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Title: Tiere und Pflanzen in Wald und Feld
Author: Buckley, Arabella B. (Arabella Burton)
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Tiere und Pflanzen in Wald und Feld" ***


digitized holdings of the Staatsbibliothek zu Berlin are
available to all interested parties worldwide free of
charge for non-commercial use.)



Anmerkungen des Bearbeiters:

Umschließungen mit ~ zeigen "gesperrt" gedruckten Text an und
Umschließungen mit = fett gedruckten Text.

Offensichtliche Druckfehler wurden berichtigt.

In den Lektionen 6, 7, 9 und 10 fehlen im Original unterhalb der
Kapitelüberschrift Hinweise auf Vollbilder. Diese Untertitel wurden
ergänzt.



                      Kinderaugen in der Natur


                             Erstes Buch

                 Tiere und Pflanzen in Wald und Feld

                Von Arabella B. Buckley (Mrs. Fisher)

                  Einzige autorisierte Übertragung
          von Professor Dr. Fritz Kriete und Dr. Otto Rabes
                     Oberlehrern in Halle a. S.

       Mit 8 bunten Vollbildern und 16 Illustrationen im Texte

                   Zweite Auflage (7.-10. Tausend)

                          Halle a. d. Saale
                          Hermann Gesenius



Vorwort.


Zur Einführung dieser Übersetzung sei hier kurz auf einige uns
zusagende Eigentümlichkeiten dieser anspruchslosen Hefte hingewiesen,
die uns veranlaßten, auf die Aufforderung der Verlagsbuchhandlung hin,
sie ins Deutsche zu übertragen.

Überall ist versucht, Stil und Satzbau so klar und einfach zu
gestalten, daß nach dieser Seite hin Kindern beim Lesen keine
Schwierigkeiten erwachsen.

Die behandelten Stoffe aus dem Leben der Tiere und Pflanzen sind gut
gewählt, dabei interessant — nicht rein beschreibend — gestaltet.

Vielmehr ist jeder einzelne Abschnitt, der stets ein in sich
abgeschlossenes Ganzes bildet, so durchgeführt, daß er die kleinen Leser
zu ~eigenen~ Beobachtungen anregt.

Endlich sind die farbenschönen Abbildungen einheitlich und naturgetreu
ausgeführt, so daß auch sie das Interesse der Kinder beleben helfen.
Überhaupt stand für unsere Erwägungen der Gedanke im Vordergrunde, daß
diese Bücher geeignet sein könnten, sich im Kampfe gegen die unsere
Jugend verseuchende Schundlitteratur als nützlich zu erweisen.

  ~Halle~, im Oktober 1910.

                                                      =Kriete. Rabes.=



Inhalt.


  Vorwort                                       3

  Einleitung                                    7

  Lektion 1. Spinnen auf der Gemeindeweide      8

     "    2. Das Nest des Spechtes             11

     "    3. Frühlingsblumen                   15

     "    4. Eine Eichhörnchenfamilie          18

     "    5. Die Lerche und ihr Feind          21

     "    6. Nüsse und Nußfresser              24

     "    7. Maus und Spitzmaus                28

     "    8. Der Ameisenhaufen                 31

     "    9. Das Hummelnest                    35

     "   10. Peters Katze                      38

     "   11. Der gefräßige Fremdling           42

     "   12. Der Maulwurf und sein Heim        45



Erstes Buch.

Tiere und Pflanzen in Wald und Feld.



Einleitung.


Wir drei Freunde, Peter, Grete und Paul, gehen alle Tage zusammen zur
Schule. Wir alle lieben Blumen und Tiere und suchen jeden Tag etwas
Neues zu finden.

Peter ist ein kleiner Knabe. Er hat eben erst Lesen gelernt. Aber er
hat scharfe Augen, und nichts entgeht ihm in den Hecken. Gretes Vater
ist Wildhüter. Sie kennt die Vögel und weiß, wo ihre Nester zu finden
sind. Paul stammt von einem Gut. Er ist schon ein großer Junge und wird
bald Lehrer werden.

Wir treffen uns bei dem großen Teich unter den Ulmen. Dann gehen wir
einen engen Heckengang hinunter, über die Gemeindeweide, durch den Wald
und über drei Felder nach der Dorfschule.

Im Teiche finden wir alles mögliche Getier. Im Heckengang gibt es Käfer
und Mäuse, Blumen und Beeren, Vogelnester und Wespennester. Auf der
Gemeindeweide umziehen die Spinnen den gelben Besenginster mit ihrem
Gewebe.

Im gepflügten Felde verbirgt die Lerche ihr Nest. Auf der Wiese gibt es
Butterblumen und Gänseblümchen. Im Kornfelde stehen Mohn und Kornblumen.

Paul wird alles, was wir sehen, niederschreiben und ein Buch daraus
machen.



Lektion 1.

Spinnen auf der Gemeindeweide.

(Erstes Vollbild.)


Wenn wir an einem schönen Sommermorgen über die Gemeindeweide gehen,
sehen wir viele Spinnengewebe in der Sonne funkeln. Die Gespinste auf
den Ginsterbüschen sind rund. Sie sind mit langen seidenen Fäden an
den Stacheln des Ginsters befestigt, und jedes Gewebe hat Speichen
wie ein Rad. Diese Speichen sind untereinander durch seidenartige
Ringe verbunden. Die Ringe sind über und über mit klebrigen Tröpfchen
bedeckt. Diese Tröpfchen sind es, die wie Diamanten funkeln und das
Gewebe so hübsch machen.

Die Spinne webt ein kleines Zelt in der Mitte des Gewebes. In diesem
Zelt verbirgt sie sich, bis irgend ein Insekt gegen die klebrigen Fäden
fliegt. Dann fühlt sie, wie das Gewebe erzittert und schießt hervor,
um das Tierchen zu ergreifen, bevor es die Fäden zerreißt.

Heute sahen wir eine kleine Fliege gerade gegen das Gewebe auf dem
Ginsterbusche fliegen. Die Spinne kam aus ihrem Zelt hervor. Sie
ergriff die Fliege mit ihren scharfen Klauen, riß ihr die Flügel aus
und sog dann behaglich den Saft aus ihrem Körper.

[Illustration: Kopf, Bein, Klaue und Spinndrüsen einer Spinne, stark
vergrößert.]

Paul fing sie, während sie bei der Arbeit war, und zeigte uns
die beiden Kieferklauen mit scharfen Spitzen, die vorn am Kopfe
niederhängen. Über ihnen stehen die acht Augen, vier große und vier
kleine. Sie hat acht Beine, einige mit sonderbaren Klauen. Jede der
letzteren sieht wie ein Kamm aus. Was meinst du wohl, wozu sie dienen?
Sie gebraucht sie, um die seidenen Fäden zu führen, wenn sie ihr Gewebe
spinnt.

Wir drehten sie auf den Rücken und sahen am Ende des Hinterleibes eine
Anzahl kleiner Warzen, aus welchen sie die seidenen Fäden zieht, die
aus kleinen Röhrchen kommen. Sie zieht die Fäden durch die Kämme an
ihren Beinen, und so spinnt sie ihr Gewebe, während sie dahinläuft.

