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Title: Warum und Weil. Physikalischer Teil. - Fragen und Antworten aus den wichtigsten Gebieten der - gesammten Naturlehre.
Author: Ule, Otto
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Warum und Weil. Physikalischer Teil. - Fragen und Antworten aus den wichtigsten Gebieten der - gesammten Naturlehre." ***


    Anmerkungen zur Transkription


    Das Original ist in Fraktur gesetzt. Im Original gesperrter Text
    ist _so ausgezeichnet_. Im Original in Antiqua gesetzter Text ist
    ~so markiert~. Im Original fetter Text ist =so dargestellt=.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des
    Buches.



    Otto Ule's

    WARUM UND WEIL.

    Fragen und Antworten

    aus den wichtigsten Gebieten

    der gesammten Naturlehre.

    Für Lehrer und Lernende in Schule und Haus methodisch
    zusammengestellt.

    Physikalischer Theil.

    Von

    ~Dr.~ =Otto Ule=.

    Mit 110 in den Text eingedruckten Holzschnitten.

    Vierte Auflage,

    nach dem Tode des Verfassers sorgfältig durchgesehen

    von

    F. Langhoff,

    Direktor der Königl. Gewerbeschule zu Potsdam.

    [Illustration]

    Berlin, 1877.

    Verlag von Karl J. Klemann.



Uebersetzung in fremde Sprachen bleibt vorbehalten.


Buchdruckerei von Gustav Schade (Otto Francke) in Berlin.



Vorwort.


Warum? Das ist die stehende Frage im Kindesmunde, die Eltern und
Lehrern so viel Noth macht, und die man leider so häufig mit der
Antwort zurückweist: Das verstehst Du noch nicht! oder: Das wirst
Du später lernen! Es ist keineswegs, wie man meint, die Frage
bloßer Neugier, sondern die Aeußerung des im Kinde erwachenden
Schlußvermögens. Es ist die Frage, in welcher sich zuerst das Verlangen
kundgiebt, die Gründe dessen zu erfahren, was man sieht und hört.
Es ist aber auch nicht bloß eine kindliche Frage, sondern die Frage
eines Jeden, der von den Erscheinungen zum Gesetze fortzuschreiten
verlangt. Darum tritt sie auch nirgends so häufig und so berechtigt
auf, als in derjenigen Wissenschaft, die es vorzugsweise mit den uns
umgebenden Naturerscheinungen und mit der Erkenntniß ihres gesetzlichen
Zusammenhanges zu thun hat: in der Naturlehre oder Physik. Die Physik
besteht geradezu aus lauter »Warum«'s und »Weil«'s. Darum ist auch
nirgends die Methode des Unterrichts so bestimmt vorgeschrieben, so
gleichsam durch die Sache selbst gegeben, als hier. Wenn mit Recht
darüber geklagt wird, daß der physikalische Unterricht in unseren
Schulen zu wenig leiste, so liegt das einfach an der Verleugnung
dieser naturgemäßen Methode. Man bleibt entweder bei dem bloßen
Anschauungsunterricht stehen, der hier, wo es sich um einen inneren
ursächlichen Zusammenhang handelt, völlig unfruchtbar bleiben muß;
oder man geht gleich von den Gesetzen aus und sucht die Erscheinungen,
statt sie zu erklären, nach der Schablone eines Systems zu ordnen.
Man schafft in dem letzteren Falle nur ein Gedächtnißwerk, das in der
Seele unverarbeitet bleibt und schwerlich befähigt, für jedes später
auftauchende »Warum« auch sein »Weil« zu finden. Diese Erwägungen
waren es, die mich zur Abfassung des vorliegenden Buches bestimmten.
Ich habe darin eine Anzahl physikalischer »Warum«'s und »Weil«'s
zusammengestellt, die den Lehrer beim Unterricht, wie denjenigen, der
darauf angewiesen ist, sein eigener Lehrer aus Büchern zu werden,
in den Stand setzen sollen, von den bekannten Erscheinungen aus zur
Erkenntniß der wichtigsten Gesetze der Physik zu gelangen. Ich habe
dabei vorzugsweise auf solche Erscheinungen Rücksicht genommen, mit
denen der Lernende bereits völlig vertraut ist, oder die ihm mit
Leichtigkeit ohne Hülfe besonders kostspieliger Apparate vorgeführt
werden können. Selbstverständlich muß es immerhin dem Lehrer überlassen
bleiben, je nach der Fassungskraft seiner Schüler, eine Auswahl unter
den vorgeführten Fragen zu treffen. Ebenso wird es jedem Lehrer leicht
sein, durch die Erscheinungen selbst, die er dem Lernenden vor Augen
führt, noch andere vermittelnde oder weitergehende Fragen wach zu
rufen. Wer dann, sei es als Lehrer oder als Lernender, das Bedürfniß
eines eingehenderen und umfassenderen Studiums der Physik empfindet,
den glaube ich auf meine (bei _Ernst Keil_ in Leipzig erschienene)
»populäre Naturlehre« verweisen zu dürfen.

Die großen Erfindungen der Gegenwart, die so tief in das Leben der
Völker eingreifen, haben die Aufmerksamkeit auf die physikalische
Wissenschaft, aus der sie hervorgingen, mehr als je zuvor gelenkt. Es
ist kaum noch möglich, ohne Schaden und ohne Schande mit ihren Lehren
völlig unbekannt zu bleiben. Selbst die Unterrichtsbehörden wagen
nicht länger, dem physikalischen Unterricht seine gebührende Stellung
in der Volksschule vorzuenthalten. Einem so anerkannten Bedürfniß
gegenüber, glaubte ich, werde jeder Beitrag zu einer Erleichterung
der physikalischen Belehrung willkommen sein, wenn er auch sonst
nicht gerade Neues biete. Insbesondere hoffte ich mit dieser Schrift
manchem Lehrer einen Dienst zu erweisen, indem ich ihn der Mühe und
Schwierigkeit überhob, selbst die geeigneten Naturerscheinungen
aufsuchen zu müssen, aus denen in methodischer Ordnung die wichtigsten
Gesetze abgeleitet werden können. Ich hoffte aber auch den auf
Selbstunterricht Angewiesenen mir zu Dank zu verpflichten, indem
ich den von Zeit zu Zeit in ihm auftauchenden, aber vom Geräusch
des Geschäftslebens übertäubten Fragen einen Ausdruck gab und ihm
vielleicht dazu verhalf, sich besser als bisher in den ihn täglich
umgebenden Erscheinungen zurecht zu finden und in ihren ursächlichen
Zusammenhang einzudringen.

        _Halle a. S._, den 21. November 1867.

            ~Dr.~ Otto Ule.



Vorwort zur vierten Auflage.


Der hochgeachtete Verfasser des vorliegenden, originellen, vom großen
Publikum nach seinem Werthe und seiner Bedeutung richtig geschätzten,
mit freudigem Dank entgegengenommenen physikalischen Fragebüchleins
ist leider durch ein herbes Mißgeschick am 6. August 1876 aus diesem
Leben abberufen worden; sein Name und seine Werke werden fortleben,
weil beide an eine hervorragend befähigte edle Persönlichkeit sich
knüpfen. --

Auf Wunsch des Herrn Verlegers habe ich nach dem Tode des Verfassers
es unternommen, die vierte Auflage des physikalischen Theils von Ule's
»Warum und Weil« zu bearbeiten. Fragen und Antworten waren indeß
selbstverständlich so correct, daß ich wenig oder gar nichts daran
zu ändern hatte; ich kann nur sagen, daß ich das Buch bei genauer
Durchsicht lieb gewonnen und in seiner Bedeutung als Volks- und
Schulbuch schätzen gelernt habe. Nichtsdestoweniger haben sich Stellen
gefunden, wo ich auf Grund neuerer Forschungen Aenderungen und Zusätze
vornehmen konnte. Zu einer wesentlichen Vermehrung des Stoffs schien
mir ein Bedürfniß nicht vorhanden zu sein, und so möge denn diese
vierte Auflage die alten Freunde sich erhalten und neue sich erwerben.

Die selbstständige Bearbeitung des chemischen Theils habe ich
gleichfalls übernommen, und wird derselbe, wenn nicht unvorhergesehene
Störungen eintreten, Ende dieses Jahres dem Publikum übergeben werden
können.

        _Potsdam_, den 25. Mai 1877.

            F. Langhoff.



Einleitung.


Die _Physik_ oder _Naturlehre_ ist die Lehre von den
_Naturerscheinungen_ oder von den Veränderungen in der Körperwelt und
deren Zuständen, so weit sie nicht die innere stoffliche Natur der
Körper betreffen. Man kann aber auch die Physik als die Lehre von den
_Bewegungen_ bezeichnen, da sich alle Naturerscheinungen auf Bewegungen
zurückführen lassen, die freilich selbst nicht immer wahrnehmbar sind,
sondern erst durch ihre Wirkungen erkannt werden können.

Aufgabe der Physik ist, die Naturerscheinungen zu _erklären_, d. h. sie
auf allgemeine Naturgesetze und Naturkräfte zurückzuführen.

_Naturgesetz_ ist der einfache Ausdruck für die allgemeinen
Bedingungen, unter welchen eine Naturerscheinung erfahrungsmäßig
erfolgen muß. _Naturkraft_ ist der Ausdruck für die letzte, keineswegs
immer bekannte Ursache, auf welche eine Naturerscheinung zurückgeführt
werden kann. Ein Naturgesetz, das sich nur auf eine beschränkte Anzahl
von Erfahrungen stützt und die Nothwendigkeit einer Erscheinung nur für
gewisse Umstände ausdrückt, ist nur eine vermuthete Wahrheit oder eine
_Hypothese_.



Allgemeine Eigenschaften der Körper.


Allgemeine Eigenschaften der Körper nennt man diejenigen Eigenschaften,
welche durch den Begriff der Körperlichkeit oder Raumerfüllung bedingt
sind und daher allen Körpern unter allen Umständen gemeinsam zukommen.



Ausdehnung.


Jeder Körper nimmt einen Raum ein oder ist _ausgedehnt_. Die Größe des
von einem Körper eingenommenen Raumes nennt man sein _Volumen_ oder
seinen _Rauminhalt_, die Gesammtheit der körperlichen Theile, welche
diesen Raum erfüllen, seine _Masse_, die Art seiner Begrenzung seine
_Gestalt_. Ist die Gestalt eine regelmäßige, von lauter ebenen Flächen
begrenzte, so nennt man den Körper einen _Krystall_.

Die Ausdehnung eines Körpers wird nach drei Dimensionen gemessen,
nach Länge, Breite und Höhe oder Dicke. Das Längenmaß oder die
Einheit bei Vergleichung verschiedener Längen wurde früher gewöhnlich
vom menschlichen Körper hergenommen. Fuß, Elle, Spanne, Schritt
waren solche Maße, die aber in den verschiedenen Ländern von sehr
verschiedener Länge waren. Jetzt dient ziemlich allgemein bei allen
gebildeten Nationen als Längenmaß das zur Zeit der französischen
Revolution im Jahre 1793 vom Nationalconvent eingeführte _Meter_,
welches dem zehnmillionsten Theile des Erdquadranten gleich ist. Seine
decimalen Theile heißen Decimeter, Centimeter, Millimeter, seine
decimalen Vielfache Dekameter, Hektometer, Kilometer. Ein Meter ist
= 3,1862 alte preußische Fuß. Flächen werden durch das Quadratmeter,
Körper oder Hohlräume durch das Kubikmeter und dessen decimale Theile
und Vielfache gemessen. Ein Kubikdecimeter wird auch ein Liter genannt.
Die Länge der Chausseen, Eisenbahnen und Kanäle wird nach Kilometern
gemessen; 7½ Kilometer bilden eine deutsche oder geographische Meile.
Die Grundstücke in den Städten werden nach Quadratmetern gemessen und
verkauft, früher nach Quadratruthen; 1 Quadratmeter hat 10,15 alte
preußische Quadratfuß; die Quadratruthe enthält 14,18 Quadratmeter.
Acker, Wiesen und Waldflächen wurden früher nach Magdeburger Morgen
berechnet, heute nach _Hektaren_; eine Hektare ist in runder Zahl 4
Morgen groß (genau 3,9166). Ein Are ist gleich 100 Quadratmeter oder
rund 7 Quadratruthen, 1 Hektare gleich 100 Are. Holz, Wasser, Leuchtgas
und andere umfangreiche Materialien berechnet man nach Kubikmetern,
wovon jeder einzelne 32,34 alte preußische Kubikfuße enthält.



Undurchdringlichkeit.


    Undurchdringlichkeit ist diejenige allgemeine Eigenschaft der
    Körper, vermöge deren in dem Raume, in welchem sich schon ein
    Körper befindet, nicht zugleich noch ein anderer Körper sein
    kann. So kann ein Raum, welcher Luft enthält, nicht zugleich
    auch Wasser enthalten. Soll daher ein Körper in den Raum eines
    andern treten, so muß er denselben zuvor daraus verdrängen.
    Diese Undurchdringlichkeit ist es besonders, durch welche wir
    von dem Vorhandensein der Körper außer uns belehrt werden, da
    dieselben auch dem Eindringen unseres eignen Körpers, etwa
    unseres tastenden Fingers, Widerstand entgegensetzen.

=1. Warum= fließt ein bis an den Rand mit Wasser gefülltes Glas über,
wenn man den Finger oder einen andern Gegenstand hineintaucht?

=Weil= der Finger keineswegs das Wasser durchdringt, sondern es nur
zwingt aus dem Raume zu entweichen, den er selbst einnehmen will. Die
Menge des überfließenden Wassers mißt darum genau denselben Rauminhalt
oder das Volumen des eingetauchten Körpers. Dies gilt auch für
pulverförmige Körper, wie Sand etc.

[Illustration: Fig. 1.]

=2. Warum= dringt das Wasser nur wenig in ein leeres Glas ein, das
man lothrecht auf eine Wasserfläche aufsetzt und dann in das Wasser
niederdrückt?

=Weil= die in dem Glase enthaltene Luft in dem Raume, den sie einnimmt,
nicht zugleich einen andern Körper zulassen kann, ohne daraus verdrängt
zu werden. Ein anderer Raum, in den sie übergehen könnte, ist aber
nicht vorhanden, und sie muß daher ihren Raum beibehalten und das
Wasser verhindern, in denselben einzudringen. Ein Stückchen Kork,
das unter einem solchen Glase auf dem Wasser schwimmt, geht mit dem
Glase bis zum Boden des Gefäßes hinab und steigt beim Herausziehen des
Glases wieder empor, ohne daß es benetzt wird. Wenn man das Glas unter
das Wasser drückt, so dringt allerdings etwas Wasser in das Glas ein,
aber nicht weil die Luft darin vernichtet ist, sondern weil sie etwas
zusammengedrückt ist.

=3. Warum= kann eine Taucherglocke bis auf den Grund des Meeres
gelassen werden, ohne sich ganz mit Wasser anzufüllen?

=Weil= ebenfalls die in ihr enthaltene Luft als ein Körper dem
eindringenden Wasser Widerstand leistet, und obwohl sie durch dasselbe
etwas zusammengedrückt, d. h. auf einen kleineren Raum beschränkt wird,
doch nicht völlig verdrängt werden kann, da kein Raum vorhanden ist,
der die ausgetriebene Luft aufnehmen könnte. Diese Zusammendrückung
der Luft empfindet der Taucher an dem unangenehmen Druck auf die
Athmungsorgane, die Blutgefäße und das Trommelfell im Ohre.

=4. Warum= läuft Wasser, das in einen den Hals einer leeren Flasche
luftdicht schließenden Trichter gegossen wird, nicht in die Flasche
hinein?

=Weil= die in der Flasche enthaltene Luft, die in keinen andern Raum
entweichen kann, dem Wasser den Eingang verwehrt. Kann die Luft
entweichen, wie es der Fall ist, wenn der Trichter lose in den Hals der
Flasche gefügt wird, so läuft das Wasser hinein.

=5. Warum= pfeifen aus Gewehren oder Kanonen abgeschossene Kugeln auf
ihrem Wege durch die Luft?

=Weil= die Luft beim Eindringen derselben in den Raum, den sie
einnimmt, nach allen Seiten ausweicht, und da die Kugeln mit
außerordentlicher Geschwindigkeit und Kraft sich fortbewegen, durch
das schnelle und gewaltsam erzwungene Ausweichen der Luft eine heftige
Erschütterung derselben bewirkt wird, die sich bis zu unserm Ohre
fortpflanzt und hier als ein Pfeifen empfunden wird. Dies erklärt
uns auch das Knallen einer sehr schnell durch die Luft geschwungenen
Peitsche.



Porosität.


    Porosität ist diejenige allgemeine Eigenschaft aller Körper,
    vermöge deren die Theile eines Körpers nicht den ganzen Raum,
    den er einnimmt, ausfüllen, sondern Räume zwischen sich lassen,
    die oft mit andern Körpern, wie Luft, Wasser und dergleichen,
    angefüllt sind. Oft sind diese Zwischenräume dem Auge nicht
    sichtbar; bei einigen Körpern können sie aber doch mit bloßen
    Augen wahrgenommen werden, z. B. bei dem Schwamme. Dichte
    Körper sind daher solche, welche kleine, hingegen lockere oder
    poröse solche, welche große Poren haben. Zu ersterer Art von
    Körpern gehören die Metalle, zu letzterer Kork, Schwamm, Holz,
    Papier u. s. w.

=6. Warum= ist ein trockener Schwamm so klein, während er, in Wasser
getaucht, bedeutend anschwillt?

=Weil= der Schwamm außerordentlich große Poren oder Höhlungen
enthält, die im trocknen Zustande zusammenfallen, während sie von dem
eindringenden Wasser erfüllt und ihre Wände weiter auseinander gerückt
werden.

=7. Warum= wird frisch aufgetragene Schrift nicht ausgelöscht, wenn man
ein Löschblatt darauf legt?

=Weil= die flüssige Dinte in die Poren des Löschpapiers, da dasselbe
sehr porös ist, sogleich eindringen kann, und auf diese Weise der
Schrift die überflüssige Dinte entzogen wird, während bei einem
weniger porösen Papiere oder einem solchen, dessen Poren durch einen
Leimüberzug verschlossen oder gar von Oel erfüllt sind, wenn man es auf
die Schrift legen wollte, dieses Eindringen verhindert werden und die
überflüssige Dinte daher sowohl auf dem beschriebenen als dem darauf
gelegten Papiere sich ausbreiten würde.

=8. Warum= steigen aus frischem Brunnenwasser, wenn es erwärmt wird,
Luftblasen auf, die sich an den inneren Wänden eines Glases oft als
perlartige Bläschen ansetzen?

=Weil= auch das Wasser Poren oder Zwischenräume enthält, die von Luft
erfüllt sind, diese Luft aber, wenn sie erwärmt wird, sich in einen
größeren Raum auszudehnen strebt, und da sie die Poren selbst nicht
erweitern kann, diese verläßt und sich nach der Oberfläche des Wassers
empordrängt. Dabei vereinigen sich mehrere der benachbarten kleinen
Luftbläschen und bilden so die größeren, uns sichtbar werdenden Perlen.
Dasselbe findet auch statt, wenn man den gewöhnlich auf der Oberfläche
des Wassers ruhenden Druck der Luft verringert, wie dies unter der
Glocke einer Luftpumpe durch die Verdünnung der Luft geschieht.

=9. Warum= schnappen Goldfischchen so ängstlich nach Luft, wenn das
Wasser in dem gläsernen Behälter seit längerer Zeit nicht erneut wurde?

=Weil= in dem Wasser Luft enthalten ist, welche für die Athmung der
Fische unentbehrlich ist, und weil diese Luft endlich verbraucht wird,
wenn man sie nicht auf andere Weise ersetzt. Man braucht dazu nicht
gerade das Wasser zu erneuern, sondern kann auch Luft von unten durch
ein Gebläse in das Wasser hineinpressen, oder sie durch einen kleinen
Springbrunnen zuführen, dessen herabfallende Tröpfchen hinreichend Luft
mit sich fortreißen, oder endlich Pflanzen in das Wasser setzen, die
durch ihre Lebensthätigkeit grade diejenige Luft ausscheiden, welche
für die Athmung der Thiere nothwendig ist.

=10. Warum= quellen oft Thüren, Tischplatten oder andere hölzerne
Geräthschaften bei feuchtem Wetter oder in feuchten Zimmern auf, so daß
die Thüren nicht schließen und die Tischplatten sich werfen?

=Weil= die Wände der Poren des Holzes, wenn dasselbe ganz trocken ist,
zusammenfallen und sich einander nähern, aber bei eindringender Nässe,
welche durch feuchtes Wetter oder ein feuchtes Zimmer dargeboten wird,
sich wieder erweitern und auf diese Weise auch das Holz auseinander
dehnen.

=11. Warum= wird die Wäsche, welche wir am Körper tragen, schmutzig,
ungeachtet sie durch darüber gezogene Kleidungsstücke gegen das
Schmutzigwerden von außen geschützt ist?

=Weil= die Gewebe unsres Körpers, wie alle thierischen Gewebe, Poren
haben, durch welche Flüssigkeiten und Gase von innen nach außen
dringen, die sich dann in den Geweben unsrer Wäsche verdichten und hier
die durch die äußere Kleidung eindringenden Staubtheilchen festhalten.
Die meisten dieser Flüssigkeiten werden in unsrer Haut durch besondere
Drüsenorgane, die Schweiß- und Talgdrüsen, abgesondert, deren Ausgänge
man uneigentlich Poren nennt. Diese Poren sind so zahlreich, daß man an
manchen Stellen, z. B. in der Hohlhand 400 zählt und ihre Gesammtzahl
auf der Haut eines Erwachsenen auf 2381000 schätzt.

=12. Warum= kann man Quecksilber durch einen ledernen Beutel
hindurchdrücken?

=Weil= das Leder zahlreiche Poren hat und das Quecksilber, wie das
Wasser, wegen seiner flüssigen Beschaffenheit, der Gewalt des Druckes
nur dadurch ausweichen kann, daß es sich durch die Poren des ledernen
Beutels hindurchdrängt. Man kann auch selbst durch Buchsbaumholz
Quecksilber treiben, wenn man ein kleines Gefäß von Buchsbaumholz an
eine lange Glasröhre kittet und diese dann mit Quecksilber füllt. Ist
die Röhre lang genug, so reicht schon der eigene Druck des Quecksilbers
aus, dasselbe als feinen Regen durch das Holz zu treiben. Aber sogar
durch Gold und andere Metalle kann man Flüssigkeiten hindurchpressen.
Wenn man eine mit Wasser gefüllte Kugel aus dünnem Golde einem
starken Druck aussetzt, so dringt das Wasser in zarten Thautröpfchen
hindurch[1]. Auch das Gold hat also Poren, obgleich es für eines der
dichtesten Metalle gilt. Am wenigsten porös scheint das Glas zu sein,
da es auch beim stärksten Drucke weder Wasser noch Luft durchläßt.

    [1] Dieser Versuch wurde zuerst im Jahre 1661 in Florenz
        ausgeführt.

=13. Warum= ist es gut, Fässer, in welchen Bier aufbewahrt werden soll,
im Innern mit Pech zu überziehen?

=Weil= die in dem Bier enthaltene und sich beständig neu entwickelnde
Kohlensäure sonst durch die Poren des Holzes, auch des dicksten
Eichenholzes, entweichen und das Bier dadurch schal werden würde, das
Pech aber als ein sehr wenig poröser Körper die Kohlensäure an diesem
Entweichen verhindert.

=14. Warum= wird ein Bogen Papier, der auf ein Reißbrett gespannt
werden soll, zuvor befeuchtet?

=Weil= die in die Poren des Papiers eindringende Flüssigkeit ihm eine
größere Ausdehnung nach allen Seiten giebt, während das Papier nach
dem Abtrocknen auf dem Reißbrette zu seiner ursprünglichen Größe
zurückkehrt und daher sehr glatt auf dem Brett ausgespannt bleibt, was
der Zweck des Befeuchtens ist.

=15. Warum= laufen hölzerne Gefäße, die völlig ausgetrocknet sind, wenn
Wasser in dieselben gegossen wird?

=Weil= die Zwischenräume zwischen den Dauben sich erweitert haben,
indem beim völligen Austrocknen die Poren des Holzes enger werden
und die Dauben sich daher zusammenziehen. Wird dagegen Wasser in die
Gefäße gegossen, so werden die Poren wieder damit angefüllt, erweitern
sich daher wieder, und die Dauben dehnen sich nun wieder der Breite
nach aus, so daß die Zwischenräume zwischen ihnen verschwinden und die
Gefäße aufhören müssen zu laufen.

=16. Warum= kann ein Felsenstück durch dünne Keile aus gut gedörrtem
Holze, welche man in Oeffnungen desselben getrieben hat, gespalten
werden, wenn man die Keile öfter mit Wasser begießt?

=Weil= das Wasser, wenn es in die in Folge des Austrocknens verengten
Poren des Holzes eindringt, diese erweitert und dadurch das ganze
Holz seiner Dicke nach ausdehnt, so daß es in seinem Bestreben, einen
größeren Raum einzunehmen, eine gewaltige Kraft erlangt, die selbst ein
Felsenstück auseinander zu treiben im Stande ist.

