten elektrischen Fördermaschinen sind
nahezu ausschließlich mit Koepe-Scheiben ausgerüstet worden. Dieser
Vorgang ist natürlich, da die Koepe-Förderung bei den in letzter Zeit
ausgeführten Dampffördermaschinen sehr gebräuchlich geworden war. Es
liegt nun die Frage nahe, ob die Koepe-Scheibe für den elektrischen
Antrieb ebenso zweckmäßig ist wie für den Dampfbetrieb.

Die Anlagekosten einer elektrischen Fördermaschine sind um so geringer,
je höher ihre Umlaufzahl ist; von diesem Standpunkt aus ist es
erwünscht, den Durchmesser der Koepe-Scheibe nicht größer auszuführen
als die Rücksicht auf die Biegungsbeanspruchung des Drahtseils es
erfordert. Anderseits ist es zur Erzielung der erforderlichen Reibung
zwischen Seil und Scheibe notwendig, den Durchmesser der Scheibe groß
zu wählen. Letzteres ist besonders dann nötig, wenn man zur Erzielung
hoher Leistung die hohe Anfahrbeschleunigung ausnutzen will, die der
elektrische Betrieb mit seinem gleichmäßigen Drehmoment gegenüber
dem Dampfbetrieb zuläßt. Man hat sich bisher durch einen Kompromiß zu
helfen gesucht, ist dabei aber teilweise in Schwierigkeiten geraten,
und hat sich dann durch Auswechslung des Rundseils gegen Bandseil
geholfen, was als ein Notbehelf zu betrachten ist.

[Illustration: Fig. 41.]

Einen Ausweg aus diesem Zwiespalt bietet der Vorschlag Heckels,
die Treibscheibe mit zwei Rillen auszuführen und das Seil unter
Einschaltung einer Zwischenrolle mit zwei halben Umschlingungen
um die Treibscheibe zu legen. Diese Anordnung würde Verminderung
des Scheibendurchmessers auf die Hälfte des Durchmessers einer
Koepe-Scheibe erlauben, wenn nicht die Biegungsbeanspruchung des
Drahtseils zur Einhaltung eines Mittelwertes nötigen würde.

Der kleine Durchmesser der Treibscheibe der Heckelanordnung
vermindert nicht nur die Anlagekosten des elektrischen Teils der
Fördermaschine, er gewährt auch einen organischen Zusammenbau, weil
Treibscheibendurchmesser und Ankerdurchmesser des Elektromotors sich
einander nähern, infolgedessen eine unmittelbare starre Verbindung
zulassen und gleichzeitig den Maschinenrahmen einfach gestalten.
Endlich hat die Heckel-Treibscheibe den Vorteil, daß durch Verstellung
der Zwischenrolle eine Kürzung des Drahtseils ermöglicht wird, welche
ein periodisches Abschneiden der Seilenden behufs Festigkeitsprüfung
gestattet.

Diesen Vorzügen steht der Nachteil gegenüber, daß die Zwischenrolle
mit ihrer Unterstützung schon bei mittelgroßen Fördermaschinen ein
Mehrgewicht von 12000 bis 14000 kg und einen entsprechenden Mehrpreis
von 7000 bis 8000 M. für den mechanischen Teil erfordert. Dazu kommt,
daß das Maschinenhaus wesentlich größer ausgeführt werden muß, was
wiederum Mehrkosten im Betrag von 6000 bis 8000 M. erfordert. Durch
diesen Mehraufwand wird die Ersparnis im elektrischen Teil mehr als
aufgewogen.

Die Gründe, welche bei der Dampfförderung für die Anwendung
des Unterseils sprachen -- Vermeidung negativer Drehmomente
behufs Steuerfähigkeit und Konstanthaltung der Belastung behufs
Wirtschaftlichkeit -- gelten nicht in gleichem Maß für den elektrischen
Betrieb. Die elektrische Fördermaschine ist bei negativem Drehmoment
ebenso steuerfähig wie bei positivem, und die Ungleichheit der
Belastung wird durch das Schwungrad vollständig ausgeglichen. Das
Unterseil bringt zudem eine Reihe von Nachteilen mit sich: es
vermehrt die zu beschleunigenden Massen, es hindert die Förderung
aus verschiedenen Sohlen, es beansprucht die Fördergerippe und die
Gehänge sehr stark, es erschwert die Tätigkeit der Fangvorrichtung, es
verhindert die Anwendung verjüngter Seile, und es ist schließlich für
große Teufen von mehr als 1000 m seiner Schwankungen wegen überhaupt
nicht anwendbar.

Es ist daher wohl möglich, daß die elektrische Förderung die Anwendung
der Treibscheibe -- die für sie nicht wie für den Dampfbetrieb eine
Notwendigkeit ist -- wieder aufgibt und zur Anwendung von zylindrischen
oder kegelförmigen Trommeln zurückkehrt, die mit dem Durchmesser
gewählt werden können, der für die Anlagekosten des elektrischen Teils
und für einen organischen Zusammenbau wünschenswert erscheint. Bei
geschickter Einzelkonstruktion der Seiltrommel und ihrer Kupplung mit
dem Anker des Elektromotors läßt sich eine Bauart finden, die mit
geringen Anlagekosten ausführbar ist und den konstruktiven Nachteil
vermeidet, der der Trommel-Dampffördermaschine anhaftet, nämlich die
schwere, hoch beanspruchte und kostspielige Welle.

       *       *       *       *       *

Ein Rückblick auf die Entwicklung der Fördermaschine von der
Göpelfördermaschine aus dem Jahre 1500 über die Wasserradfördermaschine
und die Dampffördermaschine zur Elektrofördermaschine aus dem Jahre
1903 zeigt, daß die Beherrschung der Naturkraft das entscheidende
Moment für die Gesamtanordnung bildet.

Die Aufgabe der nächsten Zeit wird darin bestehen, die Fördermaschine
für große Teufen von 1000 bis 2000 m zweckmäßig zu gestalten. In
Südafrika und Nordamerika sind Teufen von 1500 bzw. 1800 m bereits
erreicht, in Europa werden sie in absehbarer Zeit erschlossen werden.

Auf die Entwicklung der Einzelheiten der Fördermaschine hat nebenher
noch eine Reihe von anderen Einflüssen eingewirkt, in erster Linie das
Bestreben, die Leistung im Verhältnis zum Schachtquerschnitt möglichst
zu steigern.

Die Leistungsfähigkeit eines Bergwerks ist unmittelbar abhängig von
der Förderleistung seiner Schächte. Da die Abteufung der Schächte den
Hauptanteil der Anlagekosten der Gesamtanlage beansprucht, so ist man
bei Neuanlagen durchweg bestrebt, die Zahl der Schächte auf zwei zu
beschränken: den Förderschacht, der gleichzeitig zur Wettereinführung
dient und den Wetterschacht, der die ausziehenden Wetter zu führen hat
und gleichzeitig die Reserveförderanlage aufnimmt. Es liegt also die
Aufgabe stets so, daß die Förderleistung des Schachtes auf das Höchste
zu steigern gesucht wird. Den Querschnitt des Schachtes sucht man
aus technischen und wirtschaftlichen Gründen ebenfalls möglichst zu
beschränken. Es kommt also schließlich darauf an, die Förderleistung
für den Quadratmeter-Schachtquerschnitt auf einen Höchstwert zu bringen.

Bei Schächten, die lediglich zur geologischen Untersuchung dienen --
Schurfschächten -- und die aus Ersparnisrücksichten mit allerengstem
Querschnitt hergestellt werden müssen, läßt sich nur die eintrümige
Förderung anwenden. Bei dieser wird nur ein einziges Seil und nur ein
einziger Kübel verwendet. Der Nachteil dieses Systems liegt darin,
daß die ganze Zeit, die zum Niedergang des leeren Kübels erforderlich
ist, nicht ausgenutzt wird. Außerdem muß die Totlast des Kübels stets
nutzlos gehoben werden.

Steht etwas mehr Schachtquerschnitt zur Verfügung, so läßt sich ein
Gegengewicht anwenden, welches die Totlast des Kübels ausgleicht;
allerdings ist für das Gegengewicht der Einbau von besonderen
Spurlatten erforderlich.

Sehr bald kam man darauf, die Förderleistung des Schachtes durch die
Anwendung von zweitrümiger Förderung zu steigern, d. h. zwei Seile in
gegenläufiger Wicklung auf die Seiltrommel zu legen. Bei Niedergang des
einen leeren Kübels steigt gleichzeitig der andere Kübel gefüllt empor.
Die zweitrümige Förderung gewährt weiter den Vorteil, daß die Totlasten
der Kübel ausgeglichen sind, so daß nur Nutzlast und überschießendes
Seilgewicht zu heben sind. Auf den Bildern von Agricola (Fig. 20
und 22) wird bereits zweitrümig gefördert. Diese Anordnung verdoppelt
die Gesamtleistung des Schachtes, erfordert aber auch doppelt so großen
Querschnitt des letzteren.

Für die Steigerung der Schachtleistung stehen drei Wege offen:
Vergrößerung der Nutzlast, Verkleinerung der für Beladen und Entladen
erforderlichen Zeit, der sog. Sturzpause, und Steigerung der
Hubgeschwindigkeit.

Zunahme der Nutzlast setzt Steigerung der Zahl der Fördergefäße voraus.
Als Fördergefäße benutzte man ursprünglich Kübel aus Leder, sog.
»Bulgen«, wie sie auf Agricolas Bildern dargestellt sind. Der Inhalt
dieser Kübel war naturgemäß nur gering, etwa 500 kg. Hätte man die
Kübel so groß ausgeführt, daß sie 2000 bis 4000 kg aufnehmen könnten,
dann würde die Beladung und Entladung viel Zeit in Anspruch genommen
haben. Man ging daher dazu über, die zum Horizontaltransport benutzten
Wagen, die sog. Hunte, auch für die Vertikalförderung ohne Umladung
zu benutzen, indem man an das Förderseil ein Gestell aus Walzeisen,
das sog. Gerippe, hing, auf welches die Wagen aufgeschoben wurden. Mit
dieser Einrichtung ließ sich die Sturzpause auf 30 Sek. beschränken;
die Totlast wird allerdings wesentlich größer und damit auch die
Seilbelastung.

Die Zahl der bei einem Hub geförderten Wagen ist von 1 allmählich
bis auf 8 gesteigert worden. Ursprünglich stellte man die Wagen
nebeneinander auf das Gerippe, gab dieses Verfahren aber bald auf,
weil es einen sehr großen Schachtquerschnitt erforderte. Dann ging
man dazu über, die Gerippe mit mehreren Stockwerken auszuführen, so
daß die Wagen nicht nebeneinander sondern übereinander stehen. Die
Förderleistung für den Quadratmeter Schachtquerschnitt wird durch
diese Anordnung naturgemäß sehr gesteigert, aber nur dann, wenn
die Wagen aus allen Stockwerken gleichzeitig abgezogen werden, was
viel Hilfsmannschaft verlangt. Zieht man die Wagen nacheinander auf
nur einer Bühne ab, so muß die Fördermaschine das Gerippe mehrmals
einstellen, wodurch die Sturzpause vergrößert, die Leistung also
verkleinert wird.

Neben Steigerung der Nutzlast und Verkleinerung der Sturzpause steht
noch die Erhöhung der Hubgeschwindigkeit als drittes Mittel zur
Vermehrung der Leistung zur Verfügung. Die Geschwindigkeit steigt
von Null allmählich auf einen Höchstwert, behält diesen einige Zeit
bei und sinkt wieder auf Null. Die Durchschnittsgeschwindigkeit
kann nun in zweierlei Weise vergrößert werden: entweder durch
Steigerung der Höchstgeschwindigkeit oder durch schnelleres Ansteigen
der Geschwindigkeit, d. h. durch Erhöhung der Beschleunigung. Die
Höchstgeschwindigkeit ist von 2 sekm zu Beginn des 19. Jahrhunderts
allmählich auf 20 sekm zu Ende des Jahrhunderts gesteigert worden.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit steigt natürlich nicht in gleichem
Verhältnis mit der Höchstgeschwindigkeit, sondern weit langsamer.

Der angegebene Wert von 20 sekm für die Höchstgeschwindigkeit, der eine
sehr starke Maschine erfordert, ist daher wirtschaftlich gerechtfertigt
nur bei großen Teufen von mehr als 800 m.

Die Steigerung der Beschleunigung findet bei Dampfbetrieb sehr bald
eine Grenze, weil das gerade beim Anfahren sehr wechselnde Drehmoment
hinderlich im Wege steht. Ebenfalls niedrig liegt die Grenze bei
Anwendung von Koepescheiben, weil der geringe Reibungsschluß der halben
Umschlingung nur ein begrenztes Drehmoment zuläßt. Dagegen gestattet
der elektrische Betrieb in Verbindung mit einer ganzen Umschlingung
eine wesentliche Steigerung der Beschleunigung bis etwa zu dem Wert von
1 in Geschwindigkeitszunahme in jeder Sekunde, so daß nach 20 Sek. eine
Geschwindigkeit von 20 sekm erreicht werden kann.

Da die Sturzpause etwa ein Drittel bis die Hälfte der Fahrzeit
in Anspruch nimmt, so erscheint als wirksamstes und daher
aussichtsreichstes Mittel die weitere Verkürzung der Sturzpause.
Tatsächlich geht neuerdings das Bestreben dahin, die Sturzpause durch
Einführung selbsttätiger Beladungs- und Entladungseinrichtungen
zu verkürzen. Eine Lösung dieser Aufgabe ergibt sich dadurch,
daß die Wagen durch Maschinenkraft auf das Gerippe hinauf- und
heruntergeschoben werden. Ein anderes Mittel ist die in Südafrika
übliche Anwendung von Kübeln, die aus Trichtern selbsttätig gefüllt und
durch Kippvorrichtungen entleert werden.

       *       *       *       *       *

Das wichtigste Maschinenelement der Fördermaschine, das Seil, hat im
Laufe der Zeit mannigfache Wandlungen durchgemacht. Auf den Bildern
von Agricola finden wir noch Ketten dargestellt, ebenso auf der Skizze
von Borgnis; für die geringen Teufen und Geschwindigkeiten des 15.
Jahrhunderts, die 100 m bzw. 1 sekm wohl kaum überschritten haben,
reichten Ketten noch aus. Darüber hinaus sind sie nicht mehr anwendbar,
weil das Eigengewicht der Ketten im Verhältnis zu ihrer Tragfähigkeit
außerordentlich groß ist.

In Fig. 42 ist das Verhältnis Eigengewicht/(Angehängte Last) für
verschiedene Teufen zunächst für Ketten aufgetragen. Man sieht, daß
bei siebenfacher Sicherheit und bei 150 m Teufe das Eigengewicht
bereits größer als die getragene Last wird, und daß bei 200 m Teufe das
Eigengewicht schon auf das Zweieinhalbfache der Last steigt. Bei 280 m
Teufe würde das Eigengewicht unendlich groß werden.

Außerdem haben Ketten den Nachteil, daß sie sehr unelastisch sind, und
daß man nicht erkennen kann, ob die Kette Schweißfehler besitzt und ob
sie durch die unvermeidlichen Stöße hart und spröde geworden ist. Aus
diesen Gründen sind Ketten sehr betriebsunsicher. Für Geschwindigkeiten
von mehr als 1 sekm sind sie überhaupt nicht verwendbar.

Man ist daher sehr bald zur Verwendung von Hanfseilen übergegangen,
wie sie auf den Zeichnungen von Langsdorf sichtbar sind. Da ihr
Eigengewicht sehr gering ist, so sind mit Hanfseilen wesentlich
größere Teufen erreichbar; wie aus Fig. 42 ersichtlich ist, würde bei
achtfacher Sicherheit die Grenzteufe, d. h. die Teufe, bei der das
Eigengewicht unendlich groß wird, erst bei 850 m liegen.

Wesentlich günstiger als Hanfseile sind Aloëseile, d. h. Seile,
die aus den Fasern der Agave hergestellt werden. Hanfseile müssen
geteert werden, um der in Schächten stets vorhandenen Feuchtigkeit zu
widerstehen, werden dadurch aber schwerer, weniger biegsam und minder
tragfähig. Ungeteerte Aloëseile hingegen nehmen in feuchtem Zustande
an Festigkeit zu, sind leicht und biegsam. Ihre Grenzteufe beträgt bei
siebenfacher Sicherheit 1700 m. In der Regel werden sie nur bis zu
300 m Teufe mit gleichbleibendem Querschnitt, für größere Teufen mit
nach unten verjüngtem Querschnitt dargestellt, wodurch sie bei gleicher
Tragfähigkeit leichter werden. Die Grenzteufe von verjüngten Seilen ist
daher wesentlich größer. Aus dem Jahre 1838 stammt eine Mitteilung
in Dinglers Journal, wonach um diese Zeit bereits Aloëbandseile in
den Kohlengruben des Herrn Braconier bei Lüttich in Betrieb waren. In
Belgien wird heutzutage noch größtenteils mit Aloëflachseilen gefördert.

[Illustration: Fig. 42.]

Versuche mit Drahtseilen wurden zuerst vom Oberbergrat Albert im Jahre
1834 (nach O. Hoppe) in den tiefen Schächten des Oberharzer Bergbaues
gemacht. Die ersten Seile waren aus wenigen und sehr dicken Drähten (3
Litzen aus je 4 Drähten von mehr als 3 mm Stärke) von weichem Eisen
(6000 kg-qcm Bruchfestigkeit) hergestellt, und zwar ohne Hanfseele. Sie
waren daher nur in geringem Grade biegsam.

In den rund 300 m tiefen Schächten von Falun in Schweden wurde der
erste Versuch mit Drahtseilen in der Stora-Kopparbergsgrube im Jahre
1835 gemacht, nachdem die Kunde von den Versuchen im Harz dorthin
gelangt war. Auch dort wurden zuerst Seile aus weichem Eisendraht von
über 3 mm Stärke verwendet.

Aus dem Jahre 1845 liegt bereits ein Bericht vor (Dinglers Journal,
Bd. 95, S. 72), wonach um diese Zeit Drahtseile mit Hanfseelen in
Deutschland und England bereits vielfache Verbreitung gefunden haben.

Bis zu Ende der 60er Jahre behielt man den weichen Eisendraht von
6000 kg-qcm Bruchfestigkeit bei, stellte aber die Seile aus einer
größeren Zahl dünnerer Drähte her (6 Litzen aus je 6 Drähten von 1-2
mm Stärke). In der von Redtenbacher im Jahre 1865 mitgeteilten Tabelle
finden wir bereits die Drahtseile in überwiegender Anzahl gegenüber den
Hanfseilen.

Um das Jahr 1867 (nach Hraback) gelang es der Firma Felten & Guilleaume
in Köln, Drahtseile aus Tiegelgußstahl herzustellen, die eine
doppelt so große Festigkeit besaßen als die Eisenseile (12000 kg-qcm
Bruchfestigkeit).

In neuester Zeit ist es gelungen, durchaus betriebssichere Förderseile
aus Extrastahldraht bis zu 18000 kg-qcm Bruchfestigkeit herzustellen
und mit solchen Seilen aus Teufen bis 1800 m zu fördern.

Aus Fig. 42 ist deutlich zu entnehmen, daß mit festerem Seilmaterial
wesentlich größere Teufen erreicht werden können. Verwendet man
Stahldraht von 120 kg-qmm Bruchfestigkeit mit achtfacher Sicherheit,
also mit einer Beanspruchung von 12000/8 = 1500 kg-qcm, so wird die
Grenzteufe 1500 m; für Stahl von 180 kg-qmm Bruchfestigkeit und für
neunfache Sicherheit, also für eine Beanspruchung von 18000/9 =
2000 kg-qcm wird die Grenzteufe 2000 m.

Hierbei war vorausgesetzt, daß die Seile mit gleichem Querschnitt über
die ganze Länge ausgeführt wurden. Bei Anwendung von Trommeln können
die Seile mit nach unten verjüngtem Querschnitt hergestellt werden. Bei
gleicher Tragfähigkeit werden die Seile dann entsprechend leichter. Die
Meinungen über die Berechtigung dieser Konstruktion sind noch geteilt,
da der Einfluß der Schwingungen des Seils auf die Beanspruchung noch
nicht genügend geklärt ist. Ausführungen von verjüngten Drahtseilen
liegen bislang nur in geringer Zahl vor. Bestätigt längere Erfahrung
ihre Anwendbarkeit, so gestatten sie die Erreichung von wesentlich
größeren Teufen.

Für die Entscheidung dieser Frage sind noch die Betriebsergebnisse der
elektrischen Fördermaschinen hinsichtlich der Drahtseile abzuwarten.
Es ist zu vermuten, daß die Lebensdauer der Seile eine größere sein
wird, weil einmal die durch das periodisch wechselnde Drehmoment
hervorgerufenen Schwingungen wegfallen, und weil das Stauchen des Seils
beim Anhalten infolge sanfteren Einfahrens vermieden wird. Es ist daher
möglich, daß den verjüngten Seilen in Verbindung mit Spiralkörben, die
unmittelbar mit den Ankern der Elektromotoren zusammengebaut sind, für
größere Teufen die Zukunft gehören wird.

Ein kennzeichnendes Bild über die Entwicklung der Schachtförderseile
gibt die Statistik des Oberbergamtsbezirks Dortmund, die in Fig.
43 graphisch dargestellt ist. Im Jahre 1872 waren hauptsächlich
eiserne Seile in Gebrauch; auch Aloëseile wurden damals noch vielfach
verwendet, während Stahlseile noch wenig vertreten waren. Die Zahl der
Seilbrüche war damals im Verhältnis zur Zahl der überhaupt abgelegten
Seile sehr groß. Vom Jahre 1877 an verschwanden die Hanfseile, von 1884
an die Aloëseile und von 1896 an die Eisenseile. Von da an finden sich
nur noch Stahlseile, und zwar überwiegen weitaus die Rundseile über die
Bandseile. Die Zahl der Seilbrüche nimmt fortwährend ab; namentlich
das Verhältnis der gebrochenen zu den abgelegten Seilen wird immer
günstiger. Das Schaubild ist somit ein ausgezeichnetes Zeugnis für die
rasche Entwicklung der Seilindustrie.

       *       *       *       *       *

Eine durchgreifende Wandlung hat sich im Laufe der Entwicklung
hinsichtlich des Baumaterials und der Herstellung der Fördermaschinen
vollzogen.

Die Göpel- und Wasserrad-Fördermaschinen vom 15. bis zum Beginn
des 19. Jahrhunderts waren in fast allen ihren Teilen aus Holz
ausgeführt; Schmiedeeisen wurde nur zu Klammern und Zapfen verwendet,
Gußeisen kam überhaupt nicht vor. Die Maschinen wurden nicht in einer
Maschinenfabrik sondern an der Baustelle hergestellt und lediglich
örtlichen Verhältnissen angepaßt. Die primitive Formgebung entsprach
den rohen Herstellungsmitteln.

[Illustration: Fig. 43.]

Bei den Dampffördermaschinen verschwand bald Holz vollständig, Gußeisen
wurde in großem Umfang verwendet. Die Herstellung wurde in die
Maschinenfabrik verlegt.

Die Formgebung wurde eine sehr vollkommene: sie entsprach nicht nur
der Herstellung und dem allgemeinen Gebrauchszweck, sondern sie ging
im einzelnen auch darauf aus, die Instandhaltung und Reinhaltung der
Maschine möglichst zu erleichtern, wodurch die Maschinen ein sauberes
und demgemäß elegantes Aussehen gewannen.

Aber noch war jede Maschine eine Einzelkonstruktion, für die höchstens
einzelne vorhandene Modelle von Zylindern u. dgl. verwendet wurden, die
im übrigen aber meist für jeden Einzelfall besonders entworfen wurde
unter weitgehendster Berücksichtigung der Sonderwünsche des Bestellers.
Manche Bergbaureviere hatten geradezu ihren Sondertyp.

Kennzeichnend für diese Maschinen war auch, daß viele Teile, namentlich
die Bremsteile, die Steuerungsteile, die Sicherungselemente nicht starr
mit der Maschine verbunden waren, sondern für sich auf das Fundament
geschraubt wurden. Es war daher nicht möglich, die Maschine in der
Fabrik vollständig zu montieren; es blieb vielmehr dem Monteur an der
Baustelle ein großer Teil der Anpaßarbeit und der Verantwortung.

Dabei blieb es bis zur Einführung des elektrischen Betriebes.
Bei diesem tritt das Bestreben in den Vordergrund, Walzeisen in
umfangreichstem Maße zu verwenden, nicht nur für die Seilscheiben und
Trommeln, sondern auch für die Lagerrahmen der Maschine. Der Einfluß
der Elektrotechnik macht sich auch bereits in dem Bestreben bemerkbar,
eine Normalisierung der Maschinen herbeizuführen, d. h. die Maschine
nicht mehr für jeden Einzelfall besonders zu entwerfen, sondern sie
nach Normen mit modernen Herstellungsmethoden zu bauen und dadurch
an Herstellungskosten zu sparen, genauere Arbeit zu erzielen und
geringere Lieferzeiten zu ermöglichen. Dieses Bestreben macht sich
namentlich in den Einzelheiten bemerkbar: Steuerstand, Teufenzeiger und
Bremsen erhalten typische Gestalt. Die Maschine wird von vornherein
so entworfen, daß sie allen örtlichen Verschiedenheiten gerecht wird,
so daß eine Anpassung für jede Einzelausführung entbehrlich wird.
Sondertypen für Reviere sind bei dem heutigen Aktionsradius der großen
Werke unmöglich. Neuerdings macht sich auch das Bestreben bemerkbar,
die Fördermaschine ebenso wie andere durchgebildete Maschinen als in
sich geschlossene Maschinen zu bauen, d. h. Einzelteile zu vermeiden,
die für sich auf das Fundament geschraubt werden müssen. Zweck dieser
Bestrebung ist Verlegung aller Anpaßarbeit in die Maschinenfabrik,
wo sie viel genauer und billiger hergestellt und sicherer geprüft
werden kann als auf der Baustelle. Die Formgebung strebt äußerste
Zweckmäßigkeit in Herstellung und Gebrauch sowie möglichst ruhige und
übersichtliche Erscheinung an.

In jüngster Zeit sind mehrfache Vorschläge gemacht worden, die
Förderung dadurch leistungsfähiger zu gestalten, daß zahlreiche,
stetig bewegte Fördergefäße angewendet werden. Dies wäre erreichbar
entweder durch Becherwerke oder durch Kletteraufzüge. Diese Vorschläge
sehen verlockend aus, führen in der Einzelkonstruktion aber auf
zahlreiche Schwierigkeiten; zu einer Ausführung ist es bisher nie
gekommen.

       *       *       *       *       *

Der wirtschaftliche Einfluß der Fördermaschine auf den Bergbaubetrieb
ergibt sich am deutlichsten, wenn man die Göpelmaschine aus dem
Jahre 1500 mit der Elektrofördermaschine aus dem Jahre 1903
vergleicht hinsichtlich ihrer Abmessungen, Leistungen, Anlagekosten
und Betriebskosten. Dieser Vergleich ergibt sich aus folgender
Gegenüberstellung:

                                         Göpelförder-   Elektroförder-
                                           maschine         maschine
                                             1800             1903

    Teufe                                    200 m            560 m
    Nutzlast                                 550 kg          2200 kg
    Höchstgeschwindigkeit                      0,27 sekm       16 sekm
    Höchste Leistung im Schacht gemessen       2 PS           470 PS
    Höchste Leistung an der Welle gemessen     3 PS      ca. 1000 PS
    Stündliche Lieferung                       2,2 t          132 t
    Anlagekosten der Fördermaschine         4000 M.        300000 M.
    Gesamtbetriebskosten der Fördermaschine
      für die Tonne geförderte Kohle           0,25 M.          0,08 M.
    Gesamtbetriebskosten für die
      Kilometer-Tonne                          1,25 M.          0,14 M.
    Verkaufspreis für die Tonne Kohle         34 M.            15 M.

Die Leistungsfähigkeit eines Bergwerks ist stets begrenzt durch die
Leistung der Fördermaschine, es ist also die Fördermaschine das
entscheidende Lebenselement für den Bergbaubetrieb. Die Schächte mit
ihren Fördermaschinen haben für das Bergwerk dieselbe Bedeutung wie
die Arterien und das Herz für den animalischen Körper. Bei größeren
Teufen machen die Gesamtförderkosten, bestehend aus den Betriebskosten
der Fördermaschine, aus den Besitzkosten des Schachtes und seines
Zubehörs und aus den Kosten für die Wasserhebung, den Hauptanteil der
Gestehungskosten der Kohle aus; man bezeichnet als »abbauwürdige Teufe«
diejenige, bei der die Förderkosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten
noch nicht Übermäßig sind. Jede Vervollkommnung der Fördermaschinen in
bezug auf die Gesamtförderkosten ist daher von unmittelbarer Bedeutung
für den Verkaufspreis der Kohle.

Wenn man anderseits bedenkt, daß unsere gesamte moderne wirtschaftliche
Entwicklung, und damit mittelbar die geistige auf der Ausnutzung der in
der Kohle aufgespeicherten Sonnenenergie früherer Jahrtausende beruht,
so wird die Bedeutung der Fördermaschine für die Volkswirtschaft
deutlich sichtbar.

Im Jahre 1900 wurden in Deutschland insgesamt 149000 t gefördert. Würde
die durchschnittliche Teufe, aus der diese Kohlen gefördert werden,
500 m betragen haben, so würde unter Annahme von 6000 Förderstunden im
Jahre hierzu dies einer Arbeitsleistung entsprechen von

    (149788000000 kg × 500 m)/(6000 Std. × 3600 Sek. × 75) = 46250 PS.

Unter Voraussetzung von täglich 8 Arbeitsstunden würden für diese
Leistung rd. 150000 Pferde oder rd. 1500000 Menschen, also rd. ein
Vierzigstel der Gesamtbevölkerung Deutschlands erforderlich gewesen
sein.

[Illustration]



[Illustration]



B.

Die Hebemaschinen im Hüttenwerk.


Die ersten Kulturstufen der Menschheit wurden nach dem Material,
dessen Bearbeitung man damals verstand, als Steinzeit, Bronzezeit und
Eisenzeit bezeichnet, weil sinnfällig mit dem vollkommenen Material
auch die Kulturstufe eine höhere wurde. Im Grunde genommen gilt für das
19. Jahrhundert das Gleiche, wenn auch nur wenige sich dessen bewußt
sind. Man könnte unbedenklich dieses Jahrhundert als das Zeitalter der
Kohle und des Stahls bezeichnen; denn die Kohle bot dem 19. Jahrhundert
die für seine Entwickelung kennzeichnende Maschinenkraft, und der Stahl
bildete den unentbehrlichen Baustoff für die Maschinen, Eisenbahnen,
Brücken, Dampfschiffe, Waffen und Werkzeuge dieses Jahrhunderts.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts unterschied sich die Gewinnung des
Eisens noch wenig von dem Verfahren der Zeit um 1500: Hochöfen
von geringen Abmessungen und primitivster Ausrüstung erzeugten
das Roheisen; die Stahlbereitung besorgten zum größten Teil noch
Herdfrischen, die nur mit kostspieligen Holzkohlen betrieben werden
können; die Stahlerzeugung mit Steinkohlen in Puddelöfen wurde erst
1784 von Henry Cort erfunden. Für die Bearbeitung des schmiedbaren
Eisens stand nur der einfache, vom Wasserrad getriebene Schwanzhammer
zur Verfügung. Die sonstigen maschinentechnischen Hilfsmittel
beschränkten sich auf Blasebälge und primitive Zylindergebläse, die
ebenfalls durch Wasserräder betrieben wurden; die Hebemaschinen
der damaligen Zeit bestanden aus Gichtaufzügen und aus Drehkranen
allereinfachster Art.

Im 19. Jahrhundert tritt eine vollständige Umwandlung der
Eisenerzeugung ein; der Hochofen nimmt in seinen Abmessungen
fortwährend zu und wird vollkommener ausgerüstet; die Stahlerzeugung
erhält durch die Einführung des Flußstahls an Stelle des Schweißstahls
eine ungeahnte Ausdehnung; an Stelle des Schwanzhammers tritt das
Walzwerk. Eine Fülle der verschiedenartigsten Hebemaschinen wird
geschaffen, die allen Besonderheiten des Hüttenbetriebes angepaßt
sind. All das zusammen führt zu einer gewaltigen Entwicklung der
Eisenerzeugung, die in nachstehenden Zahlen ihren Ausdruck findet:

                 Roheisenerzeugung Roheisenerzeugung   Anteil
                    der Erde         Deutschlands    Deutschlands

    im Jahre 1807    760000 t           25000 t         1/30
    im Jahre 1899  40611000 t         9521000 t         1/5

Während also die Roheisenerzeugung der Erde im 19. Jahrhundert auf das
50fache gestiegen ist, ist in derselben Zeit der Anteil Deutschlands
auf das mehr als 300fache gewachsen: die glänzende wirtschaftliche
Entwicklung Deutschlands in diesem Jahrhundert findet in diesen Zahlen
einen beredten Ausdruck.

Die Bedeutung des Eisens für den Volkshaushalt ergibt sich aus der
Tatsache, daß der Verbrauch an Eisen auf den Kopf der Bevölkerung in
Deutschland

    im Jahre 1861   25 kg
    im Jahre 1900  132 kg

betragen hat.

Mit dieser Ausdehnung der Eisenerzeugung geht eine Entwickelung
ihrer Hebemaschinen Hand in Hand, die so vielgestaltig ist, daß eine
Gliederung, entsprechend den einzelnen Stufen der Eisenerzeugung --
Hochofen -- Stahlwerk -- Walzwerk -- Verladung -- erforderlich ist.


a) Die Hebemaschinen des Hochofens.

Aus der Zeit von 1500 bis 1800 sind uns keine Nachrichten über die
damals gebräuchlichen Hilfsmittel bekannt. Da die Hochöfen jener Zeit
in Gebirgsgegenden lagen, so bot sich als einfachstes Mittel die Anlage
des Hochofens an einem Berghang, so daß die Erze aus dem Stollen über
eine Brücke unmittelbar zur Gicht gefahren werden konnten, wie es heute
noch bei Kalköfen gebräuchlich ist.


1. 1803 bis 1900: Antrieb durch Druckluft und Dampf.

Das Bild der St. Antonihütte -- dem Anfang der heutigen
Gutehoffnungshütte -- aus dem Jahre 1835 (Fig. 44, entnommen aus
Frölich »Die Werke der Gutehoffnungshütte«) zeigt uns die typische
Erscheinung eines Hochofens aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts. Die
Abmessungen sind sehr bescheidene, die Höhe des Hochofens beträgt etwa
10 m. Aus dem Bild ist ersichtlich, daß der Ofen mit einem Gichtaufzug
ausgerüstet ist.

[Illustration: Fig. 44.]

Es lag nahe, für den Betrieb der Gichtaufzüge die stets vorhandene
Gebläseluft zu benutzen.

Fig. 45 (entnommen aus Hülße »Enzyklopädie« 1. Bd.) stellt einen
derartigen mit Luftdruck betriebenen Gichtaufzug dar, der zu Chatlinot
im Jahre 1839 in Betrieb war und in den Einzelheiten bereits eine gute
Durchbildung erkennen läßt.

Diese Druckluftaufzüge fanden sowohl in Europa wie in den Vereinigten
Staaten große Verbreitung. Sie waren sehr leistungsfähig, ließen aber
hinsichtlich der Betriebskosten und der Betriebssicherheit zu wünschen
übrig.

Als die Dampfmaschine in ihrer Steuerfähigkeit hinreichend
durchgebildet war, um für schnellgehende Gichtaufzüge die
erforderliche Sicherheit zu bieten, trat sie allenthalben an Stelle
der Druckluftaufzüge, denen sie an Leistungsfähigkeit gleichkam, an
Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit überlegen war.

Mit der zunehmenden Höhe der Hochöfen -- die bis zu 40 m stieg -- nahm
auch die Hubgeschwindigkeit der Gichtaufzüge zu, bis zu 2 sekm. Eine
weitere Steigerung der Geschwindigkeit würde die Leistungsfähigkeit so
verschwindend wenig steigern, daß sie zwecklos wäre.

Dagegen trat bald das Bedürfnis nach einer Vervollkommnung in anderer
Hinsicht auf. Die einfachen Gichtaufzüge förderten lediglich die
gefüllten Beschickungswagen bis an die Gicht, während das Abziehen
der Wagen von dem Aufzuggerippe bis an die Gicht und das Entleeren
der Wagen von Hand geschehen mußte. Diese Arbeit erforderte eine
beträchtliche Zahl von Arbeitskräften und war wegen der ausströmenden
Gichtgase zudem mit Gefahr verbunden. In den Vereinigten Staaten machte
sich zuerst das Bestreben geltend, die Gichtaufzüge so zu gestalten,
daß die Beschickungswagen selbsttätig in die Gicht entleert werden,
so daß auf der Gicht keinerlei Bedienungsmannschaft gebraucht wird.
Gleichzeitig ging man dazu über, die Dampfmaschine des Aufzuges durch
den steuerfähigeren und sparsameren Elektromotor zu ersetzen.

[Illustration: Fig. 45.]


2. Von 1900 an: Elektrischer Betrieb.

Fig. 46 und 47 stellen einen sogenannten Schrägaufzug nach
amerikanischer Bauart vor.

Die Schräglage des Aufzuggerüstes gewährt den Vorteil, daß der
Beschickungswagen unmittelbar über die Gicht gelangt. Durch
geeignete Gestaltung der Führungsschienen ist dafür gesorgt, daß
der Wagen umkippt, sobald er in seine höchste Stellung gelangt ist.
Neuerdings hat man zu weiterer Vereinfachung der Bedienung den Aufzug
so gestaltet, daß in dem Augenblick des Umkippens gleichzeitig der
Gichtverschluß selbsttätig geöffnet wird, so daß eine besondere
Steuerung des letzteren nicht erforderlich ist. Fig. 48 zeigt eine
derartige Ausführung der Firma Pohlig in Köln.

Die Schräglage des Aufzuges ist nicht unbedingt erforderlich; sie kann
ersetzt werden durch ein Gerüst, welches vom Boden an zunächst lotrecht
aufsteigt und dann in schlanker Krümmung über die Gicht führt. Diese
Anordnung gewährt den Vorteil, daß sie eine geringere Grundfläche
benötigt als der Schrägaufzug.

[Illustration: Fig. 46.]

[Illustration: Fig. 47.]

Der erzielte Fortschritt ergibt sich aus folgenden Vergleichswerten:

                              Druckluftaufzug      Elektrischer Schräg-
                              mit Entleerung        aufzug mit selbst-
                                 von Hand           tätiger Entleerung
                                    1839                  1900

    Hubhöhe                         12 m                   40 m
    Nutzlast                       200 kg                4000 kg
    Hubgeschwindigkeit               1 sekm                 1 sekm
    Leistung, am Seil gemessen       3 PS                  50 PS
    Stündliche Förderung             2 t                   80 t
    Bedienungsmannschaft             7 Mann                 3 Mann
    Stündlich erzeugtes Roheisen     0,4 t                 40 t
    Verkaufspreis von 1 t Roheisen 160 M.                  60 M.


b) Die Hebemaschinen des Stahlwerks.

Aus der Zeit von 1500 bis 1800 ist wenig zu berichten, weil
die Stahlerzeugung damals auf das Verfahren des Herdfrischens
sich beschränkte, das nur sehr kleine Mengen lieferte und darum
Transportmittel für schwere Lasten nicht erforderte. Es lag einzig und
allein die Aufgabe vor, die Deckel der Triebherde abzuheben. Da hiefür
nur eine ganz kleine Geschwindigkeit notwendig war, so genügte ein
Drehkran mit Handbetrieb vollständig für diesen Zweck.

Das schon genannte Werk von Agricola aus der Zeit um 1550 überliefert
uns eine deutliche Darstellung eines Drehkrans Fig. 49.

[Illustration: Fig. 48.]

Der Kran ist mit Fuß- und Halszapfen auf dem Boden und an der Decke
der Gießhalle gelagert. Gegenüber älteren Ausführungen zeigt er
zum erstenmal die Anordnung einer verschiebbaren Laufkatze auf dem
Ausleger. Die Verschiebung der Laufkatze kann jedoch nur vor dem
Anheben der Last vorgenommen werden; solange der Kran arbeitet, ist die
Laufkatze durch eine Sperrklinke festgestellt. Das Gerüst des Krans ist
vollständig aus Holz unter sparsamer Verwendung von schmiedeeisernen
Bändern zusammengefügt; die Triebwerkswellen sind aus Vierkanteisen,
die Stirnräder aus Holz hergestellt.

[Illustration: Fig. 49.]

Die hier dargestellte Anordnung wurde in den folgenden drei Jahrzehnten
für Gießereien eine so typische, daß diese Kranform geradezu als
Gießkran bezeichnet wurde.

Fig. 50 zeigt einen Kran, der im Jahre 1827 in der Gießerei der
Herren Manby und Wilson zu Charenton in Betrieb war (entnommen aus
Dinglers Journal 1827, Bd. 23, Taf. 6). Er zeigt im wesentlichen den
gleichen Aufbau wie der Kran von Agricola, nur ist das Krangerüst nicht
aus Holz sondern aus Gußeisen hergestellt. Er verfügt bereits über
eine Tragkraft von 6 t bei einer größten Ausladung von 6,5 m. Ein
wesentlicher Fortschritt ist darin zu finden, daß die Laufkatze bei
angehängter Last verschoben werden kann, was dadurch erreicht wurde,
daß das feste Ende der Lastkette nicht an der Laufkatze, sondern am
äußeren Ende des Auslegers befestigt wurde. Die Verschiebung wurde
durch Zahnstange und Haspelrad bewirkt.

[Illustration: Fig. 50.]

Neben derartigen Gußeisenkonstruktionen wurden auch noch hölzerne
Krangerüste mit gußeisernen Verbindungsstücken bis über die Mitte des
19. Jahrhunderts hinaus ausgeführt. Im letzten Drittel des Jahrhunderts
trat Walzeisen an die Stelle von Gußeisen und Holz; die typische
Gestalt des Gießereidrehkrans wurde aber immer noch beibehalten, bis
schließlich der elektrische Betrieb dem Laufkran die Überlegenheit
verschaffte.


