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Title: Kean - Schauspiel in fünf Akten nach Alexandre Dumas
Author: Edschmid, Kasimir
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Kean - Schauspiel in fünf Akten nach Alexandre Dumas" ***


produced from images made available by the HathiTrust
Digital Library.



                            KASIMIR EDSCHMID



                                  KEAN


                        SCHAUSPIEL IN FÜNF AKTEN
                                  NACH
                            ALEXANDRE DUMAS

                             DRITTE AUFLAGE


                    VERLEGT BEI ERICH REISS / BERLIN
                                  1921


            Alle Rechte, insbesondere das der Aufführung
            und Übersetzung, sind vorbehalten. Den Bühnen
            gegenüber Manuskript. Das Recht der Aufführung
            ist nur durch den Verlag Erich Reiß zu erwerben


                  Copyright 1921 by Erich Reiß Verlag


                           FÜR GUSTAV HARTUNG



                                FIGUREN


                  HELENE GRÄFIN KOEFELD  APACHE
                  AMY GRÄFIN GOSWIL      ANDRER APACHE
                  DAISY MILLER           KONSTABLE
                  RINY                   FRISEUR
                  JULIA                  TOM
                  GIZA                   DAVID
                  AMME                   BARDOLPH
                  KEAN                   ARZT
                  PRINZ VON WALES        REGISSEUR
                  GRAF KOEFELD           HAUSINTENDANT
                  LORD MEVIL             DIENER
                  SALOMON                TÄNZERIN
                  BOB                    WIRT
                  PEPI                   STEUERMANN
                  GONSCH                 BOTE
                  WELL                   APACHEN
                  VIKTOR                 PUBLIKUM
                  KAUKA                  WEIBER

                   ZEIT: VOR NEUNZEHNHUNDERTVIERZEHN



                                AKT EINS


   Diele bei dem Grafen Koefeld. Kamin. Dreiflügliger Riesenspiegel.
           Der Hausintendant. Eine Kette Diener, beschäftigt.


                               SZENE EINS

BOTE _tritt rasch ein, zu einem Diener_: Helène Gräfin Koefeld? _Diener
weist mit dem Daumen zum nächsten, Bote zum nächsten_: Helène Gräfin
Koefeld? _Diener weist mit dem Daumen ihn zum nächsten, Bote zum
nächsten_: Helène Gräfin Koefeld? _Diener weist mit dem Daumen ihn zum
nächsten, Bote zum nächsten, dem Hausintendanten_: Helène Gräfin
Koefeld?

HAUSINTENDANT: Hier.

BOTE: Ich muß sie sehen.

HAUSINTENDANT: Geben Sie mir den Auftrag.

BOTE: Der Auftrag ist privat.

HAUSINTENDANT: Daher in meine Hände.

HELENE _eintretend_: Wer ist das?

BOTE: Helène Gräfin Koefeld ...

HELENE: Was wollen Sie?

BOTE: Ein Paket.

HELENE: Wer sendet Sie?

BOTE: Der Prinz von Wales.

HELENE _reißt das Paket auf, ein Fächer, sie schwenkt ihn, dreht um_:
Ah. _Hinaus._

HAUSINTENDANT: Gehen Sie. _Bote ab._

SALOMON _durch die Tür, verdrückt_: Ist mein Herr da?

HAUSINTENDANT: Wo kommen Sie hierher?

SALOMON: Durch leere Zimmer.

HAUSINTENDANT: Wer bist du?

SALOMON: Souffleur.

HAUSINTENDANT: Warum hast du da einen Herrn?

SALOMON: Warum? Er tritt mich. Wie alle. Verachtet mich. Ich liebe ihn.

HAUSINTENDANT: Wer ist der Stachel, den du liebst?

SALOMON: Kean.

HAUSINTENDANT: Der Schauspieler. Hein?

SALOMON: Der bedeutendste Mann seiner Zeit, wenn er sich zu mäßigen
verstände.

HAUSINTENDANT: Das könnte er, meinst du, in einem Haus lernen, wo eine
Frau herrscht, die so ist wie unsere?

SALOMON: Ich suche ihn nur, irgendeine Frau verlangt nach ihm, das
andere weiß ich nicht. Es kam mir nur in den Sinn, daß er krepieren wird
oder sich festlegen. Die Zeit ist kritisch geworden. Ich kann es nicht
mehr sehen, wie er mich mit sich in seine Launen reißt, Huren,
Prinzessinnen, gut, zornig. Wo soll das hin? Denken Sie nicht, daß er
mich nur tritt, er ist manchmal freundlich zu mir.

HAUSINTENDANT: Lauf davon.

SALOMON: Das kann ich nicht.

HAUSINTENDANT: Der Herr verkehrt nicht bei uns.

SALOMON: Hätten Sie gleich sagen können. Schicksal. Ich gehe. Warum
suche ich ihn hier? _Ab._

HELENE _mit dem Fächer herein_: Sind Spieltische aufgestellt?

HAUSINTENDANT: Zwei Whist, einer Bridge, drei Bac.

HELENE: Die Pagen am Gartentor in neuer Livree?

HAUSINTENDANT: Gelb und rot. Mit silbernen Schnüren.

HELENE: Die Küche?

HAUSINTENDANT: Schwitzt.

HELENE: Sind die Musikanten mit Strafe bedroht, wenn sie unpünktlich
sind?

HAUSINTENDANT: Punkt neun marschieren sie durch den Salon.

HELENE _klatscht in die Hände_: Tee und Punsch dann ins Boudoir.

HAUSINTENDANT _klatscht in die Hände, zu den andern_: Tee und Punsch ins
Boudoir. _Diener ab._

HELENE: Sie verlassen mit keinem Schritt die Soirée. Fehlen Sie einmal
auf meinen Fingerwink, schick ich Sie aufs Land zu Fasanen und Kälbern.
Was sagen Sie?

HAUSINTENDANT: Ich würde eine schlechte Figur machen zwischen Geflügel
und vorziehen, da ich Ihnen nicht mehr dienen kann, mich in die
Kirschbäume zu henken.

HELENE: Chüt. _Sieht ihn an, hebt mit der Fingerspitze sein Kinn, pfeift
leis, jagt ihn mit einer Handbewegung hinaus._

DIENER: Die Gräfin Goswil.

HELENE: Rasch. Rasch. _Zur Eintretenden_: Amy, Süßes, welches Glück, vor
der Soirée noch Ihre Anwesenheit allein zu haben.

AMY: Ihnen zu sagen, daß zwischen soviel Blond und Blau beim Rennen das
Dunkel Ihrer Haare als Bestes fehlte.

HELENE: Unmöglich da, wo Ihre Taille bebte, Ihre Hände winkten.

AMY: Ich winkte. Mein Wettpferd fiel, ein Signal. Sie waren im Theater?

HELENE: In Drury-Lane.

AMY: Es spielte George?

HELENE: Kean.

AMY: Das Pferd, das stürzte, hatte einen grünen Jockey. Der Stall aus
England. Der Name: Kean.

HELENE: Sie machen mich gespannt mit ihren Sprüngen, Liebe.

AMY: Ihr Kean fiel nicht vorm Start?

HELENE: Ausgezeichnet im Start.

AMY: Endlich Begeisterung.

HELENE: Endlich die Frage: Was bedeutet Ihr Lächeln?

AMY: Den Ausdruck aller Gesichter, wenn Ihr Name fällt.

HELENE: Sie reizen meine Neugier lange.

AMY: Aus Furcht, Sie zu verletzen.

HELENE _plötzlich die Brust öffnend_: Ich habe die unempfindlichste
Haut, Liebe.

AMY: Aber Sie tragen sie zu empfindlich ins Theater.

HELENE: Kurz, um was handelt es sich?

AMY: Um Ihre Begeisterung.

HELENE: In Ihrer Sprache ein Mann. Welchen? Reden Sie nun. Offen
gesprochen.

AMY: Der einzige, der in Betracht kommt.

HELENE: Präziser.

AMY: Nicht um George.

HELENE: Miserabler Anfang. Fügen Sie das Ende hinzu.

AMY: Ich trenne mich ungern von Übergängen.

HELENE: Schluß.

AMY: Kean.

HELENE: Welches Terrain! So tief! Es ist nicht Ihre Ansicht. Sie kennen
mich. Man redet so. Gut. Wer?

AMY: Man sagt es nicht. Man lächelt.

HELENE: Gut. Wenn Sie mich heut frügen, an meiner Stelle, ob ich glaube,
daß zwischen Kean und Ihnen etwas bestände ...

AMY: Ich begreife nur, was ich erlebe. Die Frage ist zwecklos. Ich habe
kein Talent für philosophische Entzückungen.

HELENE: Gut. Sie weichen aus. So werden Sie ein Lächeln lernen, das Ihr
früheres hinwegblitzt. Verdacht entwaffnet man nicht mit Beweis. Eher
durch Geständnis. Ich liefre nur meinen Geschmack. Glauben Sie, eine
Sekunde hätte vermocht, mich zu reizen, anzunehmen, daß das, was
zwischen von Damen ausgehaltenen Equipagen und betrunkenen Matrosen
hintaumelt, den Ruhm eines bedeutenden Schauspielers sich zugesellt, zur
Erfüllung von Wünschen auch nur bedacht werden könne, die wahrlich
anderes verlangen als solche Episoden? Mich ekelt. Ich rede frei.

AMY: Ich bin Ihre Freundin. Ich werde es Ihren Freunden sagen.

HELENE: Gut. Aber ... Süßes ... Sagen Sie es nicht Devonshire.

AMY: Sie erschrecken mich.

HELENE: Er ist ein Geschichtenerzähler.

AMY: Sie peinigen mich.

HELENE: Ein galanter Junge. Kavalier. Fit. Sportiv.

AMY: Erlösen Sie mich.

HELENE: Ein Nacken wie ein Mädchen. Schöne Hände, meine Süße.

AMY: Sie nehmen eine furchtbare Revanche, mich zu quälen.

HELENE: Ein Ring daran mit Onyx und Brillanten. Ich erinnere mich statt
dem Onyx Aquamarin gesehen zu haben. Damals trug ihn Ihr Gatte. Zwei
Ösen ausgebrochen, schlecht verbessert. Nehmen Sie einen besseren
Juwelier, Gräfin. Der Ring ist sonst indiskreter wie sein Besitzer.

AMY: Ihre Grausamkeit ...

HELENE: Wiegt Ihr Lächeln auf, Süße. Erzählen Sie Devonshire nicht meine
Geschichte, er könnte sie ins Gegenteil verkehren wie die Ihren.

HAUSINTENDANT _mit Stock meldend_: Graf Koefeld.

AMY: Ich bin vernichtet. Ich kann niemand sehen. _Läuft in den
Nebenraum._


                               SZENE ZWEI

GRAF KOEFELD _verbeugt sich_: Meine Gattin. Es floh jemand. Ein Mann.
_Stürmisch hinter Amy her, bringt sie zurück._ Halali. Eine Frau. Gräfin
Goswil. Verzeihung. _Sich fassend_: Den ersten Zivilminister Europas
würde ich versetzen, um Ihnen die Hand zu küssen. _Zum Sekretär hinter
ihm_: Diese Telegramme. In Codeschrift. Stafetten einlegen. Ein eignes
Schiff nehmen. Als Kurier fährt Graf Schlitz. Für wichtige Sachen nur
ehemalige Offiziere der Botschaft. Depeschen Seiner Majestät in Uniform
zu übergeben ... Darf ich mich setzen? Charmant Ihr Aussehn, Gräfin.

AMY: Wer tadelte meinen Puder gestern? Ihre Komplimente bluffen wie jede
Uniform.

GRAF KOEFELD: Ungalant, Gräfin. Verleumdung. Großer Sänger Ihres Ruhms.
Beschwöre Sie, den Rock des Königs aus dem Spiel zu lassen. Ansonsten
für Frivoles weitgeöffnetes Herz. Rock des Königs Privileg. Zum Necken
zu heilig. Sanktuarium. Auch schönstem Mund. _Aufspringend_: Meine
Gattin ... Welch ein Fächer?

HELENE: Ein Geschenk.

GRAF KOEFELD: Wer schenkt Fächer? Frauen? Nein. Ein Mann!

HELENE: Der Prinz von Wales.

GRAF KOEFELD _stramm_: Auszeichnung. Welche Gnade. Hohe Ehre. Herrlich.
Monseigneur wird überdies überrascht sein. Eine neue Surprise: Ich lasse
Tontauben schießen. Spezialvergnügen Monseigneurs. Versuche, ihm
sekündlich das Leben mit Lieblingsbissen zu garnieren. _Stößt ein
Fenster auf, zielt mit einer an der Galerie dem Büchsenschrank
entnommenen Büchse im Hintergrund_: Peng ... halo ... vorbei ... Ihr
Gatte, Gräfin ...

HELENE: Wird nicht erwartet.

AMY: Er bemüht sich, Lord Mevil mit irgendwem zu verheiraten.

GRAF KOEFELD: Verdammte, Mesalliance. Pardon, Gräfin. Ich sagte ab. Habe
siebzehn souveräne Ehebetten in Europa gerüstet. Skandal, daß Mevil mich
einzuladen sich erdreistet. Mich. Dieser Zertrümmerer feudalen Ansehns.

AMY: Ihr Name?

GRAF KOEFELD: Undurchdringlich. Wer heißt nicht so? Alle Welt: Daisy
Miller.

AMY: Eine halbe Million Pfund.

GRAF KOEFELD: Unverzeihlich. Sabotage des Bluts. Demokratisierung der
Gesellschaft. Die Phalanx der Jahrhunderte wird ruiniert.

HELENE: Daisy Miller. Jenes Mädchen, dessen Dauerhaftigkeit uns
erstaunte, vis-à-vis unserer Loge, im Theater.

GRAF KOEFELD: Sie hätte unsere Standhaftigkeit mit größerem Recht
bewundern können. Das Amt telephoniert ab neun nur noch nach Drury-Lane.
Im Theaterportal Attachés. Im Foyer Sekretäre. In der Loge die Post.

HELENE: Ich bat Sie nie um Ihre Begleitung. Von heute ab erübrigt es
sich, davon zu reden. Ich besuche das Theater nicht mehr.

GRAF KOEFELD: Neues Arrangement schon vorbereitet. Es kommt dann zu
Ihnen. Die Dekoration nur ist ausgewechselt. Kean ist zur Soirée
geladen.

HELENE: Kean?

GRAF KOEFELD: Kean. Ich verstehe. Sie zucken zusammen: ein Komödiant.
Ich finde es abscheulich. Allein: Wunsch des Prinzen von Wales. Kann ich
es abschlagen? Unmöglich. Immerhin Wunsch des zukünftigen Königs. Ich
lud sofort.

HELENE: Ich empfange die bitterste Beleidigung, der ich seit meiner
Verheiratung ausgesetzt war. Ich empfange sie von meinem Gatten.

GRAF KOEFELD: Ihr Gatte ist Ihr tapferster Verteidiger. Jede Stunde.
Unbedingt zu rechnen. Ich stehe wie Thron und Altar.

HELENE: Sie empfanden nicht einmal das Bedürfnis, mich zu befragen.
Ihren Salon repräsentiere ich, nicht Sie.

GRAF KOEFELD: Fürstlicher Wunsch ist Befehl. Auszuführen oder sterben.
Karriere oder Lump. Selbst die Marseillaise wird in diesem Sinn God save
the king.

HELENE: Ein Affront.

GRAF KOEFELD: Keine Zeremonie. Ich engagiere ohne gesellschaftliche
Verpflichtung. Sie geben ihm Essen, Zigarren, Wein. Ich Geld. Der
Bursche tanzt und zitiert. Wen soll der Kerl genieren, hält Monseigneur
ihn als Affen.

HELENE: Die Gräfin Koefeld empfinge den Künstler. Dem Takt ihres Gatten
aber bringt sie Erwartungen entgegen, die nicht ahnen, daß er sie
zwänge, vor einem Wüstling sich wie ein Themsemädchen zu fühlen.

GRAF KOEFELD _der einen Brief bekommt und öffnet_: Beruhigen Sie sich.
Neue Zeit. Fortschritt der Zertrümmerung: Kean ist durch
Unaufschiebbares gehindert, seine Aufwartung zu machen. Infame
Beleidigung. Er sagt ab.

HELENE: Die Verhinderung ist taktvoller als die Einladung.

GRAF KOEFELD: Takt? Ausgeschlossen. Ich bin auf
Zwischen-den-Zeilen-Lesen dressiert. Schon mit sechzehn schrieb ich über
Forellen und meinte eine Bar. Als Louis Bourbon den Sessel statt den Fuß
einer Prinzessin unterm Tisch mit der Zehe dauernd streichelte,
signalisierte ich Unheil. Er nahm sie nicht. Mein Minister, mir
ungläubig, optimistisch, flog in die Luft.

HAUSINTENDANT _mit einem Stock meldend_: Monseigneur, der Prinz von
Wales.

PRINZ VON WALES: Ich komme lachend, Gräfin. Verzeihung.

HELENE: Sie würden sie erhalten, wenn Sie weinten.

AMY: Sie erhalten sie nicht, wenn Sie nicht sofort erzählen.

PRINZ VON WALES: Skandal.

GRAF KOEFELD: In der Gesellschaft. Schmerzlich. Ich grimassiere statt zu
lachen ... untertänigst mit Erlaubnis.

PRINZ VON WALES: Es gibt nichts Amusanteres.

GRAF KOEFELD: Die Zeit ist angefressen. Revolten zittern unter unseren
Füßen. Wir müssen Eisengesichter haben. Nieder die Kanaille ... Pardon.

PRINZ VON WALES: Die Weisheit ist nicht eingestellt auf das
Knochenzerschlagen, sondern sie lächelt, da sie nicht gewohnt ist, die
Dinge zu ernst zu nehmen. Man verdirbt sie dadurch.

GRAF KOEFELD: Skandale haben mitten in die Revolte hineingeführt. Allons
enfants ... lieber Mitrailleusen ... mit devoter Genehmigung gesagt.

PRINZ VON WALES: Im Gegenteil. Der sogenannte Volksgroll geht in kleinen
Vapeurs in den Azur. Gewitterbildung unmöglich.

AMY: Der Skandal?

GRAF KOEFELD: Säbel. Patronentasche. Panier hoch. Damit fürchten wir
letzten Endes selbst Wotan nicht. Versohlen die Fläbsche. Versohlen
gehorsamst.

AMY: Der Skandal?

PRINZ VON WALES: Alte Schule, Koefeld. Ihr Weltgefühl ist korsettiert.
Demokratisch ist für Sie ein Purgier. Mir heitres Brausepulver.
Beschäftigen Sie sich branchekundiger. Stiften Sie Ehen.

AMY: Aber: der Skandal?

GRAF KOEFELD _stramm_: Untertänigst, gehorsamst ... der Skandal?

AMY: Ich sterbe vor Ungeduld.

PRINZ VON WALES: Lord Mevil ...

AMY: ... der heute heiratet ...

PRINZ VON WALES: Lord Mevil, der heute heiratet, fand die Braut
entführt. Sein Riesenaufwand ist verpufft. Sein Goldvogel hat sich
verflogen. Ein Klügerer als dieser schöne Satan Mevil hat ihm das Haus
ausgeraubt zehn Minuten, eh er es betrat. Mevil ist nun bankrott.

HELENE: Und wer ...?

AMY: Wer?

PRINZ VON WALES: Der schönste Name Englands.

AMY: Das wäre Monseigneur.

PRINZ VON WALES: Ich mische mich nicht in die Bourgeoisie.

GRAF KOEFELD: Horrä. Horrä. Horrä.

PRINZ VON WALES: Man könnte mich dort abweisen. Man hat auch da Stolz.
Höher.

AMY: Der König.

PRINZ VON WALES _verneigt sich in den Spiegel, spielt mit der Drehung,
hustet. Koefeld macht Zeichen._

GRAF KOEFELD _näher kommend_: Monseigneur.

HELENE _mißverstehend_: Unmöglich.

PRINZ VON WALES _lächelnd_: Noch illustrer.

HELENE: Wie kann das sein?

PRINZ VON WALES: Herrlicher. Voll Ruhm. Voll Auszeichnung. Angebetet.
Von frischem Erfolg sekündlich umgeben.

HELENE: Ich kenne niemand. Nennen Sie ihn.

PRINZ VON WALES: Kean.

HELENE: Das ist unmöglich ...

PRINZ VON WALES: Woher wissen Sie das?

HELENE: ... daß Sie sich in Vergleiche begeben, die Beleidigungen für
Sie sind.

GRAF KOEFELD: Gnade Gott, daß der Kerl absagte. Rechts um Marsch. Das
Ganze Halt.

PRINZ VON WALES: London wird illuminieren. Flaggt. Läßt das
Betschuanenregiment mit Niggermusik und Trommeln über die Plätze ziehn.
Die Männer haben Schlaf. Kean ist gefesselt.

AMY: Wie reizend.

PRINZ VON WALES: Liverpool empfängt vom Meer her seine letzten Grüße.

   Langsam anschwellendes Lärmen, ohne Übereilung herankommend, lauter,
   weit geht die Tür auf. Mit großer, weltmännischer Bewegung herein
                              tritt Kean.