=17. Warum= krümmt sich Holz, dessen eine Seite naß gemacht ist,
während die andere Seite über Feuer gehalten wird?

=Weil= die Poren des Holzes auf derjenigen Seite, auf welcher die Hitze
wirkt, sich durch Austrocknen verengen und die Theilchen des Holzes
daher hier näher zusammenrücken, während auf der andern Seite die Poren
wegen der Feuchtigkeit, die sie aufnehmen, sich erweitern und daher
auch die Holztheilchen weiter auseinander treiben. Die Folge davon ist,
daß sich das Holz nach derjenigen Seite zu krümmt, welche der Hitze
ausgesetzt war. Dies geschieht z. B. bei Faßdauben, welche dadurch ihre
gekrümmte Gestalt erhalten.

=18. Warum= läßt sich ein Faß auseinander sprengen, wenn es mit
trockenen Erbsen angefüllt wird und diese dann mit Wasser begossen
werden?

=Weil= die Erbsen das Wasser in ihre Poren aufnehmen und dadurch an
Umfang zunehmen. Da dies bei jeder einzelnen der Fall ist, so muß die
ganze Menge der Erbsen einen beträchtlich größeren Raum als vorher
einnehmen. Ist nun das Faß fest zugemacht, so verschaffen sich die
aufgequollenen Erbsen den erforderlichen Raum dadurch, daß sie dasselbe
auseinander sprengen, da im Innern des Fasses selbst dieser Raum nicht
vorhanden ist.

=19. Warum= erhält man, wenn man eine Kanne Weingeist und eine Kanne
Wasser zusammen in ein Gefäß gießt, weniger als zwei Kannen Flüssigkeit?

=Weil= auch die Flüssigkeiten Poren enthalten, und jede Flüssigkeit in
die Poren der andern eindringt, so daß sie nun vereinigt weniger Raum
einnehmen als vorher von einander abgesondert. Aehnliches zeigt sich
auch bei Metallen, wenn sie zusammengeschmolzen werden. So nimmt das
Messing einen geringeren Raum ein, als das Kupfer und das Zink, aus
deren Zusammenschmelzung es entstand. Daß Metalle Poren haben, geht
schon daraus hervor, daß sie durch Hämmern, Prägen etc. verdichtet
werden können.



Theilbarkeit.


    Theilbarkeit ist diejenige Eigenschaft der Körper, vermöge
    deren sich dieselben in kleinere Theile zerlegen lassen. Für
    unsere beschränkten Sinne und unsere ebenso beschränkten
    Werkzeuge hat diese Theilbarkeit indeß ihre Grenze. Einen
    besonders hohen Grad der Theilbarkeit zeigen manche Metalle.
    Bei den bekannten Goldfäden, die zu Spitzengeweben benutzt
    werden, und die aus einer vergoldeten Silberstange ausgezogen
    worden sind, beträgt die Dicke des Goldüberzugs nur den
    345000sten Theil einer Linie oder den 153000sten Theil
    eines Millimeters. Die feinste _künstliche_ Theilung haben
    _Fraunhofer_ und _Nobert_ ausgeführt, indem sie auf einem
    Glastäfelchen die pariser Linie in 5000, selbst bis in 8000
    gleiche Theile theilten. Die feinsten Theilungen vollzieht
    aber die _Natur_, die selbst Thiere geschaffen hat, von denen
    225 Millionen auf einen Kubikcentimeter gehen, und die doch
    noch ihre Organe haben. Besonders interessant und wichtig
    sind die Kieselpanzer der Diatomaceen, z. B. von ~Pleurosigma
    angulatum~, ~Amphipleura pellucida~; dieselben zeigen parallele
    Streifungen von solcher Feinheit, daß je 2 benachbarte
    Streifen bis zu 1/5000 Millimeter von einander entfernt sind!
    Diese mikroskopisch kleinen Thierchen mit ihrer scharfen und
    feinen Zeichnung dienen als sogenannte Probeobjekte für die
    Werthbestimmung der Mikroskope.

=20. Warum= kann man mit einigen Pfunden Kreide eine ganze Wand
anstreichen?

=Weil= die Kreide durch Zermahlen außerordentlich fein zertheilt
werden kann, die durch Wasser in einen Brei verwandelte Kreide sich
wieder in einzelne Tropfen theilt, und jeder Tropfen sich wieder über
eine große Fläche ausbreiten läßt, das Wasser aber endlich bei der
Verdunstung in so kleine Theilchen übergeht, daß sie von der Luft
unsichtbar hinweggenommen werden und nur die feinvertheilte Kreide auf
der Wandfläche zurücklassen.

=21. Warum= läßt sich vermittelst eines Körnchens Karmin eine ganze
Tonne Wasser roth färben?

=Weil= sich der Karmin im Wasser in eine ungeheure Menge kleiner
Theilchen wegen seiner großen Theilbarkeit trennt, so daß jedes
kleinste Theilchen Wasser ein solches Karmintheilchen in sich aufnimmt
und dadurch ein rothes Aussehen erhält. Ein Körnchen Karmin färbt
mehr als 100000 Wassertropfen. Ebenso ist in der schwarzen Dinte der
Farbestoff nicht in einem aufgelösten Zustande enthalten, sondern er
befindet sich blos sehr fein vertheilt in der Flüssigkeit.

=22. Warum= verbreitet sich der Geruch einer einzigen Räucherkerze
durch einen großen Saal?

=Weil= bei dem Verbrennen der Räucherkerze die riechenden Theilchen in
einem höchst fein zertheilten Zustande alle Räume des großen Saales
erfüllen. Noch theilbarer ist der Moschus, von dem ein Körnchen
jahrelang ein Zimmer mit seinem Geruche erfüllen kann. Aller Geruch
beruht auf der feinen Vertheilung von Riechstoffen. Meilenweit
verräth sich daher die Nähe der Gewürzinseln dem Seefahrer durch die
Riechstoffe, mit denen sie die Luft erfüllen.



Cohäsion.


    Cohäsion ist der Zusammenhang der einzelnen Theile eines
    Körpers, und die Kraft, durch welche sie zusammengehalten
    werden oder einander anziehen, ist die Cohäsionskraft. Sollen
    Theile eines Körpers von dem Ganzen oder unter sich getrennt
    werden, so muß diese Cohäsionskraft überwunden werden, und
    der größere oder geringere Widerstand, welchen sie dabei
    leisten, ist daher das Maß ihrer Cohäsionskraft. In Betreff
    des Widerstandes, welchen die Körper der Trennung ihrer Theile
    entgegensetzen, zeigen sie ein sehr verschiedenes Verhalten.
    Bei manchen Körpern hängen sie mit solcher Kraft zusammen, daß
    sie sich nur schwer von einander trennen oder über einander
    verschieben lassen. Bei diesen Körpern vereinigen sich auch
    nach erfolgter Trennung die Theile nicht wieder zu einem
    Ganzen; die Cohäsionskraft wirkt also hier in unmeßbar kleiner
    Entfernung. Diese Körper nennt man _feste_ Körper. Bei andern
    lassen sich die Theile sehr leicht von einander trennen und
    über einander verschieben, und sie vereinigen sich auch nach
    geschehener Trennung, wenn man sie zusammenbringt, wieder zu
    einer zusammenhängenden Masse. Diese nennt man _flüssige_
    Körper. Von diesen aber bilden wieder die einen, wenn sie
    sich selbst überlassen sind, kleine kugelförmige Massen
    oder Tropfen, während die andern das Bestreben zeigen, sich
    nach allen Seiten auszudehnen. Die ersteren heißen deshalb
    _tropfbare_ Flüssigkeiten, die letzteren _ausdehnsame_ oder
    _luftförmige_ Körper. Diese drei Zustände der Festigkeit,
    Tropfbarkeit und Ausdehnsamkeit oder Luftförmigkeit nennt man
    _Aggregatzustände_ der Körper.

    Die Kraft, mit welcher die Theilchen der Körper zusammenhängen,
    ist theils von der Art ihres Nebeneinanderseins, theils von
    der Wärme abhängig, und zwar von der letztern in der Weise,
    daß sie um so schwächer erscheint, je größer die Wärme ist.
    Ein und derselbe Körper kann daher auch unter verschiedenen
    Wärmeverhältnissen alle drei Aggregatzustände durchlaufen, z.
    B. das flüssige Wasser auch als festes Eis und als luftförmiger
    Dampf erscheinen.

    Der Widerstand, welchen die festen Körper der Lostrennung
    einzelner Theile entgegenstellen, wird _Härte_ genannt. Der
    Mineraloge _Mohs_ bildete 10 Härtestufen und bestimmte für jede
    Stufe ein die Härte dieser Stufe besitzendes Mineral. Talk,
    Steinsalz, Kalkspath, Flußspath, Apatit, Feldspath, Quarz,
    Topas, Korund und Diamant repräsentiren diese 10 Härtestufen,
    und zwar besitzt der Diamant die Härte 10, Talk die Härte 1;
    der Diamant ist also der härteste unter allen festen Körpern.
    Unter den Metallen ist Stahl das härteste; es erreicht die
    Härtestufe 7, Blei das weichste mit der Härtestufe 1.

=23. Warum= haften die Bruchstücke einer zerbrochenen Siegellackstange
nicht wieder fest an einander, wenn man sie auch noch so genau in die
frühere Lage bringt, und warum vereinigen sich diese Bruchstücke doch
wieder so leicht mit einander, wenn man sie an ihren Enden schmilzt?

=Weil= die Cohäsionskraft, die allein den festen Zusammenhang der
einzelnen Theile eines Körpers bedingt, nur in unmeßbar kleiner
Entfernung wirkt, und wir natürlich die Bruchstücke eines festen
Körpers nicht in so nahe Berührung bringen können, während zwischen
Flüssigkeiten eine solche Berührung sehr leicht herzustellen ist.

=24. Warum= muß man Flüssigkeiten in Gefäßen bewahren?

=Weil= die Cohäsionskraft in Flüssigkeiten sehr schwach ist und
schon die Schwere hinreicht, den Zusammenhang ihrer Theile aufzuheben
und sie zum Auseinanderfließen zu veranlassen. Nur bei sehr kleinen
Flüssigkeitsmassen, die sich bei der Verdichtung von Dämpfen bilden,
ist die innere Zusammenhangskraft stark genug, die Schwere zu
überwinden. Solche kleine Massen, in denen die Theilchen nur durch
innere Kraft zusammengehalten werden, nehmen daher Kugelgestalt an
und bilden Tropfen. So fällt der Regen in Tropfen; so ist aber auch
die Erde, die ihre Kugelgestalt nur ihrem früheren flüssigen Zustande
verdankt, in Wahrheit ein Tropfen im Weltraum.

=25. Warum= läßt sich Holz nur der Länge nach spalten?

=Weil= die Theilchen des Holzes in der Längsrichtung der Fasern
dichter an einander gelagert sind und die Cohäsionskraft daher
zwischen ihnen weit kräftiger wirkt, als in jeder andern Richtung. Den
allergrößten Widerstand werden die Holztheilchen darum einer Trennung
entgegensetzen, welche diese Fasern der Länge nach zerreißen will. Der
Quere nach vermag man das Holz daher nur zu durchsägen.

=26. Warum= zerspringt ein Glastropfen, den man heißflüssig in kaltes
Wasser fallen ließ, wenn man nach dem Erkalten auch nur die Spitze des
daran befindlichen Glasfadens abbricht, förmlich zu Pulver?

=Weil= die Theilchen des Glases sich wegen der allzuraschen Abkühlung
nicht naturgemäß anordnen und lagern konnten, die äußern namentlich
einander nicht so nahe kommen konnten als die inneren, die länger im
Zustande des Flüssigseins blieben, und weil deshalb eine unnatürliche
Spannung zwischen den inneren und äußeren Theilchen besteht, die eine
Zertrümmerung des ganzen Glastropfens herbeiführen muß, sobald nur die
äußerste, allein noch den Zusammenhang haltende Oberflächenschicht
desselben irgendwo unterbrochen wird.

=27. Warum= ist ein gezogener Metalldraht fester als ein gegossener
Metallfaden?

=Weil= die Cohäsionskraft um so kräftiger wirkt, je mehr die Theilchen
eines Körpers einander genähert werden. Wenn aber, wie es beim
Drahtziehen geschieht, ein Metall gezwungen wird, durch sehr enge
Oeffnungen hindurchzugehen, so werden seine Theilchen namentlich an
der Oberfläche einander gewaltsam genähert. Ganz dasselbe ist auch
beim Hämmern und Walzen der Fall, und geschmiedetes Eisen ist daher
fast 3mal so fest als gegossenes, gewalztes Silber doppelt so fest als
gewöhnliches. Auch ein Zwirnsfaden wird durch Bestreichen mit Wachs
fester, weil er eine dichtere Oberfläche erhält.

=28. Warum= halten Stricke, die aus feineren Fäden bestehen, besser als
solche, die aus gröberen Fäden zusammengedreht sind?

=Weil= in solchen feinen Fäden die Theilchen viel näher aneinander
liegen, als sie in groben Fäden durch Drehen einander genähert werden
können. Darum halten auch getheerte Stricke weniger fest, weil die
einzelnen Fäden wegen des dazwischen befindlichen Theers einander nicht
mehr so nahe sind als vorher.

=29. Warum= wendet man bei Hängebrücken lieber Drahtseile als gegossene
oder selbst geschmiedete Eisenstangen an?

=Weil= Eisendraht wegen seiner dichteren Oberfläche eine viel größere
Festigkeit besitzt als gegossenes oder geschmiedetes Eisen, und man den
Stangen daher eine viel größere Dicke geben müßte, als den aus Drähten
geflochtenen Seilen. Statt der 4 kaum 30 Centimeter dicken Seile,
welche die 256 Meter lange Riesenbrücke über den Niagara tragen, würden
wenigstens 8 ebenso starke Ketten aus Eisenstäben erforderlich sein.
Auch die Natur verfährt ähnlich, wo es auf große Festigkeit ankommt.
Der zarte Faden, an welchem die schwere Kreuzspinne herabhängt, würde
nicht die Haltbarkeit besitzen, wenn er nicht aus einer ungeheuren
Anzahl von äußerst dünnen Fäden zusammengesetzt wäre, welche die
Spinne, indem sie sie aus ihren Spinnwarzen herauszieht, mit ihren
Hinterfüßen zusammenklebt.

=30. Warum= erhalten Tücher und Zeuge durch das Walken eine so
bedeutende Festigkeit?

=Weil= durch das Walken die Fäden und Fasern der Zeuge einander mehr
genähert werden und die Cohäsionskraft zwischen ihnen um so stärker zu
wirken und das Ganze um so besser zusammen zu halten vermag.

=31. Warum= bildet Oel größere Tropfen als Wasser?

=Weil= die Theilchen des Oels eine stärkere Zusammenhangskraft besitzen
als die des Wassers und darum einen kräftigeren Widerstand gegen den
Einfluß der Schwerkraft leisten, die das Auseinanderfließen der Tropfen
bewirkt.

=32. Warum= schwimmen Nähnadeln, besonders gebrauchte, also etwas
fettige, die man behutsam auf die Oberfläche eines ruhigen Wassers
legt, auf demselben, ohne unterzugehen?

=Weil= die schwächer wirkende Schwerkraft der Nadel durch die stärker
wirkenden Cohäsionskräfte der Wassertheilchen aufgehoben wird, und
sie daher nicht den Zusammenhang der Wassertheilchen zu unterbrechen
vermag. Die Nadel wird darum von dem Wasser getragen und macht nur
eine kleine Vertiefung in seine Oberfläche, zum Beweis, daß ihre
Schwere allerdings noch wirksam ist, aber nur auf die zunächst darunter
liegenden Theilchen wirkt und zwar auch nicht stark genug, um sie von
einander zu trennen. Aus demselben Grunde können Wasserspinnen und
Wasserkäfer über die Oberfläche des Wassers laufen, ohne einzusinken.
Ueberhaupt haben gerade an der Oberfläche einer Flüssigkeit die
Theilchen ein stärkeres Bestreben zusammenzuhalten, als in ihrem
Innern, weil sie dort nur von unten und von der Seite gezogen werden,
während im Innern die Anziehung von allen Richtungen her wirkt. Deshalb
kann man in ein bis zum Rande gefülltes Trinkglas mit einiger Vorsicht
noch so viel Flüssigkeit nachgießen, daß sie eine Art runder Kappe
bildet.

=33. Warum= empfindet man einen fast ebenso heftigen Schmerz, wenn man
mit der flachen Hand auf eine Wasserfläche schlägt, als wenn sie einen
festen Körper getroffen hätte, während man keine solche Empfindung hat,
wenn man die Hand langsam in das Wasser hineintaucht?

=Weil= bei einem plötzlichen Schlage auf das Wasser die Wassertheilchen
nicht Zeit haben, auszuweichen, sondern vielmehr eine der
Flächenausdehnung der Hand entsprechende Wassermasse hinuntergedrückt
wird. Da nun die unteren Wassertheilchen nicht einzeln, sondern
gleichfalls in Masse widerstehen, indem auf sie der Druck gleichzeitig
und mit gleicher Stärke erfolgt, so müssen die Wassertheilchen der
Oberfläche dem weitern Eindringen der Hand eben denselben Widerstand
entgegensetzen, wie ein fester Körper, auf den man mit der Hand
schlägt. Taucht man dagegen die Hand langsam in das Wasser, so haben
die darunter liegenden Wassertheile Zeit, zur Seite auszuweichen, um
dadurch der eindringenden flachen Hand Platz zu machen.



Adhäsion.


    Adhäsion ist die zwischen den Oberflächen verschiedener Körper
    wirkende Anziehung, vermöge welcher Körper aneinander haften.
    Sie wirkt stets nur bei unmittelbarer Berührung oder doch nur
    in sehr kleinen Entfernungen. Die Kraft aber, mit welcher ein
    Körper an einem andern anhängt, ist nicht blos von der Stärke
    der Adhäsionskraft, sondern auch von dem Verhältniß derselben
    zur Cohäsionskraft des einen wie des andern Körpers abhängig.
    -- Die Zahl der Adhäsionserscheinungen ist sehr groß; es
    haften (adhäriren) feste Körper an festen, flüssige an festen,
    luftförmige an festen, flüssige an flüssigen und luftförmige
    an flüssigen. Das Adhäriren der Gase an anderen Körpern wird
    leicht übersehen, ist aber nichtsdestoweniger von großer
    Bedeutung. Man bezeichnet das Haften der Gase und Dämpfe an
    anderen Stoffen, namentlich an pulverförmigen und flüssigen,
    auch mit dem Worte _Absorption der Gase_.

=34. Warum= lassen sich zwei glatt geschliffene Metallplatten, welche
man über einanderlegt und fest zusammendrückt, nur schwer wieder von
einander trennen?

=Weil= wegen der glatten Flächen die Theilchen beider Platten einander
so nahe berühren, daß ihre gegenseitige Anziehung oder Adhäsion in
Wirksamkeit treten kann. Eine Kupfer- und eine Silberplatte, die man
über einander legt, lassen sich durch Walzen so innig mit einander
vereinigen, daß sie ein untrennbares Ganzes bilden. Darauf beruht das
Plattiren unedler Metalle. Spiegelplatten, mit ihren polirten Flächen
auf einander gelegt, haften oft so fest aneinander, daß sie nicht mehr
ohne Gefahr des Zerbrechens getrennt werden können. Verhindert man aber
durch einen noch so dünnen Körper, etwa ein zwischengelegtes zartes
Papier, die unmittelbare Berührung der Theilchen, so verschwindet die
Adhäsion, und die Platten haften nicht aneinander.

=35. Warum= lassen sich zwei Glastafeln, die vorher befeuchtet und dann
auf einander gelegt wurden, nur äußerst schwer wieder von einander
trennen?

=Weil= die zwar mit bloßen Augen nicht bemerkbaren, doch
dessenungeachtet noch vorhandenen Vertiefungen der Glasplatten von der
Flüssigkeit ausgefüllt werden und dadurch eine Berührung der Theilchen
und eine anziehende Wirkung derselben auf einander möglich machen. Die
Adhäsionskraft wirkt dabei zunächst auf die Flüssigkeitstheilchen und
durch diese auf die Glastheilchen.

=36. Warum= hält zusammengekleistertes oder geleimtes Papier so fest
zusammen?

=Weil= die durch den Kleister oder den Leim ausgeglichenen Unebenheiten
des Papiers der Wirkung der Adhäsion kein Hinderniß mehr entgegensetzen
und ihr vielmehr gestatten, zunächst auf den Kleister und durch
diesen auf die Papiertheilchen zu wirken, und zwar um so mehr, als
durch Verdunstung die Feuchtigkeit ausgetrieben wird, und in Folge
dessen die Poren des Kleisters sich zusammenziehen und dadurch auch
die Papierflächen einander noch näher bringen. Natürlich wirkt auch
die Cohäsion zwischen den Theilchen des Leims mit, und bei schlechtem
Leim haften deshalb die geleimten Flächen nach dem Trocknen desselben
nicht mehr fest. Auf derselben Wirkung der Adhäsion beruht auch das
Kitten, Löthen, Verzinnen, Vergolden, selbst das Anstreichen, Malen und
Schreiben, sowie das Haften des Staubes an den Wänden und der Decke des
Zimmers. Wenn man eine Glasplatte mit Leim bestreicht, so wirkt oft die
Adhäsion so stark, daß Stücke aus dem Glase herausgerissen werden, wenn
der Leim beim Austrocknen sich zusammenzieht.

=37. Warum= wird die Hand naß, wenn man sie in Wasser taucht?

=Weil= die zwischen dem Wasser und der Hand wirkende Adhäsionskraft
stärker ist, als die Cohäsion des Wassers, und die Theilchen des
Wassers daher stärker von der Hand angezogen werden, als sie einander
selbst anziehen.

=38. Warum= hängt sich Quecksilber nicht an die Hand an, wenn man sie
in dasselbe taucht?

=Weil= die Cohäsionskraft des Quecksilbers stärker ist, als die
zwischen dem Quecksilber und der Hand wirkende Adhäsion, und die
Theilchen des Quecksilbers daher einander stärker anziehen, als sie
von der hineingetauchten Hand angezogen werden. Dagegen legt sich
Quecksilber an Zinn an, weil die Adhäsionskraft zwischen Quecksilber
und Zinn die Cohäsion des Quecksilbers überwiegt.

=39. Warum= zieht man die Hand trocken aus dem Wasser, wenn man
dieselbe vorher in Bärlappsamen, Hexenmehl genannt (die staubartigen
Keimkörner des Bärlapps oder Lycopodium's), eingetaucht hatte?

=Weil= der Bärlappsamen die Berührung zwischen der Hand und dem
Wasser verhindert und dadurch die Adhäsionskraft Beider nicht zur
Wirkung kommen läßt, so daß die Anziehung der Wassertheilchen unter
sich ungeschwächt bleibt. Die Adhäsionskraft zwischen dem Wasser
und dem Bärlappsamen ist aber viel zu gering, um eine Trennung der
Wassertheilchen durch Aufhebung ihrer Cohäsion zu bewirken.

=40. Warum= wird ein mit Fett bestrichener Glasstab vom Wasser nicht
benetzt?

=Weil= zwischen Wasser und Fett keine merkliche Anziehung besteht, und
die dünne Fettschicht die Anziehung zwischen dem Glas und dem Wasser
verhindert, so daß die Cohäsion das Wasser zusammenhält.

=41. Warum= läuft ein Theil des Wassers, welches aus einem Gefäße
ausgegossen wird, sehr oft an den äußeren Wänden des Gefäßes herab?

=Weil= die ausgegossenen Wassertheilchen, welche an den äußern
Wänden des Gefäßes zunächst herausfallen, durch dieselben angezogen
werden und daher ihre Bewegung nach abwärts an den äußeren Wänden
desselben fortsetzen. Will man dies vermeiden, so muß die Flüssigkeit
so ausgegossen werden, daß alle Theile derselben weit genug von den
äußeren Wänden entfernt herabfallen, so daß die Adhäsion nicht mehr
darauf wirken kann. Um dies zu erleichtern, werden an den Gefäßen oft
Ausgußschnäbel angebracht; auch legt man runde Glasstäbe an den Rand
der Gefäße und Ausgußschnäbel und gießt an ihnen herab die Flüssigkeit
aus. Bei Gläsern und Flaschen _ohne_ Ausgußschnäbel erreicht man diesen
Zweck dadurch, daß man die Ränder dieser Gefäße mit Fett bestreicht
und so die Anziehung zwischen den Wänden und der Flüssigkeit aufhebt.
Quecksilber kann man aus gläsernen und porzellanenen Gefäßen auch
_ohne_ Ausgußschnabel ausgießen, da keine Adhäsion zwischen Glas und
Quecksilber besteht.

=42. Warum= fließt ein Tropfen Wasser, den man auf einen Tisch fallen
läßt, so auseinander, daß er platt wird?