1. 1840 bis 1900: Antrieb durch Druckwasser.

Die im Jahre 1784 durch Cort erfundene Stahlerzeugung durch das
Puddelverfahren erforderte keine maschinentechnischen Hilfsmittel,
führte daher auch zu keiner weiteren Entwickelung dieser Mittel.
Eine großzügige Gestaltung erhielt die Stahlerzeugung erst durch das
Verfahren von Bessemer, das von diesem im Jahre 1855 erfunden wurde,
und das nach Einführung der basischen Auskleidung durch Thomas und
Gilchist im Jahre 1878 auch in Deutschland sich allgemein einbürgerte.
Die Anforderungen, welche das Bessemerverfahren an die Transportmittel
stellt, werden sofort erkennbar, wenn man die Anordnung eines
Bessemerwerks sich vor Augen hält.

Fig. 51 (entnommen aus Frölich S. 25) stellt einen Schnitt durch das
Bessemerwerk der Gutenhoffnungshütte dar. Man erblickt rechts die
drehbare Birne, die ausgezogen in der Blasstellung, gestrichelt in der
Gießstellung gezeichnet ist. Die Zufuhr des flüssigen Roheisens zur
Birne wird durch fahrbare Gießkübel auf dem Geleis der Roheisenbühne
bewirkt. In der Mitte der Halle ist das Geleis für den Gießkran
angeordnet, in dessen Kübel die Birne nach Beendigung des Prozesses den
flüssigen Stahl ausgießt. Unbedingtes Erfordernis für die erfolgreiche
Durchführung des Verfahrens sind rasch arbeitende und betriebssichere
Gießkrane. Die Stahlwerks-Gießkrane haben mannigfache Wandlungen
durchgemacht; ihre Gestaltung war maßgebend für die Anordnung des
Stahlwerks.

[Illustration: Fig. 51.]

Neben schneller und sicherer Bewegung des Gießkübels in lotrechter und
wagrechter Richtung sind größte Einfachheit und Unempfindlichkeit gegen
Staub unerläßliche Betriebsbedingungen für Gießkrane. Der Dampfbetrieb
mit seinen mehrfachen Getrieben und seiner umständlichen Bedienung ist
für diesen Zweck kaum geeignet.

Um so mehr kam der einfache und sichere Druckwasserantrieb den
Anforderungen des Stahlwerkbetriebs entgegen.

Den Vorläufer des Druckwasserkrans bildet die hydraulische Presse, die
von Bramah im Jahre 1796 erfunden wurde. Aus dem Jahre 1826 liegt
eine Veröffentlichung vor, aus welcher hervorgeht, daß Bramah bereits
einen Kran mit Druckwasserantrieb konstruiert hat, wenn auch zunächst
in einer Form, die dem gewöhnlichen Handantrieb gegenüber kaum einen
Vorteil bot.

Fig. 52 (entnommen aus Nicholson »Der praktische Mechaniker«, Fig. 386)
stellt diesen ersten Versuch dar. Durch eine Handpumpe wird Druckwasser
in einen Treibzylinder gepreßt, dessen Kolben mit einer Zahnstange
gekuppelt ist, die ihrerseits die Seiltrommel durch ein Stirnrad in
Umdrehung versetzt.

Im Jahre 1846 setzte Armstrong in Newcastle einen Kran in Betrieb, der
durch das der städtischen Leitung entnommene Druckwasser gespeist wurde.

[Illustration: Fig. 52.]

Das Grundsätzliche dieses Betriebes ist aus Fig. 53 zu erkennen. Das
Wasserwerk pumpt Wasser aus einem Brunnen in einen Hochbehälter.
Von diesem strömt das Wasser in das Leitungsnetz und zwar mit einem
Druck, welcher der Höhenlage des Behälters über den Verbrauchsstellen
abzüglich der Reibungswiderstände im Leitungsnetz entspricht. Durch
eine geeignete Steuerung -- Schieber oder Ventil -- wird entweder
das Druckwasser in den Treibzylinder geleitet, um die Last zu heben,
oder es wird der Treibzylinder abgesperrt, um die Last in gehobener
Stellung festzuhalten, oder es wird schließlich der Treibzylinder in
die Abwasserleitung entleert, um die Last zu senken.

       *       *       *       *       *

Da die Wasserpressung in der städtischen Wasserleitung wegen der
unregelmäßigen Entnahme stark schwankt, so stellte Armstrong später in
Grimsby einen besonderen Wasserturm auf.

Der Einfachheit des Hochbehältersystems steht der Nachteil gegenüber,
daß der Wasserdruck von der Höhenlage abhängig ist, daher meist
nicht größer als zwei Atmosphären sein kann, daß infolgedessen große
Querschnitte des Treibzylinders und der Leitungen erforderlich sind,
und daß hierdurch die Anlagekosten außerordentlich hoch werden. Infolge
der hohen Besitzkosten wird der Preis des Druckwassers aus städtischen
Leitungen in den meisten Fällen so hoch, daß die Verwendung desselben
zu Kraftzwecken unwirtschaftlich erscheint.

[Illustration: Fig. 53.]

Armstrong suchte nun die Wirtschaftlichkeit dadurch zu verbessern,
daß er den offenen Hochbehälter durch einen geschlossenen Windkessel
ersetzte, in den durch die Pumpe Wasser gepreßt wird, Fig. 54. Da bei
diesem System der Wasserdruck nicht durch das Eigengewicht des Wassers,
sondern durch die Spannkraft der eingeschlossenen und zusammengepreßten
Luft erzeugt wird, so muß naturgemäß mit steigendem Wasserstand im
Windkessel die Pressung zunehmen, mit fallendem Wasserstand abnehmen.
Der Wasserdruck wird daher um so veränderlicher sein, je kleiner der
Windkessel ist.

Dieses System gestattet, Pressungen bis zu 10 Atm. anzuwenden,
ermöglicht daher eine weitgehende Verkleinerung der
Leitungsquerschnitte und der Treibzylinder, so daß die Anlagekosten
wesentlich verringert werden. Für noch höhere Pressungen ist das System
nicht verwendbar, weil bei höherem Druck die Luft im Windkessel sehr
bald vom Wasser absorbiert wird.

Armstrong gab den Versuch mit Windkessel sehr bald auf, weil er den
Wasserdruck allzu veränderlich fand; vermutlich war der Windkessel zu
klein ausgeführt. Dagegen wurde dieses System später in Amerika für den
Betrieb von Aufzügen sorgfältig durchgebildet und viel verbreitet.

[Illustration: Fig. 54.]

Im Jahre 1851 kam Armstrong auf den Gedanken, den Wasserdruck dadurch
zu erhöhen, daß an Stelle des Hochbehälters ein Treibzylinder verwendet
wurde, dessen Kolben durch ein Gewicht belastet war. Es entsteht dann
eine Anordnung, wie sie in Fig. 55 schematisch dargestellt ist. Ein
Pumpwerk preßt Wasser aus einem Vorratsbehälter in einen Akkumulator,
d. h. in einen Zylinder mit gewichtsbelastetem Kolben. Der Wasserdruck
entspricht dem Querschnitt und der Belastung dieses Kolbens. Aus dem
Akkumulatorzylinder strömt das Druckwasser in das Leitungsnetz und
wird aus diesem den Kranen durch geeignete Steuerungen zugeführt. Sind
alle Krane abgesperrt, so steigt der gewichtsbelastete Kolben des
Akkumulators unter der Einwirkung des Pumpwerks. Sobald ein Kran dem
Leitungsnetz Druckwasser entnimmt, sinkt der Kolben des Akkumulators
wieder herab; das Wasser steht stets unter gleicher Pressung. Eine
besondere Vorkehrung sorgt dafür, daß bei höchster Stellung des
Akkumulatorkolbens die Pumpe selbständig stillgesetzt wird, damit der
Kolben nicht aus dem Zylinder herausgetrieben wird; sobald der Kolben
wieder sinkt, setzt sich die Pumpe selbsttätig wieder in Gang. Die
Belastung des Akkumulators wird in der Regel so bemessen, daß die
Wasserpressung 50 Atm. beträgt; ausnahmsweise steigert man die Pressung
bis auf 100 Atm.

[Illustration: Fig. 55.]

Für Stahlwerke fand der Druckwasserantrieb mit Akkumulator schon vor
der Mitte des 19. Jahrhunderts Anwendung. Die Gießkrane erhielten
durch Cockerill in Seraing eine eigenartige Gestaltung, die allgemein
Verbreitung fand.

Fig. 56 (entnommen aus Ernst »Hebezeuge«, Taf. 82) stellt diesen Typ
dar, der dadurch gekennzeichnet ist, daß der Treibzylinder gleichzeitig
als Krangerüst dient. Der Zylinder ist im Boden verankert; der
Tauchkolben führt sich in dem Grundring der Stopfbüchse und in einem
zweiten in Zylindermitte eingefügten Halsring und ist dadurch befähigt,
in jeder Hubstellung ein Biegungsmoment auf den Zylinder zu übertragen.
Starr mit dem Tauchkolben verbunden ist ein Ausleger, der auf der einen
Seite den Gießkübel von 11 t Inhalt, auf der andern ein Gegengewicht
trägt, welches das Moment der Nutzlast zur Hälfte ausgleicht. Durch
Einleiten von Druckwasser in den Zylinder wird der Tauchkolben mit
Ausleger und Kübel gehoben; die Schwenkung des Auslegers wird durch ein
Handtriebwerk bewirkt, die Entleerung des Kübels wird ebenfalls von
Hand besorgt. Die Anordnung ist durch ihre außerordentliche Einfachheit
bemerkenswert.

Der Druckwasserzuleitung wegen mußten die Gießkrane stets feststehend
angeordnet werden. Der Gießkübel konnte daher nur die Ringfläche
bestreichen, in deren Mittelpunkt der Kran gestellt war. Die Gießformen
mußten infolgedessen in dieser Ringfläche angeordnet werden, die
Bessemerbirne am Rande der Ringfläche. Die Eigenart des Krans bedingte
daher die Anordnung des Stahlwerks. Naturgemäß entstanden zwischen den
Ringflächen tote Ecken, die nicht ausgenutzt werden konnten.

[Illustration: Fig. 56.]

[Illustration: Fig. 57.]

Diesem Nachteil suchte man später in der Weise abzuhelfen, daß man
den flüssigen Stahl aus der Birne nicht unmittelbar dem Gießkran
übergab, sondern daß man zwischen den Birnen und den Gießkranen
ein Geleise anordnete. Auf diesem Geleise lief ein Gießwagen mit
Dampfbetrieb, der den Stahl von den Birnen zu den einzelnen Gießkranen
förderte; der Gießwagen goß den Stahl in die Kübel der Gießkrane aus,
es war ein zweimaliges Ausgießen erforderlich. Die Gießkrane selbst
wurden nun so gestaltet, daß sie die Grundfläche so viel wie irgend
möglich freiließen, und daß sie anderseits eine möglichst breite
Ringfläche bestrichen. Diese Forderungen führten zu der in Fig. 57
dargestellten Anordnung von Stuckenholz in Wetter a. Ruhr, bei welcher
der Treibzylinder von dem Krangerüst getrennt ist. Das Gerüst ist aus
Walzeisen so gebildet, daß möglichst wenig Raum verloren geht. In
einem feststehenden, aus Walzeisen genieteten Unterbau ist drehbar die
Kransäule gelagert, die als Kastenträger ausgebildet ist. Hinter ihr
ist der Hubzylinder stehend montiert, der mittels Drahtseilflaschenzugs
den Gießkübel hebt. Liegend auf dem Ausleger ist ein doppelt wirkender
Treibzylinder angeordnet, dessen Kolbenstange die Laufkatze verschiebt.
Neben ihm liegt ein dritter Zylinder, dessen gleichfalls doppelt
wirkende Kolbenstange als Zahnstange ausgebildet ist und vermittelst
Ritzel und Zahnkranz die Schwenkbewegung des Auslegers herbeiführt.
Alle Triebwerksteile liegen frei zugänglich und so hoch, daß sie dem
Einfluß des Staubes möglichst entzogen sind.


2. Von 1900 an: Elektrischer Betrieb.

Völlige Freiheit in der Anordnung des Stahlwerks konnte nur dann
gewonnen werden, wenn es gelang, die Gießkrane selbst fahrbar
einzurichten. Der Druckwasserbetrieb schloß diese Möglichkeit aus, der
Zuleitung wegen.

Der Dampfkran war für den anstrengenden Gießbetrieb zu verwickelt in
seinem Getriebe und zu umständlich in seiner Steuerung. Lösbar wurde
die Aufgabe erst nach Einführung des elektrischen Betriebes, der durch
die Kontaktleitung die notwendige freie Beweglichkeit und durch seine
Steuerfähigkeit die erforderliche Betriebseinfachheit und Sicherheit
gewährte. Sobald die Einzelheiten des elektrischen Kranbetriebes
genügend dem derben Hüttenbetrieb angepaßt waren, entstanden in rascher
Folge neue Gestalten von Gießkranen.

[Illustration: Fig. 58.]

Fig. 58 stellt zunächst eine Ausführung der Union-E.-G. dar, die dem
Dampfkran nachgebildet ist. Der Kran läuft auf einem Breitspurgeleise
und trägt einen Ausleger, der gehoben und geschwenkt werden kann, und
auf dem die fahrbare und kippbare Gießpfanne ruht. Fünf Elektromotoren
betätigen die genannten fünf Bewegungen des Kübels bzw. des Krans.
Die Anordnung befriedigt alle Anforderungen des Hüttenbetriebes:
sie ist frei beweglich, betriebssicher und vollkommen steuerfähig.
Eine Vervollkommnung war jedoch insofern möglich, als der von dem
Breitspurgeleise beanspruchte Raum einen beträchtlichen Teil des
Hallenquerschnitts in Anspruch nahm. Dieser Raum konnte gewonnen werden
dadurch, daß man die beiden Schienen auf Konsolen an den Hallenwänden
lagerte und den Kranwagen als eine Brücke ausbildete, welche die ganze
Halle überspannte. Dadurch wurde gleichzeitig die Möglichkeit gewonnen,
dem Gießkübel noch eine Bewegung quer zur Halle zu erteilen und so ein
breites Rechteck zu bestreichen.

[Illustration: Fig. 59.]

Fig. 59 zeigt eine Ausführung dieser Art von Stuckenholz, die über
eine Tragkraft von 15 t verfügt. Derartige Laufkrane mit großen
Geschwindigkeiten wurden erst durch die Einführung des elektrischen
Betriebes möglich, denn einen Dampfkessel hätte man auf einem so hoch
gelegenen Kran kaum in einwandsfreier Weise aufstellen können; die
mechanische Zuführung der Energie durch Wellen oder Seile hingegen
erlaubte die Anwendung von nur sehr kleinen Geschwindigkeiten, die für
ein Stahlwerk nicht im entferntesten ausgereicht hätten.

Von der Notwendigkeit schnellarbeitender Hebemaschinen für ein
modernes Stahlwerk kann man sich eine Vorstellung machen, wenn man
sich den Umfang und die Schnelligkeit des Betriebes vergegenwärtigt.
Ein modernes Bessemerwerk leistet mit zwei Birnen von je 10 t
Inhalt 2000 t Stahl im Tag; dementsprechend muß alle 15 Min. eine
Birne entleert werden. Hiervon entfallen 4 Min. auf das Füllen und
Aufrichten der Birne, 9 Min. auf das eigentliche Blasen, die übrigen
2 Min. stehen zur Verfügung für das Senken der Birne, das Ausgießen
des Stahls und der Schlacke und das Aufrichten in die Füllstellung.
Das flüssige Roheisen wird durch einen Gießwagen von 20 t Inhalt
mit einer Fahrgeschwindigkeit von 2 m in der Sekunde zugeführt, der
flüssige Stahl durch einen Gießkran von 10 t Kübelinhalt, also 15 t
Tragkraft in die Kokillen gegossen. Für diesen ganzen Betrieb sind an
Mannschaft erforderlich: ein Gießmeister und ein Birnensteurer auf der
Steuerbühne, ein Steuermann auf dem Gießwagen und ein zweiter auf dem
Gießkran. Trotz der Geschwindigkeit, mit der die gewaltigen Massen
bewegt werden, vollzieht sich alles mit größter Ruhe: ein überzeugender
Beweis dafür, daß bei einem vollkommenen Maschinenbetrieb alle
menschliche Handlangerarbeit ausgeschaltet ist, so daß der Mensch das
Getriebe nur steuert und beherrscht, nicht ihm dient.

       *       *       *       *       *

Neben dem Bessemerverfahren gewann für hochwertigen Stahl das
Siemens-Martin-Verfahren bald eine solche Verbreitung, daß auch hierfür
Maschinenkraft den Transport übernehmen mußte. Die Ansprüche, welche
an diesen gestellt wurden, lassen sich aus dem Querschnitt eines
Martin-Werks sofort herauslesen.

[Illustration: Fig. 60.]

Fig. 60 (entnommen aus Fröhlich S. 34) stellt einen solchen Querschnitt
dar, und zwar den des Stahlwerks der Gutenhoffnungshütte in Oberhausen.
Die Roheisenmasseln und Eisenpackete werden auf der Bühne links oben
durch einen sog. Chargierkran in den Siemens-Martin-Ofen eingeführt;
der fertige Stahl läuft in den Gießkübel auf der rechten Seite, der
von einem elektrischen Laufkran transportiert wird. Die erkalteten
Stahlblöcke werden schließlich durch einen feststehenden Drehkran in
die Eisenbahnwagen verladen.

Der in diesem Schnitt dargestellte Chargierkran läuft auf einem
Breitspurgeleise und wird durch eine Kontaktleitung mit elektrischem
Strom versorgt. Ein seitlich vorragender Arm trägt die Mulde, die
außerhalb der Halle mit Roheisen gefüllt wird. Der Kran fährt in die
Halle vor den zu ladenden Ofen, schiebt seinen Arm soweit seitlich
heraus, daß die Mulde in den Ofen gelangt, senkt den Arm bis nahe an
die Sohle des Ofens, dreht dann den Arm um seine Längsachse, so daß das
Roheisen aus der Mulde in den Ofen fällt, und zieht schließlich den Arm
leer zurück. Zuweilen kann auch der Arm noch nach der Seite um einen
kleinen Winkel geschwenkt werden. Sämtliche Bewegungen werden durch
einen einzigen Steuermann ausgeführt.

Fig. 61 (entnommen aus der Zeitschrift »Elektrische Bahnen und
Betriebe«) zeigt eine gleichartige Ausführung. Auch hier ist die
Chargiermaschine als Breitspurkran ausgeführt.

[Illustration: Fig. 61.]

Fig. 62 läßt erkennen, daß bei dieser Ausführung der Duisburger M.
A. G. der Kranwagen als weitgespannte fahrbare Brücke ausgeführt
ist, deren Laufkatze in der Querrichtung beweglich ist und an ihrem
unteren Ende den Ladearm trägt. Der Steuermann beherrscht von seinem
Standplatze aus sämtliche Bewegungen: Längsfahrt und Querfahrt der
Laufkatze, Heben und Schwenken des Arms, Entleeren der Mulde. Diese
Ladekrane werden bis zu 3 t Tragkraft der Mulde ausgeführt.

[Illustration: Fig. 62.]


c) Die Hebemaschinen des Walzwerks.

Bis zu der Zeit um 1800 wurde das schmiedbare Eisen nur mit dem vom
Wasserrad getriebenen Schwanzhammer bearbeitet; es konnten daher nur
Stücke von geringen Abmessungen hergestellt werden, die von Hand
transportiert wurden. Auch nach Einführung der Walzwerke begnügte man
sich lange Zeit mit Hilfsvorrichtungen allereinfachster Art, die von
Hand betätigt wurden.

Der Betrieb eines solchen einfachen Walzwerks, wie es um die Mitte des
19. Jahrhunderts typisch war, ist erkennbar aus einer durchaus treuen
Urkunde, nämlich aus dem berühmten Bilde Adolf Menzels: »Eisenwalzwerk«
aus der Nationalgalerie, das im Jahre 1875 entstanden ist.

[Illustration: Fig. 63. (Mit Genehmigung der Photographischen
Gesellschaft Berlin.)]

Fig. 63. Aus diesem Bild ist deutlich zu entnehmen, wie der aus den
Walzen kommende Block von den Arbeitern mit Zangen aufgefangen und
auf die sog. Blockkarre geladen wird, die von Hand geschoben den
Block zu dem nächsten Walzengerüst bringt. Irgendwelche Hebe- oder
Transportvorrichtungen sind nicht vorhanden. Im Hintergrund ist wohl
ein eiserner Handdrehkran sichtbar, er dient aber nicht zum Transport
der Walzstücke, sondern lediglich zum Auswechseln der Walzen.
Kennzeichnend für die damaligen Verhältnisse sind der beengte Raum,
die dürftige Beleuchtung, die große Arbeiterzahl im Vergleich zu den
geringen Abmessungen des Walzwerks, die mangelnde Fürsorge für die
Unterbringung der abgelösten Arbeiter. Eine ausführliche Beschreibung
könnte nicht im entferntesten die damalige Zeit so scharf beleuchten,
wie dieses in allen Einzelheiten treue, im Gesamteindruck packende Bild.

Als allmählich die Abmessungen der Walzwerke und der verarbeiteten
Stücke sich steigerten, führte man einfache Hebe- und
Transportvorrichtungen mit Dampfbetrieb ein: feststehende Rollgänge,
bestehend aus einer großen Zahl in einem Rahmen hintereinander
angeordneten, stetig gedrehten Rollen, welche die Blöcke in wagrechter
Richtung fortschoben. Ferner Hebetische und Dachwippen, die den
aus dem unteren Walzenpaar kommenden Block so weit hoben, daß er
zwischen das obere Paar gelangen konnte, und die durch einen einfachen
Dampfzylinder betrieben wurden.


Von 1900 an: Elektrischer Antrieb.

Bei den genannten einfachen Dampfhebevorrichtungen blieb es, bis eine
Energieform zur Verfügung stand, die nicht wie der Dampfzylinder und
die Dampfmaschine an einen festen Standplatz gebannt war, sondern die
eine freie Beweglichkeit der Hebemaschinen gewährte und dadurch völlig
neue Arbeitsmöglichkeiten schuf.

[Illustration: Fig. 64a.]

Für den Transport von dem Blocklager nach dem Wärmeofen und von
diesem nach dem Walzwerk wurden zunächst besondere Krane geschaffen,
die gewissermaßen eine ins Riesenhafte vergrößerte Schmiedezange
vorstellen, die, von einem Manne gesteuert, nach allen Seiten beweglich
ist und durch Elektromotoren betrieben wird. Eine Kontaktleitung führt
dem Kran an allen Stellen seiner Laufbahn den elektrischen Strom zu, so
daß er nicht nur innerhalb der Walzwerkshalle, sondern unter Umständen
auch außerhalb derselben sich bewegen kann. Je nach der Örtlichkeit
wird der Kran als Deckenlaufkran oder als Breitspurkran ausgeführt.

Fig. 64a, b, c zeigen einen derartigen Blockeinsetzkran, ausgeführt von
Stuckenholz, der als Deckenlaufkran ausgebildet ist und Blöcke bis zu
2 t Gewicht fassen kann. Auf dem Bild ist deutlich der zangenartige Arm
zu erkennen, der den Block an beiden Enden faßt. Der Arm selbst kann
gehoben, geschwenkt und quer und längs gefahren werden.

[Illustration: Fig. 64b.]

Fig. 65 stellt ebenfalls einen Blockeinsetzkran dar, der indessen
Blöcke bis zu 20 t Gewicht zu tragen vermag. Da er auch außerhalb der
Walzwerkshalle arbeiten muß, ist er als Breitspurkran gebaut. Um ein
umfangreiches Netz von Kontaktdrähten zu vermeiden, ist hier noch der
Dampfbetrieb beibehalten worden. Der Block ruht auf einem Schnabel, der
mit Tragrollen ausgerüstet ist. Ein verschiebbarer Schuh schiebt den
Block von dem Schnabel herunter in den Ofen bzw. zwischen die Walzen,
und ein über den Block gelegter Bügel zieht den Block aus dem Ofen auf
den Schnabel. Der Kran läuft mit einer Geschwindigkeit von 2 m in der
Sekunde auf seinem Geleise.

[Illustration: Fig. 64c.]

[Illustration: Fig. 65.]

Fig. 66 ist die Darstellung eines von Stuckenholz ausgeführten
Blockeinsetzkrans von 6 t Tragkraft, der für Tieföfen bestimmt und
demgemäß so eingerichtet ist, daß er den Block von oben fassen kann.
Bei früheren Ausführungen war die hierzu dienende Zange an Seilen
aufgehangen; es war dann ein Hilfsarbeiter erforderlich, der die Zange
so über den Block streifte, daß sie den Block zu fassen vermochte.
Die hier dargestellte neuere Ausführung macht den beschwerlichen und
nicht ungefährlichen Handlangerdienst entbehrlich: die Zange hängt
nicht an Seilen, sondern ist an einer starren Stange befestigt, die
in einer Führung lotrecht verschoben und gedreht werden kann. Der
im Steuerhaus befindliche Steuermann fährt mit dem Kran über den
Block, stellt die Zange so, daß sie den Block ergreifen kann, hebt
den Block heraus und fährt ihn zum Walzwerk. Die vier Bewegungen des
Längsfahrens, Querfahrens, Hebens und Drehens werden durch ebensoviele
Elektromotoren bewirkt, die der Kranführer von seinem Platz aus
steuert. Zum Schutz gegen die von unten heraufstrahlende Wärme ist der
Steuerstand mit wärmeisolierenden Platten bekleidet.

[Illustration: Fig. 66.]

[Illustration: Fig. 67.]

Den Transport von einem Walzengerüst zu einem zweiten hat man
dadurch außerordentlich vereinfacht, daß man die Rollgänge fahrbar
eingerichtet hat. Eine derartige Anordnung war unmöglich, solange
man auf den Dampfantrieb angewiesen war; der elektrische Antrieb
löste diese Aufgabe ohne Schwierigkeit. Es war nur notwendig, den
Rollgangsrahmen mit Laufrädern auszurüsten und diese durch einen
Elektromotor anzutreiben, während ein zweiter die Rollen selbst drehte.
Der aus den Walzen schießende Block wird von den drehenden Rollen
weitergeführt, dann durch Stillsetzen der Rollen festgehalten; nun
wird der Rollgang quer bis vor das zweite Walzengerüst verschoben; die
Rollen werden umgesteuert und der Block dadurch in der umgekehrten
Richtung zwischen die Walzen geführt. Besondere Wendevorrichtungen
gestatten außerdem ein Kanten des Blockes. Der höchst beschwerliche
und gefahrvolle Handlangerdienst wird durch diese Hilfsvorrichtungen
vollständig ausgeschaltet: ein neben dem Walzwerkssteuerer stehender
Hilfssteuermann genügt für die Leitung des gesamten Triebwerks.

Fig. 67 läßt die Anordnung eines fahrbaren Rollgangs in der
Friedenshütte zu Morgenroth in Oberschlesien erkennen, wo diese
Konstruktion die erste Anwendung in Europa gefunden hat. Der Rollgang
ist mit zwei Elektromotoren ausgerüstet, von denen der eine die Rollen
mit 1,5 sekm, der andere das Fahrwerk mit 1-2 sekm Geschwindigkeit
antreibt, und von denen jeder bis zu 60 PS leisten kann. Der Rollgang
ist ausgeführt von der Duisburger Maschinenbaugesellschaft, der
elektrische Antrieb von den Siemens-Schuckert-Werken.

Die gesteigerte Betriebsdichtigkeit stellte sehr bald die Forderung,
die für das Auswechseln der Walzen erforderliche Zeit abzukürzen. Der
alte Drehkran oder Bockkran mit Handbetrieb konnte dieser Forderung um
so weniger genügen, als mit den zunehmenden Abmessungen auch die Walzen
immer schwerer wurden und schließlich Gewichte bis zu 20 t erreichten.

Der fahrbare Dampfkran war aus wirtschaftlichen Gründen wenig geeignet
für diese Aufgabe, weil die Fahrbarkeit einen eigenen Dampfkessel
erforderte, der stetig unter Dampf gehalten werden mußte, aber nur
während der Auswechslung tatsächlich Arbeit leisten konnte.

Um so besser konnte der elektrische Betrieb der gestellten Forderung
entsprechen. Da Elektromotoren außerdem eine weit größere Freiheit
in der Anordnung des Krangerüstes gewähren als der schwerfällige
Dampfkessel, so läßt sich dieses ohne Schwierigkeit so gestalten, daß
es möglichst wenig Grundfläche in Anspruch nimmt.

Fig. 68 stellt einen Kran dar, der diesem Bestreben entsprechend
gestaltet ist. Der Kranwagen hat die Gestalt eines Portals, das
den darunter liegenden Raum frei überspannt. Das Portal trägt eine
Laufwinde, die besonders zum Auswechseln von Walzen bis zu 20 t
Gewicht bestimmt ist, aber nebenher natürlich auch für allgemeinen
Verladedienst benutzt werden kann.

[Illustration: Fig. 68.]

[Illustration: Fig. 69.]

Aber selbst diese vollkommene Lösung der Aufgabe entspricht noch
nicht allen Betriebsverhältnissen. Dort, wo ein häufiger Wechsel der
gewalzten Profile und damit der Walzen erforderlich ist, nimmt das
Herausheben und Wiedereinlegen der Walzen trotz der rasch arbeitenden
Krane immer noch einen unverhältnismäßig großen Teil der Zeit in
Anspruch. Man ist daher neuerdings in den Rheinischen Stahlwerken in
Meiderich dazu übergegangen, nicht mehr die Walzen aus ihrem Ständer
zu heben, sondern das ganze Walzengerüst in einem Stück hochzunehmen,
auf die Seite zu setzen und ein anderes, schon zusammengestelltes
Walzengerüst an die Stelle des ersten zu heben. Während des Walzens
wird dann das beiseite gestellte Gerüst mit den Walzen für die nächste
Schicht versehen. Durch dieses Verfahren wird die für das Auswechseln
des Gerüstes erforderliche Zeit bis auf 1½ Std. verkürzt. Allerdings
muß der Kran nun so tragfähig sein, daß er das ganze Walzengerüst im
Gewicht von 150 t zu heben vermag.

Fig. 69 zeigt eine derartige Ausführung von Stuckenholz. Da der Kran
als Deckenlaufkran gebaut ist, so nimmt er keinerlei Grundfläche in
Anspruch. Der Kran ist so bemessen, daß er mit einer Probelast bis zu
200 t geprüft werden konnte.

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Hilfsmittel wird deutlich
erkennbar, wenn man die Betriebskosten eines alten Walzwerks mit
Handlangerdienst vergleicht mit den Betriebskosten eines Walzwerks, das
mit modernen Hebemaschinen ausgerüstet ist. (Nach »Stahl und Eisen« vom
1. Januar 1905.)

    $Altes Walzwerk mit Handlangerdienst$:

    Die Blöcke werden durch Handlanger in den Wärmofen eingesetzt und
    herausgezogen. Hierzu sind erforderlich:

    1 Vorarbeiter und
    5 Taglöhner.

    Die Blöcke werden durch Handlanger zwischen die Walzen geschoben,
    mit Zangen und Blockkarre aufgefangen und seitwärts transportiert.
    Hierzu sind notwendig:

    2 Vorarbeiter und
    8 Taglöhner.

    $Modernes Walzwerk mit Hebemaschinen$:

    Die Blöcke werden mit einem Einsetzkran in den Wärmofen eingesetzt
    und herausgezogen. Hierzu sind erforderlich:

    1 Steuermann,
    1 Einsetzkran. Anlagekosten = 12500 M.

    Die Blöcke werden durch zwei fahrbare Rollgänge zwischen die Walzen
    geschoben, aufgefangen und seitwärts transportiert. Hierzu werden
    gebraucht:

    2 Steuerleute,
    2 Rollgänge. Anlagekosten = 30000 M.

    $Altes Walzwerk mit Handlangerdienst$:

    Die Walzen werden mit einem Handkran in 4 Stunden ausgewechselt und
    von Hand fortgerollt. Für diese Arbeit sind erforderlich:

    1 Vorarbeiter und
    3 Taglöhner.

    Zur Bedienung der Walzenzugmaschine werden außerdem benötigt:

    1 Maschinist und
    2 Hilfsmaschinisten.

    Insgesamt sind erforderlich:

    23 Mann.

    Der Handlangerdienst erfordert Mehrkosten an Löhnen für 23 - 7 = 16
    Mann, entsprechend einem Jahresbetrag von rund

    $27000 M.$

    Die Zeitersparnis bei Walzenwechsel beträgt 4 - 2 + 2 Stunden.
    Im ganzen Jahr werden rund 1100 Stunden erspart, die mit je 5 M.
    Gewinn zu berechnen sind, entsprechend einem Jahresbetrag von rund

    $5500 M.$

    $Modernes Walzwerk mit Hebemaschinen$:

    Die Walzen werden durch einen Deckenlaufkran in 2 Stunden
    ausgewechselt und transportiert. Erforderlich:

    1 Steuermann,
    1 Laufkran.  Anlagekosten + 8000 M.

    Bedienung der Walzenzugmaschine erfordert auch hier:

    1 Maschinisten und
    2 Hilfsmaschinisten.

    Im ganzen werden gebraucht:

    7 Mann

    und Hebemaschinen im Werte von 50000 M. Diesen Anlagekosten
    entspricht ein Jahresbetrag für Zinsen und Tilgung von rund

    $10000 M.$

Insgesamt ergibt sich für das Walzwerk mit Hebemaschinen ein Mehrgewinn
von 27000 + 5500 - 10000 = 22500 M.

Verglichen mit den Anlagekosten der Hebemaschinen -- 50500 M. --
beträgt der Mehrgewinn 45% dieses Werts; die Hebemaschinen machen sich
also in zwei Jahren bezahlt.


d) Die Hebemaschinen des Lagerplatzes.

War es im Stahlwerk und im Walzwerk eine ~technische~
Notwendigkeit, für die moderne Stahlerzeugung und Verarbeitung
rasch arbeitende Hebemaschinen zu schaffen, so war es bei der
Verladung der ~wirtschaftliche~ Zwang, der zur stetigen
Vervollkommnung der Hebemaschinen und zur entsprechenden Verminderung
des Handlangerdienstes führte. Auch hier wurden zuerst feststehende
Druckwasserkrane, dann selbstfahrende Dampfkrane und schließlich die
sparsam arbeitenden elektrischen Krane zur Dienstleistung herangezogen.

Bei der Durchbildung dieser Krane machte sich die Forderung geltend,
möglichst ausgedehnte Lagerplätze zu bestreichen. Dieses Bestreben
führte dazu, den Bocklaufkran in immer größeren Spannweiten
auszuführen, so daß schließlich der moderne Brückenlaufkran von
50-100 m Spannweite entstand. Gleichzeitig wurden die
Fahrgeschwindigkeiten immer mehr gesteigert, um große Leistung zu
erzielen.

[Illustration: Fig. 70.]

Fig. 70 gibt ein typisches Bild eines derartigen von Stuckenholz
ausgeführten Brückenkrans, der eine Last von 7,5 t zu heben und auf der
Brücke von 67 m Spannweite mit 1 m in der Sekunde zu fahren vermag,
während die Brücke selbst mit einer Geschwindigkeit von 1,5 m in der
Sekunde auf ihrem Gleise fährt. Zwei Elektromotoren von zusammen
140 PS dienen zur Kranfahrt, zwei weitere zur Querfahrt und zum
Heben der Last. Fig. 71 stellt eine Ausführung der Duisburger
Maschinenbau-A.-G. dar, die eine Spannweite von 86 m besitzt.

[Illustration: Fig. 71.]

[Illustration: Fig. 72.]

Die Einzelgestaltung dieser Brückenkrane für Lagerplätze -- auch
Hochbahnkrane genannt -- hat in den letzten Jahren eine sehr
vielfache Durchbildung erfahren: Gerüstform und Triebwerk haben die
verschiedensten Formen angenommen. Während anfangs das amerikanische
Vorbild -- Hubwerk feststehend, Laufkatze durch Drahtseile bewegt --
nachgeahmt wurde, ist neuerdings die deutsche Laufkrankonstruktion --
Hubwerk und Fahrmotor auf der Katze -- den hohen Geschwindigkeiten
angepaßt worden, die bei Brückenkranen notwendig sind. Es würde aber zu
weit führen, auf diese Einzelheiten in dieser Darstellung einzugehen,
die einem weiteren Kreis nur die Leitmotive der Entwickelung der
Hebemaschinen vorführen soll, nicht aber die Einzelheiten der
Ausführung.

[Illustration: Fig. 73.]

[Illustration: Fig. 74a.]

[Illustration: Fig. 75.]

Dagegen ist auf ein neues Bestreben aufmerksam zu machen, das
neuerdings in den Vordergrund getreten ist und voraussichtlich
maßgebend für die zukünftige Entwickelung sein wird.

Die vor kurzem gebräuchlichen Krane waren stets mit einem Lasthaken
ausgerüstet, an den beliebige Lasten in der Weise angehangen werden
konnten, daß letztere mit Schlingketten oder Hanfseilen umschlungen
wurden. Diese Maßnahme erfordert Handlangerdienst und Zeitaufwand.
Beides kann erspart werden, wenn der Kran statt des Lasthakens
ein Greiforgan trägt, welches -- gesteuert vom Kranführer -- ohne
Handlangerhilfe die Last zu ergreifen vermag. Derartige Organe sind bei
den Stahlwerkskranen bereits dargestellt worden: für die Stahlblöcke
hatten diese Greiforgane die Form von Zangen.

Ähnliche Greifer sind auch bei Verladekranen bereits verwendet worden.

Fig. 72 zeigt eine von der Duisburger Maschinenbau-A.-G. ausgeführte
Zange zum Erfassen von Trägern, Schienen u. dgl. Fig. 73 stellt die
Zange zu dem von Stuckenholz ausgeführten Tiefofenkran Fig. 66 dar.

Für eiserne Lasten erscheint als einfachstes Greiforgan der
Elektromagnet, dessen Wickelung unter Strom steht, so lange die
Last gehalten werden soll, und ausgeschaltet wird, wenn die Last
niedergelegt wird.

[Illustration: Fig. 74 b.]

[Illustration: Fig. 76.]

Fig. 74a und b und 75 (entnommen aus der Zeitschrift »Elektrische
Bahnen und Betriebe«) stellen derartige Tragelektromagnete vor.

Da indessen der Magnet seine Tragkraft verliert, wenn eine zufällige
Stromunterbrechung -- z. B. infolge Durchschmelzens einer Sicherung
-- eintritt, so wird man derartige Magnete nur dort verwenden, wo
unter der Last keine Arbeiter sich befinden, wie dies auf Lagerplätzen
zumeist der Fall ist.

Neuere Ausführungen vereinigen den Magneten mit einer Greifzange. Der
Magnet hebt zunächst das Eisenstück hoch, dann schließt sich die
Greifzange und gestattet nun, die Last mit vollkommener Sicherheit zu
transportieren. Fig. 76 zeigt eine Konstruktion nach diesem Grundsatz,
ausgeführt von Stuckenholz.

Während die Fördermaschinen der Bergwerke in ihren Anfängen bis auf den
Ausgang des Mittelalters zurückreichen, gehört die Entwickelung der
Hüttenwerkshebemaschinen nahezu ausschließlich der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts an. Die Behandlung dieses Gebietes mußte sich daher im
wesentlichen auf eine Darstellung des heutigen Zustandes beschränken.

[Illustration]



[Illustration]



C.

Massentransport in Hafenanlagen.


Lange ehe die Landfahrzeuge so weit entwickelt waren, daß sie schwere
Lasten befördern konnten, wurden Schiffe zum Transport von Schwerlasten
benutzt. Wohl ebenso alt wie die Schiffahrt dürften die einfachsten
Hebevorrichtungen zum Beladen und Entladen der Schiffe sein. Das
Bedürfnis nach solchen Vorkehrungen bestand aber lange Zeit nur für
Lasten, die so schwer waren, daß sie nicht unmittelbar getragen werden
konnten; tragbare Lasten wurden nahezu zwei Jahrtausende lang von
Handlangern aus- und eingeladen, ehe die Notwendigkeit auftrat, sie
durch Anwendung von Maschinenkraft in möglichst kurzer Zeit zu entladen.

Der erste Kaikran, von dem uns eine Nachricht vorliegt, ist in der
Handschrift des Jakobus von Siena aus dem Jahre 1440 dargestellt
(Fig. 12). Weitere Darstellungen finden sich in den Werken von Leonardo
da Vinci (Fig. 16), die um die Zeit von 1500 entstanden sind.


1. 1500 bis 1850: Antrieb durch Tretrad und Kurbel.

In Deutschland erhielt der Kaikran eine typische Gestalt, der wir auf
alten Städtebildern wiederholt begegnen.

Fig. 77 (entnommen aus Steinhausen »Geschichte der deutschen Kultur«
S. 365 a) zeigt ein Städtebild aus dem 15. Jahrhundert mit einem
Kaikran im Vordergrund. Der ganze sichtbare Teil des Krans ist um
eine feststehende Säule drehbar. Die Seile werden auf eine Welle
gewickelt, an der zwei Treträder angebracht sind. Diese Anordnung macht
alle Zahnräder entbehrlich und erzielt einen hohen Wirkungsgrad, ist
also für die damaligen Herstellungsmittel als durchaus zweckmäßig zu
bezeichnen. Das Krangerüst besteht ganz aus Holz.

[Illustration: Fig. 77.]

Fig. 78 (entnommen aus Steinhausen S. 542 a) stellt den Straßburger
Weinmarkt im 17. Jahrhundert dar. Bei den hier sichtbaren Kaikranen
steht das Haus fest und nur der obere Teil des Daches mit dem Ausleger
ist drehbar. Das Tretrad ist im Inneren des feststehenden Hauses
untergebracht. Dieser Aufbau ist wesentlich stabiler als der vorher
dargestellte.

[Illustration: Fig. 78.]