                               SZENE DREI

KEAN: Ein Zufall, den ich preise, obwohl er nicht ohne Tragödie ist,
setzt mich in den Stand des Vorzugs, der Gräfin Koefeld die Hände zu
küssen, dem Prinzen von Wales, Monseigneur, meine Achtung in dem
höchsten Maße der Ergebenheit zu bezeigen und dem Grafen Koefeld den
Widerspruch zwischen meiner Absage und meinem Erscheinen in einem Wort
der Bewunderung und der Bitte zugleich zu erklären.

PRINZ VON WALES: Wir zählten nicht auf Sie, in der Tat. Ich danke für
die doppelte Konfusion. Ich erinnere mich eines Gascogners, der daran
litt, doppelte Muskeln zu haben. Man gab ihm Milchbäder, er machte sie
zu Butter. In der Tat, ich erinnere mich mit Vergnügen der Geschichte.

KEAN: Die Gerüchte sind falsch, die Konsequenzen ungültig, ich
unschuldig. Darf ich Beweise ...

PRINZ VON WALES: Ich also ein Lügner?

KEAN: Monseigneur, der, welcher Sie belog.

PRINZ VON WALES: Ihre Dokumente?

KEAN: Ich kam hierher, da ich Sie hier wußte. Man betritt kein Haus
lieber als das, in dem man sicher ist, die Verfolgten geschützt zu
sehen.

PRINZ VON WALES: Seltsam, damit zum Prinzen von Wales zu kommen.

KEAN: Und dies mit einem Brief, der beweist, daß es keine schönere
Aufgabe ist, als für die Verteidigung einer Frau und der Wahrheit selbst
vor der Ungnade des höchsten Protektors zu stehen. Den Brief ließ Daisy
Miller in meinem Zimmer, als sie mich nicht antraf. Der Spion versäumte
zu sagen, daß sie es nach zwei Minuten verließ.

AMY: Lesen Sie.

KEAN: Nicht ich.

PRINZ VON WALES: Lesen Sie.

KEAN: Wer bin ich, Monseigneur? Ich bin der Schauspieler Kean. Ich bin
nicht töricht genug, zu wissen, daß dies viel ist, so wenig es vor Ihnen
ist. Aber was bedeute ich in einer Sache, die Keuschheit und Würde
verlangt. Habe ich ein Echo in feinen Dingen? Man schreit Don Juan,
Verräter, Wüstling, Komödiant. Man horcht auf meine Stimme, wenn ich
Romeo spiele. Was bin ich als Mensch diesen anderen Menschen? Nimmt
jemand mich voll außer Monseigneur? Ich fürchte, daß meine Stimme nicht
den Vorzug hat, so vor der Wahrheit zu stehen, wie mein Wille es tut.

GRAF KOEFELD: Akzeptiert. Unaufgefordert. Da Sie den Prinzen von Wales
suchen, bitte, Ihre Bitte nicht aufzuschieben, mit der Sie sich
annoncierten. Seine Wünsche sind Ordres. Höflichkeit, sie zu befolgen,
die geringste Pflicht der Untertanen.

KEAN: So darf ich mich vor der Gräfin Koefeld neigen, denn nur wenn die
Ehre dieser Frau und ihr Name sich anschickt, ja sagend und gütig sich
beugend, zur Unschuld der ärmeren und unbedeutenderen Schwester
herunterzukommen, wird erst Gerechtigkeit sein und die Unschuld so gut
gepaart sein, daß es überzeugt.

PRINZ VON WALES: Kean.

KEAN: Selbst Ihr Rang und Ihre Macht, Monseigneur, sind nur eine Stufe
der gestaffelten menschlichen Vollkommenheit und ein schöner Vorposten
der menschlichen Gesetze. Verzeihen Sie meine Kühnheit, wenn ich die
große Rührung, die von dem schlichten Mund der unbestechlichen und
erhabenen Wahrheit ausgehen, darüber stelle. Die Unbedingtheit der
gerechten Äußerung kommt nur aus der Würde einer verehrungswürdigen
Frau.

PRINZ VON WALES: Geben Sie der Gräfin den Brief.

AMY: Sagen Sie Ihr Kommentar.

HELENE: Ich möchte ihn nicht lesen.

KEAN: Ich verehre das Übermaß an Zartgefühl, das nicht in die Feinheiten
anderer Schicksale fassen will, Gräfin. Ich, der ich erbärmlich bin vor
der Größe Ihrer Augen, nur ein Sujet, ein Quelconque, nur ein Mann,
irgendwelcher, nur Kean, ich flehe Sie an, aus einer übertriebenen
Feinfühligkeit kein Opfer zu machen.

GRAF KOEFELD: Geben Sie der Gräfin diesen Brief. Unbesorgt. Voran.
Junger Mann. Zivilcourage!

KEAN: Darf ich die größte Beleidigung wagen, die Monseigneur angetan
wurde, und ihn bitten, die Gräfin meine Erklärungen allein aufnehmen zu
lassen, damit die Wahrheit, die ja im einzelnen der private Besitz
anderer Menschen ist, aus ihrem Munde Ihnen zurückgegeben, ohne jeden
Klatsch nur mit der endgültigen Sicherheit des Satzes schließe: Kean ist
unschuldig, und die verfolgte Frau ist es auch.

   Der Prinz führt die beiden in den Hintergrund, lächelnd, sich
                              verbeugend.

GRAF KOEFELD: Tontauben, Monseigneur. _Sie gehen zum Balkonfenster
hinaus._ Peng ... Schräg ... zu hoch -- Patronen. Dank ... Monseigneur.
_Man sieht sie draußen, hört sie, sieht ihre Schatten._

HELENE: Sie haben mich in eine Lage gebracht, die ich Sie büßen lasse.

KEAN: Da ich in einer guten Sache mein Leben zum erstenmal dem Ihren
mische, kann nur ein gutes Schicksal über uns stehn.

HELENE: Ich wünschte, Sie verließen mich in derselben Sekunde.

KEAN: Ich werde Sie verlassen, wenn ich, nicht, wenn Sie es wollen.

HELENE: Den Brief. _Liest, hält ein, weicher, beruhigter_: Sie haben
recht.

KEAN: Versprechen Sie mir, den Brief fertig zu lesen.

HELENE: Ich las.

KEAN: Die Rückseite ist auch beschrieben. Ich fürchtete, meine Stimme
würde nicht reichen, diese Minute zu ertragen.

HELENE: Die Rückseite ...

KEAN _nimmt ihr das Papier aus der Hand, hält es vor sich_: Ich werde es
Ihnen lesen, Gräfin, ich kann es Ihnen lesen. Ich lese rasch, Gräfin, es
geht um jede Seligkeit; ich habe eine Stunde seit Monaten gesucht, die
eine Dame Ihrer Position mir geben kann, ohne sich zu kompromittieren,
ich gäbe mein Leben für diese Stunde, es sind nur zwei Minuten jetzt,
sie vorzubereiten, Gräfin, zwei zufällige Minuten, zwei noch vor einer
halben Stunde ungeahnte Minuten; auch sie genügen, aber ich bin kurz.
Lassen Sie Ihren Wagen vor dem Theaterbüro halten, nehmen Sie ein
Billett, winken Sie mit dem Fächer. Der Billetteur ist mir ergeben. Sie
kommen in Schwarz, mit einem Schleier. Durch einen geheimen Gang kommen
Sie in meine Loge. Ich werde es Ihnen ins Blut setzen, daß Sie es nie
vergessen ...

HELENE: Halt. Ich habe genau zugesehen. Sie haben gelogen. Es stand
nichts auf der Rückseite. Das Papier war leer.

KEAN: Als ich hierher ging, hatte ich nichts im Sinn als das Schicksal
einer Unschuldigen.

HELENE: Sie vergaßen den Grund Ihres Kommens rasch.

KEAN: Ich riß aus der Sekunde, als sie mir nahte, was sie mir geben
konnte.

HELENE: Sie setzen Ihr Leben aufs Spiel.

KEAN: Tue ich es nicht auch, wo ich für die Unschuldige eintrete?

HELENE: Das erste war echt. Ist das zweite mehr wie Wahnsinn? Gibt es
zwei Dinge so nebeneinander? Und echt? Verwunderlich.

KEAN: Prüfen Sie.

HELENE: Ich kann es. Ich kann auch die Hunde rufen.

KEAN: Sie kommen in die Loge!

HELENE: Verlassen Sie sich nicht auf die Kühnheit Ihres Wahnsinns.

KEAN: Durch den Gang in meine Loge. Sie kommen das erstemal, wenn ich
wieder spiele. _Die Gräfin Koefeld stampft mit dem Fuß auf, Kean
klatscht in die Hände, verbeugt sich vor Helène, ruft nach rückwärts_:
Monseigneur, Graf Koefeld, die Gräfin Goswil auch, ich vergaß ... ich
erbitte tausendfach Entschuldigung ... die Gräfin hat gehört. Ich habe
geredet.

HELENE _stockend_: Der Herr ist ... unschuldig -- -- und Daisy Miller
... auch.


                        Schluß des ersten Akts.



                                AKT ZWEI


   Zimmer bei Kean. Links Ausgänge nach zwei Nebenräumen. Rechts
   Eingang. Atelierhaft, Holzskulpturen, Teppiche, Diwane. Nach
   einer Nacht. Betrunkene in grotesken Schlafstellungen: Kean, Tom,
                  David, Bardolph. Es ist noch dunkel.


                               SZENE EINS

LORD MEVIL _erscheint mit drei Leuten und Laternen_: Besetzt die Türen.
_Geht durch den Raum und rasch in die anderen schauend._ Hier sieht es
nicht nach Weibern aus. Alles Betrunkne. Gebt sofort Knebel, wenn sich
einer regt. Welches ist der Entführer? _Eine Laterne zeigt auf Kean._
Der soll sie mir geraubt haben? Für meinen Stolz unmöglich. Für den Plan
gut. Diese Kreatur voll Wein bindet mit mir an? Gelächter, Mevil! Er ist
in meiner Macht, ich werde ihn nicht berühren. Wie kann ein Bursche, der
jedem Feind so preisgegeben lebt, ein Gegner sein? Belauert ihn. Was ich
besitzen will, werde ich besitzen. Was ich greife, laß ich nicht los.
Hinunter an die Tore. Ich brauche Geld in irrsinnigem Ausmaß. Welches
Ziel hab ich noch nicht erreicht? Bewacht die Ausgänge gut. _Ab mit
seinen Leuten. Aus einem Nebenraum mit einer Kerze Salomon. Er stellt
die Kerze neben Kean, dann schießt er mit einem Terzerol in die Luft;
Kean steht auf._

KEAN: Wie oft hast du geschossen?

SALOMON: Einmal.

KEAN: Ist ein Brief von einer Frau da?

SALOMON: Nein. _Kean mit einer Geste ins Nebenzimmer. Durch den Eingang
ein Jüngling._ Halt. Woher? Wen suchen Sie?

JÜNGLING: Kean.

SALOMON: Den sucht jedermann. Hast du nicht vielleicht einen Busen über
deinen Männerhosen? Mit welcher Legitimation?

JÜNGLING: Der, daß ich frage, wollen Sie, daß ich auf dem Seil oder den
Fingerspitzen einmarschiere? _Schlägt ein Rad._

SALOMON: Welche Truppe?

JÜNGLING: Truppe Bob.

SALOMON _erschrocken_: Truppe Bob. Wird Kean erfreut sein oder geärgert?
Sieht er heut seine Vergangenheit verliebt oder verächtlich? junger
Mann, wenn Sie Mut haben, bleiben Sie, wenn Sie ängstlich sind,
verschwinden Sie.

JÜNGLING: Ich habe Aufträge und bleibe.

SALOMON: Dann ist zweierlei zu bedenken. Kommt er und sieht die Kerle,
saufen sie bis zum Abend. Scheinbar wird aber eine Frau erwartet. Ich
weiß nicht, welche. Am besten jagt man die Bande weg. Wie es kommt, ich
werde das Falsche getan haben. Schicksal. _Singt_: Ach Gottsche, schenk
mern Hambelmann, un e Kordel dezu, daß er zawwele kann.

JÜNGLING _öffnet ein Fenster, dämmrighell_: Wirf sie in die Themse.

SALOMON: Wassertod wäre die grausamste Exekution. Du hast Humor. Ich
liebe nicht Affairen mit den Konstablen. Wir haben genug. Dafür gibt es
einen andern Stil. _Weckt mit einem Hammer Tom._

TOM: Caramba, Sennor. Die Faust in Ihre Gurgel.

SALOMON: Ich werde Euch eine Sache an den Hintern henken, an der Ihr
kein Werft schleppt, bis Ihr verreckt.

TOM: Ich trete dir in den Bauch, daß der Hund in deinem Wanst zu bellen
anfängt.

SALOMON: Du Bauchredner deiner Trübseligkeit, er würde vor Vergnügen zu
lachen anheben, weil er dich für einen Hirsch hält, obwohl du in
Wahrheit nur eine Sau bist, die den faulsten Huren die Männer zutreibt.

TOM: Dafür sollst du dreimal gespien verdammt sein, daß du solche Lügen
erfindest. Ich bin sowenig ein Hirsch wie du ein Hund, denn du stinkst
schon zu verwest, du Aas.

SALOMON: Wegen der Hörner, du Klauenbiest.

TOM: Dann hast du deshalb gelacht in deinen Wanst, weil deine Augen vor
Besoffenheit so verklebt sind, daß du gar nichts siehst.

SALOMON: Weil vor einer halben Stunde ein Rotrockweib auf einem Kahn
vorbeipaddelte, heraufgrinste und eine Harmonika erbärmlich schaukelte.

TOM: Wenn das um zehn war, ist es jetzt halb elf.

SALOMON: Aber wenn du bis in die Ewigkeit hinein meckerst, kriegst du
den Wettlauf mit der halben Stunde nicht wieder herein, und wenn dein
Rüssel sich zu einer Kilometerschnauze auswächst, denn damals waren hier
vier und nun sind drei.

TOM: Dann schlag ich dem Kean den Stirnknochen auf und schlitze die rote
Sau von unten bis oben, wenn ich sie erwische. Dann kannst du betteln,
alter schlottriger Darm. _Geht dröhnend ab._

JÜNGLING: Hast du ihm nicht gefährlich eingeheizt?

SALOMON: Sein Hirn ist so feig, wie sein Maul vor Unflätigkeit groß. Es
ist schon so ausgefranst, daß es bald die Ohren erreicht hat und sie
abfrißt auf seinem Weg um den Kopf.

JÜNGLING: Wie das Zeug hinausgeht, ist gut. Aber wie kam das Zeug
herein?

SALOMON: Kean wollte eingeschlossen sein und ausruhn. Aber er hat seine
verdammten Launen.

JÜNGLING: Ihr schloßt ein.

SALOMON: Er holte sich Gesindel durchs Fenster. Achtzehn Flaschen dann
auf vier Mann. Wie leicht Hoch und Niedrig sich einigen, ahnt man nicht.
_Weckt David._

DAVID _fällt aufs Knie_: So will ich Gott den milden Herren beim Aufgang
jedes Gestirns loben, daß er mich einfältige und fleischliche Kreatur
über Nacht auf dieser Erde wohlgefällig erhielt.

SALOMON: Fromme Wanze. David!

DAVID _abwesend_: Eins, zwei, drei, vier, fünf. Anwesend. David
anwesend.

SALOMON: Amen. Willst du eine Heldentat vollbringen?

DAVID: Ich habe keine Neigung nach dem Tod. Wenn der Herr zwar mich
ausersehen, so sage ich: Ich bin bereit.

SALOMON: Du hast Kean dreiundachtzigmal geschworen, daß du alles ihm
opfern willst. Vergißt du deine sanfte Grimasse, wenn die Flaschen wie
leere Kinderhälse rülpsen?

DAVID: Warum beschämst du mich falsch? Weißt du nicht, daß, wenn Kean
will, ich folge mit verbundenen Augen.

SALOMON: Vor einer halben Stunde, als Kean am Fenster stand, fiel ein
Kind in die Themse und Kean sagte ...

DAVID: Was sagte Kean?

SALOMON: David ...

DAVID: Er erinnerte sich meiner Armseligkeit.

SALOMON: ... David ist der einzige, der es retten könnte ...

DAVID: Hei, ein gütiger Gedanke von Kean, Herr.

SALOMON: Denn er ist, sagte Kean, der einzige, der mit Salbung so geölt
ist, daß ihm Wasser nicht schadet, er schwimmt wie mit Schwimmfüßen auf
heiligen Sprüchen stundenlang.

DAVID: Es war sein Wunsch? Du sagst mir es jetzt erst. Nach welcher
Seite floß das Kind?

SALOMON: Stromaufwärts wie alle Kinder. Hinauf. Hinauf. Es schrie nicht
mal.

DAVID: Welch ein Glück, Salomon. Du bist weiser wie Sancho Pansa und
Hamlet. Kean wird zufrieden sein mit dem schwachen Theologen. Welches
Glück. Sagt Kean: Gehe -- so geh ich. Bleibe, so bleib ich. Er sagte:
Gehe. So geh ich. _Ab._

SALOMON: Der heißeste Topf. Wird mit Wasser gelöscht. _Weckt Bardolph._
Meine Gratulation. Meinen Glückwunsch.

BARDOLPH _in einem Löwenfell, brüllt, bläst sich auf_.

SALOMON: Welche Haltung!

BARDOLPH: Du gratulierst mir.

SALOMON: Dieselbe Haltung, in der du Kean erledigtest.

BARDOLPH: Ich gab es ihm.

SALOMON: Allzutrefflich. Nie hörte man solches Geschrei. Ohnmächtig
rutschte Kean seine Stimme in den Magen. Er spie.

BARDOLPH: Ich hätte ihn gern erwürgt, wenn er auf der Bühne alle
Applause einsteckte, als seien es Äpfel. Wer war es aber, der dem
Publikum den Eisschreck in die Blase gejagt? Wir müssen auch einmal an
die Rampe, der Tag des Sieges hat auch für uns seinen Sonnenaufgang.
Glaubst du, ich werde nun Hamlet spielen? Er verzichtet?

SALOMON: Nein.

BARDOLPH: Warum?

SALOMON: Kean läßt sich den Magen auspumpen. Er schwor, dich
totzusaufen, damit du ihm nicht gefährlich wirst.

BARDOLPH: Dann ists im Sinne der Menschheit, wenn ich meine Stimme
erhalte. Gehe ich, bin ich der Sieger. Bleibe ich, spielt mir das
Schicksal einen Streich. Seien wir klug, Bardolph.

SALOMON: Wenn dich der Sieg Aug in Aug nicht reizt. Mit diesem
Brustkasten, solchen Muskeln.

BARDOLPH: Roheit. Ich will in einer höheren Arena nunmehr meine Nüsse
knacken.

SALOMON: Halleluja. David wartet. Mann, vergiß dein Fell nicht, deine
Stimme könnte drin stecken.

BARDOLPH: Roheit. _Stelzt mit Ringerpose ab. Jüngling ihn verhöhnend
hinterher._


                               SZENE ZWEI

KEAN _in fabelbaftem Bademantel_: Meinen Kragen, mein Frühstück. Ist
Rotwein da? Wo sind die anderen?

SALOMON: Sie haben sich eilig verabschiedet.

KEAN: Du läßt meine Gäste laufen, schaß dich in deinen Souffleurkasten.
Man läßt meine Gäste nicht ohne Frühstück laufen. Ist Rotwein da?

SALOMON: Jamaika-Rum.

KEAN: Pest. _Schreiend._ Was ist das für einer?

SALOMON: Ich drehe die Dusche im Badezimmer ab. _Ab._

KEAN: Was bist du für einer?

JÜNGLING: Artist.

KEAN: Welches Engagement verschafft mir die ... Zufälligkeit?

JÜNGLING: Auf dem Seil, auf den Händen. Die Truppe Bob erinnert sich an
Kean.

KEAN: Sapristi. Du bist ein Neuling. Ich kenne dich nicht. Welche Zeit
ist es? Mach die Läden auf. _Ganz hell._ Beweis dein Handwerk. _Jüngling
schlägt ein Rad._ Was willst du?

JÜNGLING: Soll ich über den Fenstergurt laufen?

KEAN: Wie geht es Bob?

JÜNGLING: Seine Frau legte ihm das dreizehnte Ei, rötlich, gesund, mit
O-Füßen, es wird Clown. Den Mittag wird es getauft. Bob verplatzt an
seiner Trompete vor Wonne. Sein Herz ist zerbrochen, seit Kean ihn
verließ.

KEAN: Well?

JÜNGLING: Macht den Niagarasprung mit drei Säbeln.

KEAN: Riny?

JÜNGLING: Damned. Die schwarze Maus liegt in allen Betten. Verdorren
soll ich.

KEAN _reißt ihm die blonde Perücke ab_: Ich war der erste, der dich
hatte. Ich habe dich sofort erkannt, Riny. Setz dich her. Küß mich.

RINY: Warum machst du ein zorniges Gesicht?

KEAN: Weil, wenn ich dich sehe, ich mein Leben leid werde.

RINY: Du kannst mich schlagen.

KEAN: Du verstehst mich nicht. Die Strecke, seit du das erstemal bei mir
lagst, bis heut ist zu lang für dein Hirn. Hör, hast du mich spielen
sehen, hast du gedacht, daß es eine Sache sei, mein Spiel, meine Rolle,
meine Stimme, wie ich gehe, wie die Leute schreien, klatschen?

