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Title: Die Welt der Planeten
Author: Meyer, Max Wilhelm
Language: German
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    Anmerkungen zur Transkription


    Das Original ist in Fraktur gesetzt. Im Original gesperrter bzw.
    unterstrichener Text ist _so ausgezeichnet_. Im Original in Antiqua
    gesetzter Text ist ~so markiert~. Im Original fetter Text ist =so
    hervorgehoben=.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des
    Buches.

[Illustration]



Die Welt der Planeten.

▣



Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, Stuttgart.


Die Gesellschaft Kosmos will die Kenntnis der Naturwissenschaften und
damit die Freude an der Natur und das Verständnis ihrer Erscheinungen
in den weitesten Kreisen unseres Volkes verbreiten. – Dieses Ziel
glaubt die Gesellschaft durch Verbreitung guter naturwissenschaftlicher
Literatur zu erreichen mittels des

        =Kosmos=, Handweiser für Naturfreunde
        Jährlich 12 Hefte      Preis M 2.80;

ferner durch Herausgabe neuer, von ersten Autoren verfaßter, im guten
Sinne gemeinverständlicher Werke naturwissenschaftlichen Inhalts. Es
erscheinen im Vereinsjahr 1910:

Koelsch, Von Pflanzen zwischen Dorf und Trift.

Reich illustriert. Geh. M 1.– = K 1.20 h ö. W.

Meyer, Die Welt der Planeten.

Reich illustriert. Geh. M 1.– = K 1.20 h ö. W.

Dekker, Auf Vorposten im Lebenskampf I.

Reich illustriert. Geh. M 1.– = K 1.20 h ö. W.

Floericke, Säugetiere fremder Länder.

Reich illustriert. Geh. M 1.– = K 1.20 h ö. W.

Weule, Die Kultur der Kulturlosen.

Reich illustriert. Geh. M 1.– = K 1.20 h ö. W.

Diese Veröffentlichungen sind durch _alle Buchhandlungen_ zu beziehen;
daselbst werden Beitrittserklärungen (Jahresbeitrag nur M 4.80) zum
=Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde=, (auch nachträglich noch
für die Jahre 1904/09 unter den gleichen günstigen Bedingungen)
entgegengenommen. (Satzung, Bestellkarte, Verzeichnis der erschienenen
Werke usw. siehe am Schlusse dieses Werkes.)


Geschäftsstelle des Kosmos: =Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart=.



    Die Welt der Planeten

    Von

    Dr. M. Wilh. Meyer

    Mit zahlreichen Abbildungen

    [Illustration]

    Stuttgart

    Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde

    Geschäftsstelle: Franckh'sche Verlagshandlung



        ~Copyright 1910 by
        Franckh'sche Verlagshandlung,
        Stuttgart~


Stuttgarter Setzmaschinen-Druckerei, G. m. b. H., Stuttgart.



[Illustration]


Wie groß und schön erscheint uns die Welt unserer Erde! Vor der
Erkenntnis der wahren Einrichtung des Weltgebäudes und seiner
Dimensionen, die kaum mehr als drei Jahrhunderte alt ist, war ja die
Erde die eigentliche Welt in ihrem hauptsächlichsten Umfange, und all
die Sterne, die sich wie unterwürfige Vasallen um sie drehten, galten
in dieser Weltanschauung nur als Nachtlichter, die keine andere Aufgabe
hatten als das sonst gar zu bedrückend schwarze Himmelsgewölbe nachts
zu beleben.

Welch eine unendliche Fülle des Geschaffenen birgt diese Welt der Erde!
Die Meere verbreiten sich fast unbegrenzt über sie hin, erfüllt mit
Millionen und aber Millionen von Lebewesen aller Art, und ihre Wunder
beleben noch die letzten finstern Tiefen. Hoch bis über die Wolken
erheben sich die schneebedeckten Häupter der Bergriesen, und in den
Ebenen zu ihren Füßen dehnen sich Wälder und grüne Matten, unterbrochen
von den Städten der Menschen, über anderthalb tausend Millionen an
Zahl, die diese weite Schöpfung zu beherrschen lernten, und deren Geist
sich in alle Höhen und Tiefen schwingt. Wie geheimnisvoll arbeitet es
in jeder Ader, in jedem Blatt, wie unendlich vielartig verschlungen ist
das Geschehen dieser Welt allein! Überblickt man von ihr auch nur einen
fast verschwindend kleinen Teil, so erkennt man die Unmöglichkeit,
auch nur diesen Ausschnitt unserer Erdenwelt in seinem Wesen völlig zu
erfassen und zu durchdringen, und wir bewundern die Größe der Schöpfung
in jedem Infusor.

Und diese unermeßlich große schöpferische Kraft sollte sich dort oben
am stillen Himmel noch unermeßlich viele Male wiederholen? Der Gedanke
ist eben in Wirklichkeit unfaßbar; noch heute weigert sich der einfache
Menschenverstand, seine Möglichkeit nur anzunehmen. Die vierhundert
Jahre, die seit der Großtat des Kopernikus verflossen sind, genügten
bei weitem nicht, diesem revolutionärsten Gedanken, der je gedacht
worden ist, und der diese ganze Erdenschöpfung aus dem Mittelpunkt der
Welt verdrängte, allgemeines Bürgerrecht zu verschaffen. Predigt man
die neue Lehre auch allerorten, so ist sie doch nur wenigen wirklich
in Fleisch und Blut gedrungen. Hält sich nicht jeder einzelne, mit den
wenigen Ausnahmen innerlich bescheidener Menschen, für das wichtigste
Glied seiner besonderen Gemeinschaft, nicht für nur einen unter
Millionen, und gibt es nicht heute noch Herrscher, die meinen, daß von
ihnen allein alle Macht ausgehe, während auch sie regiert werden, wie
sie regieren, Glieder sind in einer Reihe von Verkettungen mächtigerer
Einflüsse, als sie sie jemals üben können! So vermögen es sich auch nur
wenige vorzustellen, daß diese so unfaßbar große Erde nur ein kleines
Glied in einer höheren Organisation sein solle, in dem Planetensystem,
wo Weltkörper, zum Teil noch viel größer als unsere Erde, Spielbällen
gleich, mit ihr gemeinschaftlich um die Sonne kreisen, von ihr in
jeder Sekunde um viele Kilometer weit durch den leeren Raum getrieben.
Ein ungeheurer Gedanke, von dem man wohl begreifen kann, daß er
Jahrhunderte braucht, um selbst in hervorragenden Köpfen ganz zur Reife
zu kommen.

Das _Weltsystem des Ptolemäus_ war dagegen menschlich viel
verständlicher. In dem _Münchener Deutschen Museum_, das sich den
Physiksaal der Berliner Urania, vielfach vergrößert und vervollkommt,
zum Vorbild genommen hat, ist ein sehr anschauliches, bewegliches
Modell des ptolemäischen Weltsystems ausgestellt (Abb. 1). Wir sehen,
wie die Erde im Mittelpunkte ruhig steht, und wie von ihr eine Reihe
von Stangen ausgeht, die die Planeten tragen. Zu diesen gehörten damals
auch Sonne und Mond. Diese beiden sind in dem Modell unmittelbar an den
Enden der um die Erde laufenden Stangen befestigt; dagegen trägt das
Ende der andern für Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn bestimmten
Stangen je wieder einen Stangenast, der sich seinerseits um das Ende
der ersteren Stange in gewissen, für jeden Planeten verschiedenen
Zeiträumen dreht. Erst am Ende dieser Stangenäste befinden sich die
Planeten, die sich also einmal um einen leeren Punkt (am Ende jener
mit der Erde unmittelbar verbundenen Stange) und erst mit diesem um
die Erde selbst drehen. Wir können mit eigener Hand das ganze System
in Bewegung setzen, und das Modell demonstriert uns dann ~ad oculos~,
daß es wirklich so geht, daß man nämlich die Bewegungen der Planeten,
wie wir sie mit diesen selben Augen am Himmel beobachten, durch eine
relativ einfache, mechanische Vorrichtung nachahmen kann. Weshalb
sollten die Alten, die von den wahren Wirkungen der Naturkräfte
noch so wenig wußten, sich nicht denken können, von der Erde gingen
derartige Stangen aus, die an Gelenken oder Ästen die Planeten trugen,
während alles von einem geheimnisvollen Uhrwerk im tiefsten Innern der
Welt umgetrieben wurde?

[Illustration: Abb. 1.]

Die Gelenke, an denen sich die Planeten befanden, waren dadurch
notwendig geworden, weil man gesehen hatte, daß diese »_Wandelsterne_«
nicht wie Sonne und Mond immer in gleicher Richtung den Himmel
umwandelten, sondern zuweilen in ihrem Laufe stillstanden,
zurückgingen, »_rückläufig_« wurden, wie man es auch heute noch nennt,
wieder stillstanden und dann erst ihren gewöhnlichen Lauf von neuem
aufnahmen. Dies konnte man durch jene doppelte Bewegung ohne weiteres
erklären. Das Modell zeigt es. Wenn der Planet an seiner Gelenkstange,
wie ich sie einmal ganz einfach nennen will, gerade zwischen dem
Punkte, um den er sich an dem Gelenke dreht, und der Erde vorbeikam,
so bewegte er sich in umgekehrter Richtung wie der Gelenkpunkt selbst,
der gleichmäßig um die Erde läuft. Der Planet wurde rückläufig. Wenn er
aber jenseits stand, so summierten sich beide Bewegungen, der Planet
lief schneller als gewöhnlich, und zwar _rechtläufig_; zwischen beiden
Stellungen lagen _Stillstandspunkte_, in denen sich der Planet an
seinem Gelenk entweder gegen die Erde hin oder von ihr weg bewegte. Den
um die Erde selbst beschriebenen Kreis nannte man den _Deferenten_,
den Kreis, den der Planet um seine Gelenkstange beschrieb, deren
Bewegungspunkt auf der Peripherie des Deferenten um die Erde lief,
bezeichnete man als _Epizykel_. Je nach der Auswahl der Größe dieser
Kreise und der Bewegungsgeschwindigkeiten auf ihnen gelang es, die
beobachteten _Schleifenbildungen_ der Planeten am Himmel durch solch
einen Uhrwerkmechanismus nachzuahmen. Mehr konnte man damals nicht
verlangen. Ptolemäus hatte die Planetenbewegungen durchaus befriedigend
»beschrieben«. Abb. 2 zeigt diesen Mechanismus in einer handgreiflichen
Konstruktionsweise.

[Illustration: Abb. 2. Epizyklischer Bewegungsmechanismus nach
Ptolemäus.]

Ob die Dinge sich wirklich so verhielten, wie es diese Konstruktion
darstellte, darüber hat sich Ptolemäus niemals ein Urteil erlaubt. Er
blieb als echter beschreibender Forscher durchaus auf dem Standpunkte
stehen, den ihm die Kenntnisse seiner Zeit anwiesen, und stellte seine
Annahme nur als eine »Arbeitshypothese« hin, auf deren Basis weiter
geforscht werden konnte. Im Gange einer exakten Forschung sind immer
drei Stufen hervorgetreten. Die erste erforscht das »Was«, die zweite
das »Wie« und die dritte erst das »Warum«. Ptolemäus stand noch auf
der Stufe, die zu erforschen hatte, was am Himmel vor sich ging,
und dies brachte er in eine mathematisch leicht zu übersehende und
nachzubildende Form. Wie diese Bewegungen in Wirklichkeit stattfanden,
und warum sie gerade so und nicht anders geschehen konnten, das
waren die beiden Stufen, die erst nahezu nach zweitausendjähriger
Beobachtungsarbeit _Kepler_ und _Newton_ ersteigen konnten.

_Kopernikus_, nach dem das neue System benannt werden muß, da er die
umwälzende Idee zuerst in eine strenge Form brachte, hatte dennoch jene
zweite Forschungsstufe nicht erreicht, und er selbst hat auch niemals
Anspruch darauf erhoben. Er hatte nur erwiesen, daß die unbekannten
Einrichtungen, die die Planeten bewegten, sich außerordentlich viel
einfacher gestalten, wenn man sich die Erde nicht mehr stillstehend,
sondern sich um die Sonne drehend dachte, um die auch die andern
Planeten, mit Ausnahme des Mondes, sich ebenso wie die Erde bewegten.
Dann konnte man alle jene Epizykel mit einem Male aus dem Uhrwerk
fortlassen, ohne daß die Wiedergabe der beobachteten Bewegungen
darunter leiden mußte. Aber auch Kopernikus konnte gewisse epizyklische
Bewegungen noch nicht entbehren, worauf wir hier nicht naher eingehen
können. Sein System blieb immer noch recht kompliziert. Es hatte zwar
sehr viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich als das ptolemäische, konnte
aber für seine wirkliche Existenz ebensowenig einen triftigen Grund
angeben wie dieses.

[Illustration: Abb. 3. Erklärung der ungleichförmigen Bewegung der
Sonne nach Hipparch.]

Namentlich blieben manche Bewegungseigentümlichkeiten unerklärlich,
die zum Teil schon _Hipparch_, der Nachfolger des Ptolemäus auf dem
astronomischen Lehrstuhl in Alexandrien, entdeckt hatte. Er sah,
daß die Sonne sich durchaus nicht gleichmäßig um die Erde bewegte;
im Winter lief sie schneller als im Sommer. Da man nun an eine
andere als eine Kreisbewegung gar nicht zu denken wagte, weil sie
für ihn außerhalb aller mechanischen Erklärungsmöglichkeit lag,
so konnte man sich nicht anders helfen, als daß man die Erde doch
bereits aus dem eigentlichen Mittelpunkte aller Bewegung rückte.
Sobald sie, entsprechend der Abbildung 3, zu dem von der Sonne
jährlich beschriebenen Kreise exzentrisch steht, erklärt sich jene
jahreszeitlich wechselnde Geschwindigkeit ihrer Umlaufsbewegung. Da
man die Ursache aller dieser Bewegungen nicht kannte, und ja auch
die epizyklische Bewegung um einen leer gedachten Punkt stattfand,
so konnte man sich auch diese Lage des Bewegungszentrums der Sonne
außerhalb des Erdkörpers wohl als möglich vorstellen. Nun zeigte auch
der Mond diese periodische Beschleunigung und Verlangsamung seiner
Bewegung, die wieder nur darzustellen war, wenn man das Zentrum
seines exzentrischen Kreises an einen andern Punkt verlegte als das
für die Sonne. Und noch dazu zeigte es sich, daß die Lage dieses
Zentrums selbst wieder sich in etwa neun Jahren um die Erde bewegte.
Ähnliches fand man später auch bei den Planetenbewegungen, die in ihren
verschiedenen Stellungen zur Erde ungleiche Schleifen durchliefen. Alle
diese Ungleichheiten konnte auch Kopernikus nicht anders erklären, als
es schon Hipparch getan hatte. Er blieb an der Überzeugung von der
in Wirklichkeit gleichmäßig schnellen Bewegung der Himmelskörper in
Kreisen hängen.

Erst _Kepler_ räumte mit allen diesen Schwierigkeiten auf, indem er die
exzentrischen Kreise durch _Ellipsen_ ersetzte. Seine drei Grundgesetze
aller Bewegungen im Planetensystem heißen:

1. _Alle Planeten bewegen sich in Ellipsen um die Sonne, in deren einem
Brennpunkt sie steht._

2. _Die Bewegungen in diesen Ellipsen finden so statt, daß die von
der Verbindungslinie zwischen Sonne und Planet, dem sogenannten
Radiusvektor, beschriebenen Flächen den dazu verwendeten Zeiten
proportional sind._

3. _Die Kuben der Entfernungen der Planeten von der Sonne verhalten
sich wie die Quadrate ihrer Umlaufszeiten._

Mit diesen drei einfachen Gesetzen ließen sich nicht nur alle
beobachteten Bewegungen der Planeten auf das genaueste durch die
Rechnung wiedergeben, sondern man hatte sogar durch sie ein Mittel
gefunden, die relativen Entfernungen im System festzuhalten, worüber
man bis dahin nur ganz ungefähre Vermutungen haben konnte.

Kepler hatte entdeckt, _wie_ die Planeten sich bewegen; warum es
so sein mußte, fand kaum fünfzig Jahre später _Newton_, indem er
nachwies, daß die Ursache aller dieser Bewegungen keine andere sei als
die, die auch den Stein aus unserer Hand zur Erde fallen läßt, der
allgemeinsten von allen täglichen Erscheinungen. Aus dem einen _Gesetz
der Gravitation oder der allgemeinen Schwere_, das besagt, daß alle
Körper, welcher Art sie auch seien, alle andern Körper in gleicher
Weise anziehen, und zwar so, daß diese Anziehung mit der Masse direkt
proportional zu- und mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, lassen
sich die drei Keplerschen Gesetze als logische Folgen mathematisch
ableiten. Alle Bewegungen der Körper unseres Planetensystems bis in
ihre letzten Feinheiten, die unsere haarspalterische Beobachtungskunst
aufdeckt, sind einzig und allein aus diesem einen Gesetze für
Jahrhunderte und Jahrtausende in Vergangenheit und Zukunft zu
berechnen. Theorie und Erfahrung sind im vollkommenen Einklange
miteinander, das Gebäude der Himmelsmechanik steht vollendet da; nur
Einzelheiten sind noch auszuarbeiten, besonders, wenn die Erfahrung
neue Tatsachen herbeigeschafft hat, die sich aber bisher stets mit
der Theorie in Einklang bringen ließen, wenn auch in einzelnen
verwickelten Fällen dieser Einklang nicht sofort zu erzielen war. Wir
werden im folgenden einige solcher Fälle näher zu betrachten haben, wo
eine anfängliche Disharmonie stets in einen neuen Triumph des großen
einheitlichen Gesetzes ausklang.

Dieses _Newtonsche Weltgebäude_ ist also nicht als eine unter vielen
denkbare Hypothese anzusehen, wie es die vorangehenden Weltansichten
waren, sondern als die eine große Wahrheit, zu der alle denkenden
Geschöpfe gelangen müssen, als dem letzten Triumph ihrer logischen
Kraft, in welchem unbekanntesten Winkel des Weltalls sie auch leben,
und wie wenig sie auch sonst uns Menschen gleichen mögen; nur müssen
sie Augen haben, die hehren Bewegungen der Gestirne zu sehen. Denn
es hat sich herausgestellt, daß auch alle Bewegungen der Gestirne
außerhalb unseres Planetensystems, soweit wir sie verfolgen können,
nach diesem selben Gesetze stattfinden. Diese Überzeugung, der
allgemeinsten Wahrheit zu dienen, erhebt unsern Geist machtvoll über
das kleinliche Getriebe der Menschenwelt, die tausend Wahnideen für
ewige Wahrheiten nimmt, um sich in ihnen schmerzvoll zu verwirren.

[Illustration: Abb. 4.]

Unsere Erde ist ein für allemal als ein kleines Glied in diesen
wunderbaren Organismus eingereiht. Wähnte das anmaßende
Menschengeschlecht einstmals den größten Teil der Welt zu beherrschen,
so müssen sich heute seine Machthaber mehr und mehr an den Gedanken
gewöhnen, daß sie nur einen kleinen Teil einer Provinz in einem Reiche,
dem der Sonne, verwalten, in dem noch Millionen ähnlicher Weltkörper in
den unermeßlichen Räumen des allumfassenden Milchstraßensonnenschwarmes
ihren unbekannten Zielen entgegeneilen.

Ob unsere so völlig in der großen Gemeinschaft verschwindende Erdenwelt
zu den schöneren und bestorganisierten dieser Weltkörper gehört?
Das wäre ein gewisser Trost für das von seinem Thron im erträumten
Mittelpunkte der Welt für immer verwiesene Menschengeschlecht.

In einem andern Kosmosbändchen habe ich die Leser zum Monde
hinaufgeführt, der uns nächsten außerirdischen Welt. Dabei haben wir
gesehen, daß der Mond ein von der Erde sehr verschiedenes Weltwesen
ist, dessen Organisation auf keinen Fall die Schönheit und Fülle
unserer Erdenwelt aufweisen kann. Wie steht es in dieser Hinsicht mit
den übrigen Planeten? Dieses Büchlein soll einen Überblick dessen
geben, was unsere moderne Beobachtungskunst über das Wesen der Planeten
in Erfahrung bringen konnte, und zugleich versuchen, Freunde der hehren
Sternkunde, die über Fernrohre mittlerer Kraft verfügen, anzuleiten,
wie sie sich in diese andern Welten vertiefen und mithelfen können,
deren Geheimnisse mehr und mehr zu entschleiern.

Überblicken wir zu diesem Zwecke zunächst die Ausdehnung und Anordnung
des Planetenreiches! Wir unterscheiden die _sonnennahen_ Planeten,
_Merkur_, _Venus_, _Erde_ und _Mars_, von den _sonnenfernen_ _Jupiter_,
_Saturn_, _Uranus_ und _Neptun_, zwischen die sich der Ring kleiner
Planeten schiebt. Die relativen Abstände, in denen sich diese Planeten
um die Sonne bewegen, können wir nach dem dritten Keplerschen Gesetze
ohne weiteres ermitteln, nachdem wir beobachtet haben, in welchen
Zeiten sie ihre Umläufe vollenden. Wir finden so, daß Merkur seinen
Lauf um die Sonne durchschnittlich in einem Abstande ausführt, der
nur ungefähr vier Zehntel unseres Abstandes von der Sonne beträgt.
Dieser Abstand der Erde von der Sonne ist die Maßeinheit, die Meile,
der Zoll oder Millimeter, mit dem die Astronomen alle Entfernungen im
Weltgebäude ausmessen, solange diese nicht doch immer noch zu groß
werden für diesen Maßstab. Genauere Zahlen werden später folgen. Die
ungefähren Abstände sind in der gleich folgenden Tabelle mitangegeben.
Die nebenstehende Abb. 4 veranschaulicht die Verhältnisse des
Sonnensystems.

Man sieht, wie die Zwischenräume der Planeten untereinander mit ihrer
Entfernung von der Sonne beständig wachsen. Man hat eine einfache
Regel dafür gefunden, die aber nicht ganz genau innegehalten wird und
namentlich für den letzten, Neptun, sehr schlecht stimmt. Man nennt sie
die _Bode-Tituiussche_ Regel. In folgender kleinen Tabelle ist sie mit
der Wirklichkeit verglichen.

                                      Wahrer Abstand Abweichung
    Merkur   0,4                 0,4       0,39       + 0,01
    Venus    0,4 +   1 × 0,3     0,7       0,72       – 0,02
    Erde     0,4 +   2 × 0,3     1,0       1,00         0,00
    Mars     0,4 +   4 × 0,3     1,6       1,52       + 0,08
    Jupiter  0,4 +  16 × 0,3     5,2       5,20         0,00
    Saturn   0,4 +  32 × 0,3    10,0       9,54       + 0,46
    Uranus   0,4 +  64 × 0,3    19,6      19,19       + 0,41
    Neptun   0,4 + 128 × 0,3    38,8      30,07       + 8,73

Wir sehen, daß die Faktoren von 0,3 sich mit jedem Planeten verdoppeln.
Nur zwischen Mars und Jupiter fehlt der Faktor 8, der, hier eingesetzt,
etwa die Mitte der Gruppe der kleinen Planeten angibt. Sehen wir vom
Neptun mit seiner großen Abweichung ab, so ist nach dieser Regel wohl
anzunehmen, daß eine bestimmte Gesetzlichkeit beim Aufbau unseres
Systems stattfand, die nur im Laufe der ungezählten Jahrmillionen, die
seither verflossen sind, sich durch unbekannte Einflüsse verwischt hat.
Beim sonnenfernsten Planeten sind diese Einflüsse am bedeutendsten
gewesen. Trennen auch sehr große Abstände unser System von dem der
anderen Sonnen im Weltgebäude, so kann deren Einfluß unter Umständen
doch im Laufe so großer Zeiten sehr merklich werden. Die nächste der
uns bekannten Sonnen steht von der unsrigen eine Viertelmillion mal
weiter ab als wir von dieser. Das macht immer noch 4000 Durchmesser
unseres ganzen Systems bis zum Neptun aus. Auch diese Sonne, es ist
einer der hellsten Sterne am südlichen Himmel, für uns leider nicht
sichtbar, Alpha im Zentauren genannt, wird von einer andern Welt
umkreist, die selbst eine Sonne ist. Etwaige dunkle Planeten, wie die
unsrigen, die vielleicht auch ihn umgeben, könnten wir aus dieser
ungeheuern Entfernung längst nicht mehr sehen.

Für so große Entfernungen wird die für unser System gewählte Maßeinheit
zu klein. Man nimmt dafür die Zeit, welche das Licht gebraucht, um von
dem betreffenden Sterne bis zu uns zu gelangen, während es bekanntlich
300000 Kilometer in der Sekunde zurücklegt. Bei dieser ungeheuern
Geschwindigkeit braucht das Licht der Sonne bis zu uns immerhin schon
8 Minuten, vom Neptun her 4 Stunden und 8 Minuten, aber von jener
nächsten Sonne 4,3 Jahre. Von andern Sternen, deren Entfernungen wir
längst nicht mehr ausmessen können, dürfen wir vermuten, daß das Licht
Tausende von Jahren braucht, um uns ihre Existenz anzuzeigen.

Wie klein ist solchem Maßstab gegenüber unsere Erdenwelt geworden! Es
wäre nur eine Spielerei mit Zahlen, wollten wir solche Dimensionen in
menschliche Maße übersetzen. Eine Anschauung könnten uns solche Zahlen
selbst für das Planetensystem nicht mehr geben. Für viele wichtige
Untersuchungen über die Einrichtungen unserer Planetenwelt und der
in ihnen wirkenden Kräfte im Vergleich zu denen auf der Erde ist es
aber dennoch von großem Werte, die Entfernungen in unserm System nach
einem Maße zu bestimmen, mit dem wir auch die Größe unserer Erde
ausmessen können, um diese Größe jenen gegenüberzustellen. War es nun,
nach Kenntnis des dritten Keplerschen Gesetzes, ein leichtes, die
relativen Entfernungen festzustellen, wie sie weiter oben angegeben
sind, so blieb dagegen die Ausmessung der Sonnenentfernung, mit der
dann alle andern Dimensionen ohne weiteres gegeben waren, in einem
Maßstabe, den wir in Händen haben, also zum Beispiel dem Meter, eine
außerordentlich schwierige Aufgabe. Von ihr habe ich schon in meinem
Kosmosbändchen »_Sonne und Sterne_«, Seite 9 u. f., gesprochen. Man
nennt solche Ausmessung die Bestimmung der _Sonnenparallaxe_. Das ist
der Winkel, unter dem der Halbmesser unserer Erde, aus der Entfernung
der Sonne gesehen, erscheinen würde. Man hat ihn nach jahrzehntelangen,
mühevollen Arbeiten, an denen sich die Astronomen aller Länder
beteiligen mußten, zu 8,80 Bogensekunden gefunden, wonach die Sonne
durchschnittlich 149500000 Kilometer von uns absteht. Aus dieser Zahl
kann dann der Leser, wenn es ihm Vergnügen macht, die Millionen
von Kilometern berechnen, welche die übrigen Planeten von der Sonne
trennen. Wir brauchen im folgenden diese Zahlen nicht und werden sie
auch nur gelegentlich anführen. Dagegen interessiert es uns schon
mehr zu erfahren, daß etwa 11700 Kugeln von der Größe unserer ganzen
Erdenwelt aneinandergereiht werden müßten, um eine Brücke von uns bis
zur Sonne zu bilden.

Sehr merkwürdig ist es, daß die Planeten nahezu in einer Ebene
angeordnet sind, daß sie sich also alle nicht sehr über die Ebene
erheben können, in der die Erde um die Sonne läuft, und die man als
_Ekliptik_ bezeichnet. Diese Anordnung verrät ohne weiteres eine
innere Zusammengehörigkeit, einen gemeinsamen Ursprung. Indes zeigen
doch nur die großen Planeten solche geringen Abweichungen; die größte
unter ihnen besitzt der kleinste und sonnennächste, Merkur, dessen
Bahnebene gegen die der Erde um 7 Grad geneigt ist. Nach ihm zeigt
die größte Abweichung der sonnenfernste, Neptun, mit 4 Grad. Für die
andern Planeten findet man später entsprechende Zahlenangaben. Von
den kleinen Planeten können einige sich um mehr als 30 Grad aus der
Ebene der Ekliptik erheben, wie sich denn bei diesem eigentümlichen
Schwarm von Weltkörperchen manche Besonderheiten zeigen, die uns noch
beschäftigen werden. Um eine Anschauung für diese Neigungsverhältnisse
zu gewinnen, mag man sich vorstellen, daß eine Schachtel von einem
Meter Durchmesser, in der man ein Modell des Sonnensystems mit den
großen Planeten allein verpacken wollte, eine Höhe von 12 Zentimetern
haben müßte, aber nur von 6 Zentimetern, wenn man Merkur ausschließen
würde. Wollte man dagegen auch die kleinen Planeten mitnehmen, so müßte
die runde Schachtel beinahe halb so hoch sein, als ihr Durchmesser lang
ist.

Außer diesen kleinen Planeten umkreisen die Sonne auch noch viele
_Kometen_, von denen ich die Leser des Kosmos schon in einem besonderen
Bändchen unterhalten habe. Darin sprach ich auch von der Lage ihrer
Bahnebenen, die bei den nichtperiodischen, d. h. den nicht nachweislich
wiederholt unser Sonnensystem besuchenden, Kometen alle Winkel zur
Ekliptikebene haben können. Es kommen also Kometen auch gelegentlich
senkrecht auf die Ekliptik herab. Die periodischen Kometen, die zu
unserm System in einem festen Verhältnis stehen, haben meistens
geringere Neigungen; doch ist unter ihnen auch einer, der von
Pons-Brooks, mit einer Periode von 71 bis 72 Jahren, der sich um 74
Grad über die Ekliptik erhebt.

Endlich gehören noch zum Sonnensystem die _Sternschnuppenringe_,
denen wir zu bestimmten Jahreszeiten begegnen, und vorübergehend die
Meteore, die wir gelegentlich in unsere Atmosphäre schlagen sehen. Auch
mit ihnen hat sich das vorhin erwähnte Kosmosbändchen befaßt, ebenso
behandelte ich in dem Bändchen »_Sonne und Sterne_« den Hauptkörper
unseres Systems selbst und schließlich auch den Mond unserer Erde, so
daß zur Vervollständigung des Bildes unseres Sonnenweltreiches nur noch
die Planeten selbst mit ihren Monden fehlen, die wir uns hier näher
anschauen wollen.

Beginnen wir beim sonnennächsten Planeten, _Merkur_, der, wie wir
schon wissen, die Sonne nur etwa in vier Zehnteln unserer eigenen
Sonnenentfernung, genauer 0,3871, umkreist. Wir verstehen es deshalb,
daß er sich auch für unsern Standpunkt niemals weit von der Sonne
entfernen kann. Steht er in seiner Bahn, von uns aus gesehen, am
meisten rechts oder links, westlich oder östlich von der Sonne, so
können wir zwischen den drei Gestirnen ein rechtwinkliges Dreieck
konstruieren, in dem offenbar die eine Seite 0,4 lang ist, wenn die
andere gleich 1 gesetzt wird. Daraus folgt dann, daß Merkur in dieser
günstigen Stellung doch nur etwa 25 Grad von der Sonne entfernt steht.
In Wirklichkeit schwankt dieser Winkel, die östliche oder westliche
_Elongation_ genannt, zwischen 18 und 27 Grad. Da infolge der täglichen
Umdrehung der Erde alle Gestirne zwischen Aufgang und Untergang in
einer Stunde 30° zurücklegen, so geht also Merkur im günstigsten Falle
nicht viel mehr als eine halbe Stunde vor der Sonne auf oder nach ihr
unter. Die günstigste Stellung der Gestirne zueinander findet aber
nur alle 116 Tage einmal statt und hält dann kaum länger als je eine
Woche an. Während dieser Zeit kann Merkur sogar auffallend hell am
Abend- oder Morgenhimmel leuchten, aber doch nur immer ziemlich tief
am Horizonte, und man begreift es deshalb wohl, daß ihn nicht viele
Menschen mit bloßem Auge in dem Bewußtsein, daß es Merkur war, gesehen
haben. Er erscheint dann als hellstrahlender, etwas gelblicher Stern,
der ein unruhigeres Licht hat, als man es sonst bei den Planeten zu
sehen gewohnt ist. Es zeugt von nicht geringer Beobachtungsgabe, daß
die Alten schon seit undenklichen Zeiten dieses Gestirn kannten und
seinen Lauf für ihre Verhältnisse gut bestimmten. Freilich liegen
die Anfänge der astronomischen Beobachtungskunst in jenen südlichen
Ländern, in denen nicht so oft wie in Deutschland neidische Wolken
gerade in den günstigen Perioden jeden Ausblick zu den Himmelswelten
vereiteln.

Unsere modernen Beobachtungswerkzeuge erlauben es, Merkur auch am
Tage aufzufinden und seine wechselnde Lage zur Sonne, beziehungsweise
zu einem festen Punkte am Himmel zu bestimmen, wenn der Planet dem
strahlenden Tagesgestirne nicht gar zu nahe gekommen ist. Man hat dabei
gefunden, daß Merkur, wie alle Planeten, nicht in einem Kreise, sondern
in einer Ellipse um die Sonne läuft. Beim Merkur ist diese Abweichung
von der Kreisbahn am größten unter allen großen Planeten. Das Maß für
diese Abweichung von der Kreisbahn ist die _Exzentrizität_. Sie wird
durch den längsten und kürzesten Durchmesser der Ellipse, ihre _große
und kleine Achse_, bestimmt. Nennt man diese beiden Längen ~a~ und ~b~,
so ist die Exzentrizität gleich ~a~ – ~b~, dividiert durch ~a~. Diese
Größe ist bei Merkur gleich 0,206. Nach dem uns schon bekannten ersten
Keplerschen Gesetze befindet sich die Sonne nicht im Mittelpunkte
der Bahnellipse, sondern in einem ihrer beiden Brennpunkte. Wir
wollen uns hier nicht damit aufhalten zu ermitteln, wie diese Punkte
mathematisch zu finden sind, aber es interessiert uns der Umstand,
daß die beiden Verbindungslinien, von irgendeinem Punkte der Ellipse
zu den Brennpunkten hin zusammengenommen, immer eine für dieselbe
Ellipse unveränderliche Größe haben, die gleich der Länge der großen
Achse ist. Die Verbindungslinie, die nach dem Brennpunkte führt, worin
sich die Sonne befindet, heißt der _Radiusvektor_. Die Richtung, nach
der er am kürzesten, der Planet der Sonne also am nächsten ist, nennt
man die Richtung des _Perihels_ oder, ganz fachmännisch, wenngleich
recht unpassend ausgedrückt, _die Länge des Perihels_, weil man es
sich angewöhnt hat, die auf der Kreislinie der Ekliptik gezählten
Bogenstrecken Längen zu nennen. Wir begreifen es leicht, daß diese
Beziehungen der Planeten zur Sonne, die sich durch ihre _Bahnelemente_
ausdrücken, von großer Bedeutung für die physischen Verhältnisse
ihrer Oberflächen sein müssen, mit denen wir uns noch eingehend
zu beschäftigen haben. Deshalb war es unumgänglich, diese kleine
mathematische Exkursion vorher zu machen.

[Illustration: Abb. 5. Neigung und Knotenlinie zweier Planetenbahnen.]

Zu den uns schon bekannten Bahnelementen, der großen Achse, der
Exzentrizität und der Länge des Perihels, kommen nun noch die _Neigung
der Bahn_, das ist der Winkel, den die Bahnebene mit der Ekliptik
macht, ferner die Richtung, wo sich beide Bahnen kreuzen (Abb. 5), die
sogenannten _Knotenlängen_, aufsteigende dort genannt, wo der Planet
von Süden nach Norden die Ekliptik passiert, dann die Zeit, wann er
einmal durch sein Perihel gegangen ist, _Perihelzeit_, und endlich
seine _Umlaufszeit_. Eigentlich müßte noch die Richtung angegeben
werden, in der sich die Körper in ihren Bahnen bewegen, diese ist aber
für alle Planeten dieselbe, nur einige Monde, die um sie kreisen,
bewegen sich in entgegengesetzter Richtung.