Fig. 79 ist das Bild eines Kaikranes zu Andernach am Rhein, der im
Jahre 1554 erbaut und heute noch in Betrieb ist. Die Konstruktion
stimmt mit derjenigen von Straßburg vollständig überein.

Gleichartige Kaikrane stehen noch in Lüneburg und in Bingen.

Fig. 80 gibt die Einzeldarstellung eines Tretrades, das zum Betrieb
einer Schütze in Augsburg zurzeit noch in Betrieb ist. Der einzige
Nachteil, den es besitzt, ist der große Raumbedarf; vorteilhaft
erscheinen der gute Wirkungsgrad und die Betriebssicherheit.

[Illustration: Fig. 79.]

Dieser Krantyp blieb drei Jahrhunderte hindurch mit wenig Veränderungen
bestehen. Professor Langsdorf aus Heidelberg teilt in einem
umfangreichen Werk über die damaligen technischen Hilfsmittel die
genaue Zeichnung eines Kaikrans von 3 t Tragkraft und 8 m Ausladung
mit, der im Jahre 1768 in Heidelberg aufgestellt wurde. Fig. 81 ist
eine Umzeichnung der etwas undeutlichen Originalzeichnung. Auch hier
ist der Unterbau als feststehendes Haus ausgeführt. Drehbar ist
die Mittelsäule mit dem daran befestigten Ausleger und der oberen
Dachkappe. Zwei Treträder sind im Innern des Hauses rechts und links
von der Mittelsäule angeordnet. Die Drehung des Krans wird durch
Speichen bewirkt, die an der Mittelsäule befestigt sind. Ein Kranz
von Steinen, die aus dem Boden herausragen, dient als Stützpunkt
beim Drehen. Der ganze Kran ist aus Holz ausgeführt unter sparsamer
Verwendung von Schmiedeeisen für Verbindungsklammern, Wellenzapfen und
Bolzen.

Auch die ältere Form mit feststehender Säule und drehbarem Gehäuse
kommt zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch vor. In dem obengenannten
Werk von Langsdorf findet sich die Darstellung eines Kaikrans Fig. 82,
der in Paris um die Zeit von 1828 in Betrieb war. Auch hier ist Holz
das Konstruktionsmaterial.

[Illustration: Fig. 80.]

Die Leistung dieser Tretradkrane war naturgemäß gering, da selbst
bei gleichzeitiger Verwendung von 6 Arbeitern in den Treträdern eine
Gesamtleistung von nur etwa einer halben Pferdestärke zur Verfügung
stand.

Immerhin boten die Treträder die Möglichkeit, 6 Mann, in besonderen
Fällen sogar 8 Mann gleichzeitig angreifen zu lassen; der Antrieb durch
Handkurbeln ist weit weniger geeignet, eine gleichmäßige Kraftäußerung
von mehreren Arbeitern auf die Last zu übertragen. Erst als der ohnehin
beschränkte Raum auf dem Kai immer mehr ausgenutzt werden mußte, machte
das Tretrad der Kurbel Platz. Nicholson berichtet im Jahre 1826 von der
Einführung der Kurbel an Stelle des Tretrades in England.

Über die Entwickelung in Deutschland gibt Poppe in seinem Bericht
über eine von ihm in Belgien und Westfalen ausgeführte Studienreise
(Dinglers Polytechnisches Journal 1838, Bd. 69) wie folgt Aufschluß:

[Illustration: Fig. 81.]

»Seit einigen Jahren kommt der gußeiserne Schiffskran an den
Stapelplätzen des Rheins und Mains immer mehr in Gebrauch und verdrängt
allmählich jene unbehilflichen, Raum einnehmenden Tretradkrane. An den
Kais von Köln sah ich 3 eiserne Krane, in Düsseldorf 2 und in Frankfurt
1 in Tätigkeit; sie kommen aus den Werken von Mühlheim a. Ruhr und
Sterkrade, sind sehr solide, nehmen einen geringen Raum in Anspruch und
werden in der Regel von 4 Mann bedient, wovon 2 das Heben verrichten,
die 2 anderen das Schwenken, Losmachen der Lasten, Bremsen usw.«

[Illustration: Fig. 82.]

Der in diesem Bericht dargestellte Kran (Fig. 83, entnommen aus
Dinglers Journal 1838 Bd. 69, Taf. 2) besitzt eine feststehende
gußeiserne Säule. Der drehbare Teil setzt sich aus zwei gußeisernen
Windenschilden von seltsam barocker Formgebung, aus einer gußeisernen
Druckstrebe und aus zwei schmiedeeisernen Zugstangen zusammen. Er zeigt
in seinem Aufbau zum erstenmal die typische Gestalt, die für Handkrane
bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts hin sich im wesentlichen
erhalten hat, mit geringfügiger Änderung der Einzelheiten. Die
Tragkraft betrug 2,5 t, die Ausladung vom Drehpunkt aus gemessen
4,75 m, die nutzbare Ausladung von Kaimauervorderkante aus gemessen
rund 3,5 m, während der Heidelberger Tretradkran über 2 t Tragkraft
bei 8 m Gesamtausladung und bei 3,5 m nutzbarer Ausladung verfügte. Es
erzielte also der gußeiserne Kran mit einer wesentlich gedrängteren
Anordnung die gleiche Leistung wie der sperrige alte hölzerne Kran.

[Illustration: Fig. 83.]

Aus etwas späterer Zeit -- die Zeichnung findet sich in einem Werk aus
dem Jahre 1845 -- stammt der Kaikran Fig. 84 (entnommen aus Kronauer,
Bd. 1, Taf. 4 und 5), der für zehnfach so große Lasten -- 20 t --
ausgeführt ist. Hier ist zum erstenmal der Grundsatz des Schachtkrans
verwendet, d. h. die Kransäule selbst ist drehbar in einem gemauerten
Schacht gelagert, wobei das Halslager als Rollenlager ausgebildet ist.

Eigenartig und kennzeichnend für die damalige Werkstättentechnik
ist die Wahl und Formgebung des Materials. Die Kransäule ist aus
Gußeisen mit Rippenquerschnitt; Druckstrebe und Zugstangen sind aus
Holz, die Windenschilde aus Gußeisen; Schmiedeeisen ist nur für
Wellen, Schrauben, Kurbeln und Verbindungsanker sparsam verwendet.
Zum Schwenken des Krans ist kein Triebwerk angebracht, es wurde also
wohl durch Zugseile bewirkt, die am Auslegerkopf befestigt waren.
Bemerkenswert ist die hohe Übersetzung der Stirnräder des Hubwerks, die
bei zwei Räderpaaren mit 1 : 9 ausgeführt ist.

[Illustration: Fig. 84.]

Wenige Jahre später -- 1851 -- führte Fairbairn die als Blechträger
gestalteten Ausleger ein. Fig. 85 (entnommen aus Dinglers Journal 1851,
Bd. 121, Taf. 4) zeigt einen als Schachtkran angeordneten Handkran
von 20 t Tragkraft, bei dem Ausleger und Kransäule zu einem einzigen
Blechträger vereinigt sind. Das Halslager ist hier nicht mehr wie bei
dem vorigen Kran mit Zapfenrollen, sondern bereits mit freigehenden
Walzen ausgerüstet, so daß Zapfenreibung vollständig vermieden wird.

Bei der Anwendung von Handbetrieb blieb es bis in die Mitte des 19.
Jahrhunderts, denn eine andere Kraftquelle stand damals nicht zur
Verfügung; für einen Pferdegöpel wäre am Kai nicht der erforderliche
Raum vorhanden gewesen, und an einen Wasserradantrieb war an dieser
Stelle überhaupt nicht zu denken: neue Kaikran-Gestalten traten daher
erst auf, als eine neue Naturkraft so weit in den Dienst des Menschen
gestellt wurde, daß sie dem Kaibetrieb angepaßt werden konnte.

[Illustration: Fig. 85.]


2. 1850 bis 1890: Antrieb durch Dampf und Druckwasser.

Für die Fördermaschinen der Bergwerke war der Dampfbetrieb frühzeitig
zur Verwendung gekommen. Wie bereits berichtet, teilt Severin mit, daß
im Jahre 1826 in Preußen bereits 16 Dampffördermaschinen in Betrieb
waren.

Sehr viel später erfolgte die Einführung der Dampfkraft in den
Kaikranbetrieb. Diese Tatsache wird begreiflich, wenn man sich die
Schwerfälligkeit der damaligen Niederdruckdampfmaschine vor Augen hält,
die für den engen Raum am Kai völlig ungeeignet war.

[Illustration: Fig. 86.]

Der Engländer Colyer berichtet in seinem Werk: »Hydraulic, Steam and
Hand Power Lifting and Pressing Machinery«, daß der erste Dampfkran um
das Jahr 1851 erbaut worden sei, daß Dampfkrane in den Kaibetrieb um
die Zeit von 1863 eingeführt worden seien, und daß selbst im Jahre 1881
Kaikrane mit Dampfbetrieb noch keine sehr große Verbreitung gefunden
hätten.

Über den ersten Dampfkran liegt ein Bericht aus dem Practical Mechanics
Journal vom März 1851 vor, wonach dieser Kran von Neilson ausgeführt
war. Wie Fig. 86 (entnommen aus Dinglers Journal 1851, Bd. 121,
Taf. 4) zeigt, wurde der Dampf aus einer feststehenden Kesselanlage
durch eine unterirdische Dampfleitung in die feststehende hohle
gußeiserne Kransäule geleitet und durch eine Drehstopfbüchse mit
aufeinander geschliffenen Stirnflächen der Rohre in den Kranteil
geleitet. Wie die ersten Dampffördermaschinen, hatte auch der erste
Dampfkran nur einen Zylinder; neben dem Exzenter war ein Handrad
auf die gekröpfte Welle gekeilt, um beim Anlassen von Hand über den
Totpunkt hinweghelfen zu können. Von der Kurbelwelle aus wurde mit
einfacher oder zweifacher Stirnradübersetzung die Kettentrommel
angetrieben, je nachdem das eine oder andere Ritzel eingeschoben
war. Eine Umsteuerung war nicht vorhanden; es wurde also bei dem
Übersetzungswechsel die Kette offenbar in umgekehrtem Drehsinn auf
die Trommel gewickelt. Das Schwenken des Krans wurde von Hand mittels
Zugseilen bewirkt.

Nach einer Mitteilung in dem Werk von Glynn »A rudimentary Treatise
on the Construction of Cranes« ist dieser erste Dampfkran in Dover
aufgestellt worden.

Aus etwas späterer Zeit -- 1860 -- liegt das Werk: »Zeichnungen
von ausgeführten Maschinen« von Prof. Kronauer in Zürich vor. In
diesem ist die genaue Zeichnung eines Dampfkrans Fig. 87 (entnommen
aus Kronauer, 3. Bd., Taf. 30) enthalten, der von Lebrun in Paris
ausgeführt wurde und über eine Tragkraft von 3 t bei 6 m Ausladung
verfügte. Auch hier ist nur ein einziger Dampfzylinder eingebaut, und
zwar in oszillierender Anordnung. Wie in Dover wird der Dampf einer
vorhandenen Kesselanlage entnommen und durch eine Drehstopfbüchse
dem drehbaren Teil des Krans zugeführt; der Kran konnte demgemäß nur
feststehend angeordnet werden. Die Kransäule von I Querschnitt ist aus
Gußeisen, die Druckstrebe aus genietetem Blechrohr, die Zugstange aus
zwei Flacheisen hergestellt. Zur Überwindung der Totpunkte der Kurbel
dient ein Schwungrad. Die Schwenkung des Krans wird von Hand mittels
Zugseilen bewirkt, die am Auslegerkopf angreifen.

       *       *       *       *       *

Solange der Dampfkran an eine zentrale Kesselanlage angeschlossen war,
hatte er den Vorteil steter Betriebsbereitschaft, war aber anderseits
zur festen Aufstellung gezwungen. Als man mit der Zeit gelernt
hatte, leistungsfähige Dampfkessel von kleinen Abmessungen und hoher
Spannung zu bauen, wurde die Möglichkeit eröffnet, den Dampfkran mit
einem eigenen Kessel auszurüsten und das Ganze fahrbar und weiterhin
selbstfahrend zu machen. Dadurch wurde freie Beweglichkeit gewonnen,
und der Kran konnte demgemäß ein großes Arbeitsfeld bestreichen. Der
Vorteil steter Betriebsbereitschaft ging allerdings verloren; außerdem
arbeitete der kleine Krankessel naturgemäß weniger wirtschaftlich als
die zentrale Kesselanlage. Freilich wurde dieser letztere Nachteil
dadurch teilweise ausgeglichen, daß der Dampfverlust durch Kondensation
in der langen Zuleitung erspart wurde.

Der fahrbare Dampfkran gewann bald eine typische Gestalt, wie sie durch
Fig. 88 (entnommen aus Colyer Nr. 38) gekennzeichnet wird, die einen
Dampfkaikran aus den siebziger Jahren darstellt. Das Krangerüst wurde
anfangs größtenteils aus Gußeisen hergestellt; als später das Walzeisen
billiger wurde, traten mehr und mehr genietete Walzeisenteile an
Stelle der Gußstücke. Moderne Dampfkrane bestehen fast ausschließlich
aus Walzeisen und Stahlguß; Gußeisen wird nur noch für untergeordnete
kleinere Teile verwendet.

[Illustration: Fig. 87.]

[Illustration: Fig. 88.]

Bemerkenswert ist die sehr einfache Steuerung des Hubwerks, die
derjenigen von alten Mühlenaufzügen nachgebildet ist; das Vorgelege ist
in Exzentern gelagert; wird der Handhebel heruntergedrückt, so wird das
Vorgelege gehoben und dadurch das auf ihm sitzende große Stirnrad außer
Eingriff mit dem Ritzel auf die Kurbelwelle gebracht und gleichzeitig
der an das genannte Rad angegossene Bremskranz an einen feststehenden
Bremsklotz gedrückt.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Kaikrane lediglich für
Schwerlasten benutzt, d. h. zum Ausladen von Lasten, die so schwer
waren, daß sie von Hand nicht bewältigt werden konnten. Alle leichten
Lasten -- Fässer, Säcke, Ballen -- wurden von Hand gerollt, auf
schiefen Ebenen geschleift oder getragen.

Erst als die kleinen billigen Segelschiffe durch große kostspielige
Dampfer verdrängt wurden, änderte sich die Sachlage. Das große
in den Dampfern angelegte Kapital kann nur verzinst und getilgt
werden, wenn sie möglichst viele Fahrten machen, wenn sie also ihre
Aufenthaltszeit in den Häfen möglichst abkürzen. Rasche Entladung wurde
daher dringendes Bedürfnis. Kam es vorher darauf an, schwere Lasten
mit geringer Geschwindigkeit zu heben, so wurde nun Massentransport
gefordert, d. h. es wurde verlangt, daß die Kaikrane leichte Lasten von
1 bis 2 t mit möglichst großer Geschwindigkeit bis zu 1 m der Sekunde
heben und mit einer Geschwindigkeit bis zu 2 m der Sekunde schwenken.
Größere Lasten auf einmal zu nehmen, wäre unzweckmäßig, weil das
Anlegen der Schlingketten sich dann allzu umständlich und zeitraubend
gestalten würde.

Mit den zunehmenden Abmessungen der Dampfer mußten auch Ausladung,
Auslegerhöhe und Hubhöhe der Kaikrane stetig gesteigert werden, so daß
man schließlich auf Ausladungen bis zu 15 m, auf Auslegerhöhen bis zu
10 m und auf Hubhöhen bis zu 20 m kam.

Solange die Schiffe klein und leicht beweglich waren und wenig Luken
hatten, konnte man die Krane feststehend ausführen; das Schiff wurde
dann so verholt, daß die Luke vor den Kran zu stehen kam. Bei den
schweren Dampfern wurde dieses Verfahren unausführbar. Es war daher
unbedingt notwendig, die Krane fahrbar einzurichten. Nachdem das Schiff
vertaut war, wurde vor jede Deckluke ein Kran gefahren, so daß aus
allen Luken gleichzeitig entladen werden konnte.

Eine weitere Forderung, die an Kaikrane gestellt wurde, war die steter
Betriebsbereitschaft. Sobald ein Schiff einlief, mußten die Krane
unverzüglich ihre Arbeit beginnen können.

Diesen Anforderungen der Massenverladung konnte der Dampfkran
nur ungenügend entsprechen. Der an eine zentrale Kesselanlage
angeschlossene Dampfkran war ohnehin nicht geeignet, weil er nur
feststehend verwendet werden konnte. Der Gedanke, eine bewegliche
Dampfleitung auszuführen, trat erst sehr viel später auf, als die
Einzelheiten der Rohrleitungen wesentlich vervollkommnet waren. Der
fahrbare Dampfkran mit eigenem Kessel aber bot nicht die verlangte
sofortige Betriebsbereitschaft, da das Anheizen zwei Stunden in
Anspruch nahm. Außerdem war noch das verwickelte Triebwerk des
damaligen Dampfkrans wenig für eine Massenverladung mit großen
Geschwindigkeiten geeignet.

Man sah sich daher nach einem Kraftverteilungssystem um, welches besser
als der unmittelbare Dampfantrieb für den Kaibetrieb sich eignete. Wie
bei den Stahlwerksmaschinen bereits erwähnt, hatte Sir W. G. Armstrong
bereits im Jahre 1846 den von Bramah zuerst gefaßten Gedanken der
Druckwasserübertragung aufgenommen und praktisch fertig durchgebildet.

[Illustration: Fig. 89.]

Der erste Druckwasserkran wurde nach einer Mitteilung in dem Practical
Mechanic and Engineers Magazine vom Mai 1847 von Armstrong auf dem
Kai zu Newcastle-on-Tyne aufgestellt. Er war an die städtische
Wasserleitung angeschlossen, die dort eine Pressung von 6 Atm.
besaß. Wie Fig. 89 (entnommen aus Dinglers Journal 1847, Bd. 106,
Taf. 3) zeigt, war dieser Kran mit feststehender gußeiserner Säule
in Hohlgußform ausgeführt. Der drehbare Ausleger setzte sich aus
einer hölzernen Druckstrebe mit gußeisernen Endstücken und aus zwei
Rundeisen-Zugstangen zusammen. Besonders bemerkenswert ist, daß bei
diesem ersten Druckwasserkran bereits drei Hubzylinder nebeneinander
angeordnet waren, von denen der mittlere für kleine Lasten, die
beiden äußeren für mittlere und alle drei für große Lasten mit
Druckwasser gefüllt wurden. Die Treibzylinder für das Hubwerk waren
im Fundament schief liegend eingemauert, um das Senken des leeren
Hakens zu erleichtern; ihre Kolben hoben die Last mittels eines
Kettenrollenzuges. Da drei Kettenstränge gleichzeitig verkürzt wurden,
so war der Lasthub dreimal so groß wie der Kolbenhub. Ein zweiter
Treibzylinder war doppeltwirkend und in wagrechter Lage angeordnet;
seine Kolbenstange war mit einer Zahnstange gekuppelt, die in ein am
drehbaren Ausleger festgeschraubtes Stirnrad eingriff. Die Bewegung des
Kolbens veranlaßte das Schwenken des Auslegers. Beide Treibzylinder
wurden durch Flachschieber gesteuert, die mittels Schraubenspindeln
und Kurbeln betätigt wurden. Bereits bei dieser Ausführung waren
Sicherheitsventile _x_ und Nachsaugventile _y_ am Schwenkzylinder
eingebaut worden.

Die Einzeldurchbildung war noch eine sehr mangelhafte: die Teile
des Triebwerks waren einzeln auf das Mauerwerk geschraubt, ohne
unmittelbare Verbindung miteinander. Namentlich die Lagerung des
Hubzylinders war sehr unbehilflich. Zudem nahm das Triebwerk einen
unverhältnismäßig großen Raum im Fundament ein und war trotzdem
schlecht zugänglich.

Weitere Druckwasserkrane wurden -- wie Glynn mitteilt -- von Armstrong
in den Albert-Docks zu Liverpool mit Anschluß an die städtische
Wasserleitung von 6 Atm. aufgestellt, ein Kran von 15 t Tragkraft mit
6 Atm. Wasserpressung in Glasgow.

Nach dem Bericht von Colyer hat Armstrong ferner eine Anlage im Hafen
von Grimsby geschaffen. Da man in Liverpool die Erfahrung gemacht
hatte, daß in städtischen Leitungen der Druck sehr stark schwankt, so
wurde in Grimsby ein Hochbehälter von 150 cbm Inhalt in einer Höhe von
70 m aufgestellt, so daß er Druckwasser von 7 Atm. liefern konnte. Die
Hauptleitung besaß eine lichte Weite von 325 mm Durchmesser.

Da dieser Behälter mit seinem Turm natürlich sehr kostspielig war,
so bemühte sich Armstrong, an Stelle des offenen Hochbehälters einen
geschlossenen Windkessel einzuführen, fand aber den Druck dabei zu sehr
veränderlich.

Dagegen erwies sich als eine wesentliche Verbesserung des hydraulischen
Systems der Ersatz des Hochbehälters durch den Gewichtsakkumulator, den
ebenfalls Armstrong einführte und zwar im Jahre 1851. Der Akkumulator
ermöglichte -- wie bereits bei den Stahlwerkskranen ausgeführt
-- die Anwendung höherer Pressung bis zu 50 Atm. und gestattete
infolgedessen, Leitungen von kleinem Querschnitt und geringen Kosten
einzubauen.

Im Jahre 1859 gab es in England nach einem Bericht von Armstrong
(Mechanics Magazine 1859) bereits 1200 Druckwasser-Hebemaschinen, die
von Dampfpumpen mit zusammen 3000 PS gespeist wurden.

Einen wesentlichen Fortschritt stellt der in Fig. 90 (entnommen aus
Colyer Nr. 8) dargestellte Druckwasserkran dar, der ungefähr zwei
Jahrzehnte später, in den Siebziger Jahren erbaut worden ist. Als
besondere Eigentümlichkeit ist zu beachten, daß der Treibzylinder
gleichzeitig als drehbare Kransäule ausgebildet ist, die mittels
Spurlager und Halslager im Fundament gelagert und mit dem ganz
aus Walzeisen hergestellten Ausleger unmittelbar verschraubt ist.
Der Kolben ist als Tauchkolben ausgebildet und arbeitet mit zwei
hintereinander geschalteten Kettenrollenzügen auf die Last, so daß der
Lasthub das Vierfache des Kolbenhubes beträgt. Zwei wagrechtliegende
Treibzylinder bewirken mittels Tauchkolben und Kettenrollenzügen das
Schwenken des Auslegers.

[Illustration: Fig. 90.]

Im Gegensatz zu der vorhergehenden Ausführung sind hier alle Teile
zu einem starren Ganzen verschraubt, das wenig Platz einnimmt, gut
zugänglich ist und eine Gewähr für dauernd gutes und genaues Arbeiten
gibt.

Diese Konstruktion entsprach den Anforderungen des Kaibetriebes
insofern vorzüglich, als sie ein rasches und gleichzeitig
betriebssicheres Arbeiten ermöglichte, einfach und übersichtlich in
der Anordnung war, geringe Anlagekosten erforderte und geräuschlos
arbeitete. Es fehlte nur noch die Fahrbarkeit. Um auch diese
zu erreichen, versah man die Druckwasserleitung mit zahlreichen
Anschlußstutzen und führte das vom Anschlußstutzen zum Kran führende
Verbindungsrohr als Teleskoprohr oder als Gelenkrohr aus, so daß
nunmehr der fahrbare Kran jede beliebige Stellung einnehmen konnte.

[Illustration: Fig. 91.]

Fig. 91 (entnommen aus Colyer Nr. 6) zeigt einen fahrbaren
Druckwasserkran nach einer Ausführung aus den Siebziger Jahren. Der aus
Walzeisen genietete Kranwagen bewegt sich auf einem Breitspurgleis. In
dem Kranwagen ist die drehbare Kransäule gelagert, die ebenfalls aus
Walzeisen genietet ist, und an die an der einen Seite der Ausleger, an
der anderen ein Gegengewicht angeschlossen ist. Der Treibzylinder für
das Hubwerk liegt im Inneren der Säule; der Kolben arbeitet mit einem
aus sechs Strängen gebildeten Kettenrollenzug auf den Lasthaken. Die
Schwenkzylinder liegen im unteren Teil des Kranwagens.

       *       *       *       *       *

Damit der fahrbare Kran ausreichende Standfestigkeit besitzt, muß
die Spurweite des Kranwagens ausreichend groß gehalten werden; sie
beträgt meist 2,4 m. Durch den breiten Wagen wird die ganze Kaimauer
entlang ein Streifen von rund 2,6 in Breite fortgenommen, der sonst zur
Aufstellung von Fahrzeugen benutzt werden konnte. Man kam daher auf
den Gedanken, den Kranwagen als ein Portal von solcher lichten Weite
auszubilden, daß normale Eisenbahnwagen unter diesem Portal durchfahren
können. Die schmalen Beine des Portals nehmen dann nur geringen Raum
auf dem Kai in Anspruch.

[Illustration: Fig. 92.]

Fig. 92 und Fig. 93 (entnommen aus Anvers »Port de Mer«) stellen
Portalkrane dieser Art dar.

In diesem Bestreben, Raum zu sparen, ging man schließlich noch
weiter und führte das Portal so aus, daß nur die Vorderbeine auf der
Kaimauerschiene laufen, während der rückwärtige Teil des Portals sich
auf eine am Kaischuppen montierte Schiene stützt.

Fig. 94 (entnommen aus Ernst, Taf. 84) stellt die erste Ausführung
dieser Art dar, die in Bremen nach dem Vorschlag von Neukirch im Jahre
1887 erfolgte. Der Kranwagen erscheint hier als ein aus Walzeisen
genietetes sog. Winkelportal, an dem der Ausleger drehbar aufgehangen
ist. Der Treibzylinder des Hubwerks ist an dem drehbaren Ausleger
montiert, die Schwenkzylinder sitzen am Winkelportal.

Im wesentlichen hatte in dieser Gestaltung der Druckwasser-Kaikran
seine vollkommene Durchbildung erlangt und wurde im folgenden nur noch
in Einzelheiten verbessert. Er entsprach hinsichtlich Schnelligkeit,
Sicherheit, Einfachheit und Wirtschaftlichkeit allen Anforderungen des
Kaibetriebes.

Nur zwei Nachteile des Druckwasserbetriebes waren nicht zu beseitigen:
die Empfindlichkeit gegen Einfrieren und die hohen Anlagekosten der
Druckwasserleitung.

[Illustration: Fig. 93.]

Man hatte im Lauf der Zeit die verschiedensten Mittel versucht, um das
Einfrieren zu verhüten: man wärmte das Wasser, man setzte Salze zu, man
sorgte für fortwährende Zirkulation, man brachte Gasheizung an, man
isolierte Rohre und Zylinder durch Wärmeschutzmittel. Alle diese Mittel
erwiesen sich aber als Notbehelfe, die das Übel nicht grundsätzlich
beseitigten.

Die Druckwasserleitungen an sich waren verhältnismäßig billig. Man
hatte sie anfangs unmittelbar in das Erdreich gelegt, machte damit
aber schlechte Erfahrungen, denn zahlreiche Rohrbrüche waren die
Folge der unvermeidlichen Senkungen im Erdreich. Schließlich ging
man allgemein dazu über, die Rohrleitungen in gemauerten Tunnels
unterzubringen, die aber ihrerseits hohe Anlagekosten erforderten.

Diese beiden Nachteile des Druckwasserbetriebes führten zu Bemühungen,
den Dampfbetrieb den Anforderungen des Kaibetriebes anzupassen. Bereits
in den Achtziger Jahren hatte der Engländer Brown eine eigenartige
Dampfkrankonstruktion geschaffen, die dem hydraulischen Kran
nachgebildet war.

[Illustration: Fig. 94.]

Fig. 95a und b (entnommen aus Ernst, Taf. 85) zeigen diese
Konstruktion. Der Dampf tritt hier nicht in eine Dampfmaschine mit
Stirnradübersetzung üblicher Art, sondern in zwei Hubzylinder, deren
Kolben vermittelst eines Rollenzuges unmittelbar die Last heben. Zum
Festhalten und zum Senken der Last dient ein Wasserbremszylinder,
der zwischen den Dampfzylindern angeordnet ist, und dessen Kolben
starr mit den Dampfkolben verbunden ist. Beim Heben der Last saugt
der Kolben des Bremszylinders Wasser aus einem Behälter durch ein
Rückschlagventil an. Sobald der Dampfzufluß abgesperrt wird, schließt
sich das Rückschlagventil des Bremszylinders und der Kolben desselben
setzt sich auf das eingeschlossene Wasser auf, so daß die Last sicher
festgehalten wird. Wird das Rückschlagventil gelüftet, so sinkt die
Last mit genau regelbarer Geschwindigkeit. Ein weiterer Dampfzylinder
besorgt das Schwenken des Auslegers.

Diese Brownsche Konstruktion arbeitet ebenso rasch und sicher wie ein
Druckwasserkran. In wirtschaftlicher Beziehung verhält sie sich weniger
günstig, weil durch Kondensation in den großen Zylindern beträchtliche
Dampfverluste entstehen. Derartige Krane haben in England, in Holland
und in Hamburg große Verbreitung gefunden.

[Illustration: Fig. 95a.]

[Illustration: Fig. 95b.]

Ende der Achtziger Jahre wurden in Hamburg und in Altona Kaistrecken
angelegt, die mit Brownschen Dampfkranen mit zentraler Dampfversorgung
ausgerüstet waren.

Von einer Kesselanlage aus führten Dampfleitungen den hochgespannten
Dampf am Kai entlang; diese Leitungen waren mit Anschlußstutzen in 10 m
Entfernung versehen. Von letzteren führten Gelenkrohre zu den fahrbaren
Winkelportalkranen.

Diese Anlagen haben sich bei starkem Betrieb als wirtschaftlich
erwiesen, waren aber -- wie zu erwarten -- bei schwachem Betrieb
unwirtschaftlich.

Während diese Anlagen in Betrieb gesetzt wurden, entstanden die ersten
elektrisch betriebenen Straßenbahnen in Deutschland. Sie legten den
Gedanken nahe, die Mängel des Druckwasser- und des Dampfbetriebes
dadurch zu umgehen, daß man Kaikrane mit elektrischem Antrieb
ausführte.


3. Von 1890 an: Elektrischer Antrieb.

Wenn man sich überlegt, daß ein weitverzweigtes Rohrleitungsnetz mit
seinen zahlreichen Dichtungen, Absperrvorrichtungen und Gelenkrohren
eine fortgesetzte Instandhaltung verlangt, die in den engen Tunnels
nur mühsam ausführbar ist, und wenn man sich demgegenüber die
Unverwüstlichkeit eines in die Erde gelegten guten Bleikabels und die
Einfachheit einer Kontaktleitung vor Augen hält, so erscheint die
elektrische Kraftverteilung von vornherein als weit überlegen gegenüber
allen Verteilsystemen mit Rohrleitungen.

[Illustration: Fig. 96a.]

Als weiterer Vorzug erscheint die vielseitige Verwendbarkeit des
elektrischen Stromes. Druckwasser ist vorzüglich geeignet für hin-
und hergehende Bewegungen, z. B. für kurzhubige Aufzüge, dagegen sehr
wenig geeignet für rotierende Maschinen und gänzlich unbrauchbar für
Beleuchtung. Der elektrische Strom ist für alle drei Verwendungsgebiete
gleich gut geeignet.

Zu beachten ist hierbei der Umstand, daß Strom für Kraftversorgung
vorzugsweise tagsüber, Strom für Beleuchtung vorzugsweise abends
gebraucht wird. Die Dampfmaschinen der Zentrale lassen sich daher gut
ausnutzen, wenn sie der Kraft- und Lichtversorgung zugleich dienen,
wie dies bei elektrischem Kranbetrieb der Fall ist. Wird dagegen
die Kraftversorgung durch Druckwasser bewirkt, so ist eine besondere
Zentrale für Beleuchtung erforderlich, es müssen dann sowohl die
Dampfmaschinen der Preßpumpen, wie diejenigen der Dynamomaschinen für
den Höchstwert des Verbrauches bemessen sein, werden daher größer,
teurer und weniger gut ausgenutzt. Betrieb und Verwaltung werden zudem
weniger einfach, Kohlenverbrauch und Unterhaltung werden kostspieliger.
Daß die Höchstwerte des Verbrauches von Kraft und Licht tatsächlich
auf verschiedene Tageszeiten fallen, ist aus dem Schaubild Fig. 96a
und b (mitgeteilt in: Engineering 1899, S. 160) ersichtlich. Das
Schaubild von Southampton zeigt im Februar den Höchstbedarf an Kraft
zwischen 7 Uhr morgens und 2 Uhr mittags, den Höchstbedarf an Licht
zwischen 3 Uhr nachmittags und 10 Uhr nachts. In Kopenhagen fällt der
höchste Kraftbedarf im Dezember in die Zeit zwischen 9 Uhr morgens und
5 Uhr nachmittags, der höchste Lichtbedarf in die Zeit zwischen 5 Uhr
nachmittags und 7 Uhr abends.

[Illustration: Fig. 96b.]

Als weitere grundsätzliche Vorzüge der elektrischen Kraftverteilung
gegenüber der hydraulischen erscheinen die Unempfindlichkeit der
ersteren gegen Frost und die Reinlichkeit des elektrischen Betriebes,
die gleichbedeutend mit geringen Ausgaben für Anstrich ist.

So aussichtsreich von diesen allgemeinen Gesichtspunkten aus betrachtet
der elektrische Betrieb von vornherein war, so waren doch im einzelnen
bedeutende Schwierigkeiten zu überwinden, bis die Anpassung an die
Eigenart des Kaibetriebes überwunden war.

Als Kranmotoren wurden bei den ersten Ausführungen dieselben
Elektromotoren verwendet, die für den Antrieb von Werkstätten
ausgebildet worden waren.

Diese Motoren waren empfindlich gegenüber Witterungseinflüssen, waren
nicht ausreichend regelungsfähig, nahmen viel Raum ein und waren nicht
derb genug gebaut, um den unvermeidlichen stoßweisen Beanspruchungen
des Kranbetriebes auf die Dauer Trotz zu bieten. Diese Schwierigkeiten
wurden gegen die Mitte der Neunziger Jahre dadurch überwunden, daß man
den inzwischen erprobten Straßenbahnmotor als Kranmotor ausbildete.
Der vollständig eingekapselte Bahnmotor war widerstandsfähig gegen
feuchte Witterung, konnte vorübergehend auftretende hohe Stromstärken
und mechanische Stöße gut ertragen, erlaubte eine weitgehende
Geschwindigkeitsregelung und war auf engem Raum unterzubringen,
erfüllte also alle Anforderungen des Kranbetriebes.

Besonders große Schwierigkeiten bot die Anpassung der Schaltapparate.
Anfänglich wurden dieselben Anlasser verwendet, die für
Werkstättenmotoren üblich waren; diese Anlasser erlaubten wohl, einen
Motor langsam in Gang zu setzen, waren aber gänzlich ungeeignet für
die stoßweise und rasch wiederholte Einschaltung der Kranmotoren; eine
Betriebszeit von wenigen Wochen genügte, um diese Apparate unbrauchbar
zu machen, die viel zu sehr Erzeugnisse der Feinmechanik als derbe
Maschinenteile waren. Erst als die Kontakte genügend groß bemessen und
leicht auswechselbar eingerichtet wurden, als für Vorkehrungen zum
selbsttätigen Ausblasen der unvermeidlichen Funken gesorgt war und
als das Ganze so derb durchgebildet war, daß es Witterungseinflüssen
und roher Behandlung Widerstand leisten konnte, war eine Konstruktion
geschaffen, die dem Kaibetrieb angepaßt war.

Schließlich war noch ein Hindernis zu überwinden: die Übersetzung vom
rasch laufenden Elektromotor auf die langsam gehende Seiltrommel.
Anfangs standen nur sehr schnell laufende Elektromotoren zur Verfügung,
wodurch die Aufgabe von vornherein erschwert war. Die hierzu notwendige
sehr große Übersetzung suchte man durch Schneckentriebe zu bewältigen,
fand aber bald, daß diese Elemente nicht die erwünschte Einfachheit und
Bedürfnislosigkeit in der Wartung besaßen. Dann ging man zu mehrfacher
Stirnradübertragung über und lernte allmählich durch genaue Bearbeitung
der Zähne, durch Wahl geeigneten Materials und durch starre Lagerung
den Gang der Räder hinreichend ruhig zu gestalten. Der Bau von langsam
laufenden Motoren erleichterte die Aufgabe. Schließlich kam man durch
Fortschritte im Bau gedrängter Motoren dazu, daß zur Übersetzung
von Motor auf die Seiltrommel nur noch ein einziges Stirnradpaar
erforderlich war.

Nachdem diese Entwickelung der Einzelheiten vollzogen war, hatte
der elektrisch betriebene Kaikran eine so weitgehende Einfachheit,
Widerstandsfähigkeit und Sicherheit gewonnen, daß er in diesem Punkte
alle früheren Systeme nicht nur erreichte, sondern sogar übertraf.

[Illustration: Fig. 97.]

Die ersten Versuche mit elektrischem Kaibetrieb wurden in Hamburg
gemacht. Dort wurden im Jahre 1890 zwei Versuchskrane aufgestellt, die
zwar in den Einzelheiten -- Motoren, Anlassern und Übersetzungsteilen
-- noch die Erscheinung von Erstlingsausführungen boten, die aber
immerhin den sicheren Nachweis erbrachten, daß der elektrische Kran
imstande war, bei einiger Durchbildung dem Kaibetrieb durchaus zu
entsprechen.

Fig. 97 stellt den vom Eisenwerk (vorm. Nagel und Kaemp) A.-G. in
Hamburg erbauten Versuchskran dar, der als Winkelportalkran gebaut
war und über eine Tragkraft von 2,5 t bei 10 m Ausladung und 1 sekm
Hubgeschwindigkeit verfügte.

Die erste vollständige Kaianlage mit elektrischem Betrieb wurde in
Rotterdam geschaffen. Die dortige Hafenverwaltung unter Leitung
der Herren de Jongh und van Ysselsteyn ließ auf dem Wilhelminakai 7
elektrisch betriebene Kaikrane von 2 t Tragkraft, 13 m Ausladung und
1,2 sekm Hubgeschwindigkeit durch das Eisenwerk (vorm. Nagel und Kaemp)
A.-G. aufstellen, nachdem sie durch die Hamburger Versuchsanlage die
Überzeugung gewonnen hatte, daß die ersten Schwierigkeiten bereits
überwunden waren. Bei der Inbetriebsetzung der Anlage im Jahre 1894
zeigte sich tatsächlich, daß alle Einzelheiten den Beanspruchungen des
Kaibetriebes gewachsen waren. In dem ersten Betriebsjahr wurden nur die
Anlasser gegen eine inzwischen entstandene vollkommenere Konstruktion
ausgetauscht, alle anderen Einzelheiten blieben bis heute unverändert.

[Illustration: Fig. 98.]

Der Aufbau der Rotterdamer Krane Fig. 98 entspricht bereits vollständig
der heute üblichen Ausführung: das Gerüst ist nahezu ausschließlich
aus Walzeisen genietet, unter Einfügung von Stahlgußstücken für die
Lagerungsteile. Gußeisen wurde nur für solche Teile verwendet, die von
den Hauptkräften nicht durchlaufen werden.

Im Laufe der inzwischen verflossenen Jahre sind weitere 20 Krane von
2 t Tragkraft und 12 Krane von 3 t Tragkraft aufgestellt worden. Obwohl
diese Ausführungen aus späterer Zeit und zum Teil von anderen Werken
stammen, so ist doch der ursprüngliche Typ in allen Einzelheiten
beibehalten worden, wohl der beste Beweis dafür, daß die Konstruktion
von Anfang an das Rechte getroffen hat.

[Illustration: Fig. 99.]

Unmittelbar nach der Inbetriebsetzung der Rotterdamer Anlage wurden
elektrisch betriebene Kaikrane an zahlreichen Stellen aufgestellt: in
Mannheim, Kopenhagen, Düsseldorf, Dresden (erste Anlage mit Drehstrom),
Bingen, Ludwigshafen, Genua, Emden.

Die größten Kaianlagen mit elektrischem Betrieb sind in Hamburg
entstanden. Im Jahre 1900 bereits wurden 58 Krane am O’Swald und
Amerikakai aufgestellt. Diese Krane werden von einem Kraftwerk
versorgt, das 1000 KW Gleichstrom von 550 V liefern kann. Die
umfangreichste Anlage aber entstand im Jahre 1904 im Kaiser
Wilhelm-Hafen. Dort wurden, wie Fig. 99 zeigt, 135 Krane aufgestellt,
die von einem besonderen Kraftwerk gespeist werden, das 1500 KW
Gleichstrom von 440 V liefert. Diese Krane verfügen über eine Tragkraft
von 3 t bei einer Ausladung von 11 m und bei einer Hubgeschwindigkeit
von 0,7 sekm für Vollast und von 1,0 sekm für 1,25 t Last. Sie sind zum
größeren Teil von der Benrather Maschinenfabrik, zum kleineren Teil vom
Eisenwerk (vorm. Nagel & Kaemp) A.-G. ausgeführt worden.

Nach der Inbetriebsetzung der Rotterdamer Anlage wurde nur noch eine
einzige Anlage mit Druckwasserbetrieb in Auftrag gegeben und im
Jahre 1898 in Köln in Betrieb gesetzt. Dort lagen die Verhältnisse
insofern eigenartig, als die Energie aus einem bereits vorhandenen
großen städtischen Werk bezogen werden sollte, das einphasigen
Wechselstrom lieferte; für einphasigen Wechselstrom gab es indessen
Elektromotoren, die unter Belastung anliefen, damals noch nicht,
wohl aber stetig laufende Motoren. Es wäre daher notwendig gewesen,
Umformer aufzustellen, welche den einphasigen Wechselstrom in
Gleichstrom verwandeln. Die städtische Behörde war damals der Meinung,
es sei wirtschaftlicher, eine durch stetig laufende Elektromotoren
angetriebene Pumpenanlage aufzustellen, welche hydraulische
Krane betrieb. Neuerdings -- 1905 -- sind in Köln Kaikrane mit
Einphasenmotoren aufgestellt worden, die sich durchaus bewährt haben.