RINY: Ich habe es gedacht.

KEAN: Hast du gesehen, mit wem ich im Wagen fuhr -- seid Ihr so lang
schon hier --, wie ich angezogen bin, wie ich esse, lebe, wohne? Hast du
gedacht, daß ich zufrieden, glücklich sei, daß meine Position, Geld,
Ansehn Dinge sind, in denen sich leben läßt?

RINY: Ich habe es gedacht.

KEAN: Dann hast du einen idiotischen Unsinn zusammengedacht. Dies Leben
ist zum Kotzen elend. Ich tauschte sofort mit dir. Iß Austern, ich aus
dem Sack. Gute Zeit war, als wir auf dem Planwagen von London nach Essex
zogen.

RINY: Ich habe eine Frage.

KEAN: Was willst du? Was will man, wenn man zu mir kommt? Karriere.
Empfehlung. Verkuppelung. Dummes Tier. Du weißt nicht, wie gut es dir
ging. Pfui Teufel!

RINY: Meine Mutter muß vor der Geburt meinen Verstand mit dem Stock
versohlt haben. Ich verstehe dich nicht.

KEAN: Das gefällt mir. Besser in Lappen Berge sehn wie als Hure
schlemmen. Ich beneide dich um den Himmel voll Freiheit. Wiesen, Dörfer,
Flüsse, -- habe ich das nicht einmal gesehen? Man zündet Feuer an, wann
man will. Man zieht in kleine Städte mit Trompeten, nachts still hinaus.
Rechts oder links fahren ... wie man will. Ich habe meine Jugend gelebt.
Verdammt, es war schön. Könnte ich das noch einmal durchmachen, ich
platzte. Das sind so Träume. Was willst du eigentlich?

RINY: Ich wollte nachsehn, ob du nicht so verrückt geworden seist, daß
du den Mittag an der Taufe von Bobs dreizehntem Ei mitmachen könntest.

KEAN: Warte! Eine Sekunde. Wenn ich von Tom einen Anzug liehe und einen
Wagen kaufte, würden die Mäuse, der Regen, die Kälte, die ja nicht so
arg sind wie Neid und Gemeinheit und Lügerei, dich anziehn oder
abstoßen? Vielleicht kommt mir einmal der Plan. Was weiß man von seinen
Plänen?

RINY: Ich ziehe es dann vor, Kean auf seinen Landkonzerten zu begleiten.

KEAN: Süßer Affe. Küß mich. Ich sag dirs, wenns mir so ist. Bob grüßt
du, den Mittag komm ich zur Taufe. Hast du Geld? Wo feiert ihr?

RINY: Bei Patt. Ich marschiere. Dein Diener sagt, du erwartest eine
Frau. Ich lasse Patt herrichten.

KEAN: Der Teufel soll den kneifen, der lügt, ich erwarte eine Frau.
Vergiß das Geld nicht. Geh jetzt. Vergiß das andere nicht.

RINY: Du könntest sagen ebensogut, ich solle meinen Kopf nicht
vergessen. _Ab._

KEAN: Salomon! _Erscheint._ Wer wird erwartet?

SALOMON: Kann ich erwarten, besser zu wissen wie Sie, welche Erwartungen
Sie haben?

KEAN: Du hast dem Seiltänzer von einer Frau gesprochen, die ich erwarte.

SALOMON: Ich habe erwartet, daß er eine Frau sei, deshalb habe ich
vielleicht die Erwartung einer Frau ausgesprochen.

KEAN: Ich werde dich auf Warten dressieren. Du gehst jetzt gleich in die
Straße und vor das Haus, das dieses Bild zeigt und diese Adresse, und
wartest, bis die Dame herauskommt. Oder du fragst nach ihr, indem du
etwas zu verkaufen vorgibst. Du merkst dir die Dame und ihren Gang so,
daß du sie auch in Verkleidungen erkennst. Dann kommst du zurück.

SALOMON: Den Gang will ich gerne sparen. Die Dame kenne ich.

KEAN: Woher?

SALOMON: Als ich Sie gestern suchte, frug ich bei Monseigneur und hörte,
daß Sie dort frühstücken. Ich bin nicht faul und gehe dahin, aber es war
ein Irrtum. Da sah ich die Dame.

KEAN: Warum hast du mich gesucht?

SALOMON: Eine Dame war hier und bat mich, Ihnen zu sagen, daß sie
wiederkomme.

KEAN: Also wird doch eine Frau erwartet. Warum schleichst du auf Umwegen
immer ans Ziel, du Serpentine?

SALOMON: Ich fand Sie nicht mehr, und wenn die Dame sagt, sie erwarte
morgen Sie zu sprechen, so wird sie doch nicht erwartet, sondern sie hat
selbst nur Erwartungen.

KEAN: Laß den Unfug, mit dem du deine Vergeßlichkeit groß machen willst.
Du meldest den Mittag dich bei mir auf dem Artistenfest. Du bist dann
zeitig im Theater und auf alles gespannt. Am Büro öffnest du die
separate Tür. Du läßt die Gräfin Koefeld, auch wenn sie verschleiert
ist, in meine Loge durch den Gang und die Wandtür führen. Vor der
Vorstellung. Wenn dir mein Lachen lieb ist. Wenn sie nicht kommt, werde
ich verrückt.


                               SZENE DREI

DIENER _mit Karte_: Die Dame wird erwartet.

KEAN: Daisy Miller.

SALOMON: Ich warte nicht länger. _Im Abgehen._ Es ist der Name der Dame,
die erwartet, erwartet zu werden. _Singt_: Ach Gottsche, schenk mern
Hambelmann, un e Kordel dezu, daß er zawwele kann.

KEAN: Herein die Dame. Mein Frack. _Springt hinter eine Portiere, wo er
sich, sichtbar dem Parkett, aber nicht der Eintretenden, fertig umzieht
mit Hilfe des Dieners, der zu ihm kommt, nachdem er Daisy hereingeführt.
Daisy bleibt mitten stehen, sieht sich um._ Sie haben mich verfehlt,
verzeihen Sie; durch die unentschuldbare Haltung meines Dieners erfuhr
ich zu spät ... Sie sind Daisy Miller?

DAISY: Ich kann nicht widersprechen. Doch ich wünschte, es nicht zu
sein.

KEAN: Dann könnte Ihr Wunsch nur sein, Lady Mevil zu sein.

DAISY: Dem widerspricht meine Handlung.

KEAN: Die werden verfolgt?

DAISY: Als ich auf die Straße trat, war ich verstoßen, Waise,
vermögenslos.

KEAN _herauskommend im Frack_: Ich sehe keine Verzweifelte. Nur Anmut.

DAISY: Ich nahm Ihren Namen mit.

KEAN: Den schlechtesten Kredit.

DAISY: Es wog mir den Mut auf, den Tod nicht diesem Gespräch
vorzuziehen.

KEAN: Kommen Sie zu Ihren Wünschen.

DAISY: Da ich ein Leben ohne Glück geführt habe, bin ich auf seine
Änderung bedacht. Ich war im Kloster bis vor Wochen erzogen. Ich löste,
als ich die Enge meiner mir aufgeredeten Entschlüsse erkannte, die
Verlobung mit Mevil. Ich verließ eine Stunde vor der Vermählung das Haus
meines Vormunds. Ich komme zu Ihnen, weil ich Ihren Beruf ergreifen
will.

KEAN: Ich habe keine Verantwortung für Ihr Leben.

DAISY: In Drury-Lane dachte ich: wenn ein Mensch sich in so vielen
anderen verkörpern kann und ihre Leidenschaft und ihr Herz mit so
strenger Wahrhaftigkeit von sich zu geben vermag, muß es ein
zuverlässiger Mensch sein. Wären Sie groß und mächtig nur, hätten Sie
mich nie gesehen.

KEAN: Was habe ich mit meinen Rollen zu tun? Sie kennen mich nicht.

DAISY: Wer mein Herz zu solchen Tränen gerührt hat, kann nichts anderes
als mein Vertrauen verdienen.

KEAN: Ihr Vertrauen belastet mich. Ich lehne es ab. Was wollen Sie?

DAISY: Ich sah Sie spielen. Das änderte mein Leben ...

KEAN: Chüt ... chüt ...

DAISY: Das hat mich zu meinen Entschlüssen tapfer gemacht. Denn wenn ein
Mensch vermag, sich in anderen so sehr zu erschöpfen und darin zu leben,
ist das der einzige Weg aus der Enge in die Freiheit.

KEAN: Kein Weg für Sie.

DAISY: Ich fühle den Drang zu keinem andern. Im Traum, am Tag kamen die
Stimmen, die Bewegungen der Frauen aus den Stücken, in denen ich Sie
sah, und verbinden sich mit mir. Ich ahme sie nach und bin voll Freude.
Helfen Sie mir, so werde ich die einzige Hilfe haben, deren ich bedarf.

KEAN: Ich verweigere sie.

DAISY: Dann werde ich den Tod leicht zu nehmen wissen in der Gewißheit,
daß dies der bessere Ausweg für mich ist, den Sie beschlossen haben, um
mich, zu Schwache und Unwichtige, anderem Schicksal zu entziehen.

KEAN: Ihre Drohung ist groß. Diese Belastung von mir ist schon Irrsinn.
Sie verdienen die grausamste Antwort.

DAISY: Ich kann nichts anderes von Ihnen erwarten wie die Wahrheit.

KEAN: Setzen wir Ihr Talent voraus. Haben Sie das Leben bedacht?

DAISY: Ich kenne es nicht.

KEAN: Bleiben wir bei den sichtbaren Dingen. Fünf Monate Anfangsstudium
ist das Minimum für ein Genie. Sie debütieren. Mit auffallendem Erfolg.
Ich nehme die phantastisch-günstigsten Fälle. Man bietet Ihnen eine
Jahressumme, die die Hälfte dessen deckt, was Sie für seidene Strümpfe
brauchen.

DAISY: Das Vermögen, das ich seit meiner Flucht nicht mehr besitze, war
durch meiner Vorfahren äußersten Fleiß erworben. Ich bin gewohnt, zu
entsagen.

KEAN: Zu hungern. Schlechte Romantik. Gut. Aber ... die Kleider, die
Ringe, die Pelze, die Reiher, den Samt?

DAISY: Ich werde sparen.

KEAN: Womit? Die Zeit ist grausamer als das Leben. Sechs Jahre braucht
eine Venus, um unvergleichlich zu sein. Sie werden vorher Ihr einziges
wichtiges und letztes Kapital angreifen und verzehren müssen.

DAISY: Ich habe keines.

KEAN: Sie haben eines. Daß Sie sehr schön sind, ist gut und ist
schlecht. Sie werden Ihre Liebhaber haben.

DAISY _läßt ihren Schleier fallen_.

KEAN: Daß Sie unvergleichlich hohe Beine haben, wird Ihnen ebenso
unvergleichlich schaden. Daß Ihr Haar reich und Ihr schmaler Busen
köstlich ist, wird Signal zu dem Wettlauf der Vielzuvielen werden. Daß
Sie in Notlage sind und vom Schicksal arm bestimmt durch Ihren
tragischen Entschluß, wird Sie vor die bitterste Entscheidung zwingen,
ob Sie sich, ob Sie Ihr Ziel erreichen wollen. Geben Sie sich selbst
aber in das Furioso der Preise, die darauf geboten werden, um auf der
anderen Seite Ihrer Sehnsucht Ihr Ziel zu erreichen, so haben Sie alles
eingesetzt, um vielleicht nichts zu erreichen. Dann ist Ihr Herz
verdorben, und Ihre Beine sind verbraucht von den Männern, und Ihre
Brust hat keine Frische mehr, und Ihr Herz ist elend.

Beweisen Sie, daß Sie robust genug sind, die heulende Furie der Kunst
auch durch das Dasein so entsetzlicher Perspektiven mit gleicher Kraft
wie Ihre Sehnsucht danach zu tragen. Dann rede ich Ihnen erst zu.

Haben Sie im günstigsten Fall Männer, die Ihnen geben und nicht fordern,
die Sie lieben und die Sie nicht kaufen, bricht die Kloake der Angriffe
in anderen Höllenstürzen los. Affenhafte haarige kleine Schreiber,
krähende Regisseure, geschwollene Intendanten werden Sie tadeln,
schmähen, fordern, zurückstellen, verfolgen mit einer Systematik, von
deren Gründlichkeit Sie sich keine Vorstellung geben. Und wenn Sie, von
grellen Reflektoren bis in Ihr intimstes Boudoir jeweils beleuchtet,
ausgeschrien und entkleidet, gejagte Hindin, atemlos von der Jagd,
verzweifelt einem der Jäger sich geben, hat der andere Schwarm schon
sein Halali begonnen. Sie entweichen nicht. Haben Sie das Leben bedacht?
Gestehen Sie, daß Sie die Barriere unterschätzten, die es vor Ihre
Absicht legt. Ihre Knochen sind sehr zart, aber Ihr Herz ist groß. Ihre
Beine sind zu schön für solche Exkursionen.

Beweisen Sie mir, daß die Zartheit Ihres Lebens so stählern und hart
ist, um unbeschmutzt und unzerschlagen aus dem herauszukommen, und ich
rede Ihnen zu.

DAISY: Ich kann Sie nicht bitten, zu schweigen.

KEAN: Sonst hätten Sie das Recht, mich später zu verfluchen.

DAISY: Jeder Ausgang kann nur Dank für Ihre Güte sein.

KEAN: Sie werden die Arme nach der Gerechtigkeit ausstrecken, aber Sie
werden ein Schwein umarmen.

DAISY: Was müssen Sie gelitten haben.

KEAN: Ich?

DAISY: Nichts von alledem kann an Ihnen vorübergehn.

KEAN: Ich bin ein Mann.

DAISY: Ich bedaure Sie. Daß eine gerechte Sache soviel kostet ist
teuflisch.

KEAN: Was kümmert mich der Kleinkram? Habe ich nicht eine Leistung in
der Hand wie wenige im Jahrhundert? Kümmern mich die Schreiber, Spione,
Paraden des Schmutzes? Oh. Wissen Sie, daß ich ein gutgewachsener Mann
bin und zu lachen weiß? Wer kann an mich heran? O, das ist alles nichts,
wo die tragische Lüge unserer Berufung uns immer viel tiefer sekündlich
verhöhnt.

DAISY: Wer solche Tränen geweckt, solche Leidenschaften gelöst und
solche Liebe gerufen hat, kann nur glücklich sein.

KEAN: Ich zöge es auch vor, lieber als Publikum vor meinen Talenten zu
grinsen, statt die teuflische Meute selbst im Bauch zu haben. Bin ich
denn nicht auch alles das, was ich spiele, und reißt es mein Leben nicht
in sechs Teile auseinander? Seltsame Späße reißen mein Dasein ein;
sapristi, wenn Sie die Späße kennten, die durch einen Tag meines
Verstandes durchrollen! Ich will auf dem Rücken liegen und Wolken ansehn
immerzu, Gnädige, am Wasser über Bergzacken hin. So bin ich einer. Ich
will ein Heer kommandieren, so bin ich in einer Stunde. Ich will einen
Mord begehen zum Mittag, so bin ich einer. Ich will im grünen Wagen
hinausfahren durch Feuer und Dörfer und Kinder hinter mir her haben, die
meinen Namen schreien, so bin ich einer später. Das alles drängt und
stößt durch meine Brust und wechselt einander ab wie die Schildwachen,
straff und mit Gewalt, gespannt und auf Letztes bereit. Ahnen Sie, an
welchen Abgründen ein Tag vorbeiführt? Vermögen Sie zu verstehen, welche
Höllen neben welchen Seligkeiten liegen? Und doch im Grunde bin ich
nichts, was bin ich? Werde ich Wolken ansehn, werde ich Soldaten haben,
welche Späße, Gnädigste, werde ich niemals mit dem grünen Wagen fahren?
Ich werde keine von den Späßen leben, die mir ins Hirn gerollt sind. Es
bleibt nur der fahle Schatten, der abends von Applaus umbellt ist, wenn
er die Lüge dieser oder jener Existenz heruntergespielt hat. Es bleibt
die Übelkeit, in Wahrheit nichts gelebt zu haben und sich und anderen
für Stunden ein Betrug gewesen zu sein. Bleibt eine Tat, eine Handlung,
etwas mehr als drei Tage Geschrei, wenn ich diese Sümpfe mit den seligen
vertausche? Und wen soll ich gerührt, wen erschüttert, wen, mein Gott,
für sein Leben gezeichnet sehen, wenn nach dem Abklatschen des Vorhangs
und dem Erlöschen der Lichter ich alle Menschen die Gesichter wechseln
und mit gewohnten Fratzen in den Karneval ihrer Erbärmlichkeit
zurückkehren sehe?

DAISY: Wer mit solcher Kraft in einer Hölle steht, muß ein gerechter
Mensch sein. Warum haben Sie die Hölle sonst nicht verlassen?

KEAN: Weil ich sie liebe.

DAISY: Trotzdem sie zerreißt?

KEAN: Fragt eine Leidenschaft nach Gefahr?

DAISY: Sie leiden. Aber Sie wissen nicht, warum.

KEAN: Drehen Sie die Lanze herum? Reden Sie mir plötzlich zu? Was soll
dieser Ton?

DAISY: Ich habe eine seltsame Erkenntnis gemacht.

KEAN: Ihr Entschluß?

DAISY: Richtet sich nach Ihrer Äußerung.

KEAN: Kehren Sie zurück.

DAISY: Ich werde dort bedenken, was Sie gesagt haben.

KEAN: Denken Sie nicht nur. Entschließen Sie sich.

DAISY: Vielleicht werden Sie meinen Entschluß so nötig haben wie ich den
Ihren.

KEAN: Was planen Sie?

DAISY: Nichts, als daß ich von jetzt ab weiß, daß ich eine neue Mission
habe.

KEAN: Gehen Sie zurück, und beweisen Sie mir, daß Sie, ohne das
Wichtigste zu verlieren, das Leben nicht zu ertragen, sondern zu
beherrschen verstehen. Zeigen Sie mir an einer Bagatelle, an einem Spaß,
an einem Nichts, daß Sie die Kräfte und die Elastizität einer stählernen
Seele haben. Und ich rate Ihnen zu.

DAISY: Ich wohne Richmond Street Vierundachtzig. Bei einer Amme.

KEAN: Ich werde Mittel finden, Ihnen Unterkommen zu sichern.

DAISY: Ich danke Ihnen, denn ich weiß, daß ich selbst Ihre Grausamkeit
ertragen könnte. Weil ich Sie gesehen und besser verstanden habe als Sie
sich.


                               SZENE VIER

DIENER _blitzschnell den Kopf hereinsteckend_: Prinz von Wales. _Kean
reißt Daisy an eine Fensterportiere und wirft die darüber, bleibt selbst
beschattet. Knapp hinter dem Ruf des Dieners kommt der Prinz._

PRINZ VON WALES _zum Diener_: Ich bin durchnäßt. Vom Gaul und Regen.
Mein Pferd wartet. Leihen Sie mir einen Mantel.

DIENER: Hier.

PRINZ VON WALES: Equipieren Sie mich möglichst. Handschuhe.

DIENER: Hier.

PRINZ VON WALES: Einen Shawl.

DIENER: Hier.

PRINZ VON WALES: Einen Melonhut.

DIENER: Hier.

PRINZ VON WALES _zu Kean_: Sie sind da? Um diese Zeit? Erstaunlich.

KEAN: Treten Sie nicht an das Fenster.

PRINZ VON WALES _mit der Gerte_: Zwei Füße!

KEAN: Es wäre ein Unglück.

PRINZ VON WALES _mit der Gerte_: Da?

KEAN: Für mich. Weil ich Monseigneur hindern müßte.

PRINZ VON WALES: Ihre Sorge um mich hat Pech, weil sie immer eine Sorge
um Sie töten will. Sie täten sich keinen Gefallen, denn Sie machten
einen Mund stumm eines Grundes halber, wegen dem er vom Pferd stieg, um
ihn zu stärken. Sie haben das Unglück, das Übele nicht zu sehen, wenn
Sie auf Anständiges aus sind. Sie sind ein guter Mensch, Kean.

KEAN _mit abwehrender Bewegung_: Ein Vorwurf.

PRINZ VON WALES: Eine Anerkennung, wo das Meskine so leicht ist. Wägen
Sie das aneinander ab, wissen Sie, warum ich kam, obwohl ich nicht naß
bin, und da es mit meinem Pferd zusammenhängt.

KEAN: Ich warte.

PRINZ VON WALES: Um die Ecke flitzte Mevils Wagen. Seine Leute halten
mein Pferd. Unterschätzen Sie den Mann nicht. Er brüllt seine Pläne
zusammen. Es gewittert um ihn. Ich sende Ihre Sachen zurück. _Ab._

KEAN: Ich danke Monseigneur. Salomon, _er reißt Daisy heraus_: Die Dame
über die Leiter. Durch das Treppenfenster. In den Garten. Über die
Themse weg. Niemand soll sie sehen.


                        Schluß des zweiten Akts.