[Illustration: Abb. 6. Phasen und Größenverhältnisse des Merkur.]

Alle diese Bahnelemente konnten für Merkur ebenso genau ermittelt
werden, wie für die andern, für die direkte Beobachtung günstiger
gestellten Planeten, da wir ihn zur Bestimmung seiner Lage am Himmel
auch am Tage beobachten können. Wir bemerken dabei, daß er eine mit
seiner Stellung zur Sonne wechselnde Gestalt besitzt. Er zeigt _Phasen_
wie der Mond. Während dieser aber dabei immer dieselbe Größe beibehält,
wenn wir von den Resultaten genauer Messung absehen, so wechselt
der Durchmesser der Merkurphasen dagegen sehr beträchtlich. Unsere
Kenntnis von der Bahnlage des Merkur erklärt uns dies sofort, nachdem
wir an den Phasen selbst erkannten, daß Merkur ein an sich dunkler
Körper, wie die Erde und der Mond, sein muß, der sein Licht von der
Sonne erhält. Die nebenstehende Abb. 6 erleichtert die Anschauung der
wechselnden Beleuchtungs- und Größenverhältnisse. Geht Merkur in seiner
Bahn ungefähr zwischen uns und der Sonne vorüber, so steht er uns am
nächsten, wendet uns aber seine unbeleuchtete Seite zu. Steht er noch
etwas westlich, rechts von der Sonne, so hat seine Sichel die Gestalt
des abnehmenden Mondes und ist zugleich am größten. Dann verschwindet
der Planet für einige Zeit in den Strahlen der Sonne, aus denen er dann
östlich, links, wieder als zunehmende Phase auftaucht. Diese wächst
während des _synodischen Umlaufs_, wie man die Zeit nennt, die zwischen
zwei gleichen Zusammenkünften, _Konjunktionen_, des Planeten mit der
Sonne verläuft, noch immer weiter. Jenseits der Sonne, in der _unteren
Konjunktion_, wie man diese im Gegensatze zu der eben betrachteten
_oberen_ nennt, würde uns dann der Planet als volle Scheibe erscheinen,
wenn man ihn überhaupt noch sehen könnte. Nachdem er hinter der
Sonne vorbeigegangen ist, nimmt er wieder ab, wird aber zugleich im
Durchmesser größer, bis seine zuerst betrachtete Lage zu uns und der
Sonne wieder eintritt. Dieses Spiel wiederholt sich durchschnittlich
alle 116 Tage, ein Zeitraum, der also die synodische Umlaufszeit des
Merkur darstellt. Da der mittlere Abstand des Merkur von der Sonne 0,4
ist, wenn wir den der Erde gleich 1 setzen, so kann der Planet uns
bis auf 1 – 0,4 also 0,6 nahekommen und sich auf 1 + 0,4, also 1,4
entfernen; sein Durchmesser schwankt daher zwischen 0,6 und 1,4 einer
bestimmten Mittelgröße. Die direkte Messung ergibt für diese Größen
etwa 12 und 5 Bogensekunden, was dem obigen Verhältnis entspricht. Um
eine Vorstellung zu gewinnen, was solche Größen bedeuten, füge ich
hinzu, daß eine Scheibe von 1 ~cm~ Durchmesser in eine Entfernung
von 206 ~m~ gestellt werden müßte, damit sie unter einem Winkel von
10′′ erscheint. In dieser Entfernung kann man die Scheibe natürlich
längst nicht mehr als solche mit dem bloßen Auge unterscheiden. Ist
sie sehr leuchtend, so erkennt man sie als strahlenden Punkt, eben
wie den Merkur am Himmel. Wendet man aber ein Fernrohr mit 200facher
Vergrößerung an, so rückt die Scheibe bis auf einen Meter zu uns heran,
und jeder kann sich durch den Versuch davon überzeugen, daß man nun
ihre Scheibenform deutlich wahrnimmt. Auch wenn wir die Scheibe nur
5 ~mm~ groß machen, wobei sie den Merkur in seiner größten Entfernung
von uns vertritt, erkennt man noch die leuchtende Fläche.

In unserm Bändchen über den Mond haben wir uns schon etwas eingehender
mit den Eigenschaften der Fernrohre beschäftigt und dabei gefunden,
daß ein etwa 200fach vergrößerndes Fernrohr eine Länge oder Brennweite
von nur 1 ~m~ zu haben braucht. Dies stellt ungefähr die unterste
Grenze der optischen Kraft dar, welche man nötig hat, um mit einiger
Deutlichkeit gewisse Einzelheiten auf den Planeten wahrzunehmen. Ein
Fernrohr aber von 2½ ~m~ Brennweite und etwa 208 ~mm~ Objektivöffnung
zeigt bei gutem Luftzustande einem geübten Auge schon fast alles, was
auch die größten Instrumente im Reiche der Planeten zu sehen vermögen,
denn die weitere Verstärkung der Sehmittel dient von dieser Grenze ab
hauptsächlich nur der Erhöhung der Lichtstärke; an Licht aber fehlt es
den Planeten nicht.

Es mag hier interessieren, in welchen Preislagen solche Instrumente
heute zu erhalten sind, die uns in die Welt der Planeten mit Vorteil
einführen können. Ich wähle den Katalog von _Zeiß_ in _Jena_, einer
Firma, die als die teuerste gilt, aber auch als die zuverlässigste für
die Lieferung unzweifelhaft erstklassiger Erzeugnisse. Ein einfaches
Fernrohr, das etwa der untersten Grenze der betreffenden Anforderungen
entspricht, mit 103 ~cm~ Brennweite und 70 ~mm~ Öffnung, dessen Okulare
aber nur bis zu 114facher Vergrößerung gehen, kostet M 445.–. Solch
ein Fernrohr ist nur horizontal und vertikal beweglich. Man kann damit
nur Sterne unmittelbar auffinden, die auch schon mit bloßem Auge
deutlich zu sehen sind. Fernrohre mit Einstellkreisen und sogenannter
parallaktischer Aufstellung sind gleich viel komplizierter und deshalb
teurer, erlauben aber die Auffindung jedes Sternes, der ihrer optischen
Kraft noch zugänglich ist, wenn man seinen Ort am Himmel nach den
Angaben der betreffenden Verzeichnisse kennt. Ein Fernrohr von der
gleichen Größe, wie das vorhin angegebene, kostet schon M 800.–. Ihm
stelle ich ein parallaktisch montiertes und mit allem erwünschten
Zubehör versehenes Fernrohr von 2,6 ~m~ Brennweite und 175 ~mm~ Öffnung
gegenüber, das also bei 520facher Vergrößerung etwa die obere Grenze
des für Freunde der Sternkunde noch Erwünschten darstellt und M 9950.–
kostet. Dies, wie gesagt, nur zur ungefähren Orientierung.

Würde man aber auch mit dem vorzüglichsten Fernrohr den Merkur
betrachten, wenn er sich so nahe dem Horizonte befindet, wie man ihn
erst mit bloßem Auge sehen kann, so wird man recht enttäuscht sein.
Statt einer leuchtenden Scheibe oder Sichel, die man erwartet hatte,
sieht man meist nur eine Art von Flamme, die unruhig im Winde hin und
her zu flackern scheint. Wenn die aus dem Weltraum in unsere Atmosphäre
dringenden Lichtstrahlen sie so schräg durchschneiden müssen, wie es
bei tiefem Stande des Gestirns geschieht, so haben sie sehr viel mehr
Luft zu durcheilen als bei graderem Eindringen. Durch Brechung in
dieser Luft wird der Lichtstrahl von seinem geraden Wege abgelenkt, und
dies geschieht bei verschiedenen Temperaturen der Luft in verschiedenem
Maße. Da die Luft nun beständig bewegt ist, so wird der Strahl durch
die Luftströmungen in der Tat wie eine Flamme hin und her geworfen;
es entstehen »wallende« Bilder, die jede Beobachtung von Einzelheiten
vereiteln. Sehr selten, nur während weniger Stunden im Jahre, herrschen
selbst bis in die oberen Luftregionen so ruhige und gleichmäßige
Zustände, daß das Bild des Merkur im Fernrohr keine merklich wallenden
Ränder mehr zeigt. Nur auf hohen, isolierten Bergen, wo der Lichtstrahl
über den unruhigen Dunstschichten bleibt, die sich unmittelbar auf die
ungleich erwärmte Erdoberfläche lagern, oder auf Inseln, wo über der
Meeresfläche ausgeglichenere Temperaturen herrschen, wie z. B. auf
Capri, sind brauchbare Bilder im Fernrohr häufiger anzutreffen.

Für den Besitzer eines Fernrohrs, das gestattet, Merkur auch schon am
Tage aufzufinden, gestalten sich die Dinge dagegen wesentlich besser.
Aber auch dann bleibt Merkur stets ein undankbares Objekt. Bei voller
Tageshelle überdeckt der blaue Schleier der Luft das Bild und hindert
jede Möglichkeit, etwa Einzelheiten auf dem Planeten zu entdecken. Es
bleibt dann nichts anderes übrig als die Form der Sichel zu verfolgen
und, wenn man über ein Mikrometer am Fernrohr verfügt, die von Tag
zu Tag wechselnde Größe des Durchmessers zu konstatieren. Sobald der
_Tag_ sich zur Dämmerung neigt, und das Licht des Planeten entsprechend
zuzunehmen scheint, steigt er auch gleichzeitig mehr und mehr zum
Horizont hinab. Weder Messungen noch Beobachtungen irgendwelcher Art
sind noch möglich.

Die unter günstigsten Bedingungen ausgeführten Messungen haben
ergeben, daß der Durchmesser des Merkur in seiner mittleren Entfernung
von der Sonne gleich 6,59′′ ist, woraus man dann findet, daß seine
Kugel 4780 ~km~ hält, gegen 12700 bei der Erde. Merkur ist also
im Durchmesser etwa dreimal kleiner als unsere Erdenwelt, seine
Oberfläche enthält 71800000 ~qkm~, sie ist also siebenmal so klein wie
die der Erde und kommt etwa dem Flächeninhalt von Asien und Afrika
zusammengenommen gleich. Aus dem körperlichen Inhalt seiner Kugel und
der seiner Masse proportional steigenden Anziehungskraft, die wir ihn
nach außen hin ausüben sehen, können wir ermitteln, daß die Materie,
aus der er aufgebaut ist, nur wenig (1,05) dichter ist als die der
Erde. Man hat nicht finden können, daß diese Weltkugel nach einer Seite
hin abgeplattet ist, daß also ihr Durchmesser nach einer bestimmten
Richtung kleiner sei als in den andern, wie es bekanntlich bei der Erde
der Fall ist. Aber wir müssen hinzufügen, daß unsere Messungsmittel
nicht ausreichen würden, eine Abplattung, wie die der Erde, am Merkur
noch zu entdecken, wenn er sie wirklich besitzen sollte.

Diese verhältnismäßig kleine Weltkugel bewegt sich in 87,96926 Tagen um
die Sonne, und aus dem Umfang der dabei beschriebenen Bahn können wir
berechnen, daß der Planet in dieser seiner »Jahresbewegung« 47 ~km~ in
jeder Sekunde zurücklegt.

Die bisher gegebenen Daten über die sonnennahe Welt des Merkur waren
mit ziemlich großer Genauigkeit zu ermitteln. Dem Wunsche aber, noch
tiefer in ihr Wesen einzudringen, stellen sich jene obenerwähnten
Beobachtungsschwierigkeiten entgegen. Wir hätten gern erfahren, ob sich
auf Merkur auch Festländer und Meere, Berge und Tiefländer befinden,
ob eine Atmosphäre wie bei uns Wolken und Winde hervorbringt, und
ob auch dort ein Wechsel von Tag und Nacht, von Sommer und Winter
herrscht. Alle diese Fragen würden sich durch die Beobachtung von
Flecken beantworten lassen, die man etwa auf seiner Scheibe oder
Sichel erkennen und in ihren Bewegungen verfolgen würde. Aber gerade
wenn der Planet uns am nächsten steht, und man solche Einzelheiten
also am besten sehen würde, wendet er uns seine unbeleuchtete Seite
bis auf jene schmale Sichel zu, auf der es selbst bei den besten
atmosphärischen Verhältnissen schwer ist, irgend etwas zu entdecken.
Dennoch glauben einige wenige, besonders begünstigte Beobachter
Streifen und Flecken bemerkt zu haben, deren Aussehen immer gleich
bleibt, die also einer festen Oberfläche angehören würden. Insbesondere
hat _Schiaparelli_, jener namentlich durch seine Marsforschungen
berühmte Mailänder Astronom, als Frucht langjährigen Studiums unter
dem reinen italienischen Himmel die untenstehende »_Karte des
Merkur_« (Abb. 7) entworfen. An die Verfolgung dieser Flecke hat sich
eine eigentümliche Kontroverse geknüpft, die auch heute noch nicht
entschieden ist.

[Illustration: Abb. 7. Merkur, gezeichnet von Schiaparelli in Mailand.]

Wenn Merkur sich um eine Achse dreht wie die Erde und dadurch auf
seiner Oberfläche einen Wandel von Tag und Nacht hervorbringt, so
müssen sich diese Flecke langsam über die Scheibe des Planeten
hinbewegen, wie wir es bei Mars und Jupiter deutlich sehen. Findet die
Umdrehung, _Rotation_, in etwa derselben Zeit statt, wie die der Erde,
also in 24 Stunden, so mußte die betreffende Oberflächenzeichnung,
die etwa auf der schmalen Sichel noch zu erkennen war, während einer
Reihe von aufeinanderfolgenden Beobachtungstagen immer dieselbe sein,
weil die Zeiten, in denen man Merkur überhaupt nur beobachten konnte,
eben auch immer nahezu 24 Stunden oder ein Mehrfaches davon zwischen
sich hatten. Dies glaubte man nun in der Tat, auch schon lange vor
Schiaparelli, beobachtet zu haben, und man schloß also, daß die
Tageslänge auf dem Merkur ungefähr der unsrigen gleich sei. Aber man
hatte damit voreilig geschlossen. Denn auch wenn sich Merkur inzwischen
_gar nicht_ weiter um sich selbst gedreht hatte, mußte dieselbe
Erscheinung eintreten. Daß dies aber wirklich stattfindet, glaubt
nun Schiaparelli sicher erkannt zu haben, indem er den Planeten auch
während mehrerer Tagesstunden verfolgen konnte, wobei die Flecke immer
an derselben Stelle blieben. Danach würde also Merkur der Sonne stets
dieselbe Seite zukehren, wie es zwischen Erde und Mond stattfindet.
An sich wäre dies wohl möglich, denn diese Übereinstimmung zwischen
Umlaufs- und Umschwungsbewegung ist eine Folge der besonderen
Anziehung, welche wir als Ebbe und Flut bei uns wahrnehmen, und die
zwischen Sonne und Merkur einstmals ebenso gewirkt haben muß, wie
zwischen Erde und Mond.

In neuerer Zeit sind nun aber Zweifel darüber entstanden, ob die an
sich wohl zu erkennenden Flecke, die zu diesen Schlüssen führten, nicht
überhaupt auf optischen Täuschungen beruhen, woraus wir noch bei Venus
zurückkommen. Die Frage der Tageslänge auf Merkur muß also einstweilen
noch als unentschieden gelten, wie so vieles andere noch bei diesem
Planeten, der die schwierigsten Beobachtungsverhältnisse von allen
übrigen aufweist.

Schiaparelli glaubte auch gelegentlich helle Flecke auf Merkur zu
sehen, die als Wolken aufgefaßt werden könnten. Dann besäße er
also auch eine Atmosphäre. Hierüber kann nur unter Umständen noch
ein anderes Instrument Aufschluß geben, das uns über die chemische
Beschaffenheit der Materie, die der zu untersuchende Lichtstrahl
durchdringt, Mitteilung macht, das _Spektroskop_. Im Spektrum der
Sonne treten gewisse »_atmosphärische Banden_« auf; je tiefer sie
steht, desto mehr Luft haben ihre Strahlen also zu durchdringen.
Sie müssen also dem Einfluß unserer irdischen Luft zugeschrieben
werden. Diese Banden treten deshalb bei allen Himmelskörpern in
entsprechender Weise auf, sie gehören ihnen nicht an. Würden nun
im Spektrum des Merkur noch andere Banden erkannt, wie diese, so
folgte daraus, daß das zurückgeworfene Sonnenlicht vorher noch andere
Gasschichten durchdrungen haben müßte, die dann einer Merkuratmosphäre
angehörten. Solche andern Banden sind aber im Merkurspektrum nicht
nachzuweisen, höchstens glaubte _Vogel_ Andeutungen gefunden zu haben,
daß jene atmosphärischen Banden sich verbreiterten, wenn vom hellen
Himmelsgrunde, der jene atmosphärischen Banden zeigt, das Spektroskop
auf Merkur gerichtet wurde. Daraus würde folgen, daß der Planet eine
der irdischen gleiche Lufthülle besäße; aber, wie gesagt, auch hier
bleiben die Beobachtungen höchst unsicher.

Einen, wenn auch nur ganz allgemeinen Aufschluß über die
Oberflächenbeschaffenheit eines lichtreflektierenden Körpers kann
die Bestimmung der zurückgeworfenen Lichtmenge im Vergleich zu der
ursprünglich ihr zugestrahlten geben. Es ist klar, daß ein spiegelndes
Metall mehr Licht zurückwirft als rauhes Gestein, und daß dieses
wieder, je nach seiner Färbung, heller oder dunkler erscheint. Ein
absolut schwarzer, rauher Körper verschluckt alles Licht. Würde ein
Planet etwa aus Kohle bestehen, so könnten wir ihn überhaupt nicht
sehen. Man hat zum Messen der Lichtmengen, die uns ein leuchtender
Körper zusendet, besondere Instrumente, _Photometer_, erfunden, und die
sich ihrer bedienende Wissenschaft der _Photometrie_ hat sehr wertvolle
Beiträge zur Kenntnis der Himmelskörper geliefert. Für Merkur sagte sie
uns aus, daß seine Oberfläche nur 0,14 der ihm zugestrahlten Lichtmenge
zurückgibt, und daß dieses Verhältnis, die _Albedo_ genannt, dem beim
Monde gefundenen nahekommt. Danach hätten wir anzunehmen, daß die
Oberfläche des Merkur ebenso rauh sei wie die des Mondes, und daß keine
merkliche Atmosphäre diese Beleuchtungsverhältnisse modifiziert. Wäre
Merkur von einer mit Wolken teilweise bedeckten Atmosphäre umgeben, so
müßte er viel mehr Licht zurückwerfen, und namentlich müßten auch die
Helligkeiten in den verschiedenen Phasen in anderer Weise wechseln, als
es geschieht.

[Illustration: Abb. 8. Merkurdurchgang vom 7. Mai 1878. Tropfenbildung,
beobachtet von Tebbutt in Neusüdwales.]

Wir haben schon erfahren, daß die Bahn des Merkur nicht in derselben
Ebene mit der Erdbahn liegt, deshalb wird er für gewöhnlich in seiner
unteren Konjunktion etwas über oder unter der Sonne vorübergehen.
Nur wenn diese Konjunktion gerade zu einer Zeit stattfindet, in der
der Planet auch zugleich die Erdbahn kreuzt, geht er für uns vor der
scheinbaren Sonnenscheibe vorbei, es findet ein _Merkurdurchgang_
statt. Die betreffenden Bahnverhältnisse bedingen es, daß ein solches
Ereignis nur immer im Mai oder November eintreffen kann, und zwar so,
daß innerhalb 46 Jahren sechs solcher Durchgänge stattfinden. Den
letzten haben wir am 14. November 1907 beobachtet, der nächste wird
sich am 7. November 1914 ereignen. Während eines Durchganges sieht man
eine kleine schwarze Scheibe vor der Sonne langsam hinziehen. Merkur
kann dabei mehr als sechs Stunden vor der Sonne verweilen. Es dauert
4–5 Minuten, bis sich die kleine, schwarze Scheibe von der ersten
Berührung ab ganz in die strahlende Scheibe hineingeschoben hat. Dabei
zeigt sich ein merkwürdiges Phänomen, das die Feststellung des rechten
Augenblicks des wahren Kontaktes der beiden Scheiben sehr erschwert.
Merkur – ebenso Venus bei gleicher Gelegenheit – scheint einen Teil
der Sonnenscheibe an sich zu ziehen, wie es unsere Abb. 8 darstellt.
Dieser »schwarze Tropfen« bleibt noch lange bestehen, wenn scheinbar
die schwarze Scheibe, an der er hängt, schon ziemlich weit in die
Sonne eingedrungen ist, bis der Tropfen plötzlich losreißt. Welches
war nun der wirkliche geometrische Kontakt? Künstliche Nachahmungen
der Erscheinung haben das erste Erscheinen beim Eintritt und das
Losreißen des Tropfens beim Austritt als die rechten Augenblicke
erkannt. Die Erscheinung ist rein physiologischer Natur und rührt
von der Überstrahlung des Sonnenlichtes in unserem Auge her, das die
Merkurscheibe kleiner erscheinen läßt, als sie wirklich ist.

Während solcher Durchgänge befindet sich Merkur uns so nahe wie
möglich. Wenn irgend etwas Auffälliges etwa auf seiner uns dann
zugekehrten Nachtseite oder in seiner Umgebung zu bemerken wäre, so
bieten diese Durchgänge die günstigste Gelegenheit, es zu entdecken.
Man glaubte auch beim letzten Durchgang, 1907, Andeutungen eines
helleren Fleckens und vielleicht auch eines sehr zarten Schleierringes
bemerkt zu haben, aber man mußte diese Wahrnehmungen doch immer wieder
in das Gebiet optischer Täuschungen und Kontrastwirkungen verweisen,
die an diesen letzten Grenzen unseres Sehvermögens, an die wir uns
bei der Erforschung der Geheimnisse der Planetenwelten so oft begeben
müssen, leider eine so große Rolle spielen.

Nehmen wir alles zusammen, so müssen wir gestehen, daß wir über die
physischen Zustände der Oberfläche des Merkur noch fast gar nichts
wissen. Wir dürfen nur sagen, daß er keine erhebliche Atmosphäre und
auch sonst eine gewisse Ähnlichkeit mit unserm Monde zu haben scheint.
Wir dürfen mit einiger Wahrscheinlichkeit den Merkur als einen Mond der
Sonne charakterisieren.

Ehe wir den Merkur verlassen und zu seinem nächsten jenseitigen
Nachbarplaneten, der Venus, übergehen, müssen wir uns noch einmal
der Sonne weiter nähern, um zu erforschen, ob nicht hier noch etwas
existiert, das sich in den allzu mächtigen Strahlen des Tagesgestirns
unserer direkten Beobachtung entzieht. Ein _intramerkurieller Planet_?
Wäre er noch kleiner und der Sonne noch wesentlich näher als Merkur, so
könnte ihn uns in der Tat nur ein besonders günstiger Zufall verraten.

Ein sehr genau zu beobachtender Umstand machte es mit fortschreitender
Untersuchung immer unzweifelhafter, daß zwischen Sonne und Merkur
sich eine merkliche Masse befinden müsse, die die Bewegung dieses
Planeten um die Sonne deutlich beeinflußte. Wie die Planeten durch
die Anziehungskraft der Sonne ihren Umlauf um das allgemeine Zentrum
des Systems vollenden, so wirken auch alle Planeten gegenseitig
anziehend aufeinander, da ja nach dem Newtonschen Gesetze jede Masse
jede andere anzieht. Dadurch entstehen gewisse »Störungen«, sehr mit
Unrecht so genannt, weil diese besonderen Bewegungen nicht weniger
gesetzmäßig stattfinden müssen wie die großen Umläufe. Diese Störungen
drücken sich hauptsächlich in einer fortschreitenden Veränderung der
Richtung aus, in der die Planeten ihre größte Sonnennähe erreichen,
in der sogenannten _säkularen Bewegung der Länge des Perihels_.
Diese Bewegung beträgt für Merkur im Jahre etwa 56 Bogensekunden
oder, nach den bewundernswürdig genauen Untersuchungen des kürzlich
verstorbenen Amerikaners _Newcomb_, der alle Bewegungsverhältnisse
des Planetensystems neuerdings aus allen vorhandenen Beobachtungen
neu bestimmt hat, genau 55,987′′. Dieser Wert ist sicher nicht um
eine Zehntelsekunde falsch, so erstaunlich genau sind heute unsere
Untersuchungsmethoden. Eine Berechnung aber, welche die Größe dieser
säkularen Bewegung nach Maßgabe des Newtonschen Gesetzes und der uns
bekannten Massen der Planeten theoretisch bestimmte, ergab einen um
etwa 0,4 Sekunden verschiedenen Wert, als er nach den Beobachtungen
der Wirklichkeit entsprach. Es mußte also noch eine andere uns noch
unbekannte Masse auf Merkur wirken, die sein Perihel im Jahrhundert um
etwa 40′′ verschob. Ähnliche, wenn auch geringere Abweichungen zeigten
sich auch zwischen Theorie und Beobachtung bei Venus, Erde und Mars.
Ein oder mehrere kleine Planeten, die die Sonne in noch größerer Nähe
wie Merkur umkreisten, hätten die Abweichung möglicherweise erklären
können.

_Leverrier_, der theoretische Entdecker des Neptun, hatte bereits in
den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts diese Frage aufgeworfen
und sogar die Bahn eines solchen Planeten aus jenen »Störungen«
berechnet, den er _Vulkan_ taufte. Ihn, wenn er überhaupt existierte,
jemals zu sehen, war nur in zwei Fällen möglich, entweder, wenn er
etwa einmal, wie Merkur und Venus, vor der Sonne vorbeiging, so daß
er auf ihr als kleiner schwarzer Fleck bemerkt würde, der sich weit
schneller als ein gewöhnlicher Sonnenfleck über die leuchtende Scheibe
bewegte, oder wenn bei einer totalen Sonnenfinsternis die Umgebung der
Sonne genügend verdunkelt war, um ein entsprechend kleines Sternchen
noch am Himmel erkennen zu lassen. In beiden Richtungen ist ein halbes
Jahrhundert hindurch nach jenem problematischen Planeten geforscht
worden. Man wollte auch wirklich solche Vorübergänge wahrgenommen
haben, aber die wenigen Beobachtungen konnten nicht genügend verbürgt
werden. In den letzten Jahrzehnten ist nichts dergleichen gesehen
worden, obgleich die Sonne fortwährend auf das eifrigste, auch
besonders auf photographischem Wege, durchforscht wird. Ebenso hat
man bei totalen Sonnenfinsternissen die Suche nach intramerkuriellen
Planeten stets als einen besonderen Programmpunkt mit dafür eigens
konstruierten photographischen Apparaten betrieben, aber alles
vergebens. Die Abweichung der Merkurbewegung von der Newtonschen
Theorie schien unaufgeklärt bleiben zu sollen.

[Illustration: Abb. 9. Tierkreislicht.]

Da fügte es sich erst vor wenigen Jahren, daß die Lösung dieses
Rätsels noch ein anderes zugleich lösen sollte, das des _Tierkreis-
oder Zodiakallichtes_ (Abb. 9). Dieser geheimnisvolle Schein ist in
Deutschland nur selten deutlich zu unterscheiden, während er in den
Tropen allnächtlich oft deutlicher als die Milchstraße seine dort
fast senkrecht aufsteigende Pyramide leuchten läßt. Die Achse dieser
Pyramide liegt stets in der Ekliptik, also im Tierkreise, daher sein
Name. Da dieser Kreis um die Zeit der Frühlingsnachtgleiche abends in
mittleren Breiten am meisten zum Horizont aufgerichtet ist, so erhebt
sich bei uns um diese Zeit die mattleuchtende Pyramide am meisten
über den Dunst des Horizontes. Im Herbst ist morgens das gleiche
der Fall, wo dann der Schein am Morgenhimmel der Sonne vorausgeht.
Unter den Tropen, wo die Sonne und alle Gestirne nahezu senkrecht
aufsteigen, sind die Bedingungen der Sichtbarkeit jenes Lichtes
beständig vorhanden, und ganz besonders schön entfaltet es sich dort
über dem reinen Horizonte des nächtlichen Meeres. Dort nimmt man
dann auch häufiger den sogenannten _Gegenschein_ wahr, der als eine
matte, verschwommen scheibenförmige Erhellung des Himmels an dem Orte
auftritt, der dem der Sonne unter dem Horizonte genau gegenüberliegt.
Liebhaber der Sternkunde können sich an der Erforschung dieses
merkwürdigen Phänomens dadurch wertvoll beteiligen, daß sie die Lage
der Spitze der Lichtpyramide unter den Sternen notieren und die Breite
ihres unteren Teiles, soweit man ihn gegen den Horizont hin noch
verfolgen kann. Auch die Stärke seines Lichtes, verglichen mit dem der
Milchstraße, gibt wertvolle Anhaltspunkte, da man vermutet, daß das
Licht in gewissen Jahren stärker und zu andern Zeiten wieder schwächer
auftritt. Gelingt es den Gegenschein zu bemerken, so muß seine Lage
natürlich auch festgelegt werden. Sehr wertvolle Beobachtungen hat
vor kurzem Newcomb auf einer schweizerischen Erholungsreise gemacht,
indem er auf dem Brienzer Rothorn im Hochsommer um Mitternacht den
nördlichen Himmel ganz deutlich vom Zodiakallicht aufgehellt sah. Um
diese Zeit zieht die Ekliptik, in der sich der Schein mit der Sonne
als Mittelpunkt hinerstreckt, unter dem Horizonte mit ihm nahezu
parallel hin. Hat der Schein eine gewisse Breite, so muß er sich noch
über den Horizont erheben, und man kann also dadurch seine größte
Breite bestimmen. Dies ist natürlich nur in geographischen Breiten
möglich, wo um diese Sommerszeit keine »hellen Nächte« mehr eintreten,
die Sonne also um Mitternacht mehr als 18 Grad unter dem Horizonte
bleibt. Newcombs Beobachtungen im Juli 1905 ergaben die Breite des
Tierkreislichtkörpers zu beiden Seiten der Sonne zu mindestens 35 Grad.

Namentlich photometrische Untersuchungen von _Seeliger_ ergaben, daß
der Körper des Tierkreislichts aus einer Unmenge kleiner, meteorartiger
Partikelchen bestehen müsse, die die Sonne linsenförmig umgeben und
sich bis noch etwas jenseits der Erdbahn erstrecken. Diese Partikelchen
der Staubwolke, die wohl noch ein Rest der Urmaterie sind, aus der
sich das ganze System verdichtet hat, reflektieren das Sonnenlicht und
bringen dadurch den Pyramidenschein wie auch den Gegenschein hervor.
Dieser rührt von den jenseits der Erdbahn noch vorhandenen Teilchen
her, die eine Rechnung _Moultons_ in eine Entfernung von 1490000 ~km~
setzt, etwa das Vierfache der Mondentfernung. Unser Trabant bewegt
sich also noch innerhalb dieser Staubwolke, von der vielleicht, als
diese noch wesentlich dichter war, die Projektile ausgingen, durch die,
nach einer gewissen Ansicht, die Mondkrater in die damals noch dünnere
Mondkruste geschlagen wurden.

In dieser linsenförmigen Umhüllung der Sonne befindet sich eine gewisse
Masse vereint, die, so fragte sich Seeliger, vielleicht durch ihre
Anziehung imstande war, das Rätsel der Abweichung der Perihelbewegung
des Merkur zu lösen, und siehe da, die Rechnung ergab unter der
Voraussetzung, daß die über diesen ungeheuern Raum verstreute Masse
nur den zehnten Teil derjenigen der Erde ausmachte, wodurch dann jedes
Kubikkilometer dieser Linse nur so viel wiegen würde wie ein Würfel aus
Wasser von einem drittel Meter Seitenlänge, daß nicht nur die Bewegung
des Merkur, sondern auch die der Venus, der Erde und des Mars, die ja
auch noch kleine Abweichungen zeigten, genau dem Newtonschen Gesetze
folgen. Diese überraschende Mitteilung, die als ein neuer Triumph des
Newtonschen Gesetzes angesehen werden muß, machte der obengenannte
Gelehrte zuerst 1906 der in Jena damals versammelten internationalen
astronomischen Gesellschaft. Es sind dadurch zwei empfindliche Lücken
in unserer Kenntnis des Planetensystems gleichzeitig ausgefüllt.

Nun erst können wir den ersten Schritt jenseits der Merkurbahn tun und
gelangen zum schönen _Abendstern_, der _Venus_. Er heißt Abend- oder
Morgenstern, weil man ihn nur zu diesen Zeiten am Himmel glänzen sieht,
niemals zur eigentlichen Nacht. Der Planet kann sich zwar mehr als
Merkur von der Sonne entfernen, doch niemals weiter als etwa 47 Grad.
Die Bahn der Venus liegt eben innerhalb der Erde, sie kann also niemals
eine Stellung einnehmen, in der die Erde zwischen Venus und Sonne
kommt, also an unserm mitternächtlichen Himmel stehen würde. Wohl aber
tritt Venus zwischen Erde und Sonne, zuweilen auch derartig genau, daß
ein »Venusdurchgang« stattfindet.

[Illustration: Abb. 10. Phasen und Größenverhältnisse der Venus.]

Venus zeigt denselben Phasenwechsel wie Merkur. Da ihre Entfernung
von uns aber zwischen 1 – 0,72 = 0,28 und 1 + 0,72 = 1,72 schwanken
kann (genaue Entfernung 0,7233), so ändert sich die Größe ihrer
Sichelgestalt auch entsprechend mehr. Oben (Abb. 10) haben wir ihre
relative Größe in _ihren extremen Lagen abgebildet_. Die zweite Figur
stellt ihre Phasenform dar, wenn sie für uns in ihrem größten Glanze
strahlt. Dies findet etwa 5 bis 6 Wochen vor und nach der unteren
Konjunktion statt, wenn einerseits die Phase schon oder noch groß genug
ist, die Entfernung des Planeten von uns dagegen ein gewisses Maß nicht
überschreitet, um dem Durchmesser von Horn zu Horn eine bestimmte
Größe zu erhalten, kurz, wenn die leuchtende Fläche der Venussichel ein
Maximum ist. Um diese Zeit ist Venus bei weitem der hellste Stern am
Himmel. Sie übertrifft noch wesentlich die des Sirius, der der hellste
unter den Fixsternen ist. Sie wirft trotz der allgemeinen Dämmerung, in
der sie stets nur sichtbar ist, einen deutlichen Schatten, und man kann
sie, wenn man ihren Ort ungefähr vorher kennt, in dieser Zeit ihrer
größten Helligkeit selbst am hellen Tage mit dem bloßen Auge erkennen.
Einzelne, mit besonders gutem Auge begabte Personen haben Venus unter
sehr günstigem Himmel bis zu einer Entfernung von nur 5° von der Sonne
verfolgen können.

Die Bahn der Venus ist von allen übrigen Planetenbahnen dem Kreise
am ähnlichsten, fachmännisch ausgedrückt, am wenigsten exzentrisch;
0,00682 ist der vorhin definierte Wert für ihre Exzentrizität. Ihre
Bahn ist um 3° 23,6′ gegen die der Erde geneigt. Sie vollendet ihren
Umlauf um die Sonne in 224,701 Tagen, woraus sich in Verbindung mit
der Erdbewegung ihre synodische Umlaufszeit, d. h. der Zwischenraum
zwischen zwei Konjunktionen, zu 583½ Tagen ergibt. Ist also Venus zu
einer gewissen Zeit als Abendstern in ihrem größten Glanze gewesen, so
ereignet sich dies erst nach einem Jahr und etwa sieben Monaten das
nächstemal wieder.