=Weil= der Tisch gleichfalls die Theilchen des Wassers stärker anzieht,
als sie einander selbst zusammenhalten. Ist dagegen der Tisch mit
Bärlappsamen bestreut, so rollt ein darauf fallender Tropfen kugelrund
darauf hin, weil die Berührung zwischen den Wassertheilchen und der
Tischplatte jetzt verhindert ist.

=43. Warum= rollt ein Tropfen Quecksilber, der auf einen Tisch fällt,
kugelrund darauf hin, ohne platt zu werden wie ein Tropfen Wasser?

=Weil= die Theilchen des Quecksilbers stärkere Anziehung gegen einander
als gegen den Tisch haben und, da diese nach allen Seiten gleichmäßig
wirkt, die runde Gestalt des Tropfens behaupten müssen.

=44. Warum= bleibt ein auf ein Brett gefallener kleiner Wassertropfen
bei Umkehrung des Brettes an demselben hängen?

=Weil= die Adhäsionskraft, mit welcher der Tropfen an dem Brette
haftet, stärker ist als die Schwerkraft, welche ihn nach unten und von
dem Brette hinweg zu ziehen strebt.

=45. Warum= fällt ein auf ein Brett gefallener Quecksilbertropfen bei
Umwendung des Brettes herunter?

=Weil= zwischen dem Quecksilber und dem Holze keine merkliche
Adhäsionskraft besteht, und die Schwerkraft daher nicht gehindert wird,
den Tropfen vom Brette loszureißen und zum Falle zu bringen.

=46. Warum= bleibt ein kleiner Quecksilbertropfen auf einer Zinnplatte
hängen, wenn man sie umkehrt?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen Zinn und Quecksilber stärker
wirkt, als die Schwerkraft. Ist der Tropfen zu groß, so bleibt an der
Zinnplatte nach dem Umkehren so viel von dem Tropfen hängen, als die
vereinte Wirkung der Adhäsionskraft und der in den kleinsten Theilchen
des Quecksilbers wirkenden Cohäsionskraft zu tragen vermag; das Uebrige
folgt der Schwerkraft und fällt daher ab. Ebenso ist es auch bei einem
zu großen Wassertropfen auf einem Brette.

=47. Warum= bleiben weit mehr Wassertheilchen an einem Seile hängen,
wenn man es sehr schnell aus dem Wasser herauszieht, als bei einem
langsamen Herausziehen?

=Weil= bei einem langsamen Herausziehen des Seiles aus dem Wasser die
Theile desselben langsamer sich von dem Wasser entfernen und daher die
Cohäsionskräfte des Wassers wegen der längeren Dauer der Berührung
mit den verschiedenen Theilchen des Seiles das Uebergewicht über die
Adhäsionskräfte des Seiles gewinnen und die Wassertheilchen dadurch
festhalten, während bei schnellerem Herausziehen des Seiles wegen
der schnelleren Entfernung desselben von den Wassertheilchen die
Adhäsionskräfte des Seiles das Uebergewicht über die Cohäsionskräfte
des Wassers erhalten.

=48. Warum= werden Figuren, die wir mit dem Finger auf eine
Fensterscheibe zeichnen, wenn wir darauf hauchen, sichtbar?

=Weil= unsere Finger beständig mit einer äußerst feinen Fettschicht
bedeckt sind, die vermöge der Adhäsion an den Stellen des Glases, über
welche wir hinfahren, haften bleibt, und dadurch die Feuchtigkeit des
Hauchs verhindert, sich hier niederzuschlagen. Daß aber auch das Glas
selbst gewöhnlich mit einer feinen Schicht und zwar von verdichteten
Dünsten oder Gasen bedeckt ist, die in Folge der Adhäsionskraft, die
zwischen dem Glase und diesen Luftarten wirksam ist, angezogen und
festgehalten werden, können wir sehen, wenn wir eine Glasscheibe
mit einem Papier, in welches wir eine Figur ausgeschnitten haben,
bedecken, dann darauf hauchen, und wenn wir das Papier weggenommen
haben und der Hauch von dem Glase verschwunden ist, abermals darauf
hauchen. Es erscheint dann der Hauch nur auf den Stellen, welche vom
Papier unbedeckt gewesen waren, und wir sehen also die ausgeschnittene
Figur auf dem Glase. Beim Verdunsten des zuerst niedergeschlagenen
Hauches war nämlich die verdichtete Gasschicht an diesen Stellen mit
hinweggenommen worden, und auf dem reinen Glase konnte sich daher
der Hauch leichter niederschlagen, als auf dem bereits mit einer
Dunstschicht bedeckten.



Haarröhrchenanziehung.


    Haarröhrchen sind kleine Röhren, die so enge sind, daß man nur
    ein Haar hindurchziehen kann. Wenn man sie in Flüssigkeiten
    taucht, so zeigen sich verschiedene Erscheinungen, je
    nachdem ihre Wände von der Flüssigkeit benetzt werden oder
    nicht, je nachdem also die Adhäsion zwischen der Flüssigkeit
    und den Röhrenwänden, oder die Cohäsion der Flüssigkeit
    überwiegt. In dem ersteren Falle steht die Flüssigkeit in den
    Röhren stets höher, in dem letzteren Falle stets tiefer als
    außerhalb. Die Benetzung findet nur statt, wenn die Anziehung
    des festen Körpers gegen den flüssigen die Anziehung der
    Flüssigkeitstheilchen untereinander überwiegt.

[Illustration: Fig. 2.]

=49. Warum= ist die Oberfläche des Wassers in einem Glase hohl oder
concav?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen den Wänden des Glases und dem Wasser
stärker ist als die Cohäsionskraft des Wassers, diese Adhäsionskraft
aber nur auf die zunächst liegenden Wassertheilchen wirken kann, so daß
nur diese sich an den Wänden heraufziehen, während in der Mitte die
Oberfläche des Wassers vertieft bleibt.

[Illustration: Fig. 3.]

=50. Warum= ist die Oberfläche des Quecksilbers in einem Glase
kugelförmig erhaben oder convex?

=Weil= die Cohäsionskraft des Quecksilbers stärker ist als seine
Adhäsion gegen die Wände des Glases, seine Theilchen daher der ersten
Kraft folgen und sich, ähnlich wie bei dem Tropfen, nach der Mitte zu
anhäufen und so eine kugelförmig erhabene Oberfläche bilden.

=51. Warum= ist die Oberfläche des Quecksilbers in einem zinnernen
Becher concav?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen dem Quecksilber und dem Zinn stärker
ist als die Cohäsion des Quecksilbers, so daß die zunächst liegenden
Theilchen desselben die Cohäsion überwinden und sich an den Wänden des
Bechers hinaufziehen.

=52. Warum= ist die Oberfläche des Wassers in einem Glase convex, wenn
man dasselbe inwendig mit Talg bestreicht und dann noch mit Hexenmehl
belegt?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen dem Wasser und dem Glase durch das
Hexenmehl verhindert ist zu wirken, und darum die Cohäsion des Wassers
in voller Kraft bleibt und seine Theilchen zwingt, sich gegen die Mitte
anzuhäufen.

=53. Warum= ist die Oberfläche des Wassers in einem bis an den Rand
vollgefüllten Glase convex?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen Glas und Wasser hier nicht mehr
wirken kann, da über der Wasserfläche kein Glas mehr vorhanden ist, so
daß also die Wassertheilchen ganz ungehindert der Cohäsionskraft folgen
und sich gegen die Mitte anhäufen können.

[Illustration: Fig. 4.]

=54. Warum= steigt in den Haarröhrchen, wenn sie senkrecht in Wasser
getaucht werden, das Wasser in die Höhe?

=Weil= das in ein solches Haarröhrchen eingedrungene Wasser zunächst
von der innern Wand des Röhrchens angezogen und an ihr emporgehoben
wird, so daß es ursprünglich zwar eine concave Oberfläche hat, die sich
aber, da wegen der durch die Enge der Röhren veranlaßten Annäherung
der kleinsten Theilchen des Wassers die Cohäsionskraft des letzteren
ungehindert wirken kann, wieder ausfüllt und dadurch eben (horizontal)
wird, worauf die Adhäsionskraft des Glases wieder eine concave und die
Cohäsionskraft wieder eine ebene Fläche herstellt und so fort, bis das
Gleichgewicht zwischen der gehobenen Wassersäule und den anziehenden
Kräften hergestellt ist. Je enger ein solches Röhrchen ist, desto höher
muß nothwendig das Wasser in demselben steigen, da die Cohäsionskraft
um eben so viel stärker wirken kann.

[Illustration: Fig. 5.]

=55. Warum= steht das Quecksilber in den Haarröhrchen nicht höher,
sondern sogar bedeutend tiefer als in dem Gefäße mit Quecksilber, in
welches man sie gestellt hat?

=Weil= die Adhäsionskraft zwischen dem Quecksilber und dem Glase so
schwach ist, daß sie durch die Cohäsionskraft des Quecksilbers völlig
aufgehoben wird, so daß diese Cohäsion die Quecksilbertheilchen
hindert, in das enge Röhrchen einzudringen.

=56. Warum= steigt das Wasser zwischen zwei mit ihren Flächen an
einander gelegten Glastafeln höher auf, als es in dem Gefäße steht, in
das man sie gestellt hat?

=Weil= auch in diesem Falle die Adhäsion zwischen Glas und Wasser die
nächsten Wassertheilchen an dem Glase emporzieht, und das Bestreben der
Cohäsion, die entstandene Vertiefung der Oberfläche auszugleichen, das
Nachfolgen weiterer Wassertheilchen veranlaßt.

=57. Warum= wird Löschpapier, das man in Wasser taucht, auch an
denjenigen Stellen nach und nach feucht, die sich außerhalb des Wassers
befinden?

=Weil= die Poren des Löschpapiers gleichsam nur eine unzählige Menge
unregelmäßig zusammengehäufter Haarröhrchen sind, und die Flüssigkeit
daher in diesen ebenso wie in den Haarröhrchen aufsteigen muß. Dasselbe
findet auch bei andern porösen Körpern statt, bei Zucker, Holz,
Sandstein; auch ein Haufen Sand oder Asche wird auf einem feuchten
Boden sehr bald bis zum Gipfel von Feuchtigkeit durchdrungen.

=58. Warum= bleiben Stahlwaaren, in Kohlenpulver verpackt, blank, und
warum werden Eier und Fleisch durch Kohlenpulver frisch erhalten?

=Weil= das Kohlenpulver eine außerordentliche Porosität besitzt, und
seine feinen Haarröhrchen alle Feuchtigkeit aufsaugen und sie so
verhindern, die Stahlwaaren oder Eier zu verderben.

=59. Warum= brennt eine Lampe fort, wenn auch nur wenig Oel in dem
Behälter vorhanden ist?

=Weil= auch der Docht der Lampe eine Menge feiner Haarröhrchen enthält,
durch welche sich das Oel hinaufzieht und so der Flamme die zum Brennen
nöthige Nahrung darbietet. Da nun die Wirkung der Haarröhrchenanziehung
eine ununterbrochene ist, so steigt auch das in dem Oelbehälter
befindliche Oel unausgesetzt aufwärts, bis es gänzlich verzehrt ist.

=60. Warum= verkürzen sich die Stricke, wenn sie naß werden?

=Weil= die Hanffasern in ihren Haarröhrchen die Feuchtigkeit aufsaugen
und dadurch anschwellen, die dicker werdenden Fäden aber nun sich
zurückdrehen. Die Kraft, welche durch diese Verkürzung der Stricke
ausgeübt wird, ist so außerordentlich groß, daß in Rom ein Obelisk von
9000 Centner Gewicht, den man mit allen Maschinen nicht aufzurichten
vermocht hatte, allein durch die feucht gewordenen Taue, die ihn
hielten, emporgezogen wurde.

=61. Warum= kann man sich mit einem seidenen Taschentuch nicht so gut
den Schweiß trocknen als mit einem leinenen?

=Weil= die Seidenfaser zwar auch Haarröhrchen besitzt, diese aber wegen
der geringen Adhäsion, die zwischen Seide und Wasser besteht, nur wenig
Feuchtigkeit aufsaugen. Baumwollene Taschentücher nehmen den Schweiß
noch besser auf als leinene.

=62. Warum= läßt sich Quecksilber in Beuteln aus Flor forttragen, ohne
daß es durch die von den Fäden gebildeten Zwischenräume hindurchfällt?

=Weil= die Cohäsionskraft des Quecksilbers stärker wirkt als die
Adhäsionskraft der Fäden, und sich daher das Quecksilber nicht an die
Fäden des Flors anlegt, sondern, durch die Cohäsion zusammengehalten,
als ganze Masse von den Fäden des Flors getragen wird. Berührt man aber
mit der unteren Seite des Flors einen Quecksilberspiegel, so fließt
das Quecksilber sofort durch den Flor, weil nun die Cohäsion durch die
Anziehung des Quecksilberspiegels überwunden wird.

[Illustration: Fig. 6.]

=63. Warum= fahren zwei Korkkügelchen, welche auf Wasser schwimmen,
sobald sie einander nahe kommen, auf einmal schnell an einander?

=Weil= an dem Umfange beider Korkkügelchen in Folge der Adhäsion das
Wasser etwas höher steht, als die übrige Oberfläche des Wassers, und
zwischen den Kügelchen daher, wenn sie sich einander nähern, eine hohle
Wasserfläche entsteht, so daß die Wassertheilchen, indem sie diese
vermöge ihrer Anziehung auszufüllen suchen, zusammenfließen und die
Kügelchen mit sich fortreißen. Ein Korkkügelchen und ein Wachskügelchen
aber, die man auf dem Wasser schwimmen läßt, ziehen einander nicht an,
sondern stoßen sich ab, weil das Wachskügelchen, das bekanntlich vom
Wasser nicht benetzt wird, von einer Senkung des Wassers umgeben ist
und daher bei der Annäherung an das Korkkügelchen von der erhöhten
Wasserumgebung des Letzteren wie auf einer schiefen Ebene herabrollt.

[Illustration: Fig. 7.]

=64. Warum= bewegen sich kleine Körper, wie z. B. Holzspänchen,
Korkkügelchen und dergleichen, wenn sie sich der Wand des Gefäßes
nähern, schneller nach derselben zu, als sie sich in der Mitte des
Gefäßes bewegten?

=Weil= vermöge der Adhäsion das Wasser sowohl an der Wand des Gesäßes
als an dem Umfange der kleinen schwimmenden Körperchen höher steht, als
die Oberfläche des übrigen Wassers in dem Gefäße, so daß sich zwischen
der Wand und dem Kügelchen bei der Annäherung desselben eine hohle
Fläche bildet, zu deren Ausfüllung die Wassertheilchen zusammenfließen
und dabei das Kügelchen mit sich fortreißen.



Trägheit.


    In der Natur kann keine Veränderung in dem Zustande der
    Dinge vorgehen, ohne daß sie durch eine besondere Ursache
    oder Kraft veranlaßt wird. Diese Eigenschaft der Körper, den
    Zustand, in welchem sie sich gerade befinden, unverändert
    beizubehalten, oder vielmehr ihr Unvermögen, den Zustand der
    Ruhe oder Bewegung von selbst zu verändern, bezeichnet man
    als Beharrungsvermögen oder Trägheit. Ist ein Körper in Ruhe,
    so ist eine Kraft nöthig, um ihn in Bewegung zu setzen; ist
    er in Bewegung, so ist eine Kraft nöthig, um ihn zur Ruhe zu
    bringen. Ein Körper, der einmal in Bewegung ist, wird ohne
    Einwirkung äußerer Kräfte seine Bewegung mit unveränderter
    Geschwindigkeit und in unveränderter Richtung fortsetzen, bis
    sie durch äußere Hindernisse aufgehoben wird. Solche äußere
    Hindernisse der Bewegung sind insbesondere die Schwere des sich
    bewegenden Körpers, die Reibung an der Fläche, auf welcher er
    sich bewegt, der Widerstand der Luft und der Stoß gegen ihm
    entgegenstehende oder sich ihm entgegen bewegende andere Körper.

=65. Warum= wird mit der größten Anstrengung ein sehr schwer beladener,
ruhig stehender Wagen von den Pferden fortgezogen, während er, einmal
in Bewegung gesetzt, mit viel geringerer Anstrengung fortbewegt wird?

=Weil= zunächst die Trägheit der Last und des Wagens überwunden werden
muß, während später, wenn der Wagen einmal in Bewegung ist, die Pferde
nichts weiter zu thun haben, als die seiner Bewegung entgegenstehenden
Hindernisse zu überwinden, namentlich die Reibung auf dem unebenen
Boden.

=66. Warum= bleibt die Betriebswelle einer Dampfmaschine noch in
Bewegung, wenn dem Dampfe der Zugang in den Dampfcylinder bereits
abgeschnitten ist?

=Weil= das Schwungrad der Maschine, in welchem eine bedeutende
lebendige Kraft gleichsam aufgespeichert liegt, seine Bewegung noch
fortsetzt und ebenso die mit demselben fest verbundene Betriebswelle.
Die Bewegung dauert so lange fort, bis die Kraft des Schwungrades durch
die entgegenwirkenden Reibungswiderstände vernichtet ist.

=67. Warum= bekommen Personen, die sich in einem schnell fahrenden
Wagen befinden, wenn dieser plötzlich anhält, einen Ruck vorwärts?

=Weil= sie in der ihnen vom Wagen mitgetheilten Bewegung auch dann noch
beharren, wenn der Wagen still steht. Sie würden sogar noch weiter
vorwärts geworfen werden, wenn nicht die Reibung auf dem Wagensitze
und die Muskelkraft ihrer Beine, auf die sie ihren Körper zum Theil
stützen, diese vorwärtsgehende Bewegung hemmte. In einem ruhenden Wagen
sitzende Personen dagegen werden, wenn die Pferde plötzlich anziehen,
rückwärts geworfen, weil sie an dem Orte zu beharren streben, an
welchem sie waren.

=68. Warum= schlagen Kanonen- oder Flintenkugeln, die aus großer
Nähe durch eine Fensterscheibe hindurchgeschossen werden, nur ein
kreisrundes Loch in das Glas von fast demselben Durchmesser wie die
Kugel, ohne die Fensterscheibe zu zersplittern?

=Weil=, wenn Theile eines Körpers durch eine heftige, ungemein schnell
wirkende Kraft aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewegung versetzt
werden, wie dies bei einer aus der Nähe abgeschossenen Flinten-
oder Kanonenkugel geschieht, die übrigen Theile des Körpers nicht
nur in Ruhe bleiben, sondern auch vermöge ihrer Trägheit ohne alle
Beschädigung für sie den Zusammenhang aufgeben, in dem sie mit den
losgerissenen Theilen standen. Bei einem langsameren Schlage der Kugel
gegen eine Fensterscheibe würde auch die Umgebung zertrümmert werden,
da die Bewegung dann Zeit hätte, sich von den getroffenen Theilen auch
den benachbarten mitzutheilen.

=69. Warum= muß man aus einem in schneller Bewegung befindlichen Wagen
oder Fuhrwerke mit dem Gesicht nach den Pferden gewendet hinausspringen?

=Weil= beim Berühren des Erdbodens mit den Füßen der Oberkörper nach
vorn fällt und man _sieht_, wohin man fällt; man hat die Arme zur Hülfe
frei. Springt man verkehrt, so fällt man rücklings leicht auf den
Hinterkopf, was sehr gefährliche Wirkungen, selbst den Tod, zur Folge
haben kann. Springt man richtig und neigt dabei den Oberkörper leicht
nach hinten, so, steht man beim Berühren des Erdbodens mit den Füßen
senkrecht, und die Gefahr ist in der Hauptsache vermieden.

=70. Warum= fällt ein Geldstück, welches auf einem Kartenblatt genau
über der Mündung einer Flasche liegt, in diese hinein, wenn man mit dem
Finger das Kartenblatt rasch in horizontaler Richtung fortschnellt?

=Weil= das Geldstück wegen seines Beharrungsvermögens an der Bewegung
des Kartenblattes keinen Theil nimmt, wenn die Bewegung schnell und
heftig genug ist, um die Reibung, vermöge deren das Geldstück sonst an
dem Kartenblatt haftet, zu überwinden. Wird daher das Kartenblatt nur
langsam weggeführt, so bleibt das Geldstück darauf liegen.

=71. Warum= kann man einen Mauerstein in der Hand zerschlagen, ohne den
Schlag des Hammers sehr zu empfinden?

=Weil= die durch den Schlag des Hammers bewirkte Erschütterung sich
nur den der getroffenen Stelle zunächstliegenden Theilen mittheilt, die
übrigen Theile des Steins aber in ihrer Ruhe beharren, und so auch die
Hand darunter von ihnen nicht erschüttert wird. Deshalb ist es auch
kein großes Kunststück, wenn ein sogenannter Herkules auf einem Ambos,
der auf seiner Brust liegt, hämmern läßt, wenn die Schläge nur schnell
geführt werden, und der Hammer immer schnell wieder zurückgezogen wird.

=72. Warum= ist es so gefährlich, in den Lauf eines geladenen Gewehres
Sand gerathen zu lassen?

=Weil= das beim Losschießen sich durch die Explosion des Pulvers
entwickelnde Gas sich viel zu schnell ausdehnt, als daß sich die
Bewegung der untersten Sandtheile den oberen mittheilen könnte, und
das in seiner Ausdehnung gehemmte Gas daher den Lauf sprengt. Deshalb
braucht man beim Sprengen von Felsen auch nur das Pulver im Bohrloch
mit lockerem Sand zu bedecken, und doch wirkt die Gewalt der Explosion
nach allen Seiten hin.

=73. Warum= müssen dauerhafte Brücken eine große Masse haben?

=Weil= eine um so größere Kraft dazu gehört, einen Körper in Bewegung
zu setzen, je größer seine Masse ist. Die mit großer Geschwindigkeit
über eine Brücke fahrenden, oder mit einer schweren Last sich über
dieselbe bewegenden Wagen vermögen nur den Stellen der Brücke, auf
welchen sie fahren, eine Erschütterung mitzutheilen, die aber durch
den Widerstand einer bedeutenden Menge ruhender Theile, welche der
Bewegung widerstehen, bald aufhört weiter fortgepflanzt zu werden
und daher eine große Menge von Theilen der Brücke nicht erreicht.
Starke Erschütterungen bringen freilich Wirkungen hervor, die der
Dauerhaftigkeit einer Brücke sehr nachtheilig sind.

=74. Warum= kann man den lose gewordenen Stiel eines Hammers oder einer
Axt dadurch wieder befestigen, daß man denselben umgekehrt gegen einen
harten Gegenstand aufstößt?

=Weil= durch den heftigen Stoß nur die Bewegung des Hammers, nicht aber
die des losen Eisenstücks plötzlich gehemmt wird, so daß also der Stiel
weiter in das hinabgleitende Eisenstück eindringt.

=75. Warum= kann man eine verstopfte Röhre oft dadurch wieder öffnen,
daß man gewaltsam an das eine Ende derselben schlägt?

=Weil= die durch das heftige Schlagen an die Röhre bewirkte
Erschütterung derselben sich dem sie verstopfenden Körper mittheilt und
ihn aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewegung versetzt, wodurch er
allmählich bis an die Oeffnung der Röhre gebracht wird. Dies wird um so
eher geschehen können, wenn es nicht _ein_ Körper ist, sondern mehrere,
die sich zusammengehäuft haben.



Elasticität.


    Nicht nur als Ganzes wollen die Körper ihren Zustand
    beibehalten, sondern auch ihre einzelnen Theile widerstreben
    einer Veränderung ihrer Lage. Diejenige Eigenschaft eines
    Körpers, vermöge welcher seine Theile, wenn sie aus ihrer
    Lage gebracht sind, genau wieder in dieselbe zurückkehren,
    sobald die störende Kraft zu wirken aufgehört hat, nennt man
    Elasticität. Vollkommen findet diese Rückkehr der Theilchen
    in ihre frühere Lage nur dann statt, wenn ihre Verschiebung
    gewisse Grenzen nicht überschritten hat. Solche Körper,
    welche diese Eigenschaft in hohem Grade besitzen, wie Stahl,
    Elfenbein, Gummi, nennt man elastische; solche, welche diese
    Eigenschaft gar nicht, oder in kaum merkbarem Grade besitzen,
    wie Blei, Wachs, Thon, nennt man unelastische Körper. Solche
    Körper, bei denen eine größere Kraft nöthig ist, um überhaupt
    eine Verschiebung der Theilchen hervorzubringen, wie Stahl und
    Elfenbein, heißen hart; solche, bei denen eine geringe Kraft
    die Verschiebung bewirkt, wie Gummi oder Thon, heißen weiche
    Körper; solche, die -- sobald die Verschiebung ihrer Theilchen
    die Elasticitätsgrenze überschritten hat, -- ihren Zusammenhang
    verlieren und zerbrechen, wie das Glas, werden spröde genannt;
    solche endlich, deren Theilchen jenseits der Elasticitätsgrenze
    nur eine andere Lage annehmen, ohne den Zusammenhang zu
    verlieren, wie Metalle, heißen dehnbar.

=76. Warum= wird ein von einer Armbrust geschossener Bolzen bis zu
ansehnlicher Entfernung fortgetrieben?