                                AKT DREI


   Hafenbar, ordinär, aber phantastisch. Links und rechts wie
   Badekabinen Séparés, mit hellen Vorhängen verschlossen. Hinten
   zwei Ausgänge. Zwischen ihnen in der Wand in der Art der
   Café-Biards hufeisenförmige Bar, in der der Wirt steht. Viele
         Eingänge durch die Séparés. Eine Mausefalle von Raum.


                               SZENE EINS

HERR _mit Maske, zum Buffet_: Eine Dame kommt heute mittag, groß,
elegant, schwarz. Sofort in das beste Zimmer. Gut bewacht.

WIRT: Ich kenne Sie nicht.

HERR _hebt die Maske_.

WIRT _steif vor Ehrerbietung_: Sieben Damen, wenn Sie wollen, Mylord.

HERR: Respekt, du Schwein. Es ist eine Dame. Verschaff mir ein Boot.
Schaluppe.

STEUERMANN _auf des Wirts Pfiff_: Zehn Knoten die Stunde. _Zwei Apachen
bleiben hinter ihm stehn._

HERR: Unauffällig? Zu jeder Fahrt und Zeit bereit? Verschwiegen? Bist du
kühn, riskant? Preis?

STEUERMANN: Ich fahre Euch damit bei Regen ins Parlament, Mylord. Ihr
könnt wie von einem Karussell eine knorzige Rede gegen die Wuchrer
halten darin.

HERR: Eine Kabine wird sofort eingerichtet. Die Sachen sind im Wagen.
Abends wird Abfahrtspermiß geholt. Ist es weit? Ich fahr dich hin.
_Beide ab, Apachen geduckt hinterher._

KEAN: _In exotischer Matrosentracht, mehr Apache als Matrose, stößt mit
den abrückenden Apachen zusammen._ Hände weg.

APACHE: Sie werden eine Hochzeit in deinem Gesicht machen. _Ab._

WIRT: Die ersten zwei Séparés für Ihre Gesellschaft.

KEAN: Was hast du angemacht? Nichts von Katze, Hund, Ratte, Laus?

WIRT: Oliven, Hering frisch, Steinbutt, Hammelbuckel, Chester mit
Himbeer. Züngelt nicht das Spritzeln der Butter ins Ohr? Treten Sie in
die Küche. _Kean hinein._

DAISY _stürmisch herein_: Ein Zimmer ist bestellt für mich. Führen Sie
mich hinauf. Eilen Sie. Ich erwarte einen Herrn. Voran. Rasch.

WIRT: Ich führe Sie selbst. _Ab mit ihr._

KEAN _zurückkommend_: Der Fisch tropft besser ab als die Gäste herein.
_Seitentür zwischen Séparés geht auf mit Riny und sieben Artisten, die
fast faschinghaft gekleidet sind._ Riny, du Affe, hierher.

RINY: _Vorstellend._ Die Menagerie ... Well, der die Eisengewichte
stemmte ...

KEAN: Du fandest mich über einem Zaun einmal, der meinen Hals wie eine
Gabel würgte ... _Küßt ihn_.

RINY: Gonsch ... der mit dem Hintern die Pauke schlägt, während er Feuer
frißt ...

KEAN: Wir sind bei Perth zusammen über den Fluß geschwommen, um einen
Konstable zu verhauen, und fanden einen Esel, der sich haarte. _Küßt
ihn._

RINY: Kauka, der auf dem Seil ...

KEAN: ... einmal seinen schlechten Charakter nicht durch den Mund,
sondern die Nieren blies ... du Ferkel. _Küßt ihn._

RINY: Pepi, eine Neuigkeit.

KEAN: Akzeptiert.

RINY: Der Froschesser Viktor mit den Kaninchen ...

KEAN: Ich fand dich zuerst auf der Landstraße unter einem Pflaumenbaum,
wie ein Gaul krischst du, der Teufel habe dich, aber es hatte dich eine
Kolik. _Küßt ihn. Die zwei Apachen kehren zurück, schleichen an
verschiedene Séparés, pfeifen zwischen den Zähnen, es schleichen zwei
kleine Kokotten zu ihnen._

KEAN: Wo ist Bob?

RINY: Im Bett. _Kean schaut erstaunt. Die Artisten »im Bett«._

KEAN _zu Riny_: Da will ich mit dir sein. Warum Bob?

RINY: Sein Weib, prrr, ging vor mit dem Täufling, den Pastor zu suchen,
der immer betrunken ist. Dumme Gans, sagte zu mir Bob, weil auf der
Treppe ich ihm über die Schulter sprang, hol meine Trompete. Wozu, frage
ich. Für Kean. Ich lache einen Ast. Dumme Hure, schreit er, hol das
Horn. Du hast es auf dem Kopf, sag ich. Da macht er seinen Spaß, tritt
nach mir. Er ist nicht eleganter als ich, also kriegt die Luft den
Tritt, ich pirouettiere und er schreit mit allen Katzen um die Wette.

KEAN: Aus Luft? Ich habe ihn nur im Alkohol schreien hören.

RINY: Er hatte zu stark getreten, der Schwung warf ihn wie im Schlagfluß
um. Seine Seite war knallrot wie sein Kopf.

BOB _hinkend, seine Trompete blasend, herein_: Wo ist der Affe?

KEAN _tief gebückt_: Hier, Meister.

BOB: Die Ohren? _Faßt daran._

KEAN: Ihr werdet das andre Bein brechen.

BOB: Als du vor sieben Jahren entliefst, hatte ich ein Pfund Verlust.
Willst du sie gutwillig geben. Nein? Sprich. Rede.

KEAN: Gutwillig.

BOB: Willst du um Verzeihung bitten?

KEAN: Indem ich Euch heut abend eine Benefizvorstellung gebe.

BOB: Gnade dir Gott. Hättest du einen Schwanz, ich hätt ihn dir
hochgezogen. _Zu Riny_: Halt das Maul.

RINY: Du wolltest ein Hornsolo blasen. Ich wollte nur helfen, dir auf
dem Kopf stehen.

KEAN: Mein Lehrer ist mit Respekt zu grüßen.

BOB: Willst du mir sofort schriftlich geben, daß du mir ein Benefiz
hältst?

KEAN: Den Brief ans Theater. _Schreibt gegen die Wand, alle umdrängen
ihn._

APACHE _zu seiner Midinette_: Nimm ihm die Trompete. Der Hund stieß mich
ins Rohfleisch. _Die Midinette schleicht hinüber._ Rache in seine
Visage.

ANDRER APACHE: Wie weit liefst du dem Wagen des Mevil nach?

APACHE: Bis ich Sand schluckte. Müssen am Abend genauer aufpassen und
die Falle für ihn exakter am Hafen legen.

ANDRER APACHE: Rupfen Mevil im Dunkeln das Huhn schon warm aus dem
Schoß. Wirds teuer zahlen, Mylord. Eine schöne Falle!

APACHE: Hat mal auf dich gesetzt, zwanzig Pfund beim Mätch.

ANDRER APACHE: Hab ich dankbar zu sein, daß ich aus des Niggers Maul
Zahnsalat hieb? Nein, er. Werde ihm das Lösegeld erhöhen. Very well.
_Die Midinette greift die Trompete, zurück damit, Bob heult auf._ Zuerst
aber diesen Hund veraasen.

APACHE _setzt an, bläst. Zwei Heerlager einander gegenüber_: Das Blech
furzt wie ein Bauerngaul.

KEAN: Was an dem Mundstück hängt, muß wissen, was es ist.

APACHE: Du sprichst so glatt, als hätt dich ein Walfisch ausgekotzt,
weil du ihm zu stinkig. Wenn du Arme wie Zunge hast, kann man eine
schöne Blindschleiche zertreten.

ANDRER APACHE: Gib mir Mädchenfleisch, neben dir, für das Blech. Dann
hat deine Nase von mir Schonzeit.

KEAN: Willst du nicht den blauen Perpendikel über deinem Aug dazugeben,
er fällt dir sonst in die Blutsuppe, die dein Riecher sich anrührt, wenn
ich in die Nähe niese.

APACHE: Merde alors. Rotznase, Spüllumpenzuckler, Saligot.

KEAN _zieht den Rock aus_: Ein guter Tag, Bob. Ich will mehr als durch
das Benefiz meine Freundschaft beweisen.

APACHE _zum andern_: Drei Medaillen in Montmartre. Zwei in Edinburgh,
Sieger über Tommy Burns. Wieviel Zähne wettest du? Sieben? Neun? Das
Mädchen als Zugabe? Ein blasses Biest.

WIRT: Konstable.

KONSTABLE: Ich präsidiere die Boxkämpfe meines Viertels. Seile! Pflöcke!
Den Ring!

   Man schlägt in der Mitte ein durch zwei Taue oben und unten
   umschnürtes Viereck um vier Pflöcke auf. Die Boxer mit nackten
   Oberkörpern stehn in den diametralen Ecken, werden von zwei
         Kampfrichtern massiert und abgewaschen. Blitzschnell.

KONSTABLE _setzt sich auf einen Rücklingsstuhl mit dem Rücken gegen das
Publikum vor einen kleinen Tisch_: Ich Time-keeper. Wieviel Runden?

APACHE: Zehn.

KONSTABLE: Zehn.

KEAN: Zehn.

KONSTABLE: Schiedsrichter?

WELL: Ich.

KONSTABLE: Ring frei.

   Konstable schellt. Schiedsrichter: Pfeife. Boxer umzischen sich,
   kommen in Umklammerung, Pfeife, Schiedsrichter: »trennen« --
   »break away«. Pfeife. Weiter. Apache schlägt Kean unterm Gürtel.
   Pfeife. »Saustoß«. Pfeife. Weiter. Am Seil. Pfeife. »Break away«.
   Konstable schellt. »Time«. Pause. Die Gegner auf Stühlen
   zurückgelegt in ihren Ecken werden massiert, abgewaschen, bekommen
   mit nassen Tüchern Luft in die zurückgeworfenen Köpfe geweht.
   Schelle. »Ring frei«. Pfeife. Weiter. Pfeife. »Foul blow ...
   unfair blow«. Pfeife. »Break away«. Schiedsrichter stürzt stets
   trennend mit erhobenen Armen zwischen den Kämpfenden, sich
   Umspringenden, durch. Pfeife. »Break away«. Pfeife. Weiter. Pfeife.
   »Foul«. Apache knirscht eine Fratze. Pfeife. Weiter. Schelle.
   Konstabler. »Time«. Pause wieder. Abreiben. Massieren. Luft
   wedeln. Schelle. »Ring frei«. Pfeife. Weiter. Pfeife. »Clinch«.
   Pfeife. Weiter. Pfeife. »Break away«. Pfeife. »Break away«.
   Pfeife. Weiter. Kean schlägt den Apachen in die Herzgrube, er fällt
   zusammen. Schiedsrichter, Uhr in der Hand, zählt: »one ... two
   ... three ... four ... five ... six ... seven ... eight ...
   nine ... out«. Pfeife. »Knock out«. Schelle. Apache wird
                   rausgeschleift, Ring abgebrochen.

KONSTABLE _die Hände Kean schüttelnd_: Solar plexus blow. All right,
Splendid.

KEAN: Mittelmäßig.

KONSTABLE: No splendid. Double ... ah ... splendid. Swinging blow ...
splendid. All right.

BOB: Schülerarbeit. Einfältig. Hättest ihn im ersten Gang knock out
machen müssen.

KONSTABLE: Swinging blow. Splendid. All right.

RINY: Ich hielt den Daumen.

KEAN: Ich werd dir bald was anderes halten.

BOB: Zweiter Gang. Miserabel. Finte kindisch. Parade schlecht. Nachstoß
zum Heulen. Wer ist der Narr: splendid?

RINY: Das dreizehnte Ei. _Frau mit Baby, Pfarrer, Gefolge kommen. Bob
setzt sich mit der Trompete, hinkend, an die Spitze, zur anderen Seite
hinaus._

KEAN _zum Wirt_: Lad die Weiber ein, daß sie für ihr gefallenes Pferd
andres Fleisch kriegen.

WIRT: Die Taufe im Nebensaal. Ich werde umdecken, wenn Sie alle Puffs
dazu laden.

KEAN: Warum bist du neidisch auf das, dem du dich besser dünkst?

RINY _kurz zurückeilend_: Denkst du an den Wagen, Kean?

KEAN: Ich denke, Riny. _Riny ab._ Halo ... halo ... _Rufend zum Wirt_:
Einen Boten für den Brief. Theater Drury-Lane. _Gibt ihm den Brief._

WIRT _in die Küche_: Den Sekt aus meinem eigenen Zimmer. Keinen
gepantschten hier.


                               SZENE ZWEI

DAISY: Endlich. Ihre Stimme. Ich wartete nicht im Zimmer. Konnte nicht
bleiben. Hielt mich an der Klinke. Sie gab nach.

KEAN: Mein Erstaunen -- verzeihen Sie -- ist nicht geringer als mein
Entsetzen.

DAISY _erstarrt_: Unmöglich. Gott kann so grausam nicht sein.

KEAN: Ein Lokal für Verbrecher und Hafendirnen.

DAISY: Ich habe nicht gezögert, zu kommen.

KEAN: Aber Sie wagen, mir eine Erklärung zu geben, die keine ist.

DAISY: Ich kam auf Ihren Brief.

KEAN: Wer ist hier irrsinnig geworden?

DAISY: Sie bestellten mich hierher. Sie schrieben mir: Kommen Sie; Sie
wohnen unsicher. Ich kann Sie nicht holen, ich bin bewacht. Es gab für
mich nur einen Gedanken: zu folgen.

KEAN: Der Brief.

DAISY: Hier.

KEAN: Sie sehen, welche Seite meines Namens man für kreditwürdig hält.
Tod, Hölle, Heilige. Man hat meine Schrift gefälscht und meinen Namen
ausgenutzt.

DAISY: Ich habe nur an die rechte Seite Ihres Wesens gedacht. So mußte
ich kommen.

KEAN: Sie waren daran, Ihrem Lieblingsteufel ins Boudoir zu laufen.

DAISY: Ich habe Sie nicht gesucht und finde Sie auch in dieser Gefahr
durch die Schickung.

KEAN: Sie schlagen besser dem schönen Zufall ein Stück Nase ab, um ihm
dankbar zu sein, statt ihn aufzubauschen.

DAISY: Ich hatte Sie nie gesucht. Als ich zum erstenmal im Theater Sie
sah, änderten Sie schon nicht nur meinen Weg. Sie retteten mein Leben.

KEAN: Haben Sie keine anderen Entscheidungen wie immer den Tod?

DAISY: Nicht für mich. Ich kam aus dem Kloster, sprach nicht, hörte
nicht, sah nicht. Man gab mir Bäder und Ärzte. Durch eine List lockte
man mich ins Theater, ich hörte Romeo, Hamlet, der Tiefsinn riß auf in
mir.

KEAN: Konstable.

DAISY: Sie werden keine Gewalt ausführen.

KEAN: Sie haben an Edmond Kean appelliert, als Sie zu mir kamen.

DAISY: An Ihre Güte.

KEAN: Ich habe eine Verpflichtung gegen das Unrecht übernommen, die auch
Ihr Einspruch nicht erledigt.

DAISY: Wenn ich Sie bitte, nichts zu unternehmen gegen den Mann, der
mich hierher bestellte, tu ichs, weil ich die Absicht habe, ihm zu
folgen.

KEAN: Dem Entführer ...

DAISY: Ich habe eine Mission. Was kümmert mich alles andere?

KEAN: ... vor dem Sie heut früh noch sterben wollten.

DAISY: Ich werde mich an ihn gewöhnen lernen.

KEAN: Sie sind wahnsinnig.

DAISY: Es wird leicht sein, denn ich weiß, warum ich es tue.

KEAN: Sie opfern sich.

DAISY: Ich tue, was ich vorhabe, mit Liebe und Bedacht.

KEAN: Für eine Mädchenträumerei, eine ideale Hysterie, einen tragischen
Irrsinn.

DAISY: Als ich Ihr Haus verließ, wußte ich, es gab nur eins für mich:
irgend etwas zu suchen, was Ihr Leben auch nur im Geringsten fester
gestalten könnte. Ich will nichts von Ihnen. Aber ich erbitte die
Freiheit, zu tun, was ich muß.

KEAN: Sie glauben, es sei etwas wert, eine der Beschwerlichkeiten, die
einen Tag mir durchschwirren, wegzunehmen, indem Sie das Leben
einsetzen? Sie schwärmen, Kind.

DAISY: Ich hätte gedacht, meine Dankesschuld höher abtragen zu können.
Aber die Gewißheit dieser Kleinigkeit schon wird mich leicht das wagen
lassen, was mir entgegensteht. Es hat keine Schrecken mehr.

KEAN: Konstable! _Zu Daisy_: Kommen Sie. Ich befehle es Ihnen.

DAISY: Wenn Sie mich zwingen, muß ich folgen. Und daran glauben.

KEAN: Konstable!! _Erscheint._ Ich führe diese Dame in ihr Zimmer. Sie
bleiben davor, und wenn Skelette angeritten kommen. Ich bin Kean.

KONSTABLE: Der Boxer?

KEAN: Der Schauspieler. _Konstable steht stramm._

DAISY: Nun wollte ich für Sie etwas tun, wieder tun Sie es für mich. Wie
belastet mich Gott, daß Sie mich sogar dazu zwingen. Was kann ich tun,
um auch dies zurückzugeben?

KEAN: Zum Teufel mit der Güte, mit der Sie mich bombardieren. Ich kann
nichts anfangen damit. Gehen Sie. Wir werden eine Jagd heute noch haben.
_Öffnet die Tür. Daisy voran, dann er, dann der Konstable._


                               SZENE DREI

SALOMON _von einer, Wirt von anderer Seite_: Kean?

WIRT: Sofort zurück.

SALOMON _mit Journal_: Weißt du, daß die Zeitungsschreiber schlimmere
Idioten sind als Zapfkellner?

WIRT: Hein?

SALOMON: Weißt du, warum die Zapfkellner kleinere Idioten sind wie die
Zeitungsschreiber?

WIRT: Hein?

SALOMON: Weil sie mit giftigem Schaum, die Kellner mit gutem betrügen.
Kann ein Mann, dem ein andrer ein Weib ausspannte, gut über den andern
reden?

WIRT: Nein.

SALOMON: Doch, du Nashorn, du Idiot. Das muß er, wenn er ein anständiger
Mensch ist. Dieses Wurm aber windet sich und schreibt, Kean sei ein
wildes Aas gewesen und hätte in einem Zirkus als Pavian brüllen sollen.

WIRT: Es wird ein Zoologe gewesen sein.

SALOMON: Weil Kean ihm Hörner aufgesetzt hat. O yes. Kann ein Mann, dem
ein andrer viel Geld gibt, vom Konkurrenten dieses Mannes gut reden?

WIRT: Nein, Sir.

SALOMON: Was ... Sir ...? Doch er muß gut reden, du Kannibale, du
Biertrompete. Diese Zuckerstange lutscht sich ab, Kean habe
mondscheinhaft wie eine Jungfrau im Monatlichen gesäuselt. _Singt_: Ach
Gottsche, schenk mern Hambelmann, un e Kordel dezu, daß er zawwele kann.
_Artisten mit Pfarrer, Amme, Taufzug, Bob an der Spitze mit Trompete,
zurück. Parademarsch. Stellen sich in einer Reihe auf._

GONSCH: Ich will ihm zeigen, daß ich noch Feuer fresse wie ein Tapir.

KEAN _zurückkommend_: Salomon! Gut. Geh beizeit.

VIKTOR: Ich will ihm zeigen, wie meine Frösche und Kaninchen sich
paaren. O lala. O lala.

KEAN _zu Salomon_: Am Gang. In die Garderobeloge. Sie kommt in Schwarz.
Mit einem Schleier. Die Türen müssen auf sein. Weiter ist nichts nötig.
Kontrollier!

WELL: Ich will ihm zeigen, daß ich das ganze Lokal auf die Nase stemme.

KEAN: Ich will Riny tanzen sehn. Erste Programmnummer. Ein Tisch. Rasch.

   Die Artisten: »hip hip hurrä«. Riny auf dem Tisch rechts. Jemand
   singt, die anderen mit scharfem, raschem Händeklatschen während
          des Tanzes; alle oval um den Tisch rechts. Trommel.

   A me me gusta un harenque
   porque es muy dulce por dentro
   con la garotin con la garotan
   con la vera vera vera lan ...
   A me me gusta un harenque
   potque es muy dulce por dentro
   con la garotin con la garotan
   con la vera vera vera lan.

   Während Riny, Kopf zurück, wild tanzt, öffnet sich links durch zwei
   weit auseinanderfliegende Vorhänge das vorderste Séparé. Eine
   Anzahl uniform gekleideter Apachen mit Weibern, hell geschminkt,
   sitzen um einen Tisch, pfeifen auf den Fingern, schieben
   blitzschnell beim Fallen des Vorhangs den Tisch vor, daß er parallel
   zu dem der Artisten steht, eine Apachin springt rauf, tanzt, Riny
   zu übertrumpfen, wüster. Apachen im Oval drum herum, die Artisten
   rasen rascher mit dem Händeklatschen, die Apachen stampfen den
          Takt ihres Liedes mit den Füßen. Ihr Lied, frecher:

   Elle avait un petit cadenaz,
   elle avait un petit cadenaz,
   et pour que ça se ne voie pas,
   elle a mis là dessous
   une chemise à vingt sous,
   elle avait un petit cadenaz,
   cadenaz, cadenaz, cadenaz.