Die neuesten mikrometrischen Vermessungen ergaben den Durchmesser
der Venus in der Entfernung 1 gleich 17,14′′, woraus der _wahre
Durchmesser_ zu 12400 ~km~ folgt. Da diese Bestimmung immerhin auf etwa
400 ~km~ auf oder ab unsicher bleibt, so ergibt sich der uns gegen die
Sonne hin nächste Planet fast als ebenso groß wie die Erde. Ihre Masse
aber erweist sich deutlich als etwas geringer, gleich 0,81, so daß also
auch der Stoff, aus dem diese Welt geformt ist, um etwa ebensoviel
weniger dicht sein muß als die Erdmasse. Die Materie ist dort etwas
lockerer verteilt.

Die rückstrahlende Kraft der Venus, ihre _Albedo_, ist sehr groß
gegenüber der des Merkur; sie ist gleich 0,76, das heißt, nur der
vierte Teil des ihr zugestrahlten Sonnenlichtes wird von ihrer
Oberfläche verschluckt. Dies läßt vermuten, daß der Planet mit einer
dichten Wolkendecke umhüllt ist, die nur wenig Sonnenlicht auf ihre
eigentliche Oberfläche gelangen läßt, sondern es großenteils wieder in
den Weltraum zurückwirft.

Schon dieser Umstand läßt uns wenig Hoffnung, von ihrer eigentlichen
Oberfläche viel zu sehen, da außerdem für Venus dieselben ungünstigen
Lageverhältnisse uns und der Sonne gegenüber vorliegen, wie für Merkur.
Wenn Venus uns ihre volle Scheibe zuwendet, ist sie ja noch weiter von
uns entfernt wie jener. So müssen wir gestehen, daß wir von der Welt
dieses populärsten aller Sterne doch fast gar nichts Sicheres wissen.

[Illustration: Abb. 11. Die Venus, von Tachini gezeichnet.]

Es ist jedoch nicht zu bezweifeln, daß Venus eine ziemlich hohe, der
unsrigen wahrscheinlich recht ähnliche Atmosphäre besitzt. Man kann
dies zunächst daran erkennen, daß in ihren schmalen Phasen die Hörner
weit über die Hälfte der Scheibe übergreifen, wie es auch unsere
Abbildung Seite 31 zeigt. Dies kann nur daher rühren, daß, wie bei der
Erde, die Dämmerung beträchtlich über den direkt beleuchteten Teil
der Oberfläche in das Nachtgebiet hinübergreift. Derselben Ursache
ist die Wahrnehmung zuzuschreiben, daß man bei einem Vorübergange der
Venus vor der Sonne die ganze Planetenscheibe längst sich vom hellen
Himmel abheben sieht, ehe sie völlig vor die Sonne getreten ist. Man
hat aus betreffenden Beobachtungen die Höhe der _Venusatmosphäre_ auf
etwa 88 ~km~ geschätzt, was ungefähr der der Erde gleichkommt. Auch
die spektroskopischen Beobachtungen lassen eine der unsrigen ähnliche
Lufthülle dort vermuten.

Wie beim Merkur haben schon früh Beobachter Flecke auf dem Planeten
wahrgenommen, doch immer nur mit äußerster Anstrengung und unter
ungewöhnlich günstigen Verhältnissen. Wir bringen hier eine Abbildung
(Abb. 11), die in jüngerer Zeit _Tachini_ in Rom von einer Phase der
Venus angefertigt hat. Wie bei allen derartigen Darstellungen, sind die
Einzelheiten wesentlich deutlicher wiedergegeben, als sie im Fernrohr
erscheinen, weil man sonst überhaupt nichts mehr auf der Reproduktion
sehen würde. Ganz ebenso wie beim Merkur hatte Schiaparelli durch eine
kritische Vergleichung aller vertrauenswürdigen Zeichnungen der Venus
nachweisen können, daß diese Flecke während einer Beobachtungsperiode
ihre Lage nicht veränderten. Also auch Venus sollte der Sonne immer
dieselbe Seite zukehren, ihr Tag also gleich ihrem Jahre 224 unserer
Tage lang sein. Auch hierüber hat sich unter den Beobachtern ein
lebhafter Meinungsaustausch entwickelt. Dabei zeigte dann _Villiger_,
daß eine völlig weiße Kugel, in die gleichen Beobachtungsverhältnisse
gebracht wie Venus, auch ähnliche Flecke im Fernrohr aufwies. Die Frage
der _Rotationszeit der Venus_, das heißt ihres etwaigen Umlaufs um
eine Achse, wodurch auf ihrer Oberfläche ein Wechsel von Tag und Nacht
entstehen würde, wie bei uns, wurde dadurch aufs neue zur Diskussion
gestellt und ist bis heute unentschieden geblieben.

Venus stellte die Beobachter aber noch vor andere Rätsel. Zu gewissen
Zeiten erkannte man bei schmaler Sichelgestalt auch den unbeleuchteten
Teil, also die _Nachtseite der Venus_, in einem matt blaugrünen
Lichte, wie phosphoreszierend. Die Erscheinung hat dann eine frappante
Ähnlichkeit mit dem Lichtschimmer, den man auch oft an unserm Monde
wahrnimmt, wenn sein direkt beleuchteter Teil noch als schmale Sichel
auftritt. Wir wissen, daß diese Beleuchtung von der Erde herrührt, die
um die Neumondszeit auf seine Oberfläche als »Vollerde« herabscheint.
Für die Venus gilt aber eine ähnliche Erklärung nicht. Unsere Erde
erscheint zwar für sie um diese Zeit als besonders hellstrahlender
Stern am Nachthimmel, aber es läßt sich leicht berechnen, daß ihr
Licht bei weitem nicht ausreicht, einen so hellen Widerschein zu
erklären. Sie hat auch keinen Mond, der sie derart beleuchten könnte.
Man hat vermutet, daß der Schein von Polarlichtern herrührt, die
dort zu bestimmten Zeiten besonders stark ausgebildet wären. Da die
Ursache dieser »elektrisch-magnetischen Gewitter«, als welche man die
Polarlichter charakterisiert, zweifellos in Einwirkungen der Sonne zu
suchen ist, so könnten, ja müssen diese auf der ihr näheren Venus in
der Tat kräftiger auftreten als bei uns. Nun zeigt es sich, daß bei
uns die Polarlichter in den Zeiten am häufigsten und intensivsten
austreten, in denen auf der Sonne die meisten Flecken vorhanden
sind, was durchschnittlich alle 11 Jahre stattfindet. (Vergleiche
hierüber auch das Kosmosbändchen »_Sonne und Sterne_«.) Ist das
phosphoreszierende Licht der Venus derselben Ursache zuzuschreiben,
so muß es um dieselbe Zeit wie bei uns aufleuchten, und dies scheint
sich wirklich zu bestätigen. Aber auch hierüber sind die Akten nicht
geschlossen. Jedenfalls aber erscheint das geheimnisvolle Licht oft
außerordentlich deutlich, während zu andern Zeiten keine Spur von ihm
zu bemerken ist. Es ist z. B. charakteristisch, daß _Winnecke_, einer
der besten Beobachter seiner Zeit, lange vergeblich danach suchte,
während er es dann sehr deutlich im September 1871 sah, zu einer
Zeit, als auch auf der Erde besonders starke Nordlichter auftraten.
Ich selbst habe es hier auf Capri mit meinem Zeißschen Vierzöller
im Frühjahr 1908 wiederholt unzweifelhaft gesehen, als gleichfalls
die Tätigkeit der Sonne noch bedeutend war. Da dieser Schein in
solchen Zeiten auch in kleineren Instrumenten wahrzunehmen ist, so
mögen Freunde der Sternkunde ihm bei betreffender Gelegenheit ihre
Aufmerksamkeit schenken.

Auch in bezug auf die problematischen Flecke können unter Umständen
wertvolle Beobachtungen mit geringeren optischen Mitteln gelingen.
So glaubt namentlich Schiaparelli auf der Südseite der Venus, in der
äußersten Ecke des oberen (im umkehrenden Fernrohr gesehenen) Horns der
schmalen Sichel, wo also der Südpol des Planeten liegen würde, helle
Flecke so deutlich gesehen zu haben, daß es sich dabei nicht mehr um
optische Täuschungen handeln könne. Es wäre ja immerhin möglich, daß
der meist von Wolken gänzlich verhüllte Planet in Zeiten besonderer
Aufheiterung seiner Atmosphäre einmal deutlichere Einzelheiten seiner
eigentlichen Oberfläche für uns aufdecken könnte.

Mit diesem mysteriösen Lichte der Nachtseite der Venus sind wir noch
nicht am Ende der Rätsel, die uns der so nahe Planet aufgegeben hat.
Von der Mitte des siebzehnten bis zu der des folgenden Jahrhunderts
behauptete eine Anzahl geübter Beobachter neben der Venussichel eine
kleinere von derselben Gestalt gesehen zu haben, die die andere
helleuchtend begleitete, also einen verhältnismäßig großen _Mond_.
Später hat man nie wieder etwas davon gesehen. Es ist sehr wohl
möglich, daß die damals noch recht unvollkommenen Fernrohre falsche
Spiegelbilder erzeugten, die nur bei einem so hellen Objekt wie
die Venus auffällig wurden. Nach Erfahrungen jedoch, die man erst
in den letzten Jahren an gewissen neuentdeckten Monden in unserm
System gemacht hat, wäre es nicht ganz ausgeschlossen, daß Venus nur
vorübergehend einen Körper als Mond an sich gefesselt hätte, der durch
dieselben »störenden« Einflüsse, die ihn in ihre Nähe brachten, wieder
von ihr entfernt wurde. Es könnten in der Nähe der Sonne ziemlich
große Massen umherschwirren, die sich in den Sonnenstrahlen beständig
verbergen, um nur unter besonders günstigen Umständen auffällig zu
werden. Ich erwähne dies hier nur als eine Möglichkeit, die jedoch eine
geringe Wahrscheinlichkeit hat.

Nehmen wir auch hier wieder zusammen, was wir von den physischen
Verhältnissen dieser uns nächsten Welt diesseits der Sonne wissen, so
ist es, ebenso wie bei Merkur, herzlich wenig. Wir wissen nur sicher,
daß der an Größe der Erde ebenbürtige Planet eine Atmosphäre hat wie
sie, die auf ihrer Nachtseite zuweilen von einem geheimnisvollen
Scheine, vielleicht Polarlichtern, erhellt wird. Ob dort in dem 225
unserer Tage langen Jahre die Tage wechseln, wie bei uns, hat nicht
festgestellt werden können.

Es bleibt uns nur noch übrig, ein kurzes Wort von den
_Venusdurchgängen_ zu sagen, deren Bedeutung bereits in dem mehrfach
erwähnten Kosmosbändchen »Sonne und Sterne« eingehender behandelt
worden ist. Diese Vorübergänge der Venus vor der Sonnenscheibe sind
viel seltener als die des Merkur. Sie ereignen sich in einem Zyklus,
mit Zwischenräumen von 105½, 8, 121½ und 8 Jahren, so daß also die
Jahre 1761 und 1769, dann wieder 1874 und 1882 Venusdurchgänge hatten,
und die nächsten beiden erst in den Jahren 2004 und 2012 stattfinden.
Wir erleben also solch ein Ereignis nicht mehr. Ich selbst habe den
Durchgang von 1882 auf der Genfer Sternwarte durch Wolkenlücken zum
Teil sehen können. Ernstliche Beobachtungen gestattete das neidische
Wetter nicht. Damals, ebenso wie 1874, waren von allen zivilisierten
Nationen viele Expeditionen in die entlegensten Teile der Erde gesandt
worden, um das Phänomen mit denkbar größter Genauigkeit zu verfolgen
und festzustellen, welchen Weg die Venus über die Sonnenscheibe nahm.
Durch die perspektivische Verschiebung, die dieser Weg durch den
verschiedenen Standpunkt der Beobachter auf der Erde erfuhr, war
dann die Entfernung der Venus von uns in Teilen des Erddurchmessers
zu ermitteln, und jene wieder ergab die Größe jener astronomischen
Einheit der Sonnenentfernung in irdischem Maß. Bis vor kurzem waren
die Venusdurchgänge noch das sicherste Mittel zu dieser Ausmessung des
astronomischen Grundmaßes. Heute hat man in dem neuentdeckten kleinen
Planeten Eros ein viel besseres Mittel zu dieser Bestimmung gefunden.

Entfernen wir uns auf unserer Wanderung durch das Planetensystem
nun abermals weiter von der Sonne, so stoßen wir auf unsern eigenen
Wohnsitz, _die Erde_, die wir hier als einen Himmelskörper, als einen
andern Planeten auffassen, den wir von einem Standpunkte draußen
im Weltgebäude zu erforschen suchen. Es werden sich dann bei der
Fortsetzung unserer Forschungsreise für die Betrachtung anderer
Himmelskörper wertvolle Parallelstellen oder Unterschiede ergeben.

Als gedachten Beobachtungsort im Weltgebäude wollen wir die Venus
wählen, den günstigsten Punkt, den wir zu diesem Zwecke einnehmen
können. Die Erde ist für sie der nächste Planet jenseits ihrer
Sonnenbahn, so daß man uns von dort her während der ganzen, langen
Venusnacht, soweit die dichte Wolkendecke es gestattet, beobachten
kann. Unser Planet wendet ihr dabei seine vollbeleuchtete Tagesseite
zu; er kann in _Opposition_ zur Sonne treten, ihr genau gegenüber am
Himmel stehen, um Mitternacht, wenn die Sonne tief unter dem Horizonte
dahinzieht.

Solche Oppositionen der Erde für die Venusastronomen finden natürlich
zu derselben Zeit statt, wenn Venus für uns in oberer Konjunktion
steht, das heißt, wenn Erde, Venus und Sonne sich in einer Reihe
befinden und die Venus in der Mitte zwischen ihnen. Die _synodische
Umlaufszeit_ der Venus für die Erde ist dieselbe wie die der Erde für
die Venus; also jedesmal nach durchschnittlich 583½ Tagen (siehe S. 32)
haben die Venusastronomen die günstige Gelegenheit, in die Geheimnisse
unserer Welt einzudringen, während für uns sich um diese selbe Zeit die
Venus umgekehrt in den Strahlen der Sonne verbirgt.

Durch Verfolgung der Bewegungen der leuchtenden Erdscheibe unter den
festen Sternen ermittelt man dann leicht die wirkliche _Umlaufszeit_
dieses schönen Sternes um die Sonne, unsere _Jahreslänge_. Man findet
sie gleich 365,2564 Teilen der Einheit, die wir unsern Tag nennen,
und die wir noch besonders zu definieren haben werden. Die Bahn
des Erdsternes würden wir etwas exzentrischer, von der Kreisform
abweichender, finden, als die der Venus ist. Ihre _Exzentrizität_
ist gleich 0,0168. In dieser Bahn bewegt sich die Erde mit einer
durchschnittlichen Geschwindigkeit von 27,8 ~km~ in der Sekunde um
die Sonne, und zwar etwas schneller, wenn sie der Sonne näher steht.
Ihre größte Nähe zur Sonne, ihr _Periheldurchgang_, findet in der
gegenwärtigen Zeitepoche jedesmal am 1. Januar statt. Wir wissen
aber schon, daß diese Richtung der kürzesten Entfernung selbst sich
langsam immer in derselben Weise verschiebt. Diese Verschiebung
(_Säkularbewegung des Perihels_) beträgt im Jahre 61,9 Bogensekunden
(′′) und bewirkt, daß in etwa 10500 Jahren die Richtung, in der uns die
Sonne am nächsten steht, in unsern Juli fällt. Dadurch ändert sich,
wie wir gleich noch besser erkennen werden, die Länge der Jahreszeiten
zwischen den beiden Erdhalbkugeln, und man hat daraus die Ursache jenes
geheimnisvollen Klimawechsels der Eiszeiten abzuleiten versucht.

Die mittlere Entfernung der Erde von der Sonne würde ein außerirdischer
Astronom genau so ermitteln, wie wir es tun, indem wir die _Parallaxe
der Sonne_ ausmessen, das heißt den Winkel, unter dem die Erdscheibe,
vom Mittelpunkte der Sonne aus gesehen, erscheinen würde. Er beträgt
17,60′′. In ein auf der Erde gebräuchliches Maß übersetzt, ergibt sich
die Entfernung der Erde von der Sonne daraus gleich 149500000 ~km~.

Betrachten wir die Scheibe des Erdsterns etwas genauer, so finden wir
zunächst, daß sie vollkommen rund zu sein scheint, soweit sie nicht als
Phase nur teilweise beleuchtet ist. In Wirklichkeit wissen wir, daß die
Erde an den Polen etwas abgeplattet ist, so daß ihr Durchmesser von Pol
zu Pol um ein Zweihundertneunundneunzigstel kleiner ist als der Weg von
einem Punkt des Äquators zu einem andern durch den Erdmittelpunkt. Aber
unsere Meßwerkzeuge würden dies von der Venus aus nicht nachzuweisen
vermögen. Wir schließen daraus, daß auch diese ebenso abgeplattet sein
kann, ohne daß wir es derzeit zu finden vermögen.

Das Licht des Erdsterns, seine _Albedo_, würden wir weniger hell
finden als das der Venus, aber heller als das des Merkur. Interessante
Untersuchungen, die deswegen neuerdings auf Mt. Wilson über die
reflektierende Kraft der Wolken angestellt wurden, ergaben in
Verbindung mit der durchschnittlichen Bedeckung der Erdoberfläche
durch Wolken die _Albedo_ der Erde gleich 0,37, also beinahe dreimal
größer als die des Merkur und des Mondes, aber nur halb so groß wie
die der Venus. Vielleicht würde man das Gesamtlicht der Erde innerhalb
einer Periode, die gerade ihrem Umlauf um die Sonne entspricht, etwas
veränderlich finden und sehr bald erkennen, daß der Grund davon eine
wechselnde Bedeckung der wahrgenommenen festen Flecke auf ihrer
Oberfläche durch kommende und gehende, sich schnell an Ausdehnung und
lichtreflektierender Kraft verändernde, weiße Flecke ist. Wenn auf dem
Planeten, von dem aus wir dies beobachten, etwas Ähnliches auftritt,
so werden wir diese weißen Flecke für Wolken oder vorübergehende
Schneebedeckung, die festen für Kontinente, Meere oder bleibende
Eisflächen erklären.

Unsere Aufmerksamkeit zunächst diesen festen Flecken zuwendend,
machen wir die Wahrnehmung, daß sie in völlig regelmäßiger Weise
auf der leuchtenden Erdscheibe hinziehen, am schnellsten, wenn sie
gerade über die Mitte der Scheibe wandern, langsamer und sich in
ihrer Form in bestimmter Weise verkürzend, wenn sie gegen den Rand
hin rücken. Wir schließen daraus, daß die Erde eine Kugel ist, die
sich in unveränderlicher Weise um ihre Achse dreht. Wir können auch
sofort deutlich unterscheiden, daß dies in einer Weise geschieht, die
uns verrät, daß die Erdachse nicht senkrecht auf der Ebene steht, in
der sich unser Planet um die Sonne bewegt, und also die Ebene der am
schnellsten sich bewegenden Flecke der Erdoberfläche, die Ebene ihres
_Äquators_, einen bestimmten Winkel mit der Ebene der Erdbahn macht.
Wir nennen diesen Winkel die _Schiefe der Ekliptik_. Sie beträgt
gegenwärtig 23° 27′ 8′′ und ist, im Laufe der Jahrhunderte nur sehr
wenig um einen Mittelwert schwankend, veränderlich.

Dieser Winkel bedingt bekanntlich die _Jahreszeiten_, und ein ähnlicher
Winkel muß auch auf andern Planeten die entsprechende Wirkung haben,
wenn wir ihn dort beobachten, weshalb diese Verhältnisse uns hier
besonders interessieren.

Der noch nicht mit den betreffenden Verhältnissen aus der
mathematischen Geographie vertraute Leser mag das einfache Experiment
mit einem Apfel machen, den er mit einer Stricknadel durchsticht und
mit dieser auf einem tellerförmigen Fuß derartig befestigt, daß der
Apfel mit seiner Stricknadel schräg auf der Tischplatte steht. In
der Mitte des Tisches steht die Lampe als Sonne, der Apfel ist die
Erde, und die Stricknadel die Achse, um welche sie sich in ihrer
täglichen Bewegung dreht. Die Tischplatte ist die Ebene der Erdbahn,
die Ekliptik. Wir schieben nun den Erdapfel auf seinem Fuße um die
Sonnenlampe derart, daß die Stricknadel stets dieselbe Richtung, nicht
zur Lampe, sondern zu irgend etwas außerhalb des Tisches, etwa dem
Fensterkreuz, beibehält. Dieses »außerhalb« bedeutet den Weltraum: die
Lage der Erdachse in diesem verändert sich nicht, trotz aller sonstigen
Bewegungen der Erde. Nehmen wir einmal an, in einer bestimmten Stellung
des Erdapfels zur Sonnenlampe sei das untere Ende der Stricknadelachse
gerade gegen die Lampe hin, das obere schräg von ihr abgewendet. Wir
können noch auf dem Erdapfel einen Äquator einschneiden, indem wir ihn
in zwei gleiche Hälften derart trennen, daß die Mitte jeder Hälfte oben
und unten die Punkte sind, wo die Stricknadel den Apfel durchsticht,
die Pole, oben der Nordpol, unten der Südpol. In der von uns gewählten
Lage wird dann der Nordpol nicht mehr von der Sonnenlampe beschienen;
er ist ja von ihr abgewendet. Dagegen ist der Südpol voll beleuchtet.
Wir können den Apfel noch soviel um die Nadel drehen, indem wir nur
ihre Lage gegen die Tischplatte nicht verändern, so bleibt doch der
Nordpol im Dunkeln, der Südpol im Sonnenschein. Die Lichtgrenze, die
sich beim Drehen oben und unten auf dem Apfel als ein kleiner Kreis
bildet, ist der Polarkreis, oben der nördliche, unten der südliche.
Ziehen wir von der Lampe bis zum Apfel eine gerade Linie parallel zur
Tischplatte, vielleicht wieder in der Form einer langen Stricknadel,
so trifft sie ihn in den Punkten, wo die Sonnenlampe senkrecht auf
den Apfel scheint. Drehen wir den Apfel wieder um seine feste Achse,
so entsteht wieder ein Kreis parallel zu unserm Äquatoreinschnitt,
aber kleiner wie dieser. Der beleuchtete Teil dieses Äquators liegt
überall oberhalb dieses kleineren Kreises, der die sogenannte heiße
Zone auf der Erde auf der Südhalbkugel abgrenzt. Es ist der _Wendekreis
des Steinbocks_. Bis hierher kann also die Sonne senkrecht über den
Menschen stehen, die sich hier auf der Erde befinden.

Nun wandern wir mit unserer Erde weiter und machen einen Viertelkreis
um den Tisch, immer so, daß unsere Erdachse ihre Richtung, ihren
Winkel zur Tischebene, beibehält. Dann werden wir sehen, wie immer
mehr von dem Gebiete innerhalb unseres nördlichen Polarkreises
beleuchtet wird, und wenn wir den Viertelkreis vollendet haben, geht
gerade die Sonne am Nordpol auf. Unsere schiefstehende Erdachse ist
jetzt in allen Teilen gleichweit von der Sonnenlampe entfernt, und
drehen wir nun die Erde darum, so werden alle ihre Oberflächenteile
nacheinander beleuchtet. Es ist Frühlingsanfang; die vorige Stellung
entsprach dem Anfang des Winters auf unserer nördlichen Halbkugel.
Bewegen wir die Erde in derselben Weise nun noch um einen weiteren
Viertelkreis, so ist der Nordpol der Sonne am nächsten, der Südpol
beständig im Schatten. Wir finden den _Wendekreis des Krebses_, wie
vorhin den des Steinbocks; es ist Sommersanfang für uns. Zwischen
beiden Wendekreisen liegt die _heiße Zone_, wo die Sonne überall einmal
im Jahre zur Mittagszeit genau über den Köpfen der Bewohner stehen
kann; zwischen Wende- und Polarkreisen sind die beiden _gemäßigten
Zonen_, die Polarkreise schließen auf beiden Seiten die _kalten Zonen_
ein. Bei weiterer Wanderung der Erde aus ihrer jährlichen Reise kommen
wir zum Herbstanfang, wobei die Stellung der Sonne zur Erdachse wieder
dieselbe wird, wie sie es ein halbes Jahr früher beim Frühlingsanfang
war, und dann kommen wir endlich auf unsern Ausgangspunkt zurück. Die
Jahresreise und die Reise durch die Jahreszeiten ist vollendet.

Wenn wir auch in bezug auf die Erde, die wir selbst bewohnen, die
hier wiedergegebenen Erfahrungen auf anderem und sicherem Wege
ermittelt haben, als es von einem außerirdischen Standpunkte möglich
gewesen wäre, so hätten wir sie durch die Bewegungen der festen
Oberflächenflecke, der Kontinente und Meere, ebensogut ermitteln
können. Wir hätten den Winkel der Schiefe der Ekliptik, wie er weiter
oben angegeben ist, richtig gefunden, die Größe der Zonen auf dem
Erdball danach abgemessen und den Anfang der Jahreszeiten sowie ihre
Länge bestimmt.

Dabei hätten wir noch manche interessanten Beobachtungen gemacht. Wir
hätten zunächst gesehen, daß die polaren Gebiete auf beiden Seiten
beständig in »schneeweißem« Lichte strahlen, und daß diese weißen
Hauben mit den Jahreszeiten regelmäßig ihre Ausdehnung verändern. Wenn
auf einer Halbkugel die Sonne am tiefsten steht, die weiße Haube sich
also in ihre Polarnacht gehüllt hat, dann sieht man den weißen Fleck
sich weit in die gemäßigte Zone ausdehnen und erst etwa anderthalb
Monate nach dem betreffenden Sonnenstande sein Maximum oder Minimum der
Ausdehnung erreichen; auf der nördlichen Halbkugel ist seine Ausdehnung
um Mitte Februar am größten, Mitte August am kleinsten, und umgekehrt
auf der andern Seite der Erde. Wir wissen, daß die Ursache davon in den
meteorologischen Verhältnissen unseres Planeten liegt. Wärme und Kälte
werden vom Erdboden aufgesogen und wirken eine Zeitlang der direkten
Sonnenstrahlung entweder entgegen oder verstärken sie. Bis in die
äquatorialen Gegenden indes reicht die weiße Haube niemals, dagegen
würde man in sehr guten Fernrohren hier sowohl wie in gewissen Gebieten
der gemäßigten Zonen beständige weiße Punkte wahrnehmen, unsere
Hochgebirge, von denen aus beim Wechsel der Jahreszeiten die weiße
Bedeckung sich ausdehnt und zurückzieht.

Nachdem von den festen Gebieten der gemäßigten Zonen, die wir als
Kontinente von den Meeren unterscheiden konnten, weil auf diesen
letzteren überhaupt keine Veränderungen gesehen wurden, die weißen
Flecke seit einiger Zeit verschwunden waren, würden wir sie mit einem
grünlichen Ton sich überziehen sehen: der Frühling ist über sie
gekommen.

Aber all diese Beobachtungen würden sehr häufig von jenen weißlichen
Stellen vereitelt werden, die zeitweilig über die Oberfläche hinziehen
und ihre festen Flecke verhüllen: unsere Wolken. Bei genauerem Hinblick
erkennen wir auch bei ihnen den Einfluß der Sonnenbestrahlung und
der Zonen. Sehr auffällig würde namentlich ein Gürtel sein, der sich
zu gewissen Zeiten etwa längs der Grenze zwischen der heißen und der
gemäßigten Zone, also etwa einem Wendekreise folgend, dem Äquator
parallel hinzieht, sich langsam bis gegen den Äquator ausdehnt und von
dort wieder zurückzieht. Es ist der Wolkengürtel, der die periodischen
Regenzeiten der tropischen Gegenden verursacht. Er würde, wenn auch
sonst gar keine Einzelheiten auf dem Planeten zu erkennen wären, aus
denen man auf seinen täglichen Umschwung schließen könnte, diesen uns
verraten, weil nur hierdurch diese dem Äquator parallele Lage solcher
Wolkenstreifen hervorgebracht werden kann. Ein Punkt des Äquators
macht bei seinem täglichen Umschwunge einen Weg von 465 ~m~ in jeder
Sekunde. Dieser großen Geschwindigkeit können die oberen Luftschichten
nicht mehr so gut folgen als die gewissermaßen an der Oberfläche
klebenden. Es entsteht ein beständiger entgegengesetzter (Ost-) Wind
in den äquatorialen Gegenden, der diese Anordnung der Wolkenstreifen
bedingt. Beim Übergang der Luftströmungen in höhere Breiten kehrt sich
dagegen das Verhältnis um, weil die Luft hier mit einer schnelleren
Rotationsgeschwindigkeit ankommt, als sie die feste Oberfläche
hier noch besitzt. Deshalb herrschen in der gemäßigten und kalten
Zone wieder Westwinde vor, die also der Bewegung der Erdoberfläche
vorauseilen.

Eine sehr seltsame Wahrnehmung würden wir in einem gewissen Gebiete
machen, das wir Ägypten nennen. Während diese Gegend für gewöhnlich
eine gleichmäßig gelbe Farbe besitzt, färbt sich zu gewissen
Jahreszeiten ein schmaler, fast geradlinig von Süden nach Norden
verlaufender, nur in den besten Fernrohren sichtbarer Streifen
sozusagen schrittweise gegen Norden hin dunkler, bleibt so eine
Weile, nimmt dann eine grünliche Farbe an, um schließlich wieder in
dem allgemeinen Gelb der Landschaft zu verschwinden. Wir wissen, daß
es die Nilniederung ist, die wir durch ihre verschiedenen Phasen der
Überschwemmung verfolgt haben, von dem aus dem Süden zuströmenden
Wasser herrührend, das ein Wüstengebiet von etwa 30 ~km~ Breite dunkel
färbt, über die Zeit ihrer Begrünung und zurück in ihre ursprüngliche
Wüstennatur.

Noch viele andere interessante Dinge würde das nähere Studium des
Erdplaneten aufdecken, die wir hier nicht weiter verfolgen wollen.
Bemerkt sei noch, daß wir das Verhältnis zwischen Land und Meer wie
etwa 1 zu 4 finden; fast drei Viertel von der Oberfläche des Planeten
sind von jenen dunkleren, unveränderlichen Gebieten, den Meeren,
eingenommen.

In der Umgebung unserer leuchtenden Erdscheibe haben wir schon längst
eine andere kleinere Scheibe in unsern Fernrohren wahrgenommen, die
sie beständig, und zwar in etwa einem Monat, umkreist, unsern _Mond_.
Seine Scheibe ist nur etwa viermal kleiner als die der Erde. Von der
Venus aus würden wir auf seiner Oberfläche in guten Fernrohren noch
manche Einzelheit erkennen und unterscheiden, daß er der Erde immer
dieselbe Seite zukehrt. Dies aber wird wahrscheinlich dadurch noch viel
deutlicher hervortreten, daß das von ihm zurückgestrahlte Gesamtlicht
während eines Umlaufs des Mondes um die Erde in bestimmter Weise
schwankt. Dies muß nämlich geschehen, wenn die uns beständig abgewandte
Seite unseres Begleiters, von der wir freilich gar nichts wissen,
andere Oberflächengestaltung besitzt, etwa mehr Krater oder mehr
Mareebenen, so daß diese Seite im ganzen mehr oder weniger Sonnenlicht
zurückstrahlt als die uns bekannte. Da einem Beschauer außerhalb der
Erde bald diese und bald die andere Seite zugewandt ist, so muß die
Menge des zurückgestrahlten Lichtes in der angeführten Weise schwanken.

Zu gewissen Zeiten, zwei- oder dreimal des Jahres, sehen wir, wie das
Licht des neben der Erde stehenden Mondes langsam ausgelöscht wird,
um nach einer gewissen Zeit, die bis zu drei Stunden ansteigen kann,
erst wieder in seinem vollen Glanze zu strahlen. Wir sehen bald, daß
diese _Verfinsterungen_ nur stattfinden, wenn Sonne, Erde und Mond
in derselben geraden Linie stehen. Der Mond tritt also dann in den
Schatten der Erde. Wenn dagegen der Mond genau zwischen Erde und Sonne
vorüberzieht, so sehen wir, wie ein kleiner schwarzer Fleck vor der
Erdscheibe hinwandert. Die Spitze des Schattenkegels des Mondes trifft
hier die Erdoberfläche und erzeugt dort eine _totale Sonnenfinsternis_.
Zu andern Zeiten sieht man die kleine Mondscheibe vor der der Erde
hinziehen oder sich hinter ihr hindurchschieben, kurz, es ist ein sehr
interessantes Spiel, das die außerirdischen Astronomen an der Erde und
ihrem treuen Begleiter beobachten, und sind sie wirklich vorhanden
und haben eine uns ähnliche Intelligenz, so werden sie alle diese
Beobachtungen verbinden zu einem Weltbilde, das der Wirklichkeit gewiß
nicht völlig entsprechen wird, von ihr aber doch nicht grundzügig
verschieden sein kann.

Ja, es ist sogar möglich, daß von einem außerirdischen Standpunkte
Dinge sich offenbaren, die uns hier auf der Erde verborgen geblieben
sind. Es ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß die Erde neben ihrem
großen noch eine Anzahl sehr kleiner Monde besitzt, wie wir sie bei
andern Planeten auf photographischem Wege durch lange Expositionszeiten
entdeckt haben. Für uns würden sich solche winzigen Lichtpunkte wegen
ihrer zu schnellen Bewegung nicht mehr auf der empfindlichen Platte
markieren können. Es sind sogar, wenn auch noch unsichere, Anzeichen
dafür vorhanden, daß die Erde einen ganzen Ring von solchen winzigen
Körperchen um sich versammelt hat, der sich durch gewisse veränderliche
Anziehungen zu verraten scheint. Er würde jedenfalls aus einer gewissen
Entfernung von der Erde wesentlich besser zu entdecken sein, wie bei
uns.

▣

Nachdem wir so alles Wesentliche über unsere Erde als Himmelskörper
verzeichnet haben, können wir unsere Reise in den Weltraum mit
geklärteren Blicken fortsetzen. Wir übergehen dabei zunächst den
kleinen Planeten Eros, obgleich dieser für uns der nächste im
Sonnenreiche jenseits der Erdbahn ist. Er gehört nach seiner ganzen Art
in die Reihe der kleinen Himmelskörper, die jenseits des Mars einen
Ring um die Sonne bilden. Erst im Zusammenhange mit diesen werden wir
deshalb auf Eros zurückkommen.

[Illustration: Abb. 12. Mars in verschiedenen Oppositionen.]

Nur noch eine kleine Strecke weiter jenseits begegnen wir dem _Mars_,
dem meistgenannten und interessantesten der Geschwister unserer
Erde. Er bewegt sich in einer Entfernung von 1,5237 Einheiten einer
Sonnenweite in 686,9796 unserer Tage um das Zentralgestirn, und zwar
geschieht dies in einer Bahn, die nach der des Merkur, abgesehen
von den kleinen Planeten, am meisten vom Kreise abweicht. Die
_Exzentrizität_ ist 0,0933. Die Bahnebene ist um 1° 51′ gegen die der
Ekliptik geneigt.