=Weil= die stark ausgedehnte elastische Schnur, deren Kraft durch das
gekrümmte elastische Holz, an dessen beiden Enden die Schnur befestigt
ist, noch verstärkt wird, sobald sie durch den Drücker frei gemacht
wird, mit aller Kraft in ihre vorige Lage wieder zurücktritt und daher
auf ihrem Wege den unmittelbar vor ihr liegenden Bolzen mit großer
Gewalt forttreibt.

=77. Warum= bekommt eine Billardkugel, welche auf eine recht eben
und glatt geschliffene Marmortafel herabfällt, die man an einer
Oellampe schwarz anlaufen ließ, einen ziemlich großen schwarzen Fleck,
während sie an der aufstoßenden Stelle nur einen Fleck von der Größe
eines Stecknadelknopfes bekommt, wenn man sie mit der Hand auf die
Marmorplatte stößt?

=Weil= die Kugel, wenn sie auf die Marmorplatte herabfällt, wegen der
Gewalt des Stoßes an der auffallenden Stelle platt gedrückt wird, und
mit dieser ganzen Fläche die Platte berührt, nachher jedoch wegen ihrer
Elasticität sogleich wieder in ihre runde Gestalt zurückkehrt. Wird
dagegen die Kugel blos mit der Hand auf die Platte gedrückt, ist also
keine Kraft vorhanden, welche die Lage der Theilchen verschiebt, so
berührt sie dieselbe blos in einem einzigen Punkt und zeigt sich daher
auch nur an diesem schwarz.

=78. Warum= springt eine mit Luft angefüllte Schweinsblase, welche man
mit Gewalt etwas platt drückt, sogleich wieder in ihre vorige Gestalt
zurück, sobald man zu drücken aufhört?

=Weil= die darin enthaltene Luft dem Drucke zwar nachgiebt und sich
in einen engeren Raum zusammenzieht, sobald aber der Druck nachläßt,
vermöge ihrer Elasticität wieder in den Raum zurückkehrt, den sie
vorher einnahm, und daher die zusammengedrückte Blase wieder ausspannt.

=79. Warum= fliegt ein Gummiball, mit einer Ballkeule geschlagen,
weiter als ein unelastischer Stein?

=Weil= die von dem Schlage getroffenen Theile des elastischen Balles
soweit nachgeben, bis die Rückwirkung der Elasticität der stoßenden
Kraft gleich ist, der Ball also durch das Zurückspringen der gewichenen
Theile in ihre ursprüngliche Lage den ganzen Stoß erhält, während
bei dem unelastischen Steine die Wirkung des Stoßes sich nicht allen
Theilen mittheilt, ein großer Theil der Wirkung des Stoßes also an der
Ballkeule verloren geht.



Schwerkraft.


    Alle Körper auf der Erde sind schwer, d. h. sie werden von der
    Erde angezogen oder haben das Bestreben, sich dem Mittelpunkte
    der Erde zu nähern, und fallen, wenn sie nicht durch eine
    andere Kraft daran gehindert werden. Eine Wirkung dieser
    Anziehungskraft der Erde, die man ihre Schwerkraft nennt, ist
    der Druck, welchen jeder Körper auf eine Unterlage, die ihn am
    Fallen hindert, also etwa auf unsere Hand, wenn wir ihn in der
    Hand halten, ausübt, und diesen Druck nennt man das Gewicht
    des Körpers. Die Gewichte verschiedener Körper vergleichen,
    heißt sie _wägen_. Als Einheit für diese Vergleichung dient
    jetzt allgemein das Gewicht eines Kubikcentimeters destillirten
    Wassers oder das Gramm; die decimalen Theile desselben
    heißen Decigramm, Centigramm, Milligramm (1/1000 Gramm), die
    decimalen Vielfachen sind Dekagramm, Hektogramm, Kilogramm. Ein
    Kilogramm, kurz 1 Kilo, ist gleich 2 Pfund, 50 Kilo bilden 1
    Centner.

=80. Warum= ist ein auf dem Tische liegender großer Quecksilbertropfen
nie ganz kugelrund?

=Weil= bei einem großen Quecksilbertropfen der Cohäsionskraft, --
welche seine Theilchen zusammenhält und, da sie von allen Seiten
gleichmäßig wirkt, sie zwingt, die Kugelgestalt anzunehmen, -- die
Schwerkraft entgegenwirkt und jene zwar nicht völlig aufhebt, aber
doch schwächt, so daß die Theilchen, ohne sich zu trennen, dem Zuge
der Schwere nach unten folgend, von der Kugelgestalt abweichen
müssen. Bei größeren Flüssigkeitsmassen bewirkt diese Schwere das
Auseinanderfließen zur Ebene.

=81. Warum= wird eine Schnur, an der ein Bleigewicht hängt, straff
gezogen?

=Weil= das Bleigewicht, wie jeder andere Körper, durch die Schwerkraft
nach dem Mittelpunkte der Erde gezogen wird, die Schnur jedoch dasselbe
hindert, diesem Bestreben zu folgen, so daß es nur mit der Kraft, die
seinem Drucke oder Gewichte gleich ist, die Schnur straff zu spannen
vermag. Dadurch bezeichnet es aber zugleich die Richtung, in welcher
die Schwerkraft wirkt, und in welcher daher auch Mauern, die nicht
fallen sollen, aufgerichtet werden müssen. Darauf beruht der Gebrauch
des Bleiloths der Maurer. Diese Richtung des Bleiloths nennt man die
senk- oder lothrechte oder auch verticale.

=82. Warum= fällt ein Stein, den wir in der Hand halten, sobald wir ihn
loslassen, auf die Erde?

=Weil= unsere Hand für den Stein nur das Hinderniß war, dem Zuge der
Schwerkraft zu folgen, und er nach Beseitigung des Hindernisses nun
von der Wirkung dieser Kraft so lange getrieben wird, bis er auf dem
Erdboden abermals einen Widerstand findet. Je tiefer er fällt, um so
schneller wird seine Bewegung, da die Schwerkraft nicht _einmal_,
sondern beständig in jedem Augenblick auf ihn wirkt und daher mit jedem
Augenblick seine Bewegung beschleunigt.

=83. Warum= schießen Wagen von einer Anhöhe mit solcher Geschwindigkeit
herab, wenn sie nicht gehemmt werden?

=Weil= auf der schiefen Ebene, wie sie eine solche Anhöhe darstellt,
ein Körper nur zum Theil gegen das Herabfallen geschützt ist, und es
nur einer geringen Kraft bedarf, um den Widerstand zu überwinden, durch
den er vom Herabfallen abgehalten wird. Wenn daher auch die Pferde den
einmal in Bewegung gesetzten Wagen nicht weiter zögen, so würde er
schon durch die eigene Schwerkraft herabgetrieben werden, und zwar mit
zunehmender Geschwindigkeit. Daher müssen die Pferde, sobald der Wagen
auf einer abschüssigen Ebene in Bewegung gesetzt ist, statt ihn zu
ziehen, ihn vielmehr mit aller Kraft zurückhalten.

=84. Warum= fallen leichte Körper, wie Flaumfedern, Papierstückchen u.
s. w. so langsam zur Erde?

=Weil= die auch bei diesen Körpern wirkende Schwerkraft sie zwar nach
der Erde herabtreibt, der Druck aber, den sie wegen der geringen Menge
von materiellen Theilchen ausüben, die in einen für ihre Schwere
ziemlich großen Raum ausgedehnt sind, durch den Gegendruck der Luft,
durch welche sie fallen, zum Theil aufgehoben wird. Die Schwerkraft
wirkt daher nicht mit voller Stärke. Im luftleeren Raume dagegen fallen
alle Körper, Blei wie Federn, gleich schnell.

=85. Warum= drückt ein in eine Wagschale gelegtes Gewicht dieselbe
nieder?

=Weil= das Gewicht vermöge seiner Schwerkraft einen der Menge seiner
materiellen Theilchen entsprechenden Druck auf die Wagschale ausübt,
die es hindert, dem Gesetze der Schwere zu folgen. Es muß daher durch
diesen Druck die Wagschale so weit herabsinken, bis sie unterstützt
wird. Legt man dagegen in die andere Wagschale einen Körper, der eben
so schwer ist, als das Gewicht, so treten die beiden Wagschalen wieder
ins Gleichgewicht.

=86. Warum= wiegt ein Maaß Quecksilber viel mehr als ein Maaß Wasser
und ein Kubikcentimeter Blei mehr als ein Kubikcentimeter Holz?

=Weil= in dem Quecksilber und in dem Blei mehr Masse in denselben
Raum zusammengedrängt ist, oder die Massentheilchen darin dichter an
einander liegen, als in dem Wasser und im Holz. Man sagt daher auch,
Blei und Quecksilber haben eine größere eigenthümliche Dichtigkeit oder
ein größeres eigenthümliches oder spezifisches Gewicht als Holz und
Wasser, oder Quecksilber sei specifisch schwerer als Wasser.



Der Schwerpunkt.


    In jedem Körper giebt es einen Punkt, dessen alleinige
    Unterstützung ausreicht, ihn am Fallen zu hindern. Diesen Punkt
    nennt man den Schwerpunkt. Er liegt stets so, daß um ihn nach
    allen Seiten hin die Massentheilchen des Körpers gleichmäßig
    vertheilt sind. In einer Kugel liegt er daher im Mittelpunkt,
    in einer Walze in der Mitte der Axe. Bei andern Körpern kann
    man ihn dadurch finden, daß man sie an zwei verschiedenen
    Stellen an einem Faden aufhängt. Der Schwerpunkt liegt dann
    jedesmal in der Richtung des Fadens, und der Durchschnittspunkt
    der beiden Linien giebt dann genau die Lage des Schwerpunkts
    an. Die senkrechte Linie vom Schwerpunkt zum Boden nennt man
    die Richtungslinie der Schwere oder die Schwerlinie. Ein Körper
    befindet sich in der Ruhe oder im Gleichgewicht, wenn er in
    der Richtung dieser Schwerlinie unterstützt oder befestigt
    ist. Man unterscheidet ein indifferentes, ein stabiles und ein
    labiles Gleichgewicht. Im indifferenten Gleichgewicht befindet
    sich ein Körper, wenn er in seinem Schwerpunkt selbst befestigt
    ist, wie ein Rad, das sich um seine Axe dreht. Ein stabiles
    Gleichgewicht findet statt, wenn ein Körper oberhalb seines
    Schwerpunktes befestigt, also wenn er aufgehängt ist. Der
    Körper findet dann seine Ruhe stets, sobald sein Schwerpunkt
    sich senkrecht unter seinem Aufhängepunkte befindet. Das
    labile Gleichgewicht tritt ein, wenn der Stützpunkt tiefer als
    der Schwerpunkt liegt, wie beim Balanciren auf einer Spitze.
    Die Ruhe kann dann nur gesichert werden, wenn man den Körper
    in mindestens drei Punkten unterstützt, zwischen denen die
    Schwerlinie hindurchgeht.

[Illustration: Fig. 8.]

=87. Warum= rollt eine Kugel, welche man auf eine abschüssige Fläche
legt, sogleich hinunter? (Fig. 8.)

=Weil= bei einer Kugel, die eine Ebene, auf der sie liegt, nur in
einem Punkt berührt, die Richtungslinie der Schwere diesen Punkt nicht
mehr trifft, wenn die Kugel auf einer schiefen Ebene liegt, so daß der
Schwerpunkt der Kugel also nicht unterstützt ist und sie herabfallen
muß.

=88. Warum= neigen wir uns vorwärts, wenn wir einen Berg hinaufsteigen?

=Weil= wir dadurch die Richtungslinie der Schwere zwischen unseren
Füßen behalten, und wir nur unter dieser Bedingung fest stehen können.
Denn der Schwerpunkt unseres Körpers liegt bei uns im Unterleibe, und
die Schwerlinie fällt daher zwischen unsere Beine, wenn wir uns auf
einer wagerechten Ebene befinden, hinter uns jedoch, wenn wir uns auf
einer schiefen Ebene mit dem Gesichte nach dem Gipfel zu befinden.
Wir müssen uns daher vorwärts beugen, wenn wir eine schiefe Ebene
hinaufsteigen, um die Schwerlinie wieder zwischen unsere Füße zu
bringen.

=89. Warum= müssen wir uns rückwärts beugen, wenn wir einen Berg
hinabsteigen?

=Weil= wir dadurch, daß wir uns beim Herabsteigen rückwärts beugen, die
Schwerlinie zwischen unsere Beine bringen, die bei grader Haltung vor
uns liegen würde, so daß also unser Schwerpunkt in dieser Haltung nicht
unterstützt wäre und wir fallen müßten.

[Illustration: Fig. 9.]

=90. Warum= müssen Leute, welche vor sich eine Last tragen, sich
rückwärts beugen?

=Weil= der Schwerpunkt des Körpers durch die vorn hängende Last
verschoben und weiter nach vorwärts gerückt wird, so daß also auch die
Schwerlinie nach vorn fallen würde. Durch Rückwärtsbeugung aber wird
die Schwerlinie wieder zwischen die Beine gebracht. (Fig. 9.)

[Illustration: Fig. 10.]

=91. Warum= müssen Leute, welche eine Last auf dem Rücken tragen, sich
vorwärts beugen?

=Weil= durch die Last auf dem Rücken die Lage des Schwerpunktes in dem
menschlichen Körper gleichfalls verändert wird, und er weiter rückwärts
zu liegen kommt. Die Schwerlinie würde daher bei grader Haltung nach
hinten fallen. Um dies zu verhindern, wird der Oberkörper nach vorn
gebeugt. (Fig. 10.)

[Illustration: Fig. 11.]

=92. Warum= muß ein Mensch, der eine Last in der rechten Hand trägt,
sich nach der linken Seite zu beugen?

=Weil= sein Schwerpunkt durch die Last in der rechten Hand weiter nach
der rechten Seite zu rückt, und daher die Schwerlinie über sein rechtes
Bein hinausfallen würde. Um den Schwerpunkt wieder weiter nach links
und die Schwerlinie zwischen seine Beine zu bringen, muß er sich zur
linken Seite beugen. (Fig. 11.)

=93. Warum= stehen wir nicht fest, wenn wir blos auf einem Beine stehen?

=Weil= wir in diesem Falle den Körper nach dem Fuße hin, auf dem wir
stehen, beugen müssen, damit die Schwerlinie unsers Körpers gerade
unter diesen Fuß trifft. Da aber schon eine geringe Veränderung
unserer Haltung unsern Schwerpunkt verrücken und bei einer so geringen
Unterstützungsfläche der Unterstützung berauben kann, so gehört eine
große Kraftanstrengung dazu, um uns auf einem Fuße stehend zu erhalten.
Es ist daher auch nicht möglich, auf einem Beine zu stehen, wenn man
dasselbe dicht an eine lothrechte Wand stellen soll, da die Schwerlinie
dann nicht mehr in dieses Bein gelegt werden kann.

=94. Warum= können wir einen vor uns auf dem Boden liegenden
Gegenstand nicht aufheben, ohne uns in den Hüften zu biegen?

=Weil= durch die Vorwärtsneigung des Oberkörpers der Schwerpunkt so
weit nach vorn verschoben werden würde, daß wir fallen müßten, wenn wir
nicht gleichzeitig durch die Hüftbiegung einen Theil des Körpers wieder
nach rückwärts streckten.

=95. Warum= schleudern die meisten Menschen beim Gehen abwechselnd mit
beiden Armen?

=Weil= unser Gehen eigentlich nur ein fortgesetztes Fallen auf den
jedesmal vorausgesetzten Fuß ist und dabei die Schwerlinie immer
vorwärts abwechselnd nach rechts und links gelegt wird, diese Verlegung
der Schwerlinie aber durch das abwechselnde Schleudern mit den Armen
erleichtert wird. Ohne dieses Schleudern würde die Haltung des Körpers
eine viel schwankendere sein und eher eine Ermüdung herbeiführen.

[Illustration: Fig. 12.]

=96. Warum= fällt ein hoher Gegenstand in derselben geneigten Stellung
leichter um als ein niedriger?

=Weil= ein Körper in schiefer Stellung nur so lange fest steht, als
seine Schwerlinie noch in seine Grundfläche fällt, diese Schwerlinie
aber um so leichter über die Grundfläche hinausgerückt wird, je höher
der Körper ist, und je höher darum sein Schwerpunkt liegt. Darum pflegt
man Schiffe mit Ballast zu versehen, damit ihr Schwerpunkt möglichst
tief liege. Eben darum giebt man auch Gegenständen, die fest stehen
sollen, wie Lampen, Leuchtern etc., einen schweren Fuß.

=97. Warum= steht ein sogenannter Taumelbecher sofort wieder auf, wenn
man ihn auf den Tisch zu legen versucht?

=Weil= ein solcher Becher einen sehr dicken, halbkugelförmigen Boden
hat, so daß der Schwerpunkt in diesem liegt, und die Schwerlinie daher
bei horizontaler Lage des Bechers nicht in der Linie, in welcher der
Becher unterstützt ist, sondern seitwärts hervortritt, und der Becher
dadurch gezwungen wird, auch nach dieser Richtung hin wieder seine
Unterstützung zu suchen, also aufzustehen. Dasselbe gilt auch von den
mit bleiernen Füßen versehenen Stehaufmännchen aus Holundermark.

=98. Warum= schwebt ein Münzstück sehr leicht auf einer Nadelspitze,
wenn man auf dasselbe einen Kork stellt und in diesen von
entgegengesetzten Seiten zwei abwärts geneigte Gabeln steckt?

=Weil= durch das Gewicht der Gabeln der Schwerpunkt unter die
Nadelspitze verlegt wird, das Münzstück also gar nicht fallen kann,
wie man auch seine Lage verändern möge, da es gleichsam im Stützpunkt
aufgehängt ist.

=99. Warum= fällt ein Kreisel, so lange er sich rasch dreht, nicht um,
während er doch im ruhenden Zustande nicht auf seiner Spitze stehen
kann?

=Weil= der Schwerpunkt des Kreisels, der im ruhenden Zustande
allerdings nicht genügend unterstützt ist, durch die rasche Drehung
(Schwungkraft) in jedem Augenblick seinen Ort ändert, so daß der
Kreisel, wenn er nach einer Seite hin fallen will, im nächsten
Augenblick schon nach der andern Seite gezogen wird. Durch dieses
beständige Entgegenwirken der Kräfte (Schwerkraft und Schwungkraft)
wird er im Gleichgewicht erhalten und bleibt aufrecht. Aus demselben
Grunde ist es auch leicht, einen in schnelle Drehung versetzten Teller
auf einer Degenspitze zu balanciren.



Gleichgewicht und Bewegung fester Körper.


    Kein ruhender Körper kommt durch sich selbst in Bewegung; es
    bedarf dazu einer bewegenden Ursache, einer Kraft. Wenn mehrere
    Kräfte in ihren gegenseitigen Wirkungen sich vollständig
    aufheben, so sagt man, sie halten sich das Gleichgewicht. Das
    Gleichgewicht findet statt, wenn zwei genau gleiche Kräfte
    nach entgegengesetzten Richtungen wirken. Wenn eine Kraft auf
    einen Körper wirkt, so bewegt er sich nur in der Richtung
    dieser Kraft, und seine Bewegung ist eine gradlinige. Wenn auf
    einen bewegten Körper in jedem Augenblick eine andere Kraft
    einwirkt, so verändert er in jedem Augenblicke seine Richtung,
    und seine Bewegung wird eine krummlinige. Eine solche in jedem
    Augenblick wirkende Kraft ist die Schwere, und geworfene Körper
    beschreiben daher krummlinige Bahnen. Durchläuft ein Körper in
    gleichen Zeiten immer gleiche Räume, so ist seine Bewegung eine
    gleichförmige. Durchläuft er in gleichen Zeiten verschiedene
    Räume, so ist seine Bewegung eine ungleichförmige, und zwar
    eine beschleunigte oder verzögerte, je nachdem die in gleichen
    Zeiten durchlaufenen Räume zu- oder abnehmen. Ein fallender
    Körper hat eine beschleunigte, ein aufwärts geworfener Körper
    eine verzögerte Bewegung. Das Verhältniß zwischen der Länge des
    Weges und der Zeit, in welcher er zurückgelegt wird, nennt man
    die Geschwindigkeit der Bewegung. Von zwei bewegten Körpern hat
    derjenige die größere Geschwindigkeit, welcher in derselben
    Zeit den größeren Weg zurücklegt. Die Wirkung eines bewegten
    Körpers hängt sowohl von der Masse desselben als von der
    Geschwindigkeit seiner Bewegung ab; sie entspricht dem Produkt
    aus der Masse und der Geschwindigkeit.

=100. Warum= bringt eine mit der Hand geworfene Kugel eine viel
geringere Wirkung hervor, als eine aus der Büchse geschossene?

=Weil= die geworfene Kugel sich mit einer viel geringeren
Geschwindigkeit bewegt, als die geschossene, die Wirkung eines bewegten
Körpers aber nicht blos von der Masse desselben, sondern auch von
seiner Geschwindigkeit abhängt.

=101. Warum= ist man trotz aller Anstrengung nicht im Stande, einen
Korkpfropfen ebenso weit zu werfen, wie einen gleich großen Stein?

=Weil= der Kork, auch wenn wir ihm dieselbe Geschwindigkeit geben wie
dem Stein, doch nicht dieselbe Wirkung auf die widerstehende Luft
ausüben kann, da diese Wirkung außer von der Geschwindigkeit auch
von der Masse des bewegten Körpers abhängt, die Masse des Korks aber
eine außerordentlich geringe gegen die Masse des Steins ist. Die
Bewegung des Korks wird daher viel früher durch den Widerstand der Luft
aufgehoben als die Bewegung des Steins.

[Illustration: Fig. 13.]

=102. Warum= gelangt ein Kahn, der zugleich vom Strom und von einem von
der Seite her wehenden Winde getrieben wird, in schräger Richtung über
einen Fluß?

=Weil= ein Körper, auf welchen gleichzeitig zwei Kräfte in
verschiedenen Richtungen wirken, weder der Richtung der einen noch
derjenigen der andern Kraft folgen kann, sondern eine mittlere Richtung
einschlagen muß. Der Kahn gelangt genau an dieselbe Stelle des andern
Ufers, an welche er gelangt wäre, wenn er zuerst nur von der Kraft
der Strömung (von ~a~ nach ~b~) und dann nur von der Kraft des Windes
(von ~b~ nach ~d~) getrieben worden wäre. Er hat also die Mittellinie
oder Diagonale eines Parallelogramms durchlaufen, dessen Seiten die
beiden auf ihn wirkenden Kräfte ihrer Stärke wie ihrer Richtung nach
vorstellen. Er hat sich also so bewegt, als ob er von einer einzigen
Kraft, welche diese Diagonale vorstellt, getrieben wäre. Dieses
Gesetz, welches allgemein die Bewegung eines von zwei verschieden
gerichteten Kräften bewegten Körpers bestimmt, nennt man das Gesetz des
Parallelogramms der Kräfte.

[Illustration: Fig. 14.]

=103. Warum= wird ein Schiff auch von einem Seitenwinde, der seine
schief gestellten Segel trifft, vorwärts getrieben?

=Weil= der Stoß des Windes (~fe~), wenn er schief auf die Segelfläche
(~cd~) trifft, gleichsam in zwei Kräfte zerlegt wird, von denen die
eine (~eh~) längs der Fläche des Segels wirkt, also nutzlos bleibt, die
andere (~ge~) aber senkrecht gegen das Segel trifft, also zur Wirkung
kommt. Wegen der schiefen Stellung des Segels kann aber auch diese
letztere Kraft für die Bewegung des Schiffes selbst nicht ihre volle
Wirkung ausüben, wird vielmehr wieder gleichsam in zwei Seitenkräfte
zerlegt, von denen die eine (~ei~) das Schiff in der Richtung des Kiels
vorwärts treibt, die andere (~ek~) es seitwärts drängt. Da nun das
Schiff so gebaut ist, daß es in der Richtung nach vorn vom Wasser einen
möglichst geringen, in der Richtung nach seitwärts einen möglichst
großen Widerstand erfährt, und da das Steuerruder diese Stellung des
Rumpfes behauptet, so folgt das Schiff dem Stoße des Windes nach vorn
möglichst vollständig, dem Stoße nach der Seite aber nur in sehr
geringem Grade.

=104. Warum= steigt ein Papierdrache, den ein Knabe am Faden gegen den
Wind zieht, in die Höhe, obwohl er doch als schwerer Körper zu Boden
fallen sollte?

=Weil= auch hier der Stoß der Luft wegen der schiefen Stellung des
Drachen zerlegt wird und nur einen Theil seiner Kraft in einer auf die
Fläche des Drachen senkrechten Richtung wirksam machen kann, dieser
abgelenkte Stoß aber sich wieder mit dem Zuge des Fadens verbindet und
so eine von dem Faden weg nach oben strebende Bewegung hervorbringt.

[Illustration: Fig. 15.]

=105. Warum= kann der Auflader vermittelst der Schrotleiter ein
schweres Faß auf den Wagen bringen, das er sonst nicht zu heben vermag?