Außer den Geweben auf den Ginsterbüschen gibt es noch eine Menge
anderer Gespinste auf der Gemeindeweide, die dicht am Boden sitzen.
Diese haben keine Speichen wie die runden Gewebe. Die Fäden sind
verworren wie bei der Schafwolle. Lange konnten wir die Spinne nicht
finden. Endlich sagte Paul eines Tages: „Hier ist ein Loch gerade in
der Mitte des Gewebes. Es führt hinunter in die Erde.“

[Illustration: Springspinne mit ihrem Eierballen, den sie im Maule mit
sich trägt.]

Dieses Loch war mit seidenen Fäden ausgelegt. Gerade in diesem
Augenblick kroch ein Käfer auf das Gewebe und erschütterte es. Sofort
schoß die Spinne aus dem Tunnel in der Erde hervor und ergriff den
Käfer. Sie war so schnell, daß sie ihn in das Loch hineingetragen
hatte, ehe wir sie fassen konnten.

Es gibt viele Spinnen auf der Gemeindeweide, die keine Gewebe spinnen,
obgleich sie an einem Faden hängen. Sie springen auf die Fliegen und
Käfer am Boden und heißen „Springspinnen“.

Die weiblichen Springspinnen tragen ihre Eier in einem runden Sacke bei
sich. Peter fing eine von ihnen, als sie mit diesem weißen Ball unter
ihrem Körper dahinlief. Er nahm den Ball fort und legte ihn auf den
Boden. Als er die Spinne los ließ, lief sie herzu und ergriff ihn. Er
nahm den Ball dreimal fort. Jedesmal ergriff sie ihn wieder und lief
zuletzt damit fort, ehe wir sie von neuem fassen konnten.

[Illustration: Eine Gartenspinne am Brombeerzweig.]



Lektion 2.

Das Nest des Spechtes.

(Zweites Vollbild.)


Eines Nachmittages lagen wir im Walde im Schatten der Bäume. Alles war
still, als wir plötzlich einen sonderbaren Schrei hörten. Es war, als
ob jemand mit jauchzendem Lachen frohlockte: Kjück kjück kjück oder
Glück glück glück glückglücklik. „Das ist der Specht“, sagte Grete.
„Seid still und paßt auf, was er tun wird.“

So lagen wir ganz still unter dem Baume. Bald kam der Ton näher, und
ein großer schwerfälliger Vogel, größer als eine starke Drossel, flog
auf uns zu. Es war ein schöner Vogel. Seine Flügel und seine Brust
waren grün. Der Schwanz war gelbgefleckt. Sein Kopf war rot, und auch
am Halse hatte er einen roten Streifen. Der Schnabel war lang und grau.
Er kam ganz dicht zu uns herangehüpft. Dann saß er still, und eine
lange glänzende Zunge kam aus seinem Schnabel und wurde so schnell
wieder zurückgezogen, daß wir sie kaum sehen konnten.

„Er frißt Ameisen“, sagte Grete. „Die Spitze seiner Zunge ist klebrig,
und damit zieht er sie in seinen Schnabel.“

Dann begann er in drolliger Weise den Baum zu erklettern. Sein Schwanz
ist ganz steif und borstig; er drückt ihn gegen den Baum und schiebt
sich hopp, hopp hinauf, indem er sich mit seinen scharf gekrümmten
Zehen festhält. Er hüpfte zuerst nach rechts, dann nach links; dann
lief er um den Baum herum und kam auf der anderen Seite wieder hervor.

Während der ganzen Zeit untersuchte er die Rinde mit dem Schnabel.
Poch, poch, poch. Zuletzt fand er eine weiche Stelle. Dort riß er
die Rinde ab und fraß die Larven, die den Baum an dieser Stelle
wurmstichig gemacht hatten. Darnach kletterte er wieder am Baume
hinunter.

Es war so spaßig, ihn zu beobachten. Er kam rückwärts herab, mit dem
Schwanze voran, den er zum Festhalten brauchte. Dann breitete er seine
Flügel aus und flog langsam fort.

Wir schlichen ihm nach, und bald hielt er an einer alten Ulme an und
umflog dieselbe. Dann sahen wir ihn nicht mehr.

„Sein Nest muß in diesem Baume sein,“ sagte Peter. „Laß mich auf deinen
Rücken steigen, Paul, und ich werde es bald finden.“

[Illustration: Nest eines Spechtes.]

So ließ Paul Peter auf seinen Rücken klettern, bis er die Zweige des
Baumes erreichen konnte. Dann faßte Peter die Zweige und kletterte am
Stamm empor.

„Hier ist es,“ rief er endlich. „Da ist ein kleines Loch, gerade so
groß, daß die Vögel hineinschlüpfen können. Aber sie haben ein ganz
großes Loch im Inneren des Baumes. Ich kann gerade hinunterreichen.“

Dann zog Peter die Hand zurück mit dem weiblichen Specht darin. Der
Kopf war nicht so rot wie der des männlichen Spechtes und hatte keinen
roten Streifen. Er ließ den Vogel fliegen und nahm dann sechs weiße,
glänzende Eier heraus.

„Ich kann eine Menge von weichen Holzspänen unten auf dem Boden des
Loches fühlen,“ sagte er. „Soll ich die Eier wieder hineinlegen?“

„Natürlich,“ sagte Paul; „dann wird die Mutter zurückkommen und sich
wieder daraufsetzen, und wir werden wiederkommen und die kleinen Vögel
besehen, wenn sie ausgebrütet sind.“

So gingen wir fort. Aber alle Tage, wenn wir aus der Schule kamen,
machten wir einen Umweg, um nachzusehen, ob die kleinen Spechte schon
ausgekrochen wären.

Endlich sahen wir eines Tages, wie die alten Spechte Insekten in
das Loch trugen. Nach einiger Zeit sahen wir die Jungen außerhalb
des Loches auf dem Baume. Sie konnten noch nicht fliegen, aber sie
liefen an den Zweigen entlang und hüpften so spaßig mit ihren steifen
Schwänzen.

Eine Woche später sahen wir sie umherfliegen, und als wir wiederkamen,
waren sie alle fort. Peter kletterte hinauf und fand das Nest ganz leer.

[Illustration: Spechte.

Alter männlicher Vogel (unten); junger flügger Vogel (oben).]



Lektion 3.

Frühlingsblumen.


Wir sind alle froh, wenn der April kommt. Dann finden wir viele Blumen
auf unserem Schulwege. Selbst im Februar gibt es schon Schneeglöckchen
im Obstgarten, und Peter weiß, wo er manchmal eine blühende
Schlüsselblume oder ein Veilchen finden kann.

Aber vor April können wir keinen ordentlichen Strauß pflücken. In
dieser Zeit sind die Pflanzen damit beschäftigt, Blätter zu treiben.