Seine synodische Umlaufszeit, während der er immer einmal in
_Opposition_ tritt, also der Sonne gerade gegenübersteht und uns
dabei seine vollbeleuchtete Seite zeigt, ist durchschnittlich gleich
2 Jahren 49 Tagen. Die letzten Oppositionen fanden am 8. Mai 1905,
am 6. Juli 1907 und am 23. September 1909 statt. Die nächsten werden
im November 1911 und im Januar 1914 eintreten. Bei einer solchen
Stellung ist Mars natürlich am besten zu beobachten, zumal er uns
dann auch am nächsten steht. Aber die verschiedenen Oppositionen sind
in dieser Hinsicht nicht gleichwertig. Die Marsbahn ist, wie wir schon
erfuhren, recht exzentrisch, und auch die Erdbahn ist kein vollkommener
Kreis. Es können also die beiden extremen Fälle eintreten, daß die
Opposition gerade stattfindet, wenn die Erde der Sonne am nächsten,
Mars aber ihr am entferntesten steht, und umgekehrt. Die günstigsten
Oppositionen ereignen sich immer nach sechzehn Jahren. Die Opposition
von 1909 gehört zu diesen besonders begünstigten. Er erscheint dabei
unter einem Winkel von etwas mehr als 24 Bogensekunden, während dieser
bei mittleren Oppositionsbedingungen nur etwa 18 Sekunden mißt. In
Abb. 12 sind Scheiben abgebildet, die diese Größen etwa für ein 300mal
vergrößerndes Fernrohr wiedergeben, wenn man sie in einer Entfernung
von 1,15 ~m~ vom Auge aufstellt. Zu diesen allgemeinen Bedingungen der
Sichtbarkeit treten aber noch die für einen bestimmten Beobachtungsort.
Die Höhe, bis zu der Mars während der verschiedenen Oppositionen
höchstens über den Horizont steigen kann, ist sehr verschieden. 1907
blieb er für die europäischen Sternwarten so nahe am Horizont, daß die
atmosphärischen Dünste nur selten ein klares Bild des Planeten zeigten.
1909 waren diese Verhältnisse schon wesentlich günstiger, und noch
besser werden sie 1911 werden, obwohl dann der Durchmesser des Planeten
gegen 1909 bereits wieder abgenommen hat.

Aus den wechselnden scheinbaren Durchmessern des Planeten bei seinen
verschiedenen Entfernungen von uns folgt sein _wahrer Durchmesser_ zu
6740 ~km~, immerhin mit einer Unsicherheit von etwa hundert Kilometern,
die bei der Ausmessung so kleiner Winkel, wie sie die Planetenscheibe
bietet, übrigbleibt. Aus diesem Durchmesser, in Verbindung mit der
Anziehungskraft, die Mars ausübt, ergibt sich die Dichtigkeit seiner
Masse zu etwa 0,7 der der Erde. Sie ist also noch ein wenig geringer
wie die der Venus. Einige Beobachter wollen eine geringe Abplattung
wahrgenommen haben, aber auch diese ist innerhalb der Unsicherheit
der Beobachtung geblieben. Wir sehen also, daß die Welt des Mars im
Durchmesser nur wenig mehr als die Hälfte der unsrigen hält. Sehen wir
nun zu, was wir von ihrer inneren Einrichtung zu erforschen vermögen.

Schon die ersten Beobachter sahen hellere und dunklere Flecke auf dem
Planeten, die ihre Form nicht veränderten, aber über die Scheibe
hinzogen, ihre Rotation um eine feste Achse zweifellos verratend. Die
Umdrehungszeit ergab sich zu 24 Stunden 37 Minuten und 23 Sekunden, das
macht 41 Minuten mehr für den Marstag als den der Erde, denn dieser
ist nicht 24 Stunden lang, sondern in bezug auf eine feste Richtung
im Weltgebäude um etwa 4 Minuten weniger; der _Sterntag_ der Erde
hat nur 23 Stunden 56 Minuten und 4 Sekunden. Es ergibt sich ferner
aus der Verfolgung jener festen Flecke, daß der Marsäquator gegen
die Ebene der Marsbahn um etwa 25° geneigt ist, das ist also nur ein
geringes mehr als bei der Erde, wo die Schiefe der Ekliptik bekanntlich
23½° beträgt. Wir wissen, daß von diesem Winkel der Wechsel der
Jahreszeiten, die Lage und Größe der klimatischen Zonen abhängt. Statt
47°, wie bei uns, hat also auf Mars die heiße Zone eine Ausdehnung
von 50°; die Polarregionen reichen bis zu 25° statt 23½° rings um
die geometrischen Pole herum, deren Lage wir natürlich genau angeben
können. Die gemäßigten Zonen bilden Gürtel von nur 40°, gegen 43° auf
der Erde. Wir können auch durch diese Lageverhältnisse den Beginn und
die Länge der Jahreszeiten auf Mars leicht berechnen und finden, daß
der Frühling dort 199 unserer Tage lang ist, der Sommer 182, der Herbst
146 und der Winter 160 Tage. Die beträchtliche, bei uns viel geringere
Verschiedenheit der Jahreszeitenlänge ist durch die größere Abweichung
der Marsbahn von einem Kreise bedingt, wodurch nach dem Keplerschen
Gesetze Mars verschieden schnell seine Bahn durchläuft, je nachdem er
sich der Sonne näher oder entfernter befindet.

Wie wir es bei der Erde sahen, wird Mars durch diese schiefe Stellung
seiner Achse der Sonne sowohl wie auch uns abwechselnd seinen Süd- und
Nordpol zuwenden, je nachdem seine Südhalbkugel oder die Nordhälfte
Sommer hat. Dazwischen liegen die Zeiten der Nachtgleichen, in
denen er beide Pole zeigt. Wir beobachten dabei regelmäßig, daß die
Polarregionen des Planeten, die vorher in Nacht gehüllt waren, also
ihren Winter hatten, mit einer weißen Haube überdeckt waren, sobald
sie uns wieder sichtbar wurden. Diese _weißen Polarflecke_ aber
wurden immer kleiner, je länger die Sonne die betreffende Gegend
beschienen hatte, je weiter also die Sommerszeit vorrückte. Endlich, im
Hochsommer, ein bis zwei Monate über den höchsten Sonnenstand hinaus,
war alles Weiße in der betreffenden Polarzone verschwunden.

Der Vergleich mit irdischen Verhältnissen drängt uns die Vermutung auf,
daß es sich hier um Schnee und Eis handelt, die in den betreffenden
Jahreszeiten kommen und gehen, wie bei uns. Aber wir müssen hier
sofort ein Fragezeichen machen, denn die beobachteten Verhältnisse
entsprechen doch nicht ganz denen auf der Erde. Der Traum unserer
Polarforscher ist auf dem Mars erfüllt: die Pole werden zur Sommerszeit
eisfrei. Das ist um so merkwürdiger, als man leicht berechnen kann,
daß die Sonnenstrahlung auf dem 1½mal weiter als wir vom Zentralherde
unseres Systems entfernten Planeten 1½mal 1½, also 2¼mal geringer sein
muß als bei uns, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß auf
der Marsoberfläche selbst sich diese Verhältnisse durch verschiedene
Eigenschaften der Wärme absorbierenden Atmosphäre wesentlich ändern
können. Dieser geringeren Sonnenkraft scheint auch die Wahrnehmung zu
entsprechen, daß die weißen Flecke gelegentlich viel weiter gegen den
Äquator vorrücken als bei uns; selbst völlig unter dem Gleicher hat
man Gebiete weiß übersprenkelt gesehen. Man konnte sich denken, daß
hier auf dem Nachbarplaneten Gebirgszüge sich erheben, deren Gipfel
gelegentlich überschneit wurden. Zunächst wollen wir uns hier mit
der Feststellung begnügen, daß auf jener andern Welt wohl zweifellos
Ähnlichkeiten mit der unsrigen hervortreten, daß aber doch auch
deutliche Unterschiede vorhanden sind, die einer besonderen, von unsern
irdischen Erfahrungen abweichenden Erklärung bedürfen. Wir müssen noch
weiteres Beobachtungsmaterial sammeln, ehe wir es versuchen dürfen, ein
der Wirklichkeit sich vermutlich näherndes Bild dieser andern Welt zu
entwerfen.

[Illustration: Abb. 13. Karte des Mars.]

Wir wenden uns den helleren und dunkleren festen Flecken auf der
Planetenscheibe zu, die wir nach irdischer Analogie für Festländer und
Meere, vorbehaltlich entgegenstehender weiterer Erfahrungen, halten
dürfen. Die Ausdauer und Kunst unserer besten Beobachter, ausgerüstet
mit den vorzüglichsten Sehwerkzeugen unter günstigen Himmelsstrichen,
hat in jahrzehntelanger Arbeit eine Fülle von Einzelheiten auf dem
kleinen Planeten aufgedeckt, die zu einer _Karte des Mars_ vereinigt
sind, von der in Abb. 13 eine Wiedergabe abgedruckt ist. Sie ist in
neuerer Zeit nach allen bekannt gewordenen, zuverlässigen Beobachtungen
von _Flammarion_ und _Antoniadi_ zusammengestellt worden. Es sei
aber gleich bemerkt, daß der Besitzer selbst eines schon ziemlich
bedeutenden Fernrohrs sehr enttäuscht sein würde, wenn er unter
gewöhnlichen Umständen von diesen Oberflächengestaltungen auf der
kleinen Scheibe des Planeten mehr als einige schwache Andeutungen
sehen wollte. Es gehören außer den günstigsten optischen und
atmosphärischen Bedingungen jahrelang geübte Augen dazu, um diese
meist an der letzten Grenze unseres Wahrnehmungsvermögens liegenden
Feinheiten mit einiger Sicherheit zu unterscheiden. Ich selbst habe
kaum jemals mit dem schönen Instrument von zehn Zoll Öffnung unter
dem oft vorzüglichen Himmel Genfs einen »Kanal« sicher gesehen. Die
hier unten wiedergegebenen, bei der Opposition von 1907 hergestellten
Photographien (Abb. 14) mögen eine Anschauung davon geben, wie die
Planetenscheibe in den günstigsten Fällen im Fernrohr aussieht. Aber
auch sie sind noch zum Zwecke der Reproduktion »retuschiert« worden,
damit die mit äußerster Anstrengung gesehenen Einzelheiten beim Druck
nicht wieder verschwinden. Diese Aufnahmen sind von _Lowell_ auf der
Flagstaff-Sternwarte in Arizona gemacht worden, die der Genannte unter
dem reinen Himmel der Subtropen in bevorzugter Höhenlage eigens zur
Erforschung der Welt des Mars errichtet hat.

[Illustration: Abb. 14. Photographien des Mars.]

Jene helleren und dunkleren Gebiete aber, die wir vorläufig als Länder
und Meere bezeichnen, sind meist schon unter mäßig guten Bedingungen zu
erkennen. Ihre Ausdehnung zeigt zunächst, daß auf dem Mars die Meere
(immer unter der Voraussetzung, daß es wirklich solche sind) gegen die
Landgebiete wesentlich zurücktreten. Fanden wir, daß auf der Erde nur
etwa ein Vierteil der Fläche als Land über die Meere hervorragt, so ist
das Verhältnis auf dem Mars gerade umgekehrt. Die nördliche Halbkugel
des Mars ist fast ganz mit Land bedeckt, und nur auf der Südhälfte
befindet sich ein ausgedehnteres Meer, wie unsere Karte zeigt. Aber
ein anderer Umstand beweist, daß diese »Meere« vielfach sehr seicht,
ja daß es vielleicht zum Teil gar keine Meere, sondern eine Art von
Moorgründen sind, die nur zeitweise überschwemmt werden. Man erkennt
nämlich auch in diesen dunkeln Gebieten zuweilen Einzelheiten, die
denen auf den »Landgebieten« ähnlich sind, Linien, rund umgrenzte
Stellen und anderes, auf das hier nicht im einzelnen beschreibend
einzugehen ist. Nehmen wir alle betreffenden Wahrnehmungen zusammen,
so müssen wir zu dem Schlusse kommen, daß auf dem Mars jedenfalls
viel weniger Wasser vorhanden ist als auf der Erde. Wir wollen diese
wichtige Frage vorweg weiter verfolgen, ehe wir uns den übrigen
Verhältnissen auf der Marsoberfläche zuwenden.

Nur sehr selten bemerkt man auf dem Mars etwas, das einer
Wolkenbedeckung ähnlich wäre. Man hat wohl gelegentlich leichte
Schleier bemerkt, die vorher sichtbare feste Flecke undeutlich
erscheinen ließen, und dann war es recht charakteristisch, daß nach dem
Verschwinden der Trübung die betreffende Gegend oft mit weißen Punkten
übersprenkelt erschien, die ihrerseits bald wieder verschwanden. Das
würde also auf einen Schneefall hindeuten. Aber die Frage, ob es
sich hierbei um wirkliche Wolken handelte, konnte doch nicht sicher
entschieden werden. Man sah sich die Oberfläche auch mit weißen, in
der Richtung der Umdrehung des Planeten um seine Achse verschobenen
Streifen überziehen, ohne daß vorher Wolkenschleier in den betreffenden
Gegenden bemerkt worden wären.

Diese letztere Wahrnehmung macht das Vorhandensein von Winden auf dem
Mars fast unzweifelhaft, die unserm Gesetze der Stürme folgen, was jene
Ausweichung ihrer Richtung beweist. Hier hätte man sich also kalte, von
den Polen ausgehende Luftströmungen zu denken, unter deren Einfluß sich
ein Niederschlag gebildet hätte, etwa unserer Reifbildung entsprechend.

Alle diese Wahrnehmungen machen das Vorhandensein einer Marsatmosphäre
unzweifelhaft. Es fragt sich nur, welche Zusammensetzung, welche
Dichtigkeit und vor allem, welche Temperatur man ihr zuzuschreiben
hat. Hierüber sind namentlich in der neueren Zeit sehr interessante
Untersuchungen und theoretische Betrachtungen angestellt worden, die
über die Welt des Nachbarplaneten Licht zu verbreiten beginnen.

Zunächst ist zu sagen, daß die direkte Beobachtung des Spektroskops
das Vorhandensein einer von der unsrigen vermutlich nicht wesentlich
verschiedenen, aber viel dünneren Lufthülle sehr wahrscheinlich gemacht
hat, wofür auch die geringe _Albedo_ des Mars spricht, die mit 0,22
nur wenig größer ist als die des Merkur und des Mondes, so daß wir
also annehmen müssen, daß ein wesentlich beträchtlicherer Teil der
Sonnenwärme bis zur Oberfläche des Mars gelangt als bei uns. Eine
Reihe von anderweitigen Untersuchungen gibt der Lufthülle des Mars nur
etwa den vierten Teil der Dichte der unsrigen. Wir hätten sie also
mit der zu vergleichen, die auf den Gipfeln unserer Gebirgsriesen
anzutreffen ist. Dabei ist zu bedenken, daß die Sonnenstrahlung auf dem
entfernteren Mars geringer ist als bei uns. Man kann nun nach einem
von _Stefan_ gefundenen Gesetze die Temperatur der Marsoberfläche aus
der Menge der von der Sonne ihm zugestrahlten Wärmemengen berechnen.
Um diese letztere zu bestimmen, muß man das Verhältnis der sogleich
wieder von der Atmosphäre des Planeten in den Weltraum zurückgegebenen
Sonnenstrahlung zu der wirklich aufgenommenen festzustellen suchen.
Was wir vorhin als »_Albedo_« bezeichneten, ist dieses Verhältnis. Je
heller ein Planet uns erscheint, desto mehr Sonnenstrahlung hält er
eben für sich zurück. Wendet man dieses Gesetz auf den atmosphärenlosen
Mond an, so kommt man zu Temperaturen, die mit den in neuerer Zeit
direkt gemessenen sehr gut übereinstimmen. Für die Erde zwar erhält man
unter der Voraussetzung, ihre rückstrahlende Kraft, ihre Albedo, sei
der der Venus mit ihrer dichten Wolkendecke gleich, einen zu geringen
Wert, ~minus~ 1,7° ~C~ für die Durchschnittstemperatur der gesamten
Erdoberfläche, die in Wirklichkeit etwa ~plus~ 15° beträgt, aber dies
hat wahrscheinlich seinen Grund darin, daß die errechnete Temperatur
für die der Oberfläche sozusagen mitanhaftenden Luftschichten mitgilt,
die ja eine geringere Temperatur besitzen als die Luft der Oberfläche
selbst. Auch scheint nach den weiter oben angeführten Beobachtungen die
Albedo der Erde zu groß angenommen zu sein. Diese Wärme verschluckende
Wirkung der Atmosphäre hängt wesentlich von ihrer Zusammensetzung ab.
Sauerstoff, Stickstoff und Argon, die hauptsächlichsten Bestandteile
unserer Erdenluft, können nur wenig Wärme festhalten, wohl aber der
Wasserdampf und die Kohlensäure. Sie wirken als schützender Mantel,
verhindern sowohl die zu starke Einstrahlung wie andererseits die
Ausstrahlung.

Für den Planeten Mars gibt die betreffende Rechnung eine
Durchschnittstemperatur von minus 37° C. Bei dieser würde das Wasser
also beständig im festen Zustande beharren und könnte die dort
beobachteten Erscheinungen des Schmelzens der weißen Polarkappen
sogar bis zu den Polen selbst hin nicht erklären. Man hat deshalb
seinerzeit die Vermutung ausgesprochen, was man dort sich als Schnee
niederschlagen und wieder tauen sah, sei gar kein Wasser, sondern
Kohlensäure, die ja auch alle drei Aggregatzustände anzunehmen vermag.
Kohlensäure spielt ja auch in unserer Atmosphäre eine wichtige Rolle
und wird in früheren Entwicklungsperioden der Erde jedenfalls in
noch erheblich bedeutenderem Prozentsatze unserer Luft beigemischt
gewesen sein, der gegenwärtig nur 0,03% beträgt. Aber der schwedische
Forscher _Arrhenius_, der sich in tiefgründender Weise mit der Frage
der physikalischen Zustände auf andern Welten befaßt hat, und dessen
Betrachtungen ich hier in der Hauptsache folge, machte unter anderm
darauf aufmerksam, daß Kohlensäure ja erst unter sehr hohen Drücken
flüssig bleibt, andernfalls aber schnell aus dem festen, schneeartigen
Zustande in den gasförmigen übergeht. Von solchem Drucke kann aber
auf dem Mars nicht die Rede sein, während wir andererseits sehr
deutlich den Übergang dieses Marsschnees in einen flüssigen Zustand
beobachten. Wir müssen die Kohlensäurehypothese in dieser Form für den
Mars aufgeben. Aber Arrhenius glaubt in anderer Weise die Kohlensäure
für die Erklärung der dortigen Zustände heranziehen zu können. Die in
der Atmosphäre freischwebende Kohlensäure ist nämlich in noch weit
höherem Maße wie der Wasserdampf imstande, die einstrahlende Wärme
festzuhalten und deshalb der eigentlichen Oberfläche des betreffenden
Weltkörpers als schützendes Dach zu dienen. Wenn die Marsatmosphäre
selbst hundertmal so viel Kohlensäure enthielte wie die der Erde,
so machte dies ja immerhin noch nicht den dreißigsten Teil ihres
sonstigen Gehaltes aus, und man könnte aus den sonst vom Mars bekannten
Zuständen wohl die Erzeugung und Festhaltung solcher Mengen dieses
Gases für möglich erklären. Dann aber müßte durch diesen schützenden
Kohlensäuremantel die Temperatur auf der Oberfläche jenes Planeten
selbst eine höhere als auf der Erde sein, und alle die wechselvollen
Vorgänge, die wir auf ihr beobachten, ließen sich durch den Kreislauf
des Wasserdampfes zwanglos erklären.

Es läßt sich nun aus theoretischen Betrachtungen, die aus der
Erkenntnis der »kinetischen Gastheorie« sich ergeben und besagen,
daß die einzelnen Molekeln freier Gase mit sehr großen, für
bestimmte Temperaturen berechenbaren Geschwindigkeiten hin und her
schwingen, ermitteln, welche Gase von einem Weltkörper von bestimmter
Anziehungskraft noch festgehalten werden können, und welche dagegen mit
einer so großen Geschwindigkeit aus eigener Kraft die Atmosphäre eines
solchen Körpers verlassen, wenn sie sich vorher darin befunden haben
sollten. Durch die bekannten Zustände bei uns und auch auf der Sonne
hat man eine gute Kontrolle über die Zulässigkeit dieser Theorie auch
für die andern Himmelskörper, deren Anziehungskraft wir kennen. Für die
Erde ergibt sich zum Beispiel, daß Wasserstoff und Helium in unserer
Atmosphäre nicht mehr bestehen können. Die äußerst geringen Spuren,
die man davon bei uns findet, sind offenbar Ausdünstungen der festen
Erdrinde, die im Begriffe sind, sich sogleich wieder in den Weltraum
zu verflüchtigen. Dagegen sehen wir die Atmosphäre der Sonne erfüllt
von diesen beiden Gasen, wie es auch der Theorie entspricht. Für den
Mars ergibt sich, daß dort die beiden Hauptgase unserer Atmosphäre,
Sauerstoff und Stickstoff, in der Tat bestehen können. Für den
Wasserdampf kommen gewisse Forscher zu verschiedenen Ergebnissen. Aber
Arrhenius hält dessen Vorhandensein in geringen Mengen doch für sehr
wahrscheinlich.

Fassen wir alle bisherigen Forschungen zusammen, so müssen wir
den Planeten Mars für einen zwar wasserarmen, aber doch dieses
Lebenselementes nicht völlig entbehrenden Weltkörper mit einer der
unsrigen in der Zusammensetzung nicht unähnlichen, aber viel dünneren
Atmosphäre erklären, in der die Wasserzirkulation nicht mehr oder
doch nur noch sehr selten in Form von Wolken vor sich geht, so daß
wir die wahrgenommenen weißen Niederschläge für eine Art von dünnem
Reif halten müssen, der schnell erzeugt und auch ebenso schnell wieder
aufgeschmelzt werden kann. Derartige Verhältnisse würden auch auf der
Erde eintreten, wenn auf ihr Luft und Wasser entsprechend seltener
wären, und dies muß bei fortschreitendem Alter notwendig stattfinden.
Wir hätten danach Mars als eine alternde Erde anzusehen, die aber noch
immer merkliche Mengen der das Leben unterhaltenden Elemente der Luft
und des Wassers besitzt. Unter solchen Gesichtspunkten haben wir unsere
Studien dieser Welt fortzusetzen.

In den sogenannten Meeren des Mars machen wir eine Wahrnehmung, die
diesen Wassermangel bestätigt. Es unterliegt nämlich keinem Zweifel,
daß einige dieser Gebiete nur zeitweilig »überschwemmt« sind. Sie
zeigen dann eine besonders dunkle Färbung, während sie zu andern Zeiten
ganz ähnliche Einzelheiten, nur schwächer angedeutet, erkennen lassen
wie die »Festländer«. _Pickering_ und _Lowell_ glauben zu diesen
Zeiten, die in den Sommer der betreffenden Marsgegend fallen, eine
grünliche Färbung sich über diese »amphibischen« Gebiete verbreiten
zu sehen, die wir demnach, wie bemerkt, als eine Art von Moorgründen
aufzufassen hätten, über welche die Schmelzwasser im Frühjahr
hinrieseln, um sie im Sommer zu fruchtbaren Feldern zu machen. Wir
hätten danach hier eine Erscheinung, die man mit der Nilüberschwemmung
vergleichen könnte. Die Ähnlichkeit tritt noch ganz besonders dadurch
hervor, daß die benachbarten Marsfestländer die charakteristische gelbe
Färbung der Wüstenländer besitzen, wie dies auch mit der Umgebung des
Nils der Fall ist.

Diese Festländer werden nun von jenen viel besprochenen, immer noch
rätselhaften, dunkeln Linien durchzogen, die unter dem Namen der
_Marskanäle_ so verschiedenartig gedeutet worden sind. Es ist nach den
Karten der hervorragenden Marsforscher ein wunderbares Netzwerk von
Verbindungen zwischen den dunkeln Gebieten, den »Meeren«, die auf dem
Mars durch die gelben Gebiete kein zusammenhängendes Weltmeer bilden
wie bei uns. Die meisten dieser Linien sind außerordentlich dünn und
nur mit letzter Anstrengung unter günstigsten optischen Bedingungen
zu sehen. Man kann es deshalb wohl begreifen, daß ihre Existenz
vielfach angezweifelt worden ist. Namentlich ein englischer Astronom,
_Maunder_, hat hierüber interessante Experimente angestellt, die in der
Tat zeigen, wieviel der menschliche Geist in zweifelhaften Fällen zu
»ergänzen« sich bemüht, wo es in Wirklichkeit gar nichts zu ergänzen
gibt. Der Genannte verfertigte Marsbilder, die nur die unzweifelhaft
vorhandenen hellen und dunkeln Stellen seiner Oberfläche enthielten.
Diese stellte er vor Schulkindern in einer Entfernung auf, in der
sie eben noch diese Flecke sehen konnten, und ließ sie, die keine
Ahnung hatten, worum es sich handelte, aufzeichnen, was sie sahen.
Und siehe da, eine ganze Reihe dieser Schulkinderzeichnungen enthielt
»Marskanäle«, die zum Teil sogar dieselben Verbindungen zwischen den
»Meeren« herstellten, wie die von unsern Marsforschern gesehenen.
Das war gewiß ein verblüffendes Resultat, mit dem der Engländer
die ganze jahrzehntelange Arbeit der gewissenhaftesten Forscher als
eitel Trugbilder glaubte aus der wissenschaftlichen Welt blasen zu
können. Aber dieses Experiment beweist doch nur, daß solche Illusionen
vorliegen _können_, nicht aber _müssen_. Die dunkeln Gebiete greifen
vielfach spitz in die hellen ein, da ist es ganz natürlich, daß ein
Kind zwischen zwei solchen sich etwa gegenüberliegenden Spitzen eine
Verbindung zu sehen glaubt, wie es nicht minder wahrscheinlich ist, daß
eben auch die Natur zwischen diesen tiefen Einschnitten eine wirkliche
Verbindung hergestellt hat, und daß eben nun jene Schulkinder die zwar
auf ihren Vorlagen fortgelassene natürliche Verbindung gewissermaßen
fühlten. Eine ganze Reihe von Forschern ist trotzdem der Sache am
Fernrohr noch einmal kritisch zu Leibe gegangen. Sie kommen trotz jenen
»vernichtenden« Schulkinderzeichnungen zu der Überzeugung, daß viele
jener zarten Gebilde ganz zweifellos vorhanden sind, während andere
vielleicht auf irgendwelchen Illusionen beruhen können. Es war auch
von vornherein höchst unwahrscheinlich, daß der als außerordentlich
gewissenhaft und selbstkritisch längst vorher bekannte Mailänder
Forscher _Schiaparelli_, durch dessen jahrzehntelange Untersuchungen
die erste ausführliche Marskarte geschaffen wurde, sich in so vielen
hundert Fällen hätte täuschen lassen können. In neuerer Zeit führt
der vielleicht etwas zu weit gehende _Lowell_ sogar Photographien von
Marskanälen für deren zweifellose Existenz ins Feld. Wir haben solche
Aufnahmen schon weiter oben wiedergegeben. Mir will indes dieser Beweis
nicht viel gelten. Wären diese Objekte auf den Platten wirklich so
deutlich zu sehen gewesen, wie auf den hier vorliegenden Abbildungen,
so würden sie allerdings aller Diskussion ein Ende machen. Aber der
Autor sagt selbst, daß er die Platten hat »retuschieren« müssen, um
die äußersten Feinheiten auf ihnen deutlicher wiedergeben zu können.
Da bleibt natürlich dieselbe Möglichkeit jenes »Hineinforschens«
vielleicht doch nicht vorhandener Details, wie am Fernrohr direkt.
Überblicken wir aber alles Für und Wider, so müssen wir doch überzeugt
bleiben, daß eine große Anzahl solcher die Marsmeere verbindenden
»Kanäle« wirklich dort vorhanden sind.

Die Frage ist nun, was diese Kanäle in Wirklichkeit sind. Es war
ja ihrer Lage nach gewiß das Nächstliegende, sie für wirkliche
Wasserverbindungen zwischen jenen sonst isolierten Meeresbecken zu
halten. Aber da trat bald die Schwierigkeit ihrer ungeheuern Breite
ein. Die allerfeinsten Linien, die man auf dem Mars mit unsern
optischen Mitteln noch unterscheiden kann, müssen 30 ~km~ breit
sein. Gewisse und gerade die am sichersten existierenden haben aber
eine mindestens zehnfache Breite. Mag man sie nun für Erzeugnisse
intelligenter Wesen oder für Naturprodukte erklären, so fehlen uns
alle Vergleichsobjekte, und wir können uns ihre Notwendigkeit oder
Nützlichkeit nicht vorstellen. Es können ihrer ganzen Breite nach keine
Wasserläufe sein. Da fällt uns aber das Beispiel der Nilniederung
wieder ein, die auch eine Breite von durchschnittlich 30 ~km~ hat.
Wir könnten uns also vorstellen, daß ein uns an sich unsichtbarer
Wasserlauf nur zeitweilig mit Wasser gefüllt sei, wodurch erst die
sonst als Wüstenei brachliegende Umgebung sich mit dunkler Vegetation
überzieht, wie es eben auch beim Nil der Fall ist. Nun nimmt man diese
allmähliche Ausbreitung der »Kanäle« wirklich wahr. Schiaparelli hatte
schon vermutet, daß sie sich bei ihrem ersten Auftreten aus einzelnen,
gesondert erscheinenden Stellen zusammenfügen. Sie verschwinden,
wenigstens zum größeren Teile, zur wasserarmen Winterzeit und sind
im Frühling und Sommer, zur Zeit der Schneeschmelze oder etwas nach
ihr, am dunkelsten. Ist die Welt des Mars mit der unserer Erde also
überhaupt vergleichbar, und sind unsere Wahrnehmungen auf dieser Welt
reell, so ist in der Tat der Vergleich mit Erscheinungen, wie wir
sie bei den Nilüberschwemmungen kennen, als der allein alle bisher
vorliegenden Beobachtungstatsachen vereinbarende gegeben.

[Illustration: Abb. 15. Doppelte Marskanäle.]

Eine andere Frage ist, ob man diese Gebilde als natürliche oder
künstliche aufzufassen hat. Wir wollen diese Frage hier nur streifen.
Die Anordnung dieser »Kanäle«, wie wir sie der Einfachheit weiter
bezeichnen wollen, erscheint auf den Marskarten als eine derart
im menschlichen Sinne zweckentsprechende, den Anforderungen eines
ausgedehnten Verkehrs über die Kontinente hinweg von Meer zu Meer
angepaßte, daß man wohl intelligente Wesen als ihre Urheber annehmen
durfte. Die Naturkräfte allein, ohne die Führung einer vordenkenden
Intelligenz, konnten solch ein geradezu raffiniert angelegtes Netzwerk
von Verbindungen nicht geschaffen haben. Dazu kam noch eine ganz
wunderbare Erscheinung, nämlich die der zeitweiligen _Verdoppelung der
Kanäle_, die Schiaparelli zuerst gesehen hatte, und die dann später
nur noch wenige andere wahrgenommen zu haben glauben. Zu gewissen
Zeiten, immer wieder, wenn der Wasserreichtum in der betreffenden
Gegend am größten war, erschienen statt einem zwei dicht nebeneinander
herlaufende Kanäle, der zweite Parallelkanal meist etwas später als
der erste, ursprüngliche. Man hätte also annehmen können, daß hier in
Fällen des Überflusses so etwas wie Schleusen geöffnet worden wären,
um auch diese Reservekanäle noch zu speisen. Aber wir wollen zugeben,
daß über diese geheimnisvolle Verdoppelung die Beobachtungsakten noch
recht dürftig und zweifelhaft geblieben sind. Schiaparelli hat zwar
die Erscheinung mit Sicherheit gesehen, aber es ist später gezeigt
worden, daß eine sehr dünne Linie an der Grenze der Wahrnehmung durch
optische und physiologische Täuschungen doppelt erscheinen kann. Wir
dürfen also diese Verdoppelung noch nicht als Tatsache anerkennen und
daran weitere Schlüsse knüpfen. Was sodann die zweckmäßige Anordnung
des Kanalnetzes selbst betrifft, so hat man auch darüber Zweifel
erhoben. Ein italienischer Astronom hat das jedenfalls lehrreiche
Experiment gemacht, den Mond durch ein so schwach vergrößerndes
Glas zu betrachten, daß er dadurch uns nur etwa so weit genähert
wird, wie Mars in unseren besten Fernrohren. Dabei zeigten manche
Oberflächeneinzelheiten des doch gewiß nicht von intelligenten Wesen
umgestalteten Mondes ganz erstaunliche Ähnlichkeiten mit den auf
dem Mars beobachteten. Die starren Mareebenen des Mondes wurden zu
Marsmeeren, die helleren, gebirgigen Gegenden zu Marsfestländern,
und bestimmte Reihen von schattenwerfenden Kratern vereinigten
sich scheinbar zu Liniensystemen von einer gewissen Ordnung und
Regelmäßigkeit. Dagegen läßt sich folgendes geltendmachen. Wenn man den
Mond noch so lange in der beschriebenen Weise beobachten würde, so
entdeckte man doch auf ihm niemals Veränderungen der Schattierungen und
der Einzelheiten, wie sie die Marsbeobachter konstatieren. Stellen wir
uns deshalb selbst auf den allerkritischsten Standpunkt, so bleibt doch
zum mindesten die Überzeugung zurück, daß der Mars als Weltkörper noch
lebt, wenn auch seine Lebensbedingungen im Vergleich zu den irdischen
vermindert sind.

Das Bild, das wir von unserer Nachbarwelt bisher entwerfen können,
zeigt uns wenig tiefe, häufig von Überschwemmungen überflutete
Niederungen und Wüstengebiete, die ihrerseits nicht sehr hoch
emporragen können, da sich hohe Gebirgszüge deutlich verraten haben
müßten. Die Arbeit der abtragenden Erosion, die bei uns die Gebirge ins
Meer trägt, Festländer und Meere zugleich verflachend, ist also, wie es
scheint, auf dem Mars bereits viel weiter vorgeschritten als bei uns,
und wir dürfen also auch deshalb Mars als eine alternde Welt bezeichnen.

Aber völlig sind die Unebenheiten noch nicht ausgeglichen. Wir haben
davon schon Andeutungen in dem zeitweilig weiß gesprenkelten Aussehen
gewisser Gegenden erkannt. Ferner sieht man gelegentlich an ganz
bestimmten Stellen des »_Terminators_« der nicht vollbeleuchteten
Marsscheibe, das heißt an ihrer Lichtgrenze, Hervorragungen, die
nur als die Schattenwürfe ziemlich langer, aber nicht sehr hoher
Erhebungen der Oberfläche gedeutet werden können. In einem dieser
Fälle konnte man auf Hochflächen von etwa 140 ~km~ Ausdehnung und
einer Durchschnittshöhe über dem allgemeinen Niveau von etwa 3000 ~m~
schließen. Solchen Ausbuchtungen stehen auch Einbiegungen gegenüber,
die dann Niederungen voraussetzen Auch diese sind nicht sehr bedeutend.

Jene sich leuchtend in die Nachtseite des Planeten schiebenden
Hervorragungen sind seinerzeit von phantasiereichen Leuten für
Lichtsignale gehalten worden, die uns von den Bewohnern des Mars
zugesandt wurden. Wir wissen sie heute einfacher und natürlicher zu
deuten. Aber die Überzeugung, daß dort wirklich solche Wesen wohnen
und mit ihren Erdenbrüdern in Verbindung zu treten wünschen, hat
sich vielfach erhalten. Es sind hohe Preise für die Beschaffung
der technischen Mittel zu einer Verbindung mit unserer Nachbarwelt
ausgestellt.