       *       *       *       *       *

Die Entwickelung vom Tretradkran zu Heidelberg aus dem Anfang des 19.
Jahrhunderts bis zum elektrisch betriebenen Kaikran von 1900 läßt sich
in ihren wirtschaftlichen Folgen durch einen Vergleich der Leistungen
am besten überschauen.

                                                    Elektrisch
                            Tretrad-Kaikran      betriebener Kaikran
                          aus dem Jahre 1768     aus dem Jahre 1900

    Tragkraft                     2 t                 3 t
    Hubgeschwindigkeit            0,03 sekm           1,0 sekm
                                  für 0,5 t Last      für 1 t Last
    Leistung am Haken gemessen    0,2 PS             13 PS
    Stündliche Lieferung          5 t                30 t
    Ausladung vom Drehpunkt       8 m                12 m
    Nutzbare Ausladung            4 m                10 m
    Anlagekosten               5000 M.            17000 M.
    Bedienungsmannschaft          3 Mann am           1 Steuermann
                                    Tretrad
    Gesamtbetriebskosten für
    1 t gehobene Last             0,30 M.             0,005 M.
    Arbeitsfeld                Kreis 8 m           Rechteck 24 m breit,
                               Durchm.             beliebig lang.

Dieser Vergleich zeigt, daß die Betriebskosten auf den 60. Teil des
ursprünglichen Wertes heruntergegangen sind. Es liegt nun die Frage
nahe, ob eine weitere Verminderung möglich ist und in welcher Richtung
eine Verbesserung eintreten kann, die zu diesem Ziele führt.

Die Leistungsfähigkeit könnte gesteigert werden: durch Vergrößerung der
Tragkraft, durch Steigerung der Geschwindigkeit und durch Abkürzung der
Zeit, die zum Anhängen und Abhängen der Last notwendig ist.

Die Vergrößerung der Last würde das Anhängen um so viel schwieriger und
zeitraubender gestalten, daß die Stundenleistung eher vermindert als
gesteigert würde. Die Vergrößerung der Hub- und Schwenkgeschwindigkeit
würde die Stundenleistung nur wenig steigern, weil die Hub- und
Schwenkzeit zu kurz ist im Verhältnis zu der Dauer der Pause, in
welcher die Lasten an- und abgehängt werden. Ein ganzes Kranspiel
umfaßt für mittlere Verhältnisse folgende Zeiten:

 Heben der Last aus dem Schiff 15 m hoch     mit  1  sekm erfor-
                                                           dert  20 Sek.
 Schwenken der Last nach dem Land um 180°     „   2   „      „   25  „
 Senken der Last 5 m tief                     „   1   „      „    8  „
 Heben des Hakens 5 m hoch                    „   1,5 „      „    6  „
 Schwenken des Hakens nach dem Schiff um 180° „   2   „      „   25  „
 Senken des Hakens in das Schiff 15 m tief    „   1,5 „      „   12  „
                                                                 -------
                                                                 96 Sek.

Die lotrechten Bewegungen können zum Teil während des Schwenkens
ausgeführt werden, so daß für das ganze Kranspiel nicht 96, sondern nur
rund 80 Sekunden erforderlich sind.

Anhängen der Last im Schiff und Abhängen an Land erfordert rund
40 Sekunden. Es läßt sich daher eine weitere Steigerung der
Leistungsfähigkeit nur insoweit erwarten, als etwa die Pause etwas
abgekürzt werden kann.

Das An- und Abhängen der Last erfordert je nach Art der Last vier bis
acht geübte Hilfsarbeiter, ist also sehr kostspielig im Vergleich zu
den eigentlichen Kranbetriebskosten. Bei Lasten, die aus gleichmäßigen
kleinen Stücken bestehen -- Kohle, Erz, Sand u. dgl. -- hat man es
bereits dahin gebracht, die Hilfsmannschaft durch technische Mittel zu
ersetzen.

Zunächst führte man Fördergefäße ein, die an einem Bügel drehbar so
aufgehängt sind, daß der Schwerpunkt des gefüllten Kübels über dem
Drehpunkt des Kübels liegt und daß der Schwerpunkt des leeren Kübels
unter den Drehpunkt fällt.

[Illustration: Fig. 100.]

Fig. 100 zeigt einen solchen Kübel. In der aufrechten Stellung ist
der Kübel durch eine Sperrklinke gegen den Bügel festgestellt. Soll
entleert werden, so löst ein Arbeiter mit einer Stange die Klinke aus,
so daß der gefüllte Kübel umkippt, nach Entleerung von selbst in die
ursprüngliche Lage zurückkehrt und sich selbsttätig wieder festklinkt.

Bei dieser Einrichtung ist aber immer noch ein Hilfsarbeiter zum
Ausheben der Sperrklinke notwendig. Man löste daher später die
Sperrklinke dadurch aus, daß der Kranführer den Kübel so dicht bis
unter den Auslegerkopf zog, daß die Sperrklinke gegen einen Anschlag
traf und dadurch selbsttätig ausgelöst wurde. Diese Anordnung hat aber
den Nachteil, daß die Kohle aus großer Höhe herunterstürzt, wodurch
sie stark zerkleinert und entwertet wird. Außerdem ist eine starke
Staubentwickelung unvermeidlich.

[Illustration: Fig. 101.]

Ein anderes Hilfsmittel zur selbsttätigen Herbeiführung der Entleerung
wurde dadurch geschaffen, daß man einen Anschlag an der Sperrklinke
anbrachte, der letztere auslöste, sobald der Kübel auf dem Boden
aufstieß. Dieses Mittel ist aber nur dort anwendbar, wo auf Halden
geschüttet wird.

Allgemein anwendbar ist eine Entleerungsvorrichtung, die so gestaltet
ist, daß sie vom Kranführer selbst und zwar in beliebiger Höhe
ausgelöst werden kann.

Fig. 101 stellt ein Fördergefäß dar, das für diesen Zweck gebaut ist.
Es besteht aus zwei Teilen, die durch ein Gelenk miteinander verbunden
und so gestaltet sind, daß das Gefäß von selbst geschlossen bleibt,
wenn es am Gelenk aufgehangen wird. Die Hauptkette greift an diesem
Gelenk an. Eine zweite Kette -- die Entleerungskette -- gabelt sich in
zwei Stränge, die an den oberen Rändern des Gefäßes anfassen. So lange
die Entleerungskette schlaff ist, bleibt das Gefäß geschlossen; wird
sie dagegen festgehalten, während die Hauptkette nachgelassen wird, so
öffnet sich das Gefäß.

Es ist daher nun weiter nichts erforderlich als eine Vorkehrung am
Führerstand, um die Entleerungskette festhalten zu können.

[Illustration: Fig. 102a.]

Für diesen Zweck ist eine ganze Reihe von Vorkehrungen ersonnen worden,
die zum Teil recht umständlicher Art sind. Weitaus die einfachste
Auslösung läßt sich dadurch schaffen, daß man eine Klemmvorrichtung für
die Entleerungskette anbringt, wie sie in Fig. 101 dargestellt ist.
Die Entleerungskette _a_ ist an der gleichen Kettentrommel befestigt
wie die Hauptkette und ist ebenso lang wie diese, wickelt sich also
gleichmäßig mit der Hauptkette auf und ab, wobei der Kübel stets
geschlossen bleibt. Die Entleerungskette läuft zwischen zwei Paar
Leitrollen _dd_; zwischen diesen Rollenpaaren sind Klemmbacken _ef_
angeordnet, von denen der obere e feststeht, während der untere _f_
gelenkig aufgehangen ist und durch sein Eigengewicht in geöffneter
Lage gehalten wird, so daß die Entleerungskette frei zwischen den
Klemmbacken hindurchgleiten kann. Soll entleert werden, so wird
durch einen Fußtritt der untere Klemmbacken nach oben bewegt und
die Entleerungskette eingeklemmt. Nun wird die Kettentrommel in der
Senkrichtung bewegt; die Hauptkette geht infolgedessen nach abwärts,
während die Entleerungskette festgehalten wird: der Kübel muß sich
daher öffnen.

Die selbsttätige Entleerung spart einen Teil der Hilfsmannschaft und
kürzt die Pause ab; das Einschaufeln des Fördergefäßes beansprucht aber
nach wie vor eine beträchtliche Zahl von Hilfsarbeitern. Es lag daher
nahe, auf dem eingeschlagenen Weg noch weiter zu gehen und das Gefäß so
zu gestalten, daß nicht nur die Entleerung, sondern auch die Füllung
selbsttätig erfolgen kann. Die Verwirklichung dieses Gedankens führte
zur Konstruktion der sog. ~Selbstgreifer~.

Die in der Einzelgestaltung sehr verschiedenen Ausführungen beruhen
alle auf einem Grundsatz, der an Fig. 102a, b und c an dem sehr
einfachen Greifer von Hone deutlich erkennbar ist.

Die Gestalt des Greifers ist derjenigen des vorher dargestellten
Entleerungsgefäßes ähnlich: auch hier sind zwei schaufelartige Teile
_aa_ mittels Gelenkbolzen _bb_ an einem Rahmen _c_ aufgehängt und
so geformt, daß der Greifer im geschlossenen Zustand eine Mulde vom
Halbkreisquerschnitt bildet. Die Unterkanten der Schaufeln sind mit
Schneiden oder Zähnen aus gehärtetem Stahl ausgerüstet.

[Illustration: Fig. 102b.]

Die Aufhängung des Greifers ist dagegen eine ganz andere als die des
Entleerungsgefäßes. Während bei letzterem das Hauptseil an dem Rahmen
des Gefäßes angreift, zieht hier das Seil unmittelbar an den Schaufeln,
ist also bestrebt, deren Schluß herbeizuführen. Bei Greifern für sehr
feinkörniges Gut, wie Getreide, erzeugt bereits der einfache Seilzug
eine hinreichend große Schließkraft. Bei grobstückigem Gut, wie
Kohle, dagegen muß durch eine Übersetzung dafür gesorgt werden, daß
die Schließkraft größer als der Seilzug wird, da nur das Überwiegen
des Greifergewichtes über den Seilzug das Eingraben des Greifers
herbeiführen kann.

[Illustration: Fig. 102c.]

Diese Übersetzung wird bei den verschiedenen Ausführungen von
Greifern durch verschiedenartige Mittel erreicht: durch Zahnräder,
durch Übersetzungstrommeln, am häufigsten durch Rollenzüge. Auch der
Honegreifer verwendet letzteres Mittel. Die von dem Kran herabreichende
Seilschlinge _dd_ umschlingt mit sechs Strängen zwei Rollenköpfe, von
denen der obere _e_ im Greiferrahmen _c_ starr gelagert ist, während
der untere _f_ in einer senkrechten Führung des Rahmens verschiebbar
ist.

Fig. 102a zeigt den Greifer in geöffnetem Zustand. Der untere
Rollenkopf befindet sich in seiner höchsten Stellung, die Schaufeln
hängen lose herab. Sobald sich der Greifer auf das Fördergut aufsetzt,
werden die Seile schlaff, der untere Rollenkopf sinkt durch sein
Eigengewicht in seine tiefste Stellung herab und klinkt sich mit
der Sperrklinke _g_ selbsttätig in einen Kreuzkopf _h_ ein, der
durch Zugstangen mit den Schaufeln verbunden ist. Fig. 102b. Sobald
die Seilschlinge vom Kran eingeholt wird, bewegt sich der untere
Rollenkopf mit dem eingeklinkten Kreuzkopf nach oben, die Schaufeln
werden infolgedessen mit einer Kraft, gleich dem Dreifachen der in
den beiden Seilzügen zusammen wirksamen Hubkraft, geschlossen. Damit
bei dieser Bewegung nicht der ganze Greifer nach aufwärts steigt, muß
sein Eigengewicht größer als die Hubkraft sein. Haben die Schaufeln
sich geschlossen, ist also der Greifer gefüllt, so steigt der ganze
Greifer geschlossen in die Höhe (Fig. 102c). In der höchsten Stellung
wird durch einen Anschlag am Kran die Sperrklinke ausgelöst und dadurch
die Verbindung zwischen dem unteren Rollenkopf und dem Kreuzkopf
aufgehoben. Die Schaufeln würden mit einem Ruck sich öffnen, wenn nicht
eine Ölbremse _i_ vorhanden wäre, welche das Öffnen der Schaufeln
verzögert, so daß der Inhalt des Greifers allmählich herausfließt.
Sobald die Entleerung vollzogen ist, kann der Greifer ohne weiteres
herabgelassen werden und seine Arbeit von neuem beginnen.

Die Selbstgreifer haben gegenwärtig eine außerordentlich weite
Verbreitung gefunden und zwar hauptsächlich zur Verladung von
kleinstückigen Kohlen und Erzen. Für grobe Stückkohle und grobstückige
Erze sind sie zurzeit noch nicht verwendbar. Auch füllen sie sich ohne
Nachhilfe von Hand nur dann vollständig, wenn sie in eine Mulde greifen
können, so daß die Kohle dem Greifer gewissermaßen zufließt. Dagegen
geht ihre Leistung sehr herab, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt
sind, wenn also etwa Kohle aus dem engen Raum eines Eisenbahnwagens
oder aus flachen Kanalschiffen herausgegriffen werden soll.

Weitere Unvollkommenheiten liegen darin, daß der Greifer mit einer
gewissen Wucht auf die Kohle herabfallen muß, um sich energisch
eingraben zu können, und daß meist etwas Nachhilfe von Hand notwendig
ist, um den Greifer an die rechte Stelle zu bringen. Ersteres führt
häufig zu Verletzungen der Schiffsböden, letzteres ist nicht nur mit
Kosten, sondern auch mit einiger Gefahr verbunden.

[Illustration: Fig. 103.]

Diese Nachteile rühren im Grunde genommen alle davon her, daß
der Greifer an Ketten hängt und infolgedessen vom Kranführer nur
unvollkommen beherrscht werden kann. Sie werden sofort behoben,
wenn man den Greifer nicht an Ketten aufhängt, sondern durch ein
starres Glied -- einen gelenkigen Stiel -- mit dem Kran verbindet. In
Deutschland sind derartige ~Stielgreifer~ noch nicht in Anwendung
gekommen. In Amerika sind sie aber sehr verbreitet.

Fig. 103 zeigt einen Stielgreifer von kleinen Abmessungen nach einer
Ausführung der Temperly Transporter Co. in London. Der Stiel dient hier
nicht zur unmittelbaren Aufhängung, sondern lediglich zur sicheren
Führung des Greifers; der Schluß des Greifers wird durch einen
Dampfzylinder, unabhängig von dem Hubseil, herbeigeführt. Die erreichte
Stundenleistung beträgt 60 t.

Eine amerikanische Ausführung in weit größeren Abmessungen zeigen Fig.
104a und b (entnommen aus »Engineering News« 1905 S. 125). Hier sitzt
der Greifer an einem senkrechten Stiel, der durch einen Balancier und
durch einen Lenker eine Parallelführung erhält, so daß eine senkrechte
Bewegung erzielt wird. Der Greifer wird durch einen besonderen
Elektromotor, der in den Stiel eingebaut ist, geschlossen und faßt
10 t. Derartig große Abmessungen sind naturgemäß nur dort verwendbar,
wo besonders gebaute Schiffe zur Verfügung stehen. Der Stiel kann um
seine senkrechte Achse gedreht werden, und der Greifer kann quer zum
Stiel verschoben werden, so daß er eine Kreisfläche bestreichen kann.
Die mit dieser gewaltigen Maschine erreichte Stundenleistung beträgt
400 t.

Wie aus den beiden Beispielen ersichtlich ist, gewährt der
Stielgreifer, abgesehen von seiner viel genaueren Führung und
Steuerung, den weiteren Vorteil, daß die Schlußkraft nicht durch
das Hubseil zugeleitet zu werden braucht, daß sie vielmehr in sehr
einfacher Weise durch einen besonderen Motor erzeugt werden kann, der
in unmittelbarer Nähe des Greifers an dem Stiel selbst montiert wird.

Die in Fig. 104a dargestellte Anordnung des Stielgreifers hat dem
Seilgreifer gegenüber noch den wirtschaftlichen Vorzug, daß das
Greifereigengewicht durch ein am Balancier angebrachtes Gegengewicht
ausgeglichen werden kann, so daß nur die reine Nutzlast gehoben
zu werden braucht, während beim Seilgreifer eine doppelt so große
Last bewegt werden muß. Da während des Schließens kein nach
aufwärts wirkender Seilzug vorhanden ist, so genügt ein geringer
Gewichtsüberschuß zur Herbeiführung eines sicheren Eingrabens.

[Illustration: Fig. 104a.]

Für Stückgüter aller Art -- Säcke, Ballen, Kisten -- ist es bisher
bei dem alten Verfahren des Anhängens von Hand mittels Schlingketten
geblieben. Nachdem aber in den Hüttenwerken -- wie es bereits dort
dargestellt wurde -- mit Erfolg Krane in Betrieb gesetzt worden sind,
welche Blöcke, Barren, Träger und Schienen selbsttätig mit Zangen
fassen, so ist Aussicht vorhanden, daß sich auch für den allgemeinen
Kaibetrieb geeignete Greifzangen konstruieren lassen werden. Die
besondere Schwierigkeit liegt hier darin, daß diese Greifzangen so
gestaltet sein müssen, daß sie sich den sehr veränderlichen Abmessungen
und Formen der Stückgüter anpassen, und daß sie vom Führerstand
aus genau beherrscht werden müssen. Voraussichtlich wird nur der
Stielgreifer diese Aufgabe lösen können, nachdem man auch in den
Hüttenwerken es vorteilhaft gefunden hat, Blockzangen an starren
Stielen statt an Seilen aufzuhängen.

[Illustration: Fig. 104b.]

Die Einführung einer brauchbaren Stielzange in den Kaibetrieb würde den
größten Teil der Hilfsarbeiter sparen und dadurch die Umladekosten um
einen guten Teil verringern. Die Verminderung dieser Kosten würde einer
Verbilligung und Vermehrung des Verkehrs zugute kommen und diese würde
Gelegenheit geben, die Kaiarbeiter einer weniger anstrengenden und
lohnenderen Beschäftigung zuzuführen.

[Illustration: Fig. 105.]

Der übliche Kaiquerschnitt (Fig. 105, entnommen aus Ragoczy
»Binnenschiffahrt und Seeschiffahrt« S. 45) zeigt zunächst der Kaimauer
ein Ladegeleise, dahinter ein Rangiergeleise, hinter diesem eine Straße
für Landfuhrwerk, dann den Ladeperron des Schuppens oder Speichers.
Diese Anordnung erlaubt beliebigen Umschlag zwischen Schiff, Eisenbahn,
Landfuhrwerk und Speicher. Der Kaikran muß so große Ausladung haben,
daß er wasserseitig bis über Schiffsmitte, landseitig bis auf den
Ladeperron reichen kann; eine Ausladung von 13-15 m genügt diesen
Ansprüchen auch bei sehr breiten Schiffen.

Breite Lagerplätze für Kohle und andere Wassergüter führen zu
wesentlich anderen Ansprüchen an die Hebemaschinen. Lagerplätze bis zu
100 m Breite und einigen hundert Metern Länge sind für den modernen
Verkehr nichts Ungewöhnliches. Es ist ohne weiteres klar, daß der
Drehkran diesem Bedürfnis nicht mehr entsprechen kann; bei einer
Ausladung von mehr als 15 m wird der Drehkran so schwerfällig, daß er
besser durch einen Brückenkran ersetzt wird, der ähnlich wie der für
Hüttenwerkslagerplätze dargestellte (Fig. 71) gestaltet ist, mit dem
einzigen Unterschied, daß die Brücke wasserseitig über den einen Fuß so
weit vorkragt, daß die Laufkatze bis über Schiffsmitte fahren kann.

Fig. 106 stellt eine Ausführung dieser Art von Pohlig in Köln für Fr.
Krupp A.-G. in Rheinhausen dar.

[Illustration: Fig. 106.]

Es liegt die Frage nahe, ob etwa der aus alter Zeit stammende Typ
des Drehkrans später auch vom normalen Ladekai verschwinden und dem
Brückenkran Platz machen wird, der einen durchaus modernen Typ aus
dem letzten Jahrzehnt darstellt. So lange man auf den Dampfbetrieb
angewiesen war, mußte das gesamte Triebwerk um die Dampfmaschine herum
gelagert werden: dieser Notwendigkeit entsprach der Drehkran durchaus,
da bei ihm das gesamte Triebwerk sich leicht an einem Punkt vereinigen
läßt. Der Brückenkran ist sehr viel weniger für diese Vereinigung des
Triebwerks geeignet. Der elektrische Betrieb gestattet dagegen, die
einzelnen Triebwerke beliebig zu verteilen, er verleiht dem Brückenkran
daher eine besondere Einfachheit. Von diesem allgemeinen Gesichtspunkt
aus hätte der letztere demnach große Aussicht auf weitere Verbreitung.

Im besonderen hat der Drehkran zwei Vorteile vor dem Brückenkran
voraus: er gewährt ein sehr freies Profil, gestattet also die Verladung
von sperrigen Lasten wie Baumstämmen und Maschinenteilen; außerdem ragt
er nicht über die Kaimauer hinaus, sobald der Ausleger landeinwärts
geschwenkt ist, gewährt also der Takelage der Schiffe freien Raum.
Bei dem Brückenkran läßt sich ein großer freier Durchgang nur durch
besondere Gestaltung des Gerüstes erzielen; die Freigabe des Raumes
über dem Wasser ist nur dadurch zu erlangen, daß der Schnabel des Krans
zum Aufklappen eingerichtet ist. Inwieweit es gelingt, diese beiden
Nachteile durch geschickte Einzelkonstruktion auszugleichen, müssen die
nächsten Jahre lehren.

[Illustration: Fig. 107a.]

Die wirtschaftliche Bedeutung der Hebemaschinen im modernen Kaibetrieb
wird sofort erkennbar, wenn man den Umfang dieses Betriebes untersucht.

[Illustration: Fig. 107b.]

In Fig. 107a ist der Seeverkehr von verschiedenen Hafenanlagen im
Jahre 1904 dargestellt. Um ein anschaulicheres Bild zu geben, ist
nicht die Zahl der im ganzen Jahr eingelaufenen Seeschiffe und deren
im Jahr eingekommener Rauminhalt aufgetragen, sondern es ist die
Anzahl der durchschnittlich in einem Tag einlaufenden Seeschiffe
und deren Gesamtrauminhalt -- also die täglich auszuladende Fracht
-- dargestellt. Tatsächlich schwankt natürlich die Zahl der täglich
einlaufenden Schiffe je nach Jahreszeit und Umsatz. Aus dem Schaubild
ist ersichtlich, daß Hamburg, Antwerpen und Amsterdam die übrigen im
Schaubild eingetragenen Hafenanlagen hinsichtlich der Größe ihres
Seeverkehrs weit überragen. Aus dieser graphischen Darstellung
ist auch erkennbar, daß in diesen Häfen Schiffe mit weit größerem
Raumgehalt einlaufen, entsprechend der größeren Wassertiefe dieser
Anlagen.

Fig. 107b gibt eine Vorstellung von der Entwickelung des Seeverkehrs
im Hamburger Hafen. Auch aus diesem Schaubild ist ersichtlich, daß
der Raumgehalt der Schiffe stetig zugenommen hat und zwar in gleichem
Verhältnis mit der gesteigerten Vertiefung des Fahrwassers. In den
letzten zwanzig Jahren hat sich die Anzahl der durchschnittlich täglich
einlaufenden Schiffe verdoppelt -- von 20 auf 40 --, die täglich
auszuladende Fracht ist in dem gleichen Zeitraum nahezu auf das
Dreifache gestiegen.

Die Hamburger Hafenanlagen setzen sich aus 13 Einzelhäfen mit insgesamt
19 km Kaistrecken, 12 km Schuppen und 177 km Geleise zusammen. Im
ganzen sind 750 Kaikrane mit zusammen 1900 t Tragkraft in Betrieb.

Im Besitz der Hamburger Reedereien sind 611 Seedampfer, darunter 199
mit mehr als 2000 t Raumgehalt, und 553 Segelschiffe, unter denen 36
mehr als 2000 t tragen.

[Illustration]



[Illustration]



D.

Lastenbewegung in Werften.


Solange Holz das Baumaterial für Schiffe war, genügten die
allereinfachsten technischen Hilfsmittel zum Transport, denn weitaus
die meisten Einzelteile waren klein und von geringem Gewicht.
Die Bauzeiten waren reichlich bemessen, die Geschwindigkeit der
Lastenbewegung konnte daher sehr gering sein. Es genügten hölzerne
Masten mit Rollenzügen für die Hellinge. Nur für das Einsetzen der
Masten, Kessel und Maschinenteile war ein einfacher Mastenkran mit
Handwinde erforderlich.

Die Anfänge des Eisenschiffbaues reichen bis in das Jahr 1830 zurück.
Die Einführung ging aber sehr langsam vor sich; in Deutschland fand der
Übergang vom Holzschiffbau zum Eisenschiffbau erst Ende der Sechziger
Jahre statt. Von 1870 bis 1880 war die Entwicklung immer noch eine
langsame; von 1880 an erfolgte ein erster Aufschwung, von 1896 an ein
rasches Aufsteigen. Die Entwicklung seit 1872 ist dargestellt in einem
von dem Ingenieur Stelter entworfenen Diagramm. Fig. 108 (entnommen
aus der Z. d. V. d. I., 26. August 1905). Aus ihm ist ersichtlich, daß
der Verlauf des Handelsschiffbaues ein sehr sprunghafter war, während
der Kriegsschiffbau sich stetiger entwickelte. Das Schaubild zeigt
auch, daß bis zum Jahre 1900 der deutsche Schiffbau nur die Hälfte des
Bedarfes der deutschen Reederei gedeckt hat; erst von da an wird der
größte Teil der Schiffe in Deutschland gebaut.

Im Jahre 1904 wurden erbaut: auf Hamburger Werften 85 Schiffe mit
zusammen 91300 t, auf Kieler Werften 57 Schiffe mit zusammen 78900 t,
auf Stettiner Werften 27 Schiffe mit zusammen 67700 t.

[Illustration: Fig. 108.]

Aus diesem Überblick geht hervor, daß ein Bedarf nach leistungsfähigen
Hebemaschinen erst in den Siebziger Jahren begann, daß also die
Entwicklung dieser Maschinen nahezu ausschließlich den letzten
Jahrzehnten angehört.

Die Gestaltung dieser Hebemaschinen ist eine sehr verschiedene, je
nachdem sie zum Bau des Schiffes auf der Helling, zum Einheben schwerer
Lasten in das am Werftkai liegende Schiff oder endlich zum Transport
von Lasten auf das im freien Wasser vertaute Schiff dienen.


a) Helling-Krane.

Solange das Schiff auf der Helling steht, darf es nur möglichst wenig
belastet werden, damit der Stapellauf nicht zu sehr erschwert wird.
Schwere Maschinenteile, Kessel, Geschütztürme und sonstige Schwerlasten
werden erst nach dem Stapellauf eingesetzt. Die Hellingkrane haben
daher nur die Aufgabe, die zum Aufbau des Schiffsrumpfes erforderlichen
Bleche und Träger zu heben und brauchen infolgedessen nicht mehr als 3
t Tragkraft zu besitzen. Dagegen ist große Geschwindigkeit erwünscht,
um die kurzen Bauzeiten einhalten zu können, die dem modernen Schiffbau
gestellt werden.

Fig. 109 stellt ein Bild einer Helling der Schiffswerft von Schichau
vor 15 Jahren dar: Lotrechte Holzmasten, die mittels Drahtseilen
verankert sind, tragen nahe ihrem oberen Ende schrägstehende
Holzspieren, die ebenfalls durch Drahtseile in ihrer Lage gehalten
werden. Die Lasten werden durch einen vom Ende der Spiere
herabhängenden Rollenzug hochgezogen und durch Wippen und Schwenken
der Spieren seitwärts bewegt. Zum Einholen der Seile werden zumeist
einfache Dampfwinden benutzt, wie sie an Bord der Schiffe gebräuchlich
sind. Die ganze Anordnung erinnert an die Takelage der Schiffe. Sie
ermöglicht das Hochziehen und Seitwärtsbewegen der Lasten. Für den
Transport von den Werkstätten nach den Kranen sind Schmalspurgleise
erforderlich, die an den Hellingen entlang geführt sind.

Da die Holzmasten feststehen, so ist die Seitwärtsbewegung natürlich
eine sehr begrenzte, und es ist eine große Anzahl solcher Masten
erforderlich. Eine weit größere Bewegungsfreiheit konnte dadurch
gewonnen werden, daß man den feststehenden Holzmast durch einen auf
Breitspur fahrbaren eisernen Turm ersetzte.

Fig. 110 (entnommen aus dem Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft 1901). Die hölzernen Spieren sind bei dieser
amerikanischen Ausführung durch eiserne Streben ersetzt, die
Dampfwinde ist auf dem Kranwagen montiert und so eingerichtet, daß sie
gleichzeitig das Wippen der Strebe und das Fahren des Krans besorgen
kann. Durch diese Anordnung wird das Arbeitsfeld des Krans bedeutend
vergrößert, die Leistungsfähigkeit gleichzeitig erhöht.

Die Querbewegung der Last kann bei diesem Turmkran ebenso wie bei
den hölzernen Spierenkranen nur durch Wippen der Strebe, also in
einem Kreisbogen bewirkt werden. Für die Montage ist indessen eine
geradlinige Seitwärtsbewegung immer bequemer, die weitere Entwicklung
mußte daher zu Kranen mit Laufkatzen führen.

[Illustration: Fig. 109.]

[Illustration: Fig. 110.]

In Fig. 111, einer modernen deutschen Ausführung aus dem Jahre 1905
von Stuckenholz, ist dieser Gedanke in der Weise verwirklicht, daß der
fahrbare Turm nicht zwei Spieren, sondern einen drehbaren Ausleger
trägt, der mit einer Laufbahn für eine Laufkatze ausgerüstet ist. Der
Turm läuft auf einem Geleise von 6 m Spurweite und vermag Lasten von
3 t an 16 m Ausladung mit 0,5 sekm Geschwindigkeit und Lasten von 6 t
an 0,3 m Ausladung mit 0,25 sekm bis auf eine Höhe von 30 m zu heben.

Der elektrische Betrieb führte auch hier dazu, die Drehbewegung
schließlich ganz zu beseitigen und nur geradlinige Bewegungen
auszuführen, die einerseits für genaues Montieren zweifellos die
bequemsten sind, und die anderseits die Herstellung der Krane insofern
verbilligen, als sie die Ausgestaltung von Einheitstypen erleichtern.

[Illustration: Fig. 111.]

Fig. 112 (entnommen aus dem Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft 1901) zeigt eine amerikanische Ausführung, bei der außer
der Hubbewegung nur eine geradlinige Querbewegung und eine geradlinige
Längsbewegung vorhanden ist. Das sehr breite Geleise ist auf eine
Hochbahn gelegt, wodurch die Höhe des Krans verringert, dieser also
leichter und entsprechend beweglicher wird, wogegen die Anlagekosten
erhöht werden. Der Oberteil des Kranwagens bildet einen starren
quergestellten Ausleger, der auf einer Innenlaufbahn die Laufkatze
mit dem angehängten Führerstand trägt. Der Ausleger erstreckt sich
über die ganze Breite von zwei Hellingen. Unter der Hochbahn liegt
das Zufuhrgleise für das Baumaterial. Die Laufkatze bewegt sich mit
einer Geschwindigkeit von 1 sekm, der Kran fährt mit 2 sekm, die
Last von 15 t wird mit 1,5 sekm gehoben. Eine ähnliche Ausführung in
Deutschland stellt Fig. 113 dar (Böttcher »Krane«). Dieser Hellingkran
ist von der Duisburger Maschinenbau Akt.-Ges. für den Bremer Vulkan in
Vegesack erbaut worden; er hebt Lasten bis zu 6 Tonnen mit 0,25 sekm
Geschwindigkeit.

[Illustration: Fig. 112.]

[Illustration: Fig. 113.]

Bis vor wenigen Jahren wurden die Arbeiten auf den Hellingen ohne jeden
Schutz gegen Witterungseinflüsse ausgeführt; die strengen Winter in
Amerika dagegen gaben dort Veranlassung die Hellinge zu überdachen.
Von den deutschen Werften ist die Kruppsche Germania-Werft in Kiel
diesem Beispiel gefolgt und hat ein Glasdach über ihre Hellinge
gespannt. Für die Stützung des Daches ist ein kräftiges Eisengerüst
erforderlich, um der Schneelast und dem Winddruck Widerstand zu
bieten. Eine geringe Verstärkung des Gerüstes reicht aus, um dieses
gleichzeitig als Laufbahn für Krane benutzen zu können.

[Illustration: Fig. 114a.]

Die Krane selbst erhalten dann die Gestalt von Deckenlaufkranen, wie
sie Fig. 114a (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1904) zeigt, die
eine Darstellung der Hellingkrane des Vulkan in Stettin, gibt, die
1904 in Betrieb gesetzt wurden. Dort ist ebenfalls ein Eisengerüst
errichtet worden, welches alle Hellinge überspannt. Eine Dachhaut
ist vorerst nicht angebracht, kann aber später montiert werden, wenn
dies wünschenswert erscheint. Zunächst dient das Gerüst lediglich
als Laufbahn für die Krane. Für 4 Hellinge sind 8 Laufkrane von je
4 t Tragkraft ausgeführt, die mit einer Geschwindigkeit von 0,17 sekm
heben und von 1,3 sekm fahren können. Die beiden Laufkrane jeder
Helling sind mit ungleichen Spannweiten ausgeführt, damit der Lasthaken
die über dem Kiel liegenden Stellen bestreichen kann. Neben dem Kiel
bleibt allerdings ein unbestrichener Streifen. Fig. 114b zeigt die
Stirnansicht der Helling.

[Illustration: Fig. 114b.]

Eine vollkommenere Lösung ist in Fig. 115a dargestellt, die einen
Querschnitt durch die Hellinge der Germania-Werft zeigt. Hier sind von
L. Stuckenholz 8 Laufkrane von je 6 t Tragkraft eingebaut, die außer
der Quer- und Längsbewegung noch eine Schwenkbewegung ausführen können,
so daß jeder Punkt der Grundfläche bestrichen wird (Fig. 115a). Die
Hubgeschwindigkeit beträgt 0,2 sekm, die Fahrgeschwindigkeit 1,25 sekm
bei voller Belastung und 1,5 sekm bei Leerfahrt.

[Illustration: Fig. 115a.]

[Illustration: Fig. 115b.]

Die Turmkrane mit ihrem an einer Stelle vereinigten Triebwerk gehören
größtenteils noch der Zeit des Dampfbetriebes an. Die Auslegerkrane
sind teils noch mit Dampfbetrieb, zum Teil bereits mit elektrischem
Betrieb ausgeführt worden. Die Deckenlaufkrane der modernen
Hellinggerüste sind ihrer Natur nach nur für elektrischen Betrieb
geeignet, da ihnen die Energie nur durch Kontaktleitung zugeführt
werden kann.

Die Deckenlaufkrane werden allgemeine Verbreitung natürlich nur dann
finden, wenn sich die Überdachung der Hellinge als wirtschaftlich
lohnend erweist, da das Gerüst hohe Anlagekosten erfordert. Ob dies
tatsächlich der Fall ist, darüber sind die Ansichten der Schiffbauer
noch geteilt.


b) Schwerlast-Werftkrane.

Sobald das Schiff vom Stapel gelaufen ist, werden die schweren Teile
-- Kessel, Maschinen, Geschütze -- eingesetzt. Hierzu ist ein Kran
erforderlich, der auf der Kaimauer steht und die Last von einem
Zufuhrgleise bis über Mitte Schiff heben kann. Das einfachste Mittel
ist ein aus zwei Holzmasten gebildetes Zweibein, welches sich auf
die Kaimauer stützt und durch Seile in geneigter Lage so gehalten
wird, daß es eine Wippbewegung aus einer nahezu lotrechten Stellung
in eine stark geneigte ausführen kann. Die Last beschreibt bei dieser
Wippbewegung eine Linie, die quer zur Kaimauer liegt. Derartige
Vorrichtungen sind uralt und schon von Vitruv beschrieben. Fig. 6 ist
eine Zeichnung, die nach der Schilderung von Vitruv entworfen ist. Die
Hebung der Last wurde durch Rollenzüge und Handwinden bewirkt.

[Illustration: Fig. 116.]

[Illustration: Fig. 117.]

Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde dieser Wippkran in
seinen Einzelausführungen soweit verbessert, daß er schwere Lasten
bewältigen konnte. Fig. 116 (entnommen aus Riedler: »Skizzen zu den
Vorlesungen über Lasthebemaschinen«) stellt einen in den Siebziger
Jahren in Pola aufgestellten Wippkran dar. Die beiden Holzmasten sind
durch genietete Rohre ersetzt, die Haltetaue durch eine Strebe, die
ebenfalls als genietetes Rohr ausgebildet ist. Der untere Endpunkt
dieser Strebe ist auf einer wagrechten Gleitbahn geführt und wird
durch eine Schraubenspindel verschoben. Diese wagrechte Verschiebung
des unteren Endpunktes ruft eine entsprechende Änderung der Neigung
hervor. Eine Dampfmaschine dreht die Schraubenspindel und treibt eine
Kettentrommel an, deren Kette mittels eingeschalteten Rollenzuges
die Last hebt. Die Tragkraft beträgt 60 t, die Kranhöhe 30 m, die
Querbewegung 16 m.

[Illustration: Fig. 118.]

Da der Kran selbst nur eine Querbewegung besitzt, so muß die zum
Montieren notwendige Längsbewegung durch Verholen des Schiffes
herbeigeführt werden. Dieses Verholen war leicht möglich bei den
kleinen Schiffen früherer Zeit, würde für die großen Schiffe neuerer
Zeit aber sehr lästig und zeitraubend sein. Die weiteren Bestrebungen
führten daher zu einer Krankonstruktion, die zwei Querbewegungen zuließ.

[Illustration: Fig. 119.]

Fig. 117 und 118 (entnommen aus Engineering 1901) geben das Bild eines
englischen Werftkrans aus dem Jahre 1901. Hier ist nur eine einzige
bewegliche Strebe vorhanden, die mit ihrem unteren Ende sich auf die
Kaimauer stützt und deren oberes Ende durch einen Rollenzug gehalten
ist, der an einem feststehenden Bock verankert ist. Wird die Strebe
geschwenkt, so beschreibt die Last eine Kreislinie, wird die Neigung
der Strebe verändert, so bewegt sich die Last in radialer Richtung.
Der Kran bestreicht daher die Hälfte einer Ringfläche. Sämtliche
Streben sind als genietete Kastenträger ausgebildet. Drei getrennte
Dampfmaschinen bewirken das Heben, Schwenken und Wippen der Last, eine
vierte betätigt das Hilfshubwerk. Die Tragkraft ist hier bereits auf
120 t gesteigert.

Eine moderne Ausführung der gleichen Anordnung zeigt Fig. 119. Dieser
Werftkran wurde im Jahre 1898 auf der Werft von Blohm und Voß in
Hamburg von der Duisburger Maschinenbau-A.-G. erbaut. Der feststehende
Bock ist aus Kastenträgern zusammengesetzt. Der um eine lotrechte Achse
drehbare Ausleger ist aus Gitterträgern hergestellt und trägt einen
Schnabel, der um eine wagrechte Achse gewippt werden kann. Da hier die
Wippachse bedeutend höher liegt als bei der vorhergehenden Ausführung,
so können hochbordige Schiffe näher an den Kran herankommen, mit
anderen Worten, die nutzbare Ausladung ist hier größer. Gehalten wird
der Schnabel hier nicht durch einen Rollenzug, sondern durch zwei
Schraubenspindeln. Durch diese Anordnung wird der ganze Kran wesentlich
betriebssicherer als der vorher beschriebene. Eine Dampfmaschine
betreibt das Hub- und Wippwerk, eine zweite das Schwenkwerk. Die
Tragkraft erreicht hier bereits den Wert von 150 t; das Arbeitsfeld des
Krans bildet eine halbe Ringfläche von 32 m äußerem Halbmesser.

Diese Krane haben für die Montage noch die eine Unbequemlichkeit, daß
zwar die durch Schwenken des Auslegers hervorgerufene peripherische
Seitwärtsbewegung eine reine Horizontalbewegung ist, nicht aber die
durch Wippen des Auslegers bewirkte Radialbewegung. Bei letzterer
findet vielmehr gleichzeitig ein Heben oder Senken der Last statt, das
durch entsprechende Ingangsetzung des Hubwerks beseitigt werden muß.
Auch erfordert infolge dieses Umstandes die Radialbewegung einen sehr
starken Motor.

Dieser Nachteil wird vermieden bei einer neuen Konstruktion, die
zum erstenmal in Bremerhaven im Jahre 1899 von der Benrather
Maschinenfabrik ausgeführt wurde: Fig. 120. Der feststehende Bock hat
hier die Gestalt eines vierkantigen eisernen Turmes. Der drehbare
Ausleger hat die Gestalt eines T, dessen lotrechter Teil zentrisch
im Turm gelagert ist und dessen wagrechter Teil einerseits die Last,
anderseits ein Gegengewicht trägt, das die Last zur Hälfte ausgleicht.
Die Radialbewegung der Last wird hier dadurch erzielt, daß die Last
an einer Laufkatze aufgehangen ist, die auf dem wagrechten Teil des
Auslegers fährt. Beide Seitwärtsbewegungen, die peripherische wie die
radiale, sind hier reine Horizontalbewegungen, wodurch die Montage
von Schiffsmaschinen sehr erleichtert wird. Der Turm muß so hoch
geführt sein, daß der Ausleger über die Takelage des Schiffes hinweg
schwenken kann; diese Notwendigkeit hat zu sehr großen Höhen dieser
Krane geführt. Das Arbeitsfeld ist eine volle Ringfläche, wird also
bei gleicher Ausladung doppelt so groß als bei dem vorhergehenden
Typ. Der Kran in Bremerhaven ist für eine Probelast von 200 t, eine
Höchstausladung von 22 m und eine lichte Höhe von 30 m über Kaimauer
gebaut.