=Weil= das Fallbestreben eines Körpers auf der schiefen Ebene, wie sie
die Schrotleiter darstellt, nicht mehr dem ganzen Gewichte des Körpers
entspricht, der Druck desselben vielmehr in zwei Kräfte zerlegt wird,
in eine senkrecht auf die Ebene wirkende (~ad~), welche aber durch
den Widerstand der Ebene aufgehoben wird, und in eine mit der Ebene
parallel wirkende (~ae~), welche allein noch überwunden werden muß,
wenn der Körper aufwärts bewegt werden soll. Diese noch zu überwindende
Kraft ist aber selbstverständlich viel kleiner als das Gewicht des
schweren Fasses und steht zu diesem in demselben Verhältniß, wie die
Höhe der schiefen Ebene (~AC~), d. h. hier die Höhe des Wagens zu der
Länge derselben (~AB~), d. h. hier die Länge der Schrotleiter.

[Illustration: Fig. 16.]

=106. Warum= kann der Holzhauer mit Hülfe des Keils die großen Klötze
leichter spalten als mit der Axt?

=Weil= auch der Keil nach zwei Seiten eine schiefe Ebene darbietet,
und daher die Widerstände, welche das Holz dem Eindringen des Keils
entgegensetzt, an den schiefen Flächen desselben eine Theilung
erfahren, und zwar jeder in eine senkrecht nach oben gerichtete Kraft
(~eg~) und in eine andere (~dg~ und ~fg~) senkrecht auf die Richtung,
in welcher der Keil eindringt, zerlegt wird. Die letzteren beiden aber
heben einander auf als gleich und entgegengesetzt gerichtet, so daß nur
die nach oben wirkenden Kräfte übrig bleiben, um den Keil aus dem Spalt
hinauszutreiben. Nur diese hat der Schlag des Hammers auf den Keil zu
überwinden. Sie sind aber kleiner als die ursprünglichen Widerstände
selbst und verhalten sich zu diesen wie der halbe Rücken zur
Seitenfläche des Keils. Auch die Axt, wie jedes schneidende Werkzeug
ist zwar ein Keil, aber mit schmälerem Rücken. Sie dringt darum zwar
leichter in das Holz ein, erfährt aber einen stärkeren Druck durch die
Widerstände des Holzes von der Seite her. Deshalb bedient man sich
zum Spalten von Scheitholz einer Axt, deren Schneide einen ziemlich
stumpfen Keil bildet, zum Kleinhauen aber einer Axt mit sehr spitzem
Keile.

=107. Warum= kann man einen Balken eines Hauses, der sich etwas gesenkt
hat, wieder heben, wenn man einen Keil darunter treibt?

=Weil= dieser Keil nur eine bewegliche schiefe Ebene ist, und der
Balken, wenn er an seiner Fläche gleichsam hinaufgeschoben wird, mit
einem um so geringeren Theile seines Gewichtes widersteht, je flacher
der Keil ist.

=108. Warum= führt man Wege in vielen Windungen auf hohe und steile
Berge?

=Weil= man durch diese Windungen die Steilheit des Weges vermindert,
da der gewundene Weg gleichsam nur eine bedeutend verlängerte schiefe
Ebene darstellt, deren Neigung um ebenso viel kleiner ist, dieselbe
Last aber eine um so geringere Kraft zur Aufwärtsbewegung erfordert,
je geringer die Neigung der Ebene ist. An Arbeit wird allerdings dabei
nichts erspart; denn was an Kraft gewonnen wird, geht am Wege verloren.
Die Last muß vielleicht 8 oder 10mal so weit fortbewegt werden, als die
Höhe des Berges, zu der sie gehoben wird, beträgt.

[Illustration: Fig. 17.]

=109. Warum= kann man mit Hülfe der Schraube bei der Buchdrucker- oder
Weinpresse einen so starken Druck ausüben?

[Illustration: Fig. 18.]

=Weil= eine Schraube nichts Anderes ist, als eine um einen Cylinder
gewundene schiefe Ebene, und ein gegen diese geleisteter Widerstand
theilweise wirkungslos an der schiefen Ebene abgleitet, so daß eine
auf die Schraube wirkende Kraft einem weit größeren Gegendrucke das
Gleichgewicht halten kann. Bei der Schraube verhält sich die Kraft zu
dem Widerstande oder der Last, der sie das Gleichgewicht zu halten
vermag, wie die Höhe des Schraubenganges zu dem Umfange der Spindel.
Hat also eine solche Schraube einen Durchmesser von 1 Centimeter, und
ist jeder Schraubengang 1 Millimeter hoch, so vermag sie mit einem
Kraftaufwande von nur 1 Pfund einen Druck von 31½ Pfunden auszuüben. Um
die Reibung zu vermindern, welche die Wirkung der Schraube schwächen
muß, pflegt man sie sich in einer Schraubenmutter bewegen zu lassen,
d. h. in einem hohlen Cylinder, an dessen innerer Fläche sich genau
dieselbe schiefe Ebene, vertieft oder eingeschnitten, hinaufwindet.
Man kann auch die Schraubenspindel fest machen und die Schraubenmutter
sich daran auf und nieder bewegen lassen. Darauf beruhen die
Buchbinderpresse und die Kartenpresse. Man kann natürlich auch die
Schraube benutzen, um schwere Lasten zu heben, freilich wird bei jedem
Umgang der Schraube die Last nur um die Höhe des Schraubenganges
gehoben werden.

=110. Warum= kann man mit dem Pfropfenzieher den Kork aus einer Flasche
ziehen?

=Weil= der Pfropfenzieher ein schraubenförmig gewundener Keil ist,
dessen Keilform das Eindringen in den Kork erleichtert, dessen
Schraubenform aber die Reibung beim Aufwärtsziehen so vergrößert, daß
der Kork an dem Propfenzieher hängen bleibt.

=111. Warum= kann man mit Hülfe einer vom Dampfe getriebenen Schraube
ein Schiff bewegen?

=Weil=, wenn die Schraube umgedreht wird, sie mit ihrer schiefen Fläche
einen Stoß gegen das Wasser ausübt, dessen Wirkung, wenn sie auch wegen
der schiefen Richtung des Stoßes zum Theil seitwärts verloren geht,
doch stark genug ist, um durch den Widerstand, den die Wassermasse
diesem Stoße entgegensetzt, das Schiff vorwärts zu treiben.

[Illustration: Fig. 19.]

=112. Warum= wird die Schraube häufig zu feinen Messungen, namentlich
zur Messung sehr dünner Gegenstände benutzt, wo alle anderen
Meßinstrumente nicht mehr ausreichen?

=Weil= jede ganze Umdrehung der Schraube auch eine Hebung oder Senkung
ihrer Spindel um die Höhe ihres Schraubenganges bewirkt, und wenn man
sie mit einer Scheibe versieht, die an ihrem Umfange mit einer feinen
Theilung versehen ist, auch jede Umdrehung um einen Theilstrich eine
Hebung oder Senkung um einen entsprechenden Theil dieser Höhe bewirken
muß. Ist der Rand der Scheibe z. B. in 100 Theile getheilt, und zählt
die Schraube auf jeden Centimeter 100 Schraubengänge, so entspricht
jede Drehung der Scheibe um einen Theilstrich einer Hebung oder
Senkung der Spindel um 1/10000 Centimeter. Ruht die Schraubenmutter
also mittelst dreier stählerner Füße auf einer geschliffenen
Glasplatte, und legt man einen dünnen Gegenstand unter ihre Spindel und
dreht die Scheibe, bis die Spindel den Gegenstand berührt, so kann man
an der Größe der Drehung die Dicke des Gegenstandes messen.

[Illustration: Fig. 20.]

=113. Warum= kann ein Arbeiter mit Hülfe eines einfachen Hebebaumes
einen viele Centner schweren Ballen bewegen?

=Weil= dieser Hebebaum ein sogenannter Hebel und zwar ein zweiarmiger
Hebel ist, dessen Stützpunkt ein dem zu hebenden Ballen möglichst nahe
untergeschobener Klotz oder Stein ist, und an welchem eine Kraft um
so mehr leistet, in je weiterer Entfernung vom Stützpunkt sie wirkt.
Indem der Mann den Hebebaum an einem Ende niederdrückt, um am anderen
Ende die Last zu heben, dreht er die Stange um ihren Stützpunkt (~c~).
Das entferntere Ende beschreibt dabei einen größeren Bogen als das
nähere, und zwar einen genau so viel größeren, als die Entfernung des
Angriffspunktes vom Stützpunkt (~ac~) größer ist, als die Entfernung
der Last vom Stützpunkt (~cb~). Die Leistung einer Kraft oder eine
Arbeit wird aber gemessen durch das Produkt aus dem zu überwindenden
Widerstande und dem zurückgelegten Wege. Um so viel kleiner der Weg, um
so größer kann also der Widerstand oder die zu hebende Last sein. Am
Hebel halten sich also Kraft und Last das Gleichgewicht, wenn sie sich
umgekehrt wie die Abstände ihrer Angriffspunkte vom Stützpunkt oder,
wenn man diese Abstände Hebelarme nennt, umgekehrt wie die Hebelarme
verhalten. Ist der Hebebaum 2 Meter lang und der Klotz ¼ Meter vom
Ballen untergeschoben, so kann der Arbeiter diesen Ballen mit einem
Kraftaufwande von 50 Pfund in Bewegung setzen, wenn derselbe auch 4
Centner wöge.

[Illustration: Fig. 21.]

=114. Warum= müssen die beiden Arme einer Wage genau gleich lang sein?

=Weil= bei der Wage zwei gleiche Gewichte einander das Gleichgewicht
halten sollen, die Wage aber ein zweiarmiger Hebel ist, an welchem
zwei gleiche Gewichte nur dann im Gleichgewicht sein können, wenn
sie auch in gleichem Abstande vom Drehpunkt wirken. Wären die Arme
der Wage ungleich, so würde schon ein kleines Gewicht am längeren
Arme hinreichen, einem größeren am kürzeren Arme das Gleichgewicht zu
halten. Gleichwohl kann man auch auf einer unrichtigen Wage richtig
wägen. Man legt nämlich zuerst auf die eine Schale der Wage den zu
wägenden Körper, auf die andere so viele Gewichte oder Schrotkörner,
als nöthig sind, um das Gleichgewicht herzustellen, nimmt dann
den Körper selbst weg und ersetzt ihn durch Gewichte. Die Größe
dieser letzteren bestimmt das Gewicht des Körpers. Man nennt dieses
Verfahren Tariren. In Haushaltungen bedient man sich jetzt häufig der
sogenannten _Roberval_'schen Tafelwage (Fig. 21), die den Vorzug großer
Bequemlichkeit hat, wenn sie auch keine sehr genauen Wägungen zuläßt.
Bei dieser stehen die Schalen über dem Wagebalken, der gewöhnlich in
einem Kasten verborgen ist. Die Träger der Schalen ruhen auf scharfen
Schneiden (~C~ und ~D~) des Wagebalkens, sind aber zugleich unten durch
ein Querstück (~AB~) beweglich verbunden, das sich um einen festen
Stift (~Q~) dreht, der genau senkrecht unter dem Aufhängepunkte (~O~)
des Wagebalkens steht. Dadurch sind die Träger gezwungen, bei den
Schwankungen der Wage stets in senkrechter Stellung zu bleiben.

[Illustration: Fig. 22.]

=115. Warum= kann man bei der Schnellwage mit demselben Gewichte
verschiedene Lasten wägen?

=Weil= die Schnellwage (Fig. 22) ein ungleicharmiger Hebel ist, an
dessen längerem Arme das Gewicht verschoben wird, welches daher in
verschiedenen Abständen vom Drehpunkt auch verschiedenen Lasten am
kürzeren Arme das Gleichgewicht halten muß. Ist der längere Arm mit
Theilstrichen versehen, deren Abstände der Länge des kürzeren Armes
gleich sind, so wird das Laufgewicht am 2ten Theilstrich der 2fachen,
am 3ten der 3fachen, am 10ten der 10fachen Last am kurzen Arme das
Gleichgewicht halten.

[Illustration: Fig. 23.]

Bequemer und genauer ist die Brückenwage oder Decimalwage (Fig. 23),
welche auf einer Verbindung von zwei einarmigen und einem zweiarmigen
Hebel beruht. Bei dieser wird die Last nicht aufgehängt, sondern auf
eine sogenannte Brücke (~ac~) gelegt, welche an einem Ende mittelst
einer Stange (~ch~) an den Wagebalken gehängt ist, und zwar in einem
Abstand vom Drehpunkte (~o~) desselben, der genau 1/10 von dem Abstande
(~og~) ist, in welchem die Wagschale mit dem zur Wägung dienenden
Gewichte hängt. Das andere Ende der Brücke ruht auf einem einarmigen
Hebel (~de~), welcher mittelst einer Stange (~df~) ebenfalls an den
Wagebalken gehängt ist. Die Aufhängepunkte an dem Wagebalken und die
Stützpunkte der beiden einarmigen Hebel sind so gewählt, daß zwischen
~ho~ und ~fo~ genau dasselbe Verhältniß besteht wie zwischen ~me~ und
~de~. Die Folge davon ist, daß die ganze Wirkung der Last in dem Punkt
~c~ vereinigt ist, gerade als ob die ganze Last an der Zugstange ~ch~
angehängt wäre. Da sie also hier an einem Hebelarme wirkt, der an Länge
von dem Hebelarme, an welchem das Gewicht hängt, um das Zehnfache
übertroffen wird, so wird ihr auch durch 1/10 ihres Gewichts das
Gleichgewicht gehalten. Ein Gewicht von 1 Pfund wägt an dieser Wage
also eine Last von 10 Pfund.

[Illustration: Fig. 24.]

=116. Warum= hebt man eine auf einer Schiebkarre liegende Last leichter
auf, als wenn man sie vom Boden aufheben soll?

=Weil= auch die Schiebkarre ein Hebel ist und zwar ein sogenannter
einarmiger, dessen Stützpunkt am Ende desselben in der Axe des Rades
liegt, und bei dem die Last dem Stützpunkt möglichst nahe angebracht
ist, während die hebende Kraft am äußersten Ende wirkt. Auch hier
beschreiben Last und Kraft bei der Drehung des Hebels in dem Maße
verschiedene Bogen, als ihre Abstände vom Stützpunkt verschieden sind.
Auch hier hält also die Kraft einer Last das Gleichgewicht, wenn ihr
Verhältniß zu einander das umgekehrte der entsprechenden Hebelarme ist.

[Illustration: Fig. 25.]

=117. Warum= darf man eine Last nicht in die Mitte einer Tragstange
hängen, welche zwei Menschen auf ihren Schultern oder in den Händen
zwischen sich tragen, wenn diese Träger nicht gleich an Kraft sind, der
eine etwa ein Knabe, der andere ein Mann ist?

=Weil= jeder dieser Träger an einem einarmigen Hebel trägt, dessen
Stützpunkt auf der Schulter oder in der Hand des Andern liegt, und weil
also die schwächere Kraft gegen die stärkere im Nachtheil sein würde,
wenn sie nicht in einer größeren Entfernung von der Last als jene
anzugreifen hätte. Wenn der Mann anderthalb mal so stark ist als der
Knabe, so muß an einer 2½ Meter langen Stange die Last 1 Meter von dem
Manne, 1½ Meter von dem Knaben entfernt hängen, wenn die Kraft beider
in gleichem Verhältniß in Anspruch genommen werden soll.

=118. Warum= sind an Kaffeemühlen, Kaffeetrommeln, Schleifsteinen,
Drehorgeln etc. besondere Handhaben oder Kurbeln zum Drehen angebracht?

=Weil= diese Kurbeln nichts anderes als Hebel sind, an deren äußerstem
Ende die Kraft der Hand wirkt, während sich die Last am Anfang einer
Welle von kleinem Durchmesser, also sehr nahe am Drehpunkt befindet,
und weil daher zur Bewegung oder Umdrehung dieser Last grade so
viel weniger Kraft erforderlich ist, als die Länge der Kurbel den
Durchmesser der Welle übertrifft.

[Illustration: Fig. 26.]

=119. Warum= kann man mit Hülfe der Winde viel leichter einen Eimer
voll Wasser aus einem Schöpfbrunnen ziehen als mit der Hand?

=Weil= die Winde ebenfalls ein Hebel ist, an dessen längerem Arme,
der Kurbel oder den Speichen eines Rades, die Kraft wirkt, während an
dem kürzeren Arme die heraufziehende Last wirkt. An Arbeit wird dabei
nichts gespart; denn was an Kraft gewonnen wird, geht an Weg und Zeit
verloren. Um so viel die Kraft kleiner ist als die Last, um so viel ist
der Kreis, welchen die Hand an der langen Kurbel beschreibt, größer als
der Umfang der Welle, um welche sich das Seil mit der daran hängenden
Last aufwindet. Die Arbeit ist nur anders eingerichtet und gleichsam
vertheilt, so daß sie mit geringeren Kraftmitteln ausgeführt werden
kann.

=120. Warum= müssen die Wagen Räder haben, und warum fährt man nicht
auch ohne Schnee mit Schlitten?

=Weil= das Rad, indem es nur mit wenigen Punkten den Boden berührt,
die der Fortbewegung entgegenwirkende Reibung am Boden bedeutend
vermindert, was bei Schnee nicht nöthig ist, da dieser theils die
Unebenheiten des Weges ausgleicht, theils durch die Glätte, die er
in Folge des Druckes annimmt, nur geringe Reibung verursacht; weil
aber auch zugleich jedes Rad wie ein Hebel wirkt, da die Zugkraft der
Pferde an dem Umfange der Räder wirkt, während die Last an der Axe den
Widerstand leistet. Die Last, welche die Pferde zu überwinden haben,
ist übrigens nicht eigentlich das Gewicht des Wagens und seiner Ladung,
da dieses von dem Boden getragen wird, sondern die Reibung an der Axe,
welche freilich nicht blos durch die Unebenheiten des Bodens, sondern
auch durch das Gewicht des Wagens vermehrt wird.

=121. Warum= werden Dampfwagenzüge auf Eisenbahnen im Winter oft durch
Glatteis aufgehalten?

=Weil= bei der Locomotive keineswegs eine ähnliche Zugkraft vorhanden
ist, wie bei dem vom Pferde gezogenen Wagen, die Räder vielmehr nur
eine umdrehende Bewegung erhalten und diese in eine Fortbewegung nur
durch den Reibungswiderstand verwandelt wird, welchen die Räder in
ihrer Umdrehung an den Schienen finden. Ist dieser Reibungswiderstand
daher durch Glatteis vermindert, so fehlt auch jeder Stoß zur
Fortbewegung und die Räder drehen sich nur um sich selbst.

[Illustration: Fig. 28.]

=122. Warum= pflegt man zum Emporziehen der Balken auf neu errichtete
Gebäude sich eines Flaschenzuges (Fig. 28) statt eines einfachen Seiles
zu bedienen?

[Illustration: Fig. 27.]

=Weil= ein solcher Flaschenzug aus mehreren Paaren fester und
beweglicher Rollen besteht, und jedes solches Rollenpaar wie ein
Hebel wirkt und dadurch die Hebung der Last erleichtert. Sowohl
der oben befestigte Kloben, als der unten mit der Last verbundene
bewegliche enthält nämlich 3 oder mehr Rollen, um welche abwechselnd
das Seil geschlungen ist, an dem die Last gezogen werden soll. Eine
bewegliche Rolle (Fig. 27) aber, wie sie jede der in dem untern Kloben
befindlichen Rollen darstellt, ist gleichsam ein einarmiger Hebel, in
dessen Mitte (~c~) die Last hängt, während die ziehende Kraft an dem
einen Ende (~b~), der Stützpunkt am andern Ende (~a~) sich befindet.
Jede solche Rolle gestattet also die Last mit dem halben Kraftaufwande
zu heben. Sind demnach 3 solcher Rollen vorhanden, so wird nur der 6ste
Theil der Kraft nöthig sein, die Last zu heben. Allerdings entspricht
auch hier der Verminderung der Kraft eine Verlängerung des Weges. Für
jeden Meter, um den die Last gehoben wird, muß jedes der 6 Seile,
welche die Rollen umschlingen, sich um 1 Meter verkürzen, das Seil
also, an welchem das Pferd zieht, sich um 6 Meter verlängern, und das
Pferd die Last 6 Meter weit ziehen.



Fall, Pendel und Centralbewegung.


    Die Bewegung eines fallenden Körpers ist eine gleichmäßig
    beschleunigte, da die Schwerkraft der Erde in jedem
    Augenblicke gleichmäßig auf den bewegten Körper fortwirkt. Die
    Geschwindigkeit eines fallenden Körpers nimmt daher in gleichem
    Verhältnisse mit der Dauer des Falles zu. Der von dem fallenden
    Körper durchlaufene Raum wächst aber in größerem Verhältniß,
    da mit der von Moment zu Moment wachsenden Geschwindigkeit
    er auch immer größere Räume durchfallen muß. In der ersten
    Sekunde fällt ein Körper erfahrungsmäßig durch 4,905 Meter
    oder 15-5/8 preußische Fuß. In 2 Sekunden durchfällt er den
    4fachen, in 3 Sekunden den 9fachen Raum etc. Ueberhaupt wächst
    der durchfallene Weg wie das Quadrat der Zeit. Die am Ende der
    ersten Sekunde erlangte Geschwindigkeit ist so groß, daß damit
    das Doppelte des in der ersten Sekunde zurückgelegten Weges
    durchlaufen werden würde. Ebenso verhält es sich am Ende jeder
    folgenden Sekunde. Die Endgeschwindigkeit beträgt also nach
    der ersten Sekunde 2 × 4,905 = 9,81 Meter oder 31¼ preußische
    Fuß, nach der zweiten Sekunde 2mal, nach der dritten Sekunde
    3mal 9,81 Meter etc. Diese Gesetze des Falles, die vollkommen
    freilich nur für den Fall im luftleeren Raume gelten, sind
    zuerst von _Galilei_ im Jahre 1602 aufgefunden und nachgewiesen
    worden.

    Ein geworfener Körper folgt gleichfalls den Gesetzen des
    Falles. Aber seine Bewegung setzt sich aus der gleichförmigen
    Bewegung, welche ihm durch den Stoß ertheilt wird, und der
    beschleunigten Bewegung des Falles zusammen. Der Weg des
    geworfenen Körpers ist darum immer eine krumme Linie, eine
    sogenannte Parabel.

    Auch die Bewegung eines Pendels oder die Schwingung eines
    an einem Faden aufgehängten schweren Körpers ist nur eine
    Fallbewegung. Die Dauer der Schwingungen eines Pendels ist
    daher nicht von der Natur des Stoffes, aus welchem es besteht,
    auch nicht von der Weite der Schwingungsbogen, sondern nur
    von der Länge des Pendels abhängig. Ein 4mal längeres Pendel
    schwingt 2mal, ein 9mal längeres 3mal langsamer.

    Wird ein Körper an einem Faden geschwungen oder durch irgend
    eine Kraft beständig nach einem Punkte gezogen und zugleich
    durch einen Stoß nach einer andern Richtung fortgetrieben,
    so wird der Körper gezwungen, eine krummlinige Bahn zu
    durchlaufen, und zwar ist diese Bahn eine kreisförmige, wenn
    die anziehende Kraft stets gleichmäßig wirkt, da der Körper
    immer in der gleichen Entfernung von dem anziehenden Punkte
    gehalten wird. Hört die anziehende Kraft zu wirken auf, oder
    wird sie von der forttreibenden Kraft überwunden, läßt man
    also den Faden los, oder zerreißt er, so fliegt der Körper
    fort und zwar in einer Richtung, welche senkrecht zur Richtung
    des Fadens im Augenblicke des Zerreißens ist. Man nennt diese
    Bewegung Centralbewegung, die anziehende Kraft Ziehkraft
    oder Centripetalkraft, die forttreibende Fliehkraft, auch
    Schwungkraft oder Centrifugalkraft. Im Großen zeigen uns diese
    Centralbewegung die Erde und die Planeten in ihrer Bewegung um
    eine Axe, wie in ihrer Bahnbewegung um die Sonne.

=123. Warum= kann in tiefen Schächten das Herabfallen eines kleinen
Steines gefährlich werden?

=Weil= die Geschwindigkeit des fallenden Steines unter dem Einfluß der
beschleunigenden Kraft der Schwere beständig wächst und bei bedeutender
Fallhöhe eine solche Gewalt erlangen kann, daß der Stein trotz seiner
geringen Masse zerschmetternd wirkt. Fällt ein Stein durch einen 300
Meter tiefen Schacht, so hat er schließlich eine Geschwindigkeit von
ca. 76 Metern in der Sekunde erlangt, die doppelt so groß ist, als die
des heftigsten Orkans.

=124. Warum= muß man den Lauf einer Büchse nicht auf das Ziel selbst,
sondern auf einen etwas höher gelegenen Punkt richten, wenn man aus
weiter Entfernung schießt und das Ziel treffen will?