Mars wird von zwei _Monden_ umkreist, die sehr klein sind und erst
am 11. und 17. August 1877 von Asaph _Hall_ in Washington mit dem
damals stärksten Fernrohr entdeckt wurden. Man nannte sie _Deimos_ und
_Phobos_, Furcht und Schrecken, wie die Begleiter des Kriegsgottes
Mars. Sie sind ganz winzige Lichtpünktchen, zu deren Erkennung auch
heute noch die besten Instrumente gehören. Ihre beständige große Nähe
bei der leuchtenden Marsscheibe erhöht noch die Schwierigkeit ihrer
Beobachtung. Aus dem Vergleich ihrer Helligkeit mit der der Marsscheibe
selbst kann man auf ihre wahren Durchmesser schließen und findet sie
zu 9,5 und 8 ~km~. Deimos, der entfernteste, ist der kleinere. Es
sind also wahre Spielbälle von Himmelskörpern, und sie gehören zu den
kleinsten in unserer Kenntnis überhaupt.

Die Entfernung der beiden Körper vom Mittelpunkt des Mars beträgt nur
9400 und 29600 ~km~. Von der Oberfläche des Planeten ist deshalb der
nächste nur noch etwa 6000 ~km~ entfernt, und der Weg bis zu ihrer
Nachbarwelt ist also für die etwaigen Marsbewohner nicht größer wie
für uns eine Reise nach Amerika. Diese große Nähe bedingt nach dem
Keplerschen Gesetze eine sehr große Umlaufsgeschwindigkeit dieses
Mondes, der bereits in 7 Stunden und 40 Minuten seinen Planeten einmal
völlig umkreist hat. Ein Punkt des Marsäquators gebraucht dazu, wie
wir schon wissen, 24 Stunden 37 Minuten. Phobos holt also diesen
Umschwung in einem Marstage mehr als zweimal ein. Dadurch entsteht
die für den Himmel dieser andern Welt höchst merkwürdige Erscheinung,
daß dieser Mond für die Marsbeobachter in umgekehrter Ordnung über
die Fixsterndecke wandert, wie alle andern Gestirne, also von Westen
nach Osten, und zwar zweimal im Westen auf- und im Osten untergeht. In
derselben Zeit, des Tages zweimal, wechselt auch der quecksilberige
Trabant seine Phasen. Man könnte aus seiner Gestalt an dem immer
heitern Himmel des Mars die Tagesstunden ablesen. Diese Tatsache,
daß hier ein Körper vorliegt, der seinen Umschwung in viel kürzerer
Zeit vollendet, als sein »Mutterplanet« sich um seine eigene Achse
dreht, gab der Ansicht, daß sich die Himmelskörper unseres Systems
als Ringe von ihren Zentralkörpern abgelöst haben sollten, einen
starken Stoß, und man hat aus noch anderen Gründen diese _Laplacesche
Weltbildungshypothese_ in der Tat gänzlich fallen lassen müssen.

Der zweite Marstrabant Deimos ist das gerade Gegenspiel zu dem ersten,
was seine scheinbaren Bewegungen am Marshimmel betrifft. Er vollendet
seinen Umlauf in etwa 30 Stunden, braucht dazu also nicht viel mehr
als einen Marstag. Das bedeutet, daß er eine ganze Weile über einer
bestimmten Marsgegend stehenbleibt und in bezug auf den Horizont
nur ganz langsam von Osten nach Westen fortschreitet, während die
Sterne hinter ihm ihre scheinbare tägliche Bewegung ausführen. Deimos
geht also mehrere Tage lang über einer bestimmten Gegend überhaupt
nicht unter, zeigt aber, nahezu an derselben Stelle des Himmels
stehenbleibend, dennoch täglich den Phasenwechsel, der der veränderten
Stellung der Sonne zu ihm in ihrem Tageslaufe entspricht. Alle diese
Erscheinungen können wir geometrisch ebenso sicher feststellen und für
eine beliebige Zeit für einen Punkt der Marsoberfläche vorausberechnen,
wie die täglichen Erscheinungen unseres irdischen Himmels.

Der nächste große Planet jenseits des Mars ist der Jupiter, der in
einem Abstande von mehr als 5 Einheiten des Sonnensystems umkreist
gegen 1½ beim Mars. Diese große Lücke zwischen den beiden Planeten
war um so auffälliger, als man eine gewisse merkwürdige, zwar
ursächlich noch nicht erklärte Regel in den Abständen aller Planeten
herausgefunden hatte, von der wir schon Seite 13 sprachen. Wir sahen
dort, wie die Abweichungen dieser Bode-Titiusschen Regel von der
Wahrheit, mit Ausnahme der für Neptun gefundenen Entfernung, merkwürdig
gering sind, daß aber für die Zahl 8 in der angeführten Reihe der
zugehörige Planet überhaupt fehlt. Ein mit bloßem Auge sichtbarer
Planet war hier sicher nicht vorhanden, und auch mit den optischen
Mitteln, die bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts zur Verfügung
standen, ließ sich die Lücke nicht ausfüllen. Aber gerade an der
Jahrhundertwende, am 1. Januar 1801, fand _Piazzi_ in Palermo ein an
der Grenze der Sichtbarkeit mit dem bloßen Auge gelegenes Sternchen 6.
Größe, das seinen Ort am Himmel beständig veränderte, also notwendig
ein Angehöriger unseres Sonnensystems sein mußte, weil alle übrigen
Sterne, wenigstens in so kurzen Zeiträumen, unveränderlich am Himmel
stehenbleiben. Daß es sich aber um einen Planeten handeln könne, der
jene empfindliche Lücke ausfüllte, daran dachte man zunächst doch noch
nicht. Es war vielleicht einer von den Kometen des Sonnensystems, die
alle erdenklichen Formen annehmen und darum auch wohl als ungeschweifte
Sterne erscheinen können. Erst als der junge _Gauß_ in Braunschweig
nach einer von ihm erdachten Methode die Bahn des Neulings um die
Sonne berechnet hatte, zeigte es sich, daß diese Bahn gerade in der
Lücke zwischen Mars und Jupiter lag, die die oben angegebene Regel
bei 2,8 der Sonnenentfernung angab. Die mittlere Entfernung des neuen
Planeten fand sich zu 2,77. Die Bahn ist einem Kreise ähnlicher wie
die Bahnen von Merkur und Mars, zeigt also in dieser Hinsicht durchaus
planetarischen Charakter, aber die Abweichung der Bahnlage von der
Ekliptik, um die sich, wie schon oben (S. 18) dargestellt, alle Bahnen
der großen Planeten in einer flachen Linse ordnen, war größer als bei
Merkur, der mit 7° Neigungswinkel seiner Bahn von den großen Planeten
am meisten von der Ebene der Erdbahn abweicht. Der neue Planet kann
sich bis zu etwa 10½° über diese Fundamentalebene erheben. Man gab
ihm den Namen _Ceres_. Nicht viel mehr als ein Jahr nach dieser
epochemachenden Entdeckung fand – wieder zufällig – _Olbers_, ein Arzt
in Bremen, der, ursprünglich nur Liebhaber der Sternkunde, doch sowohl
als Beobachter wie namentlich auch als Rechner und Theoretiker einen
bedeutenden Namen unter den Astronomen seiner Zeit gewann, am 28. März
1802 einen zweiten kleinen Planeten in dieser Lücke, der _Pallas_
genannt wurde. Auch sein Sonnenabstand ist gleich 2,77, aber seine
Bahn erwies sich sowohl stark von einem Kreise wie von der Ekliptik
abweichend. Die Exzentrizität beträgt 0,24 und die Neigung nicht
weniger als 35°. Pallas ist noch etwas lichtschwächer wie Ceres. Zwei
weitere ähnliche Körper wurden dann noch 1804 von _Harding_ und 1807
wieder von _Olbers_ in derselben Lücke gefunden und _Juno_ und _Vesta_
getauft. Juno ist noch etwas kleiner als die beiden vorher entdeckten,
Vesta dagegen tritt zuweilen an die Grenze der Sichtbarkeit mit dem
freien Auge.

Erst nach 38jähriger Zwischenzeit seit der Entdeckung der Vesta ist,
wieder durch einen Liebhaber der Sternkunde, _Hencke_ in Driesen,
ein äußerst kleines, bewegliches Sternchen gefunden worden, das sich
gleichfalls als ein in diese Lücke gehöriger kleiner Planet erwies.
Dieser fünfte _Planetoid_, wie man die Glieder dieser Gruppe nunmehr
unterbenannte, war nur 10. Größe; man gab ihm den Namen _Asträa_.
Nachdem dann derselbe Hencke zwei Jahre später noch einen sechsten
Planetoiden, _Hebe_, entdeckt hatte, ging es nun an eine allgemeine
»Planetenjagd«, deren Erfolge bald alle Erwartungen überstiegen,
so daß man wegen der Überfülle von Entdeckungen auf diesem Gebiete
bald von einer »Kleinen Planetenplage« zu sprechen begann. Bis 1850
waren zu den vier anfangs des Jahrhunderts entdeckten zunächst nur
noch 9 neue hinzugekommen; dann wurden bis 1870 jährlich etwa fünf
hinzuentdeckt. Von dieser Zeit an begann die Photographie sich in den
Dienst der Astronomie zu stellen, und mit ihrer Hilfe mehrten sich
nun die Planetenentdeckungen in wirklich beängstigender Weise. In den
fünf Jahren von 1891 bis 1895 wurden beispielsweise nicht weniger
als 107 davon neu entdeckt. Heute kennt man mehr als sechshundert.
Es hat wenig Sinn, die genaue Zahl der in unserer Kenntnis zu einer
bestimmten Zeit vorhandenen genauer anzugeben, weil man diese Zahl
mit völliger Gewißheit überhaupt nicht mehr zu ermitteln vermag. Es
ist zu schwer geworden, die zunächst als neu hinzugekommenen wirklich
als solche festzustellen. Sie unterscheiden sich ja äußerlich nicht
von längst bekannten. Nur eine für alle durchgeführte Rechnung kann
die Frage entscheiden, ob an dem Orte, wo der Neuling gefunden wurde,
nicht zu der betreffenden Zeit ein bekannter Planet stehen mußte.
Diese Rechnungen, also die Bahnbestimmung der neu entdeckten und
die dauernde Vorausberechnung der wechselnden Orte der bekannten
Planetoiden, hatte das Rechenbureau der Berliner Sternwarte übernommen,
es konnte aber schließlich der Riesenaufgabe nicht mehr gerecht werden
und ließ deshalb von 1890 ab nur noch die _Ephemeriden_, das heißt
die scheinbaren Orte, von einer Auswahl erscheinen, von den andern
dagegen nur Angaben über ihre günstige Beobachtungszeit (Opposition)
sowie über ihren Ort und ihre Bewegung zu dieser Zeit. Es war nun
viel schwieriger geworden, einen aufgefundenen Planeten als einen
wirklich neuen zu erkennen, und der ziemlich wohlfeil gewordene Ruhm,
einen solchen herauszufinden, der vordem den Namen des Entdeckers
durch alle Zeitungen trug, verminderte sich noch weiter. Die Folge
war eine wesentliche Verminderung der Zahl der Entdeckungen selbst.
Die Befürchtung, daß dadurch wichtige Aufschlüsse von allgemeinem
Interesse auf diesem Gebiete nicht erfolgen könnten, hat sich durch
diese Einschränkung glücklicherweise nicht bestätigt. Den Rechnern
bleibt mehr Muße, sich mit besonderen Fragen eifriger zu befassen, die
einzelne Individuen in diesem wahren Ameisengewimmel von Weltkörpern im
Duodezformat stellen.

Es mag hier inzwischen noch interessieren zu erfahren, wie man
einstmals diese »_Planetenjagd_« betrieb, und wie man heute unter all
den vielen Millionen von andern Sternen selbst die kleinsten Planeten
auf der photographischen Platte herausfindet.

Wie schon oben gesagt, unterscheiden sich diese Körper von den
Fixsternen nur durch ihre Bewegung. Nur bei den vier größten hat man in
den stärksten Fernrohren erkannt, daß sie kleine Scheibchen besitzen,
und hat ihre Durchmesser zu bestimmen versucht. Alle andern sind
durchmesserlose Lichtpunkte, die sich zunächst im Fernrohr von jener
Unzahl von kleinen Fixsternen nicht unterscheiden. Diese kleineren
Fixsterne sind nur zum geringen Teil derart in Karten festgehalten,
daß es möglich wäre, durch eine Vergleichung dieser Karten mit dem
Himmel ein neu hinzugekommenes Objekt zu erkennen. Eine fortgesetzte
Mappierung des Himmels konnte deshalb wohl in der ersten Zeit der
Planetenentdeckung, wo noch hellere unter diesen Körpern aufzufinden
waren, wertvolle Hilfe leisten. Später aber mußten die Planetenjäger
für ihre Zwecke die vorhandenen Karten durch Eintragung der in ihrem
Fernrohre noch mehr gesehenen Sterne vervollständigen, was, wie man
leicht versteht, eine recht mühsame Arbeit war, um dann diese so
hergestellte Karte eines kleinen Teiles des Himmels nach einiger Zeit,
meist schon nach wenigen Stunden, abermals mit dem Himmel, Sternchen
für Sternchen, zu vergleichen. Dann konnte man gelegentlich das Glück
haben, einen unter ihnen herauszufinden, der in der Zwischenzeit
seinen Ort unter den anderen geändert hatte. Dieser Ort wird nun durch
genauere Messungen festgelegt, und man kann dann am nächsten Tage durch
Vergleichung mit den Ephemeriden der bekannten Planeten feststellen, ob
man wirklich eine neue Entdeckung gemacht hatte. Da die meisten dieser
Weltkörperchen sich in der Nähe der Ekliptik aufhielten, so suchte man
auch nur in ihrer Nähe nach ihnen, und es entstanden die sogenannten
»_Ekliptikal-Karten_«, die namentlich von _Palisa_ in Wien, der
allein 83 kleine Planeten entdeckte, hergestellt wurden und in ihrer
Sternfülle die vorhandenen Karten des übrigen Himmels weit übertrafen.

Aber all diese Arbeit zur Auffindung eines beweglichen Sternes unter
den festen Himmelskörpern wurde durch die _Photographie_ plötzlich zu
einer rein mechanischen, die in einer halben Stunde erledigt werden
konnte, und zwar von jedem, der nur über die nötige instrumentelle
Ausrüstung verfügte. Es ist wohl bekannt, daß man heute imstande ist,
eine Stelle des Himmels stundenlang der lichtempfindlichen Platte
auszusetzen, indem man das photographische Fernrohr der scheinbaren
täglichen Bewegung nachführt. Dadurch zeichnen sich schließlich so
feine Lichtpünktchen auf, wie man sie im Fernrohr selbst gar nicht
mehr zu erkennen vermag. Befindet sich nun an der aufgenommenen Stelle
unter den festen Sternen ein bewegliches, so wird dieses in der Zeit,
die zur Belichtung erforderlich war, einen Weg beschrieben haben, und
es unterscheidet sich also sofort von den Tausenden von Lichtpunkten
auf der Platte durch einen feinen Strich, den der Planet darauf erzeugt
hat. Die ganze Arbeit besteht also nur noch in der Belichtung, der
Entwicklung der Platte und endlich in ihrer Durchsuchung in einem
geeigneten Apparate. Häufig genug findet man mehrere Striche auf einer
solchen Platte, und es läßt sich, wie ich schon sagte, heute erst nach
sorgfältiger Prüfung entscheiden, ob sich ein wirklich bisher noch
nicht gesehener Planet darunter befindet. Auf diese Art hat _Wolf_ in
Heidelberg mit seinen dortigen Schülern bereits mehr als hundert kleine
Planeten entdeckt. In Abb. 16 ist eine solche Himmelsaufnahme mit einem
Planetenstrich abgebildet.

[Illustration: Abb. 16. Photographische Aufnahme eines kleinen Planeten
(Eros).]

Es war selbstverständlich nicht leicht, in diesem Gewimmel Gesetz und
Regel zu erkennen und uns über das Wesen, die Eigentümlichkeiten und
die Bedeutung dieser Kleinbürger im Sonnenreiche einigen Aufschluß zu
verschaffen. Wir können hier davon nur ein allgemeines Charakterbild
geben.

Was zunächst ihre wirkliche Größe anbetrifft, so kann man sich davon
wenigstens eine Vorstellung machen, wenn man annimmt, ihre Oberflächen
strahlten das Sonnenlicht ebenso stark zurück wie irgendein dafür
ausgewählter Planet von bekannter Oberfläche, wenn man also eine
bestimmte »Albedo« für sie voraussetzt. Nimmt man zum Vergleich
die Albedo von Mars, so ergibt sich der Durchmesser der Vesta mit
etwa 400 km als der größte; Ceres wird ungefähr ebenso groß, Pallas
dagegen nur zu 300 ~km~ gefunden. Die direkten Messungen, von denen
schon weiter oben die Rede war, weichen hiervon aber zum Teil recht
bedeutend ab, _Barnard_ fand danach Ceres bedeutend größer als Vesta,
770 gegen 380 ~km~, woraus folgen würde, daß Vesta das Licht viel
stärker reflektiert als Ceres, letztere etwa so wie der wahrscheinlich
atmosphärenlose Merkur, Vesta dagegen wie der beständig mit
undurchdringlichen Wolken überlagerte Jupiter. Man muß jedoch bedenken,
daß die direkten Messungen wegen der zu geringen Größe der zu messenden
Scheibe noch sehr unsicher bleiben. Die kleinsten unter den in neuerer
Zeit entdeckten Planeten werden kaum mehr als 5 ~km~ im Durchmesser
haben. Selbst der größte unter den Planetoiden ist immer noch
mindestens 17mal im Durchmesser kleiner als unsere Erde. Die Oberfläche
dieser ganzen Welt könnte das Deutsche Reich ohne seine Schutzgebiete
etwa viermal tragen, während die letzteren allein auf diesem Planeten
schon nicht mehr Platz genug hätten. Ein so kleines Ländchen aber, wie
es auf dem kleinsten dieser Weltkörper Platz hätte, gibt es überhaupt
nicht auf der Erde, denn er faßt nur noch etwa 80 ~qkm~; höchstens
könnte sich noch eine größere Stadt auf ihm einrichten. Es ist aber gar
kein Grund vorhanden, weshalb in diesem Gürtel nicht noch viel kleinere
Welten um die Sonne kreisen sollten, die wir nicht mehr mit unsern
Fernrohren erreichen können. Man hat geschätzt, daß selbst noch mit
den uns gegenwärtig zur Verfügung stehenden optischen Mitteln an 5000
gefunden werden könnten, wenn wir sie voll ausnützen, wovor der Himmel
die Rechner bewahren möge. Ihre wirkliche Zahl aber mag sich nach
Hunderttausenden bemessen.

Macht man, wieder nur um einen ungefähren Überschlag zu
erhalten, die Annahme, die Massen dieser Körperchen hätten die
durchschnittliche Dichtigkeit der größeren Planeten, so kann man
etwas über die Gesamtmasse erfahren, welche höchstens alle diese
Körper zusammengenommen besitzen würden, wenn man sie zu nur einem
zusammenschmelzte. Nimmt man hierfür die photometrischen Messungen als
Grundlage, so kommt für alle bekannten Planetoiden ein Körper heraus,
der im Durchmesser etwa 20mal kleiner ist als die Erde. Aber selbst
bei den größtmöglichen Annahmen, auch über die unserer Kenntnis noch
nicht erschlossenen Planetoiden, kann man sicher voraussetzen, daß sich
in diesem Ringe zwischen Mars und Jupiter nicht mehr Masse befindet,
als etwa der kleinste unter den anderen Planeten, Merkur, besitzt.
Sie spielen also in dem Organismus des Sonnensystems selbst in ihrer
Vereinigung nur eine untergeordnete Rolle.

Gleich nach der Entdeckung der ersten dieser Körper hat man sich
gefragt, ob sie nicht Teile eines größeren Planeten sein könnten,
der hier einmal zu Urzeiten wie die andern gebildet worden war und
durch irgendeine Katastrophe zertrümmert worden sei. Namentlich
_Olbers_ vertrat diese Ansicht. Hatten die Körper dann auch bei ihrer
Zersplitterung sämtlich verschiedene Bahnen erhalten, so mußten sich
diese doch offenbar in dem Punkte, wo die Katastrophe stattgefunden
hatte, kreuzen, wenn sie nicht etwa durch spätere Einflüsse ihre Lage
wieder erheblich verändert hatten. Dies letztere mußte nun freilich
unbedingt für die meisten unter ihnen angenommen werden, weil in
diesem Gewimmel von Körpern gegenseitige Störungen ihrer Bewegung
unvermeidlich sind. Immerhin haben einschlägige Untersuchungen für
einige Gruppen von kleinen Planeten die Möglichkeit eines gemeinsamen
Ursprungs bestehen lassen, aber die Wahrscheinlichkeit ist nicht
groß. Es ist nach den heutigen Ansichten über die Entstehung des
Sonnensystems und der übrigen Welten, die ich in einem Kosmosbändchen
(»Weltschöpfung«) entwickelt habe, im Gegenteil anzunehmen, daß der
ursprüngliche Zustand der Materie, aus der sich später die Planeten
bildeten, der einer Zerstreuung über einen zuerst nur spiralig
gewundenen Ring war, und daß gerade der Olbersschen Hypothese
entgegengesetzt anzunehmen ist, daß sich von dieser Schar von kleinen
Körpern noch gelegentlich einige zu größeren Körpern vereinigten. Wir
hätten danach keinen bereits wieder zerstörten, sondern einen noch
nicht geschaffenen Planeten von der Ordnung der größeren vor uns,
dessen Entwicklung nur durch den beständig störend in die Bewegung
dieser Wolke von Weltkörperchen eingreifenden großen Jupiter
zurückgehalten worden ist. Dies sind natürlich alles nur Hypothesen,
für die die größere oder geringere Wahrscheinlichkeit noch abzuwägen
ist.

Sehr interessant ist es, die Verteilung der Körper in diesem Raume
zwischen Mars und Jupiter etwas näher ins Auge zu fassen. Zunächst
zeigt es sich, daß bei weitem die meisten sich gerade in dem Gebiete
befinden, wo nach dem obenangeführten »Gesetz« ein einzelner Planet
hätte stehen müssen, also in der mittleren Entfernung von 2,8. Hier,
zwischen 2,6 und 3,0, befinden sich von 463 bis 1900 näher bekannt
gewordenen Bahnen 240, also mehr als die Hälfte, 106 zwischen 2,1
und 2,5 und 109 zwischen 3,1 und 3,5. Näher dem Mars und anderseits
dem Jupiter werden die Bahnen plötzlich viel seltener. Zwischen 1,5
und 2,0 kannte man bis 1900 nur noch zwei, zwischen 3,5 und 4,0 fünf
kleine Planeten. Man konnte also wohl von einem Ringe sprechen, der
zwischen die beiden nächsten, größeren Planeten eingeschoben war.
Wir haben es mit einem Gegenstück zum Saturnringe zu tun. Auch die
eigentümlichen Lücken, die man in diesem Ringe direkt beobachtet, sind
in dem »Asteroidenringe« zu erkennen; sie finden sich immer dort, wo
die Umlaufszeiten der hier fehlenden Körper in einem durch einfache
Zahlen ausdrückbaren Verhältnisse zu der des Jupiter stehen würden,
also etwa gleich ½, ⅓, ⅖ usw., oder, wie man sich ausdrückt, wenn die
Umlaufszeiten »kommensurabel« wären. Man hat gefunden, daß sich dann
die Einwirkungen des großen Jupiter auf die Umlaufszeit des kleinen
Planeten derart summieren müßten, daß er, wenn nicht für immer, so doch
für lange Zeit aus dieser Bahnlage gewiesen würde.

Aber ebenso wie die Saturnringe wenigstens nach innen keine feste
Abgrenzung zeigen, sondern sich an den innern hellen Ring noch ein
mattschimmernder Schleierring legt, wo sich die ihn ebenso wie den
Ring der Asteroiden bildenden Einzelkörper offenbar in viel geringerer
Zahl befinden, hat man auch in neuerer Zeit wenigstens einige kleine
Planeten gefunden, die entweder wegen der starken Exzentrizität oder
auch wegen ihrer mittleren Entfernung selbst die von der überwiegenden
Mehrzahl der übrigen gesteckten Grenzen des Ringes weit überschreiten,
und zwar sowohl nach der Seite des Mars wie der des Jupiter hin. Diese
»Ausreißer« erwecken unser besonderes Interesse.

Unter ihnen ist der kleine Planet _Eros_ die bei weitem wertvollste
Bereicherung auf diesem Gebiete geworden. Eros wurde von dem damaligen
Vorstand der Urania-Sternwarte in Berlin, Herrn Gustav _Witt_, am 13.
August 1898 auf photographischem Wege entdeckt. Der besonders lange
Strich, den der Körper auf der Platte zurückgelassen hatte (Seite
65 abgebildet), zeigte sofort an, daß er sich uns ungewöhnlich nahe
befinden müßte, da er nur deswegen eine so große Bewegung besitzen
konnte. In der Tat ergab schon die erste Bahnrechnung, die sich später
vollkommen bestätigte, daß hier das einzig dastehende Beispiel einer
Bahn vorliegt, die sich zum größten Teil noch innerhalb der Marsbahn
befindet, so daß der kleine Planet uns meist näher steht als Mars,
ja, uns infolge der großen Exzentrizität seiner Bahn näher kommen
kann als irgendein anderer permanenter Körper unseres Systems, der
Mond ausgenommen. Venus, auf der andern Seite, kann uns bis auf 0,28
Sonnenentfernungen nahekommen. Eros aber im günstigen Falle bis auf
den 0,15ten Teil dieses Grundmaßes, also fast auf die Hälfte. Dies
verschafft den Astronomen einen bisher nicht erreichbaren Vorteil für
die Ausmessung jener Fundamentalgröße der Sonnenentfernung selbst, die
am genauesten an einer möglichst kleinen Strecke zu bestimmen ist.
Unser Mond, der im Bewegungsmechanismus des Systems als mit der Erde
fest verbunden zu denken ist, kommt hierfür nicht in Betracht. Man
versteht nun, daß Eros nur dann in diese günstige Lage zu uns gelangen
kann, wenn er in seiner elliptischen Bahn zu einer Zeit in seine größte
Annäherung zur Sonne, also auch zur Erdbahn tritt, zu der zugleich
auch die Erde selbst sich gerade zwischen der Sonne und jenem Planeten
befindet, er also seine »Opposition« hat. Die Stelle, in der Eros
durch seine größte Sonnennähe geht, also die Richtung seines Perihels,
liegt, von der Sonne gesehen, dort, wo die Erde alljährlich am 20.
Januar steht. Es muß also eine Opposition des Eros in der Nähe dieses
Datums liegen, damit jene günstige Annäherung stattfindet. Einigermaßen
günstige Oppositionen ereignen sich immer nach vier Umläufen des Eros,
von denen jeder 643 Tage dauert, das macht für vier Umläufe 7 Jahre und
16 Tage. Leidlich günstige Oppositionen fanden 1900 und 1907 statt,
besonders günstige werden sich 1931 und 1938 ereignen. Dabei kann
Eros vielleicht sogar mit bloßem Auge sichtbar werden. In mittlerer
Entfernung ist er 9,7. Größe, was einem wahren Durchmesser von 16 ~km~
entsprechen würde.

Schon für die Opposition von 1900 bis 1901 hatten sich 180 über die
ganze Erde verteilte Sternwarten vereinigt, um nach einem durch eine
internationale Kommission festgelegten Plane durch Beobachtungen des
Eros die Sonnenparallaxe neu zu bestimmen. Es wurden 2000 direkte und
11000 photographische Beobachtungen gesammelt und auf dem dafür eigens
in Paris organisierten Bureau bearbeitet. Die Sonnenentfernung ergab
sich dabei zu 149471000 ~km~, mit einer noch bleibenden Unsicherheit
von kaum 1/1600 des Wertes selbst. Der Wert dieser astronomischen
Fundamentengröße wurde dadurch mit dem bisher dafür angenommenen in
nahe Übereinstimmung gefunden, und die Genauigkeit, mit der man sich
dadurch der stets unerreichbaren Wahrheit weiter näherte, um mindestens
das Zehnfache gesteigert.

Man hat sich gefragt, wie es kommt, daß ein Objekt, das zeitweise
so lichtstark werden kann, so lange der doch so eifrigen Suche nach
kleinen Planeten entgangen ist. In dieser Hinsicht ist zunächst zu
erwähnen, daß die Zeit solcher günstigen Sichtbarkeit doch nur eine
verhältnismäßig kurze ist. Dazu kommt noch, daß Eros sich meist
recht weit von der Ekliptik entfernt aufhält, in deren Umgebung man
bisher nur nach Planeten gesucht hatte. Dieser extravagante Körper
aber entfernt sich gerade zur Zeit seiner größten Helligkeit oft
beträchtlich weiter von der Ekliptik, wo er sich dann unter dem
Gewimmel der übrigen Sterne völlig verlor, wenn nicht ganz zufällig
einmal aus ganz anderer Absicht gerade dort eine Daueraufnahme gemacht
wurde. Dies ist nun in der Tat dreimal vor der Entdeckung, 1893, 1894
und 1896, auf der Harvard-Sternwarte in Nordamerika geschehen, wie man
nachträglich auf den betreffenden Platten konstatieren konnte. Immerhin
war dies nur ein Zufall, und es blieb durchaus wahrscheinlich, daß der
interessante Himmelskörper der Aufmerksamkeit der Astronomen entging,
während er doch stets in dieser ungewöhnlichen Bahn einhergegangen
war. Aber andererseits könnte es auch wohl möglich sein, daß er auf
irgendeine Weise erst kürzlich in diese ungewöhnliche Bahn gedrängt
worden war. In dem Gewimmel jenes Asteroidenringes kann es leicht
einmal vorkommen, daß zwei von den Körpern so nahe aneinandergeraten,
daß der stärkere den schwächeren völlig aus seiner Bahn schleudert,
ja, es konnte vielleicht gar einmal zu einem wirklichen Zusammenstoß
gekommen sein. Eine eigentümliche Wahrnehmung an Eros sprach für diese
Möglichkeit. Bald nach seiner Entdeckung zeigte er nämlich auffällige
_Lichtschwankungen_, die sich innerhalb merkwürdig wechselnder Perioden
wiederholten. Innerhalb einer Zeit von 5 Stunden und 17 Minuten
schwankte das Licht des seltsamen Körpers zweimal auf und ab, und zwar
in ungleichen, sich aber regelmäßig wiederholenden Zwischenräumen.
Diese Erscheinung war kaum anders zu erklären, als daß der Körper sich
in dieser Zeit um eine Achse drehte und uns dabei sehr verschieden
helle Oberflächenteile zukehrte. Man hätte selbst vermuten können,
Eros bestände aus mehreren, umeinander laufenden »Weltsplittern«.
Diese Lichtschwankungen haben aber später gänzlich aufgehört, wodurch
sie uns ein neues Rätsel aufgeben. Man könnte etwa annehmen, es sei
dem Körper kurz zuvor etwas zugestoßen, das ihn zersplitterte, und es
seien erst allmählich wieder geordnetere Verhältnisse eingetreten. Wir
hätten dann hier eine jener »Weltkatastrophen« vor Augen, von denen ich
in meinem Kosmosbändchen »_Vom Weltuntergange_« ausführlicher geredet
habe. Hierfür spricht auch eine Untersuchung von _Hinks_, der fand, daß
der Ort des Eros am Himmel während der Opposition von 1900 bis 1901
innerhalb der Zeit einer halben Lichtschwankung des kleinen Planeten,
also 2¾ Stunden, um 8 ~km~ um einen Mittelwert schwankte, das ist
ungefähr die Hälfte des eigenen Durchmessers Hier wäre also durch die
direkte Messung eine Umschwungsbewegung nachgewiesen. Aber wir müssen
über Eros noch mehr Erfahrungen sammeln, ehe wir über seine Herkunft
und sein Wesen etwas mehr Sicherheit gewinnen.

Diese Lichtschwankungen, die man auch noch an einigen andern kleinen
Planeten, wenn auch nicht in so auffälliger und eigentümlicher Weise,
wahrgenommen hat, machen diese Körper, die schon wegen der großen
Exzentrizitäten und Neigung ihrer Bahnen an die periodischen Kometen
erinnern, diesen seltsamen Himmelskörpern auch in dieser Hinsicht
ähnlich, denn auch sie sind häufig Lichtschwankungen unterworfen, deren
Ursache noch nicht aufgeklärt ist. Bekanntlich ist (siehe auch meine
»_Kometen und Meteore_«) eine Anzahl von ihnen von den großen Planeten
»eingefangen«, so daß sie nun in langgestreckten Bahnen, vielfach auch
zwischen Mars und Jupiter, um die Sonne laufen. _Rydberg_, der in
mancher Hinsicht klärende Ansichten über die Kometen verbreitet hat,
sagt mit Recht, daß ein Komet, der etwa in eine sehr wenig exzentrische
Bahn innerhalb des Asteroidenringes gezwungen würde, sich von einem
kleinen Planeten für uns durch nichts mehr unterscheiden könnte. Denn
infolge des nur noch wenig schwankenden Abstandes von der Sonne müßten
die Einwirkungen, denen die Kometen ihre Nebelhülle und den Schweif
verdanken, aufhören, und es bliebe nur noch der sternartige Kern übrig.
Andererseits müßte ein kleiner Planet, der aus einer ursprünglich
ungefähr kreisförmigen Bahn in eine kometenartig exzentrische gewiesen
würde, bald auch in seinem Äußern zu einem wirklichen Kometen werden,
weil bei der nun stattfindenden großen Annäherung an die Sonne deren
Einstrahlung das Ausstoßen von Gasen aus dem kleinen Körper bewirken
und damit den Kometennebel oder auch selbst einen Schweif bilden müsse.
Nach dieser Ansicht haben wir also in den kleinen Planeten wirkliche
Übergangsformen zwischen Planeten und Kometen vor uns. Es können unter
ihnen beständig Planeten zu Kometen werden, und Eros würde hier an
der Grenze zwischen den beiden Arten von Himmelskörpern stehen. Es
können auch wirkliche Kometen, die erst vor kurzer Zeit aus unbekannten
Fernen des Weltraumes zur Sonne herabgewandert waren, in den Ring der
Asteroiden als beständige Mitglieder unseres Systems eingereiht werden.
Wir hätten dann hier ein Durchgangs- oder Austauschgebiet von Materie
vor uns, das dauernden Veränderungen unterworfen wäre.

Aus dem Vorhergehenden folgt, daß noch eine ganze Anzahl ähnlicher
Körper wie Eros zwischen Mars und der Erde vorhanden sein können, die
nur der Zufall unserer Erkenntnis zuführen wird. Auch könnte wohl,
vorausgesetzt, daß die Annahme von der Versprengung solcher Körper aus
dem Ringe zutrifft, einmal der Fall eintreten oder schon früher einmal
eingetreten sein, daß ein solcher Körper der Erde so nahe gebracht
wird, daß er als Meteorit in ihre Atmosphäre schlägt; es könnten ihn
endlich besondere Verhältnisse in eine Bahn zwingen, in der er als
kleiner Mond beständig die Erde umkreist. Ebenso nämlich, wie Jupiter
Kometen für das Sonnensystem einzufangen wußte, kann es auch unser Mond
für das Erdsystem. Eine Untersuchung über die Bewegung des Eros, die
in jüngster Zeit _Witt_, der Entdecker dieses interessanten Planeten,
veröffentlichte, und die auf allen bis 1907 bekannt gewordenen
Beobachtungen beruht, zeigt in der Tat, daß die Bewegungen des Planeten
nur unter der Bedingung zu vereinigen sind, daß man die Maße des
Systems Erde-Mond um 0,45 Prozent ihres Betrages vermehrt, was also
durch das Vorhandensein noch eines oder mehrerer Körper (oder eines
Ringes) geschehen könnte. Da der Mond selber 0,0124 der Masse des
Systems Erde-Mond besitzt, so wäre die gesuchte Masse immerhin gleich
einem Drittel der des Mondes selber. Auch hier mag die Masse des
Zodiakallichtringes eine Rolle mitspielen. Jedenfalls sehen wir, in wie
vielfacher Hinsicht dieser kleine Körper imstande ist, unser Wissen von
der Einrichtung unseres Sonnensystems zu erweitern.