[Illustration: Fig. 120.]

Nach diesem Vorbild sind in den letzten Jahren mehrere Werftkrane
entstanden, die nur in der Einzelkonstruktion des Gerüstes und des
Triebwerks Verschiedenheiten aufweisen. Die bedeutendste Ausführung
dieser Art dürfte der auf der Kruppschen Germania-Werft in Kiel im
Jahre 1902 von der Duisburger Maschinenbau-A.-G. erbaute Kran sein:
Fig. 121. Die Probelast beträgt 200 t, die größte Ausladung 35 m, die
lichte Höhe über Kaimauer 30 m. Er unterscheidet sich in seiner äußeren
Gestaltung von dem Bremerhavener Kran durch die Anordnung des Turms,
der hier nicht vierkantig, sondern dreikantig ausgebildet ist, und zwar
so, daß die Zufuhrgleise zwischen den Füßen des Turms hindurchgeführt
werden konnten, wodurch eine vorzügliche Raumausnutzung erreicht
wurde. Die weiteren wesentlichen Verschiedenheiten in der
Auslegerlagerung sowie im Hubwerk und Drehwerk sind zwar für den
Fachmann von besonderem Interesse, liegen aber außerhalb des Rahmens
dieser Darstellung. Das Arbeitsfeld des Krans ist eine Ringfläche von
35 m Außenhalbmesser und 5 m Innenhalbmesser.

[Illustration: Fig. 121.]

[Illustration: Fig. 121a.]

Eine deutsche Ausführung für England zeigt Fig. 121a (entnommen aus
»Schiffbau«, VII. Jahrgang). Sie ist dadurch bemerkenswert, daß der
kurze Auslegerarm mit einer Laufwinde von 150 t Tragkraft ausgerüstet
ist, während der lange Arm einer Laufwinde für 50 t Last trägt; die
unbelastete Laufwinde dient jedesmal als Gegengewicht für die belastete
Winde. Fig. 121b gibt einen Blick von dem Ausleger auf den Turm. Dieser
Kran ist ausgeführt von der Benrather Maschinenfabrik A.-G. für William
Beardmore & Co. Ltd. in Glasgow.

Diese gewaltigen Werftkrane, die Lasten gleich dem Gewicht von drei
Lokomotiven anscheinend ohne Anstrengung in jede beliebige Lage mit
äußerster Genauigkeit bringen, haben einen Wandel in die Herstellung
der Schiffsmaschinen gebracht. Als derartige Hebemaschinen noch
nicht zur Verfügung standen, konnten die Schiffsmaschinen in den
Werkstätten nur provisorisch montiert werden; sie mußten für den
Transport wieder zerlegt und im Schiff von neuem zusammengestellt
werden. Da nun der elastische Schiffsboden sich anders verhält als
der feste Werkstattboden, so konnte die endgültige Bearbeitung der
Paßflächen erst im Schiff vorgenommen werden, eine Arbeit, die in
diesen engen Räumen sehr schwierig und zeitraubend war. Jetzt wird die
ganze Schiffsmaschine in der Werkstatt vollständig zusammengebaut und
endgültig verschraubt, so daß sie ein starres Ganzes bildet. Die ganze
Maschine wird nun vom Kran gefaßt, ins Schiff gehoben und einfach dort
angeschraubt, so daß der Vorgang, der früher mehrere Wochen erforderte,
jetzt in ebensoviel Stunden beendet ist.

[Illustration: Fig. 121b.]

Der Aufbau der Schwerlast-Krane hat in den letzten beiden Jahrzehnten
einen vielgestaltigen Wandel durchgemacht; es liegt daher die Frage
nahe, wie lange sich der gegenwärtig beliebte Turm-Typ halten wird.
Wenn dessen Arbeitsfeld auch eine sehr große Kreisfläche ist, so
beherrscht es doch immer nur einen sehr kleinen Teil des Schiffes. Eine
weit größere Freiheit würde gewonnen werden, wenn ein rechteckiges
Arbeitsfeld, wie es die Brückenkrane besitzen, an Stelle des
kreisförmigen treten könnte. Dieser Forderung würde ohne weiteres
entsprochen durch ein fahrbares Eisengerüst, das auf einem sehr breiten
Längsgeleise fahrbar ist, und das eine Laufbahn trägt, die quer zum
Kai liegt. Die Schwenkbewegung könnte dann ganz fortfallen, wodurch
der Aufbau wesentlich vereinfacht würde. Für die Montage aber sind
zwei rechtwinklig sich schneidende Horizontalbewegungen wesentlich
vorteilhafter als kreisförmige Bewegungen. Es ist daher wohl möglich,
daß die immer höher gesteigerten Ansprüche des Schiffbaues zu einer
derartigen Lösung führen werden.

Die von Mitte bis Ende des neunzehnten Jahrhunderts vollzogene
Entwicklung hinsichtlich Vergrößerung der Tragkraft und des
Arbeitsfeldes ergibt ein Vergleich dieser Größen zwischen dem Werftkran
zu Pola und dem zu Kiel

                                   Dreibein-Werftkran    Turm-Werftkran
                                        zu Pola             zu Kiel
                                        ca. 1860             1900

 Tragkraft                                 60 t             200 t
 Nutzbare Ausladung der Höchstlast         12 m              22,75 m
 Nutzbare Ausladung von ¼ Last.            12 m              35,25 m
 Arbeitsfeld                           { Linie 16 m         Kreisfläche
                                       {   lang             70 m Durchm.


c) Schwimmkrane.

Zur Übernahme von Schwerlasten auf Schiffe, die im freien Wasser an
Dukdalben vertaut sind, hat man schon frühzeitig Krane benutzt, die
auf Schwimmkasten aufgestellt waren. Diese Anordnung erlaubte es, die
Lasten vom Kai auf den Schwimmkasten überzuladen, dann diesen bis zu
dem Schiff zu schleppen und nun die Last auf das Schiff überzuheben.

Der Aufbau der ersten Schwimmkrane glich durchaus dem der ersten
Schwerlastkrane: ein Zweibein stützte sich mit den unteren Enden auf
den Bord des Schwimmkastens, der Kopf des Zweibeins wurde durch Taue
gehalten, die an dem rückwärtigen Ende des Schwimmkastens befestigt
waren.

Fig. 122 (entnommen aus Uhland »Hebeapparate«) stellt einen derartigen
Schwimmkran von 50 t Tragkraft dar, der für die Messageries
Maritimes in Marseille Anfang der siebziger Jahre erbaut wurde.
Der Schwimmkasten besteht aus zwei durch ein Trägerpaar verbundenen
Blechkasten; das Zweibein ist aus Kastenträgern hergestellt, die
Haltetaue sind Drahtseile. Die nutzbare Ausladung beträgt 6 m. Eine
Dampfwinde kann die Last nur lotrecht bewegen und zwar mit einer
Geschwindigkeit von 0,01 sekm; Seitwärtsbewegungen der Last werden
durch Verholen des Schwimmkastens nach seitwärts, vorwärts oder
rückwärts ausgeführt. Zu diesem Zweck dienen zwei Handwinden, die
auf dem Deck des Schwimmkastens aufgestellt sind und die Verholtaue
einholen bzw. nachlassen. Die unveränderliche Schwimmlage bei jeder
Last wird durch ein fahrbares Gegengewicht im Schwimmkasten erzielt.

[Illustration: Fig. 122.]

Da das Verholen ein etwas zeitraubender Vorgang ist und in engem
Fahrwasser sich schwierig gestaltet, so gab man später dem Kran eine
eigene Horizontalbewegung, indem man das Zweibein nicht durch Haltetaue
sondern durch eine bewegliche Strebe nach hinten abstützte.

Bei den feststehenden Kranen hatte man den Fuß der beweglichen Strebe
auf einer wagerechten Gleitbahn geführt und durch eine wagerechte
Schraubenspindel auf dieser Führung verschoben (Fig. 116). Diese
Anordnung war aber für Schwimmkrane unmöglich, weil der erforderliche
langgestreckte Raum für die Gleitbahn auf dem Schwimmkasten nicht
verfügbar war. Man ordnete daher die Gleitbahn und die Schraubenspindel
in schiefer Richtung auf einem starren Bock so an, daß sie ungefähr
mit der mittleren Neigung der beweglichen Strebe zusammenfielen.
Diese Anordnung gewährte gleichzeitig den Vorteil, daß der Querdruck
auf die Gleitbahn kleiner wurde, und daß der Reibungswiderstand sich
entsprechend verminderte.

[Illustration: Fig. 122a.]

Da auch bei dieser Ausführung sich noch Querdrücke auf die Gleitbahn
-- wenn auch in geringem Maß -- ergeben, so ersetzte man später die
Gleitbahn durch eine Kurvenbahn, die so gekrümmt ist, daß die Achse
der gelenkig gelagerten Schraubenspindel stets mit der Achse der
beweglichen Strebe zusammenfällt. Fig. 122a zeigt eine Ausführung
dieser Art.

Fig. 123 (entnommen aus dem Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft 1901) zeigt einen von der Gutehoffnungshütte in Sterkrade
für die Kaiserliche Werft in Kiel gelieferten Schwimmkran, der über
eine Tragkraft von 100 t verfügt. Das Zweibein kann hier soweit
nach rückwärts bewegt werden, daß es Lasten aufnehmen kann, die
auf dem Schwimmkasten selbst liegen. Diese Anordnung ist besonders
vorteilhaft dort, wo größere Strecken auf dem Wasser zurückzulegen
sind, weil auf dem Schwimmkasten ruhende Lasten naturgemäß sicherer
transportiert werden können als solche, die frei am Haken hängen. Bei
dieser Ausführung braucht auch der Kran nicht von einem Schleppdampfer
geschleppt zu werden, da er mit eigenen Schiffsschrauben ausgerüstet
ist.

Die Querbewegung der Last führt ein verschieden tiefes Eintauchen und
infolgedessen eine wechselnde Neigung des ganzen Krans herbei. Zum
Ausgleich dieses Wechsels ist entweder ein verschiebbares Gegengewicht
eingebaut, oder es wird die Standfestigkeit durch entsprechendes Voll-
oder Leerpumpen von eingebauten Tanks hergestellt.

[Illustration: Fig. 123.]

[Illustration: Fig. 124.]

Eine weitere Vervollkommnung wurde dadurch herbeigeführt, daß man die
Strebe mit dem Zweibein zu einem starren Gitterträger verband, der an
der Vorderkante des Schwimmkastens um wagerechte Bolzen drehbar war und
durch zwei kurze Schraubenspindeln nach rückwärts gestützt wurde, wie
aus Fig. 124 ersichtlich ist. Diese Anordnung gewährt den Vorteil, daß
eine gebogene Gestaltung des Auslegers ermöglicht wird, wodurch ein
größerer freierer Querschnitt gewonnen wird. Aus dem Bild ist deutlich
die geknickte Gestalt des Auslegers erkennbar, die es gestattet, den
Schwimmkran bis dicht an ein hochbordiges Schiff heranzuführen, ohne
daß der Ausleger mit dem Schiffsbord zusammenstößt. Gleichzeitig wird
durch die Vereinigung der Streben zu einem einzigen Gitterträger
der Ausleger wesentlich leichter. Schließlich wird noch der Vorteil
gewonnen, daß der Schwimmkasten kürzer ausgeführt werden kann, also
besser für enges Fahrwasser geeignet ist. Der Kran wurde im Jahre 1904
von der Duisburger M. A.-G. vorm. Bechem & Keetmann für die Kaiserliche
Werft in Danzig ausgeführt. Die Tragkraft beträgt 100 t, die größte
nutzbare Ausladung 12 m.

[Illustration: Fig. 125.]

Da die Querbewegung der Last durch Wippen des Zweibeins herbeigeführt
wird, so ist sie keine reine Horizontalbewegung, muß also durch
entsprechendes Ingangsetzen des Hubwerks berichtigt werden. In neuester
Zeit ist man daher zu einer Anordnung übergegangen, die eine genaue
wagrechte Bewegung gibt.

Fig. 125 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1904) stellt die erste
Anordnung dieser Art dar, die von der Brown Hoisting Machinery Co. in
Cleveland für die Staatswerft von Neuyork im Jahre 1903 ausgeführt
wurde. Auf den Schwimmkasten ist hier ein starres Gerüst aufgebaut,
welches eine Laufbahn für eine Laufkatze trägt, an der die Last
aufgehangen ist. Die wechselnde Neigung wird durch Aufpumpen von Tanks
berichtigt. Die Tragkraft beträgt 100 t, die größte nutzbare Ausladung
14 m.

Fig. 126 zeigt die erste deutsche Ausführung dieses Typs. Dieser
Schwimmkran von 60 t Tragkraft und 10 m größter nutzbarer Ausladung
wurde von der Duisburger Maschinenbau-A.-G. vorm. Bechem & Keetmann
im Jahre 1905 für die Werft von J. W. Klawitter in Danzig gebaut.
Zum Verholen dienen vier Spille, die von der Krandampfmaschine aus
angetrieben werden; das Ein- und Auspumpen des Wasserballastes besorgt
eine Dampfstrahlpumpe.

[Illustration: Fig. 126.]

Es haben also die Schwimmkrane und die Schwerlastkrane insofern
eine gleichartige Entwicklung durchgemacht, als man bei beiden die
Wippbewegung durch eine Laufkatzenbewegung ersetzt hat.

       *       *       *       *       *

Vergleicht man die trotz der gewaltigen Tragfähigkeit leichten und
zierlichen Eisengerüste der modernen Turmkrane zu Bremerhaven (Fig.
120) und zu Kiel (Fig. 121) mit den massigen schweren Gestellen
ihrer Vorläufer, der Fairbearnkrane aus der Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts (Fig. 85), so wird sofort der starke Unterschied im
Eisenverbrauch und in der Schönheit der Formgebung in die Augen
springen. Die gleiche Erscheinung geht aus dem Vergleich der modernen
Schwimmkrane zu Kiel (Fig. 123) und zu Danzig (Fig. 124) mit den derben
Gerüsten der alten Mastenkrane hervor.

Dieser Fortschritt von einer schwerfälligen und kostspieligen zu einer
zierlichen und billigen Gestaltung ist dem Zusammenwirken von zwei
Grundlagen zu verdanken: der wissenschaftlichen Erkenntnis und einem
ausgebildeten Formensinn. Ohne die Erkenntnis der Kräftewirkungen
und der Festigkeitsgesetze ist die Beurteilung der Zweckmäßigkeit
einer Krangestalt nicht möglich. Anderseits genügt diese Erkenntnis
allein nicht zum Finden neuer und fruchtbarer Gestaltungen. Nur
ein angeborenes und durch die Erziehung ausgebildetes räumliches
Vorstellungsvermögen besitzt die Kraft zu erfinderischer Tätigkeit. Die
Tätigkeit des Konstrukteurs ist demnach im Grunde genommen derjenigen
des Künstlers näher verwandt als der des Gelehrten. Es wird daher auch
nur ein solches Volk auf konstruktivem Gebiet Hervorragendes leisten,
das eine gewisse Kultur auf künstlerischem Gebiet errungen hat.

[Illustration]



[Illustration]



E.

Hebemaschinen an Bord.


Die ältesten Urkunden über die Gestaltung von Schiffen dürften die
von dem Ägyptologen Dümichen im Jahre 1868 aufgefundenen Skulpturen
sein. Sie reichen zurück bis zum Jahr 2500 v. Chr. Die auf diesen
dargestellten Flußfahrzeuge sind mit Mast und Segel ausgerüstet. Zum
Aufziehen des letzteren diente ein Rollenzug, dessen Rollenblöcke aus
Holz mit umgelegtem Tauring dieselbe Gestalt wie auf unseren älteren
Segelschiffen zeigen.

Die im Jahre 1834 aufgefundenen »Attischen Seeurkunden«, die von
Böck und Graser entziffert wurden, geben genauen Aufschluß über die
Gestaltung der Atheniensischen Kriegsschiffe aus der Zeit von 340 bis
330 v. Chr. Das nach diesen Urkunden entworfene Modell einer Pentere
mit einer Wasserverdrängung von rund 500 t zeigt eine Takelung, die
derjenigen der heutigen Küstenfahrzeuge des Mittelländischen Meeres
sehr ähnlich ist. Auch hier finden sich zur Bedienung der Segel
Rollenzüge mit hölzernen Kloben.

Eine den Penteren sehr gleichartige Gestalt zeigen die venetianischen
Galeeren aus dem sechzehnten Jahrhundert. Auch die Takelung hat sich
wenig verändert. Außer den erwähnten Rollenzügen finden sich noch keine
Hebezeuge an Bord.

Solange es nur Segelschiffe gab, lag weder ein Bedürfnis nach
Hebemaschinen vor, noch gab es eine Naturkraft zu ihrem Betrieb. Da
Segelschiffe ohnehin einer reichlichen Mannschaft zur Bedienung der
Segel bedürfen, so standen Menschenkräfte zum Heben der Anker, Boote
und Waren jederzeit zur Verfügung. Es genügten hierzu Kurbelwinden mit
Stirnradübersetzung und Gangspille, alles größtenteils aus Holz, wie es
heute noch auf Flußfahrzeugen zu finden ist.

Im Jahre 1807 baute Fulton den ersten Flußdampfer »Clermont«, im Jahre
1819 fuhr der erste Ozeandampfer »Savannah« von Amerika nach England,
im Jahre 1828 wurde von Ressel der erste Schraubendampfer ausgeführt.
Eine allgemeinere Verbreitung gewannen die Dampfschiffe aber erst um
die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Im Jahre 1870 bestand nur der
zehnte Teil des Tonnengehaltes der deutschen Handelsflotte aus Dampfern.

Auf den Handelsdampfern waren in erster Linie Maschinen zum raschen
Laden und Löschen der Waren notwendig, denn Menschenkraft stand auf
den Dampfern nicht mehr so reichlich wie auf den Segelschiffen zur
Verfügung, und das große in einem Dampfschiff angelegte Kapital
verlangte rasche Ausnutzung des Schiffes und dementsprechend möglichste
Abkürzung der Liegezeit im Hafen.

Die Hebemaschinen an Bord von Kriegsschiffen müssen ganz anders
geartete Bedürfnisse befriedigen, haben daher auch eine ganz
andere Entwicklung durchgemacht. Es erscheint daher eine getrennte
Darstellung der Entwicklung auf Handelsdampfern und auf Kriegsschiffen
gerechtfertigt.


a) Die Hebemaschinen auf Handelsschiffen.

Trotzdem der erste Seedampfer bereits im Jahre 1819 den Ozean kreuzte
und obwohl vom Jahr 1838 an eine regelmäßige Dampferverbindung zwischen
England und Amerika bestand, dauerte es noch geraume Zeit, bis der
Dampf auch zum Betrieb von Hilfsmaschinen an Bord Verwendung fand.
Zum Einholen der Anker wurden immer noch Handwinden benutzt, die
durch doppelarmige Druckhebel betätigt wurden, wie sie heute noch bei
Handfeuerspritzen allgemein gebräuchlich sind. Die Warenballen wurden
unter Zuhilfenahme von Rollenzügen noch lange Zeit von Hand gelöscht
und geladen, wobei eine zahlreiche Mannschaft vereinigt wurde, um die
Zeit für das Löschen und Laden des Schiffes möglichst abzukürzen.

Die ersten Anwendungen der Maschinenkraft zum Löschen und Laden gingen
darauf aus, fahrbare Winden auf der Kaimauer aufzustellen, deren
Hubseile über Seilrollen zu den Spieren des Schiffes geleitet wurden.
In Amerika benutzte man fahrbare Dampfwinden mit eigenem Kessel,
während man in England fahrbare Winden mit Druckwasserbetrieb versuchte.

Dampfwinden, die an Bord aufgestellt wurden, wurden erst Ende der
Sechziger Jahre eingeführt. Die ersten Dampfwinden zeigten einen
ähnlichen Aufbau wie die ersten Schiffsmaschinen. Die Zylinder waren
oszillierend und stehend oder schräg gelagert. Die Umsteuerung erfolgte
anfangs durch Wechselschieber; Abmessungen und Zugkraft waren gering,
die Dampfspannung sehr niedrig.

[Illustration: Fig. 127a.]

Fig. 127a (entnommen aus »The Practical Mechanics Journal« 1868) zeigt
eine Schiffsdampfwinde, die nach dem Patent des Ingenieurs Corradi
von Marseille von der Firma Oswald & Co. in Sunderland im Jahre 1868
ausgeführt wurde.

Fig. 127b stellt eine moderne Ausführung der Norddeutschen Maschinen-
und Armaturenfabrik in Bremen dar.

Der Unterschied ist augenscheinlich nur ein geringer. Bei beiden
Maschinen bildet ein gußeiserner Rahmen mit aufgeschraubten gußeisernen
Schilden das Gerippe der Maschine. Die beiden Dampfzylinder sind
gut zugänglich außen angeschraubt und arbeiten auf Kurbelscheiben.
Stirnräder besorgen die Kraftübertragung auf die Trommelwelle, die
gleichzeitig mit Spillköpfen ausgerüstet ist.

Grundlegend für die Gestaltung dieser Dampfwinden ist das Bestreben,
sie möglichst vielseitig verwenden zu können: zum Laden von Waren,
zum Verholen des Schiffes, zum Aussetzen von Booten. Nur die schweren
Ankerwinden sind als besondere Maschinen ausgebildet.

Zum Löschen und Laden des Schiffes arbeiten in der Regel an jeder Luke
zwei Dampfwinden zusammen.

[Illustration: Fig. 127b.]

Fig. 128 zeigt, daß zwei am Mast aufgehangene Spieren so vertaut
werden, daß die eine über Bord ragt, während die andere gerade über der
Luke steht. Von jeder Dampfwinde führt ein Drahtseil über die Seilrolle
an der zugehörigen Spiere zu dem gemeinsamen Lasthaken. Die am Kai
liegende Last wird an diesen Haken angeschlagen; die Dampfwinde der
Außenspiere holt ihr Seil an, die Last steigt gerade in die Höhe. Nun
holt die Dampfwinde der Innenspiere ihr Seil ein, während gleichzeitig
die andere Winde ihr Seil nachläßt; die Last bewegt sich daher
seitwärts und gelangt über die Luke.

Nun lassen beide Winden ihre Seile nach, die Last sinkt daher in den
Schiffsraum. Zu dieser Arbeit gehören natürlich zwei Steuerleute an den
Dampfwinden, die auf dieses Zusammenarbeiten eingeübt sind. Bei guter
Übung ist trotz der umständlichen Bewegung eine beträchtliche Leistung
erzielbar.

Als die Schiffe allmählich immer breiter wurden, -- bis zu 22 m --,
mußten die Spieren entsprechend verlängert werden. Dadurch wurde
die geschilderte Arbeitsweise allmählich immer unzweckmäßiger.
Man entschloß sich schließlich zur Aufstellung besonderer
Schiffsdeckkrane, die zwischen Luke und Bord aufgestellt wurden, so daß
sie mit geringer Ausladung von etwa 5 m sowohl über Bord wie in die
Luke reichen konnten.

Fig. 129 zeigt einen Schiffsdeckkran mit Dampfbetrieb, in der
Werkstätte montiert. In eine kreisrunde gußeiserne Grundplatte ist
eine Stahlsäule eingelassen, über die der drehbare Teil gestülpt ist.
Letzterer besteht aus einer Grundplatte und zwei Schilden, sowie einem
Querstück, alles aus Gußeisen. An den Schilden ist der aus Walzeisen
hergestellte Ausleger mit Gelenkbolzen befestigt. Zwei außen an die
Schilde angeschraubte Dampfzylinder arbeiten auf die Kurbelscheiben
der obersten Welle. Ein ausrückbares Stirnradpaar besorgt die
Kraftübertragung auf die Trommelwelle, ein Kegelräder-Wendegetriebe mit
Reibkupplungen treibt das Schwenkwerk an. Der Steuerstand befindet sich
auf dem drehbaren Kranteil; der Dampf wird von unten her in die hohle
Säule eingeführt und durch eine Drehstopfbüchse am oberen Ende der
Säule zu dem drehbaren Teil geleitet.

[Illustration: Fig. 128.]

[Illustration: Fig. 129.]

Die Dampfwinden und Dampfkrane werden über Deck verteilt so
aufgestellt, daß an jeder Luke zwei Winden oder zwei Krane zu stehen
kommen. Von der Kesselanlage, die stets in Mitte Schiff liegt, sind
Dampfleitungen nach oben zu führen und über das ganze Deck entlang
zu jeder Winde zu leiten. Dieses weit verzweigte Rohrnetz bildet
ein sehr lästiges Glied des Dampfbetriebes. Die Leitungen müssen in
engen Gängen untergebracht werden, sind daher schlecht zugänglich und
schwierig in Stand zu halten. Wenn die Leitung angestellt wird, dehnt
sie sich aus, wenn sie abgestellt wird, zieht sie sich wieder zusammen.
Die Folgen der schlechten Instandhaltung und des Temperaturwechsels
sind stets zahlreiche Undichtigkeiten, aus denen Dampf und Leckwasser
ausströmen und die Umgebung verunreinigen. In kaltem Klima frieren die
Rohrleitungen zuweilen ein. Besonders lästig sind die Dampfleitungen
in den Tropen, weil sie dort eine unerwünschte Heizanlage bilden, denn
trotz Isolierung geben die Rohre viel Wärme ab.

[Illustration: Fig. 130.]

Auch die Dampfwinden selbst haben grundsätzliche Mängel: ihre
Dampfmaschinen haben stets stoßenden Gang, weil sie ohne Schwungrad und
mit nassem Dampf arbeiten müssen, da in den Rohrleitungen viel Dampf
kondensiert. Wegen der Unvollkommenheit dieser kleinen Maschinen und
wegen des Kondensationsverlustes ist zudem der Dampfverbrauch ein ganz
unverhältnismäßig hoher.

Man hat daher schon seit langem versucht, an Stelle der Dampfverteilung
eine andere Kraftverteilung zu setzen. Die an Land so erfolgreichen
Druckwasser-Anlagen legten den Gedanken nahe, auch an Bord eine
Preßpumpe mit Akkumulator aufzustellen, an Stelle der Dampfleitungen
Druckwasserleitungen zu legen und die Winden bzw. Krane mit Druckwasser
zu betreiben. Dieser Gedanke ist in England schon sehr frühzeitig
verwirklicht worden. Auch in Deutschland wurden einige Schiffe mit
hydraulischen Kranen ausgerüstet.

[Illustration: Fig. 131.]

Fig. 130 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1904) zeigt einen von Hoppe
in Berlin ausgeführten hydraulischen Schiffsdeckkran im Schnitt und
Fig. 131 in seiner äußeren Erscheinung. Die Tragkraft beträgt 1,5 t,
der Hub 18 m, die Ausladung 5 m. Das Druckwasser wird mit sehr hoher
Pressung -- von 60 bis 100 Atmosphären regelbar -- zugeführt, um
mit kleinen Abmessungen der Rohre und Treibzylinder auszukommen. Ein
gußeiserner Bock bildet den feststehenden Teil des Krans; in diesem
Bock ist mittels Spurlager und Halslager der drehbare Teil gelagert,
der aus zwei Stahlgußschilden mit angehängtem Walzeisenausleger
besteht. Der Treibzylinder für das Hubwerk ist zentrisch zwischen den
Schilden untergebracht, die beiden Treibzylinder für das Schwenkwerk
sind an den feststehenden Bock geschraubt.

[Illustration: Fig. 132.]

Fig. 132 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1904) zeigt die Verteilung
der Krane über das Deck des Dampfers »Barbarossa« des Norddeutschen
Lloyd und das Rohrnetz. Die Dampfpumpe mit Akkumulator wird in Nähe
des Hauptmaschinenraumes aufgestellt; der Akkumulator wird nicht wie
sonst mit einem Gewicht, sondern durch einen unter Dampfdruck stehenden
Kolben belastet, um ein geringstes Eigengewicht der Anlage zu erzielen.

Die Druckwasserkrane haben den Dampfkranen gegenüber zwei Vorzüge:
sie arbeiten vollkommen geräuschlos und mit etwas geringerem
Dampfverbrauch. Das hydraulische Rohrnetz ist nicht so sehr dem
Temperaturwechsel unterworfen, ist daher leichter dicht zu halten; auch
heizt es nicht die Umgebung, friert allerdings im kalten Klima leichter
ein. Die Pumpenanlage erhöht das Gewicht beträchtlich, ist daher eine
unangenehme Zugabe. Eine weitere Verbreitung haben die Druckwasserkrane
auf Schiffen nicht gefunden, es ist vielmehr bei wenigen Ausführungen
geblieben.

Als zu Beginn der Neunziger Jahre die elektrisch betriebenen Kaikrane
eingeführt wurden, lag es nahe, auch an Bord elektrisch betriebene
Winden und Krane aufzustellen und diese von der vergrößerten
Beleuchtungszentrale aus zu betreiben, die ohnehin in jedes moderne
Schiff eingebaut wird. Die ersten Versuche dieser Art zeigten, daß
nur ganz besonders widerstandsfähige Elektromotoren und Anlasser dem
zerstörenden Einfluß des Seewassers auf die Dauer Trotz bieten können.
Immerhin gelang es, durch wasserdichte Einkapselung dieser Teile,
dieser Schwierigkeit Herr zu werden. Zuerst gelang es, brauchbare
elektrisch betriebene Winden herzustellen.

[Illustration: Fig. 133.]

Fig. 133 stellt zwei Winden mit Stirnradübertragung dar, die an Bord
des Reichspost-Dampfers »Prinz Heinrich« des Norddeutschen Lloyd im
Jahre 1896 von der Union-Elektrizitäts-Gesellschaft aufgestellt wurden.
Die Zugkraft beträgt 3 t, die Hubgeschwindigkeit 0,5 sekm Im ganzen
sind 6 Winden an Bord.

Auch die Konstruktion von elektrisch betriebenen Schiffsdeckkranen
wurde mit Erfolg versucht.

Fig. 134 zeigt einen derartigen Kran, ausgeführt von der
Union-Elektrizitäts-Gesellschaft. In eine feststehende gußeiserne
Grundplatte ist eine Stahlsäule eingelassen, über welche der drehbare
Teil gestülpt ist, der sich aus einer kreisförmigen Plattform aus
Gußeisen und zwei Blechschilden zusammensetzt. Der Ausleger besteht
aus einem Stahlrohr, welches durch zwei Drahtseile gehalten und
während der Fahrt abgenommen und an Deck verstaut wird. Auf der
Plattform sind zwei Elektromotoren montiert, von denen der eine
mittels Schneckenübertragung die Seiltrommel, der andere ebenfalls mit
Schnecke das Schwenkwerk antreibt. An Bord des Reichspost-Dampfers
»Bremen« des Norddeutschen Lloyd sind zwölf derartige Krane von
1,5 t Tragkraft und 0,55 sekm Hubgeschwindigkeit und vier Krane von 3 t
Tragkraft und 0,35 sekm im Jahre 1898 aufgestellt worden.

[Illustration: Fig. 134.]

Die ersten elektrisch betriebenen Schiffsdeckkrane waren insofern
unzweckmäßig gebaut, als sie ein viel zu großes Eigengewicht besaßen
und infolge der eingängigen Schnecke des Hubwerks einen unnötig großen
Stromverbrauch aufwiesen. Die Folge davon war, daß sie eine sehr starke
Zentrale erforderten. Das große Gewicht der Krane selbst und der
Zentrale war für den Schiffbau so unzweckmäßig, daß weitere Schiffe mit
elektrisch betriebenen Kranen bisher nicht mehr ausgeführt worden sind,
trotzdem die elektrischen Leitungen infolge ihrer leichten Verlegung,
geringen Raumbedarfs, geringer Wartungsbedürftigkeit, Reinlichkeit und
Unempfindlichkeit weit angenehmer als alle Rohrleitungen und namentlich
als Dampfleitungen sind.

Die Mängel der ersten Anlage würden sich indessen leicht
vermeiden lassen. Zunächst könnte man die Krane bei geschickter
Einzelkonstruktion um mindestens ein Drittel des Gewichtes leichter
herstellen und ihren Stromverbrauch ebenfalls um mindestens ein Drittel
vermindern, so daß die Zentrale ohnehin bedeutend kleiner sein könnte.
Ferner wird man in Zukunft die Dynamomaschinen der Zentrale nicht
durch Kolbendampfmaschinen sondern durch die bedeutend leichteren
Dampfturbinen antreiben. Das Gewicht der Zentrale wird infolgedessen
aus zwei Gründen geringer. All das zusammengenommen ergibt eine so
starke Verminderung des Gesamtgewichtes, daß gegenüber den Dampfkranen
kein wesentlicher Gewichtszuwachs mehr herauskommt.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse lassen sich am besten durch einen
Vergleich zwischen einer Dampfwindenanlage und einem elektrisch
betriebenen Schiffsdeckkran beleuchten, wobei indessen aber noch die
unvorteilhafte alte Konstruktion des letzteren zugrunde gelegt werden
soll.

                            Betrieb durch zwei     Betrieb durch einen
                           Dampfwinden und zwei   elektrisch betriebenen
                                 Spieren.              Schiffsdeckkran.

 Tragkraft                           1,5 t                 1,5 t
 Nutzbare Ausladung             10-8 + 2 m         5,5-3 + 2,5 m
 Hubgeschwindigkeit für
  1 t Last                           0,6 sekm            0,6 sekm
 Stundenlieferung                     25 t                25 t
 Bedienungsmannschaft                  2 Mann              1 Mann
 Eigengewicht                       7000 kg             7125 kg

                       mit Anteil an Rohrleitung    mit Anteil an Kabel
                                                    und an Turbodynamo

 Anlagekosten                       6500    M.          8375    M.
 Kohlenkosten für 1 t
  gehobene Last                        0,05 „              0,01 „
 Kohlenkosten für 1600
  Betriebsstunden im Jahr           1920    „            400    „
 Zinsen und Tilgung im
  Jahr                               975    „           1260    „
 Gesamtbetriebskosten im
  Jahr                              2895    „           1660    „
 Gesamtbetriebskosten für
  8 Luken auf 1 Schiff             23160    „          13280    „
 ----------------------------------------------------------------------
 Gewinn zugunsten des
 elektr. Betriebes für das
 ganze Schiff im Jahr          23160-13280 = rund 10000 M.

Der elektrische Betrieb hat sonach, auch vom wirtschaftlichen
Standpunkt aus betrachtet, Anwartschaft auf die Zukunft, vorausgesetzt,
daß die Krane in der Einzelkonstruktion zweckmäßiger durchgebildet
werden, als dies bisher geschehen ist.


b) Die Hebemaschinen auf Kriegsschiffen.

Auf Kriegsschiffen trat das Bedürfnis nach Hebemaschinen sehr viel
später auf als auf Handelsschiffen, weil auf ersteren Mannschaften
ohnehin stets zur Verfügung standen. Solange die Kriegsschiffe aus
Holz gebaut wurden -- und das geschah auch nach Einführung des
Dampfbetriebes noch -- waren die Abmessungen der Schiffe selbst, ihrer
Boote, Anker und Geschütze so klein, daß die Anker und Boote durch
Gangspille (Fig. 135, entnommen aus dem »Atlas des Seewesens« von
Werner), die Geschütze durch Rollenzüge bewegt werden konnten. Man
machte zwar sehr bald den Versuch, einzelne Kriegsschiffe aus Eisen zu
bauen, machte aber sehr schlechte Erfahrungen damit, da ungepanzerte
eiserne Schiffe durch Geschosse sehr schwere Verletzungen erlitten, die
sich nicht wie bei den Holzschiffen leicht flicken ließen.

[Illustration: Fig. 135.]

Eine neue Zeit begann im Kriegsschiffbau erst mit der Einführung des
Panzers. Im Jahre 1858 wurde das erste Panzerschiff, die »Gloire«
erbaut. Von nun an wuchsen die Abmessungen der Schiffe, der Geschütze,
der Anker und Boote bald so sehr, daß an eine Bewegung dieser Lasten
auch durch eine große Zahl von Menschenkräften nicht mehr zu denken
war. Während im Jahre 1870 das stärkste Panzerschiff der deutschen
Flotte, der »König Wilhelm« eine Wasserverdrängung von rund 6000 t
besaß, sind moderne Linienschiffe bei einer Wasserverdrängung von
16000 t angelangt; auf Stapel werden bereits Linienschiffe von 18000 t
gelegt.

Zuerst begann man, die Gangspille durch Dampfankerspille zu ersetzen,
dann trat die Notwendigkeit auf, Maschinen zum Drehen der Geschütztürme
und zum Aufziehen der Munition aus den Munitionsräumen in die
Geschütztürme einzubauen. Diese Maschinen sind so sehr Sondermaschinen,
daß sie kaum mehr in das Gebiet der allgemeinen Hebemaschinen fallen.

Dagegen stellt der Betrieb an Bord zwei Aufgaben, die auch vom
allgemeinen Gesichtspunkt aus ein besonderes Interesse bieten: die
Konstruktion von Bootskranen und von Kohlenwinden. Diese beiden
Aufgaben sind grundverschiedener Natur; die erste befaßt sich mit
Schwerlasten, die zweite mit sehr geringen Lasten, die möglichst
schnell bewegt werden sollen.


1. Bootskrane.

Die Besonderheit dieser Maschinen besteht darin, daß die vollständig
ausgerüstete und bemannte Dampfbarkasse mit solcher Geschwindigkeit
gehoben werden muß, daß die nachfolgende Welle den Boden der Barkasse
nicht mehr trifft. Die hierzu erforderliche Geschwindigkeit beträgt
erfahrungsgemäß 0,2 sekm. Das Gewicht einer modernen Barkasse ist
bereits bis auf 16 t gesteigert worden. Es ist daher beim Heben der
Barkasse eine Leistung von 16000 · 0,2/75 = rund 50 PS zu leisten.

Ursprünglich half man sich in der Weise, daß man an den Raaen oder an
besonderen Spieren Rollenzüge aufhing und die Taue derselben durch
Dampfwinden einholte. Dieses Verfahren läßt aber nur eine unvollkommene
Seitwärtsbewegung der Barkasse zu. Neuerdings ist man daher allgemein
dazu übergegangen, besondere Krane für diesen Zweck aufzustellen.

Fig. 136 stellt einen Bootskran mit Dampfbetrieb der deutschen
Linienschiffe aus den Neunziger Jahren dar. Der Kran selbst besteht
aus einem gebogenen Blechträger, dessen lotrechter Teil in einem
Halslager und einem Kugelspurlager an dem Deckaufbau gelagert ist.
Die Dampfmaschine für das Schwenkwerk ist unmittelbar neben dem
Kran gelagert, die Dampfwinde des Hubwerks ist etwas abseits davon
aufgestellt, die beiden Drahtseile werden von zwei getrennten
Seiltrommeln gleichzeitig aufgewunden.

Fig. 137 (entnommen aus Roedder: »Die elektrischen Einrichtungen
moderner Schiffe«) zeigt einen Bootskran mit elektrischem Betrieb, wie
sie auf den amerikanischen Linienschiffen »Kearsarge« und »Kentucky«
im Jahre 1899 eingebaut wurden. Die Anordnung des Kranes selbst ist
die gleiche wie vorher. Dagegen ist hier sowohl das Hubwerk wie das
Schwenkwerk auf einer Plattform aufgestellt, die sich mit dem Kran
dreht. Beide Triebwerke werden durch einen Elektromotor angetrieben,
der abwechselnd auf das Hubwerk und auf das Schwenkwerk geschaltet
werden kann. Diese Einrichtung genügt vollständig, da das Schwenken
doch erst dann geschehen kann, wenn die Barkasse vollständig bis an
Bord gehoben ist.

[Illustration: Fig. 136.]

[Illustration: Fig. 137.]

Die Hauptschwierigkeit bei der Konstruktion dieser Bootskrane liegt
darin, daß ein möglichst geringes Eigengewicht und eine möglichst
gedrängte Aufstellung bei gleichzeitig großer Leistung verlangt wird.
Der elektrische Betrieb kann diese Anforderungen zweifellos eher
erfüllen als der Dampfbetrieb; die dargestellte Ausführung kann als
befriedigende Lösung indessen nicht betrachtet werden; bei geschickter
Einzelkonstruktion läßt sich ein weit gedrängterer und einfacherer
Aufbau erzielen.


2. Kohlenwinden.

Aus strategischen Gründen muß die zum Kohlen-Einnehmen erforderliche
Zeit auf das äußerste abgekürzt werden. In erster Linie steht daher
die Forderung, mit möglichst großer Geschwindigkeit zu arbeiten. Die
Hauptschwierigkeit besteht dabei darin, daß die Arbeit auf einem
sehr beengten Raum vorgenommen werden muß; es werden also diejenigen
Maschinen sich am geeignetsten erweisen, die am wenigsten Raum in
Anspruch nehmen. Eine selbstverständliche Forderung ist die nach
geringstem Eigengewicht der erforderlichen Maschinen. Die Ersparnis
von Menschenkräften ist erwünscht, aber von geringerer Bedeutung. Die
Ersparnis von Kohlen erscheint als nebensächlich im Vergleich zu den
anderen Forderungen.

Ursprünglich arbeitete man ausschließlich mit Handbetrieb. Das zu
kohlende Schiff wurde in freiem Wasser vertaut, so daß sich die
Kohlenprähme rings herum an das Schiff legen konnten, um an möglichst
vielen Stellen gleichzeitig zu arbeiten. An geeigneten Stellen der
Takelage wurden Seilrollen so aufgehangen, daß das herabhängende Seil
einerseits schief in den Prahm, anderseits schief in die Kohlenluke
reichen konnte. Die Kohlen wurden in den Prähmen in Körbe von etwa
75 kg Inhalt geschaufelt, der Korb an den Haken gehangen und das Seil
von Hand hochgezogen, der Korb über der Luke umgekippt und leer wieder
in den Prahm hinuntergelassen, um mit einem gefüllten vertauscht
zu werden. Das Lästigste bei diesem Verfahren liegt darin, daß die
Mannschaft, die am Seil zieht, der anderen im Wege steht und daß
dadurch die Zahl der gleichzeitig arbeitenden Züge sehr beschränkt ist.
Dieser Umstand und die mäßige Geschwindigkeit, die höchstens 1 sekm
erreicht, lassen nur eine geringe Leistungsfähigkeit zu.