   Jede Partei feuert ihre Tänzerin an, der Rhythmus überschlägt
   sich. Es wird ein Jazz. Die Artisten hämmern mit Deckeln und
   Tamburinen, die Apachen schießen mit Revolvern. Die Körper bis
   zur Schulter tanzen wie Schlangen. Die Schultern und Köpfe,
   Zigaretten im Mund, bleiben völlig unbewegt. Apachen wechseln
   plötzlich zu Riny hinüber. Da schießt die Apachin wütend darüber
   mitten im Tanz Riny über den Haufen. Dann wirft sie sich sofort
   heulend auf Riny, wird beiseite geworfen. In einem Séparé geht eine
                  Weile noch Musik und Gesang weiter.

WIRT: Konstable.

KEAN: Arzt.

RINY: Kean.

KEAN: Ein dünnes Loch, Kind. Heilt in acht Tagen. Auch dir ein Benefiz.

RINY: Vom grünen Wagen.

KEAN: Das wird der fabelhafteste Sommer, den du sahst ... Arzt! zum
Teufel ... Verdreh die Augen nicht. Hör. Gehorche. Ich befehle.

RINY: Kean. _Stirbt über den Tisch._

ARZT _erscheint_: Tot. Herzspitze. Herzbeutel. Blutung nach innen.
Thorax. All right.

KONSTABLE: Wo ist das Vieh?

KEAN: Zurück an Ihren Posten. Auf der Stelle. Verflucht, zurück. Ich
befehle es. Kean.

KONSTABLE: Das Gesetz ...

KEAN: Schützt zuerst das Leben. Marschier. _Konstable marschiert ab,
Artisten mit Riny in eines der Séparés, Kean den Revolver in der Hand._

BOB: Spiel nicht Hamlet, Stümper.

KEAN: Wiesen, Gärten, Flüsse. Meine besten Träume.

BOB: Wärst nicht mit ihr gefahren. Hast damit gespielt. Hattest als
Junge sieben Mücken im Hirn, fingst keine. Bist Dreiviertelmann
geblieben. Willst, tust nicht. Solar plexus blow war nicht splendid, war
Saustoß, Konstable ist besoffen. Selbst Boxen kannst du nicht.

KEAN: Du tadelst mich recht, Meister, du kennst mich allein.

BOB: Hast sieben Köpfe, verlierst sechs, findest mit dem siebenten nicht
zurecht. Solltest unter meine Fuchtel.

KEAN _zur Apachin, die unterm Tuch hervorkriecht_: Durchs Fenster
Kanaille.

BOB: Schlag sie tot. _Apachin ab._

KEAN: Warum soll sie sterben? Armes Tier, stachelgewickelt, ausgestoßen,
arm wie wir. Der Tod fliegt mir vor die Füße, wenn ich bei euch ausruhe.

BOB: Geh über das Bündel weg, mein Sohn.

KEAN: Ich bin nicht glücklich, Meister.

BOB: Man hat dir eine Laune erschlagen. Erlaub dir andre. Ich hab dich
mehr als die andern geliebt. Durchschau den Humbug Tod. Ist nichts
hinter der Knallerbse. Du hast die falsche Bange. Mit sechzehn Jahren
warst du schon schwach begabt, fielst beim Seiltanz in die Nesseln. Dein
Hochschlag ist miserabel. Lern Boxen.

KEAN: Die Welt soll Gott auf dem Zinken verkrachen, wenn ich mir die
Laune verderben lasse, Meister. Zumal ich noch bedeutsame Pläne heute
habe, Bob, die mich anziehn. Meister. Hättest du das gedacht früher? Paß
auf. Soll ich ... mit meinen ... Freunden ... im Dreck nicht ... gut ...
zusammen sein. _Tanzt, schreiend._ Kauka, ich will dich Frösche essen
sehen ... is a long way to Tipperary ... _Die Artisten kommen, steif,
gespenstisch, geometrisch, stellen sich in einer Reihe auf_ ... Well,
deine Nieren sollen rasseln ... Viktor, die zahmen Kaninchen werden
Löcher in die Wände brüllen müssen ... Is a long way to Tipperary ... is
a long way to go ...! _Mann in Maske erscheint, stößt an den torkelnden
Kean._


                               SZENE VIER

HERR _in Maske_: Weg, Walfischkeeper.

KEAN: Is a long way to Tipperary ...

HERR: Fünf Schilling, gehst du weg. Hilf mir.

KEAN: Atout auf deine Nase, wenn du pokern willst. Nimm erst die Fratze
ab.

HERR _hebt den Stock_: Auf deinen Buckel eine Fratze, Teerschwein.

KEAN _torkelnd_: Auf deine Fratze einen Buckel. Knock out.

HERR _um ihn herum zur Tür nach innen, Kean davorschnellend_: Auf die
Seite. Hand weg.

KEAN: Maske ab.

HERR: Ein Irrer.

KEAN: Gutwillig?

HERR: Wirt, Diener, zehn Pfund.

KEAN: Zwecklos. Maske ab. _Reißt sie weg._ Lord Mevil.

MEVIL: Gauner, Stromer, du büßt mir die Falle.

KEAN _mit vollem, großem Organ, weltmännischer Haltung_: Wer dreht die
Schuldurteile um? Wer büßt? Ich, Lord Mevil?

MEVIL: Kean! Verdammt. Unterschätzt. _Stampft auf. Dreht rasch hinaus._

KEAN: Wenn Sie das Zimmer verlassen, eh ich meine Aufgabe hier erfüllt
habe, schieß ich Sie zusammen.

MEVIL: Du ... schießt ... Bursche ...

KEAN: Hat der fliehende Mädchenräuber andres zu erwarten?

MEVIL: Rückwärtsschuß von dem, welchem kein Hund Satisfaktion gibt.

KEAN: Zu edel noch dem Feigling, der meinen Namen mißbraucht, hinter der
Maske sich verbirgt, für seine zerfressenen Rippen.

MEVIL: Unmöglich, mich zu beleidigen. Genug. Was willst du, Komödiant?
Geld? Pferde? Wagen? Enfin? Seiltänzer! Herbei, Wirt, Matrosen.

KEAN: Der Seiltänzer hat eine Absicht mit Ihnen. Er will ihm nichts
nehmen, er will ihm etwas geben.

MEVIL: Stockprügel zurück für dein Geschenk.

KEAN: Schluß. Tun Sie den Mund, ungebeten, noch einmal auf, laß ich Sie
über den Tisch legen und auf hier usuelle Art behandeln. _Winkt._ Neben
ihn! _Zwei der Artisten mit aufgekrempelten Ärmeln, Fäuste in den
Hüften, neben Mevil._

WELL: Ein adliges Kotelett.

KEAN _ruhig_: Ich bin kein Richter. Mich geht es nichts an, daß Sie
Wechsel fälschten, Männer kränken, Frauen mit Geldsäcken rauben, selbst
meinen Namen pfuschen und schänden. Mich geht es irgendwie nichts an,
aber ich bedaure Sie in Ihrer Maske. Sie sind nie ohne Maske
ausgegangen. Das ist ein schweres Versäumnis.

MEVIL: Was habe ich versäumt?

KEAN: Sahen Sie Gehenkte zwischen den Schornsteinen die Zunge blecken?
Heizer an Öfen, Kondukteure beim Schwung über verfaulte Brücken,
Zerquetschte zwischen Eisenbahnpuffern? Wer, verdammt, die Keucherei
eines Dockarbeiters gesehen, weiß, wie elend sein Existieren ist, wer
die Absynthsäufer in der Gosse röcheln hörte, weiß, wie abscheulich
dieses verfluchte Dasein ist, wer die entsetzliche Stumpfheit der
Auslader kennt, weiß, wie melancholisch das Leben ist. Man verachtet
dann nicht mehr. Man bestaunt. Das haben Sie nicht gesehen.

MEVIL: Dahin soll ich gehn?

KEAN: Kenne ich nicht vom Bordell bis zu Monseigneur die Welt! Hätte ich
die Anmaßung, Ihnen sonst Ratschläge zu geben, der Sie länger und besser
aus dem Vollen lebten wie ich. Bin ich ein idealistischer? Ein Stümper
bin ich, ein Komödiant, ein bißchen Mensch. Habe ich mich je gesträubt
gegen etwas, was mir die Welt entgegenwarf, etwas verschmäht: einen
Frauenbauch voll Wildheit, irgendeinen Luxus, eine Segelfahrt, ein
Gelage, ein Diner mit Krammetsvögeln und Tanzweibern? Nie. Alles nahm
ich. Aber ich habe nicht das Gefühl: hier fängt Welt an. Hier hört Welt
auf. Wie wäre ich aufgeschmissen und was für ein kleiner Snob. Ich
vergesse nicht, wo ich herstamme. Sie aber müßten es vergessen. Ich
marschiere von unten nach oben. Sie sind nicht von oben nach unten
marschiert. Das ist Ihr Fehler. Ich messe das verdammte Dasein nicht
zwischen Laster und Parfum mit den Zentimetern, sondern mit der
Riesenspanne aus dem Hafen bis nach Buckingham.

MEVIL: Das soll ich tun?

KEAN: Eine Anleitung zum Leben für Sie. Grotesk. Welche Situation.
Lieben Sie die W. C. und die Kokotten, Ihre Damen und die Säue, dann
kommen Sie aus der Schaukel und spüren Boden. Anleitung zur Kühnheit.
Das Leben breitet sich aus, wird wilder. Man kennt die Gefahren und
bewundert die Abgründe, schließt sich nicht ein, sondern macht eine
Offensive hinein. Man versteht dann mehr. Anleitung zur Bewunderung.

MEVIL: Sie wünschen es?

KEAN: Ich könnte Sie zerschlagen. Habe ich nicht Grund dazu? Lasse Sie
in Ketten abführen, Sie sind mit Haar und Seele in meiner Gewalt. Sie
haben mich geduzt, um mich zu kränken. Gehen Sie, Sie sind frei.
Vergessen Sie nicht, was ich sagte.

MEVIL _Faust auf den Tisch hämmernd_: Verflucht. _Stürzt ab._

BOB: Hättest schlagen sollen. Neue Rolle. Bergpredigt. Stümper, Kean.
Splendid, wenn du ihn mit left hand lead off at the mark genommen,
abgeblitzt sein ducking away, dann infighting auf die Arme, dann back
spring und darauf gewaltig knock out. Knockout, Knockout, mein Sohn. Das
ists. Wird dirs schwer heimzahlen, daß du in Anstand machtest. Hab dich
mehr geliebt als alle, die ich Niagarasprung lernte. Bist
Dreiviertelmann geblieben, Kean, Stümper. Edmond Kean. Ich heule. Selbst
Boxen kannst du nicht. Lern Boxen.

KEAN: Vielleicht irrst du, Meister.


                        Schluß des dritten Akts.



                                AKT VIER


   Keans Garderobe im Theater. Durch Portiere mehrfach gespaltener
                                 Raum.


                               SZENE EINS

REGISSEUR _zu Kean, der eintritt_: Knallvoll.

KEAN: Kassenrapport?

REGISSEUR: Ausverkauft. Die Summe ist noch nicht ausgearbeitet.
Ausverkauft ohne Freikarten.

KEAN: Was wollen Sie?

REGISSEUR: Eine Bitte.

KEAN: Wagen Sie sie.

REGISSEUR: Man trampelt auf den hinteren Reihen.

KEAN: Salomon!

SALOMON: Hier. Anwesend.

KEAN: Umziehn.

REGISSEUR: Eine Viertelstunde.

KEAN: Zehn Minuten. _Regisseur ab. Zu Salomon_: Wie kommt das? Du bist
früher da wie ich.

SALOMON: Ich lief von der Taufe noch über die Wohnung.

KEAN: Und ...

SALOMON: Nach dem sechsten Akt.

KEAN: Sofort.

SALOMON: Die Nacht gekneipt. Tags Tauffest, Boxkampf, Mord. Vor der
Aufführung noch Galle. Schonen Sie Ihr Leben.

KEAN: Du fandest ...

SALOMON: Siegel auf allem.

KEAN: Der beschnittene Jude ...

SALOMON: ... ist nicht mehr der Schuldner.

KEAN: Aber ...

SALOMON: ... der Konstable vertrat vier Parteien. Vierhundert Pfund.

KEAN: Ein Arrangement. _Zuckt die Achseln._

SALOMON: Robustestes Verfahren. Die Anwälte entschuldigten sich.

KEAN: Sie vertraten ...

SALOMON: Lord Mevil.

KEAN: Sakrament. Die Bremse. Sticht rasch. In wenigen Stunden. Ein
ganzer Plan. Ich habe es vermutet. Was tun?

SALOMON: Ein Journalist nahm eine Besichtigung vor.

KEAN: Ein Schlachtplan. Ah. Jeden Tag schreibt ein Stallknecht. Was
tuts?

SALOMON: Der Staatsanwalt hat eine Untersuchung eingeleitet wegen
Raubversuch.

KEAN: Gegen Mevil.

SALOMON: Gegen Kean.

KEAN: Er wird auf meinen Brief hin glatt erledigt.

SALOMON: Sie haben den Brief nicht mehr. Aber er hat einen, in dem Sie
ihn in die Taverne locken.

KEAN _sucht_: Ich habe ihn nicht mehr. Man hat ihn mir rasch geklaut.
Einen anderen wieder gefälscht. Das Böse hat sich konzentriert. Ein
Plan, eine Front, eine Umzinglung. Ich werde sie durchbrechen. Paß auf.
Ich kann großmütig sein. Ich kann es auch wieder vergessen. Ich kann
auch anders. Sacré.

SALOMON: Wo werden Sie heute nacht schlafen?

KEAN: Im Hotel. Nein. Bestell einen Taxi. Ich fahre die Nacht durch die
Parks von London, es ist ja Mond. Welches Panorama.

SALOMON: Looping the loop. Nehmen Sie lieber die vierhundert Pfund aus
dem Benefiz.

KEAN: Teufel. Wie widerlich. Den Seiltänzern was nehmen.

SALOMON: Borgen.

KEAN: Noch schlimmer. Lakaienrat. Kein Wort mehr. Ich fahre.
Verschwinde. _Es klopft. Kean, halb umgekleidet, öffnet eine geheime
Schranktür. Helène erscheint. Kean schließt die Tapetentür. Schließt mit
dem Schlüssel die Garderobentür. Zurück. Fassungslos._ Welches Glück.
Welch sinnloses Glück.


                               SZENE ZWEI

HELENE: Was wollen Sie noch? Welche Probe? Welches Kunststück haben Sie
mir noch vorzuschreiben?

KEAN: Sie demütigen mich.

HELENE: Welche Steigerung haben Sie bereit? Welche Kühnheit? Welche
Tollheit soll Sie jetzt noch reizen, wo Sie das erreicht.

KEAN: Es gibt kein Höher mehr. Denn bald werden Sie wieder gehen.

HELENE: Ihr einziges Gefühl Entgeisterung? Trauer? Deshalb kam ich
nicht. Gestehen Sie: Sie zwangen mich.

KEAN: Ihre Neugier.

HELENE: Zweifeln Sie an meiner Liebe? Nach dem, daß ich hierher kam?

KEAN: Eine sehr große Probe. An Kühnheit größer als mein Wunsch.

HELENE: Was wünschen Sie noch? Entkleiden Sie mich. Schlagen Sie mich.

KEAN: Ich bin kein Verführer. Ich liebe Sie nur.

HELENE: Welche Bemühung wollen Sie also noch? Sagen Sie es. Ich erfülle
es. Mein Teil ist dann gegeben, mein Teil ist dann klar.

KEAN: Fordern Sie jede Handlung von mir, das Unmögliche.

HELENE: Später frage ich Sie. Jetzt antworten Sie mir. Was soll ich tun?
Sie können alles sagen.

KEAN: Was ich besitze, ist schon nicht mehr mein. Die Erde ist neidisch.
Was ich nicht ganz besitze aber, will ich allein haben.

HELENE: Mein Gatte?

KEAN _Handbewegung_: Mehr.

HELENE: Furcht? Ein Gefühl, das ich nicht vermutet. Reden Sie.

KEAN: Wenn ich weiß, daß ich auf meiner Seite groß bin, so weiß ich, es
gibt nur eines, groß genug, was ich zu fürchten brauche: Macht.

HELENE: Wales ...

KEAN: Ich sah Sie nie ohne ihn. Erklomm meine Sehnsucht die
Fahnenstange, riß mich die Eifersucht dunkel herunter, ich kann nichts
dafür, daß mein Herz toll ist.

HELENE: Ich werde ihn nicht mehr sehen. Genügt es?

KEAN: Zuviel. Sie können das nicht halten. Heute abend ...

HELENE: Ich verlasse das Theater. Sie sehen ihn allein in der Loge.

KEAN: Fehlt er aus Zufall, sterbe ich, Sie könnten mit ihm zusammen
sein.

HELENE: Seltsame Frauen, die Sie früher getroffen haben müssen. Glauben
Sie nicht, daß ein Entschluß so groß, ein Plan so kühn sein kann, daß
man den Einsatz glauben muß.

KEAN: Ich glaube.

HELENE: Nun frage ich.

KEAN: Fragen Sie groß, viel.

HELENE: Sie irren. Was an ungeheurem Einsatz gegeben werden kann in
dieser Partie, trage ich allein als Risiko. Sie nichts. Was geben Sie?

KEAN: Mich. Liebe. Meinen Beruf. Fliehen Sie mit mir.

HELENE: Schwärmerei. Was soll ich mit Dingen, die uns schaden?

KEAN: Meine irrsinnige Verehrung.

HELENE: Voraussetzung. Wäre ich sonst da?

KEAN: Was wollen Sie? Garantien, Geld, Stellung, von mir?

HELENE: Würde ich das bei Ihnen suchen?

KEAN: Kein Opfer?

HELENE: Die gebe ich.

KEAN: Keine Handlung? Keine Tollheit? Also Tod.

HELENE: Spielerei. Romantik für Kinder. Worte. Worte. Ich brauche
Beweis. Keine Phantastik. Gibt es Phantastischeres, als was ich gewagt?

KEAN: Was kann an so Deutlichem und Kleinem die Gegenwagschale füllen,
daß unsere Partien auf gleich stehn?

HELENE: Ein großes und ruhiges Herz. Unbedingte Sicherheit. Das
Zuverlässige. Der Ruhepunkt.

KEAN: Sie werden es haben.

HELENE: Ich wage die Probe. Auch gegen das Unzuverlässige Ihrer
unbiegsamen Männlichkeit. Ein Vertrag. Vergessen Sie nicht, man kann ihn
verlieren. Ich wage den Pakt.

KEAN _umarmt sie_: Welches Glück. Ihre Stimme. Ihre Brust. Ihre Hüften.

HELENE: Nehmen Sie dies Bild. Lassen Sie sich dadurch warnen. Denken Sie
immer an mich. Jede Sekunde. Nehmen Sie diese Dose. Jede Sekunde.

KEAN: Welches Wunder. Dieser Körper, dieser stolze Geist. _Es klopft._
Abgeschlossen. Keine Erregung.

PRINZ VON WALES _draußen_: Kean.

HELENE _mit Haltung_: Wales.

PRINZ VON WALES: Ich, Kean.

GRAF KOEFELD: Ich, Koefeld.

KEAN: Verschleiern Sie sich. Welcher Irrsinn. Welcher Schmerz. Haltung.
Ich liebe Sie. Ruhe ... _Nach außen_: Welche Betrügerei. Sind Sie Prinz
von Wales, beweisen Sie es ... Ihre Tasche, Helène. Lassen Sie Ihr
Gefühl zu mir die Widerwärtigkeit nicht vergelten. Sie sind sicher ...
_Nach außen_: Man will meine Garderobe pfänden, man verfolgt mich wegen
vierhundert Pfund ... _Es klopft dauernd._ Helène, dicht an der Grenze
des Glücks, ich zittre ... _Nach außen_: Sind Sie Prinz von Wales,
schreiben Sie Ihren Namen auf und reichen Sie ihn herein. Sind Sie ein
Betrüger, werden Sie es nicht wagen. _Zieht den Schlüssel heraus, hängt
ein Tuch vor, zurück._

PRINZ VON WALES: Amüsant. Was tun Sie?

KEAN: Ich öffne die Tür weit genug für Ihren Namen.

HELENE _an der Tapetentür_. Helfen Sie mir.

PRINZ VON WALES: Halo, nehmen Sie doch.

KEAN _an der Tapetentür arbeitend_: Sofort. _Der Knopf springt ein, die
Tapetentür auf, Kean zurück, zieht aus der Garderobentür ein Papier._
Einen Augenblick. Ich kontrolliere. Mein Licht ist schlecht. _Zu
Helène_: Sie nehmen mein Herz mit und meinen Stolz. Welches Glück, Ihr
Hals, Ihre Kühnheit. In der Todesstunde werde ich es nicht vergessen.
Sehn Sie, wie ich zittre. Ich habe noch nie gezittert.

PRINZ VON WALES: Außen ist alles hell. Lehnen Sie mich ab?

KEAN: Der Schlüssel, Monseigneur, das Aas von Schlüssel.