Zeigt es sich, daß der Asteroidenring in seinen letzten Ausläufern
keineswegs seine Abgrenzung bei der Marsbahn hat, so sind auch in den
letzten Jahren bisher vier kleine Planeten aufgefunden, deren mittlere
Entfernungen über die Jupiterbahn hinausreichen oder doch ganz nahe an
sie herankommen. Drei von ihnen, 1906 und 1907 auf der Heidelberger
Sternwarte entdeckt, haben die Namen _Achilles_, _Patroklus_ und
_Hektor_ erhalten, der vierte, gleichfalls daselbst am 23. März 1908
aufgefunden, ist noch nicht definitiv benannt worden. Die halben
großen Achsen dieser Körper liegen zwischen 5,18 und 5,28; die des
Jupiter ist 5,20. Die Umlaufszeit ist bei dem am schnellsten laufenden
etwa einen Monat geringer, beim langsamsten drei Monate länger als
die des Jupiter, die 11 Jahre und 10½ Monate beträgt. Da also die
Geschwindigkeiten, mit denen diese Körper um die Sonne laufen, von der
des Jupiter nur wenig verschieden sind, so müßten sie, diesem mächtigen
Planeten einmal nahegekommen, ihm auch sehr lange nahebleiben, und er
würde ihren Lauf fortwährend derart beeinflussen, daß sie, wenigstens
unter gewissen Umständen, schließlich ganz in seiner Nähe blieben, also
zu Satelliten des Jupiter würden. Im Falle der hier vorliegenden Körper
zwar ergibt die Theorie, daß sie immer in einem beträchtlichen Abstande
vom Jupiter bleiben müssen, und zwar so, daß je einer dieser kleinen
Planeten mit Jupiter und der Sonne ein gleichseitiges Dreieck bildet.
Mit Ausnahme der des Hektor sind die Bahnen dieser merkwürdigen Körper
sehr exzentrisch, so daß zum Beispiel Achilles in seiner Sonnennähe
sich zwar etwas diesseits der Jupiterbahn befindet, in der Sonnenferne
aber sich so weit über sie hinaus entfernt, als Venus von der Sonne
absteht.

Es spricht heute alles dafür, daß auch noch weiter hinaus im
Sonnensystem solche kleinen Körper aufgefunden werden würden, wenn
unsere optischen Hilfsmittel dazu ausreichten, daß also überall noch
Materie in dieser Form verstreut ist, die sich in dieser oder jener
Weise in das System zu ordnen bestrebt ist. Nur in der Lücke zwischen
Mars und Jupiter, wo solche Materie am ungestörtesten ihre Bahnen um
die Sonne beschreiben kann, haben sich auch die meisten und größten
dieser Körper eingefunden oder sind dort geblieben, wenn sie schon von
Anfang an dort waren.

Diese Brücke des Asteroidenringes führt uns deshalb naturgemäß zu dem
größten Planeten, _Jupiter_, hinüber, der, im Durchmesser 11,3mal so
groß wie die Erde und nur 9,6mal so klein als die Sonne, als eine, wie
wir sehen werden, noch nicht einmal völlig erloschene Nebensonne in
unserm System gelten kann. Wir haben schon erfahren, daß er in 5,2mal
so großer Entfernung wie die Erde die Sonne in 11 Jahren und 315 Tagen
umkreist. Seine Bahnexzentrizität beträgt 0,0483, ist also unter den
übrigen großen Planeten von mittlerer Größe, auch die Neigung seiner
Bahn ist nicht sehr beträchtlich, 1° 19′. Seine Masse ist 314,5mal
so groß wie die der Erde und 1047mal so klein wie die der gewaltigen
Sonne, sie übersteigt fast um das Dreifache die aller andern Planeten
zusammen. Da ist es begreiflich, daß er in sehr merklicher Weise in das
Getriebe der Planetenbewegungen eingreift, daß er in der Verwaltung des
Sonnenreiches ein gewichtiges Wort als erster Vasall mitzusprechen hat.

Da seine Entfernung von uns nur zwischen 4,2 und 6,2 Sonnenentfernungen
schwanken kann, so verändert sich auch die scheinbare Größe seines
Scheibendurchmessers nicht viel. Sie beträgt in seiner Opposition
etwa 50′′ und geht zur Zeit der Konjunktion mit der Sonne, wenn er
nicht mehr beobachtet werden kann, auf etwa 30′′ herab. Er bleibt also
trotz seiner so viel größeren Entfernung für uns nicht viel kleiner
als Venus, wenn sie uns am nächsten steht; er zeigt uns deshalb
eine stattliche Scheibe im Fernrohr, die zu den sich alle 13 Monate
wiederholenden Oppositionszeiten die ganze Nacht hindurch beobachtet
werden kann und in seinen verschiedenen Stellungen zur Sonne keine
merklichen Phasen mehr zeigt, weil seine Bahn ja so weit jenseits der
Erdbahn bleibt.

Die Jupiterscheibe verrät schon dem oberflächlichen Anblick im
Fernrohr eine beträchtliche _Abplattung_. Der Unterschied zwischen
dem Durchmesser am Äquator und am Pol beträgt den 14., nach andern
Messungen den 16. Teil des ersteren. Nach _Barnard_ ist der
Äquatorialdurchmesser 145100 ~km~ lang, der Polardurchmesser aber nur
136100 ~km~.

Die in jedem Fernrohr sehr auffälligen Gebilde auf der Oberfläche des
Planeten ordnen sich so, daß sie in der Hauptsache Streifen bilden, die
alle auf dem kürzesten Durchmesser senkrecht stehen. Die untenstehende
Darstellung des Anblicks des Planeten, wie ihn seinerzeit das große
Lickfernrohr gewährte, gibt ein sehr charakteristisches Bild davon.
Wir sehen daraus ohne alle andern Erfahrungen über diese ungeheure
Welt, daß sie sich sehr schnell um ihre Polarachse drehen muß, um die
Materie, die wir hier sehen, gleichviel welcher Art sie sei, zu so
scharf ausgeprägter Anordnung in den Parallelkreisen zu nötigen. In der
Tat läßt schon eine Beobachtung von wenigen Stunden keinen Zweifel über
die schnelle Drehung der ungeheuren Kugel, die sich in weniger als zehn
Stunden vollzieht. Es folgt daraus, daß ein Punkt des Jupiteräquators
in jeder Sekunde einen Weg von rund 12½ ~km~ zurücklegt, das ist also
ungefähr 25mal schneller, als die Erdoberfläche am Äquator umschwingt.
Es ist dies überhaupt die größte Äquatorgeschwindigkeit im ganzen
System mit Einschluß der Sonne, bei der sie nur 2 ~km~ beträgt.

[Illustration: Abb. 17. Jupiter.]

Die Einzelheiten, die man auf der uns sichtbaren Oberfläche des Jupiter
wahrnimmt, sind fortwährenden langsamen Änderungen unterworfen;
noch kein Gebilde hat sich auch nur annähernd so wie bei denen auf
der Marsoberfläche beständig erwiesen. Was man auf Jupiter sieht,
sind offenbar Wolkengebilde, die die oberen Schichten einer tiefen
Atmosphäre einnehmen und niemals einen Blick auf eine etwa darunter
befindliche feste Oberfläche gestatten. Auch das Spektroskop läßt
hierüber keinen Zweifel; es läßt eine dichte Atmosphäre erkennen, deren
Zusammensetzung von der der Erdatmosphäre merklich abweicht. Dieser
Wolkenhülle des Jupiter entsprechend, ist auch die Rückstrahlungskraft,
die Albedo des Jupiter, bedeutend. Sie ist 0,61. Von den übrigen
Planeten ist nur die der Venus und des Saturn noch etwas größer. Es
zeigt sich, daß die _Dichtigkeit_, mit welcher die Masse des Planeten
in ihm verteilt ist, sogar noch etwas geringer ist als die der Sonne.
Sie beträgt nur 0,23 von der der Erde und ist nur ein Drittel größer
als die des Wassers. Da die Dichtigkeit, wie in allen Körpern, gegen
den Mittelpunkt beträchtlich zunehmen muß, so können wir beim Jupiter
bis in beträchtliche Tiefen unter der sichtbaren Oberfläche sicher
keine dichteren Stoffe als Wasser antreffen. Es ist deshalb keineswegs
ausgeschlossen, daß Jupiter im wesentlichen noch ein Gasball ist,
ähnlich wie die Sonne, und daß seine innern dichteren und heißeren
Schichten noch selbstleuchtend sind. Wir hätten dann in Jupiter eine
alternde, schon fast erloschene Nebensonne unseres Systems vor uns.
Es ist natürlich von großer Wichtigkeit, daß von den Beobachtern alle
Einzelheiten möglichst sorgfältig durch Zeichnung oder Beschreibung
festgehalten werden, weil man in »der Erscheinungen Flucht« doch
auch hier das Beharrliche, das Gesetzmäßige zu ergründen suchen muß.
Jupiter ist deshalb auch für den nur mit einem mittleren Fernrohr
ausgestatteten Liebhaber der Sternkunde ein höchst dankbares Objekt,
namentlich wenn der Beobachter mit einigem Zeichentalent begabt
ist. Man wird dann bald erkennen, daß sich gewisse Zonen auf der
Jupiteroberfläche deutlich unterscheiden lassen, von denen die einen
beständig mit besonders hellen, die andern mit dunkleren Gebilden
überdeckt sind. Aus der Gesamtheit der Wahrnehmungen läßt sich die in
Abb. 18 abgebildete schematische Darstellung ableiten. Wir sehen aus
ihr, daß die Äquatorgebiete des Planeten, mit Ausnahme eines schmalen
Streifens am Äquator selbst, besonders hell erscheinen, daß sich
dann nördlich und südlich dunklere Zonen anschließen, denen hellere
folgen, und daß die Polargebiete wieder eine dunklere Färbung besitzen.
Namentlich in neuerer Zeit hat man gefunden, daß die helleren Partien
höher gelegene Wolkengebilde sein müssen, während man in den dunkleren
Gebieten durch Lücken dieser Wolkenbedeckung in tiefere Regionen
der Jupiteratmosphäre blickt, die meist in bräunlich rotem Lichte
durchschimmern. Von den hellen Tropengürteln, den »Äquatorialzonen«,
zweigen oft langgezogene, helle Streifen in die »Äquatorialgürtel« (~N~
und ~S~ in der schematischen Darstellung) ab, wie wir es auch auf der
schönen Zeichnung, Seite 75, sehen, die den deutlichen Eindruck machen,
als ob die Wolkenbildungen der geringeren Breiten der so sehr schnellen
Rotation des Planeten nicht mehr nachkommen konnten und deshalb langsam
in den höheren Breiten sich auflösen. Wir beobachten auf der Erde ganz
analoge Erscheinungen in den Passatwinden. In Wirklichkeit rührt dieses
Zurückbleiben von den am Äquator aufsteigenden Luftströmungen her,
die wegen des geringeren Durchmessers der umschwingenden Kugelteile,
aus denen sie aufstiegen, eine geringere Geschwindigkeit besitzen
müssen als die höher gelegenen, in die sie gelangen. Wir sehen also
aus diesen Gebilden, daß auf Jupiter ganz gleichartige, ausgleichende
Luftströmungen zwischen den Polen und dem Äquator existieren müssen,
wie auf der Erde. Infolge dieses Zurückbleibens der Wolkengebilde
müssen auch die Umlaufszeiten des Jupiter, die aus ihrer Beobachtung
in den verschiedenen »jovigraphischen« Breiten abgeleitet werden,
verschieden ausfallen. In der Tat konnte man nachweisen, daß diese
Umlaufszeit vom Äquator gegen die höheren Breiten hin allmählich
abnimmt, zwischen 9 Stunden 50 Minuten bis auf 55 Minuten.

[Illustration: Abb. 18.]

Tritt hier im Verhalten der Wolkenbedeckung des Jupiter eine deutliche
Ähnlichkeit mit Verhältnissen hervor, die man auch an der Erde als
Himmelskörper, nur in bedeutend verminderter Weise, beobachten würde,
so erscheint Jupiter auf der andern Seite wieder der Sonne verwandt,
nur daß dann Jupiter vergleichsweise die schwächeren Reaktionen zeigt.
Man hat die Sonnenflecken als Lücken in der leuchtenden Atmosphäre des
Zentralgestirns erkannt, durch die man in tiefer gelegene, dunklere
Regionen sieht. Dasselbe ist bei den dunkleren Streifen des Jupiter
der Fall, die auch, wie die Sonnenflecke, hauptsächlich nur in
mittleren Breiten auftreten. In den Polarregionen sieht man auf beiden
Weltkörpern keinerlei Einzelheiten mehr. Während aber auf der Sonne
Veränderungen oft schon in wenigen Minuten erkennbar sind, ändert sich
der Anblick Jupiters oft monatelang nur wenig.

Ein Beispiel einer jahrzehntelang anhaltenden, merkwürdigen Erscheinung
auf dem großen Planeten bietet der sogenannte _rote Fleck_, der im
Jahre 1872 zuerst nur schwach sichtbar wurde, um 1880 herum seine
größte Deutlichkeit zeigte, um dann langsam abzublassen, ohne bisher
gänzlich verschwunden zu sein. Die nebenstehende Abb. 19 wurde von
mir zu einer Zeit, als er am kräftigsten auftrat, am Genfer Refraktor
angefertigt. Man hat ihn sich von etwas schmutzig ziegelroter Farbe
vorzustellen. Seine länglich runde Fläche war seinerzeit größer
als die von ganz Europa, seine Längsausdehnung wurde zu 30000 ~km~
gemessen. Es hat sich ergeben, daß er sich in den oberen Regionen
der Jupiteratmosphäre befindet. Freilich hat man unzweifelhaft
gelegentlich helle Wolkenschleier über ihn hinwegziehen sehen, und sehr
charakteristisch ist es, wie er den hellen Äquatorstreifen, über dem er
(also südlich, denn alle Angaben beziehen sich immer auf den Anblick im
Fernrohr) steht, zu verdrängen scheint.

[Illustration: Abb. 19.]

Alles spricht dafür, daß der rote Fleck nur der Widerschein von
Vorgängen ist, die in größerer Tiefe stattfinden. Die Geschwindigkeit
seiner Umschwungsbewegung ist deshalb auch wesentlich geringer als die
seiner Umgebung in diesen äquatorialen Breiten. Der Fleck bleibt gegen
die Rotationsrichtung zurück, er hat eine rückläufige Bewegung auf der
sichtbaren Jupiteroberfläche.

Was mag wohl auf dem Planeten geschehen sein, als sich dieser rote
Fleck bildete? Wenn sich auf der Erde unter einer undurchdringlichen
Wolkendecke eine ausgedehnte vulkanische Spalte öffnete und Lavaströme
über weite Ländergebiete ergösse, wie es in der Tertiärzeit z. B.
von der gewaltigen Kette der Anden aus geschehen ist, so würden
außerirdische Beobachter eine ganz ähnliche Erscheinung an unserm
Erdsterne wahrnehmen. Ist solches auch dort geschehen? Wer könnte das
mit Sicherheit bejahen? Schwierigkeiten bereitet hierbei der geringe
Dichtegrad der Jupitermasse, der kaum eine feste Oberflächenkruste
voraussetzen läßt, aus der solche Eruptionen hervorgehen
könnten. Gewisse neuere Betrachtungen über den Erstarrungsprozeß
weltkörpergroßer Massen machen es indes doch wahrscheinlich, daß in
gewisser Tiefe sich eine feste Kruste bilden muß, unter der wieder
ein flüssiger und selbst gasförmiger Kern vorhanden ist. In einem
solchen Stadium könnte sich wohl Jupiter gegenwärtig befinden, und
es mag sich, wie man es auch in Urzeiten bei der Erde annimmt, eine
Scholle von kontinentaler Ausdehnung über einer sonst schon im
Erkalten und Erlöschen begriffenen Oberfläche zu neuer Glut entfacht
haben, vielleicht infolge des Absturzes eines größeren Körpers aus
dem Weltraume. Wir könnten etwa an einen kleinen Planeten denken,
den Jupiter sich aus der Schar der in seiner Nähe kreisenden
herausgegriffen hätte, um ihn als Mond dauernd an sein Reich zu
fesseln, und der dann durch besondere Störungen, etwa von einem
seiner größeren Monde, zu diesem Sturz in den Jupiter gezwungen
wäre. Jedenfalls will es mir scheinen, daß die Größe und Dauer der
Erscheinung fast zwingend auf ein kosmisches Ereignis hindeuten.

Diese Betrachtungen führen uns zu der Welt der _Monde_ hinüber, die
der große Planet um sich versammelt hat. Es sind heute acht oder neun
bekannt, die, in den verschiedensten Größen und Entfernungen ihn
umkreisend, den beobachtenden wie den theoretischen Astronomen eine der
interessantesten Mannigfaltigkeiten darbieten.

Da sind zunächst die vier sogenannten »alten« Monde, die _Galilei_
1610, also nun vor gerade dreihundert Jahren, sogleich entdeckte,
als er als erster das neuerfundene Fernrohr zum Himmel richtete. Sie
sind schon in jedem Opernglase zu erkennen, und Leute mit besonders
scharfem Auge haben sie sogar ohne optische Hilfsmittel unterscheiden
können. Dies wäre überhaupt sehr leicht, wenn nicht der strahlende
Jupiter sich in zu großer Nähe befände. Nicht immer aber sind alle
vier zugleich sichtbar, ja, es kann vorkommen, daß sich keiner von
ihnen neben der leuchtenden Scheibe seines Hauptplaneten sichtbar
zeigt. Im interessanten Wechselspiel ihrer Stellungen kann der eine
hinter den Jupiter, ein anderer vor seine Scheibe, andere wieder in
seinen Schattenkegel getreten und dadurch für uns verfinstert sein,
ganz ebenso, wie es gelegentlich mit unsrem Monde geschieht. Die
Mannigfaltigkeit der Erscheinungen wird noch durch die oft beobachteten
Vorübergänge der Schatten der Monde über die Jupiterscheibe erhöht,
so daß zur Zeit, da Jupiter für die Beobachtung günstig steht, kaum
ein Tag vergeht, an dem nicht wenigstens eines jener interessanten
Phänomene dieser Monde zu beobachten ist. So konnte man zum Beispiel
am 13./14. März 1909 nacheinander an allen vier Monden eine dieser
Erscheinungen beobachten, freilich nicht an ein und demselben Orte der
Erde zugleich, weil Jupiter nicht immer zu den entsprechenden Zeiten
für einen bestimmten Ort über dem Horizonte stand. Den Reigen begann
der Schatten des III. Mondes, der um 1 Uhr 15 Minuten nachmittags nach
Mitteleuropäischer Zeit (~MEZ~) wieder aus der Scheibe des Jupiter
trat, über die er tags zuvor gezogen war. Diese Schattenübergänge
finden immer von Osten nach Westen statt. Die Monde bewegen sich in
derselben Richtung um Jupiter, wie dieser und alle andern Planeten
um die Sonne, von Westen nach Osten. Wenn aber die Monde oder ihre
Schatten vor der Planetenscheibe vorübergehen, sind sie uns näher als
der Planet, wir sehen gewissermaßen von unten auf das System. Die Monde
ziehen hier für uns von Osten nach Westen, und nur, wenn sie hinter
Jupiter vorübergehen, verfolgen sie die andere Richtung. Um 5 Uhr 50
Minuten trat der IV. Mond, von Osten kommend, vor die Scheibe. Um 8
Uhr 40 folgte ihm sein Schatten, der sich als kleine, schwarze Scheibe
in den östlichen Planetenrand schob. Um 9 Uhr 51 Minuten trat der Mond
selbst, um 12 Uhr 56 sein Schatten wieder auf der Westseite aus der
Planetenscheibe. Um 4 Uhr 25 nachts sah man den I. Mond hinter dem
Jupiter verschwinden, und zwar auf der Westseite. Um 7 Uhr 0 Minuten
20 Sekunden erschien dann nahe dem Ostrande, doch schon etwas von ihm
entfernt, der Mond plötzlich wieder. Als er hinter Jupiter hervorkam,
war er in seinen Schatten gehüllt, aus dem er jetzt, ziemlich,
doch nicht ganz plötzlich am freien Himmel neben Jupiter wieder
aufleuchtete. 13 Minuten nach Mittag, also schon am nächsten Tage,
verschwand schließlich der II. Mond hinter dem Planeten. Derartig setzt
sich das Spiel beständig fort.

In besseren Fernrohren kann man deutlich unterscheiden, daß diese
vier Monde kleine Scheiben besitzen, daß sie keine durchmesserlosen
Lichtpunkte sind, wie die Fixsterne. Sehr deutlich erscheinen
die Schatten auf dem Planeten, wo also jeweilig ein Mond eine
Sonnenfinsternis erzeugt, als schwarze Scheiben, wenn man etwa
200- bis 300fache Vergrößerung anwenden kann. Schwieriger sind die
Vorübergänge der Monde selbst vor der Planetenscheibe zu beobachten.
Wenn Mond und Planet die gleiche Albedo hätten, so müßte der Satellit
ja dabei ganz verschwinden. Nun ist aber der Rand der Jupiterscheibe
immer beträchtlich dunkler als die mittleren Partien, was von der
Absorption des Lichtes in der Atmosphäre des Planeten herrührt. Man
erkennt deshalb die Monde häufig noch deutlich als helle Scheibchen,
wenn sie am Rande eintreten. Sie verschwinden dann aber meist bald,
um am andern Rande vor dem Austritt wieder sichtbar zu werden. Kann
man sich dies aus den vorliegenden Verhältnissen erklären, so treten
bei diesen Übergängen doch gelegentlich seltene Abweichungen auf, die
zum Teil noch der Erklärung bedürfen oder doch nur zu verstehen sind,
wenn man diesen Monden eine wechselnde Wolkenbedeckung zuspricht,
die, namentlich beim ersten Monde, einen ähnlichen äquatorialen,
helleren Gürtel aufweist, wie Jupiter selbst. Dieser Satellit ist
nämlich wiederholt doppelt gesehen worden, und zwar als doppelter,
dunkler Punkt auf dem hellen Äquatorstreifen Jupiters und hell als
Streifen, also nicht rund, auf einer dunkeln Region des Planeten.
Nimmt man an, daß der Mond zwei dunkle Polarhauben besitzt, die von
einem hellen Gürtel getrennt sind, so kann es kommen, daß der helle
Streifen sich auf dem hellen Grunde des Planeten verliert. Die beiden
dunkeln Polhauben erscheinen dann, von dem Glanze der Jupiteroberfläche
für unser Auge durch Überstrahlung scheinbar abgerundet, als zwei
getrennte, dunkle Körper. Umgekehrt können auf einem dunkleren Grunde
die Polarhauben des Mondes gänzlich verschwinden, und es bleibt bloß
der helle Äquatorstreifen übrig. Dies sind aber alles Erscheinungen,
die nur unter günstigen Bedingungen mit den besten Fernrohren
wahrgenommen werden können. Hier war es von Interesse, davon zu
sprechen, weil sie eine Wahrscheinlichkeit dafür bedeuten, daß die
großen Satelliten des Jupiter von merklichen Atmosphären umgeben sind.
_Barnard_ (am großen Lickrefraktor) und andere haben auf den Satelliten
gelegentlich Einzelheiten wahrgenommen, die eine gewisse Konstanz zu
haben scheinen. Nichts spricht jedenfalls dagegen, daß man es in ihnen
mit wohlorganisierten Welten zu tun hat, die die alternde Sonne, ihren
Hauptplaneten, ihrerseits noch planetenartig umkreisen, indem sie von
ihr wohl auch noch merkliche Mengen von Wärme zugestrahlt erhalten.

Es sind ja auch recht große Körper, von denen der größte, der sogen.
III. (Abb. 20), mit einem Durchmesser von 5720 ~km~ (nach Barnard)
den des kleinsten unter den Planeten, Merkur, um nahezu 1000 ~km~
übertrifft. Auch der VI. Mond ist mit 5380 ~km~ noch merklich größer
als Merkur. Dann folgt der Größe nach der I. Mond mit 3950 ~km~; der
II., kleinste unter diesen vier Hauptkörpern des sekundären Weltsystems
des Jupiter, mißt immer noch 3300 ~km~. Wir haben also ganz respektable
Welten vor uns.

[Illustration: Abb. 20. Zeichnung des III. Jupitermondes.]

Eigentümliche _Lichtschwankungen_, die man an diesen Monden
wahrgenommen hat, und die periodisch mit ihrer Stellung zu uns
stattfinden, lassen kaum einen Zweifel darüber, daß ihre Oberflächen
topographische Verschiedenheiten aufweisen, und daß zugleich immer
dieselbe Seite ihrer Oberfläche dem Jupiter zugewandt ist, wie es
zwischen der Erde und ihrem Monde stattfindet. Auch theoretisch läßt
sich die Notwendigkeit dieser Sachlage nachweisen.

Verfolgen wir die Bewegungen dieser Monde um den Jupiter etwas näher,
so erkennen wir, daß sie alle in nahezu derselben Ebene stattfinden,
wie die der Ekliptik, in der sich die Planeten um die Sonne bewegen.
Deshalb stehen die Monde auch für unsern Anblick häufig nahezu in einer
geraden Linie angeordnet, und sie müssen, mit Ausnahme des IV. Mondes,
der zuweilen über oder unter dem Planeten vorbeiläuft, bei jedem
ihrer Umläufe vor und hinter den Planeten treten. Ihre Umlaufszeiten
selbst betragen in abgerundeten Zahlen 1 Tag 18½ Stunden, 3 Tage 13
Stunden, 7 Tage 4 Stunden und 16 Tage 16½ Stunden. Die Abweichung ihrer
Bahnebenen gegen die Ekliptik liegt bei rund 2°, und sie bewegen sich
in fast genauen Kreisbahnen um ihren Hauptplaneten. Ihre Abstände von
ihm betragen 420000, 670000, 1067000 und 1877000 ~km~. Der nächste von
diesen Monden ist also vom Zentrum seines sekundären Systems schon
etwas weiter entfernt als unser Mond von der Erde.

Zu diesen vier großen, seit 1610 bekannten Monden kam nun zunächst
noch ein von _Barnard_ auf der Licksternwarte 1892 entdeckter recht
kleiner Mond, der den Jupiter in einer noch engeren Bahn als der
vorher bekannte I. umkreist. Der kleine Körper, der nach seiner
geringen Lichtstärke als Sternchen 13. Größe nur einen Durchmesser
von etwa 160 ~km~ haben kann, bleibt nur etwa 1¼ Durchmesser des
Planeten oder 180000 ~km~ von seinem Zentrum oder etwa 107000 ~km~ von
seiner Oberfläche entfernt und umkreist ihn, so nahe dem mächtigen
Kraftzentrum, bereits in 11 Stunden 57 Minuten und 23 Sekunden, so
daß also seine Bewegung nicht viel hinter der eines Punktes des
Jupiteräquators zurückbleibt. Seine Bahnneigung und Exzentrizität sind
wie die der großen Monde gering.

Nach der Entdeckung dieses neuen Mondes kamen die Astronomen wegen
seiner Benennung in einige Verlegenheit. Für die vier großen Monde
hatten sich keine Namen einbürgern wollen. Die vorgeschlagenen Namen,
Jo, Europa, Ganymedes, Kallisto, sind niemals ernstlich benutzt worden.
Man begnügte sich damit, die Monde mit römischen Ziffern, als I., II.,
III. und IV. Mond zu bezeichnen. Nun war aber ein Mond, der vor den
I. gehörte, dazu gekommen. Es blieb schließlich nichts übrig als ihm
trotzdem die römische Ziffer V zu lassen, womit er seitdem allgemein
benannt wird.

Die Zahlenunordnung wurde aber noch größer, als noch weitere Monde,
nunmehr jenseits des IV., entdeckt wurden, die nun als VI., VII., VIII.
Mond bezeichnet werden müssen, so daß die Reihenfolge V., I., II.,
III., IV., VI., VII. und so weiter ist.

Der VI. Mond wurde auf photographischem Wege 1904 von _Perrine_ auf
der Licksternwarte entdeckt. Er bewegt sich bereits in so großer
Entfernung um den Jupiter, daß sein System dadurch um das Fünffache
seiner bis dahin bekannten Größe erweitert wurde. Sein Abstand beträgt
9700000 ~km~, seine Umlaufszeit 251 Tage.

Ganz in der Nähe dieses sehr kleinen Mondes umkreist noch ein anderer
den großen Planeten, der gleichfalls von _Perrine_ 1905 zuerst
photographiert wurde. Sein Abstand beträgt 11750000 ~km~, und seine
Umlaufszeit vollendet sich in 260 Tagen. Der VI. Mond mag 120 ~km~, der
VII. nur 50 ~km~ im Durchmesser halten. Beide haben eine starke Neigung
zur Ekliptik von 28 und 30 Grad und auch große Exzentrizitäten. Sie
weichen also in ihrem ganzen Wesen bedeutend von den übrigen Monden des
Systems ab.

Noch viel mehr ist dies bei dem Anfang 1908 von _Melotte_ auf der
Sternwarte zu Greenwich entdeckten VIII. Jupitermonde der Fall. Es
ist ein Sternchen 17. Größe, also selbst photographisch nur noch
sehr schwer zu erreichen. Sein Abstand vom Hauptplaneten ist nach
den letzten Bestimmungen von _Crawford_ und W. F. _Meyer_ 0,1713
astronomische Einheiten, also fast gleich dem halben Abstande des
Merkur von der Sonne, das sind 2560000 ~km~ oder das 2–3fache der
Entfernung des VI. und VII. Mondes. Die Umlaufszeit beträgt 2,3 Jahre.
Das Merkwürdigste aber an diesem Monde ist, daß er sich in umgekehrter
Richtung um den Hauptkörper bewegt, wie alle übrigen Mitglieder des
Systems, eine Erscheinung, die wir im ganzen Sonnenreiche nur noch
bei einem Saturnsatelliten, dann den Monden des Uranus und dem des
Neptun wiederfinden, also ausschließlich in fernstehenden Gebieten
des Systems. Da sonst nur noch unter den Kometen Rückläufigkeit
vorkommt, so haben wir in diesem VIII. Jupitermonde eine Übergangsform
einerseits von Komet zum Trabanten, andererseits von einem kleinen
Planeten zu einem Monde vor uns, einen »eingefangenen« Körper, der,
wie theoretische Untersuchungen von _Kopp_ und andern ergeben haben,
überhaupt keine stabile Bahn besitzen, also auch wieder zu einem
kleinen Planeten werden kann, um alsbald das System des Jupiter wieder
zu verlassen und nur noch direkt um die Sonne zu laufen. Wir erinnern
uns hier der Betrachtungen, die wir bei Gelegenheit der jupiternahen
Planetoiden angestellt haben.

Sehr merkwürdig, aber der weiteren Aufklärung noch bedürftig ist die
Entdeckung eines vermutlichen IX. Jupitermondes von demselben _Melotte_
in Greenwich, der ähnlich wie der VI. und VII. Mond in nahezu der
gleichen Bahn mit dem VIII. zu laufen scheint, aber wesentlich heller
ist als dieser, nämlich 14. Größe. Die weitere Verfolgung muß es erst
noch herausstellen, ob hier nicht doch ein kleiner Planet vorliegt.

Dieses reiche System verlassend, treffen wir, weiter hinauswandernd,
auf ein noch interessanteres und vielseitigeres, das des
ringgeschmückten _Saturn_. Kein Anblick der Wunder des gestirnten
Himmels, selbst schon durch Fernrohre von geringer Kraft, mutet uns so
geheimnisvoll an, wie der dieses Planeten, der sich, wie ein Symbol der
Unendlichkeit, an deren Grenze er jahrtausendelang in der Erkenntnis
der Menschheit stand, mit einem ihn frei im leeren Raume umschwebenden,
breiten, leuchtenden Reif umgeben hat.

Saturn ist etwa 9,5 mal weiter von der Sonne entfernt wie wir und
umläuft sie in 29 Jahren und 167 Tagen. Die Neigung seiner Bahn gegen
die Ekliptik ist gering, 2½°, die Exzentrizität beträgt nur 0,056.

[Illustration: Abb. 21. Alte Saturnzeichnungen.]

Noch deutlicher wie beim Jupiter sieht man auf den ersten Blick,
daß die Saturnkugel stark abgeplattet ist, und zwar in der Richtung
senkrecht auf der Ebene der Ringe (denn sie stellen sich auch schon für
ein mittleres Fernrohr als mehrfach heraus). Die Ringe befinden sich
also in der Äquatorebene des Planeten. Die Kugel selbst mißt in dieser
Äquatorrichtung 123000 ~km~. Sie ist also nicht wesentlich kleiner
als Jupiter. In der Polarachse aber ist diese Abmessung um 10700 ~km~
kleiner. Nach andern Messungen ist der Unterschied noch größer, so
daß die Abplattung gleich 1/10 wird. In dieser im Durchmesser 9½mal
die Erde übertreffenden Weltkugel ist die Masse noch weniger dicht
verteilt wie in der des Jupiter. Sie ist nur noch 0,13 von der der
Erde und nur 0,7 von der des Wassers. Die gewöhnlichen Holzarten, zum
Beispiel etwa festes Tannenholz oder das Holz des Birnbaums, haben bei
gleichem Volumen die gleiche Schwere wie die durchschnittliche Masse
der Saturnkugel. Noch mehr wie für Jupiter müssen wir also für Saturn
annehmen, daß er noch keine eigentliche feste Oberfläche besitzt, und
eine dichte Wolkenhülle ständig seine Kugel umgibt.

[Illustration: Abb. 22. Ansichten der Saturnringe.]

Dies bestätigen auch die Einzelheiten, die man gelegentlich auf diesem
Planeten erkennt. Freilich sind diese längst nicht mehr so deutlich
zu unterscheiden wie beim Jupiter. Saturn ist ja an sich schon etwas
kleiner als sein Nachbar diesseits und dabei fast noch einmal so weit
von uns entfernt. Die scheinbare Scheibe des Planeten, immer ohne den
Ring, schwankt nur zwischen 15′′ und 21′′, ist also weniger als halb so
groß, wie die des Jupiter. Trotzdem sind Streifen, die wie bei jenem
parallel mit seinem Äquator die Kugel umziehen, immer sehr deutlich zu
erkennen, zuweilen auch, doch nur in besseren Fernrohren, hellere oder
dunklere Flecke, die sich dann nahezu so schnell wie beim Jupiter über
die Scheibe hinbewegen, woraus sich eine Umschwungszeit der Kugel von
nur 10 Stunden 14 Minuten ergibt. In allen diesen Eigenschaften zeigen
sich also zwischen Jupiter und Saturn Verwandtschaften, die sie von
den sonnennäheren Planeten unterscheiden, die dichter sind, eine weit
langsamere Bewegung um sich selbst und infolgedessen auch eine viel
geringere Abplattung besitzen. Dazu kommen die dichten Atmosphären,
die im Spektroskop eine verschiedene Zusammensetzung zeigen, wie die
der Erde, unter sich aber ähnlich sind. Beide Körper jenseits des
Asteroidenringes und auch die beiden folgenden, Uranus und Neptun, sind
wesentlich größer als die »inneren Planeten«, Merkur, Venus, Erde und
Mars, und haben mehr Monde um sich versammelt, (mit der Einschränkung
bei Neptun, der wohl nur zu weit von uns entfernt ist, als daß wir
seine kleineren Monde noch sehen könnten). Wir haben es also im
Asteroidenringe mit einer sehr merkwürdigen Grenzscheide zwischen zwei
wesentlich verschieden Typen von Weltkörpern zu tun.

[Illustration: Abb. 23 ~a~–~d~. Saturnbilder.]