Später ging man dazu über, die Seile durch die Spillköpfe der
Dampfwinden einzuholen, die für verschiedene Zwecke ohnehin
vorhanden sind. Der Spillkopf erlaubt ein rasches Arbeiten, weil das
Stillhalten der Last einfach durch geringes Lockern des abgehenden
Seils, das Senken durch vollständiges Nachlassen des Seils erzielt
wird, während der Spillkopf sich stetig weiter dreht. Es entsteht
daher kein Zeitverlust durch Umsteuern der Dampfmaschine. Zur
entsprechenden Handhabung des vom Spillkopf ablaufenden Seils muß bei
dem Spillkopf ein Mann für diesen Zweck ganz zur Verfügung stehen. Die
Hubgeschwindigkeit ist auf 1 sekm beschränkt, wenn man nicht einen
umgekehrten Rollenzug einschalten will, der die Geschwindigkeit auf das
Doppelte erhöht, aber die Seilführung umständlicher gestaltet. Da die
Dampfwinden nur in beschränkter Zahl aufgestellt werden können, so ist
auch hier die Zahl der gleichzeitig arbeitenden Spillköpfe an eine enge
Grenze gebunden, und infolgedessen die Leistungsfähigkeit nicht über
ein gewisses Maß steigerbar.

[Illustration: Fig. 138.]

Eine Hebemaschine, die besonders zum Kohlen von Kriegsschiffen
konstruiert wurde, ist der sog. »Temperley-Transporter«: Fig. 138.
Er bezweckt nicht nur die Hebung sondern auch eine Seitwärtsbewegung
der Last. Ein [Symbol: I] Träger wird mittels Drahtseilen in solcher
Schräglage in der Takelage aufgehangen, daß sein unteres Ende über dem
Kohlenprahm, sein oberes über der Kohlenluke des Kriegsschiffes liegt.
An dem Unterflansch dieses Trägers ist eine Laufkatze aufgehangen; das
Lastseil führt über eine Seilrolle an der Laufkatze, von hier an der
Laufbahn entlang bis zum höchsten Punkt und über eine zweite Seilrolle
an dieser Stelle zur Dampfwinde. Der Vorgang beim Heben spielt sich
nun folgendermaßen ab: Die Laufkatze steht an tiefster Stelle ihrer
Laufbahn, der Haken ist in den Prahm hinabgelassen. Sobald die
Dampfwinde anzieht, steigt die Last in die Höhe und zwar soweit bis sie
an der Laufkatze anstößt. Der Lasthaken klinkt sich nun selbsttätig an
der Laufkatze fest, die Laufkatze läuft dem Zuge des Seils folgend an
der Laufbahn entlang bis zum höchsten Punkt und klinkt sich dort mit
einem selbsttätigen Riegel an der Bahn fest. Läßt nun die Dampfwinde
das Seil nach, so senkt sich der Lasthaken lotrecht nach abwärts in die
Kohlenluke, während die Laufkatze am höchsten Punkt der Bahn stehen
bleibt. Nachdem die Last abgehangen ist, zieht die Dampfwinde wieder
an, der leere Haken steigt lotrecht in die Höhe und klinkt sich
schließlich an der Laufkatze fest. Läßt nun die Dampfwinde das Seil
wieder nach, so löst sich selbsttätig die Verrieglung der Laufkatze,
letztere rollt an der Laufbahn abwärts bis zum tiefsten Punkt, der
leere Haken wird frei und senkt sich in den Prahm, worauf das Spiel von
neuem beginnt.

Der Erfolg dieser Maschine liegt weniger darin, daß die Last außer
der lotrechten Bewegung auch eine Seitwärtsbewegung vollzieht -- denn
die seitliche Entfernung des Prahms von der Luke beträgt in der Regel
nur wenige Meter -- als vielmehr darin, daß für den Betrieb dieser
Laufbahnen besondere Dampfwinden gebaut wurden, die sehr rasch, sicher
und ruhig arbeiten.

[Illustration: Fig. 139.]

Wie Fig. 139 zeigt, ist bei dieser Dampfwinde die Seiltrommel
unmittelbar auf die Kurbelwelle gesetzt, so daß alle Stirnräder
fortfallen. Die Tourenzahl der Dampfmaschine ist infolgedessen geringer
als bei den üblichen Schiffswinden, und die Dampfmaschine arbeitet
daher sehr ruhig. Mit dieser Winde lassen sich Hubgeschwindigkeiten von
2 bis 3 sekm erzielen.

       *       *       *       *       *

Zur Erzielung einer großen Leistung ist es notwendig, an möglichst
vielen Stellen gleichzeitig zu arbeiten, die zur Verfügung stehende
Kraft also weitgehend zu verteilen. Neuere Bestrebungen laufen daher
darauf hinaus, die elektrische Kraftverteilung zum Kohlen der Schiffe
heranzuziehen, die wie keine andere eine weitverzweigte Verteilung
der Energie gestattet. Elektrisch betriebene Winden lassen sich
viel gedrängter bauen als Dampfwinden, und man ist nicht wie bei
diesen der Rohrleitungen wegen gezwungen, die Winde auf das Deck zu
schrauben, man kann vielmehr elektrische Winden ohne weiteres in der
Takelage aufhängen. Die Winden werden mit einem gewöhnlichen Rollenzug
hochgewunden; die Stromzuführung besorgt ein biegsames Kabel, der
Anlasser wird an der Reeling oder sonst an passender Stelle befestigt.
Natürlich wäre es verkehrt, derartige Hängewinden als Spillkopfwinden
zu bauen, weil Spillköpfe nur dann gut arbeiten, wenn der Seilführer
unmittelbar daneben steht. Es liegt auch gar kein Bedürfnis vor, bei
elektrischem Betrieb mit Spillkopf zu arbeiten, weil ja gerade eine
rasche Umsteuerung bei keiner Maschine so leicht ausführbar ist wie
beim Elektromotor.

[Illustration: Fig. 140a.]

Das Drahtseil muß vielmehr an einer Seiltrommel von etwa 300 mm
Durchmesser und 200 mm Breite befestigt werden, die vom Elektromotor in
beliebiger Drehrichtung angetrieben wird, so daß ein Aufbau entsteht,
wie ihn Fig. 140a zeigt. Als Motor wird ein Hauptstrommotor gewählt,
der die Last mit 2 sekm Geschwindigkeit hochzieht und den leeren Haken
mit 3 sekm hebt und senkt.

Eine derartige gedrängt gebaute Hängewinde nimmt während des Kohlens
an Deck überhaupt keinen Platz fort und kann während der Fahrt leicht
verstaut werden. Die Zahl der gleichzeitig arbeitenden Winden kann
gegenüber den bisherigen Dampfwinden auf das Doppelte gesteigert
werden. Die Leistungsfähigkeit wächst aus zwei Gründen: wegen der
erhöhten Geschwindigkeit und wegen der vermehrten Zahl von Winden.
Für die Steuerung der Winde genügt ein einziger Mann am Anlasser, der
gleichzeitig beim Entleeren des Korbes mithelfen kann. Fig. 140b und
140c stellen die Aufhängung derartiger Hängewinden in der Takelage dar.

[Illustration: Fig. 140b.]

[Illustration: Fig. 140c.]

       *       *       *       *       *

Die geschilderten Verfahren sind sämtlich nur anwendbar, wenn das
Schiff im Hafen oder wenigstens in ruhigem Wasser liegt. Ein noch
ungelöstes Problem besteht in dem Kohlen von Kriegsschiffen auf
hoher See. Der Seegang schließt es dabei aus, daß der Kohlendampfer
unmittelbar an das Kriegsschiff anlegen kann. Es ist vielmehr
notwendig, daß das Kriegsschiff den Kohlendampfer ins Schlepptau nimmt
und daß die Kohlenübernahme während des Schleppens geschieht.

[Illustration: Fig. 141.]

Der erste Versuch dieser Art wurde 1899 von der amerikanischen Marine
gemacht. Das Linienschiff »Massachusetts« schleppte nach einem Bericht
der »Engineering News« 1900, S. 220, mit einer Geschwindigkeit von 5
bis 6 Seemeilen einen Kohlendampfer in einer Entfernung von 90 bis
120 m. Außer der Schlepptrosse war von dem Heck des Kriegsschiffes
nach dem Vormast des Kohlendampfers noch ein zweites Drahtseil durch
die Luft gespannt, welches als Laufbahn für eine Laufkatze diente,
die durch ein drittes Drahtseil vermittelst einer Dampfwinde mit
5 sekm Geschwindigkeit hin und her gezogen wurde. An die Laufkatze
wurden die Kohlensäcke von Hand angehangen. Es kam nun darauf an,
das Tragseil trotz der Bewegungen der Schiffe möglichst gleichmäßig
gespannt zu halten. Bei diesem Versuch wurde die Spannung dadurch
erzeugt, daß an das Tragseil ein Lenzsack angehangen wurde, das heißt
ein trichterförmiger, im Wasser mit der Öffnung nach vorn schwimmender
Sack. Die durch die Fahrt hervorgerufene Strömung suchte den Lenzsack
mitzunehmen und spannte dadurch das Tragseil.

Bei diesem Versuch wurden stündlich nur 20 t Kohlen übergenommen,
während der Kohlendampfer 3½ t und das Linienschiff etwa 5 t Kohlen
stündlich für die eigene Fahrt verbrauchten, so daß die wirkliche
Nutzleistung nur 20 - 3½ - 5 = 11½ t in der Stunde betrug.

[Illustration: Fig. 142.]

Ein ähnlicher Versuch wurde ein paar Jahre später von der englischen
Marine mit einer Konstruktion der Temperley Transporter Co. ausgeführt.
Das Linienschiff »Trafalgar« schleppte, wie Fig. 141 zeigt, einen
Kohlendampfer in einem Abstand von 90 bis 120 m, wobei von seinem Mast
nach dem des Dampfers ein Tragseil gespannt war. Die Laufkatze mit
vier Kohlensäcken wurde durch ein Zugseil hin und her bewegt, dessen
beide Stränge durch zwei Dampfwinden gezogen wurde; das Tragseil wurde
durch eine dritte Dampfwinde gespannt gehalten. Letztere Winde sowie
eine der beiden Zugseilwinden waren mit einer selbsttätigen Steuerung
ausgerüstet, die für Gleichhaltung der Seilspannung sorgte. Das
Zugseil griff nicht unmittelbar an der Laufkatze an, sondern bewegte
dieselbe mittels eines eingeschalteten Rollenzuges in der Weise,
daß die Geschwindigkeit der Laufkatze doppelt so groß war als die
Seilgeschwindigkeit.

Bei den Versuchen soll die Laufkatze eine Geschwindigkeit von 15 sekm
erreicht haben, so daß alle 45 Sekunden ein Hub ausgeführt wurde. Die
Laufkatze trug dabei vier Kohlensäcke; die erzielte Stundenleistung
soll 30 t betragen haben, wobei die Schiffe mit einer Fahrt von 10
Seemeilen liefen.

[Illustration: Fig. 143.]

Fig. 142 zeigt die Entladestation auf dem Heck des Linienschiffes. Das
Tragseil war über eine Tragrolle geführt, die in einem senkrechten
Ständer geführt war. Sobald die Laufkatze eingetroffen war, wurde diese
Tragrolle durch eine Winde gesenkt und das Tragseil dadurch dem Deck
genähert, so daß die Säcke bequem abgenommen werden konnten.

Bei den erwähnten beiden Versuchen fuhr die Laufkatze auf dem Tragseil
beladen hin und leer zurück; die mit einem Zug beförderte Last konnte
nicht sehr groß sein, weil sonst ein übermäßig schweres Tragseil
notwendig gewesen wäre; während des leeren Rücklaufs wurde überhaupt
nichts gefördert. Trotz der großen Fahrgeschwindigkeit konnte daher die
Leistung nur eine geringe sein.

Weit aussichtsreicher wird eine Anordnung sein, welche zwei Tragseile
verwendet, von denen das eine zur Hinförderung der gefüllten Säcke
und das andere zur Rückförderung der leeren Säcke dient. Es wird dann
möglich, eine größere Zahl von leichten Säcken in gleichmäßigen
Abständen an das Seil zu hängen, und außerdem wird die Zeit für den
leeren Rücklauf erspart. Die Förderung wird aus einer unterbrochenen zu
einer stetigen.

[Illustration: Fig. 144.]

Ein Versuch dieser Art wurde im Jahre 1904 in der deutschen Marine
ausgeführt. Der Kreuzer »Prinz Heinrich« schleppte einen Kohlendampfer,
Fig. 143, wobei außer der Schlepptrosse noch zwei zu einem endlosen
Seil verbundene Tragseile zwischen den beiden Schiffen gespannt
waren. Dieses Tragseil wurde hier gleichzeitig als Zugseil benutzt
-- Fig. 144 --, so daß nur ein einziges endloses Seil erforderlich
war, das durch einen Elektromotor in stetigen Umlauf gesetzt wurde.
Dieses Seil wurde durch einen hydraulischen Zylinder in gleichmäßiger
Spannung gehalten (Fig. 145). Die Säcke faßten 50 kg Kohlen. Infolge
ungenügender Vorbereitung des Versuches wurde bei diesem Versuch nur
eine Stundenleistung von 10 t erzielt, während bei entsprechender
Vorbereitung und Durchbildung aller Einzelheiten eine Leistung von
etwa 40 t zu erwarten gewesen wäre. Das Grundsätzliche dieser von Leue
angegebenen Anordnung: die stetige Förderung an Stelle des früher
versuchten Hin- und Rücklaufs muß jedenfalls als richtig bezeichnet
werden.

[Illustration: Fig. 145.]

[Illustration]



[Illustration]



F.

Schiffs-Hebewerke.


Die Schleuse, das einfachste Mittel, um Schiffe aus einem tiefer
liegenden Kanal in einen höher liegenden zu heben, ist bereits eine
Erfindung des Mittelalters.

Fig. 146 (entnommen aus Beck) ist eine Skizze von Vittoria Zonca,
die eine bei Padua gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbaute Schleuse
darstellt. Man sieht deutlich, daß die Schleusenkammer sowohl gegen
die obere wie gegen die untere Haltung durch Tore abgesperrt werden
kann, so daß das Schiff bei geöffnetem Untertor aus der unteren
Haltung in die Schleuse einfahren und nach Schluß des Untertores und
darauffolgende Öffnung des Obertores in die obere Haltung ausfahren
kann.

[Illustration: Fig. 146.]

Derartige Schleusen sind mit geringen Mitteln auszuführen, solange
die obere Haltung in geringer Höhe über der unteren liegt. Übersteigt
der Unterschied in den Wasserspiegeln die Höhe von 5 m, so müssen
die Mauern und Untertore der Schleuse so stark werden, daß die
Anlagekosten unverhältnismäßig mit der Höhe des Spiegelunterschiedes
zunehmen.

Fig. 147 zeigt in einem Schaubild dieses Wachstum. Der
Spiegelunterschied ist als Abszisse aufgetragen, die zugehörige
Ordinate gibt die Anlagekosten an und zwar für eine Schleuse, die
normale Kanalschiffe von 600 t Tragkraft aufnehmen kann.

Mit zunehmender Hubhöhe macht sich auch ein anderer Nachteil der
Schleuse zusehends mehr geltend: der hohe Wasserverbrauch. Die Hebung
des Schiffes um h Meter entspricht einer Nutzarbeit gleich der
Wasserverdrängung des Schiffes mal der Hubhöhe. Die zum Füllen der
Schleusenkammer erforderliche Wassermenge ist dagegen gleichwertig
einer Arbeit gleich der lichten Grundfläche der Schleuse mal der halben
Hubhöhe. In das Schaubild Fig. 147 ist sowohl die Nutzarbeit wie die
Gesamtarbeit als Ordinate zu jeder Hubhöhe eingetragen; beide Arbeiten
wachsen proportional mit der Hubhöhe, aber die Gesamtarbeit -- d. h.
der Wasserverbrauch -- sehr viel schneller als die Nutzarbeit. Der
Unterschied beider Arbeiten bedeutet den nutzlosen Wasserverlust.

[Illustration: Fig. 147.]

Man hat die Anlagekosten durch den Bau von Schlachtschleusen zu
vermindern gesucht und war bestrebt, den Wasserverbrauch durch die
Anlage von Sparschleusen zu verringern, hat aber dadurch die Nachteile
der Schleuse nur mildern aber nicht beseitigen können. Schleusen mit
mehr als 10 m Hub sind bisher nicht ausgeführt worden; die Sparschleuse
von La Villette im St. Deniskanal in Frankreich mit 9,9 m Hub --
vollendet 1891 -- ist bisher nicht überholt worden. Diese Schleuse
kann Schiffe von 1100 t Tragkraft aufnehmen; der Wasserverbrauch für
einen Hub beträgt 3173 cbm, die Anlagekosten beliefen sich auf
1480000 M. Man hat sich vielmehr bei größeren Hubhöhen durch Anlage von
Schleusentreppen, d. h. mehreren hintereinander geschalteten Schleusen
zu helfen gesucht, die aber sehr kostspielige Anlagen darstellen, deren
Betrieb umständlich und zeitraubend ist.

Schon frühzeitig wurden die Mängel der Schleusen für größeren Hub
erkannt und man hat sich bemüht, wirtschaftlichere Hebewerke an ihre
Stelle zu setzen. Die bisher ausgeführten und in Vorschlag gebrachten
Hebewerke lassen sich in drei grundsätzlich verschiedene Gruppen ordnen:

1. in lotrechte Hebewerke oder ~Trogaufzüge~,

2. in geneigte Hebewerke mit Naßförderung oder ~Trogbahnen~,

3. in geneigte Hebewerke mit Trockenförderung oder ~Schiffsbahnen~.


a) Trogaufzüge.

(Lotrechte Hebewerke.)

Der Trogaufzug besteht im wesentlichen aus einem wassergefüllten
eisernen Trog, der an beiden Enden mit Schleusentoren ausgerüstet
ist und in einer lotrechten Führung so beweglich ist, daß bei der
tiefsten Stellung des Troges der Wasserspiegel der unteren Haltung in
gleicher Höhe mit dem Wasserspiegel des Troges steht, und daß in seiner
höchsten Stellung Spiegelgleichheit mit der oberen Haltung entsteht.
Die beiden Kanalhaltungen müssen gleichfalls mit Schleusentoren
versehen sein. Der Vorgang ist nun folgender: der Trog befindet sich
in seiner tiefsten Stellung, alle Tore sind vorerst geschlossen. Durch
eine Gummidichtung wird der Trog mit der unteren Haltung wasserdicht
verbunden. Nun wird das Tor der unteren Haltung und das zugehörige
Trogtor in die Höhe gezogen: das Schiff kann von der unteren Haltung in
den Trog einfahren. Sobald dies geschehen ist, werden die beiden Tore
geschlossen und die Gummidichtung gelöst. Der wassergefüllte Trog mit
dem darin schwimmenden Schiff wird nun durch Maschinenkraft bis in die
höchste Stellung gehoben. Der Trog wird jetzt durch eine Gummidichtung
mit der oberen Haltung wasserdicht verbunden, das Tor der oberen
Haltung und das zugehörige Trogtor werden geöffnet, das Schiff fährt
aus dem Trog in die obere Haltung. Ist das Eigengewicht des Troges
und das Gewicht seiner Wasserfüllung durch ein an Ketten hängendes
Gegengewicht ausgeglichen, so sind beim Heben des Troges lediglich
Reibungswiderstände zu überwinden, die bei zweckmäßiger Ausführung
sehr klein sind und durch eine Mehrfüllung des niedergehenden Troges
um 20 bis 30 cm Wasserhöhe überwunden werden. Steigt der Trog mit
einem Schiff hoch, und geht er ohne Schiff herunter, so ist der
beim Niedergang entstandene Wasserverbrauch nicht größer als die
Wasserverdrängung des gehobenen Schiffes. Es ist also hinsichtlich des
Wasserverbrauches der Trogaufzug einer Schleuse weit überlegen.

Der Vorgänger des Trogaufzuges war eine Vorrichtung, die zu Freiburg
ausgeführt war und darin bestand, daß Schiffe von kleinen Abmessungen
mittels Ketten aus der oberen Haltung lotrecht herausgehoben und in
die untere Haltung lotrecht hinabgelassen wurden (Hagen, Handbuch der
Wasserbaukunst, 4. Band, 1874).

Als Erfinder des Trogaufzuges darf Dr. James Anderson zu Edinburgh
angesehen werden, der 1796 einen derartigen Aufzug für den
~Grand-Western-Kanal~ entwarf. Zur Ausführung kam dieser Entwurf
mit Abänderungen erst im Jahre 1838. Eine eingehende Beschreibung
dieser Ausführung mit guten Darstellungen findet sich in den
Transactions of the institution of Civil Engineers aus dem Jahre 1838,
2. Band.

[Illustration: Fig. 148.]

Wie Fig. 148 (entnommen aus dem Handbuch der Ingenieur-Wissenschaften
3. Band, 2. Abt., 2. Hälfte) zeigt, war bei diesem Hebewerk ein
aufgehender Schiffstrog mit einem niedergehenden durch drei
Gelenkketten gekuppelt, die über drei Kettenräder von 4,8 m Durchmesser
liefen und auf einer durchgehenden Welle von 250 mm Durchmesser
aufgekeilt waren. Die Schiffströge waren ganz aus Holz konstruiert und
wurden in gemauerten Schächten lotrecht geführt. Die Abmessungen waren
sehr gering:

Tragkraft der Schiffe = 8 t, -- Hub des Aufzuges = 14 m.

Die vollständige Durchfahrt eines Schiffes beanspruchte 3 Minuten.

Einen großen Fortschritt gegenüber dieser ersten kleinen Anlage bildete
die Ausführung des Trogaufzuges zu ~Anderton~ am Flusse Weaver in
England, die im Jahre 1875 dem Verkehr übergeben wurde.

Nach dem Vorschlag von Edwin Clark wurden die beiden Schiffströge
nicht an Ketten aufgehangen, sondern auf den Stempeln von zwei
Druckwasser-Zylindern befestigt, die durch ein Rohr unter sich
verbunden waren, so daß eine hydraulische Gewichtsausgleichung
entstand. Der von Clark mit dem Studium der Einzelheiten und der
Überwachung der Herstellung beauftragte Ingenieur Duer gab eine
ausführliche Beschreibung in der Sitzung der Institution of Civil
Engineers vom März 1876.

[Illustration: Fig. 149.]

Fig. 149 (entnommen aus dem Handbuch der Ingenieur-Wissenschaften 3.
Band, 2. Abt., 2. Hälfte) stellt die Gesamtanordnung dar. Die obere
Haltung ist als eiserne Brücke ausgeführt und führt über einen Arm
des Flusses zu der Insel, auf welcher der Trogaufzug aufgestellt ist.
Die Tröge sind ganz aus Eisen konstruiert und führen sich an je vier
gußeisernen Säulen. Die Druckwasserzylinder und ihre Stempel sind aus
Gußeisen hergestellt; die Wandstärke der Zylinder beträgt 70 mm.

Die Abmessungen sind gegenüber der Ausführung am Grand-Western-Kanal
bedeutend vergrößert, da die Tragkraft der Schiffe das Zehnfache
beträgt.

    Tragkraft der Schiffe                     100 t
    Hub des Aufzuges                           15 m
    Gewicht des gefüllten Troges              240 t
    Durchmesser des Stempels                  915 mm
    Wasserpressung im Zylinder                 37 Atm.
    Anlagekosten der Eisenteile            596000 M.
    Anlagekosten der Gründung              384000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                      8 Minuten
    Betriebskosten einer Durchfahrt
      bei vollem Betrieb, ohne Zinsen
      und Tilgung                               0,30 M.

Der diesem Hebewerk zugrunde liegende Gedanke wurde in größerem
Maßstabe bei dem Trogaufzug von ~Les Fontinettes~ an dem Kanal von
Neufossé in Nordfrankreich im Jahre 1888 verwirklicht.

Wie Fig. 150 und 151 (entnommen aus Riedler, »Schiffshebewerke«)
zeigen, werden die beiden eisernen Tröge hier nicht an ihren Ecken
durch gußeiserne Säulen, sondern in ihrer Mitte an gemauerten Türmen
geführt. Die Druckwasserzylinder sind aus aufeinandergesetzten
gewalzten Ringen von 55 mm Dicke und 140 mm Höhe hergestellt, die durch
eine innenliegende Kupferhaut von 2½ mm Stärke gedichtet werden. Die
Stempel sind aus Gußeisen ausgeführt. Die Anlage ist ausgeführt vom
Etablissement Cail und wie die folgende beschrieben von Fréson in der
Revue universelle des Mines 1886.

[Illustration: Fig. 150.]


~Abmessungen des Aufzuges~:

    Tragkraft der Schiffe                300 t
    Hub des Aufzuges                      13 m
    Gewicht des gefüllten Troges         800 t
    Durchmesser des Stempels            2000 mm
    Wasserpressung im Zylinder            25 Atm.
    Anlagekosten der Eisenteile       486000 M.
    Anlagekosten der Gründung         364000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                15 Minuten

In dem gleichen Jahre (1888) wurden fünf ganz ähnliche Trogaufzüge zu
~La Louvière~ am Canal du Centre in Belgien in Betrieb gesetzt,
die von der Société Cockerill ausgeführt worden waren. Bei dieser
Anlage sind die eisernen Tröge an gleichfalls eisernen Türmen geführt
Fig. 152a; die beiden Türme in Trogmitte nehmen die Längskräfte auf,
die vier Türme an den Enden die Querkräfte. Die Druckwasserzylinder
sind aus Gußeisen mit 100 mm Wandstärke hergestellt und auf ihrer
ganzen Länge durch aufgeschrumpfte Stahlringe von 50 mm Dicke und
152 mm Höhe verstärkt.

[Illustration: Fig. 151.]


~Abmessungen der Anlage~:

    Tragkraft der Schiffe                  400 t
    Hub des Aufzuges                        15 m
    Gewicht des gefüllten Troges          1050 t
    Durchmesser des Stempels              2000 mm
    Wasserpressung im Zylinder              34 Atm.
    Anlagekosten der Eisenteile         696000 M.
    Anlagekosten der Gründung           324000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                  15 Minuten

Fig. 152b (entnommen aus Fréson: »Ascenseurs hydrauliques«) gibt
einen Blick von der oberen Haltung aus. Der Trog auf der linken Seite
befindet sich in tiefster Stellung, die Verbindung mit der unteren
Haltung ist durch Hochziehen der Tore hergestellt, ein Schiff fährt
aus dem Trog in die untere Haltung. Der Trog auf der rechten Seite hat
seine höchste Stellung eingenommen, man sieht den Stempel, auf dem der
Trog ruht, und die Eisenkonstruktion des Troges sowie die Führungstürme
aus Gitterwerk.

[Illustration: Fig. 152a.]

[Illustration: Fig. 152b.]

Aus neuester Zeit stammt das Hebewerk zu ~Henrichenburg~ am
Dortmund-Ems-Kanal, das Schiffe von 600 t Tragkraft heben kann und
im August 1899 dem Betrieb übergeben wurde. Im Gegensatz zu den
vorhergehenden sind nicht zwei Tröge vorhanden, deren Gewichte
sich durch Vermittlung von zwei Druckwasserzylindern gegenseitig
ausgleichen, sondern der Trog ruht auf fünf Schwimmern, die sich in
fünf wassergefüllten Schächten auf und nieder bewegen.

Fig. 153 (entnommen aus Riedler, »Schiffshebewerke«).

[Illustration: Fig. 153.]

Zu dieser Anordnung war man gekommen, weil für die schweren hier zu
hebenden Schiffe ein Druckwasserzylinder so gewaltige Abmessungen
erfordert hätte, daß der Betrieb gefährlich und die Anlage allzu
unwirtschaftlich ausgefallen wäre. Den Stempeln gegenüber boten die
Schwimmer den Vorteil, daß sie mit Spielraum in ihren Schächten sich
bewegen konnten, also keiner Dichtung bedurften.

Allerdings wurde nun eine Vorkehrung erforderlich, die einerseits
die wagerechte Lage des Troges, der auf den darunter liegenden
Schwimmern in labilem Gleichgewicht ruht, in jeder Trogstellung mit
Sicherheit aufrecht erhielt und die anderseits bei einem etwaigen
Auslaufen des Troges die nun frei werdende, nach oben gerichtete
Auftriebskraft der Schwimmer unschädlich auffangen konnte. Diese
Vorkehrung wurde nach dem Vorschlag des Ingenieurs Jebens in Gestalt
von vier senkrechten Schraubenspindeln ausgeführt, die an den Ecken
des Troges so gelagert und so stark sind, daß sie den nach oben
gerichteten Auftrieb der Schwimmer aufnehmen können, wenn der Trog
sich entleeren sollte. Diese vier Schraubenspindeln sind durch eine
Wellen- und Kegelräderübertragung unter sich so verbunden, daß die
am Trog befestigten Muttern der Spindeln stets gleichmäßig auf und
nieder steigen, den Trog also stets in wagerechter Lage halten. Der
Antrieb des Troges wird durch Wasserüberlast beim Senken und durch
Wasserminderlast beim Heben bewirkt, so daß der die Schraubenspindeln
drehende Elektromotor nur einen geringen Reibungswiderstand zu
überwinden hat.


~Abmessungen des Trogaufzuges~:

    Tragkraft der Schiffe                              600 t
    Hub des Aufzuges                                    16 m
    Gewicht des gefüllten Troges mit den
    Schwimmern                                        3100 t
    Hubgeschwindigkeit                                   0,1 sekm
    Lichte Abmessungen des Troges                70 m × 8,8 m × 2,5 m
                                                      Wassertiefe
    Abmessungen der Schwimmer                    8,3 m Durchm. × 10,3 m
                                                      Höhe
    Abmessungen der Schraubenspindeln          280 mm Durchm. × 24,6 m
                                                      Länge
    Anlagekosten der Eisenteile                    1750000 M.
    Anlagekosten der Gründung                 rund 1000000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                              12 Minuten
    Betriebskosten eines Einzelhubes bei vollem
      Betrieb, ohne Zinsen und Tilgung                   2 M.

Fig. 154 zeigt das Hebewerk von der unteren Haltung aus gesehen.
Der Trog befindet sich in tiefster Stellung, die unteren Tore sind
hochgezogen, ein Schiff fährt aus dem Trog in die untere Haltung.

Die Anlage ist ausgeführt von Haniel und Lueg in Düsseldorf.

Ein Trogaufzug mit Druckwasserzylindern ist für großen Hub (20 m) in
letzter Zeit (1904) bei ~Peterborough~, Ont., ausgeführt und in
Betrieb gesetzt worden. Abmessungen:

    Gewicht des gefüllten Troges           3000 t
    Durchmesser des Stempels               2290 mm
    Wasserpressung im Zylinder               44 Atm.
    Abmessungen des Troges          46 m × 11,5 m × 3 m

Die Zylinder sind aus Stahlguß mit 90 mm Wandstärke, die Stempel aus
Gußeisen ausgeführt.

[Illustration: Fig. 154.]

Fig. 155 (entnommen aus der Z. d. V. d. I. 1904) zeigt den Trog auf der
linken Seite in höchster, den Trog rechts in tiefster Stellung. Die
Tröge sind in ihrer Mitte an gemauerten Türmen geführt.

       *       *       *       *       *

Zu den Trogaufzügen kann auch ein eigenartiges Projekt gerechnet
werden, welches nach den Patenten von Umlauf, v. Stockert und Offermann
von der Maschinenbaugesellschaft Nürnberg bei dem Wettbewerb für ein
Schiffshebewerk bei ~Prerau~ eingereicht wurde und den zweiten
Preis erhielt.

[Illustration: Fig. 155.]

[Illustration: Fig. 156a.]

Denkt man sich die in Fig. 148 dargestellten Kettenräder durch einen
Balancier ersetzt, dessen Länge gleich dem Hub der Tröge ist, so
bewegen sich die beiden Tröge nicht mehr lotrecht, sondern beschreiben
zwei Halbkreise. Stellt man sich ferner vor, daß die Balancierzapfen
in ihrem Durchmesser so vergrößert werden, daß dieser Durchmesser
beträchtlich größer wird als der Hub, so entsteht eine Trommel, in
deren Innerem die beiden Tröge liegen. Die Drehung dieser Trommel
kann am einfachsten in der Weise bewirkt werden, daß man die mit
wasserdichtem Mantel hergestellte Trommel in einem Wasserbecken
schwimmen läßt. Die beiden Tröge erscheinen dann nicht mehr als Kasten
von rechteckigem Querschnitt, sondern als Röhren von 12 m Durchmesser,
die starr in der Schwimmtrommel befestigt und durch Tore an den
Stirnseiten geschlossen sind.

[Illustration: Fig. 156b.]

Fig. 156a und b (entnommen aus Haberkalt, »Die preisgekrönten
Projekte«). Die Drehung der Schwimmtrommel wird mit sehr geringem
Widerstand ausführbar sein, solange die Tröge genau gleichmäßig mit
Wasser gefüllt sind. Der Antrieb ist durch zwei Zahnkränze gedacht,
die auf der Schwimmtrommel befestigt und so stark bemessen sind, daß
sie das bei Leerlaufen eines Troges entstehende Drehmoment aufnehmen
können.

~Abmessungen des Projektes~:

    Tragkraft der Schiffe                               600 t
    Hub                                                  36 m
                                                     {   52,6 m Durchm.
    Abmessungen der Schwimmtrommel                   { × 70 m Länge
    Gewicht der gefüllten Schwimmtrommel              10550 t
    Dauer einer Durchfahrt                               13 Minuten
    Anlagekosten der Eisenteile                     3190000 M.
    Anlagekosten der Gründung sowie zweier
      Haltungen von 700 m Gesamtlänge               2252500 M.
    Anlagekosten des ganzen Hebewerks
      abzüglich 700 m Kanal                         5102500 M.

Ein Trogaufzug bildet in der Kanalstraße einen plötzlichen Sprung. Es
wird nur selten ein Gelände geben, das seiner Natur nach für diesen
Sprung geeignet ist. In den meisten Fällen wird ein hoher Damm für
die obere Haltung und ein tiefer Einschnitt für die untere Haltung
ausgeführt werden müssen. Wenn nun auch der Eisenbetonbau hohe und
sichere Aufbauten mit wesentlich geringeren Kosten herzustellen
gestattet, als dies früher der Fall war, so werden doch die
Fundierungskosten eines Trogaufzuges unter allen Umständen sehr hoch
ausfallen.

Aus diesem Grunde war man schon seit langem bemüht, ein Hebewerksystem
ausfindig zu machen, welches eine wirtschaftlichere Lösung der Aufgabe
gibt.


b) Trogbahnen.

(Geneigte Hebewerke mit Naßförderung.)

Bei den Trogbahnen wird wie bei den Trogaufzügen das Schiff in einem
wassergefüllten eisernen Trog befördert, der an beiden Enden mit
Schleusentoren ausgerüstet ist. Nur wird hier der Trog nicht in einer
senkrechten Führung bewegt, sondern mit Laufrädern ausgerüstet und auf
einer geneigten Bahn gefahren. Obere und untere Haltung sind ebenfalls
mit Schleusentoren verschlossen.

Wird der Trog in seiner Längsrichtung gefahren -- längsgeneigte
Trogbahn --, so braucht das Geleise nicht breiter zu sein als das
Schiff, wird also einfach und billig; ferner läßt sich ein längs
geneigtes Hebewerk leicht dem Gelände anschmiegen, erfordert daher
geringe Fundierungskosten; während der Hebung wird das Schiff
gleichzeitig vorwärts befördert, so daß ein Zeitgewinn entsteht;
endlich wird ein Kanalstück gleich der Länge der Bahn erspart. Diesen
Vorteilen steht der Nachteil gegenüber, daß bei der Längsbewegung des
Troges das Wasser in unberechenbare Schwingungen geraten kann; dieser
Übelstand kann nicht beseitigt, aber vermindert werden durch Wahl
einer geringen Fahrgeschwindigkeit von nicht mehr als 0,5 sekm. Die
Leistungsfähigkeit des Hebewerks wird hiedurch aber naturgemäß sehr
verringert.

Bewegt man dagegen den Trog in seiner Querrichtung -- quergeneigte
Trogbahn --, dann ist ein sehr breites und kostspieliges Geleise
erforderlich; die Anschmiegung an das Gelände ist nur ausnahmsweise
möglich, in der Regel werden teure Gründungsarbeiten erforderlich
sein; da die Bahn des quergeneigten Hebewerks quer zur Kanalstraße
liegt, so wird weder an Kanallänge, noch an Zeit gespart. Es wird daher
das quergeneigte Hebewerk unter allen Umständen wesentlich höhere
Anlagekosten erfordern als das längsgeneigte Hebewerk. Hingegen besitzt
es den Vorzug, daß Wasserschwankungen im Trog kaum zu befürchten sind;
die Fahrgeschwindigkeit kann daher hier wesentlich größer gewählt
werden, wohl bis zu 1 sekm.

Die erste Trogbahn wurde nach einem Entwurf von Thomson aus dem Jahre
1839 in Blackhill am ~Monklandkanal~ in Schottland 1849 von Leslie
ausgeführt. Die Abmessungen dieser längsgeneigten Trogbahn gibt Hagen
in seinem »Handbuch der Wasserbaukunst« wie folgt an:

    Hub                                   29 m
    Steigung                             1 : 10
    Abmessungen der Schiffe           21 m × 3,8 m
    Gewicht des gefüllten Troges          80 t
    Mittlere Fahrgeschwindigkeit           1 sekm
    Abmessungen des Troges          21,3 m × 4,4 m × 0,61 m
                                        Wassertiefe
    Bahnlänge                            280 m
    Hubdauer                               5 Minuten

Die beiden ganz aus Eisen hergestellten Tröge liefen mit je 20 Rädern
auf Eisenbahngeleisen von 2,1 m Spur und wurden mittels Drahtseilen
50 mm Durchmesser und einer Seiltrommel von 4,8 m Durchmesser von einer
Dampfmaschine gezogen.

Es wurden indessen nur die ~leeren~ Schiffe mit der Trogbahn
gefördert, die beladenen gingen über eine Schleusentreppe. Die
Tragkraft der Schiffe ist nicht angegeben, sie kann aber den
Abmessungen nach nur eine sehr geringe -- 50 bis 70 t -- gewesen
sein. Die geringe Wassertiefe von 0,6 m läßt das Hebewerk mehr als
Schiffsbahn statt als Trogbahn erscheinen. Der geringe Wasserinhalt
ermöglichte die verhältnismäßig große Geschwindigkeit von 1 sekm.

Von einer späteren Ausführung einer ebenfalls längsgeneigten Trogbahn
in ~Georgetown~ am Potomacfluß aus dem Jahre 1876 gibt das
Handbuch der Ingenieurwissenschaften folgende Abmessungen:

    Tragkraft der Schiffe                      135 t
    Hub                                         11,6 m
    Steigung                                   1 : 12
    Abmessungen der Schiffe                274 m × 1,5 m Tiefgang
    Gewicht des gefüllten Troges               390 t
    Lichte Abmessungen des Troges         34,1 m × 5,1 m × 2,4 m

Der Trog lief auf drei Untergestellen mit je 12 Rädern, also insgesamt
auf 36 Rädern, und wurde durch zwei Gegengewichtswagen mit halbem Hub
ausgeglichen und durch eine Turbine mittels Drahtseilen bewegt.

Auch dieses Hebewerk konnte nur kleine Schiffe fördern. Später ließ man
die Wasserfüllung des Troges zum größten Teil -- bis auf 0,7 m -- fort,
so daß ein ähnlicher Betrieb wie zu Blackhill entstand (Fréson).

       *       *       *       *       *

Eine Trogbahn mit Querbewegung ist nur ein einziges Mal zu Foxton in
Leicestershire in England im Jahre 1901 ausgeführt worden, indessen nur
für ganz kleine Schiffe.

Wie aus Fig. 157 (entnommen aus Engineering 1901) ersichtlich ist,
läuft jeder der beiden Tröge mit 16 Laufrädern auf 8 Schienen. Die
Bewegung der Tröge wird durch eine Dampfmaschine bewirkt, die mittels
Schneckengetriebe eine Seiltrommel antreibt, von der jeder Trog mittels
zwei Drahtseilen gezogen wird. Das Hebewerk dient zum Ersatz einer
zehnstufigen Schleusentreppe.

    Tragkraft der Schiffe                         70 t
    Hub                                           23 m
    Steigung                                     1 : 4
    Lichte Abmessungen des Troges           24 m × 4,5 m × 1,5 m
    Dauer einer Durchfahrt                         6 Minuten
    Betriebskosten eines Einzelhubes ohne
    Zinsen und Tilgung                             0,25 M.

[Illustration: Fig. 157.]

Im Jahre 1895 wurde von der österreichischen Regierung ein Wettbewerb
zur Erlangung von Entwürfen unter einigen Werken veranstaltet. Es
sollte ein Hebewerk für normale 600 t Schiffe und für 100 m Hubhöhe
für den projektierten Donau-Elbe-Kanal entworfen werden. Den ersten
Preis erhielt ein von fünf böhmischen Maschinenfabriken eingereichter
Entwurf, der eine quergeneigte Trogbahn behandelte (Fig. 158). Die
Steigung war 1 : 5 gewählt, der Trog war durch ein aus Gußwalzen
bestehendes Gegengewicht ausgeglichen. Für die Stützung des Troges war
ein etwas abenteuerlicher Vorschlag gemacht: der Trog sollte auf vier
endlosen Walzenketten rollen, die ihrerseits auf vier Stahlgußschienen
sich abwälzen sollten. Für den Antrieb war elektrische Kraftübertragung
gewählt worden; auf dem Schiffswagen sollten drei Elektromotoren
aufgestellt werden, die Zahnräder antrieben, welche ihrerseits in eine
aus Stahlguß hergestellte Zahnstange eingreifen sollten, so daß der
Betrieb dem einer Zahnradbahn ähnlich wurde.