=Weil= die abgeschossene Kugel niemals in grader Linie fortfliegt,
sondern, da beständig die Zugkraft der Schwere auf sie wirkt,
allmählich in einem Bogen sich zur Erde herabsenkt. Eine Büchsenkugel,
die mit etwa 470 Meter Geschwindigkeit den Lauf verläßt, fällt auf eine
Schußweite von 48 Meter, die sie in 1/10 Sekunde durchfliegt, etwa um 4
Centimeter. Auf einen um ebenso viel über dem Ziel liegenden Punkt muß
daher auch visirt werden.

=125. Warum= bedient man sich ganz allgemein des Pendels zur Regelung
der Uhren?

=Weil= wegen der unveränderlichen Größe der Schwere an demselben Orte
der Erde die Schwingungen desselben Pendels in genau gleichen Zeiten
geschehen und diese gleichdauernden Schwingungen auf die Bewegung
des Räderwerks übertragen werden. Diese Uebertragung geschieht durch
einen an der Pendelstange befestigten Doppelhaken, die sogenannte
Hemmung, dessen Spitze abwechselnd in die Zähne eines Rades eingreifen
und dadurch bewirken, daß das Rad erst nach jeder vollendeten
Pendelschwingung um einen Zahn weiterrücken kann. Die Benutzung dieses
Pendels zur Regelung der Uhren rührt von dem holländischen Physiker
_Huyghens_ her, der im Jahre 1658 die erste Pendeluhr herstellte.

=126. Warum= pflegt eine Pendeluhr im Sommer nachzugehen?

=Weil= das Pendel in Folge der Ausdehnung durch die Wärme sich etwas
verlängert, das längere Pendel aber langsamer schwingt, und darum auch
der Gang des ganzen Uhrwerks, der durch die Pendelschwingungen regulirt
wird, ein langsamerer werden muß.

=127. Warum= muß man das Pendel einer Berliner Uhr am Aequator
verkürzen, wenn die Uhr richtig gehen soll?

=Weil= die Geschwindigkeit der Pendelschwingungen von der Schwerkraft
der Erde abhängt, die Schwerkraft aber wegen der Anschwellung der Erde
am Aequator hier schwächer wirkt als unter höheren Breiten, und die
Schwingungen des Pendels darum auch langsamer sein müssen. Damit sie
wieder schneller und den bei uns stattfindenden gleich werden, muß also
das Pendel etwas gekürzt werden. Ein Secundenpendel, d. h. ein Pendel,
das genau in jeder Sekunde eine Schwingung macht, hat bei uns (unter
52½ Grad Breite) eine Länge von 0,994 Meter, am Aequator aber eine
Länge von 0,991 Meter.

=128. Warum= wird ein Ball, den man an einen Faden bindet und,
nachdem man ihn schnell im Kreise geschwungen, losläßt, viel weiter
geschleudert, als wenn man ihn mit der Hand wirft?

=Weil= auf den am Faden geschwungenen Ball die Fliehkraft wirkt, die
bei dem Wurfe mit der Hand nicht thätig ist, und weil diese Fliehkraft
mit der Länge des Fadens und der Geschwindigkeit des Umschwungs wächst.

=129. Warum= spritzen die Räder eines schnell fahrenden Wagens?

=Weil= durch den schnellen Umschwung der Räder Fliehkraft erzeugt wird,
welche am stärksten am Umfange der Räder wirkt und hier die Adhäsion
der damit in Berührung kommenden Körper, wie der Wassertheilchen oder
des Straßenkoths, überwindet und diese Körper darum fortschleudert.
Auf derselben Erscheinung beruhen auch die verschiedenen
Centrifugalmaschinen, deren man sich zum Trocknen der Wäsche, zum
Ausschleudern des Honigs aus den Wachsscheiben, oder in Zuckerfabriken
zum Reinigen des Zuckers vom anhängenden Syrup bedient. Es sind im
Wesentlichen siebförmig durchlöcherte Trommeln, durch deren Oeffnungen
in Folge eines heftigen Umschwungs die Flüssigkeiten ausgeschleudert
werden, während die festen Körper -- die Wäsche, das Wachs, die
Zuckerkrystalle -- zurückbleiben.

=130. Warum= fließt aus einem mit Wasser gefüllten Glase, das man
in einen Reifen stellt, das Wasser nicht aus, wenn man diesen Reifen
schnell im Kreise schwingt, obgleich dabei die Oeffnung des Glases nach
unten gekehrt wird?

=Weil= die durch den Umschwung erzeugte Fliehkraft, die das Wasser
im Glase nach außen, also gegen den Boden des Glases treibt, der
Schwerkraft entgegenwirkt, und diese bei hinreichender Geschwindigkeit
des Umschwungs völlig überwunden wird. Man hat sogar sogenannte
Centrifugalfahrbahnen eingerichtet, welche einen senkrecht stehenden
Kreis bilden, so daß die darauf fahrenden Personen mit dem Kopf nach
unten zu stehen kommen. Der Wagen mit der darin sitzenden Person geht
zuerst in einer sehr steilen Bahn abwärts, bevor er in die Kreisbahn
kommt, damit er hinreichende Schwungkraft erlange. Denn je größer die
Geschwindigkeit, desto eher überwiegt die Centrifugalkraft das Gewicht
des Wagens und der darin sitzenden Person, und desto sicherer und
gefahrloser ist die Fahrt.

=131. Warum= muß ein Dampfwagenzug bei starken Krümmungen der Bahn
langsam fahren?

=Weil= mit der Geschwindigkeit die Schwungkraft wachsen würde, die
ein sich in solcher Krümmung bewegender Zug erlangt, und weil diese
Schwungkraft den Zug aus den Schienen schleudern würde, Um den
Wirkungen der Schwungkraft entgegenzutreten, legt man indeß an solchen
Krümmungen die äußere Schiene etwas höher als die innere und zwar um so
mehr, je stärker die Krümmung ist.

=132. Warum= flacht sich auf der Töpferscheibe eine weiche Thonkugel zu
einer Scheibe ab?

=Weil= durch die schnelle Umdrehung der Töpferscheibe alle Theilchen
der Thonkugel das Bestreben erhalten, sich nach außen zu entfernen,
und sie auch, wenn ihre Zusammenhangskraft nicht groß genug wäre,
hinweggeschleudert werden würden. Durch das Zusammenwirken der
Schwungkraft und der Cohäsionskraft werden die Theilchen gezwungen,
eine abgeplattete Kugel zu bilden, die bei großer Schnelligkeit der
Umdrehung fast die Form einer Scheibe annimmt. Auch die abgeplattete
Kugelgestalt unserer Erde wird einem früheren Flüssigkeitszustande
derselben und der Einwirkung der Axendrehung zugeschrieben.



Gleichgewicht und Bewegung flüssiger Körper.


    Die flüssigen Körper unterscheiden sich von den festen
    durch die größere Verschiebbarkeit ihrer Theile. Sie können
    niemals wie diese eine ihnen eigenthümliche Gestalt besitzen,
    sondern müssen die Form des Gefäßes annehmen, von welchem sie
    eingeschlossen sind. Nur sehr kleine Flüssigkeitsmassen zeigen
    das Bestreben, die Kugelform anzunehmen, und bilden Tropfen.
    Größere Flüssigkeitsmassen stellen an ihrer Oberfläche eine
    wagerechte Ebene dar.

[Illustration: Fig. 29.]

=133. Warum= steht Wasser oder irgend eine andere Flüssigkeit in zwei
Gefäßen gleich hoch, wenn diese so mit einander verbunden sind, daß die
Flüssigkeit frei aus dem einen in das andere treten kann?

=Weil= der Druck des Wassers in dem einen Gefäße genau so groß sein
muß, als der Druck des Wassers in dem andern, und dies nicht anders
der Fall sein kann, als wenn das Wasser in Beiden gleich hoch steht.
Da nämlich das Wasser, wie jeder andere Körper, das Bestreben hat, zu
fallen, bis es am weiteren Fallen gehindert wird, so würde, wenn das
Wasser in dem einen Gefäße höher stünde als in dem andern, Ersteres
auf das in der Verbindungsröhre befindliche Wasser einen größeren
Druck ausüben als das Wasser in dem andern Gefäße, in welchem es
niedriger stünde. Die Folge davon würde sein, daß das Wasser in dem
ersteren Gefäße so lange Wasser aus der Verbindungsröhre in das andere
Gefäß drängen würde, bis der Druck des Wassers in beiden Gefäßen auf
das Wasser in der Verbindungsröhre gleich wäre, d. h. das Wasser in
beiden Gefäßen gleich hoch stünde. So verbundene Gefäße nennt man
communicirende Gefäße (oder Röhren).

[Illustration: Fig. 30.]

=134. Warum= springt das Wasser aus der kürzeren von zwei
communicirenden Röhren heraus, wenn der Stand des Wassers in der
längeren höher als die kürzere Röhre ist?

=Weil= das Gleichgewicht des Wassers nicht hergestellt ist, so lange
das Wasser in der einen Röhre höher steht als in der anderen, und
der Druck des Wassers in der längeren Röhre daher so lange aus der
Verbindungsröhre in die kürzere drängen muß, bis es in beiden gleich
hoch steht. Da nun aber die Höhe der kürzeren Röhre nicht ausreicht,
um das Wasser zu fassen, so muß es nothwendig oben herausspringen
und zwar, wenn die Reibung an den Wänden der Röhre, an den Rändern
der Ausflußöffnung und der Widerstand der Luft nicht hinderlich
wären, genau so hoch, daß die Höhe des Wasserstrahles der Höhe des
Wasserstandes in der längeren Röhre gleichkäme.

=135. Warum= springt das Wasser aus den sogenannten Springbrunnen so
hoch empor?

=Weil= auch Springbrunnen nur communicirende Röhren sind, die
das Wasser aus höher gelegenen Behältern der tiefer gelegenen
Springbrunnenöffnung zuführen, und daher der Druck der gesammten
Wassermasse, welche sich über dem Niveau dieser Oeffnung befindet, das
Wasser hinaustreibt.

=136. Warum= kann man ein mit Wasser angefülltes, gehörig
verschlossenes Faß, in das man eine 6 bis 9 Meter lange Röhre
festkittet, und zwar so, daß sie mit dem Wasser im Fasse in Verbindung
steht, sprengen, sobald man in diese Röhre Wasser hineingießt?

=Weil= der durch das Wasser in der Röhre auf das im Fasse befindliche
Wasser verursachte Druck sich nicht nur den Wassertheilchen mittheilt,
die unmittelbar unter der Röhre liegen, sondern durch dieselben sich
auch gleichmäßig nach allen Richtungen auf alle darunter und daneben
befindlichen Theilchen fortpflanzt. Da nun das Wasser im Fasse keinen
Raum findet, wohin es, durch den Druck des Wassers der Röhre gedrängt,
ausweichen könnte, so muß es auf die Wände des Fasses drücken und
diese, wenn sie nicht stark genug sind, auseinandertreiben.

=137. Warum= zerspringen Flaschen, wenn sie mit Wasser oder Wein bis an
den Rand gefüllt sind, und man dann einen Kork auf die Mündung aussetzt
und mit einem leichten Schlage einzutreiben versucht?

=Weil= auch ein von außen geübter Druck nach allen Richtungen durch
die ganze Flüssigkeitsmasse sich fortpflanzt und daher auch auf die
Wände der Flasche wirkt, die ihrer Zerbrechlichkeit wegen einem solchen
Schlage nicht widerstehen können. Man muß daher beim Füllen von
Weinflaschen die Vorsicht üben, stets eine zollhohe Luftschicht über
dem Weine zu lassen, durch deren leichte Zusammendrückbarkeit jede
Gefahr beseitigt wird.

[Illustration: Fig. 31.]

=138. Warum= kann ein mit Wasser gefüllter Cylinder dadurch in drehende
Bewegung versetzt werden, daß man unten in der Nähe des Bodens mehrere
Röhren anbringt, die sämmtlich nach derselben Seite hin umgebogen sind,
und durch welche das Wasser ausfließt?

=Weil=, wenn das Wasser aus einer solchen umgebogenen Röhre ausfließt,
es nur auf die gegenüberstehende Wand einen Seitendruck ausübt, und
das Gefäß daher, wenn es beweglich ist, nach dieser Richtung hin
ausweichen muß. Da der Druck des ausfließenden Wassers bei allen diesen
Röhren nach derselben Richtung wirkt, so muß eine Drehung des Gefäßes
erfolgen. Darauf beruht das sogen. _Segner_'sche Wasserrad. (Fig. 31.)

[Illustration: Fig. 32.]

=139. Warum= ist der Druck des Wassers auf den Boden in zwei Gefäßen,
von denen das eine sich nach oben erweitert, das andere nach oben
verengt, doch völlig gleich, wenn beide eine gleichgroße Bodenfläche
haben und in beiden das Wasser gleich hoch steht? (Fig. 32.)

[Illustration: Fig. 33.]

=Weil= bei der Verschiebbarkeit der Flüssigkeitstheilchen jedes
Theilchen nicht blos nach unten, sondern auch nach allen Seiten drückt,
jedes Theilchen an der Bodenfläche daher den gleichen Druck erleiden
muß, und der Gesammtdruck auf die Bodenfläche darum nicht von der
Menge der vorhandenen Flüssigkeit, sondern nur von der Höhe derselben
und von der Größe der Bodenfläche abhängen kann. Der Druck auf den
Boden eines Gefäßes ist also unter allen Umständen dem Gewicht einer
Flüssigkeitssäule gleich, welche den Boden zur Grundfläche und die Höhe
des Flüssigkeitsspiegels zur Höhe hat. Daraus geht hervor, daß man
mit einer kleinen Wassermasse einen bedeutend größeren Druck ausüben
kann, als das Gewicht der Wassermasse beträgt. Man macht davon bei
der _Real_'schen Presse (Fig. 33) zum Auspressen von Pflanzensäften
Gebrauch, indem man in ein oben verschlossenes starkwandiges Gefäß eine
sehr dünne Röhre einkittet, und diese mit Wasser füllt. Der Druck ist
dabei so stark, als ob das Gefäß selbst die ganze Höhe der Röhre hätte
und mit Wasser gefüllt wäre.

=140. Warum= werden leere Flaschen, die man in bedeutende Meerestiefe
hinabsenkt, zerdrückt oder mit Wasser gefüllt?

=Weil= nicht blos der Boden und die Seitenwände eines Gefäßes, sondern
auch jede Stelle im Innern der Flüssigkeit einen Druck erleidet
und zwar einen Druck, welcher dem Gewichte der darüber stehenden
Flüssigkeitssäule gleich ist. Jeder Körper, der an Stelle der
Flüssigkeitstheilchen einen Raum im Innern der Flüssigkeit einnimmt,
erleidet also denselben Druck, und dieser wird in einer Meerestiefe
von 400 Metern, wenn man das Gewicht eines Kubikdecimeters Wasser zu
2 Pfund annimmt, auf jeden Quadratmeter Fläche 800000 Pfund betragen.
Natürlich kann eine Flasche einem solchen Drucke nicht widerstehen,
sondern wird entweder zerdrückt, oder es wird der Pfropfen, durch den
sie verschlossen ist, in dieselbe hineingetrieben. Wegen dieses Druckes
können auch Thiere in großen Meerestiefen nicht mehr leben.

[Illustration: Fig. 34.]

=141. Warum= kann man vermittelst einer hydraulischen Presse bei
Anwendung einer sehr mäßigen Kraft einen ungeheuren Druck ausüben?

=Weil= sich der Druck, der hier auf eine Flüssigkeitssäule von geringem
Durchmesser ausgeübt wird, durch eine communicirende Röhre auf eine
Flüssigkeitssäule von sehr bedeutendem Querschnitt fortpflanzt und
die Oberfläche derselben nun einen Druck erleidet, der gerade so groß
ist, als ob jeder Theil derselben dem ursprünglichen Druck ausgesetzt
gewesen wäre. Diese hydraulische Presse (Fig. 34) besteht nämlich aus
zwei Cylindern von sehr verschiedenen Querschnitten, welche durch ein
Rohr mit einander verbunden sind, und in welchen sich Kolben auf und
nieder bewegen lassen. Der kleinere Cylinder hat die Einrichtung einer
Druckpumpe, und durch das Spiel seines Kolbens wird Wasser in den
hohlen Raum des andern Cylinders getrieben, das nun hier den Kolben
desselben in die Höhe schiebt. In demselben Verhältniß, in welchem der
Querschnitt des Druckkolbens von der untern Fläche des Preßkolbens
übertroffen wird, in demselben Verhältniß wird auch die Kraft, mit
welcher man den Druckkolben niederdrückt, von der Kraft übertroffen,
mit welcher der Preßkolben gehoben wird. Beträgt z. B. der Querschnitt
des Druckkolbens 1 □Centimeter, der des Preßkolbens 100 □Centimeter,
und wendet man zum Niederdrücken des Druckkolbens eine Kraft von 50
Pfund an, so wird zunächst der Druck, den der Druckkolben erfährt, da
er durch Vermittelung eines Hebels ausgeübt wird, beispielsweise um das
6fache vermehrt, und die Fläche des Preßkolbens erleidet also einen
Druck von 100 × 300 Pfund oder 30000 Pfund. Bekanntlich werden solche
Pressen besonders zum Pressen von Tuch und Papier, zum Auspressen
von Oelsamen und zum Heben und Fortschieben großer Lasten angewandt.
(Hydraulische Aufzüge!)

=142. Warum= sinken manche Körper im Wasser unter, während andere auf
demselben schwimmen und nur mit Gewalt in dasselbe hineingedrückt
werden können?

=Weil= ein Körper im Wasser nur dann dem Drucke des Wassers das
Gleichgewicht halten kann, wenn sein Gewicht dem einer Wassermenge von
gleichem Rauminhalt oder Volumen gleich ist. Körper, deren Gewicht
größer ist, als das Gewicht des gleichen Volumens Wasser, oder die
specifisch schwerer sind als das Wasser, müssen untersinken, da der
Gegendruck des Wassers ihnen nicht widerstehen kann. Körper aber, deren
Gewicht geringer ist, als das der gleichen Raummenge Wasser, oder die
specifisch leichter sind, schwimmen auf demselben, weil ihr Druck
geringer ist als der Gegendruck des Wassers.

=143. Warum= tritt das Oel, auf welches man Wasser oder eine andere
Flüssigkeit gießt, auf die Oberfläche des Wassers oder der Flüssigkeit
und schwimmt oben auf?

=Weil= Oel weniger wiegt als eine gleich große Menge Wasser, oder mit
anderen Worten, weil Oel ein geringeres specifisches Gewicht hat als
Wasser, und daher das auf das Oel gegossene Wasser, weil es von dem
Oele nicht getragen werden kann, auf den Boden des Gefäßes sinken
muß. Es folgt zugleich daraus, daß, wenn mehrere Flüssigkeiten, z. B.
drei, zusammengegossen würden, die specifisch schwerste zu unterst,
die specifisch leichteste oben auf, die Flüssigkeit von mittlerem
specifischen Gewichte aber sich in der Mitte zwischen Beiden lagern
würde.

=144. Warum= schwimmt eine dünne hohle Metallkugel auf dem Wasser?

=Weil= ein Volumen Wasser, das dem Inhalte der Kugel gleich kommt,
mehr wiegt als die hohle Metallkugel, und sie daher nur so weit in
das Wasser einsinken kann, bis das Gewicht des dadurch aus der Stelle
getriebenen Wassers dem der Metallkugel gleich ist. Würde dagegen die
Metallkugel zusammengedrückt, so würde sie, da sie nun einen bedeutend
kleinern Raum einnähme, und das Metall selbst specifisch schwerer ist
als das Wasser, sogleich im Wasser untersinken.

=145. Warum= sinken Glasflaschen, die mit Wasser angefüllt sind, im
Wasser unter?

=Weil= sie in diesem Falle specifisch schwerer als das Wasser sind,
da zwar das Wasser im Wasser nicht wiegt, das Glas aber, woraus die
Flaschen bestehen, specifisch schwerer als Wasser ist. Leere Flaschen
schwimmen nur deshalb auf dem Wasser, weil sie mit Luft gefüllt
sind, und ein ihrem Umfange gleiches Volumen Wasser schwerer ist
als die Glasmasse der Flaschen und die von ihnen Umschlossene Luft
zusammengenommen.

=146. Warum= kommen Ertrunkene, die einige Tage unter dem Wasser
gelegen haben, auf die Oberfläche desselben?

=Weil= während dieser Zeit wegen eintretender Fäulniß ihr Körper
aufschwillt und, da dieses Aufschwellen nur von Luftarten herrührt,
welche sich durch die Verwesung entwickeln, an specifischem Gewichte
abnimmt. Im lebenden Zustande ist aber schon der Körper der meisten
Menschen etwas leichter als das Wasser, und nur beim Ertrinken ist er
in Folge des eingedrungenen Wassers etwas schwerer geworden. Durch die
in seinem Innern entwickelten Luftarten muß er daher wieder leichter
geworden sein als das Wasser und deswegen auf die Oberfläche gehoben
werden.

=147. Warum= schwimmt das Eis auf dem Wasser?

=Weil= das Eis specifisch leichter als das Wasser ist und daher in
demselben nicht untersinken kann. Das Wasser hat nämlich die besondere
Eigenthümlichkeit, daß es beim Festwerden oder Erstarren, statt, wie
die meisten anderen Körper, sich zusammenzuziehen und dichter zu
werden, sich ausdehnt. Eine bestimmte Menge Wasser nimmt als Eis einen
um 1/13 größeren Raum ein. Eis ist also specifisch leichter als Wasser.

=148. Warum= schwimmen Schiffe mit Lasten, die so schwer sind, daß sie,
für sich allein in das Wasser geworfen, sogleich untersinken würden,
auf demselben?

=Weil= ein Volumen Wasser, das dem Umfange oder Volumen eines Schiffes
gleich kommt, mehr wiegt als das Schiff mit allen darin befindlichen
Lasten, da die große Menge der Luft, welche die Wände des Schiffes
umschließen, wegen der großen specifischen Leichtigkeit derselben das
Gewicht der schwereren Lasten mehr als ausgleicht. Der Druck, den das
Schiff vermöge seiner Schwere auf das Wasser ausübt, vermag daher nicht
den Gegendruck des Wassers völlig aufzuheben; das Schiff sinkt deshalb
nur so weit in das Wasser ein, bis es eine seinem Gewichte gleiche
Menge Wasser aus der Stelle getrieben hat.

=149. Warum= schwimmen Menschen ohne alle Anstrengung auf dem Wasser,
wenn sie unter den Armen über der Brust große mit Luft gefüllte Blasen
befestigen?

=Weil= diese mit Luft angefüllten Blasen, welche bei weitem specifisch
leichter als das Wasser sind, bewirken, daß der ganze Umfang des
Menschen und der Blasen zusammengenommen weniger wiegt, als eine
Wassermenge von gleichem Umfange; so daß der Mensch also nicht
untersinken kann, sondern auf der Oberfläche des Wassers bleibt. Gürtel
oder Jacken aus Kork bewirken dasselbe.

=150. Warum= fällt auf den Boden der Gefäße, worin manche Flüssigkeiten
enthalten sind, ein Satz nieder, wenn man sie einige Zeit ruhig stehen
läßt?

=Weil= die in der Flüssigkeit enthaltenen kleinen festen Körperchen
ungeachtet ihrer Kleinheit ein größeres specifisches Gewicht haben als
das Wasser, und daher der Schwerkraft folgend zu Boden sinken, wenn
nicht der Druck des Wassers durch einen hinzutretenden anderweitigen
Druck vermehrt wird, der die kleinen Körperchen schwimmend erhält.
Ein solcher anderweitiger Druck wird aber durch Schütteln, Kochen
und überhaupt durch jede innere Bewegung der Wassermasse verursacht,
da die kleinen Körperchen vermöge ihrer Kleinheit von den bewegten
Wassertheilchen mit fortgerissen und so am Untersinken verhindert
werden.

=151. Warum= tauchen manche Körper, die auf dem Wasser schwimmen,
tiefer ein als andere, Eichenholz z. B. tiefer als Fichtenholz?

=Weil= die einen ein größeres specifisches Gewicht als die anderen
haben, schwerere Körper aber bei gleichem Raumumfang eine größere
Menge Wasser aus der Stelle treiben müssen, wenn ihrem Drucke das
Gleichgewicht gehalten werden soll. Ein auf dem Wasser schwimmender
Körper taucht nämlich stets so tief ein, daß das Gewicht des durch den
eingetauchten Theil verdrängten Wassers genau dem ganzen Gewichte des
Körpers gleich ist.

=152. Warum= sinken Schiffe im Flußwasser tiefer ein, als im Meerwasser?

=Weil= das Meerwasser wegen seines Salzgehaltes specifisch schwerer als
das Flußwasser ist. Da nun feste Körper, die auf dem Wasser schwimmen,
immer so viel Wasser aus der Stelle treiben, als sie selbst wiegen,
so braucht natürlich nur eine geringere Menge von Meerwasser aus der
Stelle verdrängt zu werden als von Flußwasser, um doch das gleiche
Gewicht zu erhalten. Wird aber weniger Wasser aus der Stelle getrieben,
so kann das Schiff auch nicht so tief einsinken, als in dem Falle, wenn
eine größere Menge Wasser aus der Stelle getrieben wird.