HELENE: Denken Sie an den Pakt. Jede Sekunde. Diesen Ring noch. Jede
Sekunde, Kean. Ich darf mich nicht irren dieses Mal.

KEAN: Bleiben Sie im Theater.

HELENE _schon innen im Gang_: Dann sehen Sie mich das letzte mal mit dem
Prinzen. Ertragen Sie es?

KEAN: Gerade. Mein Herz ist groß genug. Ich will es ertragen. _Taumelnd,
auf die Knie geworfen, als die Tapetentür zufällt, schwindelnd, dann
auf, es klopft, gefaßt zur Tür, schließt auf._ Eine Note von vierhundert
Pfund. Diese Größe haben nur die Buchstaben im ABC von Monseigneurs
Güte. Der Schlüssel. _Öffnet. Wales und Koefeld treten ein._


                               SZENE DREI

PRINZ VON WALES: Der Graf will die Kulissen sehen. Im Diplomatischen
kennt er das, erfahrungsweise. Was ist das?

KEAN _Salomon und Friseur hinter ihnen hereinkommend_: Souffleur und
Friseur. Salomon übergibt dem Prinzen von Wales die Banknote mit meinem
Dank. _Prinz macht eine Bewegung._ Trag sie an die Kasse. Monseigneur
zahlt damit die Loge für das Benefiz der Kranken. Besichtigen Sie die
Loge, Graf. _Friseur führt Koefeld in den Nebenraum._

PRINZ VON WALES: Keine Portiere? Keine Falltreppe im Betrieb?

KEAN: Monseigneur, nehmen Sie Platz. Kennen Sie das Fell?

GRAF KOEFELD _im sichtbaren Nebenraum zum Friseur_: Heben Sie den Fächer
auf, der mir fiel. _Betrachtet ihn sorgfältig, steckt ihn ein, zurück._
Meine Komplimente. Das ist ja gar nicht ungewöhnlich. Könnte
Ankleideraum höherer Militärs sein. Charge ab Generalmajor. Komplimente.
Auch Säbel. Heilo! Waffen auch. Bardala. Famos.

KEAN: Ich habe das Außergewöhnliche nie bei Menschen getroffen. Bei
einem Bären einmal, eine zu lange Geschichte. Entschuldigen Sie mich
zwei Minuten zum Frisieren. Es schellt irrsinnig. _In den Nebenraum, wo
er voll umgezogen wird, die Romeojacke erhält._

PRINZ VON WALES _zu Koefeld_: Enttäuscht? Daß keine Weiber da waren?
Sehen Sie. Armer. _Zu Kean hinter der Portiere._ Haben Sie Ärger?
Nervös? Ein Kummer? Ich sah Sie nie so eilig.

KEAN: Enttäuschungen, Monseigneur.

PRINZ VON WALES: Falsche Einstellungen, Kean. Erwarten Sie nichts, ist
alles ein Geschenk. Erwarten Sie vieles, schlägt alles Ihnen auf das
Dach. Undank die Regel. Dank die Ausnahme. Merken Sie sich Napoleons: le
genre humain m'embête. Il me faut de la solitude. Damit erklimmen Sie
jede Entzückung.

KEAN: Unschwer, bei Gott, von einem König gesagt.

PRINZ VON WALES: Erfahrungen, die hunderte von Jahren im Blut liegen,
Freund. Wer stößt öfter auf die Erbärmlichkeit wie wir?

KEAN: Wem schadet sie weniger?

PRINZ VON WALES: Die Köpfe, manchmal, Guter, in meiner Familie. Weil wir
das Renommeestück, den Menschen, kennen, ob wir ihn verachten oder uns
für ihn interessieren, wissen wir um seine Dummheit und Feindlichkeit.
Revolutionäre aus Neigung, sind wir, von der Nutzlosigkeit der Revolten
überzeugt, Reaktionäre aus Weisheit. Wir erwarten gar nichts und haben
vor den Barrikadejünglingen, die stets enttäuscht ihre verbrannten
Finger in den Hades trugen, ungewöhnlich voraus, daß wir, als
zurückhaltende Skeptiker, ihn zu lieben uns erlauben können auch in
seiner tiefsten Erbärmlichkeit. Keine Voraussetzungen -- und Sie umarmen
die Weisheit ... Ah Biribi ... Romeo.

KEAN _erscheint aus dem abgeteilten Raum, fast fertig_: Lernen Sie mich
diese Distanz der Gefühle. Ich lerne Sie die Leidenschaft, Monseigneur.

PRINZ VON WALES: Ich bedarf sie nicht. Ich habe mehr.

KEAN: Ein Geheimnis.

PRINZ VON WALES: Wie jede Macht, mein Freund, solang man sie nicht
selbst erobert hat, atmet, ruhig besitzt.

REGISSEUR _hereinstürzend_: Ay ... a ... i ... Strafe, Strafe zahlen.
_Sieht Wales._ Verzeihung. Untertänig. Respekt. Gehorsam. _Ab._

GRAF KOEFELD: Darf ich die Loge meiner Frau suchen? Pünktlichkeit im
Dienst und zu Frauen stets Prinzip.

PRINZ VON WALES: Ich folge. Ich weiß noch nicht, wo ich sitze. Welche
Nummer? Drei. Ich danke. Vielleicht. _Koefeld ab._

KEAN: Darf ich wagen zu sagen, es sei ein Geschenk, Sie in Koefelds Loge
zu sehen.

PRINZ VON WALES: Nirgends anders?

KEAN: Nirgends anders.

PRINZ VON WALES: Aus Interesse? Soll ich Sie decken? Ein toller Wunsch.
Sie lieben?

KEAN: Bin ich weise genug, dann Ihre Anwesenheit zu ertragen?

PRINZ VON WALES: Ihre Gründe.

KEAN: Mein Gefühl ...

PRINZ VON WALES: Genügt nicht. Deutlicher.

KEAN: Sie mißtrauen.

PRINZ VON WALES: Ich sehe nicht klar.

KEAN: Lassen Sie, ich bitte, beiseite, was Liebe heißt. Ein Irrsinniger
könnte nur den größten womöglichen Gegner ersuchen, an seine Stelle zu
treten. Kurz: ich adressiere.

PRINZ VON WALES: Ich bin kein Schauspieler.

KEAN: Es wäre ein Geschenk. Mein Sinn, daß Hohes sich ausgleicht, ist
sehr bestimmt. Träte zur schönsten Frau der bedeutendste Mann, würden
meine Spannungen und Verehrungen unmenschlich wachsen an solcher
Harmonie, zu der ich mich wende. Ich spiele für Personen, nie für die
Masse, Monseigneur.

PRINZ VON WALES: Ich habe Ihnen noch keinen Wunsch abgeschlagen.

KEAN: Ich werde noch nie so entflammt gespielt haben vor Monseigneur.

PRINZ VON WALES: Immerhin ... es ist schwer, mich in Erstaunen zu
setzen. _Im Hinausgehn._

KEAN: Da Sie nichts erwarten ...

PRINZ VON WALES: ... oder alles. Das ist gleich. _Ab._

KEAN: Er wird es Helène sagen, daß ich ihn zu ihr gehetzt. Sie wird die
Unerschütterlichkeit des Herzens nicht verkennen, das diese Qualen
arrangiert, um sie als Zeichen für sie zu erdulden. Herz, sei stark
genug, dies Training zu ertragen.

REGISSEUR _kommt_: Sind Sie in fünf Minuten nicht fertig, haben wir eine
Oper. Aber im Publikum.

KEAN: Warfen Sie Monseigneur schon einmal hinaus? Sie Taschenmesser.

REGISSEUR _zu Salomon_: Bewach ihn. Treib ihn an. Schleif ihn hinüber.
Deine Anstellung als Pfand. _Ab._

KEAN: Lassen Sie die Ouverture anfangen. Ich spiele sechs Akte aus vier
Stücken zum Benefiz. Ich habe zehn Wölfe im Herzen. Ich habe nie so
gespielt. Friseur. _Wird geschminkt. Klopfen an der Tapetentür. Salomon
öffnet. Giza._

GIZA: Die Gräfin ... der Fächer?

KEAN: Vergessen? Welcher? Such ihn. Neben.

GIZA: Mit Türkisen und weißen Pfaufedern.

KEAN: Von Wales. Verdammt. Ist er da?

FRISEUR: Der Herr bei Monseigneur steckte ihn ein.

KEAN: Du sahst es. Ließest es. Sagtest nichts. Läßt mich bestehlen.
Schaf, Hornisse, du Roß ... Salomon, nicht da? _Salomon aus dem
Nebenraum, kopfschüttelnd. Kean, nicht mehr schreiend, zu Giza, ruhig_:
Mein Kind, Sie flüstern in der Loge ins Ohr der Gräfin, ihr Gatte habe
den Fächer. Sofort. Ohne Aufsehn. Und ruhig. Ich rechne, sagen Sie, mit
der ganzen Klugheit der Gräfin. _Giza durch die Wand ab._

KEAN _fassungslos_: Gewitter über meinem Haupt. Prasselt alles wie ein
Taubenschlag herunter? Habe ich das gewollt? Verknallter Frühlingstag,
mein Gott. Ganz verloren. Alles entzwei. Keine Rettung. Kein Ausweg,
eins, zwei, drei, vier. Ich habe verloren. Ich kann schlafen gehn.
Abtreten. Aus. _Schnallt den Dolch ab._ Ich spiele nicht.

FRISEUR: Die Augenbrauen noch schwarz.

KEAN: Trottel, Intrigant. Ich spiele nicht.

SALOMON: Das Benefiz.

KEAN: Weg.

SALOMON: Bob?

KEAN: Schlag Plakate an. Ich laufe Seil über Hydepark. Fünf Pfund der
Platz. Ich werde Seiltänzer, charmanter Abgang. Fünf Pfund, ich
garantiere den Absturz. _Schelle._

FRISEUR: Die Ouverture hat begonnen.

REGISSEUR _kommt_: Kean. In die Kulisse. Avanti.

KEAN: Ich spiele nicht, Herr.

REGISSEUR: Ihr Vertrag.

KEAN: Gebrochen.

REGISSEUR: Angestelltenrat?

KEAN: Ich werde Seiltänzer.

REGISSEUR: Die Kasse abgeschlossen. Unmöglich mehr, zurückzuzahlen. Sie
zünden das Theater an.

KEAN: Rösten Sie.

REGISSEUR: Ich befehle Ihnen, aufzutreten.

KEAN: Befehlen Sie Ihrem Bauch. Ich will nicht. Ich kann nicht. Herr,
sehen Sie nicht: ich bin verrückt. Mein Herz ist explodiert. Ich bin
schwer verwundet. Innerlich. Hundert Geschoßfetzen. Kann ich singen,
wenn ich verrecke? _Schlägt vor Erregung einen Tisch dem Regisseur vor
die Beine. Bob erscheint._

BOB: Spiel, Junge, sonst schlag ich dir die Knochen entzwei. _Regisseur
feuert ihn mit Gesten an._ Ich blas dich in die Luft. Stümper. Nicht
einmal spielen kannst du. Solar plexus blow. _Stößt ins Horn._ Splendid.
Narrenhaus.

KEAN: Halt das Maul, Bob. Hinaus, Zigeuner. Stramm gestanden. Ich
kommandiere nun. Ich spiel nicht.

BOB: Respekt vergißt du. Heuschrecke. Quatsch. Boxen kannst du nicht.
Seiltanz kannst du nicht. Niagarasprung ... schmonzes. Spielen willst du
nicht. Knockout. Stümper. Auf die Knie. O ... u ... adet. Rabenaas,
unfaires. Sollte dich erledigen mit savate, ins Parterre mit upper cut.
Vatermörder. Spiel oder krepier. Splendid, sträubt sich. Krieg dich an
den Ohren.

KEAN: Mein Lehrer ... guter Lehrer, Gott verzeih mir, hinaus, du Hund.
_Schmeißt ihn raus._

REGISSEUR: Ich gehe zur Bühne und zurück und zähle auf zwanzig. Vor der
Tür. Kommen Sie nicht bei einundzwanzig, laß ich Sie auf die Bühne
schleifen, Herr, und aufs Podium werfen in einem Sack.

KEAN: Gut. Schmeißt mich in die neue Karriere. Zirkus. Ketten bereit.
Fesselsprenger über dem Seil -- -- -- a me me gusta un harenque ...
porque es muy dulce -- -- -- _Regisseur hinaus. Salomon mit
ausgebreiteten Armen gegen die Tür._ Du ... sperrst mich ein? Du auch
... spritzt gegen mich Gift? Wegen deiner Stellung? Bist du schon so
zertreten? _Schiebt mit dem Fuß nach ihm, Salomon heulend ihm zu Füßen._

SALOMON: Treten Sie mir den Bauch ein. Hab ich diese elende Position
nicht nur wegen Ihnen behalten? Ich schütze Sie vor dem Schleifen.

KEAN: Steh auf! _Fieberhaft._ Alles verloren. Ich habe auf eine Karte
alles gesetzt und rasch verloren. Der Fächer ist die falsche Karte, die
man mir ins Spiel gemogelt. Wales muß den Fächer decken gegen Graf
Koefeld. Wales renkt das Spiel wieder ein, das ich schon fast verlor.
Vor fünf Minuten bestürmte ich ihn, weil ich mich oben dachte, im
Übermut in die Loge der Gräfin zu gehen, nun sitzt er dort und muß mich
decken. Die Leute haben andere Waffen wie wir. Man vermeidet dort den
Angriff, man ist klüger wie wir, Salomon. Er wird sich zurückziehn,
verschwinden, von Helène zurückeilen. Das Feld ist frei. Ich habe keinen
sichtbaren, aber einen unsichtbaren Konkurrenten.

SALOMON: Was kann ein Gegner schaden, der kein Stichwort hat,
aufzutreten?

KEAN: Daß ich ein Werkzeug des Wales bin, ein Perpendikel seiner Laune.
Wenn er gut ist, überdacht von seiner Güte. Wenn er gemein ist, ein
Tänzer auf dem Zufall. Immer geschenkt, dargeboten, geduldet. Gibt es
eine Frau, die das erträgt? Gibt es einen Mann, der in dieser Rolle
wirkt? Unerträglich. Unmöglich.

SALOMON: So werde ich den Prinzen aus der Welt schaffen, um einen guten
Abgang aus ihr zu haben.

KEAN: Zu grob. Das schafft seinen Schatten nicht fort. Treue Trottelei,
Salomon. Das verstehst du nicht.

SALOMON: Das scheint meine Schwäche.

KEAN: Ich kann ihn nur wieder mit Großmut überwinden. Solche Partien
können nur auf dem höchsten Terrain gesiegt werden. Helène kennt die
Niveauunterschiede genau, und man hat sie nur, wenn man deutlich sie
erobert. Ich muß auf sie verzichten. Das ist die einzige Waffe, sie doch
zu bekommen. Ich überlasse sie Wales als dem Größeren. Ich trete zurück,
um ihn zu erhöhen. Ich muß mich auswetzen wie ein Geschwür und ihm freie
Bahn lassen. So wird sie mich wieder holen. Du bist zu wenig Mann, um
das zu begreifen. Hier wird mit großen Einsätzen der Kühnheit pointiert.
Ich kann nicht kleinmütiger sein wie seine Großmut. Aber ich spiele um
alles. Denn ich liebe sie mehr als ein Toller. Ich muß ruhig bleiben und
lächeln. Nur so kriege ich sie.

SALOMON: Das scheint mir der ungefährlichste Ausweg.

KEAN _auf und ab gehend, man hört den Regisseur draußen zählen_. Aber
wird mein Herz größer sein wie mein Blut? Kann ich Wales nun in Helènes
Loge sehen? Vor einer Viertelstunde ein Kitzel für den Sieger. Als
Unterlegener ein Gelächter. Kann ich stolzer sein als Besiegter wie der
Sieger, der sich nichts merken läßt? Werde ich es aushalten, mein Gott?
Ich bin ohne Kraft, Salomon, und brauche ein kühnes Herz. Man lernt
soviel in seiner Leidenschaft. Ich muß größer sein wie mein Schmerz.
Kühner als mein Glaube. Ich muß es haben, Salomon ... woher? ... ich muß
es haben, oder ich bin kaput. -- -- -- Den Dolch, Salomon ... den Dolch
... Ich muß spielen.

SALOMON: Er spielt. _Singt_: Ach Gottsche, schenk mern Hambelmann, un e
Kordel dezu, daß er zawwele kann.

REGISSEUR _herein_: Spielt. _Fällt gleichzeitig erschöpft in die Knie._


                               SZENE VIER

   Verdunkelung. Kean hinaus. Vorhang. Sofort Musik in die
   Verdunkelung. Kean sofort durch den Vorhang auf die Vorderbühne.
   Blitzschnell. Sofort auf der Vorderbühne Beginn der Romeoszene.
                        Musik verklingt hinein.

JULIA:

   Willst du schon gehn? Der Tag ist noch so fern.
   Es war die Nachtigall und nicht die Lerche,
   Die wilden Rufs dein banges Ohr durchsüßt.
   Geliebter, glaub: es war die Nachtigall.

ROMEO:

   Die Lerche wars, die Tagansagerin.
   Nicht Nachtigall. Schon neidet uns ein Streif
   des Osts der Wolken liebevollen Samt.
   Die Nacht hat ihre Kerzen abgebrannt.
   Der Tag hat sich schon auf den Berg getanzt.
   Nur Gehen ist uns gut, Verzug ist Tod.

JULIA:

   Glaub mir, dies Heil ist nicht das Tageslicht.
   Fanal ist es, das dir die Sonne schenkt,
   wenn du ins Helle jetzt die Nacht durchdringst.
   Signal nach Mantua, wenn du zum Gang dich schickst.
   Verweile du. Noch ist zu gehn nicht not.

ROMEO:

   Laß sie mich packen. Tod ist mir bestimmt.
   Ich bleibe gern, wenn du mich fassen willst.
   Ich will, dies Dämmern ist noch nicht das Morgenaug.
   Der Mond hat nur den großen Kreis bereist.
   Die Lerche ist das nicht, aus deren Sang
   der unsichtbare Himmel um uns reißt.
   Ich bleibe nun. Das Gehn ist mir verhaßt.
   Herbei, du Tod, wenn Julia dich liebt.
   Ruhig, Herz. Das ist nicht Tag, noch flüstern wir uns zu.

JULIA:

   Der Tag. Der Tag. Auf. Renne rasch von hier.
   Es ist die Lerche, die so heiser droht.
   Sie ists, die uns in falsche Wirbel flammt.
   Man hat gesagt, die Lerche sei so süß.
   O wie zerreißt uns diese unser Herz.
   Sie hat der Kröte Blick in ihrem Aug.
   Hätt sie den Sang mit diesem Tier getauscht,
   da sie dein Herz von meinen Brüsten reißt!
   Wie hat der Jagdruf dich zur Flucht erbleicht.
   Geh jetzt, Geliebter, es wird rot und hell.

ROMEO:

   Ich seh nur schwarz. Und dunkler Leid und Gram.

AMME _kommt_:

   Die Mutter regt sich. Bald tritt sie herein.
   Der Tag hebt an. Das Haus wird voll Geräusch.

JULIA:

   Tag schwingt herein. Du Leben, breche aus ...

ROMEO:

   Wenn deine Lippe noch auf meiner einmal knospt.

   Umarmt Julia, läuft die Treppe der Vorderbühne herunter, stürzt mit
      einem Aufschrei zurück, an Julia vorbei, dicht an der Rampe.

   Ist mir von Irrsinn so mein Herz zerschleißt,
   das zuckt und brüllt, daß ich in Fremdem wühl?
   Ich Komödiant, ich Kean, Hanswurst, Idiot, Kamel
   geht ehr durch Nadelöhrn als ich durch dieses Spiel.
   Halunken, Publikum. Clowns, weh, ein Heringsbauch,
   schlägt höhnend eure Fratzen jetzt mein Schmerz.
   Wo nehm den Mut ich her, jetzt groß zu sein,
   wo ich wie eine Kröte hier mich wind
   und dort die Größe lächelnd auf mir bäumt?
   Für dieses Spiel bin ich zu sehr zerspellt,
   Hanswurst ich, Kean, nicht Romeo. Hanswurst.
   Wär ich jetzt groß, wie Feuer trieb dies Spiel.
   O Gott, mach jetzt mein Herz voll Einsamkeit,
   daß ich es trag und alles Gute sag.
   Hilf mir. Umsonst flamm ich nicht wie ein Wurm.
   Schon quillt mir Gift auf meines Herzens Schlag.
   Schon würgt mein Haß der Zunge guten Laut.
   Es frißt die Leidenschaft das Gute aus dem Herz.
   Erbärmlich ich. Hanswurst. Mein Kean, du Frosch.
   Is a long way to Tipperary -- -- flattert mirs so auf?
   Is a long way to go. Ich hin von Haß entstellt.

   Halb verkrampft, tanzend, torkelnd, jetzt voll an die Rampe. Zu der
   nun mitten im Rang erleuchteten Loge Helènes, Koefelds, des
                      Prinzen von Wales gerichtet.