Die ersten bunten Blumen, die wir finden, sind die gelben Narzissen in
den Gärten und die Anemonen in den Wäldern. Man nennt die Narzissen
auch „Fastenlilien“ und schmückt Ostern damit die Kirchen. Sie haben
sehr lange schmale Blätter, die gerade aus dem Boden herauswachsen.
Jede Blüte hängt an einem hohen Stengel. Sie besteht aus einer Krone
von blaßgelben Blütenblättern, die um eine tiefgelbe Röhre herumstehen.
Wenn man eine Narzisse aus der Erde zieht, findet man, daß sie ein
Zwiebelgewächs ist. Paul sagt, daß dies der Grund ist, weshalb sie so
früh blüht. Sie speichert im Herbst Nahrung in der Zwiebel auf. Dann
braucht sie diese Nahrung im Januar, um Blätter und Blüten zu bilden.

[Illustration: Narzissen und Anemonen.]

Die Waldanemone ist Gretes Lieblingsblume. Sie heißt auch
„Windröschen“, weil sie so zierlich im Winde nickt. Ihre zarte
weiße, außen oft rötliche Blüte steht hoch auf einem langen Stengel,
welcher drei gefiederte grüne Blätter in halber Höhe trägt. Wenn die
Sonne scheint, ist die kleine rotweiße Blüte offen; aber wenn Wolken
aufziehen und der Regen fällt, schließt sie sich zu einer festen Knospe
zusammen, bis die Sonne wiederkommt. Grete biß einmal eins von den
Blättern der Anemone ab. Es brannte auf der Zunge und schmeckte sehr
bitter. Da sagte uns Paul, daß die Pflanze giftig ist. Dies ist die
Ursache, weshalb es so viele Anemonen im Walde gibt; denn Tiere fressen
die Blätter nicht, sondern lassen sie wachsen.

Die Anemone hat keine Zwiebel. Sie hat einen dicken braunen Stengel
unter der Erde, in dem sie ihre Nahrung aufspeichert.

Ehe die Narzissen und Anemonen verblüht sind, bedecken schon
Schlüsselblumen und Veilchen die Abhänge. Es ist hübsch, die
Schlüsselblume an einem feuchten Morgen zu beobachten. Die Blätter sind
nicht glatt. Sie haben längs ihrer Oberfläche Hügel und Täler. Das
Wasser läuft so zierlich in den Tälern des Blattes hinab. Diese führen
es zu den Wurzeln hinunter, so daß die Pflanze trinken kann.

Wie geschäftig auch die Bienen und Insekten sind. Sie lassen sich
zuerst auf der einen Schlüsselblume, dann auf einer anderen nieder. Wir
wissen, was sie dort finden. Wenn man die gelbe Krone der Blume abreißt
und an dem Ende der Röhre saugt, so wird man etwas Süßes schmecken.
Das ist der Honig, den die Bienen suchen. Und außer dem Honig tragen
sie gelben Staub von Blüte zu Blüte. Paul sagt, daß dies gut für die
Blume ist, was wir nächstens lernen werden.

Der Honig in den Veilchen ist nicht so leicht zu finden. Aber wir haben
ihn doch entdeckt. Wenn man ein Veilchen von vorn ansieht, so zeigt
es fünf dunkelblaue Blätter mit einem kleinen gelben Staubbeutel in
der Mitte. Aber wenn man die Rückseite des Blättchens ansieht, so wird
man einen kleinen, länglichen Sack finden, der wie der Finger eines
Handschuhs aussieht. Diesen haben wir oft abgerissen und ausgesogen. Er
ist voll von Honig. Wenn die Biene auf der Blüte sitzt und ihren Kopf
in den gelben Staubbeutel in der Mitte hineinsteckt, schlürft sie den
Honig mit ihrer Zunge aus dem Sacke hinter der Blüte.

In den Schlüsselblumen, Veilchen und Glockenblumen finden die Bienen
viel Honig, den sie in ihre Stöcke tragen.



Lektion 4.

Eine Eichhörnchenfamilie.

(Drittes Vollbild.)


Wir haben einen Liebling, namens Hans, den mögen wir sehr gern. Es ist
ein kleines Eichhörnchen, das auf den Buchen des Waldes lebt.

Wir sehen es jeden Morgen von Zweig zu Zweig springen. Seinen langen
buschigen Schweif hält es steif ausgestreckt. Manchmal springt es
geradewegs auf den Boden und läuft umher, um Bucheckern aufzulesen.

Zuweilen sitzt es aufrecht auf einem Zweige mit einer Nuß oder einer
Eichel in den Pfoten. Dann ist sein Schweif nach rückwärts gebogen.

Wir kennen es schon seit zwei Jahren, und wenn wir ihm pfeifen, kommt
es zu uns. Aber wenn es durch irgend etwas erschreckt wird, springt
es davon nach dem nächsten Baume. Es klettert mit seinen scharfen
Klauen im Nu hinauf und guckt dann durch die grünen Blätter mit seinen
schwarzen glänzenden Augen auf uns nieder.

Sein Rücken ist mit braunrotem Pelze bedeckt, aber auf der Unterseite
des Körpers ist der Pelz weiß. Der hübsche rote Schwanz liegt ihm wie
eine Bürste auf dem Rücken. Seine Hinterbeine sind lang. Deshalb kann
es so gut springen. An den Vorderpfoten steht die eine Zehe von den
anderen ab, fast wie unser Daumen. Es braucht seine Pfoten wie Hände,
wenn es aufrecht dasitzt, eine Nuß darin hält und die braune Schale
mit den Zähnen abschält.

Manchmal stiehlt es Vogeleier. Dann hält es das Ei in den Pfoten,
öffnet die Spitze und schlürft den Dotter aus.

Das Eichhörnchen hat possierliche Ohren. An ihren Rückseiten stehen
lange Haarbüschel. Manchmal kommt es im Winter aus seinem Neste
heraus, um zu fressen, und dann kann man beobachten, daß die Büschel
in dieser Jahreszeit viel länger sind als im Sommer.

Aber meistens sehen wir es im Winter nicht. Es schläft fest in einem
kunstvoll gebauten Neste. Wir wissen, wo dieses ist, denn Peter hat es
einmal gefunden. An einem milden Tage sah er, wie Hans herunterkam,
um von seinen Wintervorrat zu fressen, den er im Moose vergraben
hatte. Er beobachtete seinen Rückweg und fand das warme Nest in den
gegabelten Zweigen einer schlanken Buche. So wußte er, daß Hans die
kalten Wintertage behaglich verbrachte.

Hans hat ein Weibchen, und die beiden sind immer nahe beieinander. Aber
es ist sehr scheu und kommt nicht zu uns. Im Frühling, wenn es keine
Nüsse gibt, fressen sie die Knospen der Bäume.

Im Mai sind sie sehr geschäftig. Sie sammeln Blätter, Moos und kleine
Zweige. Aus diesen bauen sie ein Nest in einer Baumgabel, hoch über dem
Boden. Im Juni werden dann ihre Jungen geboren. Paul kletterte hinauf
und sah vier solche hübsche kleine Eichhörnchen, die mit rotem und
weißem Pelze bedeckt waren. Sie blieben eine Zeitlang im Neste, doch
sahen wir auch oft, wie sie sich zwischen den Zweigen bewegten. Die
alten Eichhörnchen bewachten sie sorgfältig, und sie blieben den ganzen
Sommer lang zusammen.