=153. Warum= schwimmt ein Hühnerei in starkem Salzwasser, während es in
süßem Wasser untersinkt?

=Weil= starkes Salzwasser specifisch schwerer als ein Hühnerei, süßes
Wasser aber specifisch leichter als dasselbe ist, der Druck daher, den
das Hühnerei auf das Salzwasser ausübt, durch den Gegendruck desselben
überwältigt wird, so daß es nicht untersinken kann. Im süßen Wasser
dagegen kann das Ei seiner Schwerkraft ungehindert folgen und sinkt
deswegen zu Boden, indem sein Druck den Gegendruck des süßen Wassers
überwindet. Es ergiebt sich zugleich hieraus, daß Salzwasser specifisch
schwerer als süßes Wasser sein muß.

=154. Warum= steigt das Wasser in einem Gefäße, wenn ein Pfund
Eisen hineingethan wird, höher, als wenn ein Pfund Blei in dasselbe
hineingelegt wird?

=Weil= ein Pfund Eisen einen größeren Raumumfang oder ein größeres
Volumen hat als ein Pfund Blei, und es daher auch mehr Wasser aus der
Stelle treiben muß als das Blei, das Wasser also im ersteren Falle im
Gefäße höher steigen muß als im letzteren.

=155. Warum= ist der Branntwein desto besser, je tiefer die
Branntweinwage in denselben einsinkt, während das Bier desto besser
ist, je weniger tief die Bierwage in dasselbe einsinkt?

=Weil= der Branntwein desto besser ist, je geringeres specifisches
Gewicht er hat, was dann der Fall ist, wenn er mehr specifisch
leichteren Alkohol und weniger specifisch schwereres Wasser enthält;
weil das Bier aber desto besser ist, je größer sein specifisches
Gewicht ist, was dann stattfindet, wenn dasselbe mit mehr Malz bereitet
wurde, also mehr Gummi und Zucker enthält. Ein fester Körper sinkt
aber um so tiefer in eine Flüssigkeit ein, je geringer das specifische
Gewicht derselben ist.

=156. Warum= ist das Gewicht der Körper im Wasser leichter als
außerhalb desselben?

=Weil= alle Körper im Wasser so viel an Gewicht verlieren, als das
Wasser wiegt, welches sie aus der Stelle treiben, oder mit andern
Worten, so viel als das Wasser wiegt, dessen Menge hinreichen würde,
den Raum dieser Körper einzunehmen. Man bezeichnet dieses Gesetz mit
dem Namen des Archimedischen Prinzips, weil es von _Archimedes_ in
Sicilien (220 vor Christo) zuerst angewandt sein soll.

=157. Warum= vermag ein Hund einen untergesunkenen Menschen wieder auf
die Oberfläche des Wassers zurückzubringen und ihn im Wasser bis an das
Ufer zu schleppen?

=Weil= der Mensch, wie jeder andere Körper, im Wasser an seinem
Gewichte verliert, und zwar so viel, als ein seinem Körperumfange
gleiches Volumen Wasser wiegt. Da der Mensch aber meist sogar etwas
specifisch leichter, selten wenig specifisch schwerer als das Wasser
ist, so bleibt von seinem Gewichte im Wasser auch im ungünstigsten
Falle nur so wenig übrig, daß ein Hund es leicht tragen und aus der
Tiefe emporziehen kann.

=158. Warum= kann ein Hund einen schweren Stein wohl vom Grunde des
Wassers heraufholen, muß ihn aber über der Oberfläche fallen lassen?

=Weil= der Stein im Wasser so viel weniger wiegt, als das Gewicht des
von ihm verdrängten Wassers beträgt, er außerhalb desselben aber wieder
mit seinem ganzen Gewichte drückt.

=159. Warum= vermag man einen in Wasser getauchten Eimer mit dem
kleinen Finger bis an die Oberfläche des Wassers zu ziehen?

=Weil= ein mit Wasser angefüllter Eimer im Wasser noch leichter ist,
als ein leerer Eimer außerhalb desselben, da das Gewicht des im Eimer
befindlichen Wassers durch den Gegendruck des umgebenden Wassers
aufgehoben wird, also nur noch das Gewicht des Holzes übrig bleibt,
welches aber bekanntlich geringer ist, als das des Wassers und daher
vom Wasser getragen wird. Der gefüllte Eimer bietet daher im Wasser gar
keine Last dar, und es ist beim Aufziehen desselben nur der Widerstand
der darüber befindlichen Wassertheilchen zu überwinden.

=160. Warum= erhält sich der Mensch auf der Oberfläche des Wassers,
wenn er mit den Händen oder Füßen gewisse Bewegungen macht, d. h.
schwimmt?

=Weil= durch die künstlichen Schwimmbewegungen, die in einem Stoß der
Füße und der flachen Hände gegen das Wasser bestehen, ein hinreichender
Gegendruck gegen das Wasser geübt wird, um den schon an sich das Wasser
gar nicht oder wenig an specifischer Schwere übertreffenden Körper
am Tiefersinken zu verhindern. Da die meisten Menschen 1/9 bis 1/10
leichter als Flußwasser zu sein pflegen, so können sie auch ruhig auf
dem Rücken im Wasser liegend, mit über dem Kopf zusammengeschlagenen
Armen und gespreizten Beinen, ohne die geringste Bewegung sich auf
der Oberfläche des Wassers erhalten. In jeder andern Lage würde
freilich das Gesicht unter das Wasser tauchen und dadurch die Athmung
verhindert werden, wenn nicht durch die Schwimmbewegungen der Kopf
wieder darüber gehoben würde. Beine, Arme und Kopf haben das größte
Gewicht unter allen Körpertheilen, wie überhaupt die Knochenmasse das
Gewicht vermehrt, während die Fettmasse es vermindert; weshalb auch
fette Menschen leichter schwimmen als magere. Das geringste Gewicht
hat die Brust wegen der Höhlung, die sie umschließt. Jedes Ein- und
Ausathmen ist mit einer abwechselnden Erweiterung und Verengung der
Brusthöhle verbunden und bedingt darum auch ein abwechselndes Heben
und Sinken des Körpers im Wasser. Die meisten Menschen würden, wenn
sie in das Wasser fallen, nur bis zur Nase einsinken und darum durch
Zurücklegen des Kopfes leicht im Stande sein, Mund und Nase über dem
Wasser zu erhalten, wenn sie nicht in besinnungsloser Angst gewöhnlich
selbst ihre Rettung dadurch vereitelten, daß sie die Arme über das
Wasser emporstrecken und so den Kopf zwingen, zur Wiederherstellung des
Gleichgewichts unterzutauchen.

=161. Warum= können die Fische sich nach Belieben im Wasser auf- und
abwärts bewegen?

=Weil= sie im Innern ihres Leibes eine lufterfüllte Schwimmblase haben,
welche sie durch eine Rippenbewegung willkürlich zusammendrücken oder
erweitern können. Durch Zusammendrücken der Schwimmblase erlangen sie
aber ein größeres specifisches Gewicht und bewegen sich darum abwärts.
Durch Erweiterung der Schwimmblase werden sie specifisch leichter und
bewegen sich deshalb aufwärts. Die Flossen des Fisches unterstützen
diese Bewegung noch, indem sie mit ihren breiten Flächen den Fisch
gleichsam nach oben oder unten oder seitwärts fortschnellen.



Gleichgewicht und Bewegung luftförmiger Körper.


    Die Luft hat die allgemeinen Eigenschaften aller Körper. Sie
    nimmt für sich einen Raum ein und behauptet denselben, so lange
    sie nicht entweichen kann. Sie ist daher ein Körper, obgleich
    sie ihrer Durchsichtigkeit wegen von unseren Augen nicht
    wahrgenommen wird. Als Körper ist sie auch schwer und übt auf
    andere Körper einen Druck aus, der sogar unter Umständen sehr
    bedeutend werden kann.

    Von den festen und flüssigen Körpern unterscheidet sich
    die Luft wesentlich durch das Bestreben ihrer Theilchen,
    sich immer weiter von einander zu entfernen oder einander
    abzustoßen. Die Luft kann daher niemals, wie ein flüssiger
    Körper, einen abgeschlossenen Raum nur theilweis erfüllen,
    sondern dehnt sich aus, wenn der Raum erweitert wird, und
    zieht sich zusammen, wenn der Raum verengt wird. Dieselbe
    Luftmenge kann daher jeden, den größten wie den kleinsten Raum
    ganz erfüllen. Ist sie zusammengedrückt worden, so nimmt sie,
    sobald der Druck aufhört, den vorigen Raum wieder ein. Dieses
    wichtige Ausdehnungsvermögen der Luft, das man auch Spannkraft
    oder Elasticität nennt, bewirkt manche Abweichungen von den
    Gesetzen des Gleichgewichts und der Bewegung, welche für feste
    und flüssige Körper gelten. Es giebt mehrere Luftarten, die
    sich sowohl durch Dichtigkeit, Farbe, Geruch, als durch ihr
    Verhalten gegen andere Körper unterscheiden. Die atmosphärische
    Luft, welche uns umgiebt, ist im Wesentlichen ein Gemenge
    von zwei Luftarten, die man Sauerstoff und Stickstoff nennt;
    verhältnißmäßig geringe Mengen von Wasserdampf und Kohlensäure
    gehören indeß gleichfalls zu den nothwendigen Bestandtheilen
    unserer Atmosphäre.

=162. Warum= haben wir, wenn wir die flache Hand hin und her bewegen,
das Gefühl eines Windes?

=Weil= wir durch die Hin- und Herbewegung der Hand einen Körper,
welcher uns allenthalben umgiebt, in Bewegung setzen und aus seinem
Raume verdrängen. Dieser Körper ist die Luft, und das Gefühl des Windes
rührt von der bewegten Luft her; denn Wind ist nichts anderes als
bewegte Luft.

=163. Warum= wird ein größeres Stück Papier, das wir an dem einen Ende
anfassen, wenn wir es schnell seiner Fläche nach vorwärts bewegen,
zumal im Anfange der Bewegung sich an dem anderen nicht festgehaltenen
Ende zurückschlagen?

=Weil= die uns umgebende Luft an dem andern nicht festgehaltenen Ende
dem Papier einen Widerstand entgegensetzt, der dasselbe in seiner
Bewegung hindert. Da es aber mit dem vorwärts bewegten festgehaltenen
Ende im Zusammenhange steht, so muß es der Bewegung desselben zwar
folgen, vermag es aber erst etwas später zu thun, nachdem es die
widerstehende Luft aus ihrer Stelle verdrängt hat.

=164. Warum= füllt sich ein Trinkglas, das wir umgestülpt in's Wasser
eintauchen und darin niederdrücken, nicht mit Wasser?

=Weil= Luft in dem Glase vorhanden ist, welche das Wasser nicht
eindringen läßt. Wäre in dem Glase durchaus kein Körper enthalten,
so müßte das Wasser in dem Glase so hoch steigen, als es außerhalb
desselben steht. Da dies nicht der Fall ist, so muß ein Körper darin
vorhanden sein, der die allgemeine Eigenschaft aller Körper, die wir
Undurchdringlichkeit nennen, besitzt, und dieser Körper ist die Luft.

=165. Warum= lassen sich mit Luft gefüllte Blasen, wenn sie gut
zugebunden sind, mit der größten Mühe nur wenig zusammendrücken?

=Weil= die darin enthaltene Luft dem äußern Druck einen um so
kräftigeren Widerstand entgegensetzt, als sie keinen Raum findet,
wohin sie entweichen kann. Nur wenn der äußere Druck stärker ist,
als der Druck der inneren Luft, wird sie in einen kleineren Raum
zusammengedrängt, nimmt jedoch sofort den vorigen größeren Raum wieder
ein, sobald der Druck nachläßt. Der heftige Widerstand, den wir beim
Drücken auf die zugebundene Blase fühlen, ist ein weiterer Beweis für
die Körperlichkeit der Luft, die wir freilich nicht sehen, wenn wir die
Blase öffnen.

=166. Warum= fühlen wir, wenn wir ein umgestürztes Glas in das Wasser
tauchen, einen gewissen Widerstand?

=Weil= die in dem Glase eingesperrte Luft, durch das entgegenstehende
Wasser zusammengedrückt, vermöge ihrer Spannkraft wieder in einen
größeren Raum sich auszubreiten strebt und daher dem auf das Glas mit
der Hand verursachten Drucke einen andern auf die innere Bodenfläche
ausgeübten Druck entgegenstellt, der das Glas nach entgegengesetzter
Richtung treibt.

=167. Warum= werden Windmühlen durch den Wind in Bewegung gesetzt?

=Weil= der Wind, welcher nichts anderes als bewegte Luft ist, einen
Stoß auf die Flächen des Flügels ausübt, welcher gerade so wirkt wie
der Stoß des Wassers, wenn es auf die Schaufeln eines Mühlrades fällt.
Bei ganz ruhiger Luft können sich daher die Windmühlen nicht bewegen.

=168. Warum= drehen bei den Feuerwerken die Feuerräder sich um?

=Weil= die durch Verbrennung des Pulversatzes sich bildenden erhitzten
und darum stark ausgedehnten Luftarten, indem sie mit Heftigkeit
aus dem vorderen Theile der Hülse, welche das Pulver einschließt,
ausströmen, rückwärts einen heftigen Druck auf diese Hülse ausüben
und sie, da sie an einer drehbaren Scheibe befestigt ist, nach der
entgegengesetzten Richtung sich zu drehen zwingen. Der Stoß der
ausströmenden Luftarten oder Gase auf die vorn in Ruhe befindliche
und dem Beharrungsgesetze unterworfene Luft unterstützt die Bewegung
nach rückwärts. Die Erscheinung ist dieselbe wie die des Segner'schen
Wasserrades (Fr. 138), nur daß dort ausströmendes Wasser, hier
ausströmende Luft den Rückstoß bewirkt.

=169. Warum= steigen Raketen in die Höhe?

=Weil= die nach unten ausströmenden erhitzten Luftarten oder Gase
durch ihre Rückwirkung die Rakete aufwärts treiben. Der lange Stab,
welcher an der Rakete befestigt ist, bewirkt durch sein Gewicht, daß
die Mündung der Rakete immer nach unten gerichtet ist, die Ausströmung
der Gase also auch immer nach unten geschieht, der Druck derselben aber
nach oben wirkt.

=170. Warum= springen Kanonen beim Abfeuern zurück?

=Weil= die durch Entzündung des Schießpulvers entwickelten Gase wegen
ihrer Elasticität einen Druck nach allen Seiten hin üben, und dieser
Druck, so lange noch die Kugel im Rohre ist, von allen Seiten durch
den entgegengesetzten gleichen Druck aufgehoben wird, sobald die Kugel
aber das Rohr verlassen hat, von der Mündung des Rohres her kein Druck
mehr erfolgen kann, der einseitige Druck auf den hintern Verschluß des
Rohres also als Rückstoß übrig bleibt. Dieser Rückschlag kann sehr
bedeutend sein, trotzdem der Stoß durch die große Masse der Kanone
vertheilt wird.

=171. Warum= schlägt ein gewöhnliches Steinschloß- oder
Percussionsgewehr, das beim Losdrücken an die Backe gehalten wird, mit
einiger Heftigkeit an die Backe an?

=Weil= der Druck der sich mit Heftigkeit ausdehnenden, durch
Verbrennung des Pulvers entwickelten Luft von der Seite, wo sich das
Zündloch befindet, keinen Gegendruck mehr erhält, und deshalb als
einseitiger Stoß nach der entgegengesetzten Seite wirksam werden muß.
Bei Hinterladungsgewehren kann daher kein Anschlagen zur Seite, sondern
nur ein Rückstoß stattfinden.



Druck und Schwere der Luft.


[Illustration: Fig. 35.]

    Das Instrument, durch welches der Druck der Luft gemessen
    wird, heißt Barometer, wohl auch im gemeinen Leben Wetterglas.
    Es besteht in einer gläsernen Röhre, deren oberes Ende
    zugeschmolzen ist, während das untere Ende derselben gewöhnlich
    umgebogen ist und in ein kugelförmiges oder birnförmiges Gefäß
    ausläuft, welches offen ist. Diese Röhre, welche etwas über 28
    Zoll oder 760 Millimeter lang sein muß, wird mit Quecksilber
    angefüllt, nachdem jedoch so viel als möglich zuvor die
    Luft daraus entfernt worden ist. Ebenso müssen zuvor alle
    Lufttheilchen aus dem Quecksilber durch Kochen ausgetrieben
    werden. Doch muß man bei diesem Auskochen vorsichtig zu
    Werke gehen, daß nicht etwa die Glasröhre zerbricht und das
    Quecksilber in das Feuer läuft, da die dann entstehenden
    Quecksilberdämpfe giftig und beim Einathmen lebensgefährlich
    sind. -- Da der Druck der Luft sehr veränderlich, bald größer,
    bald geringer ist, so wird auch die Höhe der Quecksilbersäule
    in dem längeren Schenkel der Röhre bald höher, bald niedriger
    sein. Man kann daher schließen: je höher die Quecksilbersäule
    in dem längeren Schenkel steht, desto größer muß der Druck
    der Luft sein; je niedriger dagegen die Quecksilbersäule in
    dem längeren Schenkel steht, desto geringer muß der Druck
    der Luft sein. Je höher ferner die Quecksilbersäule in dem
    längeren Schenkel steht, desto weniger Quecksilber ist in dem
    kugelförmigen Gefäße des kleinen Schenkels; dagegen ist desto
    mehr Quecksilber darin, je niedriger die Quecksilbersäule in
    dem längeren Schenkel steht. Auch muß man bedenken, daß das
    Quecksilber in dem unteren Stücke des längeren Schenkels,
    welches dem kleineren Schenkel der Röhre gleich ist, durch das
    in dem letzteren Schenkel befindliche Quecksilber getragen
    wird, und daß daher die Quecksilbersäule, welche durch den
    Luftdruck gehalten wird, erst von diesem Theile des längeren
    Schenkels anfängt. An dem oberen Ende des längeren Schenkels
    ist eine Skala angebracht, an der man beobachten kann, wie weit
    das Quecksilber gestiegen oder gefallen ist. Dieses Instrument
    heißt darum auch Wetterglas, weil es zugleich bevorstehende
    Aenderungen des Wetters andeutet. Der Grund davon liegt darin,
    daß die mit Feuchtigkeit erfüllte warme, also leichtere Luft
    einen geringeren Druck ausübt, als völlig trockne und kalte,
    also schwerere Luft; weswegen im ersteren Falle das Barometer
    fällt, während es im letzteren steigt. Dazu kommt, daß der
    Wechsel der Luftströmung gewöhnlich in den oberen Regionen
    früher als in den unteren eintritt, und indem derselbe den
    Luftdruck vermehrt oder vermindert, das Barometer schon steigt
    oder fällt, ehe noch die Drehung der Windfahne eine Aenderung
    des in den unteren Regionen herrschenden Windes angezeigt hat
    und ein Witterungswechsel eingetreten ist. Das Steigen des
    Quecksilbers im Barometer zeigt daher in der Regel schönes
    Wetter an, während das Fallen desselben Regenwetter ankündigt.
    -- Der Druck der Luft wurde zuerst von _Torricelli_, einem
    Schüler _Galilei's_, im Jahre 1643 entdeckt und durch einen
    Versuch nachgewiesen, aus welchem sich später das Barometer
    entwickelte.

=172. Warum= fällt das Quecksilber in dem Barometer, das wir beim
Ersteigen eines Berges bei uns führen?

=Weil=, je weiter wir uns von dem Meeresspiegel entfernen, oder je
höher wir steigen, eine desto kürzere und darum leichtere Luftsäule
auf das Quecksilber des Barometers drückt und dieses daher, seiner
Schwerkraft folgend, etwas herabsinken muß. Auf dem Brocken steht die
Quecksilbersäule im Barometer nur 640 Millimeter, auf dem Montblanc
sogar nur 330 Millimeter hoch, während sie am Meeresspiegel 760
Millimeter hoch steht. Man kann daher auch das Barometer benutzen, um
Bergeshöhen zu messen. Jeder Millimeter, um den das Barometer fällt,
entspricht in den unteren Regionen einer Höhe von 10½ Meter.

=173. Warum= fällt das Quecksilber im Barometer bei feuchtem Wetter?

=Weil= die Luft um so stärkeren Druck ausübt und um so elastischer
ist, je vollkommener luftartig die mit ihr gemischten Dünste sind, der
Luftdruck dagegen um so geringer, die Luft um so weniger elastisch
ist, je mehr wässriger Natur ihre Dünste werden, wie es bei feuchtem
Wetter der Fall ist. Der geringere Luftdruck bewirkt daher, daß die
Quecksilbersäule im Barometer bei feuchtem Wetter fällt.

=174. Warum= steigt das Wasser in Pumpen nicht höher als 32 Fuß oder 10
Meter empor?

=Weil= durch den Druck der äußeren Luft, welcher das Wasser in den
luftleeren Raum der Pumpenröhre hineindrängt, nur eine Wassersäule
gehoben werden kann, die dem Drucke der Luft das Gleichgewicht hält.
Das ist aber eine Wassersäule von 32 Fuß oder 10 Meter Höhe. Von dem
14mal schwereren Quecksilber vermag darum nur eine Säule von dem 14ten
Theile dieser Höhe, also von 28 Zoll oder 760 Millimeter Höhe, durch
den Druck der atmosphärischen Luft getragen zu werden.

=175. Warum= behält eine mit Wasser angefüllte Flasche, die man blos
mit der Mündung in's Wasser taucht, während der übrige Theil derselben
über die Oberfläche desselben hervorragt, ihr ganzes darin befindliches
Wasser?

=Weil= der Druck der atmosphärischen Luft auf die Oberfläche des
Wassers, in das man die Mündung der Flasche getaucht hat, so groß ist,
daß das in der Flasche befindliche Wasser durch diesen Druck getragen
wird; der Druck der atmosphärischen Luft vermag ja sogar, wie wir
gesehen haben, eine Wassersäule von 32 Fuß oder 10 Meter Höhe zu tragen.

[Illustration: Fig. 36.]

=176. Warum= bleibt das Wasser in einem Glase, auf dessen Rand man ein
Stück steifes Papier drückt, wenn man die eine Hand auf das Papier
legt, das Glas mit der andern umdreht, und darauf die auf das Papier
gelegte Hand wegzieht?

=Weil= der Druck der atmosphärischen Luft das im Glase befindliche
Wasser trägt, dem Drucke der Luft von unten aber kein Luftdruck auf
die Oberfläche des Wassers entgegenwirkt, wodurch der Druck von unten
aufgehoben würde. Das Papierblatt dient nur dazu, zu verhindern, daß
das Wasser und die drückende Luft sich gegenseitig ausweichen, die Luft
in dem Wasser emporsteigen und das Wasser an Stelle der ausweichenden
Luft herabsinken kann. Zieht man daher das Papier unter dem Glase
hinweg, so stürzt das Wasser sogleich wegen des geringen Zusammenhanges
seiner Theilchen heraus.

=177. Warum= läuft keine Flüssigkeit aus einem Fasse beim Oeffnen des
Hahnes heraus, wenn das Spundloch oben durch den Spund verschlossen ist?

=Weil= der Druck der Luft auf die Oeffnung des Hahnes das Herausströmen
der Flüssigkeit hindert, so lange der Verschluß des oberen Spundlochs
der Luft nicht gestattet, auf die Oberfläche der Flüssigkeit zu drücken
und dadurch den unteren Luftdruck aufzuheben. Würde dagegen das
Spundloch geöffnet, so würde die Flüssigkeit zum Hahne herausströmen,
da in diesem Falle die Luft von oben eben so stark drückte als von
unten.

[Illustration: Fig. 37.]

=178. Warum= strömt Wasser aus einem Brunnen heraus, wenn wir pumpen?

=Weil= durch das Herausziehen der Pumpenstange ein luftleerer Raum
in dem unteren Theile der Brunnenröhre zwischen dem Kolben an der
Stange und der Wasserfläche entsteht, und daher durch den Druck der
Luft auf die Oberfläche des Wassers Letzteres in die Brunnenröhre
hineingetrieben wird, indem es das unten befindliche Ventil öffnet.
Wird daher die Pumpenstange wieder hinuntergedrückt, so kann, da das
untere Ventil durch den Druck wieder verschlossen wird, das in die
Röhre eingedrungene Wasser nicht wieder auf diesem Wege entweichen; es
ist daher genöthigt, das Ventil des Kolbens zu öffnen und so zu der
Seitenröhre des Brunnens auszuströmen.

=179. Warum= können wir in beengender Kleidung nicht recht kräftig
Athem holen?

=Weil= wir beim Athmen nur dadurch Luft in unsere Lungen bringen, daß
wir den Brustkasten mit Hülfe der Brustmuskeln erweitern und dadurch
einen luftverdünnten Raum in den Lungen herstellen, in welchen die
äußere Luft hineinströmt. Beim Ausathmen verengen wir den Brustkasten
und drücken die Lungen zusammen, so daß die verdichtete Luft durch
die Luftröhre nach außen tritt. Bei enger Kleidung sind aber unsere
Brustmuskeln verhindert, den Brustkasten gehörig zu erweitern. Da
nun von der Athmung die Versorgung unseres Körpers mit ernährendem
Blute abhängt, so begreift man wohl, wie schädlich beengende Kleider,
namentlich Schnürleiber für die Gesundheit sein müssen.