Die Abmessungen waren wie folgt gewählt:

    Tragkraft der Schiffe                     690 t
    Hub                                       100 m
    Steigung                                  1 : 5
    Gewicht des gefüllten Schiffswagens      2100 t
    Fahrgeschwindigkeit                         1 sekm
    Lichte Abmessungen des Troges        70 m × 8,6 m × 1,2 m
                                             Wassertiefe
    Anlagekosten der Eisenteile           4700000 M.
    Anlagekosten der Gründung              720000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                     14 Minuten

[Illustration: Fig. 158.]

[Illustration: Fig. 159.]

Als Mängel des Entwurfes sind zu bezeichnen: die unsichere
Druckverteilung, die starre Lagerung und die Verwendung von gegossenem
Material für Schienen und Zahnstangen.

Ein zweiter Wettbewerb wurde im Jahre 1904 von der österreichischen
Regierung ausgeschrieben, um einen geeigneten Entwurf für ein Hebewerk
von 36 m Hubhöhe für den projektierten Donau-Oder-Kanal zu erhalten.
Bei diesem Wettbewerb wurde abermals mit dem ersten Preis ein Entwurf
der böhmischen Maschinenfabriken bedacht: Gegenstand des Entwurfes
war eine längsgeneigte Trogbahn mit dem Kennwert »Universell«. Den
zweiten Preis erhielt der schon genannte Entwurf der Nürnberger
Maschinenbaugesellschaft, der eine Schwimmtrommel in Aussicht genommen
hatte.

[Illustration: Fig. 160.]

Die für den Wettbewerb vorgeschriebene Leistungsfähigkeit des Hebewerks
-- Fahrtdauer nicht größer als 48 Min. -- konnte bei der geringen für
Naßförderung zulässigen Fahrgeschwindigkeit von etwa 0,5 sekm nur durch
Anlage von zwei Trogbahnen (Fig. 159 und 160) erreicht werden, wodurch
naturgemäß die Anlagekosten von vornherein sich sehr hoch stellen
mußten.

Die Bahn dieses Entwurfes war in sehr einfacher Weise gedacht: Zwei
besonders gewalzte Stahlschienen von 200 mm Höhe und 160 mm Kopfbreite
sollten in 6,3 m Entfernung auf zwei Betonstreifen von 700 mm Höhe und
900 mm Breite gelagert und durch [Symbol: C] Eisen unter sich versteift
werden. Auf dieser Bahn sollte der Schiffswagen mit 104 Laufrädern aus
Stahlguß von 1100 mm Durchmesser fahren.

[Illustration: Fig. 161.]

[Illustration: Fig. 162.]

Für den Antrieb sollte eine aus Stahlguß gegossene Zahnstange zwischen
den Schienen gelagert werden (Fig. 161 und 162). Jeder der beiden
fahrbaren Tröge sollte mit vier Elektromotoren von je 300 bis 400 PS
ausgerüstet werden, so daß insgesamt eine Antriebsleistung von 1200 bis
1600 PS für jeden Trog verfügbar war. Durch eine besondere Schaltung
sollten die beiden Tröge elektrisch gekuppelt werden, so daß die auf
und ab gehenden Gewichte so weit ausgeglichen waren als es die Verluste
in den Zahnrädern, Elektromotoren und Generatoren zuließen.

Bei Vergleichung der Anlagekosten eines geneigten Hebewerks mit einem
lotrechten ist zu berücksichtigen, daß bei ersterem ein Kanalstück
gleich der Länge der Bahn erspart wird.

Die Abmessungen des Entwurfes »Universell« waren wie folgt gewählt:

    Tragkraft der Schiffe                            600 t
    Hub                                               36 m
    Steigung                                         1 : 25
    Gewicht des gefüllten Schiffswagens             2200 t
    Fahrgeschwindigkeit                                0,58 sekm
    Lichte Abmessungen des Troges               70 m × 8,8 m × 2,3 m
                                                     Wassertiefe
    Anlagekosten der Eisenteile                  3560000 M.
    Anlagekosten der Gründung sowie zweier
      Haltungen von 700 m Gesamtlänge            1615000 M.
    Anlagekosten der ganzen Hebewerke abzüglich
    1700 m Kanal                                 4325000 M.
    Dauer einer Durchfahrt                            42 Minuten

Im ganzen liegen nur drei Ausführungen von geneigten Hebewerken mit
Naßförderung vor, und alle drei sind nur für kleine Schiffe bemessen.
Nur bei der quergeneigten Bahn findet wirkliche Naßförderung statt; die
beiden längsgeneigten Bahnen zu Blackhill und in Georgetown werden mit
nur ganz geringer Wasserfüllung von 0,6 bzw. 0,7 m Tiefe betrieben.
Von Hebewerken für normale Kanalschiffe liegen nur Projekte vor; aus
diesen geht aber immerhin so viel hervor, daß die Anlagekosten dieser
Hebewerke sehr hohe sind. Die längsgeneigten Hebewerke werden teuer,
weil sie nur mit geringer Geschwindigkeit betrieben werden können,
daher wenig leisten und infolgedessen als Doppelbahnen angelegt werden
müssen. Die quergeneigten Hebewerke erfordern kostspielige Gründungen
und Fahrbahnen. Der mit sehr hohen Preisen bedachte Wettbewerb für das
Hebewerk in Prerau hätte sicher etwas Brauchbares zutage gefördert,
wenn die Naßförderung nicht grundsätzliche wirtschaftliche Mängel
hätte.

Voraussichtlich wird daher die weitere Entwicklung nicht auf diesem
Wege liegen. Wie die Technik sehr häufig, wenn sie auf einen toten
Strang geraten ist, einen früher betretenen und dann verlassenen Weg
wieder aufnimmt, so wird es möglicherweise auch hier geschehen. Einen
derartigen früher begangenen Weg bildet auf dem Gebiet der Hebewerke
die Trockenförderung.


c) Schiffsbahnen.

(Geneigte Ebenen mit Trockenförderung.)

Die ersten Versuche, Schiffe aus einem tiefer liegenden Wasserbecken in
ein höheres auf einer Bahn in trockenem Zustand zu fördern, sind uralt
und in ihren ersten Anfängen naturgemäß sehr primitiv. Eine hölzerne
Bahn führte von dem unteren Becken auf einen Damm und von diesem wieder
ein kurzes Stück abwärts in das höher liegende Wasserbecken; auf
dieser Gleitbahn wurden die Schiffe mit Menschen- oder Tierkräften wie
Schlitten geschleppt.

[Illustration: Fig. 163.]

~Schleppen~ dieser einfachen Art werden in China seit
Jahrhunderten verwendet. In Belgien sind sie seit dem 12. Jahrhundert
bekannt, also wesentlich älter als die Schleusen.

Eine Verbesserung wurde später dadurch herbeigeführt, daß die hölzernen
Bahnen mit feststehenden Rollen ausgerüstet wurden, über welche
die Schiffe mit geringerem Widerstand und größerer Schonung gezogen
werden konnten. Derartige Einrichtungen fanden sich zuerst in den
Niederlanden, später in England. Nach dem Bericht von Hagen waren
die Tragrollen mit einem Durchmesser von rund 0,2 m und einer Breite
von rund 1,8 m ausgeführt und in Abständen von rund 1 m gelagert.
Naturgemäß waren diese ~Rollbrücken~ nur für kleine Schiffe
verwendbar.

Fig. 163 (entnommen aus dem Handbuch der Ingenieurwissenschaften 3.
Band, 2. Abt., 2. Hälfte) zeigt eine Ausführung in Frankreich.

[Illustration: Fig. 164.]

Eine bessere Auflagerung der Schiffe wurde erst möglich, als man
dazu überging, das Schiff auf einen besonderen Wagen zu setzen. Die
erste Nachricht über eine derartige Ausführung ist in einem von Beck
herausgegebenen Werk von Vittorio Zonca enthalten, der 1568 bis 1602
in Padua lebte und das Ehrenamt eines Stadtbaumeisters bekleidete.
Die in Fig. 164 (entnommen aus Beck) wiedergegebene Anlage war in
~Fusina~ bei Venedig errichtet und diente zur Überführung der
Barken aus dem Fluß in die Lagunen. Auf einem steinernen Geleise lief
ein mit vier Laufrädern ausgerüsteter Wagen. Die Räder von rund 0,3
m Durchmesser und rund 0,2 m Breite waren aus Holz und mit eisernen
Reifen und Zapfen versehen. Zum Aufziehen der Schiffswagen dienten zwei
Pferdegöpel. Aus dem Bild ist ersichtlich, wie der Wagen aus der oberen
Haltung auf den Damm -- den trockenen Scheitel -- gehoben wird, um nach
Überschreitung des Scheitels in die untere Haltung hinabgelassen zu
werden.

Eine ähnliche Anlage wurde zu ~Ketley~ in der Grafschaft
Shropshire im Jahre 1788 erbaut.

Hagen gibt in seinem »Handbuch der Wasserbaukunst« die Abmessungen wie
folgt an:

    Tragkraft der Schiffe                   5 t
    Abmessungen der Schiffe         5,7 m × 1,8 m × 0,6 m
                                          Tiefgang
    Hub                                    21 m
    Steigung                               1 : 2

Der hölzerne Wagen lief mit vier Rädern auf einem hölzernen Geleise von
1,8 m Spur und wurde mittels Hanfseilen gezogen.

[Illustration: Fig. 165.]

In den Jahren 1825 bis 1836 wurden an dem ~Morriskanal~ bei
Philippsburg in New Jersey in den Vereinigten Staaten 23 Schiffsbahnen
vom Major Douglaß erbaut. In dem Civil Engineer and Architect Journal
Jahrgang 1842 finden sich folgende Abmessungen für die Bahn mit dem
größten Hub angegeben:

    Tragkraft der Schiffe             70 t
    Abmessungen der Schiffe       24 m × 2,3 m
    Hub                               30 m
    Steigung                         1 : 11
    Bahnlänge                        330 m
    Dauer einer Durchfahrt            15 Minuten

Fig. 165 (entnommen aus Dinglers Journal 1842, Band 85) stellt den
Schiffswagen dar, der von zwei Radgestellen mit je vier Rädern, also
insgesamt acht Rädern getragen wurde.

Ursprünglich war an der oberen Haltung eine Schleuse angebracht, in
die der Schiffswagen hineinfuhr, worauf das äußere Tor geschlossen,
die Schleuse gefüllt und dann das innere Tor geöffnet wurde. Da diese
Einrichtung zu viel Zeit und Wasser erforderte, so ersetzte man die
Schleuse später durch einen trockenen Scheitel. Das Überschreiten des
letzteren wurde dadurch ermöglicht, daß man die Laufräder mit doppelten
Spurkränzen versah und sie auf Doppelschienen laufen ließ, die so
geknickt waren, daß der Schiffswagen stets in der wagrechten Stellung
blieb. Die zuerst angebrachten Ketten wurden später durch Drahtseile
ersetzt, die auf eine durch ein Wasserrad gedrehte Seiltrommel sich
aufwickelten. In einer Stunde konnten sechs Hübe ausgeführt werden,
wobei nur ein Mann zur Bedienung erforderlich war. Die Anlagekosten
einer Bahn von 16 in Hub betrugen 70000 M.

Nach dem Vorbilde der Anlagen am Morriskanal wurden die fünf
Schiffsbahnen des ~Elbing-Oberländischen Kanals~ in den Jahren
1845 bis 1860 gebaut. Eine eingehende Darstellung gibt Hagen in seinem
»Handbuch der Wasserbaukunst«.

Die Schiffe sind mit Ausnahme einiger kleiner Dampf- und Segelbote
nahezu von gleicher Form und Größe, und zwar aus Holz mit flachem
Boden. Sie dürfen nach den Betriebsvorschriften folgende Abmessungen
nicht überschreiten:

    Tragkraft der Schiffe                    70 t
    Abmessungen der Schiffe          23 m × 2,8 m × 1,0 m
    Tiefgang
    Hub                               25 m bei der höchsten
                                             Bahn
    Steigung                               1 : 12
    Gewicht des Wagens mit Schiff           120 t
    Höchste Fahrgeschwindigkeit               1 sekm
    Dauer einer Durchfahrt                   15 Minuten
    Anlagekosten                         714000 M.

Der Schiffswagen -- Fig. 166a -- (entnommen aus Hagen, »Handbuch der
Wasserbaukunst« 1874, 4. Band) ist ganz aus Eisen konstruiert und
mit hölzernen Bohlen belegt; er läuft auf acht Rädern, die in zwei
Radgestellen gelagert sind und mit doppelten Spurkränzen versehen sind.
Die Räder laufen wie bei den Bahnen am Morriskanal auf geknickten
Doppelschienen, so daß der Schiffswagen stets in wagerechter Lage
bleibt. Die Spurweite der Geleise beträgt 3 m. Ein Wasserrad von
8 m Durchmesser treibt eine eiserne Seiltrommel, auf welche sich die
Drahtseile aufwickeln, die zu den beiden Schiffswagen führen, während
ein drittes Drahtseil die beiden Wagen unter sich verbindet. Der von
jedem Schiff mitgeführte Handkahn wird an den eisernen Davits des
Schiffswagens aufgehangen. Fig. 166b (entnommen aus Möller »Grundriß
des Wasserbaues«) stellt die Überschreitung des trockenen Scheitels dar.

[Illustration: Fig. 166a.]

[Illustration: Fig. 166b.]

Mit diesen kleinen Anlagen ist die Zahl der wirklichen Ausführungen
abgeschlossen. Auch Projekte für Trockenförderung wurden in der
Folge nicht mehr durchgearbeitet, weil man der Meinung war, es
sei unmöglich, ein beladenes Kanalschiff so abzustützen, daß keine
zerstörenden Formveränderungen an dem Schiff auftreten. Man war in
diesem Vorurteil so befangen, daß man die Frage, welche Bedingungen
eine geeignete Stützung zu erfüllen hätte, gar nicht studierte.

Wie wenig die Bedingungen erkannt worden sind, geht klar aus Projekten
hervor, die in allerneuester Zeit gelegentlich des Wettbewerbes für
Prerau vorgeschlagen wurden. Man wollte die Schiffe auf quergezogene
Gurten setzen, auf Gummikissen, auf Hölzer, die durch Spiralfedern
gestützt waren u. dgl. m.; kurz, man wollte die Lagerung möglichst
elastisch gestalten. Dieses Bestreben beruht auf einer durchaus
falschen Anschauung. Solange das Schiff im Wasser schwimmt, wirken
von innen auf die Schiffswandungen die Gewichte der Ladung, von außen
der Wasserdruck, der eine ganz bestimmte Größe hat. Würde man nun den
Wasserdruck durch einen ganz unberechenbaren elastischen Gegendruck
ersetzen, dann würden zweifellos Einbeulungen entstehen, die nach
innen oder außen gerichtet sind, je nachdem der Außendruck oder der
Ladungsdruck überwiegt. Es würde also gerade die elastische Lagerung
das Schiff gefährden.

Eine grundsätzliche richtige Stützung muß darauf ausgehen, die Form,
welche das schwimmende Schiff einnimmt, ganz genau zu erhalten.

Es muß also eine große Zahl von sicher geführten, beweglichen Stützen
angeordnet werden, die mit ganz gelindem Druck an die Schiffswand
angelegt werden, während das Schiff schwimmt. In dieser Lage müssen die
Stützen nun festgestellt werden. Wird nun das Wasser abgelassen, dann
kann sich an der Form des Schiffes nichts verändern, vorausgesetzt,
daß die Stützen genügend nahe beisammen stehen. Die Beanspruchungen,
die nun im Schiff entstehen, lassen sich genau berechnen; man ist also
in der Lage, die erforderliche Zahl und Stellung der Stützen so zu
wählen, daß für alle Schiffe eine sichere Stützung möglich ist. Bei
diesem richtigen Stützverfahren wird durch die beweglichen Stützen
gewissermaßen ein Abguß von der Schiffsform genommen; das Feststellen
der angelegten Stützen entspricht dem Erhärten des Abgusses. Das Schiff
ruht dann in dem Abguß genau so wie vorher im Wasser.

Man hat auch zugegeben, daß es möglich sei, für moderne richtig
gebaute Kanalschiffe eine zuverlässige Stützung zu finden, hat aber
gleichzeitig darauf aufmerksam gemacht, daß die altersschwachen
hölzernen Schiffe eine Trockenstützung nicht aushalten. Ganz abgesehen
davon, daß man diese willkürliche Behauptung nie wissenschaftlich
durch Nachrechnung der Beanspruchungen geprüft hat, erscheint es
als ein recht merkwürdiges Vorgehen, daß ungeheure Mehrkosten von
vielen Millionen aufgewendet werden sollen, um durch die neuen Kanäle
einige alte Holzschiffe zu leiten, die alle zusammen vielleicht den
zwanzigsten Teil jener Mehrkosten wert sind.

[Illustration: Fig. 167a.]

Eine derartige grundsätzlich richtige Stützung -- die vollständig
starr sein muß, solange das Schiff trocken liegt --, läßt sich mit
konstruktiv sehr einfachen Mitteln erzielen. Ein Druckwasserzylinder
-- Fig. 167a -- ist in einem Kugelgelenk aufgehangen. Der Kopf seines
Plungers ist durch zwei schiefe Lenkstangen so geführt, daß der Plunger
mit den beiden Lenkstangen ein Tetraeder bildet. Der Plungerkopf trägt
wieder mit Kugelgelenk eine Stahlhaube, die mit einem geflochtenen
Tauring gefüttert ist. Solche Stützen sind in ausreichender Zahl
angebracht: etwa 120 für ein Normalschiff von 600 t. Das schwimmende
Schiff wird in richtiger Lage etwa 20 cm über den in tiefster Stellung
befindlichen Stützen vertaut. Nun wird Druckwasser von sehr geringer
Pressung in alle Zylinder geleitet; die Plunger steigen hoch und legen
sich mit gelindem Druck an die Schiffswand. Dann wird jeder Zylinder
für sich abgesperrt, und zwar durch ein Sperrventil besonderer Art Fig.
167b. Diese Absperrung bewirkt, daß die vorher beweglichen Plunger
nunmehr starre Stützen werden. Wird nun das Wasser abgelassen, so
bleibt das Schiff unverrückbar auf den Stützen sitzen. -- Fig. 168. Die
Beanspruchungen, die sich hierbei im Schiffsboden ergeben, lassen sich
mit vollkommener Sicherheit nachrechnen, der moderne Schiffbau gibt
zuverlässige Methoden hierfür an.

[Illustration: Fig. 167b.]

[Illustration: Fig. 168.]

[Illustration: Fig. 169a.]

[Illustration: Fig. 169b.]

[Illustration: Fig. 169c.]

Die Auflagerung des Schiffes auf Druckwasserzylindern wurde bereits
1882 von Eads und von Bellingrath vorgeschlagen. Beide wollten aber
die Zylinder durch Rohrleitungen unter sich verbinden, um eine
»elastische« Stützung zu bewirken. Daß dieser Gedanke ein Irrtum ist,
wurde im vorhergehenden bereits nachgewiesen.

[Illustration: Fig. 170.]

Die Trockenförderung gewährt gleichzeitig die Möglichkeit, alle
Schleusentore und alle Dichtungen zu vermeiden. In der unteren Haltung
gestaltet sich die Sachlage sehr einfach: der Wagen mit dem Schiff --
Fig. 169a-b-c -- fährt mit immer mehr verringerter Geschwindigkeit
in das Unterwasser ein, so daß das trocken gestützte Schiff ganz
allmählich immer tiefer in das Wasser eintaucht. Man hat behauptet,
daß bei diesem Einfahren unzulässig starke Strömungen entstehen. In
Wirklichkeit hängt die Stärke der Strömung einzig und allein von
dem Wasserquerschnitt und von der Schiffsgeschwindigkeit ab. Die
Wissenschaft gibt auch hier zuverlässige Mittel an die Hand, diese
Faktoren so zu bemessen, daß nur eine völlig ungefährliche Strömung
entsteht.

Ebenso einfach läßt sich die Einfahrt in die obere Haltung gestalten,
wenn man die Bahn so hoch führt, daß der Schiffswagen zunächst etwas
höher als das Oberwasser zu stehen kommt, und nun durch eine als
Drehscheibe ausgebildete Schleppweiche -- Fig. 170 -- den Schiffswagen
auf eine kurze zweite Bahn leitet, die unmittelbar in das Oberwasser
hineinführt.

Der Betrieb gestaltet sich sehr einfach, weil der Schiffswagen nicht
genau in seine Endstellungen zu fahren braucht und weil keinerlei
Schleusentore und keinerlei Dichtungskeile u. dgl. zu bewegen sind. Die
einfache Gestaltung des Oberhauptes und der Schleppweiche ist erkennbar
aus Fig. 171.

[Illustration: Fig. 171.]

       *       *       *       *       *

Die wirtschaftliche Überlegenheit der Trockenförderung über die
Naßförderung gründet sich auf folgende Umstände:

Da der Trog mit seinem Wasserinhalt fortfällt, so wird das Gewicht des
Schiffswagens von 2200 t auf 1100 t, also auf die Hälfte, verringert.
Infolgedessen wird zunächst der Schiffswagen selbst mit seinen
Laufrädern und seinem Antrieb ganz bedeutend einfacher, leichter
und billiger. Da die bewegte Last nur halb so groß ist, so werden
auch die Anlagekosten des Geleises und seiner Gründung entsprechend
geringer. Während ferner bei der Naßförderung die Geschwindigkeit des
Schiffswagens der unvermeidlichen Wasserschwankungen wegen kaum über
0,5 sekm gesteigert werden kann, steht bei der Trockenförderung nichts
im Wege, die Geschwindigkeit auf 2 sekm zu erhöhen, und das um so
eher, als die bewegte Last nur halb so groß ist. Infolge der größeren
Geschwindigkeit leistet das Hebewerk mehr; man wird daher mit einem
eingeleisigen Trockenhebewerk dasselbe leisten können wie mit einem
zweigeleisigen Naßhebewerk; mit anderen Worten: man wird mit bedeutend
geringeren Anlagekosten auskommen. Endlich kommen alle Schleusentore in
Fortfall, was wiederum eine Verminderung der Baukosten bedeutet.

Einen guten Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse liefern die
Schaubilder in Fig. 172.

[Illustration: Fig. 172.]

In diese sind für Tag- und Nachtbetrieb (12000 Einzelhübe im Jahr), für
vollen Tagbetrieb (6000 Einzelhübe im Jahr) und für halben Tagbetrieb
(3000 Einzelhübe im Jahr) die gesamten Betriebskosten eingetragen.
Im ersten Schaubild sind die Betriebskosten einer Schleusentreppe,
bestehend aus zwei Schleusen von je 18 m Hub, dargestellt. Die
Schleusen sind mit Sparbecken vorausgesetzt. Die Anlagekosten setzen
sich zusammen aus den Kosten der eigentlichen Schleusen und aus den
Anlagekosten der Pumpenanlage, die das verbrauchte Wasser aus der
unteren Haltung in die obere zurückpumpen muß. Das zweite Bild bezieht
sich auf das mit dem ersten Preis ausgezeichnete Projekt »Universell«
des Wettbewerbs für Prerau -- längs geneigte Trogbahn --, das dritte
Schaubild entspricht dem Projekt »Habsburg« mit dem zweiten Preis --
Schwimmtrommel --, und das vierte Bild gilt für ein längs geneigtes
Hebewerk mit Trockenförderung, das genau dieselbe Leistung besitzt wie
die beiden ersten Projekte.

In diesen Bildern sind zunächst die Kosten für die Verzinsung und
Tilgung des Anlagekapitals eingetragen, und zwar mit dem sehr
geringen Satz von nur 4% von der Gesamtanlage. Weiter sind aufgetragen
die Kosten für die Instandhaltung mit dem Satz von 2% von der
Maschinenanlage für Tag- und Nachtbetrieb, mit dem Satz von 1,5% für
vollen Tagbetrieb und mit 1% für halben Tagbetrieb. Dann folgen die
Kosten für die Bedienung des Hebewerks und schließlich die Kosten
für Brennstoff und für Schmierstoff. Man sieht, daß bei dem zweiten
und namentlich bei dem dritten Bild die Kosten für Brennstoff und
Schmierstoff fast verschwinden gegenüber den Kosten für Verzinsung
und Unterhaltung. Man muß daher, um den Betrieb wirtschaftlicher zu
gestalten, in erster Linie das Anlagekapital zu vermindern suchen.
Der Erfolg dieses Bestrebens ist aus dem vierten Schaubild deutlich
erkennbar.

       *       *       *       *       *

Da das Gebiet der Schiffshebewerke ein im Beginn seiner Entwicklung
stehendes ist, so konnte naturgemäß über ausgeführte Anlagen nur
wenig mitgeteilt werden. Die ungeheure geistige Arbeit, welche in den
Projekten niedergelegt ist, liefert aber einen so reichhaltigen Stoff
für die Beurteilung des Entwicklungsganges, daß die Darstellung eine
unzeitgemäße gewesen wäre, wenn sie sich auf die Ausführungen allein
beschränkt hätte.

[Illustration]



IV

Rückblick auf die Entwicklung der Hebemaschinen im 19. Jahrhundert



[Illustration]



IV

Rückblick auf die Entwicklung der Hebemaschinen im 19. Jahrhundert.


Nachdem die Entwicklung innerhalb der einzelnen Anwendungsgebiete
dargestellt wurde, um den Zweck der Hebemaschinen zu beleuchten,
sollen im folgenden diejenigen Züge des Entwicklungsganges gezeichnet
werden, die gemeinsam für alle Gebiete sind. Es werden einerseits
diejenigen großen Einflüsse zu besprechen sein, die auf die Gestaltung
der Hebemaschinen stark eingewirkt haben, und es werden anderseits
umgekehrt die Folgen hervorgehoben werden müssen, welche aus der
Einführung der Hebemaschinen entstanden sind.


1. Einfluß der Naturkraft auf die Gestaltung der Hebemaschinen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts finden wir nur das Menschentretrad beim
Kaikran, den Pferdegöpel und das Wasserrad bei den Fördermaschinen
der Bergwerke. Eine andere Naturkraft als die animalische und die des
Wassers stand damals nicht zur Verfügung. Die genannten Hebemaschinen
sahen im 15. Jahrhundert fast genau ebenso aus; der Mangel einer
geeigneten Naturkraft hatte jeder Weiterentwicklung im Wege gestanden.

Im Jahre 1777 setzte Watt seine erste Dampfmaschine in England in
Betrieb, im Jahre 1785 wurde die erste Dampfmaschine in Deutschland
aufgestellt. Die erste Hebemaschine, welche mit Dampfkraft betrieben
wurde, war die Fördermaschine. Wie bereits erwähnt, waren im Jahre
1826 im preußischen Bergbau nach dem Bericht von Severin bereits
16 Dampffördermaschinen in Betrieb mit einer freilich sehr kleinen
Durchschnittsleistung von nur 7 PS. In den Kaibetrieb hielt die
Dampfkraft erst sehr viel später Einzug. Nach dem Bericht des
Engländers Colyer ist der erste Dampfkran überhaupt im Jahre 1851
gebaut worden, während Dampfkrane in den Hafenbetrieb erst um die
Zeit von 1863 eingeführt worden sind. In die gleiche Zeit fällt die
Ausgestaltung der Dampfwinden für die Aufstellung auf Handelsdampfern.
In Hüttenwerken und Werften dürften Dampfkrane von der Zeit um 1860 an
benutzt worden sein.

Am Ausgang des 19. Jahrhunderts finden wir die Dampfkraft noch
in Alleinherrschaft auf dem Gebiet der Fördermaschinen und der
Schiffswinden, bei ersteren der großen Abmessungen wegen, bei letzteren
wegen der Nähe der Kesselanlage. Dagegen ist auf den anderen Gebieten
der Dampfantrieb fast völlig verdrängt worden. Nur solche Krane, die
auf weiten Fabrikhöfen und verzweigten Geleisen arbeiten müssen, werden
noch mit Dampfkesseln ausgerüstet. In den letzten Jahren ist auch in
das Gebiet der Fördermaschinen der elektrische Betrieb eingedrungen,
der hier voraussichtlich ganz an die Stelle der Dampfkraft treten
wird. Selbst an Bord von Schiffen wird wahrscheinlich in kurzer Zeit
der Dampfantrieb zum großen Teil durch elektrischen Betrieb verdrängt
werden, wenigstens auf Personendampfern.

       *       *       *       *       *

Der Antrieb von einer laufenden Transmission aus dürfte bereits
im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts seine Ausbildung gefunden
haben; denn in Dr. Ures Philosophy of Manufactures aus dem Jahre
1835 und in der Enzyklopädie des Prof. Hülsse aus Chemnitz aus dem
Jahre 1841 begegnen wir bereits der Darstellung von Aufzügen mit
Transmissionsbetrieb, die eine durchaus richtige Durchbildung der
Einzelheiten aufweisen. Wir finden hier bereits die Steuerung mittels
Fest- und Losscheibe und eine Bandbremse, die durch eine Kurvenscheibe
gleichzeitig mit dem Riemen gesteuert wird.

Älter als diese gut durchgebildete Ausführung dürften die primitiven
Friktionswinden der Getreidemühlen sein, die ihren Typ im Lauf des
neunzehnten Jahrhunderts so wenig verändert haben, daß sie heute noch
in fast derselben Gestalt zahlreich verbreitet sind. Das erste Beispiel
dieser Art dürfte der Mühlenaufzug Fig. 10 sein, der aus der Zeit der
Hussitenkriege stammt.

Wesentlich schwieriger als der Antrieb einer feststehenden Winde war
die Aufgabe, von einer laufenden Transmission die Kraftübertragung nach
einem fahrbaren Laufkran herzustellen. Ramsbottom löste dieses Problem
durch die Konstruktion der Laufkrane mit Seilantrieb im Jahre 1861 in
einer Kesselschmiede in Crewe (Z. d. V. d. I., Mai 1868). Der Ingenieur
Bredt des ältesten Kranbau-Werks in Deutschland, Stuckenholz in Wetter
an der Ruhr (gegründet 1830), übertrug diese Konstruktion im Jahre
1867 nach Deutschland (Z. d. V. d. I., 16. Sept. 1905, Seite 1530),
aber mit wesentlichen Verbesserungen und Vereinfachungen. Er ordnete
das Triebwerk nicht auf der Laufkatze, sondern an dem einen Ende der
Kranbühne an, wodurch die Seilübertragung wesentlich einfacher und
dauerhafter wurde. Ferner verbesserte er die Steuerung, indem er nicht
das laufende Seil an die Seilscheiben preßte, sondern Wendegetriebe
mit Spreizringkupplungen einführte. Diese Kupplungen haben sich so
vorzüglich bewährt, daß sie heute noch in wenig veränderter Gestalt
vielfach ausgeführt werden. Noch etwas älter als der Seilantrieb ist
die Kraftübertragung auf Laufkrane mittels Vierkantwellen, die bereits
im Jahre 1854 in dem Civil Engineer and Architect Journal erwähnt
werden. Bredt führte bei diesen Kranen Kipplager ein. (Z. d. V. d. I.,
16. Sept. 1905). Für die hier ausführlicher dargestellte Entwicklung
der Hebemaschinen in Bergwerken, Hüttenwerken, Hafenanlagen, Werften
und auf Schiffen ist der Transmissionsbetrieb nie von Bedeutung
gewesen. Seine Anwendung hat er hauptsächlich für Aufzüge in Mühlen und
Fabriken sowie für Laufkrane in Werkstätten gefunden.

Gegen den Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts wurde der
Transmissionsantrieb bei Hebemaschinen fast völlig vom elektrischen
Betrieb verdrängt; nur in sehr kleinen Anlagen, die eine Transmission,
aber nicht elektrischen Strom zur Verfügung haben, werden heute noch
Winden mit Transmissionsantrieb aufgestellt.

       *       *       *       *       *

Der Druckwasserantrieb nahm, wie bereits erwähnt, seinen Ausgang
von der Erfindung der hydraulischen Presse durch Bramah im Jahre
1798. Bramah selbst versuchte bereits 1826 diese Erfindung auf den
Kranbetrieb zu übertragen; seine Konstruktion kann indessen nur als
Vorläufer betrachtet werden, da sie einem Handkran gegenüber kaum einen
Vorteil bot. Erst Armstrong machte im Jahre 1846 den Druckwasserantrieb
dadurch lebensfähig, daß er im Jahre 1847 die Aufspeicherung des
Druckwassers im Hochbehälter und 1851 im Gewichts-Akkumulator
einführte.

Die Druckwasserkrane fanden zuerst Eingang in den Kaibetrieb, und
zwar von 1847 an in England, während sie in Deutschland erst sehr
viel später sich einbürgerten. Die erste größere hydraulische Anlage
in Bremen wurde im Jahre 1886 in Betrieb gesetzt. Um die Mitte des
neunzehnten Jahrhunderts wurden die Druckwasserkrane in Hüttenwerken
eingeführt und dort bald zahlreich verbreitet. Dagegen sind
Druckwasserkrane auf Schiffen erst sehr viel später aufgestellt worden
und sind dort auch nur vereinzelt geblieben.

Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts finden wir die Druckwasserkrane
aus dem Kaibetrieb verdrängt durch den elektrischen Betrieb; in den
Hüttenwerken setzt sich der fahrbare elektrische Kran an Stelle
des feststehenden hydraulischen Krans. Für Kraftverteilungen wird
Druckwasser kaum mehr zur Anwendung kommen, weil Rohrnetze zu sehr im
Nachteil gegenüber Kabeln sind; dagegen als Kraftübertragungsglied
zwischen elektrisch betriebener Pumpe und zwischen dem Treibzylinder
einer kurzhubigen Hebemaschine wird vielleicht das Druckwasser noch ein
gewisses Anwendungsgebiet finden.

       *       *       *       *       *

Die erste Anwendung des Druckluftantriebes für Hebemaschinen
stammt, wie bereits erwähnt, nach dem Bericht von Hülsse aus dem
Jahr 1839, in dem zu Chatlinot ein Gichtaufzug in Betrieb war, der
durch die ohnehin vorhandene Gebläseluft betrieben wurde. Derartige
Druckluft-Gichtaufzüge sind vielfach ausgeführt worden, bis sie durch
den wirtschaftlicheren Dampfbetrieb verdrängt wurden.

Ein zweites Anwendungsgebiet fand die Druckluft, als die
Gesteinsbohrmaschinen mit Preßluftantrieb entstanden. Es lag nahe, die
ohnehin vorhandene Druckluft zum Betrieb von untertags aufgestellten
Förderhaspeln zu benutzen. Derartige Drucklufthaspel werden auch
heutzutage zahlreich ausgeführt und werden ihren Platz behaupten,
solange die Gesteinsbohrmaschinen die Druckluft aus obertags
aufgestellten Kompressoren beziehen. Sollte der bereits mehrfach
versuchte Betrieb der Bohrmaschinen durch kleine vor Ort aufgestellte
Kompressoren mit Elektromotorenantrieb sich weiter verbreiten,
dann würde man allerdings die Untertags-Haspel auch dort durch
Elektromotoren betreiben müssen, wo dies bisher nicht geschieht.

Eine dritte Periode für den Druckluftbetrieb begann in Amerika, als
dort die Druckluftwerkzeuge erfunden wurden. Es lag nahe, die in den
Werkstätten nun ohnehin vorhandene Druckluft auch zu dem Betrieb von
sehr einfachen Hebemaschinen zu verwenden. Man empfand allerdings die
Unsicherheit dieser Hebemaschinen sehr bald als Mangel und suchte
dem durch die Hinzufügung von Ölbremszylindern abzuhelfen, wodurch
indessen die Einfachheit verloren ging. Neuerdings hat man auch
Druckluftmotoren zum Betrieb von Hebemaschinen verwendet. Solange die
Druckluft-Hebemaschinen feststehend verwendet wurden, gestaltet sich
die Luftzuleitung sehr einfach, wird aber sehr umständlich, wenn man
versucht, die Hebemaschinen über größere Strecken fahrbar zu machen.
Letzteres wird aber gerade in modernen Werkstätten angestrebt; es ist
daher vorauszusehen, daß gerade der für fahrbare Hebemaschinen so
günstige elektrische Betrieb dem Druckluftbetrieb weit überlegen sein
wird.

Aus dieser Entwickelung ist zu schließen, daß der Druckluftbetrieb
auf vereinzelte Anwendungsgebiete beschränkt bleiben wird, und daß er
besonders in neueren Werkstätten nicht die Verbreitung finden wird, die
ihm in Amerika bisher zuteil geworden ist.

       *       *       *       *       *

Hatte die Dampfkraft überhaupt die Möglichkeit eröffnet, Hebemaschinen
mit Naturkraft zu bauen, so führte die elektrische Kraftübertragung
einen vollständigen Umschwung im Hebemaschinenbau herbei, insofern,
als sie erst diesen Maschinen freie Beweglichkeit und stete
Betriebsbereitschaft gewährte.

Die erste elektrische Lokomotive wurde von Werner Siemens im Jahre
1879 gebaut und auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung zum Betrieb einer
kleinen Ausstellungsbahn vorgeführt.

Der erste Versuch einer Fernübertragung wurde im Jahre 1882 von
Miesbach nach München nach den Angaben von Marcel Deprez bei
Gelegenheit der Münchener elektrotechnischen Ausstellung ausgeführt.

Die erste Anwendung auf Hebemaschinen fand der elektrische Betrieb im
Jahre 1883 in Mannheim; in der dortigen Ausstellung wurde von Siemens &
Halske ein Personenaufzug mit elektrischem Betrieb vorgeführt.

Der erste Laufkran mit elektrischem Betrieb wurde im Jahre 1887 von
Stuckenholz für die Werft von Blohm und Voß geliefert.

Die beiden ersten Versuchs-Kaikrane wurden -- wie bereits erwähnt -- im
Jahre 1890 in Hamburg in Betrieb gesetzt.

Die erste elektrisch betriebene Schiffswinde wurde im Jahre 1895
gebaut. In dem nun folgenden Jahrzehnt schritt die Durchbildung und
Verbreitung von elektrisch betriebenen Hebemaschinen so rasch voran,
daß diese von 1900 an nahezu die Alleinherrschaft gewannen.

Nur ein einziges Gebiet gehörte um diese Zeit noch ausschließlich der
Dampfkraft: die Fördermaschine der Bergwerke. Im Jahre 1895 kam zum
erstenmal die Leonardschaltung zur Anwendung für einen Förderhaspel
der Hollerter-Zug-Grube; im Jahre 1899 wurde die erste kleine
Fördermaschine mit direkt gekuppeltem Elektromotor zu Thiederhall in
Betrieb gesetzt; im Jahre 1903 wurde zum erstenmal ein Förderhaspel
mit Ilgnerschaltung gebaut; im Jahre 1902 folgte die Inbetriebsetzung
der ersten Hauptschacht-Fördermaschine auf dem Schacht Preußen, und
schließlich im Jahre 1903 kam die erste Hauptschacht-Fördermaschine mit
Ilgnerschaltung auf dem Schacht Zollern in Gang.

Mit ganz wenig Ausnahmen werden die Hebemaschinen der folgenden
Zeit durchweg elektrischen Antrieb erhalten; auch Hebemaschinen mit
Handbetrieb dürften nur noch für kleine Tragkraft und für kurzen Hub
gebaut werden.

       *       *       *       *       *

Ein Sondergebiet, das bisher nur sehr geringe Bedeutung gehabt
hat, wird vielleicht sich ein größeres Feld erobern: der Antrieb
durch Benzinmotor. Von allen Kraftmaschinen ist dieser Motor der
unabhängigste und freibeweglichste; er ist aus diesem Grund für den
Kraftwagenbetrieb nahezu der allein übliche geworden. Versuche, diesen
leicht beweglichen und stets betriebsbereiten Motor für Hebemaschinen
zu verwenden, sind ziemlich frühzeitig gemacht worden. Im Jahre
1895 wurde in Oldenburg ein Kaikran mit Benzinmotor aufgestellt.
Auf der Pariser Ausstellung im Jahre 1900 waren einige Krane mit
Benzinmotoren vertreten. Anfangs verwendete man für Krane den Typ der
feststehenden einzylindrigen und langsamlaufenden Motoren. Gerade
dieser Typ ist indessen seiner Schwerfälligkeit und seines stoßenden
Ganges wegen wenig geeignet. Dagegen ist die für den Kraftwagenbetrieb
ausgebildete vierzylindrige Bauart mit ausgeglichenen Massen und hoher
Umdrehungszahl ihrer Leichtigkeit und ihres ruhigen Ganges wegen
vorzüglich für den Einbau in Krane geeignet.

Ein weites Anwendungsgebiet für Krane mit Benzinbetrieb dürften die
Lastwagen bilden; mit einfachen Mitteln läßt sich an jedem Lastwagen
ein Kran anbringen, der vom Wagenmotor aus angetrieben wird und das
Beladen und Entladen des Wagens in kurzer Zeit und mit geringen Kosten
ermöglicht.

Der tiefgreifende Einfluß, welchen die Eigenart der Naturkräfte auf die
Anwendung und Verbreitung der Hebemaschinen ausgeübt hat, kommt auch in
dem Aufbau und der äußeren Erscheinung der Hebemaschinen deutlich zum
Ausdruck.

Die Dampfkraft verlangte Vereinigung des Triebwerks an einem Punkt;
denn da die umsteuerbare Zwillingsmaschine ohnehin schon eine
vielteilige Maschine ist, so hätte eine Verteilung des Triebwerks
mehrere solche Maschinen erfordert, hätte also zu einem sehr
verwickelten und kostspieligen Bau geführt. Die Vereinigung des
gesamten Triebwerks um die Dampfmaschine und um den Kessel herum
gelang am einfachsten bei der Wahl von kreisförmiger Lastbewegung:
der Drehkran mit Wippausleger (Derrickkran) war daher der naturgemäße
Typ des Dampfkrans und hat auch tatsächlich die größte Verbreitung
gewonnen. Der schwere Dampfkessel und die Stoßwirkungen der hin und her
gehenden Massen der Dampfmaschine verlangten einen stabilen Unterbau
und kräftige Abmessungen des Krangerüstes. Die äußere Erscheinungsform
des Dampfkrans ist daher stets eine massige und gedrängte, die die
Erinnerung an einen Dickhäuter wachruft.