Im Herbste versteckten sie kleine Haufen von Nüssen und Eicheln am Fuße
des Baumes, um sie zu fressen, wenn sie an milden Wintertagen erwachen
sollten.

Dann sahen wir sie nicht mehr. Wir wissen nicht, ob sie alle in ein
Nest krochen, oder ob jedes ein Nest für sich suchte, um sich darin
zum Schlafe zusammenzurollen.

[Illustration: Ein Paar Eichhörnchen.]



Lektion 5.

Die Lerche und ihr Feind.

(Viertes Vollbild.)


Es gibt viele Lerchen bei uns. Sie singen so fröhlich am Morgen, wenn
wir zur Schule gehen. Aber sie singen schon viel früher.

Wir wollten einmal versuchen, ob wir vor der Lerche aufstehen könnten.
So verabredeten wir, uns um fünf Uhr morgens zu treffen auf dem Felde,
wo eine alle Morgen zu singen pflegte. Wir hörten sie schon, ehe wir
aus dem Heckengange herauskamen. Da stieg sie hoch in die Luft hinauf;
sie flog bald ein wenig nach rechts, bald ein wenig nach links und
stieg und sang fortwährend, als ob sie die ganze Welt vor Freude
aufwecken wollte.

Wir beobachteten sie, bis sie nur noch als kleiner Punkt am
Himmelsgewölbe erschien. Dann kam sie wieder herab. Als sie nur noch
einige Fuß vom Boden entfernt war, legte sie die Flügel zusammen und
ließ sich zu Boden fallen.

Am nächsten Morgen gingen wir um vier Uhr hin. Jene Lerche sang noch
nicht, aber auf dem nächsten Felde stieg eine andere auf, so fröhlich
wie eine Lerche nur sein kann. Dann sagten unsere Mütter, wir dürften
nicht früher aufstehen. Wir konnten uns also nicht früher erheben als
die Lerchen.

Einmal fingen wir eine Lerche, um sie zu betrachten und sie dann
wieder fliegen zu lassen. Sie ist kein bunter Vogel; sie hat braune
Flügel, die mit dunklen Streifen gezeichnet sind. Brust und Kehle
sind schmutzig weiß und braun gefleckt, und über dem Auge hat sie
einen weißen Streif. Ihre Füße sind merkwürdig. Die Zehen liegen flach
am Boden, und die Hinterzehe hat eine sehr lange Kralle. Wenn man
eine Lerche beobachtet, so wird man sehen, daß sie läuft und nicht
hüpft. Sie setzt sich auch nicht auf Bäume. Sie lebt auf dem Boden,
ausgenommen wenn sie sich in die Lüfte erhebt, um zu singen.

Im Winter, wenn wir zur Schule gehen, sehen wir große Scharen von
Lerchen auf den Feldern, die nach Insekten und Samen suchen. Wenn wir
in ihre Nähe kommen, fliegen sie auf, immer einige zu gleicher Zeit,
und fliegen etwas weiter weg. Dann machen sie eine Schwenkung und
lassen sich wieder nieder, um zu fressen.

[Illustration: Singende Lerche.]

Im Winter hört man sie fast gar nicht. Im Frühling, wenn sie sich
paaren, singen sie so schön.

Von Ende März an kann man ein Lerchennest im Getreide verborgen
finden. Es ist in einer Rinne oder einer kleinen Vertiefung des Bodens
gebaut, oft in der Mitte des Feldes. Die Lerchen polstern das Nest mit
trockenem Grase aus, und das Weibchen legt vier oder fünf Eier hinein.
Die Eier sind schmutziggrau mit braunen Flecken und liegen warm in den
dicken Grasbüscheln.

Wenn die Lerche herunterkommt, nachdem sie gesungen hat, läßt sie sich
nicht dicht bei ihrem Neste nieder, sondern etwas davon entfernt. Dies
tut sie, um es ihren Feinden nicht zu verraten.

Der Sperber ist der größte Feind der Lerche. Eines Tages betrachteten
wir eine emporsteigende Lerche, und plötzlich sahen wir einen Sperber,
der auf sie stoßen wollte. Die Lerche sah ihn auch und schoß schneller
hinauf, als der Sperber sich emporschwingen konnte. Darauf flog der
Sperber eine kurze Strecke fort und schwebte umher, bis die Lerche
müde war und herunterkommen mußte. Dann versuchte er, noch einmal
niederzustoßen. Aber die Lerche war schlau: sie schloß die Flügel und
fiel gerade hinunter in das dichte Gras, so daß der Sperber sie nicht
finden konnte. Wir freuten uns, daß die kleine Lerche in Sicherheit
war und zu Weib und Kindern zurückkehren konnte.

[Illustration: Lerche, einem Sperber entfliehend.]



Lektion 6.

Nüsse und Nußfresser.

(Fünftes Vollbild.)


Auf unserem Wege zur Schule kommen wir durch ein kleines
Haselnußgehölz. Im Winter, wenn die Bäume unbelaubt sind, sehen
wir die grauen Büschel, die wir „Schäfchen“ nennen, an den Sträuchern
hängen; Paul sagt, ihr wirklicher Name sei „Kätzchen“. Wir sehen oft
nach, um zu beobachten, wie sie wachsen. Zuerst sitzen nur kleine graue
Knospen auf den Zweigen. Dann werden sie größer und hängen herab.
Allmählich werden sie sehr locker, wie Troddeln, und unter den grauen
Schuppen erscheinen kleine Beutel mit gelbem Staube.

Dann im März, noch ehe die Bäume belaubt sind, schüttelt der Wind den
Baum und weht den gelben Staub umher.

Um diese Zeit finden wir an den Zweigen mit Kätzchen kleine Blüten.
Man muß scharf hinsehen, wenn man sie finden will. Aber sie sind sehr
hübsch. Jede Blüte hat zwei zierliche Hörner, und es stehen mehrere
Blüten in einer grünen Hülle.

Wir wissen, daß sich aus diesen roten Blüten die Nüsse bilden, denn im
September finden wir die Nüsse gerade an ihrer Stelle. Wenn der Wind
den gelben Staub aus den Kätzchen weht, so fällt etwas davon auf die
roten Hörner der Blüten, und dies bewirkt, daß sich Nüsse entwickeln.

Im Herbste passen wir gut auf, um zu sehen, wann die Nüsse reif sind.
Wir wollen gern einige haben, ehe die Eichhörnchen und die Vögel, die
Nußhacker oder Eichelhäher heißen, sie alle forttragen.

Grete hat es so eilig, daß sie oft die Nüsse pflückt, bevor sie reif
sind. Dies ist töricht, denn man findet dann nur einen sehr kleinen
wässerigen Kern im Innern. Der übrige Teil der Schale ist mit einem
weichen, weißen Stoff ausgefüllt.