Die _Ringe_ umgeben die Saturnkugel in einer Ebene, die ziemlich stark
gegen die Ekliptik geneigt ist. Wäre dies nicht der Fall, befänden sie
sich nahezu in derselben Ebene, in der wir uns mit Saturn (annähernd)
um die Sonne bewegen, so könnten wir sie immer nur sehr verkürzt
sehen, während sie sich für uns in Wirklichkeit oft recht weit öffnen,
wenn wir in möglichst großem Winkel auf ihre Ebene herabsehen, und
dann wieder ganz schmal werden, wenn die Erde durch ihre Ebene geht.
Es ist leicht zu ersehen, daß dieser Wechsel der perspektivischen
Ansichten des Ringsystems sich innerhalb der Umlaufszeit des Saturn
wiederholen muß. Rund alle 15 Jahre sehen wir auf die Ringe in ihrer
für uns breitesten Ansicht und allemal 7½ Jahre danach auf ihre schmale
Seite, wobei die Ringe überhaupt völlig verschwinden. Diese wechselnden
perspektivischen Ansichten machten dem Entdecker der Saturnringe,
_Galilei_, viel Sorgen, der eine Zeitlang glaubte, sein noch sehr
primitives Fernrohr spiegelte ihm falsche Bilder vor. Das war wohl
begreiflich, wenn man die Abbildung 21 ansieht, die das neuerfundene
Fernrohr nacheinander von dem wunderbaren Planeten zeigte.

In Abb. 22 sind die verschiedenen perspektivischen Ansichten
wiedergegeben, wie sie sich während eines Umlaufes des Saturn um die
Sonne darstellen, und weiterhin folgen vier Bilder des Planeten,
die ihn in besonderen Stellungen zeigen. Das erste ist ein recht
charakteristisches Bild, das schon 1874 gemacht ist und sehr schön die
eigentliche Form des Schattens auf den Ringen erkennen läßt. Dieselbe
Stellung hat sich 1903 auf 1904 wiederholt. Die drei andern Bilder
zeigen, wie der Ring dann immer schmäler geworden und Ende 1907 endlich
ganz verschwunden ist. Gegenwärtig öffnet er sich wieder mehr und mehr,
und 1914 wird er wieder voll geöffnet sein. Sehen wir ihn uns in einer
solchen Lage etwas genauer an, wozu die schematische Zeichnung 24
dienen kann.

Wir unterscheiden zunächst eine ganze Anzahl von ineinander steckenden
Ringen, die zum Teil deutliche Lücken zwischen sich lassen. Um uns
unter diesen zurechtzufinden, ist ein Schema eingeführt und mit
Buchstaben versehen. Wir unterscheiden dabei drei Ringe, den äußeren
hellen, den inneren hellen und den dunkeln Ring, in der Zeichnung ~A~,
~B~ und ~C~. Zwischen ~A~ und ~B~ befindet sich eine sehr deutliche
dunkle Lücke, die sogenannte _Cassinische Trennung_. Sie ist auf
dem Schema mit ~c~ bezeichnet. Ungefähr in der Mitte von ~A~ selbst
erkennt man noch eine andere, zwar viel feinere Lücke, die _Enckesche
Trennung_ oder auch die Bleistiftlinie genannt. Sie wechselt, wie
ich mit _Schiaparelli_ seinerzeit feststellen konnte, ihre Lage auf
dem Ringe, so daß sie ihn zuweilen in der Mitte schneidet, zuweilen
zu zwei Dritteln und einem Drittel trennt. Wir werden gleich noch
sehen, zu welchen interessanten Konsequenzen für die Zusammensetzung
der Ringe diese Wahrnehmung führt. Der Ring ~B~ ist der hellste und
deutlich leuchtender als die Saturnkugel selbst. Ihm folgt der dunkle
oder _Schleierring_ ~C~, der sich in den _Ansen_, den über die Kugel
hervorragenden Teilen des Ringes, deutlich vom Himmelsgrunde mit einer
scharfen Linie abhebt, also weniger dunkel als dieser ist. Über der
Kugel erzeugt er einen leichten, schleierartigen Schatten, die andern
Ringe dagegen einen ganz dunkeln. Dies sind die hervorstechendsten
Einzelheiten, die das Ringsystem meist schon in mittleren Fernrohren
darbietet. Unter besonders günstigen Bedingungen treten aber noch
mehrere andere Trennungslinien auf, so daß es kaum zweifelhaft ist, daß
das Ganze aus einer sehr großen Zahl einzelner Ringe besteht.

[Illustration: Abb. 24. Schema der Saturnringe.]

Die Dimensionen des Ringsystems sind nach _Barnard_ folgende. Es
mißt von einem Ende zum andern 277800 ~km~. Es könnten also fast 22
Erdkugeln aneinander gereiht in ihm Platz finden. Die Breite des
Ringes ~A~ beträgt 17800 ~km~; die Cassinische Trennung 3600 ~km~; der
Ring ~B~ mißt 30900 ~km~, er ist also fast noch einmal so breit wie
~A~, endlich der Schleierring ~C~ wieder nahezu ebensoviel wie ~A~,
17500 ~km~. Der Weg von seiner innersten Kante bis zur Oberfläche des
Saturn selbst ist 9500 ~km~ lang.

Angesichts dieser imposanten Breitenausdehnung muß die ungemein geringe
Dicke des Ringsystems wundernehmen. Man hat sich wiederum davon während
der letzten Verschwindungsperiode 1907 überzeugen können.

Es sind dabei verschiedene Momente zu unterscheiden. Man wolle sich
deswegen vorstellen, daß, vom Saturn gesehen, Erde und Sonne nicht
genau zu gleicher Zeit die Ebene der Ringe passieren, auch wenn sie
sich in der gleichen Richtung befinden. Der eine Himmelskörper wird
sich noch etwas über der Ringebene befinden können, wenn der andere
unter ihr steht. Sehen wir von der Erde aus die Südseite des Ringes,
während die Sonne noch über seiner Nordseite steht und also nur diese
beleuchtet, so ist der Ring für uns im Dunkeln und unsichtbar. So trat
die Erde am 17. April 1907 auf die Südseite der Ringebene, während die
Sonne noch die nördliche Seite beleuchtete. Der Ring mußte also für
uns unsichtbar werden. Am 26. Juli erst kam die Sonne auf die gleiche
Seite, und der Ring wurde nun wieder sichtbar. Aber schon am 4. Oktober
trat die Erde auf die Nordseite, die jetzt nicht mehr beleuchtet wurde.
Der Ring mußte aufs neue verschwinden, bis die Erde am 7. Januar 1908
nunmehr definitiv auf die Südseite überging, wo sie nun mit der Sonne
14½ Jahre lang bleiben und den Ring uns sichtbar machen wird. Wir
erkennen auch, daß wir innerhalb dieser Zeit der Opposition des Saturn
von 1907 zweimal genau auf die Schärfe des Ringsystems sehen mußten,
und daß die Sonne einmal diese Schärfe genau beschien.

Während dieser Periode ist natürlich Saturn mit den besten Fernrohren
der Neuzeit auf das sorgfältigste verfolgt worden, namentlich
mit den beiden Riesenrefraktoren der Licksternwarte und des
Yerkes-Observatoriums. An beiden Orten verschwand der Ring niemals
vollständig, wie es in mittleren Instrumenten der Fall war. Es zeigte
sich zu beiden Seiten der Kugel eine schmale, nirgends unterbrochene
Lichtlinie, die in ihrem schmalsten Zustande zu 0,1′′ Breite geschätzt
wurde, woraus man die wahre Dicke der Ringe zwischen 30 und 60 ~km~
berechnen konnte. Sie sind also »papierdünn« im Vergleich zu ihren
andern beiden Dimensionen. Bei dieser Gelegenheit sah man wieder, wie
auch bei früheren, selbst bis 1774 zurück, daß sich zu der Zeit, wo man
nur die dunkle Seite der Ringe sehen konnte, rechts und links von der
Kugel je zwei deutliche _Lichtknoten_ in der schmalen Linie befanden,
die ihren Ort zur Kugel nicht veränderten. Da wir noch sehen werden,
daß die Ringe sich sehr schnell um sich selbst drehen, so konnten diese
Verdichtungen in Wirklichkeit nicht in den Ringen vorhanden sein. Man
hat sie als Lichtreflexe gedeutet, die durch den Schleierring und die
Cassinische Trennung auf die »Rückseite«, das heißt die unbeleuchtete,
hinüberfallen.

Um unsere Kenntnisse über die Natur dieser geheimnisvollen Gebilde zu
vervollständigen, richten wir das Spektroskop auf sie und erfahren,
daß sie nicht, wie Saturn selbst, von einer Atmosphäre umgeben oder
gar selbst Gasmassen sind. Ferner hat die gleichzeitige Beobachtung
der sich gegenüberstehenden Teile der Ringe durch das lichtbrechende
Prisma, das uns durch die Linienverschiebungen bekanntlich auch
eine gegen uns hin oder von uns hinweg gerichtete Bewegung des
leuchtenden Objektes offenbart, ergeben, daß sich das Ringsystem in
seiner mittleren Entfernung vom Saturnzentrum in jeder Sekunde um
18 ~km~ um sich selbst bewegt, während der Saturnäquator selbst nur
eine Geschwindigkeit von 10,3 ~km~ besitzt. Zugleich zeigte es sich,
daß die Geschwindigkeit der Ringteile mit der Entfernung von Saturn
abnimmt. In seltenen Fällen hat man auch direkt Einzelheiten auf
einem der Ringe oder dunklere Stellen in der Cassinischen Trennung
verfolgen können, die diese Umschwungsbewegungen bestätigten. Es ist
damit erwiesen, daß die Saturnringe sich genau so um den Planeten
bewegen, wie es ihn umkreisende Monde nach dem Keplerschen Gesetze
in der betreffenden Entfernung tun müßten. Die Ringe, denen man aus
theoretischen Gründen die Möglichkeit einer festen, flüssigen oder
gar gasförmigen Beschaffenheit absprechen mußte, können also nur aus
einer großen Schar ganz kleiner Satelliten bestehen, sie sind ein
dichter Asteroidenring des Saturnsystems, und alle Betrachtungen,
die wir schon bei ihm entwickelten, haben auch für die Saturnringe
Gültigkeit. Eine der interessantesten Parallelen ist beispielsweise der
Nachweis, daß sich die Lücken zwischen den Ringen, wie ich seinerzeit
zeigen konnte, an Stellen befinden, wo sich die Störungen der äußeren
Satelliten des Systems in derselben Weise summieren müßten, wie die
Störungen des Jupiter für die betreffenden Planetoiden, die aus diesen
Regionen vertrieben wurden. In einem Falle konnte ich eine vorher noch
nicht gesehene Trennungslinie errechnen, die nachträglich von _Holden_
auf der Licksternwarte wirklich wahrgenommen wurde. Den inneren
Schleierring haben wir uns aus Körperchen zusammengesetzt zu denken,
die nach der Art des Eros aus den dichteren Ringteilen versprengt sind.
Bei der großen Dichtigkeit, mit der die kleinen Körper in den hellen
Ringen verteilt sein müssen, kommen zweifellos Kollisionen häufig vor,
durch die ihre Tangentialkraft stark vermindert wird, und sie selbst
in spiralförmigen Bahnen durch die fortgesetzten Störungen, die in
den mit Materie besetzten inneren Teilen des Systems entstehen, dem
Saturn immer näher gebracht werden, bis sie als Meteoriten auf seine
Oberfläche fallen, beziehungsweise seinem noch gasförmigen Körper
einverleibt werden. Also auch hier ein beständiger Wandel der Dinge,
auch hier in den scheinbar durch alle Ewigkeiten unveränderlichen
Himmelsräumen ein unaufhörliches Werden und Vergehen.

Saturn wird von zehn _Satelliten_ umgeben, die sein System, auch
abgesehen von den Ringen, zu dem vielgestaltigsten im Sonnenreiche
machen. Es befindet sich darunter ein großer, _Titan_, der etwa
4000 ~km~ im Durchmesser faßt, also an die großen Jupitersatelliten
nahezu heranreicht und schon in kleinen Fernrohren trotz seiner
großen Entfernung von uns immer noch leicht gesehen werden kann, da
er 9. Größe ist, und zwei allerkleinste, 17. Größe, die nur mit den
Hilfsmitteln der modernen Himmelsphotographie unserer Erkenntnis
zugänglich gemacht wurden. Und auch, wie bei Jupiter, befindet sich
unter ihnen ein rückläufiger Trabant. Mit Ausnahme dieses letzteren
bewegen sich alle Monde des Saturn ungefähr in der Ebene der Ringe
um ihn, ihren gemeinsamen Ursprung mit diesen verratend, und haben
meist sehr geringe Exzentrizitäten. Sie führen in der Reihenfolge
ihrer Entfernung vom Hauptplaneten hinweg folgende Namen: _Mimas_,
_Enzeladus_, _Tethys_, _Dione_, _Rhea_, _Titan_, _Themis_, _Hyperion_,
_Japetus_, _Phöbe_. Die ganze Anordnung des Systems zeigt Analogien
sowohl mit dem Sonnen- wie dem Jupitersystem. Die Ringe des Saturn,
die wir ihrer Zusammensetzung nach mit dem der Asteroiden verglichen
haben, sind dagegen ihrer Stellung nach eher mit dem Körper des
Zodiakallichtes in Parallele zu stellen, der sich noch innerhalb der
Bahn des ersten Planeten Merkur befindet. Jenseits der Saturnringe
begegnen wir gleichfalls dem kleinsten unter den Saturnmonden, wenn wir
von jenen absehen, die wir eher als »Planetoiden des Saturnsystems« zu
bezeichnen haben. Mimas ist also der Merkur dieses sekundären Systems.
Er ist 13. Größe, woraus ein Durchmesser von 470 ~km~ zu folgern
ist. Namentlich auch weil das winzige Lichtpünktchen sich nur immer
sehr wenig von dem hellen Ringe, von dem es nur etwa das Vierfache
des Erddurchmessers trennt, entfernen kann, ist es nur in sehr guten
Fernrohren direkt zu erkennen. Bis jetzt war ein Fernrohr mit sechs
Zoll Öffnung in Madras das kleinste, das Mimas gezeigt hatte, während
es mir mit Hilfe eines nur vierzölligen Instrumentes von _Zeiß_
unter dem durchsichtigen Himmel Capris gelang, ihn mit allen andern
7 Satelliten wiederholt zu sehen, die ein Fernrohr überhaupt direkt
gezeigt hat. Mimas bewegt sich bereits in 22 Stunden 37 Minuten um das
Zentrum seines Systems.

Ihm folgt _Enzeladus_, nur eine halbe Größenklasse heller als
Mimas, aber wegen seiner etwas größeren Entfernung vom Ringe schon
merklich leichter in guten Fernrohren zu unterscheiden. Er mißt nach
photometrischen Bestimmungen 590 ~km~, und seine Umlaufszeit beträgt
1 Tag 8 Stunden und 53 Minuten. Wieder etwas größer ist der nächste
Mond _Tethys_. Er ist 11. Größe und mißt 920 ~km~. Umlaufszeit: 1 Tag
21 Stunden 18 Minuten. Ihm folgt _Dione_, um ein geringes kleiner
als Tethys, mit einer Umlaufszeit von 2 Tagen 17 Stunden 41 Minuten.
Nun kommt als fünfter Mond wieder ein etwas größerer, _Rhea_, mit
etwa 1200 ~km~ Durchmesser und 4 Tagen 12 Stunden und 25 Minuten
Umlaufszeit. Zwischen ihm und dem nun folgenden größten, _Titan_, ist
eine große Lücke. Die Abstände der sechs bisher genannten Monde vom
Saturnzentrum in Halbmessern des Planeten sind: Mimas 3,1; Enzeladus
3,9; Tethys 4,9; Dione 6,2; Rhea 8,7; Titan 20,2. Wir sehen, wie hier
eine merkwürdige Ähnlichkeit mit dem Sonnensystem vorliegt, wo sich
auch vor dem größten Planeten Jupiter die Lücke der kleinen Planeten
befindet, und wo diesem auch verhältnismäßig kleine Planeten, dem
Zentrum näher, vorausgehen. Vom Saturnsysteme könnte man in diesem
Vergleiche sagen, daß es zwei Merkure, Mimas und Enzeladus, besitzt,
worauf dann drei etwas größere Körper für Venus, Erde und Mars folgen.
Dann kommt die Lücke, in der sich auch beim Saturn entsprechend kleine
Monde, die wir nicht mehr entdecken können, befinden mögen, und weiter
stoßen wir dann auf Titan-Jupiter.

Nun aber tritt im Saturnsystem eine Erscheinung auf, die in dem der
Sonne zunächst keine Parallele findet. Bis zum nächsten Monde, der in
unserm Vergleich als größerer Planet gelten kann, Japetus, der zwar
wesentlich kleiner als Titan, aber größer als alle andern Monde ist,
also etwa mit Uranus und Neptun, nicht mehr mit Saturn im Sonnensystem
zu vergleichen wäre, befindet sich abermals eine große Lücke von 20,2
Saturnhalbmessern zu 58,9 für Japetus. Diese Lücke aber ist inzwischen
in unserer Kenntnis von zwei sehr kleinen Körpern ausgefüllt,
_Hyperion_ und _Themis_, die nun als Planetoiden des Saturnsystems,
im Vergleich mit dem Sonnensystem _hinter_ Jupiter stehend, zu gelten
hätten. Wir wissen schon, daß das Vorhandensein solcher Planetoiden
im Sonnensystem heute durchaus wahrscheinlich ist. Die beiden kleinen
Körper in dieser Lücke des Saturnsystems bewegen sich in der Entfernung
24,16 für Themis und 24,49 für Hyperion in stark exzentrischen Bahnen
in 20 Tagen 20 Stunden und 21 Tagen 7 Stunden um den Planeten, also auf
nahe beieinander befindlichen und sich kreuzenden Wegen. Von ihnen ist
Hyperion schon 1848 von _Bond_, Themis aber, die nur 17. bis 18. Größe
ist, erst 1905 von _Pickering_ auf photographischem Wege entdeckt.

Der nun folgende Saturnmond, _Japetus_, bewegt sich in 79 Tagen
8 Stunden um sein Zentrum in einem Abstande von nahezu 59
Saturnhalbmessern. Diese Umlaufszeit erreicht also schon beinahe
die des Merkur. Der Mond zeigt dabei in sehr auffälliger Weise eine
Eigenschaft, die, wie schon früher erwähnt, wahrscheinlich alle
Satelliten besitzen, daß sie nämlich ihr Licht periodisch mit ihrem
Umlaufe um den Hauptkörper wechseln. Bei keinem andern Satelliten
ist dies aber in so starkem Maße der Fall wie bei Japetus, der in
dem westlichen Teile seiner Bahn ein auch in mittleren Fernrohren
leicht zu sehendes Objekt ist, während er in der entgegengesetzten
Bahnlage nur mit den besten optischen Mitteln noch ganz schwach zu
unterscheiden ist. Der Körper muß also zwei das Licht sehr verschieden
zurückstrahlende Oberflächenhälften besitzen, und zwar müssen diese
so geordnet sein, daß von diesen ungleichen Hälften nicht die eine
beständig dem Saturn zugewandt, die andere abgewandt ist, denn
dann müßte ja der größte Glanz oder die größte Dunkelheit für uns
stattfinden, wenn der Mond gerade hinter oder vor dem Planeten
stände, während die Lichtschwankungen in den größten Ausweichungen,
Elongationen, ihr Maximum haben. Wir haben also anzunehmen, daß auf
der dem Saturn beständig zugekehrten Oberflächenhälfte Japetus bereits
zwei sehr verschieden lichtreflektierende Seiten besitzt, die wohl dem
Saturn immer in gleicher Weise zugewendet bleiben, nicht aber uns.
Diese Ungleichheit der Oberflächenbeschaffenheit kann aber, soviel
unsere Betrachtungen über die Entwicklung der Himmelskörper vermuten
lassen können, doch nur einmal unter dem Einflusse des Saturn selbst
entstanden, müßte also auch ursprünglich zur Richtung des Saturn
geordnet gewesen sein, ich meine, zunächst war die eine, lichtstärkere
Seite entweder dem Saturn zu- oder abgewandt, und erst später muß
durch einen unbekannten Eingriff in die ursprüngliche Ordnung des
Systems der Mond um etwa einen Viertelkreis aus seiner ersten Lage
verschoben worden sein, damit er uns jetzt in der einen Elongation die
dunkle, in der andern die helle Seite zukehrt, statt in der Konjunktion
und Opposition. Dies ist ein interessanter Fingerzeig, der uns zum
entferntesten der Saturnsatelliten hinüberführt.

Dieser, _Phöbe_ genannt, wurde, wie Themis, auf photographischem
Wege von _Pickering_ zuerst 1898 festgehalten, doch erst 1904 mit
Sicherheit als neuer Saturnmond erkannt und ist gleichfalls von
äußerster Kleinheit. Er bewegt sich in dem enormen Abstande von 214
Saturnhalbmessern oder etwa 13000000 ~km~ um sein Zentrum in 440
Tagen. Nur viermal weiter ist Merkur von der Sonne entfernt, und
das Saturnsystem selbst ist durch diese Entdeckung um das Dreifache
erweitert worden. Das Merkwürdigste an dem Körper aber ist, daß er sich
ebenso wie der letzte neue (VIII.) Jupitermond retrograd um seinen
Planeten bewegt, in einer Bahn, die von der Bahnlage aller andern
Saturnmonde erheblich abweicht. Hier hat also entweder, wie wir schon
bei Japetus vermuten mußten, ein besonderer Eingriff stattgefunden,
oder wir haben es auch in Phöbe mit einem »eingefangenen« Körper zu
tun, einem kleinen Planeten, der seinerzeit einmal wieder ein solcher
werden wird.

Bis 1781 befand sich Saturn nach damaliger Kenntnis an der Grenze
des Sonnenreiches und in der vorkopernikanischen Anschauung zugleich
auch an den Grenzen der Unendlichkeit, mit deren Symbol, der sich
in den Schwanz beißenden Schlange, er sich scheinbar umgeben hatte.
In jenem Jahre aber erweiterte sich durch eine zufällige Entdeckung
_Herschels_ das Sonnensystem auf das Doppelte seiner vorher bekannten
Größe. _Uranus_, zuerst für einen schweiflosen Kometen gehalten, von
_Laplace_ aber als ein die Sonne umkreisender Planet erkannt, der
erste, der überhaupt als solcher entdeckt wurde, da die übrigen schon
seit dem grauesten Altertum als Wandelsterne bekannt waren, bewegt sich
um die Sonne in einer Bahn von der Exzentrizität 0,047, die der des
Jupiter etwa gleich ist, in einem Abstande von 19,19 Einheiten oder
2869000000 ~km~ in 84 Jahren und 7 Tagen.

Die Helligkeit des schon recht fernstehenden Planeten setzt ihn gerade
an die Grenze der Sichtbarkeit mit dem bloßen Auge. Im Fernrohr
erscheint uns Uranus als eine matt grünlich leuchtende, nicht recht
scharf begrenzt aussehende Scheibe von etwas mehr als 4 Bogensekunden
Durchmesser, woraus man auf den wahren _Durchmesser_ dieses Weltkörpers
von 57600 ~km~ schließt. Danach ist er noch etwa viermal größer als
der der Erde. Uranus ist also zwar merklich kleiner als Jupiter und
Saturn, aber immer noch größer als alle inneren Planeten. Seine _Masse_
ist aber nur noch 14mal größer wie die der Erde, woraus dann seine
_Dichtigkeit_ zu nur 0,23 von ihr folgt. Die Materie, aus der Uranus
gebildet wurde, ist also gerade ebenso leicht wie die des Jupiter. Alle
vier äußeren, größeren Planeten, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun,
sind aus derart leichten Stoffen geformt, im Gegensatze zu den inneren,
Merkur, Venus, Erde und Mars, die unter sich ungefähr gleich dicht,
aber drei- bis viermal so dicht sind wie die äußere Planetengruppe.
Auch hier wie in vielen andern charakteristischen Zügen zeigt es sich,
daß man es in diesen beiden Gruppen mit zwei wesentlich verschiedenen
Typen von Weltkörpern zu tun hat.

Die _Albedo_ des Uranus ist 0,6, also gleich der des Jupiter, aber
geringer wie die des Saturn und der Venus. Wir wissen, daß diese
rückstrahlende Kraft uns etwas über die Frage aussagt, wie weit ein
Planet vermutlich für unsern Anblick von Wolken verhüllt ist. Uranus
ist auch in dieser Hinsicht den übrigen Mitgliedern seiner Gruppe
ähnlich. Einzelheiten auf seiner Oberfläche sind nur sehr selten
und zweifelhaft gesehen worden. Man hat etwas wie einen hellen oder
dunkleren Streifen über seiner Scheibe schimmern sehen, so wie ihn
etwa auch Jupiter zeigen würde, wenn man ihn aus so großer Entfernung
betrachtete. Niemals aber hat man Sicherheit darüber gewinnen können,
wie schnell sich der Planet um seine Achse dreht, und in welcher
Richtung sein Äquator liegt. _Barnard_ glaubt freilich eine recht
beträchtliche Abplattung der Scheibe erkannt zu haben, die an sich
durchaus wahrscheinlich ist, aber noch der Bestätigung harrt.

Sehr eigentümliche Schlüsse würde es zulassen, wenn eine
spektroskopische Wahrnehmung _Lowells_ sich als zweifellos erwiese. Das
Spektrum aller äußeren Planeten weicht merklich von dem der inneren ab.
Die Atmosphären der beiden Gruppen müssen voneinander verschieden sein.
Nun zeigen jene Untersuchungen Lowells, daß das Spektrum des Uranus
sowohl wie das des Neptun wieder Abweichungen von denen des Jupiter und
Saturn besitzt, die auf das Vorhandensein von _Chlorophyll_ schließen
lassen. Chlorophyll ist das Pflanzengrün, jener wunderbare Stoff,
der unter dem Einflusse des Lichtes imstande ist, die Kohlensäure
zu zersetzen und dadurch erst alle Lebensprozesse der Pflanzen und
mittelbar auch der Tiere zu ermöglichen. Dieser »Lebensstoff« ist in
den Atmosphären der anderen Planeten nicht nachweislich vorhanden.
Sollte er an den Grenzen des Sonnenreiches, wo man sich auch an den
Grenzen der Lebensmöglichkeit glaubte, auf eine uns unbekannte Weise in
so großen Mengen erzeugt worden sein, daß durch ihn neue Wege für eine
Entwicklung des Lebendigen geschaffen werden?

Uranus wird von vier Monden umkreist, _Ariel_, _Umbriel_, _Titania_
und _Oberon_ genannt. Von ihnen sind die beiden nächsten nur mit
den besten Fernrohren zu sehen, auch die beiden äußeren Monde sind
schwierige Objekte, aber doch etwas größer als die innern, wieder in
Übereinstimmung mit dem bei allen Systemen wahrgenommenen Prinzip.
Titania, als der größte Mond dieses Systems, mag etwa 900 ~km~ messen.
Die Entfernungen vom Hauptplaneten sind der Reihe nach 202000, 285000,
464000, 620000 ~km~, und ihre Umlaufszeiten 2 Tage 12 Stunden 39
Minuten, 4 Tage 3 Stunden 28 Minuten, 8 Tage 16 Stunden 56 Minuten und
13 Tage 11 Stunden 7 Minuten.

Das Seltsamste an diesem ganzen System der Uranusmonde ist ihre
Rückläufigkeit, die gewissermaßen eine Übergangsform zu den bereits
im Jupiter- und Saturnsystem als rückläufig erkannten Körpern bildet.
Die Bahnen der Uranusmonde stehen nämlich nahezu senkrecht auf der
Bahn des Planeten selbst. Müssen wir annehmen, daß einmal alle Körper
des Sonnensystems in nahezu derselben Ebene sich bewegten, wie es ja
heute noch die großen Planeten tun, so hätten diese Monde inzwischen
gemeinsam unter einem Einflusse gestanden, der die Bahnen gewissermaßen
umgekippt hat. An ein »Einfangen«, wie bei den uns bereits bekannt
gewordenen kleinen Monden, kann hier nicht gedacht werden. Sie sind
dafür zu groß, und man könnte es sich auch nicht vorstellen, wie alle
vier Monde, die sich nahezu in der gleichen Bahnebene bewegen, eine
solche _gleichartige_ Störung hätten erfahren können. Hier an den
Grenzen des Sonnenreiches müssen besondere Vorgänge wahrscheinlich
schon in den ersten Zeiten des Werdens des Systems gewaltet haben, die
sich für uns im Dunkel der für uns unendlich entfernten Zeit verlieren.
Die an der Uranuskugel selbst vermutete Abplattung scheint auf der
Bahnebene der Monde senkrecht zu stehen, wie es sein müßte, wenn dem
Planeten bereits vor oder während der Entstehung der Monde jener Stoß
versetzt worden wäre, der seine Umdrehungsachse derart verschob, daß
nun die gleichzeitig abgesonderten Massen der Monde diese abnorme
Bahnlage annehmen mußten.

Man hatte die Bewegungen des Uranus um die Sonne kaum mehr als ein
halbes Jahrhundert lang verfolgt, als man Abweichungen an ihnen
wahrnahm, die sich durch die Anziehung der bis dahin bekannten
Körper des Systems nicht mehr erklären ließen. Mit immer größerer
Überzeugung schloß man deshalb, daß sich noch jenseits der Uranusbahn
ein ziemlich großer Planet befinden müsse, der jenen beständig um
merkliche Größen zu sich hinzöge. _Adams_ in Cambridge und _Leverrier_
in Paris machten sich schließlich an die schwierige Aufgabe, aus diesen
Störungen der Uranusbewegung den Ort des störenden Körpers und die
Elemente seiner Bahn um die Sonne zu berechnen. Das weltregierende
Newtonsche Prinzip von der Anziehung der Massen feierte durch sie den
Triumph, einen neuen großen Planeten auf dem Papier aus einem Wust
von komplizierten Rechnungen herauszufinden, der dann alsbald auch
mit dem leiblichen Auge, in naher Übereinstimmung mit der Rechnung
gesehen wurde. Diese Auffindung gelang zuerst in Cambridge auf Anregung
Adams; aber durch die Nachlässigkeit des betreffenden Astronomen, der
seine Beobachtungen nicht rechtzeitig darauf angesehen hatte, ob sie
das gesuchte Objekt enthielten, fiel der ganze Ruhm der großartigen
Entdeckung ungerechterweise auf Leverrier, auf dessen Aufforderung es
am 23. September 1846 _Galle_ auf der Berliner Sternwarte gelang, den
errechneten Körper aufzufinden, während er unbewußt schon mehr als
einen Monat früher in Cambridge gesehen worden war.

Der neue Körper, der den Namen _Neptun_ erhielt, bewegt sich in 30
Sonnenweiten oder 4467000000 ~km~ in 164 Jahren und 280 Tagen um
das Zentrum des Systems. Exzentrizität und Neigung seiner Bahn sind
gering. Sein Scheibchen, von der Helligkeit 9. Größe, ist in mittleren
Fernrohren eben noch als solches zu unterscheiden, aber selbst mit
starken optischen Mitteln bleibt es ein wenig verschwommen, als ob der
Planet keine scharf umkränzte Fläche besäße, vielleicht ein Gasball
wäre, dessen Grenzen sich in den Weltraum verlieren. Deshalb ist auch
seine Ausmessung recht unsicher geblieben, so daß die Resultate der
verschiedenen Beobachter nur ergeben, daß Neptun und Uranus ziemlich
gleich groß sein müssen. Bis vor kurzem pflegte man den Neptun größer
als Uranus anzugeben, nach neueren Messungen scheint er aber etwas
kleiner zu sein. Nach _Barnard_ wäre sein wahrer Durchmesser gleich
52900 ~km~. Daraus ergäbe sich dann seine Dichtigkeit etwa gleich der
des Uranus.

Die _Albedo_ ist gleichfalls der seines Nachbarplaneten fast gleich.
Wir haben also auch bei ihm anzunehmen, daß dichte Wolkenmassen das
Sonnenlicht von ihm zu uns zurückstrahlen. Weiteres als etwa noch die
Wahrnehmung, daß die Atmosphäre des fernen Weltkörpers der des Uranus
ähnlich ist und möglicherweise nach Lowell Chlorophyll, jedenfalls
aber ein bei uns nicht vorhandenes Gas enthält, wissen wir von der
physischen Beschaffenheit dieser Welt nicht mehr zu ermitteln.

Neptun wird, soviel wir bis jetzt ermitteln konnten, nur von einem
_Monde_ umkreist, der, damit wir ihn überhaupt noch aus der großen
Entfernung sehen können, recht groß sein muß. In Wirklichkeit ist er
ein nicht allzu schwer erkennbares Lichtpünktchen 14. Größe, woraus
wir entnehmen, daß seine wahre Größe etwa der unseres Erdmondes
gleichkommt. Die mittlere Entfernung ist bei einer Umlaufszeit von 5
Tagen 21 Stunden 3 Minuten gleich 14,7 Halbmessern des Planeten. Er
befindet sich also vergleichsweise in einer Region, wo sich bei den
andern Systemen dessen größere Körper bewegen. Es ist auch aus diesem
Grunde zu vermuten, daß Neptun noch andere kleine Monde besitzt,
die nur unsern Instrumenten nicht mehr zugänglich sind. Ein solcher
kleinerer Mond ist wahrscheinlich 1892 von _Schäberle_ mit dem großen
Lickrefraktor gesehen worden.

Auch der große Neptunmond bewegt sich rückläufig um seinen
Hauptplaneten, und zwar ist bei ihm die Bahnebene noch weit mehr als
bei den Uranusmonden nach der andern Seite »umgekippt«. Ist die Neigung
dieser letzteren Bahnen etwa gleich 98°, so begegnen wir hier einer
solchen von 143°, so daß sie sich schon auf der andern Seite wieder der
Normalebene der Planetenbewegung nähert. Die geheimnisvolle Wirkung,
deren Spuren wir an diesen Grenzgebieten des Sonnensystems erkennen,
hat hier also am stärksten eingegriffen.

Mit Neptun sind wir an der letzten Grenze des uns bekannten
Sonnensystems angelangt. Aber schon seit längerer Zeit vermutet man,
daß wir damit die wahren Grenzen noch nicht erreicht haben. Verstärkt
wird in neuerer Zeit diese Vermutung durch die Entdeckung der kleineren
Monde bei Jupiter und Saturn, die deren Systeme so sehr erweitert
haben, und durch die merkwürdige, prinzipielle Ähnlichkeit im Aufbau
aller dieser Systeme. Die Ausdehnung des Jupitersystems hat sich in
unserer Kenntnis durch die Entdeckung des VIII. Mondes seit der des
allbekannten IV. Mondes fast um das Zwanzigfache erweitert, und das
des Saturn, der bereits von dem schon längere Zeit bekannten Monde
Japetus in ungewöhnlich großer Entfernung umkreist wird, ist seitdem
durch die Entdeckung des 10. Mondes, Phöbe, um das Vierfache vergrößert
worden. Es ist gar kein Grund einzusehen, weshalb nicht der ungeheuere
Raum bis zu unserer Nachbarsonne, dem Sterne Alpha im Zentauren,
noch mit einer ganzen Reihe von Planeten ausgefüllt sein sollte. Bis
zu dieser nächsten Sonne sind es nach neueren Messungen noch 270000
Entfernungen unserer Sonne von uns oder 9000 Neptunsweiten. Bis zur
Hälfte dieser Entfernung könnte sich also unser System noch ausdehnen,
ehe ein Weltkörper zum Überläufer in das Nachbarreich werden könnte,
wenn die Kraft der Herrscherin über dieses von ähnlicher Größe ist
wie die der unsrigen, was annähernd der Fall ist. Für das System von
Alpha Centauri, fand man die Masse, die der Gesamtanziehung aller ihm
angehörigen Körper entspricht, gleich 1,8 Sonnenmassen.