   Ich klag den Prinzen Wales des Irrsinns an,
   weil er Geheimnis hat, das in den Staub mich schmeißt.
   Erträgt ein Mensch so ruhigen Übermut?
   Schlägt Schicksal mir stets Größe ins Gesicht,
   die mich erniedert ... Aus der Lüge dieses Spiels
   pflück ich Sekunden. Hier ist mein Triumph.
   Hier rede ich. In die Manege, Monseigneur,
   hier auf die Knie. Tanzt vor den Affen nackt
   den Foxtrott Ihrer Laster. Guillotine Marsch.
   Zu meinem Fuß. Mein Herz lacht wie ein Wolf.
   Die Haselrutensehnsucht Ihrer Schenkel ist nicht schwach.
   Gekuscht im Winkel. Ab Monokel. Glasaug hol die Pest.
   Entschleiert das Geheimnis. Sansculotte. Größe keine Spur.
   Sagespäne, Glas statt Hoheit, werft die Puppe in
   die Eimer der Verachtung ohne Schmerz.

LORD MEVIL _in einer Loge, mitten im Publikum, der anderen Seite,
erleuchtet_: Die Hundepeitsche ins Gesicht dem Schuft.

KEAN: Ach, Mevil -- Bursche, Wechselfälscher, Mäuschenjäger, Gladiator
deiner Frechheit. Her den Stock.

LORD MEVIL: Verhaftet diesen Hund. Konstable. Ketten. Stellt vor den
Prinz euch. Vor die Krone. Schießt. _Knallt nach der Bühne._

KEAN:

   Schieß weiter, Fälscher. Abgeprallt die Tücke,
   kreid ich dich an die Ewigkeit, du Hure
   der Rechtsprechung im Parlament. Ich schlag
   den Leib mit Prügeln feist dir wie ein Frosch.
   Nur Monseigneur kann mehr geschwollen sein
   als du. Kean. Ich Hanswurst. Sacré. Mein Puls. Mein Herz.

   Hinter ihm Menschen. Toller Foxtrott. Man beschwört ihn. Salomon
   kommt aus dem Souffleurkasten. Aus der Intendantenloge klettern
   Entsetzte auf die Bühne. Der Regisseur stürzt herbei. Kean faßt
       ihn, tanzt den Foxtrott des Orchesters mit ihm, irrsinnig.

   Wales am Hund, das Herz in Quasten,
   Kean kaputt, Wales liquidiert ... _Fällt zusammen._

   Der Regisseur geht langsam bis an die Rampe, schneidet mit dem
               erhobenen Arm haarscharf den Foxtrott ab.

REGISSEUR: Der Wahnsinn ist über Kean ausgebrochen. Die Billette zurück.
Ich schließe. Verzeihung.

             Ein Schrei aus der Loge der Wales und Koefeld.

REGISSEUR: Arbeiter. Chor. Die Bahre. Arzt. Den Arzt. _Bob hinkt herbei,
stößt zweimal ins Horn._

BOB:

   Ich hab dich mehr geliebt. Dreiviertelsmann.
   Du Stümper. Vielgeschrei. Du warfst mich auf,
   da schlug dich Undank lahm. Angriff blieb schlecht.
   In Großmut Dilettant. Stop. Hier der Rest: knockout.


                        Schluß des vierten Akts.



                                AKT FÜNF


   Zimmer bei Kean. Zwei Ausgänge links. Ausgänge rechts. Aufmarschiert
   die vier Artisten: Viktor, Well, Gonsch, Kauka. Die Mitsäufer
            Tom, David, Bardolph. Salomon aus dem Nebenraum.


                               SZENE EINS

SALOMON: Man muß schon irrsinnig zu sein im Geruch stehn, damit die
Menschen anständig werden. Hilfe für Gesunde erdenkt niemand. Überall
steht der Verstand auf dem Kopf. Wär ich sonst Souffleur?

VIKTOR: Bob ist entschuldigt. Das Geld des Benefiz war zuviel. Er hing
sich auf.

SALOMON: Splendid. Ein Narr nahm den gewöhnlichen Abgang.

GONSCH: Wir haben draußen abgelegt.

VIKTOR: Zehn Flaschen Pommard.

WELL: Zehn Flaschen Chambertain.

KAUKA: Fünf Flaschen Portwein.

GONSCH: Zwanzig Flaschen Sekt.

VIKTOR: Sieben Flaschen Haut Sauternes.

WELL: Zwanzig Flaschen Château Latour.

KAUKA: Zehn Flaschen Jules Bernin.

GONSCH: Eine kleine Tonne Whisky.

SALOMON: Das habt ihr gut hereingeschifft. Was soll der Herr damit?

TOM: Sechs Renntierschinken.

DAVID: Vierzig Kilo Honig.

BARDOLPH: Zehn große Hummer.

SALOMON: Das habt ihr gut hereingesetzt. Ihr Trockenen. Ob ihr vom
Festen nicht aufs Nasse spekuliert?! Ihr Trinkerchen.

TOM: Wenn wir auch Hunde sind, saufen wir nicht aus Krankenkübeln. Was
sagt der Arzt?

DAVID: Wenn mich Gott in schweinige Versuchungen auch führt, bewahrt er
mich, aus dem Elend Vorteil zu ziehen. Wie gehts dem Herrn?

BARDOLPH: Wenn wir auch verdammt dickfellige Därme sind, kann nur ein
Dünndarm wie du meinen, daß unsere nach Arznei lüstern sind. Wie stehts
um die Gesundheit?

SALOMON: Den Arzt hat es bei der Diagnose durchs Bein gezuckt.
Handfester Wahnsinn. Man hält Kean schwer ab, seine Hitzigkeit aus dem
Hirn in die Fäuste laufen zu lassen. Schlimm. Ich rieche Attentate. Mein
Hals fühlt sich schon wie ein Korkzieher stranguliert. Da ich sein
Pfleger bin, muß ich bleiben.

DAVID: Er soll bei Gott das Bett nicht fiebrig verlassen. Gute
Gesundheit.

TOM: Ruhe und Eisbeutel aufs Hirn. Beste Besserung.

BARDOLPH: Die Hände gefesselt. Meine Empfehlungen. _Alle drei exakt ab._

SALOMON: Der Herr ist in eine Krise gefahren, aus der er mit Donner und
Blitz wohl nicht herauskommt, sondern wohl etwas sanfter. Es ist Zeit,
aus den frühen Launen in den Sommer einzulaufen. Ich kann das
Hinundherreißen nicht mit. Wenn ihr noch bleiben wollt, werdet ihr die
Konstables als Hundemeute anrücken sehen. Ich melde euch.

KAUKA _hält ihn zurück_: Unnötig. Unsere Grüße genügen. Und das andere.
Wir sind schon oft für andere gefangen worden. Bekam man die Hirsche
nicht, nahm man die Hasen. Ein Feigling, wer sich unnötig in Gefahr
begibt. _Alle vier exakt ab._

SALOMON: Hier sitze ich. Mönch sollte von der Mutter her ich werden. Man
schlägt mich. Ich besorge die Geschäfte. Habe ich nicht mehr Hirn wie
diese alle? Man tritt mich. Und ich fühle mich wohl. Sonderbarer Mensch
ich. _Singt_: »Ach Gottsche, schenk mern Hambelmann, un e Kordel dezu,
daß er zawwele kann.« Und doch reicht meine ganze Hirnhaut nicht aus, zu
ahnen, wie dieser Tag ausgeht. Etwas Wichtiges muß fehlen bei mir. Au
Backe! Aber was?

KEAN _kommt aus dem Nebenraum, geht durchs Zimmer, ohne Salomon zu
beachten_.

SALOMON: Die Siegel sind entfernt. Die Schuld ausgelöst.
Unbekannterweise.

KEAN: Das Gerücht von meinem Wahnsinn läuft weiter.

SALOMON: Ich fürchte nur, daß diejenigen, die es nachträglich glauben
sollen, nicht von seiner Dauer zu überzeugen sind.

KEAN: Ich habe nicht das Gefühl, gestern ein vernunftbegabter Mensch
gewesen zu sein, da ich es bis gestern wahrscheinlich überhaupt nicht
war.

SALOMON: Dann muß Ihre Normalität ihren Geburtstag mit Prozessen,
Kerkern, Verfahren beginnen.

KEAN: Kümmre dich um deinen Kopf. Man fällt nicht so heftig auf die
Rampe, ohne daß man aus seinem Kostüm herausrutscht. Die Listen?

SALOMON: Sind aufgelegt. Die Einzeichnung der Krankenbesuche gemischt.
Adel keiner. Bürger wenig. Viel kleine Leute.

KEAN: Keine Frau? ... Nein ... Ich bin doch wahnsinnig.

SALOMON: Der Wagen steht immer noch an der Ecke. Sie können noch jetzt
fliehen. So gut wie vor zwei Stunden.

KEAN: Ich kann fliehen. Ich kann nicht fliehen. Ich bleibe da.

SALOMON: Seit Jahren der größte Skandal.

KEAN: Wüßtest du, wies in mir ausschaut, tätest du mir so keinen Pimpam
erzählen.

SALOMON: Mit Monseigneur ist nicht mehr zu rechnen. Die letzte Barriere
fällt. Laufen Sie zu dem Wagen.

KEAN: Wenn du eine Ahnung hättest, wie wenig ich mich etwas entziehen
will und wie sehr ich auf etwas warte.

SALOMON: Wenn Sie auf die Gräfin warten, können Sie auch auf den Mond
warten.

KEAN: Aber du weißt nicht, daß ich warte, um etwas gutzumachen.

KONSTABLE _kommt, überreicht ein Blatt_: Mein Papier. _Salutiert._

KEAN: Es ist keine Zeit darauf.

KONSTABLE: Es gibt keine Zeit für Verbrecher, sondern nur das Gesetz.

KEAN: So gibt es Zeit für das Gesetz. Kannst du ihm nicht eine halbe
Stunde zuschieben?

KONSTABLE: Mein Papier verhaftet Sie auf der Stelle.

SALOMON: Aber das Abführen hat Zeit bis nach Besichtigung der Räume,
Teller, Flaschen.

KONSTABLE: Bestechungsversuch. In deine Fresse zurück.

KEAN: Ich warte auf jemand. Steht der Zeiger auf Sieben-Groß, komme ich
mit. Mein Ehrenwort. Vielleicht kommt gar niemand.

KONSTABLE: Die Verhaftung ist geschehen. Über den Transport gibt es
keine Vorschrift. Also kommandiere ich diesen Fehler. Es hängt an mir.
Ich habe selten swinging blow so in mein Herz gehen sehen wie Ihren.
Knockout zum Kasperllachen. Sie sind mein Freund, Herr. Ich warte eine
halbe Stunde, auf Ihr Ehrenwort. Das habe ich nunmehr beschlossen. Ich
habe noch nie etwas zu beschließen gehabt. _Ab. Salomon mit ihm._

KEAN: Eine halbe Stunde. _Geht durchs Zimmer._ Dann ist es aus.

SALOMON _zurück_: Die ... Gräfin.

KEAN: Helène ...

SALOMON: Auf der Treppe.

KEAN: Rasch.

SALOMON: Da. _Verbeugt sich, hinaus._


                               SZENE ZWEI

KEAN: Helène.

DAISY _sich entschleiernd_: Ich.

KEAN: Was wollen Sie?

DAISY: Sie in eine Heilanstalt bringen, wenn Sie krank sind.

KEAN: Ich bin nicht krank.

DAISY: Dann will ich es bedauern, daß Sie es waren.

KEAN: Sie sind ärmer als ich.

DAISY: Irrtum. Seit gestern besitze ich mein Vermögen. Mein Vormund war
ein Betrüger. Er ist entlarvt.

KEAN: Man darf Ihnen gute Verwendung wünschen.

DAISY: Ich habe alle Vorbereitungen getroffen.

KEAN: Sie reisen?

DAISY: Gezwungenermaßen.

KEAN: Glückwünsche zu dem Zustand, der mir verweigert ist.

DAISY: Ich verstehe Sie nicht.

KEAN: Ich bin verhaftet.

DAISY: Irrtum. Sie sind frei.

KEAN: Sie haben den Konstable draußen gesehen.

DAISY: Ist widerrufen. Der neue Entscheid.

KEAN: In Ihren Händen? Ausgefertigt?

DAISY _zögernd_: Von dem Staatsanwalt. Durch den Prinzen von Wales.

KEAN: Ich hasse ihn nicht mehr.

DAISY: Als Mittelmann gegen Mevil.

KEAN: Sie erröten.

DAISY: Der wollte nicht nachgeben. Der Appell des Prinzen war
einflußlos.

KEAN: Was taten Sie?

DAISY: Ich komme, mich von Ihnen verabschieden.

KEAN: Was taten Sie?

DAISY: Ich trat ihm die Mitgift ab.

KEAN: Sie haben ihn geheiratet.

DAISY: Unnötig. Das Geld genügte.

KEAN: Die Hälfte Ihres Vermögens.

DAISY: Eine kleine Schuld der großen gegenüber, die mein Leben Ihnen
schuldet.

KEAN: Und Sie reisen ...

DAISY: Um den Skandal zu verwischen. Lord Mevil zwang mich dazu. Ein
Pakt mit Mevil.

KEAN: Ich erkenne für mich Ihre Handlungen nicht an.

DAISY: Damit werden Sie mich kompromittieren. Ich bin bereit.

KEAN: Sonderbar. Ich sagte Ihnen beim ersten Mal: Beweisen Sie mir, daß
Sie etwas im Leben meistern, ich rede Ihnen dann zu, in meinen Beruf zu
springen. Heute kann ich es, aber ich stehe beschämt vor Ihnen.

DAISY: Da ich England verlasse ...

KEAN: Sie haben ein anderes Aussehen bekommen. Ich habe Sie nicht so
gekannt.

DAISY: Sie schulden mir nichts. Ich habe meine Ansicht in diesem Punkt
des Berufs geändert. Ich gab meinen Plan auf.

KEAN: Sind Sie mutlos geworden?

DAISY: Ich war nie entschlossener.

KEAN: Opfer zu bringen, die nicht anzunehmen ich entschlossen bin.
Weinen Sie nicht.

DAISY: Die Sie nicht von mir empfangen, sondern von der Vorsehung, die
Ihre Absichten damit klärt und die darum keine Opfer sind.

KEAN: Gestern hätte ich das nicht verstanden. Heute ist es schon zu
weit. Es schmerzt mich, das zu sehen, was Sie tun und äußern. Denn ich
habe es versäumt.

DAISY: Ich habe nie daran gedacht, daß eine Handlung anders als zu der
ihr bestimmten und richtigen Zeit kommen könne.

KEAN: Sie täuschen sich. Ich sah zum erstenmal, wie ungeheuer viel ein
Herz vermag, indem es sich schrankenlos preisgibt. Aber ich sehe es zu
spät.

DAISY: Ich verstehe Sie nicht.

KEAN: Weil Sie nicht wissen, welche Spanne mein Leben von gestern zu
heute durchmessen hat. Weil ich aus Enttäuschungen und Eitelkeiten so
tief abgestürzt heute hinaufblicke, kann ich nicht wagen, erkennen zu
wollen, von wie hoch her Ihre Güte zu mir herunterkommt.

DAISY: Warum beschämen Sie in mir so sehr das, was ohne Absicht geschah?

KEAN: Hätte ich früher erkannt, als ich zwar falsch, aber immerhin auf
der Höhe meines Lebens schweifte, welch unvergleichlicher Besitz mir nah
war, wäre das eine große und erhabene Entdeckung gewesen. Ich wäre
glücklich gewesen. Daß ich es jetzt erst sehe, wo ich verlassen,
schutzbedürftig und niedrig bin, nimmt mir vor mir jedes Recht, es zu
ergreifen. Ich weiß, was ich verliere, denn ich verliere alles. Aber ich
kann mich dem nicht entziehen.

DAISY: Wenn ich nicht glaubte, trotzdem glücklich zu sein, müßte ich
denken, daß ich verflucht bin.

KEAN: Gehen Sie. Reisen Sie. Und denken Sie, daß Sie einem Mann das
größte Glück geschenkt haben, indem Sie ihn zum ersten Male die ganze
Größe eines reinen Gefühls sehen ließen. Und vergessen Sie nicht, daß
er, obwohl er zufriedener und klarer ist wie früher, aufs tiefste leidet
und nur die eine Bemühung kennt, sich Ihrer würdig zu erweisen.

DAISY: Leben Sie wohl.

SALOMON: Die Gräfin. _Zieht die Tür hinter sich zu._

KEAN: Ich will sie jetzt nicht mehr sehen.

DAISY: Ich stehe, auch hierin, nicht im Wege. Lassen Sie sie eintreten.
Ich bitte darum.

KEAN _zögernd, dann_: Warten Sie hier. _Öffnet Daisy das eine
Seitenkabinet._

HELENE _eintretend, mit großer Bewegung sich entschleiernd, sie ist
verkleidet_: Sie haben verloren. Die Einsätze zurück.

KEAN: Ich habe eine Torheit begangen, die ich aber in einem gewissen
Sinne loben muß, so sehr es Sie kränken mußte.

HELENE: Nur Besessenes, was man verliert, kränkt. Der mißlungene Versuch
platzt in die Luft.

KEAN: Was kann ich tun, Ihre Verzeihung zu erlangen?

HELENE: Unnötig von mir. Ich bin ohne Zorn. Ich ordne die Dinge exakt.
Das Medaillon.

KEAN: Hier.

HELENE: Die Dose.

KEAN: Hier.

HELENE: Der Ring.

KEAN: Hier.

HELENE: Ohne Widerspruch. Gut. Die Partie ist ausgeglichen. Die Pfänder
eingesammelt. Leben Sie wohl.

KEAN: Sie ziehen die Summen. Ich aber möchte Ihre Verzeihung erlangen
... dafür ...

HELENE: Die Trüks sind ausgespielt.

KEAN: Verzeihung ... dafür, ... daß ich Sie nie geliebt habe.

HELENE: Deshalb verloren Sie. Aus keinem anderen Grund. Glauben Sie zu
anderem Zweck als der Erforschung dieser Sache willen hatte ich den Pakt
abgeschlossen?

KEAN: Ich will Sie nicht kränken ...

HELENE: O, es war Größe schon um Sie, als ich Sie sah.

KEAN: Es war Eitelkeit.

HELENE: Gemischt. Mich reizte, zu was Ihr Wesen sich entschlösse. Sie
kamen und plaidierten für die armselige Verfolgte und warfen mir in der
gleichen Sekunde Ihre Leidenschaft ins Gesicht. Beides war echt. Ich
setzte mich ein, es zu lösen. Meine Liebe. Ich habe alles an diese Frage
gesetzt. Nicht ich verlor. Sie verloren. Ich riskierte nur alles.

KEAN: Ich habe gewonnen ...

HELENE: Vielleicht. Sicher nicht hier.

KEAN: Hier ward nur gesetzt. Nur gespielt. Pointiert. Nicht geopfert.

HELENE: Verstanden Sie das damals so gut? Habe ich das nicht? Habe ich
nicht vielleicht Sie geopfert? Wissen Sie denn, ob ich Sie nicht dennoch
mehr liebte, als Sie ahnen, und daß ich dieses Gefühl hingab dem,
größere Klarheit zu erreichen. Mein Herz ist kein Mädchen und durch
Enttäuschungen zu großer Art gegangen, einem Gatten an die Seite
gegeben, der es weder an Höhe versteht noch an Tiefe und es durch
Teilnahmlosigkeit täglich kränkt und beleidigt. Ich habe nach dieser
Seite keinen Sinn für das Wort Pflicht, wo sie mir täglich gebrochen
wird, aber ich habe nach der anderen Seite noch weniger Gefühl für das
Uferlose. Was ist Leidenschaft am Ende? Ein Nichts. Muß man nicht kühl
sein, je wilder man erlebt, distanzierter, je zerhackter man ist aus
Leidenschaft? Sie haben das nie gewußt. Ich suchte Weisheit über dem
Blut. Sie gaben, was ich verachte, Skandal. Ich suchte Opferung, bereit
dann selbst zu jedem Opfer. Ich fand ein zerrissenes, unbeherrschtes
Dasein. Ich habe keine Lust an bürgerlichen Sensationen. Ich ziehe es
vor, meine Wege zu beherrschen. Ich kalkuliere mir das Schicksal.

KEAN: Ich habe verloren.

HELENE: Daß Sie es einsehen, beweist eine Erschütterung. Zeigt eine
Erkenntnis. Also haben Sie dennoch gewonnen. Hier aber zu spät.

KEAN: Ich habe vor Ihnen vorhin etwas Kurioses erblickt, das
Grenzenloseste, Gräfin: ein schlichtes, einfaches Herz.

HELENE: Erkenntnis marschiert auf vielen Wegen. Ich stellte das
Wagespiel ein zwischen Ihrer überlegenen Güte, die ich ahnte, und Ihrer
Zerrissenheit, die ich sah. Es schlug nicht zu mir aus. Aber es schlug
aus. Traf es nach anderen hin, bedeutet es Bindung Ihrer Kräfte. Ich
wünsche Glück. Ich bin neidlos. Zersplittern ist Unfug. Konzentration
alles. Liebe nur ein Augenblick. Ein gebändigtes Herz hat keine Pause.

KEAN: Welche Schuld habe ich gegen Sie!

HELENE: Keine. Sie lieben Ihre Eitelkeit nicht mehr, die sich allein
vielleicht verging.

KEAN: Habe ich so blind gelebt, nichts geschaut, alles versäumt?