Paul sagt, dieser weiße Stoff sei die Nahrung, die die Nuß gebraucht,
um groß und fest zu werden. Wenn die Nüsse reif sind, fallen sie ganz
leicht aus dem braunen, blätterigen Kelch, in dem sie sitzen.

Manchmal, wenn wir die Nüsse pflücken, finden wir eine, die ein kleines
Loch in der Schale hat. Dann wissen wir, daß die Nuß schlecht ist, und
wir werden meistens eine Made darin finden.

[Illustration: Haselnußbohrer und Larve.

a. Der Rüsselkäfer vergrößert; der Strich daneben gibt die
wirkliche Größe an.]

Ist es nicht seltsam? Paul sagt uns, daß diese Made ein junger Käfer
sei. Sie sieht gar nicht aus wie ein solcher. Aber viele Käfer haben,
wenn sie jung sind, keine Beine und sind nur Larven.

Dieser Käfer heißt Haselnußbohrer. Wenn die Nuß noch ganz jung und
weich ist, kommt der weibliche Käfer und legt ein Ei hinein. Es ist
ein sehr kleiner Käfer mit einem langen Rüssel. Mit diesem macht er
ein Loch in die weiche grüne Nußschale und legt dann ein Ei in das
Loch. Aus dem Ei kommt eine Larve. Sie wird dadurch fett, daß sie von
der Nuß frißt. Und wenn man die Nuß dann pflückt und öffnet, ist sie
halb aufgefressen, und die Larve liegt zusammengerollt im Innern.

Wenn wir die Nuß noch nicht gepflückt hätten, so würde die Larve
mit ihrem hornigen Maul ein Loch in die Nußschale gefressen haben
und dann aus ihrer Larvenhaut als kleiner geflügelter Rüsselkäfer
herausgekrochen sein.

[Illustration: Angestochene Nüsse.]

Wie wir sahen, entstehen aus dem gelben Staube und den roten Blüten
Nüsse. Einige dieser Nüsse bekommen wir, einige erhalten die
Eichhörnchen, einige die Eichelhäher. Einige fallen auf den Boden
und wachsen zu jungen Bäumen empor, und einige frißt die Larve des
Rüsselkäfers, ehe sie reif sind.

[Illustration: Drei Arten wilder Nüsse. Männliche und weibliche Blüten
an einem Zweig (oben).]



Lektion 7.

Maus und Spitzmaus.

(Sechstes Vollbild.)


Peter hat eine schöne alte Katze. Sie ist sehr klug. Sie klappert an
dem Griff der Haustür, wenn sie hinein will. Wenn sie spät am Abend
nach Hause kommt, springt sie auf den Draht, der an der Gartenmauer
entlang läuft. Dieser bringt eine Klingel zum Läuten, und Peter kommt
und läßt sie herein.

Aber in einer Beziehung ist sie sehr dumm. Sie kann nicht lernen, daß
eine Maus und eine Spitzmaus nicht dasselbe ist. Wir freuen uns, wenn
sie die Mäuse im Garten und auf dem Felde fängt. Denn die Mäuse fressen
unsere Erbsen und die Zwiebeln der Krokus. Sie verstecken sich in den
Getreideschobern und fressen den Weizen und den Hafer.

Aber Spitzmäuse fressen Insekten, Würmer und Schnecken und nützen uns
dadurch, weil Insekten und Schnecken unseren Pflanzen schädlich sind.

Es ist so töricht von Miezchen, denn sie sollte es wirklich wissen.
Wenn sie die Tiere getötet hat, unterscheidet sie dieselben, denn sie
frißt die Maus sehr gern, aber sie frißt keine Spitzmaus. Sie tötet
sie nur und läßt sie auf dem Wege liegen. Wir glauben, sie tötet
die Spitzmaus, weil sie fortläuft, und frißt sie nicht, weil sie einen
schlechten Geruch hat.

Sehr viele Leute können eine Maus nicht von einer Spitzmaus
unterscheiden, denn sie sind sich sehr ähnlich. Eine Spitzmaus ist
nicht ganz so groß wie eine Feldmaus und ein wenig größer als die
niedliche kleine Zwergmaus, die ein rundes Nest aus trockenem Grase
zwischen den Kornhalmen baut.

[Illustration: Eule und Spitzmaus.]

Vorigen Sommer fanden wir eins von diesen Nestern. Es war ungefähr so
groß wie ein großes Schwanenei und von derselben Gestalt. Wir guckten
hinein und fanden sieben winzige kleine Zwergmäuse mit rotbraunem Fell
auf dem Rücken und weißem Fell am Bauche.

Die Spitzmaus hat eine mehr graue Farbe. Aber es gibt ein Kennzeichen,
durch das man stets eine Maus von einer Spitzmaus unterscheiden kann.
Die Maus hat eine kurze Schnauze und vier breite weiße Vorderzähne.
Sie braucht sie, um Wurzeln und Zwiebeln anzunagen und um Kornähren
abzubeißen. Aber die Spitzmaus hat eine lange spitze Schnauze; und ihre
braunen Zähne sind sehr klein und spitz, so daß sie damit Insekten,
Würmer und Schnecken töten und fressen kann.

Maus und Spitzmaus sind beide am Abend sehr geschäftig. Wir beobachten
sie manchmal, wenn der Mond scheint. Die Mäuse laufen schnell ins Feld
hinaus und wieder zurück zur Hecke. Paul sagt, sie tragen Samen und
Wurzelstückchen zu ihrem Loche. Denn sie wissen, daß sie Nahrung nötig
haben, wenn sie im Winter, wo keine zu finden ist, aufwachen. Die
Spitzmäuse bewegen sich ruhiger in der Hecke. Sie stecken ihre langen
Schnauzen in das dicke Gras und fressen Ohrwürmer und Raupen.

Sowohl die Maus als auch die Spitzmaus fürchten sehr die Eule, welche
des Nachts herauskommt und sie mit ihren scharfen Klauen fortschleppt,
um ihre Jungen damit zu füttern.

Spitzmäuse speichern keine Nahrung auf, denn sie schlafen den ganzen
Winter durch in ihrem Loche. Dann im Frühjahr polstern sie das Loch
mit weichem, trockenem Gras aus, und da kommen fünf oder sechs Junge
zur Welt.

Auch die Maus wühlt sich tief in die Erde ein. Sie legt sich einen
hübschen Wintervorrat an und schläft ein. Aber oft erwacht sie und
frißt, um dann wieder einzuschlafen. Sie zieht eine zahlreiche Familie
im Jahre groß. Deshalb gibt es so viele Mäuse.

[Illustration: Zwergmaus mit Nest (oben); Feldmaus (unten).]



Lektion 8.

Der Ameisenhaufen.


Im Walde, nahe am Schulwege, befindet sich ein großer Ameisenhaufen.
Er steht am Fuße einer alten Eiche und ist fast ebenso groß wie Peter.
Er sieht aus wie ein loser Haufen von Blättern, untermischt mit Erde
und Reisern. Er ist unten breiter als oben.