Der Druckwasserkran muß zwar für jedes Triebwerk einen besonderen
Treibzylinder haben, gewährt also in dieser Beziehung im Aufbau mehr
Freiheit als der Dampfkran. Aber die Rücksicht auf die Wasserzuleitung
läßt auch hier den Drehkran als den einzig geeigneten Typ erscheinen;
eine geradlinige Seitenbewegung läßt sich nur dadurch erzielen, daß
man das Lastseil über eine Laufkatze auf dem Ausleger führt. Bei den
ersten Ausführungen -- Bremenser Typ -- machte man von der Freiheit
des Aufbaues der Treibzylinder weitgehenden Gebrauch, ist aber später
davon zurückgekommen und hat die Treibzylinder in einem geschlossenen
Gehäuse vereinigt, um dem Einfrieren besser vorbeugen zu können. Da der
hydraulische Kran weder einen schweren Kessel zu tragen hat, noch die
Massenwirkungen der Dampfmaschine erdulden muß, so kann er in seinem
Gerüst wesentlich leichter gehalten werden als der Dampfkran, erscheint
daher meist in etwas eleganterer Form als dieser.

Den weitgehendsten Wandel in dem Aufbau der Krane hat der elektrische
Betrieb herbeigeführt. Bei ihm erhält das Triebwerk für jede
Kranbewegung einen besonderen Motor; die blanke Kontaktleitung führt
den Strom gleich gut zu beweglichen wie zu feststehenden Motoren; die
Steuerung kann weit entfernt vom Motor liegen. Alle diese Umstände
geben vollkommene Freiheit in der Aufstellung der Motoren. Man ist
nicht mehr an die kreisförmigen Bewegungen gebunden. Der Laufkran mit
seinen mehrfachen gradlinigen Bewegungen erscheint als der für die
elektrische Energie besonders naturgemäße Typ und hat auch tatsächlich
sehr bald eine weite Verbreitung erlangt.

Das geringe Gewicht der Elektromotoren, ihr ruhiger Gang, ihr
gleichmäßiges Drehmoment und der gedrängte Bau erlauben einen sehr
leichten Bau. Die Krane verlieren ihre ursprüngliche schwere und
massige Erscheinung, das Gerüst wird in leichtes Gitterwerk aufgelöst,
die Form des Ganzen wird zierlicher, luftiger und eleganter und
erinnert viel eher als die alten Krane an den langhalsigen Vogel, von
dem der Kran -- früher »Kranich« genannt -- seinen Namen hat.


2. Einfluß des Baustoffes auf die Gestaltung der Hebemaschinen.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es kein anderes Baumaterial als
Holz, das mit sparsamer Verwendung von schmiedeeisernen Bändern
zusammengefügt wurde. Die Fördermaschinen (Fig. 23 und 24) und die
Kaikrane (Fig. 81 und 82) der damaligen Zeit waren in ihrem Aufbau ganz
diesem Material angepaßt; von vielen Kaikranen aus dieser Zeit kann man
geradezu sagen, sie zeigen die Stilformen des Holzbaues.

Im ersten Drittel des Jahrhunderts trat als neuer Baustoff das
Gußeisen auf. Zunächst wurde es in sparsamer Weise verwendet: in Form
gußeiserner Verbindungsschuhe an den Enden der Holzbalken und für
besonders wichtige Konstruktionsteile, wie Kransäulen und Windenschilde
(Fig. 84).

Allmählich trat das Gußeisen immer mehr an die Stelle von Holz;
schließlich ging man so weit, daß das ganze Krangerüst ausschließlich
aus Gußeisen hergestellt wurde (Fig. 50). Namentlich in England, wo
das Gußeisen sehr billig geworden war, fand sich diese Bauweise.
Die Freiheit der Formgebung im gegossenen Material führte zu höchst
abenteuerlichen Formen: die Stilformen des Steinbaues wurden in
völliger Verkennung der Eigenart des Gußeisens auf dieses übertragen.
Statt die runden, schwellenden, glatten Formen, die dem fließenden
Eisen eigentümlich sind, in der Gestaltung zum Ausdruck zu bringen,
wurde es in die Form scharfkantiger Steingesimse gequält, die im Guß
schlecht herauskommen und dadurch um so häßlicher erscheinen. Noch
heute ist diese Mißhandlung des Materials in Schwang, wie man sie an
jedem Gaskandelaber, an fast jedem Bogenlampenmast und jedem Wandarm
beobachten kann.

Dann trat das Walzeisen auf. Zuerst wurde es nur für einzelne
Teile -- Auslegerstreben, Laufkranträger -- verwendet, während die
Anschlußteile noch ganz aus Gußeisen hergestellt wurden (Fig. 87).
Nur ganz allmählich lernte man die Eckverbindungen ganz aus Walzeisen
herzustellen und die Gußstücke mehr und mehr zu beschränken.

Im letzten Entwickelungsstadium verschwand das Gußeisen vollständig aus
dem Krangerüst; die wenigen Gußstücke wurden nicht mehr aus Gußeisen,
sondern aus Stahlguß hergestellt; an die Stelle der Blechträger traten
Gitterträger, das Ganze gewann zusehends an Leichtigkeit und an
Schönheit der Formgebung (Fig. 98 und 119). Der Verlauf der Entwicklung
ist kurz gesagt durch das Bestreben gekennzeichnet, den billigen und
minderwertigen Baustoff durch hochwertigen und entsprechend hoch
beanspruchten zu ersetzen.

Bei keinem Baustoff kommt der Formensinn des Konstrukteurs mehr zur
Geltung als beim Walzeisen und bei keinem fallen Zweckmäßigkeit und
Schönheit so sehr zusammen wie bei diesem. Durch ungeschickte Wahl des
Fachwerks, unzweckmäßige Materialverteilung, schwerfällige Umrisse
entstehen Gerüstformen, die abschreckend häßlich wirken.

Dagegen werden zweckmäßige Umrisse und geschickte Feldteilung mit
klarer Kräftewirkung sehr leicht eine befriedigende Erscheinung
hervorrufen (Fig. 120, 121 und 124).

Zweckmäßigkeit in der Herstellung und im Betrieb bis in die kleinste
Einzelheit hinein und rücksichtslose Wahrheit sind die Grundbedingungen
technischer Schönheit. Brücken und Krane sind Ingenieurwerke, die
ihren Betriebszweck schon in ihrem ganzen Aufbau, in ihren Umrißlinien
erkennen lassen; deshalb sind auch diese Bauwerke ganz besonders
geeignet, die Kraft und Eleganz einer bis ins Letzte durchdachten
Eisenkonstruktion sinnfällig vor Augen zu führen. Städtebilder
wie die von Bremerhaven und Kiel haben durch die rassigen Linien
ihrer Turmkrane einen eigenartigen Reiz und echte Wahrzeichen ihrer
seebefahrenen Bevölkerung erhalten. Solche Ingenieurwerke bilden einen
zwingenden Beweis dafür, daß die konstruktive Arbeit im Grunde genommen
mit der künstlerischen Tätigkeit weit mehr innere Verwandtschaft
besitzt als mit der nur wissenschaftlichen.


3. Einfluß der Herstellung auf die Gestaltung der Hebemaschinen.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts, als Holz noch der Hauptbaustoff
war, wurden die Maschinen nicht in Maschinenfabriken, sondern an
der Baustelle hergestellt. Es wurden nur einzelne größere Teile von
auswärts bezogen, aber die Zusammensetzung des Ganzen geschah an
Ort und Stelle. Die Maschine wurde so entworfen, daß sie in allen
Einzelheiten der Örtlichkeit angepaßt war. Die einzelnen Lager der
Maschine wurden getrennt auf das Fundament geschraubt; letzteres
bildete den eigentlichen Maschinenrahmen.

Als um die Mitte des 19. Jahrhunderts Eisen das Baumaterial der
Krane geworden war, konnte die Herstellung naturgemäß nur in
Maschinenfabriken ausgeführt werden, die mit den erforderlichen
Werkzeugmaschinen ausgestattet waren. Da das Zusammenpassen in der
Maschinenfabrik erfolgen mußte, so strebte man auch bereits danach,
alle Lager der Maschine auf einem gemeinsamen Eisenrahmen anzubringen,
so daß eine in sich geschlossene Maschine entstand. Dagegen wurden auch
jetzt noch bei dem Entwurf der Maschine die Eigentümlichkeiten der
Verwendungsstelle berücksichtigt: jeder Kran war ein Individuum für
sich.

Schwerlastkrane, die nur vereinzelt zur Ausführung kommen, werden
heute noch in dieser Weise behandelt. Dagegen würde für Krane, die
in größerer Zahl hergestellt werden, dieses Verfahren nicht mit der
modernen Maschinenfabrikation in Einklang zu bringen sein. Diese
geht darauf hinaus, die Einzelteile so genau herzustellen, daß die
Zusammenstellung keinerlei Nacharbeit erfordert und dementsprechend
billig wird. Dieses Verfahren ist aber nur anwendbar für Maschinen, die
aus normalen, sich stets wiederholenden Einzelteilen zusammengesetzt
sind; es darf also nicht mehr jede Maschine ein Individuum für
sich sein, sie muß vielmehr möglichst einen Normaltyp darstellen,
der gegen eine andere Maschine gleicher Art austauschbar ist. Es
können dann stets die gleichen Werkzeichnungen der Einzelteile, die
gleichen Modelle, die gleichen Lehren und Kaliber verwendet werden.
Dampfmaschinen, Elektromotoren, Gasmaschinen, Kraftwagen und die
kleineren Werkzeugmaschinen werden heutzutage ausschließlich nach
diesem Verfahren hergestellt. Der Hebemaschinenbau ist dagegen in
dieser Beziehung zum großen Teil noch rückständig. Nur einzelne
Hebemaschinen, wie Aufzüge und Laufkatzen werden in moderner
Normalisierung hergestellt, im übrigen wird meist noch nach
Einzelentwürfen gearbeitet.

Bei Hebemaschinen liegt die Sachlage insofern schwieriger, als sie mit
der Örtlichkeit in innigerem Zusammenhang stehen als andere Maschinen.
Man könnte nun freilich ebensogut wie es für Eisenbahnbetriebsmittel
und für Werkzeuge geschehen ist, bestimmte Normalabmessungen
vereinbaren, z. B. für Aufzüge die Schachtquerschnitte, für Kaikrane
die Portalprofile, für Laufkrane die lichten Laufbahnquerschnitte u.
dgl. m. Bislang ist indessen in dieser Richtung nichts geschehen.
Eine weitgehende Normalisierung der Hebemaschinen würde die Kosten
für Entwurf, für Modelle, für Zusammenpassen und für die Aufstellung
beträchtlich verringern, würde daher dem Abnehmer ebenso zu gut kommen
wie dem Erbauer.


4. Einfluß der Hebemaschinen auf die Arbeitsverfahren.

Die Einführung neuer Werkzeuge führt stets zur Einführung neuer
Arbeitsverfahren. Die Steigerung der Tragkraft der Hebemaschinen und
vor allem ihre freiere Beweglichkeit und ihr vergrößertes Arbeitsfeld
haben in mehrfacher Richtung umgestaltend auf die Fabrikation
eingewirkt.

So lange die Fördermaschine mit Dampf betrieben wurde und daher in
Nähe der Kesselanlage liegen mußte, war der Bergmann naturgemäß
darauf bedacht, die Förderung möglichst in einem Hauptschacht
zu vereinigen und zu diesem Zweck untertags einen entsprechend
ausgedehnten Horizontaltransport einzuführen. Die elektrisch betriebene
Fördermaschine ist nicht an die Kesselanlage gebunden; sie gestattet
die Energieerzeugung zu zentralisieren, die Förderung dagegen auf
mehrere Schächte zu verteilen, die in weiter Entfernung voneinander
liegen können, wie es bei zerklüfteten Flötzen als wünschenswert
erscheint. An Stelle des unterirdischen Horizontaltransports tritt der
sehr viel billigere oberirdische Seilbahntransport.

So lange dem Stahlwerk nur der feststehende Druckwasser-Drehkran
zur Verfügung stand, mußten die Bessemerbirnen und die Gießformen
so aufgestellt werden, daß sie im Umkreis des Drehkrans lagen; die
Grundrißanordnung war infolgedessen eine unveränderlich gegebene.
Der elektrisch betriebene Deckenlaufkran bestreicht die ganze
Gießhalle, gewährt daher völlige Freiheit in der Aufstellung der
Birnen und der Formen; man ist infolgedessen in neueren Stahlwerken
zu Grundrißeinteilungen übergegangen, die sich von den alten durchaus
unterscheiden.

Das alte, zum Teil heute noch gebräuchliche Arbeitsverfahren im
Kaibetrieb besteht darin, daß mittels der Schiffswinden zunächst die
Lasten aus dem Schiffsraum an Deck gehoben werden, und daß nun erst
der Kaikran die Last aufnimmt und auf den Kai hebt. Dieses Verfahren
ist umständlich insofern, als außer dem Steuermann auf dem Kran
noch ein zweiter an der Winde stehen muß und als die Lasten an Deck
umgehakt werden müssen, wozu wieder ein besonderer Mann notwendig ist.
Bei Kranen, die so gebaut sind, daß der Ausleger bis über die Luke
reicht, und daß der Kranführer gut in den Schiffsraum sehen kann, und
die ferner eine rasche und genaue Ausführung der Bewegungen erlauben,
können die Lasten unmittelbar aus dem Raum an den Kai gehoben werden,
wodurch wesentlich an Zeit und Arbeitskräften gespart wird.

Wie bereits bei den Werftkranen erwähnt, konnten Schiffsmaschinen erst
im Schiffsraum fertig zusammengepaßt werden, so lange es notwendig
war, die Maschine für den Transport in das Schiff zu zerlegen. Die
Schwerlastkrane der neueren Zeit sind tragfähig genug und bestreichen
ein so großes Arbeitsfeld, daß sie die fertig montierte Schiffsmaschine
im ganzen in das Schiff heben können, so daß dort keinerlei Nacharbeit
mehr erforderlich ist und daher sehr an Zeit gespart wird.

In Maschinenfabriken wurden bis vor einigen Jahren ausschließlich
feststehende Werkzeugmaschinen verwendet. Seitdem rasch arbeitende
Laufkrane zur Verfügung stehen, und seitdem die Werkzeugmaschinen durch
angebaute Elektromotoren angetrieben werden, ist für große Werkstücke
ein neues Arbeitsverfahren üblich geworden: das zu bearbeitende Stück
wird auf eine große Aufspannplatte geschraubt, und die zur Bearbeitung
nötigen Bohr- und Fräsmaschinen werden vom Laufkran ebenfalls auf die
Aufspannplatte gehoben und nacheinander in verschiedenen Lagen auf
der Platte festgespannt, um dann wieder an irgend eine andere Stelle
transportiert zu werden.

Verkaufsgeschäfte mußten früher so angelegt werden, daß alle Räume
im Erdgeschoß und allenfalls im ersten Stock untergebracht waren, um
bequemen Verkehr zu ermöglichen. Seit der Einführung rasch fahrender
Aufzüge werden Warenhäuser mit zahlreichen Geschossen übereinander
gebaut.

In Miethäusern war bisher der Mietertrag der Wohnungen in den oberen
Geschossen wesentlich geringer als in den unteren Stockwerken, obwohl
die höher liegenden Wohnungen helleres Licht, reinere Luft, weniger
Lärm und weniger Staub haben. Der Einbau von Personenaufzügen mit
Druckknopfsteuerung, die jeder Mieter selbst bedienen kann, erhöht den
Wert der oberen Wohnungen, führt daher eine völlige Verschiebung in der
Ausnützung der Räume herbei.

Eiserne Brücken konnten früher nur mit Hilfe von kostspieligen Gerüsten
montiert werden. Neuerdings ist man vielfach dazu übergegangen, Brücken
ohne Gerüst, frei auskragend aufzustellen, in der Weise, daß durch
besonders konstruierte Hebemaschinen die fertig montierten Brückenteile
auf ihren Platz gehoben und sofort befestigt werden.

Bis jetzt haben Hebemaschinen nur in den Großbetrieb Eingang gefunden.
Da der elektrische Betrieb die billige Ausführung in sehr kleinen
Abmessungen erlaubt, so wird voraussichtlich auch in den Kleinbetrieb
die Hebemaschine eindringen. Bislang werden alle Lastwagen von Hand
beladen und entladen, bei Wohnungsumzügen werden die schweren Möbel
über viele Treppen von Hand herunter und hinaufgeschleppt, die
Umladung auf Bahnhöfen geschieht fast ausschließlich von Hand, kurz
die Hebemaschine fehlt vielfach gerade da, wo sie besonders am Platze
wäre. Es würde nicht schwierig sein, Sonderkonstruktionen zu entwerfen,
die derartigen Kleinbetrieben genau angepaßt wären, und die ihre
Anschaffungskosten bald verdient hätten.


5. Einfluß der Hebemaschinen auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes.

Die durch die modernen Hebemaschinen herbeigeführten Änderungen in den
Arbeitsverfahren waren zumeist auch mit tiefgreifenden wirtschaftlichen
Umgestaltungen verbunden.

In den Einzeldarstellungen war bereits der Versuch gemacht worden,
an Beispielen den wirtschaftlichen Einfluß der Hebemaschinen zu
zeigen. So hatte der Vergleich von zwei Fördermaschinen aus den Jahren
1800 und 1900 eine Verminderung der Gesamtbetriebskosten für die
geförderte Kilometertonne von 1,25 M. auf 0,14 M. also auf den neunten
Teil ergeben, wobei indessen nur die eigentliche Maschinenanlage
berücksichtigt war und die Vorteile außer acht gelassen waren, die
sich durch die bessere Ausnützung des kostspieligen Schachtes ergaben.
Die wirtschaftliche Bedeutung der modernen Fördermaschine ist indessen
tatsächlich weit größer, als sie nach diesen Zahlen erscheint. Ohne die
Hilfe dieser Maschinen wäre es überhaupt unmöglich, Kohlen aus größeren
Teufen und in Mengen zu fördern, in denen sie heute verbraucht werden.
Überlegt man sich, daß in Deutschland Fördermaschinen von zusammen
rund 50000 PS arbeiten und bedenkt man, daß zu der gleichen Leistung
eine halbe Million Menschen erforderlich wäre, dann erhält man erst
die richtige Vorstellung von der wirtschaftlichen Bedeutung dieser
Maschinen.

Einem Hochofen aus dem Jahr 1840 brauchten in der Stunde nur 2 t Erz
und Kohle zugeführt zu werden und diese waren auf eine Höhe von nur
12 m zu heben. Ein moderner Ofen verlangt stündlich 80 t Erz und Kohlen
und zwar auf eine Höhe von 40 m gehoben. Diese Leistung wäre ohne
Maschinenkraft unmöglich, ohne Gichtaufzüge würden wir auf die geringe
Eisenproduktion aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts angewiesen sein,
die den dreißigsten Teil der heutigen betrug, und wobei die Tonne
Roheisen 160 M. gegen 60 M. heutzutage kostete.

Der Betrieb eines Bessemer-Stahlwerks ist überhaupt nur möglich, wenn
rasch arbeitende Hebemaschinen zur Verfügung stehen, weil andernfalls
die gewaltigen Mengen flüssigen Stahls, die in kurzer Zeit erzeugt
werden, nicht zu den Gießformen transportiert werden könnten.

Auch die großen Gußstücke und Schmiedestücke des modernen
Maschinenbaues -- Dampfzylinder, Maschinenrahmen, Walzwerkteile,
Schraubenwellen, Geschütze -- könnten nicht hergestellt werden, wenn
nicht genau arbeitende Hebemaschinen zur Bewegung dieser Stücke zur
Verfügung ständen. Im Kruppwerk in Essen arbeiten allein 608 Krane mit
einer Gesamttragkraft von 6513 t gleich einem Güterzug von 650 Wagen.

Der Vergleich eines Kaikrans aus dem Jahr 1768 mit einem modernen Kran
hatte ergeben, daß die Gesamtbetriebskosten für eine Tonne gehobene
Last von 0,30 M. auf 0,005 M., also auf den 60. Teil zurückgegangen
sind.

Im Hamburger Hafen arbeiten insgesamt 750 Kaikrane, die zusammen
eine Leistung von rund 7500 PS erfordern. Zu der gleichen Leistung
würden etwa 75000 Menschen erforderlich sein, also der 10. Teil der
Bevölkerung Hamburgs.

Die geringen Kosten der Seefracht, die die Lebensbedingung für den
heutigen Weltverkehr bilden, würden nicht möglich sein, wenn nicht
durch rasche Entladung das in den Schiffen angelegte Kapital so
intensiv ausgenutzt werden könnte.

Die Bauzeit eines modernen großen Handelsdampfers beträgt im Mittel 1
Jahr, die Bauzeit eines Linienschiffes kann auf 1½ Jahre verringert
werden, wenn es notwendig ist. Wäre man vor drei Jahrzehnten, als die
Werften noch sehr unvollkommen mit Hebemaschinen ausgerüstet waren,
überhaupt in der Lage gewesen, solche Schiffe zu bauen, so würde die
Bauzeit ein Vielfaches der jetzigen betragen haben. Der Einbau von
Schiffskesseln, Panzertürmen und Geschützen wäre ohne Hebemaschinen von
großer Tragkraft überhaupt unmöglich.

Der Vergleich eines mit Dampfwinden löschenden Schiffes mit einem
zweiten, das mit elektrischen Schiffsdeckkranen ausgerüstet ist, ergab
eine Verminderung der jährlichen Gesamtbetriebskosten von 23000 M. auf
13000 M., also auf nahezu die Hälfte. Dabei umfaßt dieser Vergleich
den Fortschritt von nur etwa einem Jahrzehnt. Weit größer würde
indessen der wirtschaftliche Erfolg sein, der sich durch Ersparnis an
Hilfsmannschaften durch weitere Verbreitung der Selbstgreifer erzielen
lassen würde.

Auch in den Kleinbetrieb sind Hebemaschinen bereits in einem Umfang
eingedrungen, der die Vorstellung des Laien weit übersteigen dürfte.
So werden beispielsweise von den Berliner Elektrizitätswerken 1698
elektrisch betriebene Aufzüge mit Strom versorgt, entsprechend einer
angeschlossenen Leistung von 9700 PS.

Diese wenigen beliebig herausgegriffenen Beispiele dürften bereits eine
ungefähre Vorstellung von dem vielgestaltigen Einfluß geben, den die
Entwickelung der Hebemaschinen auf unser ganzes wirtschaftliches Leben
und damit mittelbar auf unsere Lebenshaltung und unsere Kultur ausgeübt
hat.


6. Einfluß der Hebemaschinen auf die Häufigkeit der Unfälle.

Nach der Unfallstatistik ereigneten sich, wie Fig. 173 zeigt, im Jahre
1902 insgesamt 12915 Unfälle beim Lastentransport von Hand und 2206
Unfälle bei der Lastenförderung durch Hebemaschinen. Die Zahl der
Unfälle bei Maschinentransport betrug also im Jahre 1902 nur 17% der
Unfälle beim Handtransport. Im Jahr 1890 war dieses Verhältnis 824 zu
4196, also 20% gewesen.

Die Zahl der Unfälle, die durch Hebemaschinen selbst hervorgerufen
werden, ist hiernach sehr klein im Verhältnis zu denen des
Handtransportes. In der ersten Entwicklungszeit der Aufzüge haben diese
vielbemerkten Unfälle herbeigeführt, die hauptsächlich durch sorgloses
Öffnen der Türen, Hinabsehen in den Schacht, Einsteigen in den
fahrenden Aufzug hervorgerufen wurden. Der elektrische Betrieb gewährt
mit sehr einfachen Mitteln die Möglichkeit, die gefährlichsten Teile
des Aufzugs, die Schachttüren selbsttätig so zu sperren, daß der Aufzug
nur dann in Betrieb gesetzt werden kann, wenn die Türen geschlossen
sind. Diese Einrichtung ist aber zurzeit noch verhältnismäßig wenig
verbreitet. Unfälle durch Seilbruch und Überfahren der Endstellen sind
sehr selten geworden, seitdem Doppelseil, regelmäßige Revision und
Überfahrsicherungen eingeführt sind.

[Illustration: Fig. 173.]

Bei Dampffördermaschinen kamen zahlreiche Unfälle durch Überfahren
der Endstellung vor, die bei der großen Zahl gleichzeitig beförderter
Menschen und bei der großen Geschwindigkeit meist sehr verhängnisvolle
Folgen hatten. Man hat sich vielfach bemüht, Sicherheitsapparate zu
erfinden, die diesem Unfall vorbeugen sollen. Die Wirkung dieser
Apparate ist indessen insofern eine grundsätzlich mangelhafte, als
sie nur eine plötzliche Absperrung des Dampfes, aber nicht eine
allmähliche Verminderung der Geschwindigkeit herbeiführen können.
Diese Möglichkeit gewährt hingegen der elektrische Betrieb in sehr
vollkommener Weise und mit den denkbar einfachsten Mitteln. Man kann
bei elektrisch betriebenen Fördermaschinen unbedenklich den Steuermann
zurücktreten lassen und die Maschine sich selbst überlassen: sie mäßigt
selbsttätig ihre Geschwindigkeit um so mehr, je näher das Fördergerippe
der Hängebank kommt und setzt dieses etwa 1 m über der Hängebank mit
Sicherheit still.


7. Einfluß der Hebemaschinen auf den Arbeiterstand.

Es liegt nahe, die Frage aufzuwerfen, welche Folgen die weitgehende
Ersparnis von menschlichen Arbeitskräften durch die Hebemaschinen
für die Arbeiter selbst herbeiführt. Gibt es doch heute noch eine
große Zahl sonst verständiger Leute, welche den Ersatz der Handarbeit
durch Maschinenarbeit als ein soziales Unglück ansehen, indem sie von
der irrtümlichen Voraussetzung ausgehen, daß der durch die Maschine
ersparte Arbeiter brotlos wird. Man sollte zwar glauben, daß dieses
Vorurteil ohne weiteres durch die Tatsache widerlegt würde, daß der
heutige Industriestaat Deutschland eine mehr als doppelt so große
Bevölkerung besitzt als eben dieser Agrarstaat vor hundert Jahren,
und daß trotz dieser dichten Bevölkerung die Lebenshaltung auch der
sog. besitzlosen Klassen heute eine weit höhere ist als zu Beginn des
neunzehnten Jahrhunderts.

[Illustration: Fig. 174.]

Einen genaueren Einblick in diese Verhältnisse können natürlich nur
Einzeluntersuchungen geben; im folgenden mögen nur ein paar Beispiele
herausgegriffen werden.

Das Schaubild Fig. 174 stellt die Entwicklung des Steinkohlenbergbaues
im Oberbergamtsbezirk Dortmund in der Zeit von 1875 bis 1900 dar. Über
den Jahreszahlen ist zunächst die Zahl der jährlich geförderten Kohlen
aufgetragen; gleichzeitig ist die Zahl der im Bergbau beschäftigten
Personen eingezeichnet.

Aus diesen beiden Zahlen ist für jedes Jahr der Quotient gebildet, mit
anderen Worten, es ist die Zahl der Tonnen Kohlen aufgetragen, welche
auf eine Person trifft. Diese Zahl ist nur im Jahr 1875 von 220 auf 294
im Jahre 1880 gestiegen, von da an ist sie nicht mehr weiter gewachsen,
sondern langsam bis auf 264 im Jahre 1900 gefallen. Trotz der in dieser
Zeit eingeführten vollkommenen Förderanlagen und trotz zahlreicher
anderer Hilfsmaschinen -- Gesteinsbohrmaschinen, Streckenförderungen
usw. -- hat sich die auf einen Arbeiter entfallende Fördermenge nicht
vergrößert, sondern sogar vermindert, ein Beweis dafür, daß die an
einer Stelle ersparten Arbeitskräfte sofort für andere Arbeiten
Verwendung gefunden haben. Es ist eben zu beachten, daß die Kohle
einerseits aus größeren Teufen geholt werden muß, und daß anderseits
an die Güte und Reinheit der Kohle viel höhere Ansprüche gestellt
werden als vor 25 Jahren. Beides wirkt zusammen, um eine vermehrte
Arbeitsgelegenheit herbeizuführen, trotzdem mit weit vollkommeneren
Mitteln gearbeitet wird als vor dieser Zeit.

[Illustration: Fig. 175.]

In dem Schaubild Fig. 175 sind die Herstellungskosten für 100 cbm
Leuchtgas eingetragen, so wie sie sich in den letzten Jahren in
dem Gaswerk zu Charlottenburg ergeben haben. Trotz der zahlreichen
in diesen Jahren eingeführten Verbesserungen sind die für Löhne
aufgewendeten Kosten nicht geringer geworden, weil jede Ersparnis
an Arbeitskräften ausgeglichen wurde durch eine entsprechende
Lohnsteigerung.

Dieser Vorgang wiederholt sich überall: der Ersatz der Handarbeit
durch Maschinenarbeit verbilligt zunächst den erzeugten Stoff; infolge
der Verbilligung wird dieser in höherem Maß verbraucht und muß
dementsprechend in größeren Mengen hergestellt werden. Die ursprünglich
als Handlanger verwendeten Arbeitskräfte leisten nun die zur Steuerung
der Maschine notwendige Arbeit. Die schließliche Wirkung ist immer die,
daß die rohe nur körperliche Arbeit ersetzt wird durch eine Tätigkeit,
bei der die körperliche Leistung zurücktritt und die Intelligenz in
Anspruch genommen wird. Der Arbeiter, der zuerst Lasten schleppen
mußte, steht jetzt als Steuermann auf dem Führerstand des Krans.


8. Die Hebemaschinen in der Kulturgeschichte.

Nur ein geringer Bruchteil der technischen Entwicklung ist im
vorausgegangenen vorübergeführt worden. Und doch erlaubt diese
Einzelgeschichte einen Ausblick auf die Kulturentwicklung, wenn das
hier Dargestellte zusammengefaßt wird mit den Umrissen der technischen
Geschichte überhaupt.

In der Vorzeit und in der Antike erschienen als typisches Hilfsmittel
zum Bewegen schwerer Lasten Holzmasten, von Hanfseilen gehalten, mit
Rollenzügen und Handwinden ausgerüstet. Das Ganze war ein vorübergehend
aufgestelltes Werkzeug, das nur so lange gebraucht wurde, bis mit
seiner Hilfe der Monumentalbau errichtet war. Mit diesen dürftigen
Hilfsmitteln und mit Tausenden von willenlosen Sklavenhänden haben die
Vorzeit und die Antike Bauten hervorgebracht, die wie die Pyramiden
und Monolithen, wie die Heerstraßen und Aquädukte für die einfachen
Werkzeuge der damaligen Zeit gewaltige technische Leistungen darstellen.

Diese hervorragenden technischen Werke waren ebenso wie die
wundervollen künstlerischen Leistungen der Antike nur dadurch möglich
geworden, daß ein verhältnismäßig geringer Teil der Menschheit
sozial weit über die große Menge hinausgehoben wurde, so daß er, der
Sorge um den Lebensunterhalt entrückt, ganz in der künstlerischen
Tätigkeit aufgehen konnte. Dieses Hinausheben einzelner Weniger
über die Alltagsarbeit konnte wieder nur dadurch geschehen, daß
die große Masse alle körperliche Arbeit gegen geringes Entgelt
leistete. Die Mittelmeerländer mit ihrem glücklichen Klima und mit
einem Vegetations-Reichtum, der den heutigen noch weit übertraf,
gewährten dem geringen Volk damals noch mehr als jetzt eine leidliche
Lebensführung mit einem geringsten Aufwand von Mitteln, so daß aller
Arbeitsüberschuß den sozial höher Stehenden in reichlichem Maß zur
Verfügung stand. Die rein materielle Lage der damaligen griechischen
und römischen Sklaven war vielleicht eine bessere als die der heutigen
Arbeiterbevölkerung Unteritaliens; nach den Erfahrungen der Geschichte
aller Zeiten wird aber eine wirtschaftlich ungünstige Lage viel weniger
drückend empfunden als das Gefühl, der Laune seines Herrn völlig
preisgegeben zu sein und als das Bewußtsein, daß ein Emporsteigen
der Nachkommen in eine sozial höhere Schicht völlig versperrt ist.
Vermutlich haben in den Vereinigten Staaten die Dogmen der Sozialisten
hauptsächlich darum keinen Boden gewonnen, weil trotz der ungeheuren
sozialen Unterschiede das Emporsteigen in eine höhere Schicht in keinem
Lande so erleichtert ist wie dort.

Der schroffe Gegensatz zwischen der kleinen Zahl der auf der
Sonnenseite stehenden freien Menschen zu der ungeheuer ausgedehnten
Unterschicht von Unfreien und von aller Entwicklung Ausgesperrten
gestaltete den Gleichgewichtszustand der antiken Staaten zu einem
völlig labilen.

Ein solches auf sozialer Ungerechtigkeit aufgebautes, innerlich
nicht standfestes Staatsgebilde mußte schließlich der Zerstörung
anheimfallen. Um so machtvoller mußte in diesem schwankenden Bau das
keimende Christentum wirken, das in seiner Frühzeit nichts anderes
als eine soziale Bewegung war, freilich nicht in dem materiellen Sinn
der heutigen Arbeiterbewegung, sondern sozial in dem idealen Sinn
der gleichen innerlichen Wertung aller Menschen. Als diese Bewegung
unterstützt von den von außen her einwirkenden germanischen Kräften
zum Durchbruch gelangt war, war ein auf Sklavenarbeit gestütztes
Staatsgebilde nicht mehr möglich. Die Folge dieses Umsturzes
war die, daß nunmehr eine annähernd gleichmäßige Verteilung der
Alltagsarbeit auf die Gesamtheit eintreten mußte und daß darum nur
einem winzigen Bruchteil der Menschen noch Muße für künstlerische und
wissenschaftliche Betätigung verblieb. Die weitere Kulturentwicklung
bedurfte daher vieler Jahrhunderte, um ein kleines Stück voran zu
kommen.

Kennzeichnend für die Hebemaschinen-Technik am Ausgang des Mittelalters
ist die Wasserrad-Fördermaschine des deutschen Bergbaues. Aus Hölzern
gefugt, die mit eisernen Klammern verbunden waren, erscheint sie
als das natürliche Ergebnis der damaligen Mittel des Handwerks;
bescheiden im Vergleich zu den modernen Fördermaschinen ist ihre
Leistungsfähigkeit. Aber alle Einzelheiten sind sorgfältig durchdacht
und genau der Herstellung und dem Zweck angepaßt, und diese einfache
Fördermaschine bildet die Lebensbedingung für den Tiefbau des deutschen
Bergmannes und den Ausgangspunkt der heutigen Eisentechnik. Zu ihr
fügte der Hüttenmann das Wasserrad-Gebläse, das die hohe Temperatur des
Hochofens und mit ihr die Herstellung des Gußeisens zustande brachte.

Mit der Fördermaschine und dem Hochofen beginnt ein neuer Abschnitt
der Kulturgeschichte, wenn er auch bisher nicht als solcher gewürdigt
wird. Nur die äußeren Erfolge jener Zeit -- die Entdeckung Amerikas,
die Erfindung des Buchdruckes und des Schießpulvers -- werden als die
Marken der neuen Zeit hingestellt, -- die tiefgreifenden Wirkungen der
beginnenden Eisen- und Stahltechnik aber meist übersehen. Wenn diese
Technik in ihrem Umfang nach auch nicht mit der heutigen verglichen
werden kann, so führte sie doch zu einer weitgehenden Ausbildung der
Werkzeuge und mit dieser zu einer glänzenden Blüte des Handwerks,
namentlich der Schmiedekunst und weiter zur Erfindung und Ausgestaltung
der Uhren, Instrumente und Feuerwaffen. Die Tätigkeit des Handwerks
aber brachte die vielbewunderte künstlerische Entwicklung der deutschen
Städte zur Zeit der Renaissance.

       *       *       *       *       *

Als Mittel zur Bewegung schwerer Lasten zu Beginn des
Maschinen-Zeitalters -- gegen die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts --
tritt uns der Dampfkran am Kai entgegen. Mit seinem massigen gebogenen
Schnabel aus Walzeisen, auf einem schweren Quaderfundament lastend, mit
langsamen Bewegungen und mit dem fauchenden Geräusch des auspuffenden
Dampfes erweckt er den Eindruck eines Untieres aus der Urzeit.
Wenn er erst zugefaßt hat, entwickelt er eine gewaltige Hubkraft,
aber er braucht Menschen als Handlanger, die mit Schlingketten die
Last an seinem Haken befestigen. Wegen seiner Unbehilflichkeit im
Zufassen, wegen seiner Langsamkeit und Schwerfälligkeit ist er nur
für Schwerlasten geeignet, nicht aber für schnelle Massenbewegung
verwendbar. Noch herrscht der Mensch nicht frei über die Maschine,
sondern er ist zum Teil noch ihr Diener. Der Dampfkran dieser ersten
Zeit erinnert noch etwas an die Vorläufer der Dampfmaschine, an
die ersten Feuermaschinen von Newcomen, bei denen der Hahnsteuerer
unablässig nach dem Takt der Maschine die Dampf- und Wasserhähne auf-
und zudrehen mußte. In dieser Frühzeit der modernen Technik erscheint
die Maschine wie ein Dämon, der den Menschen zu seinem Sklaven macht,
der nur den Unternehmer bereichert, den Arbeiter aber bis auf seine
letzten Kräfte ausbeutet, der häßlich, schwerfällig und anscheinend
kulturfeindlich auftritt.

Ein ganz anderes Bild gewährt schon rein äußerlich der moderne
elektrisch betriebene Stahlwerkskran: wir erblicken einen zierlichen,
frei über die Halle gespannten stählernen Gitterträger und von ihm
herabragend einen schlanken, nach allen Richtungen beweglichen
Zangenarm; das Ganze wird von einem einzigen Mann beherrscht, der
mit sanftem Druck auf den Steuerhebel die elektrischen Ströme
steuert und mit ihrer Hilfe die schlanken Stahlglieder des Krans zu
raschen Bewegungen zwingt, so daß sie ohne Zutun eines Handlangers
den glühenden Stahlblock greifen und durch die Luft schwingen;
dabei ist kein anderes Geräusch zu hören als das leise Surren der
Elektromotoren. Hier ist der Mensch nicht mehr der Diener, sondern
der Herr, nicht mehr seine Muskelkraft, sondern seine Umsicht,
Überlegung und Energie leisten die technische Arbeit, die Erfindung
der Maschine hat den Menschen auf eine höhere soziale Stufe gestellt,
seine Lebenshaltung gesteigert und ihn zum denkenden Mitglied der
menschlichen Arbeitsgemeinschaft gemacht. Diese auf der ganzen Linie
in Angriff genommene Entlastung der Menschheit von körperlicher Arbeit
eröffnet zugleich den Begabten die Möglichkeit, wissenschaftlich und
künstlerisch tätig zu sein, bahnt also mittelbar der Freiheit und der
Entwicklung eine Gasse. »Beherrschung der Naturkraft zur Herbeiführung
eines menschenwürdigen Daseins für alle«: das ist im Grunde genommen
das letzte Ziel der Ingenieurkunst.

[Illustration]



Benützte Werke.


    Poppe, Encyclopädie des gesammten Maschinenwesens, 1803.

    Neumann, Der Wasser-Mahlmühlenbau, 1810.

    Borgnis, Traité complet de mécanique appliquée aux arts, 1818.

    v. Langsdorf, Ausführliches System der Maschinenkunde, 1826.

    Nicholson, Der praktische Mechaniker, 1826.

    Abhandlungen der Kgl. Technischen Deputation für Gewerbe, 1826.

    Dinglers Polytechnisches Journal, 1821, 1827, 1828, 1838, 1842,
    1845, 1847, 1851, 1899.

    Dr. Ure, Philosophy of manufactures, 1835.

    Transactions of the institution of civil engineers, 1838.

    Hülsse, Allgemeine Maschinen-Encyclopädie, 1841.

    Civil engineer and architect journal, 1842, 1854.

    Kronauer, Zeichnungen von ausgeführten Maschinen, 1845, 1860.

    The practical mechanics journal 1851, 1868.

    Mechanics magazine, 1859.

    Redtenbacher, Der Maschinenbau, 1865.

    Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1858, 1900, 1901,
    1904, 1905.

    Burat, Cours d’exploitation des mines, 1871.

    Werner, Atlas des Seewesens, 1871.

    Hagen, Handbuch der Wasserbaukunst, 1874.

    O. Hoppe, Beiträge zur Geschichte der Erfindungen, 1880.

    Colyer, Hydraulic, steam and hand power lifting and pressing
    machinery, 1881.

    Towne, A treatise on cranes, 1883.

    Uhland, Die Hebeapparate, 1883.

    Ernst, Hebezeuge, 1883, 1895, 1899, 1903.

    Anvers port de mer, 1885.

    Riedler, Skizzen zu den Vorlesungen über Lasthebemaschinen, 1885.

    Glynn, A rudimentary treatise on the construction of cranes, 1887.

    Fréson, Notice sur les ascenseurs hydrauliques pour bateaux, 1888.

    Handbuch der Ingenieur-Wissenschaften, 1893.

    Riedler, Schiffshebewerke, 1897.

    Engineering, 1899, 1901.

    Engineering news, 1900, 1905.

    Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, 1901.

    Hrabak, Die Drahtseile, 1902.

    Frölich, Die Werke der Gutehoffnungshütte, 1902.

    Oppel, Natur und Arbeit, 1904.

    Haberkalt, Die preisgekrönten Projekte, 1904.

    Choisy, L’art de bâtir chez les Égyptiens, 1904.

    Steinhausen, Geschichte der deutschen Kultur, 1904.

    Elektrische Bahnen und Betriebe, 1904, 1905, 1906.

    Glück auf, 1905.

    Stahl und Eisen, 1905.

    Ragoczy, Binnenschiffahrt und Seeschiffahrt, 1905.

    Schiffbau, 1905.

    Böttcher, Krane, 1906.

    Möller, Grundriß des Wasserbaues, 1906.



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