HELENE: Kein sentimentales Schauspiel. Sie werden nun wohl, wenn Sie
besser zu sehen verstehen, der Größe, die Sie auf der Rampe spielten,
die des Menschen hinzufügen. Mein Spiel ist aus. Sie spielen mit andern.

KEAN: Und Sie?

HELENE: Meine Vorbereitungen sind gelegt.

KEAN: Sie entschieden sich ...

HELENE: Die Dinge entscheiden sich. Ich entscheide mich mit ihnen.
Irrtum, daß irgendeine Entscheidung bei uns liegt. Man geht mit den
Möglichkeiten und beherrscht sie, indem man in ihre Kurven nicht
eingreift. Was heute ich liebe, ist in einem halben Jahr vielleicht
taub. Verlangen Sie Garantien der Seele vom Leben? Ich nicht. Liebten
Sie mich mit Holzbein, ich Sie ohne Magen? Unausdenkbar. Die Partie
hatte zwei Seiten.

KEAN: Ich schied aus. Wales blieb.

HELENE: Der Fächer ist gedeckt. Die Endposten sind erreicht. Ich war nur
Zuschauer. Was blieb, hatte recht. Das eine versagte. Das andere
lächelte, als ich es ansah. Ich habe mich für die Macht entschieden.

KEAN: Welche Kühnheit. Soviel kann Erfolg bedeuten!

HELENE: So kommt von selbst zu mir, was ich brauche. Ohne Bemühung. Sie
werden es schmerzlos sehen.

SALOMON _draußen_: Unmöglich. Ich verbiete. Ich hindere Sie.

KEAN _rasch die Tür des zweiten Kabinets öffnend_: Einen Augenblick.
Hier. Eilen Sie.

HELENE _überlegen, betont_: Keine Angst um mich. Ich bin in guten
Händen.

SALOMON _draußen_: Zurück. Achtung. Das haut. Schreit. _Tür auf. Graf
Koefeld tritt ruhig ein._


                               SZENE DREI

KEAN: Ich hielt Sie für den Konstable.

GRAF KOEFELD: Es gibt drei Dinge, die auf meinem Inneren geschrieben
stehn wie auf Bronze: Pflicht, Frauenehre, König.

KEAN: Ziehn Sie daraus ein Recht, bei mir einzubrechen?

GRAF KOEFELD: Kennen Sie diesen Fächer?

KEAN: Ich kenne fünf dieser Sorte, die Monseigneur verschenkte.

GRAF KOEFELD: Ich fand ihn in Ihrer Loge.

KEAN: Sie werden an die Adresse des Prinzen von Wales sich zu wenden
haben, wenn Sie keine Entschuldigung hier anzubringen haben, daß Sie ihn
bei mir raubten.

GRAF KOEFELD: Monseigeur. Welche Adresse. Danke. Verzeihung.
Kontrollierbar. Jedoch ...

KEAN: Fassen Sie sich kurz.

GRAF KOEFELD: Meine Frau wird überwacht. In meinem Auftrag. Die
Kontrolleure flitzen. Sie ist hier.

KEAN: Königliche Pflicht, Frauenehre mit Detektivs zu schützen.

GRAF KOEFELD: Schweigen Sie. Die Kontrolle ist hier am Ort möglich.
Dieses Mal ist sie sicher. Ich werde Ihre Räume ansehn. Ist die
Besichtigung frei?

KEAN: Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht.

GRAF KOEFELD: Sieben Schlachten. Eine Belagerung. Meine Auszeichnungen
die höchsten. Herr, ist die Besichtigung frei?

KEAN: Nein.

GRAF KOEFELD: Dann akzeptieren Sie meine Forderung. Zehn Meter Abstand.
Kugelwechsel bis zum Schluß. Ich schieße zuerst.

KEAN: Einen Narren weist man hinaus. Ich läute.

GRAF KOEFELD: Sie akzeptieren nicht?

KEAN: Bin ich verrückt?

GRAF KOEFELD: Ich erinnere Sie daran. Man wird Sie feig nennen.

KEAN: Kein Teufel glaubt das.

GRAF KOEFELD: Die Pflicht des Kavaliers, Ihres Verkehrs, Ihrer
Männlichkeit. Waren Sie nie Soldat? Des Königs Rock, Herr. Ihre Ehre?

KEAN: Steht in meiner Brust.

GRAF KOEFELD: Wenn Sie die Beleidigung nicht sühnen und schießen, bin
ich genötigt, mich zu erschießen. Ich hätte anderen Soldatentod
gewünscht. Herr, ich bitte dringend, herzlich: nehmen Sie die Forderung
an.

KEAN: Habe ich Sie denn gekränkt?

GRAF KOEFELD: Sie weigern die Besichtigung. Passage ist nicht frei. Dann
bleibt nur ein Ausweg vorher. Ich schieße Sie zusammen. _Zielt._

KEAN: Gut.

GRAF KOEFELD: Verlassen Sie die Tür. Ich warne. Eins, zwei ... _Die Tür
geht auf, Daisy heraus. Außer sich._

DAISY: Ich bin seine Geliebte. Gehen Sie, Herr.

KEAN: Was tun Sie?

GRAF KOEFELD _mit dem Rücken nach der Tür ab_: Verzeihung, Gnade,
Gnädigste. Eine ungeahnte Bestürzung. Ich bin überrascht. Ich stehe,
beschämt, in allem zur Verfügung.

KEAN: Ich zürne Ihnen nicht.

DAISY _Hände vor das Gesicht werfend_: Nun bleibt nur noch ein Weg.
_Stürzt, fassungslos, nach dem Fenster._

KEAN _ihr nach_: Gott, Gott, halten Sie. Daisy, Daisy. _Faßt sie, trägt
sie zurück._

DAISY: Warum haben Sie das getan?

KEAN: Du wolltest dich töten, Böse. Ich liebe dich doch. Ich liebe dich
doch.

DAISY: Sie haben mich eben noch zurückgestoßen.

KEAN: Kann man so vielem widerstehen?

DAISY: Sie übereilen sich. Sie übereilen Ihr Herz.

KEAN: Nicht mehr. Was ist das Stückchen Stolz, das sich gegen dich
wehrte, gegen dieses Maß an Stolz, das du ohne Bedenken verschwendest.

DAISY: Was habe ich denn getan?

KEAN: Daß ich dein Herz an meine Brust schlagen höre. Ich bin zu Haus.
Das ist alles.

DAISY: Was hast du an mir?

KEAN: Ich muß offen sein, um mein Leben zu erzählen. Ich habe nach einer
Jugend, von der ich nicht reden will, die Möglichkeit gehabt, alles zu
besitzen, was gelobt wird. Ich lebte wie ein Herr und nahm gläubig
alles, was Glück zu sein schien. Ich habe an Frauen kein geringes Teil
meines Lebens gehängt und in guten Schlössern übernachtet und Fische in
Parks gefangen und mit den besten Leuten meiner Rasse Verkehr gehabt.
Ich habe dies nur für einen Teil des Lebens gehalten und nicht zu hoch
geschätzt und habe in Kaschemmen geschlafen und keines niederen Menschen
Los nicht auch geteilt. Es kam mir zu, daß ich glaubte, das Leben zu
kennen, denn ich war wohl tapfer und auch feig, das wußte ich, sondern
auch klug und töricht. Ich befahl und richtete sowohl, als ich unterwarf
mich und wurde geschmäht. So konnte nicht fehlen, daß ich mir dachte,
daß ich das Leben kenne und es auch umspanne, ja ich hätte vielleicht
gedacht in manchen Minuten, daß ich weiser sei als viele, ohne dabei zu
denken, daß ich Hochmut treibe. Aber ich habe sicher nie gewußt, was an
Glück das Dasein zu geben vermöge, denn ich habe die Gelegenheit, daß es
der Probe nicht gewachsen ist. Es mußte das Seltsame sich ereignen, daß
mir das Ganze leblos aus der Hand fällt, und daß ich, von der Reinheit
der Absichten eines Menschen erschüttert, von solchen Schlägen getroffen
dastehe, daß alles um mich herum wie unter Gewittern fällt.

DAISY: Ich habe nichts Besonderes getan.

KEAN: Als du kamst und mir sagtest, an mir wärest du aufgerichtet und
vertrauend auf die Wahrheit geworden, irrtest du. Das Umgekehrte hat das
Recht. Nicht du an mir, sondern ich an dir, ich ward an soviel Hingabe
erst sehend und gläubig.

DAISY: Willst du dieser Frau nicht die Tür öffnen, damit du nicht mehr
die Unwahrheit zu sagen brauchst, wenn nach ihr gefragt wird?

KEAN: Glaubst du nicht, es sei edelmütiger, durch Lüge zu retten, statt
mit der Wahrheit zu vernichten?

DAISY: Ich glaube, daß eine Lüge selbst in diesem Falle nicht zum Besten
führen kann. Man lehrte uns im Kloster, daß wir nicht gezwungen seien,
die Wahrheit zu sagen, daß wir aber nie lügen dürften.

KEAN: Ich werde dein Schüler sein. Man muß alles neu anfangen. Nimm die
Führung. Ich habe zu viel geführt, um die Irrtümer nicht zu sehen. Der
Rest war Einsamkeit. Ich folge dir, weil ich dich liebe. _Öffnet die
Tür, ruft_: Leer ... das Zimmer ... das Fenster auf ...

DAISY _läuft hin, hinein, zurück_: Ahnte ich es? Tot? Meine Schuld.
Meine Strafe, weil ich log, ich sei deine Geliebte. Bin ich verflucht?
Ich bin doch verflucht.

KEAN: Durch das Fenster ... Faß dich. Sie ist entflohen.

DAISY: Und unten?

KEAN: Wer nicht geführt wird -- die Themse.

DAISY: Meinen Weg. Sie hat dich mehr geliebt wie mich.

KEAN: Das weißt du nicht. Das ist unmöglich.


                               SZENE VIER

KONSTABLE _erscheint, die Uhr in der Hand_: Der Zeiger ist auf Sieben
eingetroffen. Sieben-Groß. Das Ehrenwort ist fällig. Die Verhaftung ist
gültig seit einer halben Stunde. Eine halbe Stunde später setzt der
Transport ein. Marsch.

DAISY: Er ist frei.

KONSTABLE: Ich habe keine Benachrichtigung. Hier ist mein Blatt nur
gültig, wenn kein anderes auf vorgeschriebenem Weg in meine Hand kommt.
Nichts ist widerrufen. Amtlich. Folgen Sie.

KEAN: Sehen Sie nicht. Ein Mensch ist verschwunden. Ist in die Themse
geraten. Sie sind verrückt. Helfen Sie.

KONSTABLE: Ich habe einmal einen Beschluß zu fassen gehabt in meinem
Leben. Den habe ich heute entschieden. Eine halbe Stunde
Transportaufschub. Respekt vor der Töterei um Sie herum. Respekt vor
Serien. Aber glauben Sie, das hält meinen Beschluß auf? Widersetzen Sie
sich nicht. Mein eines Auge weint, wenn ich Sie rauh anfasse, denn ich
sah nie einen boxen so schön. Splendid.

DAISY: Hier ... das Papier.

SALOMON _hereinspringend_: Dann schlag ich dich zusammen. Vielleicht hat
mir ein Mord gefehlt, um dieses Leben zu kapieren.

KONSTABLE: Ich kenne nur amtliche Papiere. An mich adressiert. Andres
existiert nicht. Was das Boxen betrifft, Herr, bin ich nur unparteiisch.
Time-keeper. Ich verhafte dich mit.

PRINZ VON WALES _erscheint, spricht dauernd, unbeweglich, sehr laut_:
Hinaus, Konstable. Du auch. _Salomon und Konstable verschwinden._ Mein
Fräulein Daisy Miller. Herr Kean. _Er verbeugt sich._ Sie, Herr,
erwarten Strafe und Zorn. Meine Einsicht hat keinen Grund, Sie aus dem
Gesetz zu reißen. Meine Freundschaft übergibt die Dinge einer milderen
Prüfung. Sie gehen an einen Ort des Gebirgs oder ein Tal der Landschaft,
wo in der freieren Luft der Natur sich Ihr Sinn erholt, bis Sie mein
Wort zurückruft. Gehen Sie.

KEAN: Monseigneur, es ist ein grauenhaftes Geschick ereignet.

PRINZ VON WALES: Was kann Ihnen bekannt, mir unbekannt sein?

KEAN: Mäßigen Sie Ihre Milde. Halten Sie Ihren Großmut zurück, damit Sie
ihn nicht zurückzurufen brauchen.

PRINZ VON WALES: Maßen Sie sich keine Korrekturen an. So stehen Sie
nicht da, selbst wenn ich Sie auf den Boden des Vergessens
heraufgestellt habe, daß Sie nörgeln dürfen an dem, was ich rede und was
das Recht in meinen Entschlüssen ist.

KEAN: So werden Sie hören, daß die Dame, deren Namen ich laut nicht zu
sagen wage, durch dieses Fenster verschwunden ist. Es führt in die
Themse. Ich stehe hier in der Bitte und Erwartung, daß keine Strafe zu
klein sei, auf mich zu fallen.

PRINZ VON WALES: Schwärmer.

KEAN: Verfügen Sie über mich. Ich bin zu sehr zerborsten, daß nur Strafe
mich befriedigen kann.

PRINZ VON WALES: Sie lebt.

KEAN: Unmöglich.

PRINZ VON WALES: Sie fährt im Wagen eben durch die Stadt.

KEAN: Wie kann sie das?

PRINZ VON WALES: Durch mich. Durch meine Leute. Meinen Befehl. Durch
meine Leiter, mein Boot, meine Voraussicht. Meine Hand war um sie, von
Anfang an.

KEAN: Sie haben mich erlöst. Ich beuge mich. Ich habe sehr verloren. Ich
erkenne Ihren Sieg an, neidlos. Es ist Zeit, daß wir zur Ruhe kommen, um
den Anfang gut weiter zu führen. _Zu Daisy_: Denn ich habe ein Herz
entdeckt.

PRINZ VON WALES _fast herrisch_: Schauen Sie mir in das Gesicht. Lassen
Sie die Pupille nicht von meiner. Dann wissen Sie, Herr, daß Sie den
bedeutenderen Sieg errungen haben. Daß Sie am Beginn einer größeren
Weisheit stehen. Ich neige mich. Verlassen Sie die Stadt. Man wird Sie
als einen anders Gewordenen zurückrufen. Entfernen Sie sich mit Eile aus
dem Umkreis. Gehen Sie. Ich wünsche nicht, das Sie etwas hinzufügen.


                        Schluß des fünften Akts.



                       PERSÖNLICHES ALS NACHWORT


Das Schauspiel mein Stück zu nennen, ist vielleicht kühn, aber nicht
ohne Berechtigung, wenn es nicht noch toller wäre und nicht ohne
Torheit, es eines von Dumas zu nennen. Dumas ist ein verteufelt armes
Luder, weil er tot ist, und ich habe keinen Orgueil an der Frage. Man
kann auf ihr wie eine schöne Frau auf einem Dagobert die gewagtesten
Positionen einnehmen. Ich überlasse die Lösung meinen kleinen Feinden,
die mir seine Fehler vorzuwerfen nicht ermatten werden und auch mit
Sicherheit bereit sind, meine Vorzüge in sein Talent zu jonglieren.

Was mich an dem Schmarrn des Franzosen reizte, war das Genialische, das
auch im Kitsch noch zuckt als Geste und Kerl und Blut. Ich hatte
wahrlich nicht den Ehrgeiz, mich von dem Schmiß der Sache zu einer neuen
Sache locken zu lassen, da ich ja die Freiheit und Möglichkeit wohl
hätte, von mir selbst mich zu allen möglichen Stücken reizen zu lassen,
und ich hatte keineswegs die Lust, den Franzosen zu schlucken, sondern
die Absicht, ihn zu vervollkommnen und diesen verruchtesten und
geliebten Reißer zu einem neuen Stück von Haltung zu machen. Es ging
weniger um die Polierung, eher um das Fundament, und gewiß nicht um eine
Bearbeitung, sondern bestimmt nur um Theater und um sicher besseres
Theater, als in zehn dünnseeligen Geiststücken meiner immer abstrakter
vom Blut wegwandernden Generation.

Der europäische Gascogner hatte sich die Sache leicht gemacht, wußte
prêcher pour sa paroisse und sagte umgekehrt wie die Englischen gern
Baumwolle, wenn er Jesus meinte, was Heine nicht in seiner Begeisterung
störte, als in der Hauptrolle Frédérik Lemaître dem romanischen Sketsch
am einunddreißigsten August Achtzehnhundertsechsunddreißig im Théâtre
des Variétés vor den Untertanen einer demokratisierenden Bourgeoisie und
vor verprügelten Aristokraten die Weltrichtung gab ... und Dumas damit
aus dem Gekrisch literarischer Diebstähle herausriß, in das ihn
Gardisten seines lächelnden Freundes Victor Hugo gewickelt hatten.
Damals wars rassiger Bluff. Heut ist die Innerlichkeitssubstanz
Geschwätz und Geplausch. Zwischen die (wundervollen) Trüks muß nun Seele
hineinschmettern. Es müssen Menschen dahin, wo er Dramatisches suchte
und Effekte fand, es darf Wahrheit dort sein, wo er gaunerte und
Glissandos machte. Wo er gallisch krähte, muß Schicksal hinein.

Denn schließlich handelt es sich darum, daß dieses funny animal, dieser
tolle Bursche, Kean, nicht aus Unordnung schlampig, sondern aus
elementaren Leidenschaften ungesammelt ist. Daß es nicht auf das Kostüm
ankommt, sondern auf dies Exemplar von Menschen, nicht auf die
Verwirrungen, sondern auf die Dämonie. Daß es von Bedeutung ist, daß die
Backfische und Mondänen und Kokotten des französischen Theaters nicht
aus Bleichsucht gütig und aus Hurerei lasziv und aus Neugier
abenteuerlich sind, sondern daß sie aus Güte konsequent und aus
Lebenskenntnis tragisch und aus Enttäuschungen überlegen scheinen. Und
daß schließlich nicht bei sentimentalen Saucen verblieben, sondern
wahrhaftig zu festeren Ergebnissen fortgeschritten werden muß. Alles
andere ist Unsinn. Das ist der Weg der Operation.

Der Weg, der keinen anderen Ehrgeiz der Exkursion kannte als den
handwerklichen zum sachlichen Theater in einer theaterlosen Zeit, schob
in alle Kurven eine amüsante Grenze. Man erblickte stets die Neigung,
den alten Faiseur des Genialischen mit einer schonen Brüskheit aus dem
Wagen zu schmeißen, aber man behielt ihn mit Respekt und lächelnd bei.
Die Fahrt erhielt eine seltsame Mischung von Gefahr und Grazie, von
Respekt und Tragödie, von Fatum und Causerie.

Man spiele daher in den Untergründen, ohne die Eleganz zu verletzen. Man
spiele ganz modern, aber zeitlos. Man boxe und morde exakt, mit
Kenntnis, aber nicht ohne Verständnis für die Not der Herzen. Man spiele
schließlich mit voller Aktualität, aber durch Stilisiertes ins Breitere
der Gefühlsvorgänge gedämpft. Momentan, aber nicht salonhaft. Tragisch,
aber mit Verschweben. Scharf, rasch, nicht ohne viel Graziles und mit
bedeutender Phantasie.

Kreuzeckhaus, Februar 1921.

                                                      KASIMIR EDSCHMID


                             Manuldruck der
                       Spamerschen Buchdruckerei
                                Leipzig


                                  Von
                            KASIMIR EDSCHMID
                              erschienen:


                            BEI ERICH REISS

             ÜBER DEN EXPRESSIONISMUS IN DER LITERATUR UND
                             DIE NEUE DICHTUNG


                             BEI KURT WOLFF

                          DIE SECHS MÜNDUNGEN
                                NOVELLEN

                           DAS RASENDE LEBEN
                                NOVELLEN

                                 TIMUR
                                NOVELLEN


                           BEI PAUL CASSIRER

                              DIE FÜRSTIN
                                NOVELLEN

                        DIE DOPPELKÖPFIGE NYMPHE
             AUFSÄTZE ÜBER DIE LITERATUR UND DIE GEGENWART

                          DIE ACHATNEN KUGELN
                                 ROMAN


                     Anmerkungen zur Transkription

Verlagsanzeigen wurden vom Beginn des Buches and das Ende verschoben.

Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigert. Weitere
Änderungen sind hier aufgeführt (vorher/nachher):

   [S. 21]:
   ... JÜNGLING: Hast du ihn nicht gefährlich eingeheizt? ...
   ... JÜNGLING: Hast du ihm nicht gefährlich eingeheizt? ...

   [S. 22]:
   ... ruschte Kean seine Stimme in den Magen. Er spie. ...
   ... rutschte Kean seine Stimme in den Magen. Er spie. ...

   [S. 30]:
   ... nicht in sechs Teile auseinander? Seltsame Späße reifen mein
       Dasein ...
   ... nicht in sechs Teile auseinander? Seltsame Späße reißen mein
       Dasein ...

   [S. 32]:
   ... Ende des zweiten Akts. ...
   ... Schluß des zweiten Akts. ...





*** End of this LibraryBlog Digital Book "Kean - Schauspiel in fünf Akten nach Alexandre Dumas" ***

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