Wenn wir abends nach Hause kommen, ist auf dem Ameisenhaufen alles
ruhig. Wir sehen keine einzige Ameise draußen. Es hat den Anschein,
als ob überhaupt keine darin lebte. Aber wenn wir am Morgen
vorbeikommen, und die Sonne warm und hell scheint, sehen wir die
Ameisen aus den Ritzen herauskriechen und auf dem Haufen herumlaufen.

Sie sind so groß wie ein Gerstenkorn und haben einen tiefen Einschnitt
in der Mitte ihres Körpers. Sie haben lange Fühler und starke
Kinnbacken. Sie beißen heftig, wenn man sie berührt.

[Illustration:

  a. Ameisenlarve.      b. Kokon der Ameise.      c. Junge Ameise.

Stark vergrößert. Die Linien daneben geben die wirkliche Größe an.]

Um die Mittagszeit finden wir sie noch geschäftiger. Sie haben viele
Löcher im Hügel geöffnet und eilen hin und her. Einige holen Stückchen
von Blättern und Zweigen und schleppen diese auf den Haufen. Andere
bringen Nahrung. Eines Tages sah Paul einige Ameisen, die einen toten
Wurm zerrissen. Dann trug jede ein winziges Stückchen davon in ihren
Kiefern nach dem Hügel und kroch damit in ein Loch hinein.

Manchmal tragen die Ameisen kleine weiße Klümpchen aus dem Hügel
heraus. Gretes Vater, der Wildhüter, gibt diese seinen Vögeln zu
fressen. Er nennt sie Ameiseneier. Aber Paul sagt, daß es keine Eier
seien. Es sind junge Ameisen, die in seidigen Beuteln eingeschlossen
sind, die „Kokons“ heißen.

[Illustration: Hügel der Waldameise.]

Wirkliche Ameiseneier sind viel kleiner. Wenn die kleine Ameise aus
dem Ei auskriecht, ist sie blind und hat keine Beine. Sie heißt dann
Larve. Die für ihre Nahrung sorgenden Ameisen füttern sie mit Honig.
Später zieht die Larve einen seidigen Faden aus dem Munde und spinnt
sich darin ein.

Wenn der Kokon fertig ist, können ihre Ernährerinnen die Larve nicht
mehr füttern. Aber sie sorgen für sie, tragen sie tagsüber in den
Sonnenschein und abends ins Innere des Hügels. Im Innern des Beutels
bildet sich die Larve zu einer wirklichen Ameise mit Augen und Beinen
um. Dann helfen ihr erwachsene Ameisen aus dem Gefängnis heraus, und
sie beginnt zu arbeiten.

[Illustration:

  a. Weibliche Ameise.      b. Männliche Ameise.      c. Arbeiterin.

Stark vergrößert. Die Linien daneben geben die natürliche Größe an.]

Eines Tages stach Paul mit seinem Stock ein Loch in den Ameisenhaufen.
Wir sahen in einer Höhlung unter den Blättern eine Menge weißer Kokons.
Die Ameisen waren sehr zornig. Einige bissen uns, andere nahmen die
Kokons in ihre Kiefern und liefen fort, aus Furcht, daß wir ihre
Kleinen verletzen könnten.

Als wir am Abend zum Hügel zurückkamen, hatten die Ameisen ihn
ausgebessert. Jedes Loch war geschlossen, und alle Kokons waren im
Innern in Sicherheit gebracht.

An einem Sommertage sahen wir eine Anzahl von geflügelten Ameisen über
den Ameisenhaufen fliegen. Paul sagt, daß dies die männlichen und
weiblichen Ameisen sind. Die Ungeflügelten sind Arbeiter, die für die
Nahrung aller sorgen.



Lektion 9.

Das Hummelnest.

(Siebentes Vollbild.)


Vorigen März, als die Tage anfingen warm zu werden, sahen wir eine
große Hummel über das Feld dahinsummen.

„Paß auf, Peter“, sagte Grete, „das ist eine Hummel, die den ganzen
Winter geschlafen hat. Sie wird ein Nest bauen wollen.“ So folgte Peter
ihr. Sie flog zu einem Abhang und kroch zwischen einigen Grasbüscheln
in die Erde. Peter pflanzte einen Stock als Merkzeichen an der Stelle
auf, und wir gingen alle Tage hin, um sie zu beobachten.

Meistens fanden wir sie beschäftigt, kleine Moosstückchen in das Loch
zu schleppen. Aber wir sahen nicht hinein, aus Furcht sie zu stören.
Nach vierzehn Tagen erlaubte uns Paul, das Nest zu untersuchen, und,
im Grase verborgen, fanden wir einen kleinen Moosballen, der mit Wachs
ausgepolstert war. Er sah aus, wie eine kleine umgedrehte Untertasse.
Wir hoben ihn auf und fanden darunter einige flache Taschen, einige
von der Größe eines Markstückes, andere nicht größer als ein
Zweipfennigstück. Sie bestanden aus braunem klebrigen Wachs, und als
wir eine öffneten, fanden wir im Innern sieben zierliche Eier, so
klein wie Mohnsamen, und einige kleine braune Kugeln. Diese bestanden,
wie Paul sagte, aus Blütenstaub mit etwas Honig gemengt und werden
„Bienenbrot“ genannt. In einer anderen Tasche fanden wir Larven,
die schon ausgekrochen waren. Diese fraßen von den braunen Kügelchen.

[Illustration: Ein Hummelnest.]

Das Hummelweibchen war sehr unruhig, während wir ihr Nest betrachteten.
Sie saß ganz in der Nähe. Wir konnten sehen, wie groß und kräftig sie
war. Es war ein schönes Tier. Der braune Körper war mit weichen gelben
Haaren bedeckt, und dazwischen lagen Streifen von schwarzen Haaren.
Ihre breiten Flügel glänzten hell in der Sonne. Sie stach uns nicht.
Paul sagt, daß Hummeln sehr gutartig seien. Aber sie war in Angst, daß
wir die Larven beschädigen würden, die zu Arbeiterinnen heranwachsen
sollten. Wir legten die Decke wieder auf und warteten zwei Monate bis
zum Juni. Wir fürchteten, daß bei der Heuernte die Pferde auf das Nest
treten könnten. Dann statteten wir ihm wieder einen Besuch ab.

Oh! wie groß war es jetzt! Ein großes rundes Moosdach war mit Wachs
ausgefüttert und so fest, daß wir es mit einem Messer zerschneiden
mußten. Der einzige Weg, auf dem die Hummeln in ihr Nest gelangen
konnten, führte durch einen langen Tunnel unter der Erde. Unter dem
Dach lag eine Anzahl von schmutziggelben seidigen Kokons. In diesen
saßen die Larven, die zu Hummeln heranwachsen. Die Kokons waren mit
Wachs zusammengeklebt. Einige waren offen, denn die jungen Hummeln
waren schon ausgekrochen. In diesen war Honig.

Viele Hummeln schwärmten ein und aus. Alle diese waren aus den Eiern
ausgekrochen, die das Hummelweibchen in zwei Monaten gelegt hatte.
Sie waren sehr geschäftig, um Honig und „Bienenbrot“ für die Larven
herbeizutragen. Aber sie speichern, wie Paul sagt, keinen Honig auf wie
unsere Bienen. Denn wenn kaltes, feuchtes Wetter einsetzt, sterben sie
alle, mit Ausnahme einiger Hummelweibchen. Diese kriechen in Erdlöcher
oder in warme Heuhaufen und schlafen, bis der Frühling wiederkehrt.