Man hat schon seit längerer Zeit den Versuch gemacht, wenigstens von
dem nächsten dieser vermuteten _transneptunischen Planeten_ durch seine
Wirkungen auf bekannte Körper des Systems eine Spur zu entdecken.
Durch etwaige Abweichungen der Bewegungen des Neptun selbst von der
Theorie nach dem Rezept, durch das Adams und Leverrier den Neptun
selbst errechnet hatten, war hier schwerlich etwas anzufangen, weil
Neptun zu seiner Entdeckung und bei seiner langsamen Bewegung bisher
nur ein zu kleines Stück seiner Bahn zurückgelegt hat, um daraus
Unregelmäßigkeiten jener Art nachweisen zu können. W. H. _Pickering_
ist deshalb in jüngster Zeit noch einen Schritt weiter zurückgegangen
und hat durch ein graphisches Verfahren Störungen dieses gesuchten
Planeten nachzuweisen versucht, die er über Neptun hinaus auf Uranus
und selbst vielleicht noch Saturn ausübt. Man wird es verstehen,
daß zwei Planeten, die sich in ihrem Laufe gelegentlich überholen,
so aufeinander wirken müssen, daß sie _vor_ ihrer größten Nähe
zueinander sich in einer bestimmten Richtung beeinflussen, die _nach_
dieser Stellung sich umkehren muß. Die Abweichungen von der Theorie
durch einen noch unbekannten Körper müssen also Wellenlinien zeigen,
die seinen Ort verraten können. Pickering untersuchte zunächst die
Bewegungen von Uranus und Saturn ohne Rücksicht auf die Störungen
des Neptun und hätte dadurch in der Tat das Vorhandensein des Neptun
nachweisen können. Dieses Verfahren, auf die für die Wirkung des Neptun
korrigierten Bewegungen des Uranus und Saturn angewandt, ergab wirklich
kleine, wellenförmig verlaufende Ausweichungen, die von einem solchen
Planeten jenseits der Neptunbahn herrühren könnten, wenngleich die
geringe Größe der Ausweichungen, die für Uranus 4′′ nicht übersteigen
und für Saturn nur noch 1′′ bis 2′′ betragen, die Frage mit einer
größeren Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu entscheiden vermag. Der Ort
des vermuteten Planeten würde für 1900 etwa in 106° Länge gewiesen
sein, und dieser müßte sich in ungefähr 373 Jahren um die Sonne bewegen.

Außer den Planeten, die durch solche unbekannten Körper gestört werden
können, gibt es aber noch viele andere, dem Sonnensystem angehörige
Körper, die sogar weit über die Neptunbahn hinauswandern und also
jenem problematischen Körper gelegentlich nahekommen können, um dann
zu andern Zeiten in unserer Nähe sichtbar zu werden: die _Kometen_.
Viele dieser Gestirne sind durch die bekannten Planeten derart aus
ihrer Bahn gelenkt worden, daß man diesen Einfluß genau ermitteln und
angeben kann, wie und wann diese »Störung« vor sich gegangen ist. Von
Jupiter weiß man, daß er nicht weniger als 23 Kometen »eingefangen«
hat; für Neptun kennt man fünf. Nun gibt es aber noch eine Gruppe
von Kometen, deren gegenwärtige Bahnen durch den Einfluß solcher
transneptunischen Planeten wohl entstanden sein könnten. In diesem
Sinne hat man schon vor etwa einem Jahrzehnt einen Planeten vermutet,
der in einem Abstande von etwa 50 Sonnenentfernungen in 360 Jahren,
also nicht sehr verschieden von dem Pickeringschen Planeten, die Sonne
einmal umkreisen würde. _Grigull_ in Münster hatte diesen Planeten, den
er so errechnet hatte, sogar schon Hades getauft und seinen Ort in
der Nähe des Frühlingspunktes angegeben. Ebenso hatte _Forbes_ schon
vor längerer Zeit den Ort eines solchen Körpers berechnet, und man
hat danach photographisch auf der Kapsternwarte geforscht, aber mit
negativem Resultat. Gegenwärtig sind weitere rechnerische Versuche in
dieser Richtung angestellt worden, so von dem Pariser _Gaillot_ und
dem Amerikaner _See_. Nach diesen könnten mehrere Planeten jenseits
des Neptun vorhanden sein. Nach See hätte der nähere dieser Körper,
für den er den Namen Ozeanus vorschlägt, einen Abstand von nur 41¼
Sonnenentfernungen, also nur die anderthalbfache Entfernung des
Neptun, ein zweiter stände dagegen in etwas weniger als der doppelten
Entfernung, 56 Einheiten, und darüber hinaus sei vielleicht noch ein
dritter in 72 jener Einheiten vorhanden. Diese drei Planeten vollenden
ihren Umlauf in 272, 420 und 610 Jahren. Auch der Pariser Rechner kommt
für die beiden ersten Planeten zu ähnlichen Zahlen, d. h. zu 45 und 60
Abständen von der Sonne. Ob diese Rechnungen jemals durch wirkliche
Entdeckungen bestätigt werden, bleibt höchst zweifelhaft. Befänden sich
diese Körper selbst noch innerhalb der Grenzen der Empfindlichkeit
unserer entdeckenden photographischen Platten, so würde man sie für
kleine Fixsterne halten, weil ihre sehr langsame Bewegung sie als
Punkte wie die Fixsterne wiedergäbe. Es müßte schon ein besonderer
Zufall die Entdeckung begünstigen.

So sind wir also am Ende unserer Betrachtungen über das Sonnenreich
angelangt. Wir sind darin den verschiedenartigsten Himmelswesen
begegnet, von denen allem Anschein nach nur unsere nächsten Nachbarn
beiderseits, Venus und Mars, engere verwandtschaftliche Züge mit
unserer Erdenwelt besitzen. Wir unterschieden dann die inneren
Planeten, Merkur, Venus, Erde, Mars, von den durch den Hauptschwarm der
Asteroiden getrennten äußeren Planeten, Jupiter, Saturn, Uranus und
Neptun, in deren Weltorganisation wir uns nur noch schwer versetzen
können, schon weil sie wegen ihrer bedeutenden Größe und der geringen
Dichtigkeit ihrer Massen ganz andere physikalische Verhältnisse
aufweisen, als wir sie auf der Oberfläche unseres Weltkörpers
kennen. Unter den äußeren Planeten bildeten dann wieder einerseits
Jupiter und Saturn, andererseits Uranus und Neptun Untergruppen, die
charakteristische Unterschiede zeigten. Bedeutungsvoll erschien uns
ferner die Ähnlichkeit in den Anordnungen der beiden großen Mondsysteme
des Jupiter und Saturn mit der des Sonnensystems selbst. Jene sind,
zwar nicht pedantisch genau – denn die Natur wiederholt sich überhaupt
niemals sozusagen photographisch –, doch bis in auffällige Einzelheiten
prinzipiell gleichartig aufgebaute, kleinere Weltsysteme, die sich
dem größeren angliedern, wie sich denn im ganzen Weltgeschehen immer
kleinere Wellenzüge auf die größeren, sie nur kräuselnd, setzen. Alles
wiederholt sich, aber nichts gleicht sich. Unendliche Vielseitigkeit in
wunderbarer Einheit des weltbeherrschenden Prinzips!

▣



Sachregister.


    Abendstern 31

    Abplattung der Erdpole 38

    – des Jupiter 74

    – des Mars 46

    – des Saturn 85

    – des Uranus 96

    Abstand des Merkur, mittlerer 19

    Abstände der Jupiter-Monde 83

    Achilles 73

    Achse der Ellipse, große und kleine 17

    Adams 98

    Albedo der Erde 38

    – des Jupiter 76

    – des Mars 52

    – des Merkur 25

    – des Neptun 99

    – des Uranus 96

    – der Venus 32

    Alpha im Zentauren 14. 100

    Anblick des Jupiter 75

    Ansen des Saturn 89

    Ansichten des Saturn, perspektivische 88

    Antoniadi 48

    Äquatorgeschwindigkeit des Jupiter 75

    Ariel 97

    Arrhenius 53

    Asteroidenring 68

    Asträa 62

    Atmosphäre des Jupiter 75

    – des Mars 51

    – des Merkur 22. 24


    Bahn der Erde 38

    – des Mars 45

    – der Venus 32

    Bahnelemente 17

    Bahnexzentrizität des Jupiter 74

    Benennung der Jupitermonde 82

    Barnard 66. 74. 82. 83. 89. 96. 99

    Bewegungen der Jupitermonde 82

    Bode-Tituiussche Regel 13. 61


    Cassinische Trennung 88

    Ceres 62

    Chlorophyll auf dem Neptun 97

    – auf dem Uranus 97


    Deferent 8

    Deimos 60

    Dichtigkeit des Jupiter 76

    – des Mars 46

    – des Saturn 85

    – des Uranus 96

    Dicke des Ringsystems des Saturn 89

    Dimensionen des Ringsystems des Saturn 89

    Dione 93

    Drehung des Jupiter 79

    Durchmesser des Eros 65

    – des Jupiter 74

    – der Jupitermonde 82

    – des Mars 46

    – des Merkur 19. 21

    – des Neptun 99

    – eines kleinen Planeten 66

    – des Saturn 85

    – des Uranus 96

    – der Venus 32


    Ebene der Marsbahn 47

    Ekliptik 15

    Ekliptikal-Karten 64

    Elongation des Merkur 16

    Enckesche Trennung 88

    Entfernung der Erde von der Sonne, mittlere 38

    – des Jupiter 74

    – des Mars 45

    – des Saturn 85

    – der Venus 25. 31

    Ephemeriden 63

    Epizykel 8

    Erde 37

    Erdring 44

    Eros 37. 68

    Erscheinung der Jupiter-Monde 80

    Exzentrizität der Erde 38

    – des Mars 45

    – des Merkur 17

    – des Saturn 85


    Fernrohr 20

    Flammarion 48

    Fleck auf dem Jupiter, roter 78

    Flecken des Mars 46

    – des Merkur 22

    – des Saturn 86

    – der Venus 33

    Forbes 102

    Frühlingsanfang 41


    Gaillot 102

    Galilei 79. 88

    Galle 98

    Gastheorie, kinetische 54

    Gauß 61

    Geschwindigkeit der Erde 42

    – der Saturnringteile 91

    Gesetz der Gravitation 11

    – Keplers 10

    Grigull 101

    Größe des Jupiter, scheinbare 74


    Hades 101

    Hall 59

    Harding 62

    Hebe 62

    Hektor 73

    Hencke 62

    Herschel 95

    Hinks 71

    Hipparch 9

    Hochflächen des Mars 59

    Höhe der Venusatmosphäre 33

    Holden 91

    Hyperion 94


    Inhalt des Merkur, körperlicher 22

    Intramerkurieller Planet 27


    Jahreslänge 37

    Jahreszeiten 39

    Jahreszeitenlänge auf dem Mars 47

    Japetus 94

    Juno 62

    Jupiter 74


    Kanäle des Mars 55

    Karte des Mars 48

    – des Merkur 23

    Kepler 9. 10

    Knotenlänge 18

    Kohlensäure des Mars 53

    Kometen 15

    Konjunktionen des Merkur 19

    Konjunktion des Merkur, obere 19

    – des Merkur, untere 19

    Kopernikus 9

    Kopp 84


    Länge des Perihels 17

    Laplace 95

    Laplacesche Weltbildungshypothese 60

    Leverrier 28. 98

    Lichtschwankungen des Eros 71

    – des Japetus 94

    – der Jupitermonde 82

    Lichtsignale des Mars 59

    Lowell 50. 55. 56. 96


    Mars 45

    Marsäquator 47

    Maße des Erd-Mond-Systems 72

    Masse des Jupiter 74

    – der Venus 32

    Meere des Mars 50

    Melotte 84

    Merkurdurchgang 26

    Meteore 16

    Meyer, W. F. 84

    Milchstraßensonnenschwarm 12

    Mimas 92

    Mond der Erde 43

    – des Jupiter, V. 83

    – des Jupiter VI. 83. 84

    – des Jupiter VII. 84

    – des Jupiter VIII. 84

    – des Jupiter IX. 84

    – des Neptun 99

    – der Venus 35

    – des Jupiter 79

    – des Mars 59

    – des Uranus 97

    Mondfinsternis 44

    Morgenstern 31

    Moulton 30


    Nachtseite der Venus 34

    Natur der Saturnringe 91

    Neigung der Bahn 18

    – des Jupiter 74

    – des Saturn 85

    Neptun 98

    Newcomb 27. 29

    Newton 9

    Newtonsches Weltgebäude 11

    Niederungen des Mars 59

    Nilüberschwemmung 43


    Oberfläche des Merkur 22

    Oberon 97

    Olbers 62. 67

    Opposition 45

    – des Eros 69

    Ozeanus 102


    Palisa 64

    Pallas 62

    Parallaktische Aufstellung 20

    Parallaxe der Sonne 38

    Patroklus 73

    Perihel des Merkur 17

    Periheldurchgang der Erde 38

    Perihelzeit des Merkur 18

    Perrine 83. 84

    Phasen des Merkur 18

    Phasenwechsel der Venus 31

    Phöbe 95

    Phobos 60

    Photographien des Mars 50

    Photograph. Aufnahme kleiner Planeten 65

    Piazzi 61

    Pickering 55. 94. 95. 100

    Planetarium nach Ptolemäus 7

    Planeten-Abstände 12

    Planetenentdeckungen 63

    Planeten, sonnenferne 12

    – sonnennahe 12

    Planeten-Störungen 27

    Planetoid 62

    Polarflecke des Mars, weiße 47

    Polarkreis 40


    Radiusvektor 17

    Rechenbureau der Berliner Sternwarte 63

    Rechtläufig 8

    Regenzeit 42

    Rhea 93

    Ringe des Saturn 87

    Rotation des Merkur 23

    Rotationszeit der Venus 34

    Rydberg 71


    Säkulare Bewegung der Länge des Perihels 27. 38

    Satelliten des Saturn 92

    Saturn 85

    Schäberle 99

    Schiaparelli 22. 56

    Schiefe der Ekliptik 39

    Schleierring ~C~ des Saturn 89

    Schleifenbildung 8

    See 102

    Seeliger 30

    Sonnenfinsternis, totale 44

    Sonnenparallaxe 14

    Stefans Gesetz 52

    Sternschnuppenringe 16

    Sterntag der Erde 47

    Stillstandspunkte 8

    Streifen des Saturn 86


    Tageslänge auf Jupiter 77

    – auf Merkur 23

    Temperatur des Mars 53

    Terminator des Mars 59

    Tethys 93

    Themis 94

    Tierkreislicht 28

    Titan 93

    Transneptunische Planeten 100

    Trennungslinie der Saturnringe 91

    Tropfen, schwarzer 26


    Umbriel 97

    Umdrehungszeit des Mars 47

    Umlauf des Mars 45

    Umlaufzeit der Jupitermonde 83

    – des Mars 45

    – des Merkur 18. 19

    Umlaufzeiten, kommensurable 68

    Umschwungsbewegungen der Saturnringteile 91

    Umschwungszeit des Saturn 86

    Uranus 95


    Venus 31

    Venusdurchgang 36

    Verhältnis zwischen Land und Meer 43

    Verteilung der Planeten 68

    Vesta 62

    Villiger 34

    Vogel 24

    Vulkan 28


    Wallende Bilder 21

    Weltsystem des Ptolemäus 6

    Wendekreis des Krebses 41

    – des Steinbocks 40

    Winde des Mars 51

    Winnecke 35

    Witt 69. 72

    Wolf 65

    Wolken des Merkur 24

    Wolkendecke 32

    Wolkengebilde des Jupiter 75


    Zeichnungen des Saturn, schematische 88

    Zeiß in Jena 20. 93

    Zodiakallicht 28

    Zone, gemäßigte 41

    – heiße 41

    – kalte 41



Die vornehmste Forderung der Zeit ist, daß die jetzige und kommende
Generation mit einer besseren naturwissenschaftlichen Bildung gewappnet
ist, als es im 19. Jahrhundert der Fall war!


Was die Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten Großes geleistet hat,
muß in den kommenden Jahren der Allgemeinheit so nahe wie möglich
gebracht werden. Jedermann tut darum gut, sich dem »=Kosmos=«, der
bedeutendsten Vereinigung von Naturfreunden (Sitz in Stuttgart),
anzuschließen. =Die Pflichten der Mitglieder sind sehr klein=, sie
bestehen nur in der Leistung eines

_jährlichen Beitrages von M 4.80_

(Beim Bezug durch den Buchhandel 20 Pfg. Bestellgeld, durch die Post
Porto extra.)

Demgegenüber sind _=die Rechte der Mitglieder ungleich größer=_:

Die Mitglieder erhalten laut § 5 als Gegenleistung für ihren
Jahresbeitrag =im Jahre 1910 kostenlos=:

    I. =Kosmos, Handweiser für Naturfreunde.=

        Erscheint zwölfmal jährlich. Reich illustriert.
        Preis für Nichtmitglieder M 2.80.

    II. =Die ordentlichen Veröffentlichungen.=

        Nichtmitglieder zahlen den Einzelpreis von M 1.– pro Band.

          Koelsch, Pflanzen zwischen Dorf und Trift.
          Meyer, Die Welt der Planeten.
          Dekker, Auf Vorposten im Lebenskampf I.
          Floericke, Säugetiere fremder Länder.
          Weule, Die Kultur der Kulturlosen.

    III. =Das Recht=, die außerordentlichen Veröffentlichungen
      des laufenden Jahres und die Veröffentlichungen früherer
      Jahre oder sonstige im »Kosmos« den Mitgliedern regelmäßig
      angebotene Werke (darunter solche von W. Bölsche, Dr. K.
      Floericke, J. H. Fabre, Prof. Gustav Jäger, Dr. B. Lindemann,
      Prof. Sauer, E. S. Thompson, Hofrat Dr. Wurm u. a.) zu einem
      =ermäßigten Subskriptionspreise= zu beziehen.


=Jede Buchhandlung= nimmt Beitrittserklärungen entgegen und besorgt die
Zusendung. Gegebenenfalls wende man sich an die Geschäftsstelle des
Kosmos in Stuttgart.

    =Jedermann kann jederzeit Mitglied werden;
    bereits Erschienenes wird nachgeliefert.=



[Illustration: Satzung.]


    §
      1. Die Gesellschaft Kosmos will in erster Linie die Kenntnis
      der Naturwissenschaften und damit die Freude an der Natur und
      das Verständnis ihrer Erscheinungen in den weitesten Kreisen
      unseres Volkes verbreiten.

    §
      2. Dieses Ziel sucht die Gesellschaft zu erreichen: durch
      die Herausgabe eines den Mitgliedern =kostenlos= zur
      Verfügung gestellten naturwissenschaftlichen Handweisers
      (§ 5); durch Herausgabe neuer, von hervorragenden Autoren
      verfaßter, im guten Sinne gemeinverständlicher Werke
      naturwissenschaftlichen Inhalts, die sie ihren Mitgliedern
      =unentgeltlich= oder zu =einem besonders billigen= Preise (§
      5) zugänglich macht usw.

    §
      3. Die Gründer der Gesellschaft bilden den geschäftsführenden
      Ausschuß, den Vorstand usw.

    §
      4. =Mitglied kann jeder werden=, der sich zu einem
      Jahresbeitrag von M 4.80 = K 5.80 h ö. W. = Frs 6.40
      (exkl. Porto) verpflichtet. Andere Verpflichtungen und
      Rechte, als in dieser Satzung angegeben sind, erwachsen den
      Mitgliedern =nicht=. Der Eintritt kann =jederzeit= erfolgen;
      bereits Erschienenes wird nachgeliefert. Der Austritt ist
      gegebenenfalls bis 1. Oktober des Jahres anzuzeigen, womit
      alle weiteren Ansprüche an die Gesellschaft erlöschen.

    §
      5. Siehe vorige Seite.

    §
      6. Die Geschäftsstelle befindet sich bei der =Franckh'schen
      Verlagshandlung, Stuttgart=, Pfizerstraße 5. Alle
      Zuschriften, Sendungen und Zahlungen (vgl. § 5) sind, soweit
      sie nicht durch eine Buchhandlung Erledigung finden konnten,
      dahin zu richten.



Kosmos

Handweiser für Naturfreunde.

Erscheint jährlich zwölfmal – 2–3 Bogen stark – und enthält:


    =Original-Aufsätze= von allgemeinem Interesse aus sämtlichen
      Gebieten der Naturwissenschaften. Reich illustriert.

    =Regelmäßig orientierende Berichte= über Fortschritte und neue
      Forschungen auf allen Gebieten der Naturwissenschaft.

    =Auskunftsstelle. – Interessante kleine Mitteilungen.=

    =Mitteilungen über Naturbeobachtungen=, Vorschläge und Anfragen
      aus dem Leserkreise.

    =Bibliographische Notizen= über bemerkenswerte neue
      Erscheinungen der deutschen naturwissenschaftlichen Literatur.

Dazu die illustrierten Beiblätter:

=_Wandern und Reisen. Aus Wald und Heide. Photographie und
Naturwissenschaft. Technik und Naturwissenschaft. Haus, Garten und
Feld._=

    Der »Kosmos« kostet Nichtmitglieder jährlich M 2.80.
    =Probehefte durch jede Buchhandlung oder direkt.=



Im Jahre 1910 erhalten die Mitglieder außer der reichhaltigen
Vereinszeitschrift (jährlich 12 umfangreiche, reich illustr. Hefte) die
folgenden ordentlichen Veröffentlichungen =kostenfrei=:


Pflanzen zwischen Dorf und Trift

Von Dr. Adolf Koelsch

[Illustration]

Mit zahlreichen Abbildungen nach Naturaufnahmen.

=In farbigem Umschlag M 1.–, gebunden M 1.80=

Die Forderung weiter Kreise nach intimer Kenntnis der landschaftlichen
und naturwissenschaftlichen Verhältnisse der Heimat wird immer
dringender. Deshalb wird dieser lebensvoll geschriebene botanische
Führer großen Beifall finden. – An einem Tauwettertag führt uns der
Verfasser hinaus und erzählt uns von dem Erwachen der Natur. Die
Frühlings- und Sommertage benutzt er, um uns das =unbebaute= Land an
trockenen, feuchten und an sehr nassen Orten zu schildern: die Flora
der Wegränder, Raine, sonnigen Hügel, steinigen Hänge, Straßengräben,
Bach-, Fluß- und Seeufer, Sumpfgräben zieht in liebevoll ausgeführten
Bildern an uns vorüber. Ihnen folgen floristische Lebensbilder des
=bebauten= Landes mit seinen Baumgärten, Getreidefeldern, Wiesen,
Weinbergen usw. – Indem der Verfasser die einzelnen Vegetationsgebiete
Monat für Monat durchgeht, macht er sich zum Begleiter des Lesers, der
ihn bald dahin, bald dorthin führt, um zu zeigen, wie im Laufe des
Jahres die Flora jedes einzelnen Gebietes sich ändert, wie zu dem
Alten Neues hinzukommt usw. Naturgemäß berührt der Verfasser eingehend
die anatomischen, morphologischen und physiologischen Verhältnisse der
Gewächse und läßt auch erdgeschichtliche und andere Fragen, die die
Pflanzenkunde berühren, nicht außer acht.


Die Kultur der Kulturlosen

Von Professor Dr. K. Weule

Direktor des Museums für Völkerkunde in Leipzig


Mit einem farbigen Umschlagbild und zahlreichen Originalbildern.

=Geheftet M 1.–, gebunden M 1.80.=

[Illustration]

Die Völkerkunde ist ein überaus interessantes Gebiet, dessen
Bekanntschaft das Werk des hervorragenden Forschers vermitteln will.
Insbesondere will es die Anschauung zerstören, als ob die Kulturvölker
roh, unbeleckt, unzivilisiert, bar aller technischen und geistigen
Errungenschaften und nur wenig oder gar nicht über die Anfänge dessen,
was wir Kultur nennen, herausgekommen seien.

Wenn auch jene Völker auf den Gebieten der Technik, der Kunst und
der Wissenschaft noch nicht die stolze Höhe des Europäers von heute
erreicht haben, so besitzen sie doch die Eigentümlichkeit, manchen
Zug aus der entwicklungsgeschichtlichen Laufbahn des Menschen scheu
bewahrt zu haben, der bei uns schon längst verloren gegangen ist. Von
einem bedeutsamen Fachmanne in anregender Weise darüber unterrichtet
zu werden, was uns Weiße von den andersfarbigen Menschen trennt, und
was uns eint, ist interessant und ungemein belehrend. Dem Leser gewährt
das Weulesche Werk einen Einblick in die Urstufen der Religion, die
Anfänge der Kunst und Wissenschaft und die primitiven Formen der
Vergesellschaftung. Reicher Bilderschmuck verleiht den fließenden
Schilderungen einen besonderen Wert.


Die Welt der Planeten

Von Dr. M. Wilhelm Meyer

=In farbigem Umschlag M 1.–, gebunden M 1.80.=

[Illustration]

Nur wenige vermögen sich vorzustellen, daß unsere unfaßbar große Erde
nur ein kleines Glied in einer höheren Organisation sein solle, in dem
Planetensystem, wo Weltkörper, zum Teil noch viel größer als die Erde,
Spielbällen gleich, mit ihr gemeinschaftlich um die Sonne kreisen. Das
Thema ist so interessant und wissenswert, daß der Naturfreund sich
darüber gern von einem anerkannt tüchtigen Fachmann belehren lassen
wird. Mit den früher erschienenen Meyerschen Kosmosbänden bildet der
vorliegende Band eine vollständige Himmelskunde.


Auf Vorposten im Lebenskampf

Biologie der Sinnesorgane I.

Von Dr. H. Dekker

Mit zahlreichen Textbildern.

=In farbigem Umschlag M 1.–, gebunden M 1.80.=

Im Lebenskampfe sind die menschlichen Sinnesorgane von der allergrößten
Bedeutung; sie eingehend zu kennen, von ihrer Leistungsfähigkeit
unterrichtet zu sein, ist deshalb eine Forderung an jeden Menschen.
Gerade das, was der Mensch mit seinen Sinnesorganen zu leisten vermag,
wo ihre natürlichen Grenzen liegen und warum sie notwendigerweise
ihre heutige Form haben müssen, ist für die Kenntnis und Erkenntnis
des eigenen Ichs von erheblichem Werte. ~Dr.~ Dekker ist als
hervorragender Fachmann bekannt, und seinen Ruf, die trockene
Wissenschaft durch eine anregende, flüssige Form der Schilderung für
die weitesten Kreise schmackhaft zu machen, bestätigt das vorliegende
Werk aufs neue.


Säugetiere fremder Länder

Von Dr. Kurt Floericke

Mit 4 farbigen Tafeln und zahlreichen Textbildern.

=In farbigem Umschlag M 1.–, gebunden M 1.80.=

[Illustration]

Seinen mit großem Beifall aufgenommenen Schilderungen der Säugetiere,
Vögel, Kriechtiere und Lurche läßt der Verfasser eine Darstellung
der Tierwelt fremder Länder folgen. Er hat dabei solche Formen
herausgegriffen, die in unseren Tiergärten für jedermann zugänglich
sind. Die anerkannten Vorzüge dieses Autors, als die unlängst einer
unserer berufensten Kritiker »scharfe Beobachtungsgabe, plastische
Darstellungskraft, glänzenden Stil, völlige Beherrschung des Stoffes
und umfassende Kenntnis der Fachliteratur« bezeichnete, vereinigen sich
auch in diesem Buche. Von einer eigens zu diesem Zwecke unternommenen
Studienreise durch die deutschen Tiergärten hat der Verf. eine Fülle
hochinteressanter Beobachtungen heimgebracht, die in diesem reich
illustrierten Bändchen zur Verwertung gelangten. Da er von seinen
ausgedehnten Forschungsreisen her viele der geschilderten Tiere auch
aus ihrem Freileben kennt, vermochte er namentlich auch die Einflüsse
der Gefangenschaft auf Charakter und Seelenleben der Tiere zu ergründen
und so mancherlei neue Streiflichter auf die Tierpsychologie zu werfen.



Die Mitglieder des _Kosmos_ haben bekanntlich nach Paragraph 5 III
das Recht, außerordentl. Veröffentlichungen und die den Mitgliedern
angebotenen Bücher zu _einem Ausnahmepreis_ zu beziehen. Es befinden
sich u. a. darunter folgende Werke:

                                                   +----------+--------+
                                                   | Preis    | Mit-   |
                                                   |für Nicht-|glieder-|
                                                   |mitglied. | preis  |
                                                   +----------+--------+
    =Bade, Dr. E., Die mitteleuropäischen          |    M     |   M    |
      Süßwasserfische=                    Geheftet |   5.80   |  3.85  |
                                          Gebunden |   7.50   |  5.20  |
    =Bölsche, W., Der Sieg des Lebens.=            |          |        |
                                    Fein gebunden  |   2.–    |  1.50  |
    =Busemann, L., Der Pflanzenbestimmer.= Gebunden|   3.80   |  2.90  |
    =Camerer, Dr. J. W., Philosophie und           |          |        |
      Naturwissenschaft.= Geb.                     |   3.–    |  1.75  |
    =Diezels Erfahrungen a. d. Gebiete d.          |          |        |
      Niederjagd.=                      Kartoniert |   4.–    |  2.50  |
                                        Gebunden   |   4.50   |  2.90  |
    =Fabre, J. H., Bilder aus der Insektenwelt.=   |          |        |
      I. Reihe                                     |   2.25   |  1.60  |
    =Floericke, Dr. Kurt, Deutsches Vogelbuch.=    |          |        |
                                          Gebunden |  10.–    |  8.40  |
    =Jäger, Prof. Dr. Gust., Das Leben im Wasser.= |          |        |
                                             Kart. |   4.50   |  1.70  |
    =Jahrbuch der Vogelkunde.= I. Jahrgang. 1907   |   2.–    |  1.60  |
    – – – II. Jahrgang. 1908                       |   2.80   |  2.–   |
    =Meyer, Dr. M. Wilh., Die ägyptische           |          |        |
      Finsternis.=                            Geb. |   3.–    |  1.90  |
    =Musterkatalog der naturw. Literatur.=         |          |        |
      Gegen Spesenersatz                           |   –.50   |  –.20  |
    =Sauer, Prof. Dr. A., Mineralkunde.= Gebunden  |  13.60   | 12.20  |
    =Schuster, W., Wertschätzung der Vögel.=       |   2.25   |  1.20  |
    =Stevens, Frank, Die Reise ins Bienenland.=    |          |        |
                                              Geb. |   3.–    |  1.85  |
    =Thompson, E. S., Bingo und andere             |          |        |
      Tiergeschichten.=                  Fein geb. |   4.80   |  3.60  |
    – =Prärietiere und ihre Schicksale.= Fein geb. |   4.80   |  3.60  |
    – =Tierhelden.= Fein geb.                      |   4.80   |  3.60  |

    =Volksbücher, Naturwissenschaftliche=: Nr. 1 Koch, Schulgarten
      (Nichtmitgl. 25 Pf.) 15 Pf. – Nr. 2/3 Kalender für Aquarien-
      und Terrarienfreunde (Nichtmitgl. 50 Pf.) 40 Pf. – Nr.
      4/6 Reinhardt, Wie ernähren wir uns am zweckmäßigsten und
      billigsten? (Nichtmitgl. 75 Pf.) 50 Pf.


_Die ordentlichen Veröffentlichungen_

der früheren Jahre stehen _neu_ eintretenden Mitgliedern, solange
Vorrat, zu Ausnahmepreisen zur Verfügung.


Jahrgang 1904

(Handweiser vergriffen) zusammen für M 4.– (Preis für Nichtmitglieder M
5.–) gebd. für M 6.20 (für Nichtmitglieder M 9.–):

    =Bölsche, W., Abstammung des Menschen.=

    =Meyer, Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Weltuntergang.=

    =Zell, Dr. Th., Ist das Tier unvernünftig?= (Doppelband.)

    =Meyer, Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Weltschöpfung.=


Jahrgang 1905

(Handweiser vergriffen) zusammen für M 4.– (Preis für Nichtmitglieder M
5.–) gebd. für M 6.75 (für Nichtmitglieder M 10.–):

    =Bölsche, Wilhelm, Stammbaum der Tiere.=

    =Francé, R. H., Das Sinnesleben der Pflanzen.=

    =Zell, Dr., Th., Tierfabeln.=

    =Teichmann, Dr. E., Leben und Tod.=

    =Meyer, Dr. M. Wilh. (Urania-Meyer), Sonne und Sterne.=


Jahrgang 1906

zusammen M 4.80 ungebunden (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 12.80):

    =Kosmos, Handweiser für Naturfreunde.= 1906. 12 Hefte (Preis
      für Nichtmitglieder M 2.80).

    =Francé, R. H., Das Liebesleben der Pflanzen.=

    =Meyer, Dr. M. Wilh., Die Rätsel der Erdpole.=

    =Zell, Dr. Th., Streifzüge durch die Tierwelt.=

    =Bölsche, Wilh., Im Steinkohlenwald.=

    =Ament, Dr. W., Die Seele des Kindes.=


Jahrgang 1907

zusammen M 4.80 ungebunden (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 12.80):

    =Kosmos, Handweiser für Naturfreunde.= 1907: 12 Hefte (Preis
      für Nichtmitglieder M 2.80).

    =Francé, R. H., Streifzüge im Wassertropfen.=

    =Zell, Dr. Th., Straußenpolitik.=

    =Meyer, Dr. M. Wilh., Kometen und Meteore.=

    =Teichmann, Dr. E., Fortpflanzung und Zeugung.=

    =Floericke, Dr. K., Die Vögel des deutschen Waldes.=


Jahrgang 1908

zusammen M 4.80 ungebunden (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 12.80):

    =Meyer. Dr. M. Wilh., Erdbeben und Vulkane.=

    =Teichmann, Dr. E., Die Vererbung als erhaltende Macht im
      Flusse organischen Geschehens.=

    =Sajó, Krieg und Frieden im Ameisenstaat.=

    =Dekker, Naturgeschichte des Kindes.=

    =Floericke, Dr. K., Säugetiere des deutschen Waldes.=


Jahrgang 1909

zusammen M 4.80 ungebunden (für Nichtmitglieder M 7.80) und gebunden
für M 7.55 * (für Nichtmitglieder M 11.60):

    =Francé, R. H., Bilder aus dem Leben des Waldes.=

    =Meyer, Dr. M. Wilh., Der Mond.=

    =Sajó, Prof. K., Die Honigbiene.=

    =Floericke, Dr. K., Kriechtiere und Lurche Deutschlands.=

    =Bölsche, Wilh., Der Mensch in der Tertiärzeit und im Diluvium.=


=Jeder reich illustrierte Band ist auch einzeln käuflich und kostet
Nichtmitglieder geheftet M 1.–, fein gebunden M 1.80.=

Der Handweiser 1906 und ff. enthält u. a. die berühmten Schilderungen
aus dem Insektenleben von J. H. _Fabre_, Aufsätze von _Bölsche_,
_Dekker_ etc.


Die sämtlichen noch vorhandenen Jahrgänge der Kosmos-Veröffentlichungen
(s. obige Zusammenstellung) liefern wir an Mitglieder:

    geheftet für M 27.20 (Preis für Nichtmitglieder M 41.20)
    gebunden für M 43.15 (Preis für Nichtmitglieder M 69.–)

=auch gegen kleine monatliche Ratenzahlungen.=


    * Wird auch der Handweiser gebunden gewünscht, so erhöht
      sich der Preis um 85 Pf.


Carl & August Ulshöfer Stuttgart.



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert.

    Korrekturen:

    S. 53: Drucken → Drücken
      erst unter sehr hohen {Drücken} flüssig bleibt

    S. 92: Thea → Rhea
      _Tethys_, _Dione_, _{Rhea}_, _Titan_

    S. 93: Thea → Rhea
      Tethys 4,9; Dione 6,2; {Rhea} 8,7





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