Gegen Weihnachten besuchten wir das Nest noch einmal. Das Dach war
zerbrochen und die Zellen alle zerdrückt. Keine einzige Hummel war mehr
zu finden.

[Illustration: Hummeln holen Honig aus Wicken.]



Lektion 10.

Peters Katze.

(Achtes Vollbild.)


Peters Katze geht sehr gern in den Wald. Wir fürchten, daß sie eines
schönen Tages totgeschossen wird. Denn Gretes Vater erschießt alle
Katzen, die er im Walde antrifft, weil sie Kaninchen und Fasanen
fressen.

Aber Peter kann sie nicht zu Hause halten. Sobald es dämmerig wird,
schleicht sie sich hinaus und kommt oft die ganze Nacht nicht nach
Hause. Sie geht in der Dämmerung, weil dann alle Tiere fressen. So kann
sie Mäuse und junge Kaninchen fangen, ebenso Rebhühner, die auf dem
Boden, und andere Vögel, die auf den Bäumen schlafen.

Sie ist ein sehr schlauer Jäger. Ihr Körper ist wie gemacht zum
Erfassen der Beute. Sie ist schlank, aber sehr kräftig. Sie kann
außerordentlich weit springen und zwar so schnell, daß nur wenige Mäuse
oder Vögel ihr entwischen können.

Dann hat sie auch weiche Polster unter den Füßen, so daß sie
geräuschlos einherschleichen kann. Auch kann sie von einer hohen Mauer
hinunterspringen, weil die weichen Polster ihre Füße vor Verletzungen
schützen, wenn sie den Boden erreicht.

[Illustration: Ballen und Klauen am Fuß der Katze.]

Wir alle wissen, was für scharfe Krallen sie an ihren Zehen hat. Aber
wenn sie mit ihren Kleinen oder mit Peter spielt, ist ihre Pfote so
weich, daß man gar nicht glauben kann, sie könne kratzen. Dies kommt
daher, weil sie eine Rinne in jedem Zeh unter der Haut hat, und wenn
sie ihre Krallen nicht braucht, zieht sie dieselben in jene Scheide
zurück.

Aber wenn sie auf eine Maus oder einen Vogel springt, schlägt sie mit
der Pfote zu, und sowie sich die Zehe biegt, kommt die Kralle hervor
und dringt in das Fleisch ihrer Beute.

Aber wie kann sie bei Nacht Ratten und Mäuse sehen? Paul zeigte uns,
daß sie die Mitte des Auges sehr weit im Dunkeln öffnen kann. Wir
brachten Miezchen nahe an die Lampe und sahen, daß die Pupille ihres
Auges nur ein kleiner schmaler Schlitz war. Darauf schlossen wir sie
einige Minuten lang in einem dunkeln Zimmer ein, holten sie dann heraus
und betrachteten ihre Augen bei Mondenschein. Jetzt war der kleine
Schlitz ein großes, rundes, schwarzes Loch geworden.

Der Schlitz läßt genug Licht hinein, daß Mieze bei Tage sehen kann,
und wenn sie nachts ausgeht, wird er zu einer großen runden Öffnung,
die alles Licht, das von Mond und Sternen kommt, hineinläßt.

[Illustration:

Das Auge der Katze.

a. Im Licht.

b. Im Dunkeln.]

Aber wenn es außergewöhnlich dunkel ist, tastet sie sich mit ihren
Spürhaaren zurecht. Paul sagt, daß es sehr grausam ist, einer Katze
diese Haare abzuschneiden, denn sie sind ihr eine große Hilfe im
Dunkeln.

Mieze hat eine sehr rauhe Zunge. Wenn man sich von ihr die Hand lecken
läßt, so fühlt man, wie sie von unserer eigenen Zunge oder von der
eines Hundes verschieden ist. Sie ist so rauh, daß sie damit die
letzten Stückchen Fleisch von einem Knochen abraspeln kann, nachdem
sie die großen Stücke mit ihren langen spitzen Vorderzähnen abgerissen
hat.

Mieze ist sehr schlau, wenn es sich darum handelt, ihren
Lebensunterhalt zu erwerben, und wenn man ihren Kopf ansieht, so weiß
man auch warum. Denn sie hat eine breite Stirn, in der viel Platz für
ein großes Gehirn ist. Neulich hielten wir den Kopf eines Kaninchens
neben den ihrigen. Er war so klein und hatte so wenig Raum für ein
Gehirn, daß wir gar nicht erstaunt waren, daß die Katze viel schlauer
als das Kaninchen ist.

Wer würde denken, daß Mieze, die mit ihren Kleinen am Feuer sitzt und
schnurrt, im Walde so wild ist. Aber, wie Paul sagt, gibt es wilde
Katzen in den Wäldern, die so wild wie Tiger sind. Tiger und Katzen
sind sich sehr ähnlich. Auch Tiger können liebevoll sein. Wir hörten
einmal eine Tigerin in einer Menagerie schnurren, als sie ihr Junges
liebkoste.

[Illustration: Katze, ein Kaninchen beschleichend.]



Lektion 11.

Der gefräßige Fremdling.


Mitte April dieses Jahres hörten wir zum ersten Male den Kuckuck. Wir
hören ihn gern, denn er sagt uns, daß der Frühling da ist. In diesem
Jahre hatten wir Glück. Wir sahen einen jungen Kuckuck in einem Neste
aufwachsen.

Dies trug sich folgendermaßen zu. Wir hatten den Kuckuck eine ganze
Zeitlang gehört, und es schien, als ob eine ganze Menge dieser Vögel
riefen. Eines Tages hörten wir ein sonderbares Geräusch, so wie
kik-kik-kik. „Aha!“ sagte Grete, „Vater sagt, daß dies der Ruf des
Weibchens ist, das Eier legt.“

„Nun“, sagte Peter, „wenn es hier in der Nähe ist, können wir
vielleicht eins von seinen Eiern finden. Ich möchte so gern einen
jungen Kuckuck sehen.“

Ungefähr eine Woche darauf fand Paul das Nest einer kleinen
Heidelerche. Es war in einem dicken Grasbüschel am Abhange in der Nähe
des Waldes. Zwei kleine mattgraue, braungefleckte Eier lagen darin.
Am nächsten Tage, als wir zur Schule gingen, waren es drei und am
übernächsten Morgen vier. Aber als wir an dem Nachmittage desselben
Tages aus der Schule zurückkamen, waren fünf Eier da.

„Die Heidelerche kann nicht zwei Eier an einem Tage gelegt haben,“
sagte Peter. „Es soll mich wundern, ob der Kuckuck nicht eins von
seinen Eiern hierher gebracht hat.“

Wir wissen ja, daß der Kuckuck seine Eier auf den Erdboden legt und
sie dann in seinem weiten Schnabel in das Nest irgend eines anderen
Vogels trägt. Wir sahen vierzehn Tage lang täglich nach. Die kleine
Heidelerche war so an unser Kommen gewöhnt, daß sie nicht einmal vom
Neste aufflog. Es war ein hübscher kleiner Vogel mit braungefleckten
Flügeln und gelblicher Vorderseite.

Nach vierzehn Tagen krochen zwei junge Heidelerchen aus und am nächsten
Tage noch zwei. Sie sperrten die Schnäbel nach Futter auf, und der
Vater flog hinaus ins Feld und brachte Insekten und Raupen, um sie zu
füttern. Aber die Mutter saß noch auf dem fünften Ei.

Zwei Tage später kam der fünfte Vogel aus. Er hatte einen gekrümmten
Schnabel und gebogene Zehen mit kurzen scharfen Krallen. Zwei Zehen
standen nach vorn und zwei nach hinten. Heidelerchen haben gerade
Schnäbel, und von ihren Zehen stehen drei nach vorn und eine nach
hinten.

So erkannten wir den jungen Kuckuck an dem Schnabel und den Zehen.

[Illustration: Rufender Kuckuck.]

Am nächsten Tage sahen wir wieder nach. Die kleinen Heidelerchen hatten
Kiele auf ihren Flügeln, wo die Federn wuchsen, und ihre Augen waren
geöffnet. Der Kuckuck war nackt und blind. Aber er hatte zwei kleine
Heidelerchen aus dem Neste gestoßen, und sie lagen tot auf dem Abhange.

Der Kuckuck war während eines Tages sehr gewachsen, und die alten
Heidelerchen fütterten ihn fortwährend mit Insekten, während er mit
weit offenem Schnabel dasaß. Während wir ihn betrachteten, wühlte er
im Neste umher und schob eine andere kleine Heidelerche an den Rand
desselben. Wir setzten sie in das Nest zurück und mußten dann zur
Schule gehen. Als wir zurückkamen, saß der Kuckuck allein im Neste.
Die vier kleinen Heidelerchen lagen alle tot auf der Erde. Er hatte
sie alle herausgestoßen.

Die alten Vögel schienen ihre toten Jungen nicht zu sehen, so
geschäftig waren sie, um den großen, hungrigen Fremdling zu füttern.
Sie fütterten ihn fünf bis sechs Wochen lang, selbst nachdem er schon
aus dem Neste heraus war.

Es war zu komisch. Der Kuckuck war größer als eine Drossel und die
Heidelerchen nicht größer als ein Sperling. Jedoch der große Vogel saß
auf einem Zweige mit offenem Schnabel und ließ die kleinen Vögel alle
Nahrung herbeitragen.

Zuletzt flog er fort. Wir hörten im August einen Kuckuck rufen, als
die alten Vögel schon fort waren. Wir hätten gern gewußt, ob es unser
junger „gefräßiger Fremdling“ war.



Lektion 12.

Der Maulwurf und sein Heim.


Letzten Sommer gab es auf dem Felde sehr viele Maulwürfe. Das ganze
Feld war mit Maulwurfshaufen bedeckt. Endlich schickte Pauls Vater nach
dem Maulwurfsfänger. Er stellte Fallen in den Gängen und brachte viele
tote Maulwürfe mit nach Hause.

Ein Maulwurf ist ein sonderbares Geschöpf. Er hat einen langen,
plumpen Körper und einen kurzen, dicken Schwanz. Sein dunkles Fell ist
so weich und dicht wie Samt. Er hat eine lange spitze Schnauze, die an
der Spitze sehr hart ist, und der Mund ist voll von starken, scharfen
Zähnen.

Die Füße des Maulwurfs sind sehr sonderbar. Sie sind nicht mit Fell
bedeckt, sondern nackt und rosenrot. Die Vorderpfoten gleichen breiten
flachen Händen mit sehr starken Klauen. Sie sind vom Körper abgewandt
und sehen zu groß aus für ein so kleines weiches Geschöpf.

[Illustration: Maulwurf, einen Wurm fressend.]

Diese Pfoten sind, wie Paul sagt, die Schaufeln des Maulwurfs. Er lebt
unter der Erde und frißt Würmer. Mit seiner harten Schnauze bohrt er
ein Loch und dann schaufelt er die Erde mit seinen starken Pfoten
fort. Auf diese Weise gräbt er eine Röhre, und wenn er die lose
Erde fortschaffen will, stößt er sie mit der Schnauze nach oben. So
entstehen die Maulwurfshaufen.

Aber die Maulwürfe bleiben nicht immer unter der Erde. Manchmal an
warmen Sommerabenden sieht man sie in Hecken herumstöbern und nach
Larven und Schnecken suchen. Es gibt mehr männliche als weibliche
Maulwürfe.

Wir hätten so gern den Bau eines Maulwurfs gesehen. Wir gruben tief
in einen Maulwurfshügel hinein und hofften einen zu finden, aber wir
trafen nur auf eine Röhre. Der Maulwurfsfänger lachte uns aus, als er
uns dort graben sah. Er fragte uns, ob wir dächten, daß der Maulwurf
einen Haufen loser Erde über seinen Bau aufhäufen werde, um seinen
Feinden zu zeigen, wo er zu finden wäre.

Endlich kam eines Tages ein Herr zu Pauls Vater und bat ihn, einen
Maulwurfsbau für ihn öffnen zu lassen. Er wünschte zu sehen, wie er
aussähe. Dies war gerade das, was wir wollten, und so gingen wir mit.

Der Maulwurfsfänger führte uns eine Strecke weit über das Feld. An der
Ecke in der Nähe des Waldes fanden wir unter den Bäumen einen großen
mit Gras bewachsenen Erdhügel.

Er begann dann die Seite dieses Hügels abzugraben. Als er ungefähr
in der Mitte angekommen war, hielt er inne und räumte die Erde sehr
vorsichtig mit den Händen fort. Und da war, dicht unter dem Erdboden,
ein großes rundes Loch mit einem sehr festen Dache, das aus harter Erde
bestand. Wir konnten von der Seite aus hineinsehen. Das Loch war mit
trockenem Grase ausgepolstert, und vier winzige Maulwürfe lagen darin.
Wir füllten es sorgfältig wieder zu und ließen die kleinen Maulwürfe
in Ruhe.

An den Seiten des Baues waren vier Löcher. Diese führten zu den Gängen,
durch die die alten Maulwürfe aus- und eingingen. Wir fürchteten, daß
sie durch unser Graben ziemlich mit Erde angefüllt wurden, aber der
Maulwurfsfänger sagte, sie würden bald wieder von den alten Maulwürfen
in Ordnung gebracht werden.

Er erzählte uns, daß der alte männliche Maulwurf im Winter ganz allein
in einem solchen Bau lebt und sich von Würmern nährt. Manchmal kommt
er aus der Erde hervor, und wenn der Frost sehr streng ist, stirbt er
vor Kälte. Im Frühjahr sucht er sich ein Weibchen.

[Illustration]

Thüringer Kunstanstalt G. m. b. H., Gera-Untermhaus





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