=180. Warum= fließt beim Trinken die Flüssigkeit in unsern Mund hinein?

=Weil= die Luft auf die Oberfläche des Getränkes drückt, während durch
Erweiterung des Brustkastens und der Lungen in diesen und in unserer
Mundhöhle ein luftverdünnter Raum gebildet wird. Es wirkt daher dem
äußern auf die Oberfläche des Getränkes wirkenden Luftdrucke kein
jenem das Gleichgewicht haltender Druck der inneren verdünnten Luft
entgegen, so daß durch den äußeren Luftdruck das Getränk in unsern
Mund hineingetrieben wird.

[Illustration: Fig. 38.]

=181. Warum= kann man mit einem Stechheber Wein aus einem Fasse heben?

=Weil= der Stechheber, wenn er in das Faß getaucht wird, sich zwar mit
Wein füllt, so lange die obere Oeffnung frei ist, der Luftdruck also
oben und unten gleichmäßig wirkt, der Wein dagegen nicht ausfließen
kann, wenn man den Stechheber herausnimmt, nachdem man die obere
Oeffnung desselben mit dem Finger verschlossen hat. In dem letzteren
Falle ist nämlich der Luftdruck von oben her nicht vorhanden, und die
Luft trägt daher die Flüssigkeitssäule in dem Stechheber, auf die sie
nur von unten drückt.

[Illustration: Fig. 39.]

=182. Warum= kann man vermittelst eines Hebers Flüssigkeiten aus einem
Gefäß in ein anderes überfüllen?

=Weil=, während der kürzere Schenkel des Hebers sich in der Flüssigkeit
befindet und aus dem längeren mit dem Munde die Luft zum Theil
herausgezogen wird, ein luftverdünnter Raum im Heber entsteht, in
welchen der Druck der Luft auf die Oberfläche der Flüssigkeit Letztere
hineintreibt, worauf dann die Flüssigkeit in dem längeren Schenkel
herabfällt und nach Belieben in ein Gefäß hineingelassen werden kann.
Jedoch darf der kürzere Schenkel des Hebers nicht über 32 Fuß oder
10 Meter lang sein, da der Druck der atmosphärischen Luft nur eine
Wassersäule von dieser Höhe trägt. Auch muß der kürzere Schenkel des
Hebers sich in der Flüssigkeit selbst, nicht blos im Gefäße befinden.

=183. Warum= fühlt der Mensch den Druck nicht, welchen die umgebende
Luft auf ihn äußert?

=Weil= dieser Druck von allen Seiten gleichförmig ist und ihm
das Gleichgewicht durch die in den Höhlen unseres Körpers
befindliche Luft gehalten wird, die sich vermöge ihrer Elasticität
mit ebenso großer Kraft auszudehnen strebt, als sie durch die
äußere Luft zusammengedrückt wird. Der Druck der Luft beträgt auf
jeden Quadratcentimeter ungefähr 2-1/15 Pfund, da so viel eine
Quecksilbersäule von 760 Millimeter Höhe und 1 Quadratcentimeter
Grundfläche, die einer Luftsäule von derselben Grundfläche das
Gleichgewicht hält, wiegt. Der ganze Luftdruck beträgt daher bei
einem erwachsenen Menschen, welcher eine Oberfläche von ungefähr 1½
Quadratmeter dem Drucke der Luft darbietet, über 30000 Pfund. Drückte
die Luft auf den Menschen nur von _einer_ Seite, so würde es für ihn
unmöglich sein, sich nach dieser Seite hin zu bewegen.

=184. Warum= spritzt oft aus den Poren unserer Haut, besonders aus
Lippen und Nasenöffnungen, Blut heraus, wenn wir sehr hohe Berge
erstiegen haben?

=Weil= die Luftsäule, welche auf unsern Körper drückt, auf den Bergen
nicht so hoch ist, wie in der Ebene, und daher einen geringeren Druck
auf denselben ausübt, wodurch aber auch der Gegendruck vermindert
wird, welcher bisher der dichten Luft im Innern unseres Körpers das
Gleichgewicht hielt. Diese innere Luft dehnt sich daher gewaltsam
aus und sprengt die kleinen Blutgefäße, aus denen nun das Blut
hervorspritzt.

=185. Warum= ermüden Reisende auf hohen Bergen und selbst bei
Wanderungen über sehr hochgelegene Ebenen leichter als in der Tiefebene?

=Weil= wir beim Gehen nicht das ganze Gewicht unserer Arme und Beine
zu heben haben, sondern die atmosphärische Luft sie uns tragen
hilft, diese aber auf hohen Bergen viel weniger dicht ist und darum
auch viel weniger zu tragen vermag als unten in der Ebene. Die Arm-
und Beinknochen befinden sich nämlich mit ihren halbkugelförmig
abgerundeten Enden (Köpfen) in ebenso ausgetieften Höhlungen
(Pfannen) anderer Knochen; der Zwischenraum zwischen ihnen ist
aber äußerlich durch mehrere luftdicht anschließende Häute von der
atmosphärischen Luft abgesperrt, so daß diese die Gliedmaßen an den
Körper andrückt. Wenn man daher an einem menschlichen Leichnam alle
Muskeln durchschneidet, welche das Gelenk am Becken umgeben, so fällt
das herabhängende Bein doch nicht ab. Sobald man aber die Pfanne des
Beckenknochens durchbohrt, so daß die äußere Luft in den inneren
Zwischenraum dringen kann, fällt das Bein sofort ab.

=186. Warum= fühlen wir oft bei übermäßiger Hitze, oder kurz vor
heftigen Stürmen, solche Schwere, Müdigkeit und Unbehaglichkeit in den
Gliedern?

=Weil= die durch Wärme oder andere Ursachen stark verdünnte und darum
leichtere Luft, zumal wenn sie mit Feuchtigkeit erfüllt ist, nicht in
der gewöhnlichen Stärke auf uns drückt und darum die in unserm Körper
befindliche Luft nicht im Gleichgewicht erhält, letztere daher, indem
sie bei ihrem Bestreben, sich auszudehnen, einen Druck auf Gefäße und
Nerven ausübt, unserer Empfindung Unannehmlichkeiten verursacht.

=187. Warum= strömt aus einer gut zugestöpselten, mit Luft in der Ebene
angefüllten Flasche die Luft mit einiger Heftigkeit aus, wenn wir sie
auf einem sehr hohen Berge öffnen?

=Weil= die untere Luft, welche die ganze darüber stehende Luftsäule zu
tragen hat, eine größere Dichtigkeit besitzt, als die obere, und darum
auch einen größeren Druck als diese ausübt. Daher strömt die erstere so
lange aus, bis das Gleichgewicht mit der letzteren hergestellt ist.

=188. Warum= zerbrechen zuweilen flache mit Flechtwerk bedeckte
Glasflaschen, deren sich Reisende zu bedienen pflegen, während aus
denselben getrunken wird?

=Weil= die mit Flüssigkeit zuvor angefüllte Flasche, sobald ein Theil
ihres Inhalts durch das Trinken daraus entfernt wird, am untern Theile
einen luftleeren Raum darbietet, und daher dem Drucke der äußern Luft
auf die flachen Seiten des Glases kein Druck von innen das Gegengewicht
hält, so daß das schwache Glas dem äußeren Drucke nachgiebt und
zerbricht.

[Illustration: Fig. 40.]

=189. Warum= werden zwei hohle Halbkugeln, die an einander passen und
luftdicht oder hermetisch verschlossen sind, wenn vermittelst einer
Luftpumpe die Luft aus dem hohlen Raume derselben entfernt wird, so
fest an einander gedrückt, daß kein Mensch im Stande ist, sie zu
trennen?

=Weil= die äußere Luft mit ihrem ganzen Gewichte auf die Halbkugeln
drückt, während keine innere Luft diesem Drucke das Gegengewicht hält.
Da der Druck der äußeren Luft auf jeden Quadratcentimeter 2-1/15 Pfund
beträgt, so muß der auf die ganze Oberfläche der Kugel ausgeübte
Druck, selbst bei einem nicht bedeutenden Umfange derselben, bis auf
mehrere Centner steigen. Läßt man durch eine kleine Oeffnung Luft
hineindringen, so wird der Gegendruck von innen wieder hergestellt,
und die Halbkugeln lassen sich mit Leichtigkeit von einander trennen.
Diese Halbkugeln werden auch die Magdeburger Halbkugeln genannt, weil
_Otto von Guericke_, Bürgermeister von Magdeburg, sie im Jahre 1654
zuerst anwandte, um auf dem Reichstage zu Regensburg vor dem Kaiser und
den Reichsfürsten die Wirkungen der von ihm im Jahre 1650 erfundenen
Luftpumpe zu zeigen; 16 Pferde waren erst im Stande, die Halbkugeln
auseinander zu reißen, die nur eine Magdeburger Elle im Durchmesser
hatten. Der Druck der Luft, welcher sie zusammenpreßte, kam etwa dem
Gewichte von 6800 Pfund gleich.

=190. Warum= schwillt eine Blase, in der eine kleine Menge Luft
enthalten ist, in einem dicht verschlossenen, durch die Luftpumpe
luftleer gemachten Raume an?

=Weil= zugleich mit der Dichtigkeit der die Blase umgebenden Luft beim
Auspumpen sich auch der Druck auf die Blase von Außen vermindert, und
daher die innere Luft, durch keinen Gegendruck mehr gehindert, die
Blase auftreibt, indem sich diese innere Luft in einen größeren Raum
auszudehnen strebt.

=191. Warum= zerbricht eine zugestöpselte, mit Luft angefüllte Flasche
von dünnem Glase in einem luftleeren Raume?

=Weil= durch das Auspumpen der Luft der Gegendruck aufgehoben ist,
den die äußere Luft dem Drucke der in der Flasche enthaltenen Luft
entgegensetzt, und letztere daher, indem sie sich weiter auszudehnen
strebt, das Glas auseinander treibt.

=192. Warum= entledigt sich ein Ei, in das man an seinem spitzen Ende
ein kleines Loch macht, seines Inhalts, wenn es mit dem spitzen Ende
nach unten in einen luftverdünnten Raum gebracht wird?

=Weil= das Ei an seinem oberen runden Ende zwischen der Schaale und
der lederartigen Haut etwas Luft enthält, bei Verdünnung der äußeren
Luft daher die sich ausdehnende innere Luft den Inhalt des Eies durch
die Oeffnung hinaustreibt. Bringt man das Ei wieder in die gewöhnliche
atmosphärische Luft, so treibt der Druck derselben den Inhalt wieder
zurück.

=193. Warum= erhält ein eingeschrumpfter Apfel im luftleeren Raume
wieder die Rundung und Glätte des frischen?

=Weil=, bei aufgehobenem Gegendruck der äußeren Luft, die innere, unter
der Schale des Apfels befindliche Luft sich ausdehnt und daher die
Schale auftreibt, so daß die eingeschrumpfte Gestalt des Apfels sich
wieder in eine volle verwandelt.

=194. Warum= schwillt ein Frosch an, wenn er sich unter einer gläsernen
Glocke befindet, aus der man die Luft zum Theil ausgepumpt hat?

=Weil= beim Mangel an äußerer Luft, die auf die Oberfläche des Frosches
drückt, die zwischen den Häuten des Frosches befindliche Luft sich
ausdehnt und die Häute auseinander treibt, indem der äußere Gegendruck,
welcher dem inneren Drucke das Gegengewicht hielt, bei der Entfernung
der äußeren Luft aufgehört hat. Der Frosch kehrt erst wieder nach
Zulassung der Luft in seine vorige Gestalt zurück.

[Illustration: Fig. 41.]

=195. Warum= wird eine gläserne Glocke, die man auf den Teller einer
Luftpumpe setzt, wenn man nur ein wenig von der darin enthaltenen Luft
auspumpt, so fest an den Teller angedrückt, daß man durchaus nicht im
Stande ist, sie wegzunehmen?

=Weil= die äußere Luft auf den oberen Theil der Glocke drückt und zwar
mit der Kraft einer Quecksilbersäule von 760 Millimeter Höhe, deren
Grundfläche dem Umfang der Glocke gleich ist, oder was einerlei ist,
mit der Kraft einer Wassersäule von 10 Meter Höhe und der gleichen
Grundfläche, während keine oder doch nur eine sehr verdünnte Luft von
innen dem äußeren Drucke das Gleichgewicht halten kann. Die Folge wird
also sein, daß die Glocke mit einer dem Gewichte der Quecksilbersäule
gleichen Kraft auf den Teller der Luftpumpe aufgedrückt wird, so
daß man sie nicht davon wegnehmen kann. Bei einer Glocke von nur 15
Centimeter Durchmesser würde der Druck der Luft 365 Pfund betragen.

=196. Warum= wird, wenn man einen oben und unten offenen Cylinder oben
mit einer genau anschließenden Blase bedeckt, die man an den Cylinder
fest bindet, und ihn mit dem unteren Ende auf den Teller der Luftpumpe
stellt, sobald man nur ein wenig Luft aus dem Cylinder ausgepumpt hat,
sogleich die darüber gedeckte Blase zersprengt?

=Weil=, wie im vorigen Falle, nach Entfernung der Luft aus dem Cylinder
die äußere Luft mit der eben angegebenen Kraft auf die Blase drückt,
welche den Cylinder oben verschließt, die Blase aber diesem Drucke
nicht widerstehen kann (da von innen kein Luftdruck dem äußeren
entgegenwirkt und ihn aufhebt) und daher zerspringt. Daß eine gläserne
Glocke den Druck aushalten kann, hat seinen Grund in dem gewölbten
Baue des oberen Theiles derselben, der ein Zersprengen derselben
unmöglich macht. Gebrauchte man dagegen ein Glas mit flachem Boden, so
würde dieser, wenn er nicht sehr stark wäre, auch durch den Luftdruck
zersprengt werden.

=197. Warum= kann der Heber im luftleeren Raume nicht fließen?

=Weil= in einem Raume, in welchem keine Luft sich befindet, auch kein
Druck auf die Oberfläche der Flüssigkeit stattfinden kann, durch den
dieselbe in den Heber hineingetrieben würde. In der gewöhnlichen uns
umgebenden Luft ist dieser Druck, wie wir gesehen haben, gleich dem
Gewicht einer Wassersäule von 10 Meter Höhe und einer der Oberfläche,
auf welche die Luft drückt, gleichen Grundfläche. Auch in einem
luftverdünnten Raume kann daher dieser Druck schon so gering sein, daß
er das Wasser nicht in den Heber treibt, dieser also nicht fließt.

=198. Warum= verlieren Selterswasser, Bier und Champagner ihren
angenehmen Geschmack, wenn sie unter die Glocke der Luftpumpe gebracht
werden, und dann die Luft aus der Glocke ausgepumpt wird?

=Weil= das, was diesen Getränken den angenehmen Geschmack ertheilt,
die Kohlensäure oder das kohlensaure Gas, in dem luftverdünnten Raume
der Glocke aus ihnen entweicht und aufsteigt, da kein Druck der
atmosphärischen Luft dem Drucke dieser Gasart mehr das Gleichgewicht
hält. Diese Getränke müssen daher durch den Verlust dieses Gases
den angenehmen Geschmack verlieren. In dem Champagner und Bier wird
dieses Gas durch Gährung erzeugt, dem Selterswasser aber wird es durch
den gewaltigen Druck einverleibt, den die Gesteinschichten ausüben,
welche das Wasser unter der Erde durchdringen muß, um als Quelle an
die Oberfläche zu treten. Bei künstlichen Selters- und Sodawassern
wird das kohlensaure Gas durch künstlichen Druck entweder vermittelst
einer Druckpumpe oder durch den eigenen Druck des Gases in einem
abgeschlossenen Raume mit dem Wasser vermischt.

=199. Warum= fallen in einem gläsernen, hohen Cylinder, aus welchem die
Luft ausgepumpt wurde, ein Geldstück und eine Flaumfeder mit gleicher
Geschwindigkeit herab?

=Weil= bei allen Körpern, sie mögen von einer Art sein, von welcher
sie wollen, die Schwerkraft, welche sie nach dem Mittelpunkte der
Erde zieht, völlig gleich ist, folglich auch die Geschwindigkeit
der Bewegung, in welche sie durch diese Kraft versetzt werden,
völlig die gleiche sein muß. Wenn nun aber der Erfahrung zufolge
unter gewöhnlichen Verhältnissen ein Geldstück und eine Flaumfeder
mit ungleicher Geschwindigkeit, und zwar das erstere geschwinder,
die letztere langsamer, zur Erde fallen, so liegt der Grund in der
umgebenden Luft, welche durch ihren Widerstand die Flaumfeder nur
langsam auf die Erde fallen läßt. Da nun unter einer ausgepumpten
Glocke keine Luft vorhanden ist, so kann sie die Flaumfeder nicht
hindern, mit gleicher Geschwindigkeit wie das Geldstück herabzufallen.

=200. Warum= haben die Körper im luftleeren Raume ein (freilich nur
sehr wenig) größeres Gewicht als im lufterfüllten?

=Weil= die Körper im lufterfüllten Raume so viel an Gewicht verlieren,
als die Luft wiegt, welche den Raum, den die Körper einnehmen, erfüllen
würde, da ebensoviel von dem Gewichte des Körpers, als die von ihm aus
der Stelle getriebene Luft wiegt, von der umgebenden Luft getragen
wird. Haben daher die Körper eine sehr geringe Dichtigkeit, so ist
dieser Gewichtsverlust sehr bemerkbar, während derselbe bei Körpern
von größerer Dichtigkeit im Verhältniß zur Schwere derselben nur sehr
gering sein kann. Daher muß ein Pfund Wolle im lufterfüllten Raume
merklich mehr an Gewicht verlieren, als ein Pfund Eisen, da Ersteres
einen viel größeren Raum einnimmt als Letzteres.

=201. Warum= spritzt, wenn Wein durch einen Trichter in eine Flasche
gegossen wird, derselbe zuweilen heraus, ohne die Flasche anzufüllen?

=Weil= die in der Flasche enthaltene Luft, wenn der Trichter genau
in den Hals der Flasche paßt und daher keinen Ausweg läßt, durch den
diese Luft entweichen kann, durch den bereits hineingegossenen Wein in
einen kleineren Raum zusammengedrängt wird, daher vermöge der durch
ihre größere Dichtigkeit vermehrten Spannkraft sich durch die Mündung
des Trichters drängt und auf diese Weise die in demselben enthaltene
Flüssigkeit heraustreibt.

=202. Warum= berstet oft die Eisdecke eines Gewässers in kalten Wintern
mit einem sehr starken Knalle?

=Weil= die zwischen dem Eise und dem Wasser enthaltene atmosphärische
Luft, durch die zunehmende Dicke des Eises zusammengedrückt, zuletzt
eine solche Dichtigkeit erhält und vermöge derselben einen solchen
Druck auf das darüber befindliche Eis ausübt, daß Letzteres endlich
der Gewalt weichen muß und berstet. Da dies nicht ohne heftige
Erschütterung der das Eis umgebenden äußeren Luft geschehen kann, so
erfolgt ein Knall, wie dies auch beim Losschießen eines Gewehres oder
einer Kanone der Fall ist.

=203. Warum= bläst oft der Wind mit solcher Heftigkeit, daß er Bäume
ausreißt und Häuser abdeckt?

=Weil= die Luft, namentlich in Folge verschiedener Erwärmung, oft an
einem Theile der Erdoberfläche von anderer Dichtigkeit ist als an dem
anderen, die dichtere Luft daher vermöge ihrer größeren Spannkraft in
die minder dichte Luft hineinströmt und zwar bisweilen mit solcher
Heftigkeit, daß sie ihren Weg durch große Verwüstungen bezeichnet. Der
Wind ist also nur eine Bewegung der Luft in Folge eines verschiedenen
Druckes der Luft in verschiedenen Gegenden, und der größere Druck ist
es, welcher einen Stoß auf die der Bewegung Widerstand leistenden
Gegenstände ausübt und sie zu Boden wirft oder mit fortreißt.

[Illustration: Fig. 42.]

=204. Warum= springt aus einer sogenannten Knallbüchse, einem
gewöhnlichen Spielzeuge für Kinder, ein an dem einen Ende in derselben
befindlicher Pfropfen mit einem heftigen Knalle heraus, sobald man an
dem anderen Ende den genau anschließenden Stempel der Knallbüchse, oder
durch denselben einen zweiten dicht anschließenden Pfropfen in dieselbe
hineintreibt?

=Weil= die Luft zwischen dem luftdicht schließenden Stempel und dem
ebenso luftdicht schließenden Pfropfen durch den hineingetriebenen
Stempel so sehr verdichtet wird, daß sie sich wieder mit der äußeren
Luft in Gleichgewicht zu setzen sucht, und daher in ihrem Bestreben,
sich in einen größeren Raum auszudehnen, den Pfropfen mit Gewalt und
unter heftigem Knalle heraustreibt.

=205. Warum= wird eine Kugel aus einer sogenannten Windbüchse mit
solcher Gewalt fortgetrieben, daß selbst Menschen dadurch getödtet
werden können?

=Weil= in dem hinteren metallenen Behälter der Windbüchse, der die Form
eines Flintenkolbens besitzt, zuvor mit Hülfe einer Druckpumpe die Luft
sehr stark zusammengepreßt ist und daher sich mit einer sehr großen
Spannkraft auszudehnen strebt. Wenn nun ein Ventil, vor dem die Kugel
unmittelbar liegt, geöffnet wird, so stürzt die Luft, ihrer großen
Spannkraft wegen, heraus und schleudert die Kugel mit großer Heftigkeit
fort. Ein bedeutender Knall kann dabei nicht erfolgen, weil bei der
Windbüchse vor und hinter der Kugel während des Abschießens verdichtete
Luft vorhanden ist, während beim Feuergewehr durch die Abkühlung der
Pulvergase sich ein sehr stark luftverdünnter Raum bildet, in welchen
die umgebende atmosphärische Luft mit großer Heftigkeit stürzt, wodurch
eben der Knall entsteht.

[Illustration: Fig. 43.]

=206. Warum= springt aus dem sogenannten _Heronsballe_ Wasser heraus,
wenn man zuvor Luft hineingeblasen hat?

=Weil=, wenn der Glaskolben oder die Glaskugel, woraus der Heronsball
besteht, soweit mit Wasser angefüllt ist, daß die luftdicht in den
oberen Theil derselben eingekittete gläserne Röhre mit ihrem unteren
Ende unter Wasser steht, die hineingeblasene Luft durch das Wasser in
dem Gefäße empor steigt, sich in den über dem Wasser befindlichen,
mit Luft erfüllten Raum begiebt und dadurch diese Luft verdichtet, so
daß diese innere Luft nunmehr eine größere Dichtigkeit und Spannkraft
besitzt als die äußere, und mit so großer Heftigkeit auf die Oberfläche
des Wassers drückt, daß dasselbe durch die Röhre in einem Strahl
herausgetrieben wird. Dies wird so lange geschehen, bis die innere Luft
sich in einen größeren Raum wieder ausgedehnt hat, und dadurch das
Gleichgewicht zwischen der äußeren und inneren Luft wieder hergestellt
worden ist. -- Der Heronsball hat seinen Namen von dem griechischen
Gelehrten _Heron_, der um das Jahr 250 v. Chr. zu Alexandrien lebte und
bereits die Erscheinungen des Hebers kannte und den Windkessel erfand.

[Illustration: Fig. 44.]

=207. Warum= spritzt das Wasser bei einer Feuerspritze in einem
ununterbrochenen Strahle haushoch empor?

=Weil= die Luft in dem sogenannten Windkessel, durch den Druck des
Wassers, welches mit Hülfe zweier Druckpumpen in den Windkessel
getrieben wird, gewaltsam zusammengepreßt, das Wasser in das nahe am
Boden mündende Steigrohr hineintreibt. Da aber dieses Steigrohr anfangs
gleichfalls durch einen Hahn verschlossen ist, das Wasser also durch
dieses auch nicht entweichen kann, so wird die Luft in dem oberen
Theile des Windkessels durch das neu eintretende Wasser mehr und mehr
zusammengedrückt und erreicht endlich eine solche Spannkraft, daß, wenn
der Hahn geöffnet wird, sie das Wasser in einem hohen Strahle durch
das Steigrohr und den Spritzenschlauch hinaustreibt. Die Feuerspritze
besteht also eigentlich aus einem großen Heronsball, in welchen zwei
Druckpumpen abwechselnd das Wasser hineintreiben.

=208. Warum= steigen kleine, aus Goldschlägerhaut oder aus Collodium
verfertigte Ballons in die Höhe, wenn sie mit Leuchtgas oder mit
Wasserstoffgas gefüllt sind?

=Weil= jeder in der Luft befindliche Körper so viel an Gewicht
verliert, als die durch ihn verdrängte Luftmasse wiegt, ein Körper
also, der, wie das Wasserstoffgas, viel weniger wiegt, als die gleiche
Raummenge Luft, die durch ihn verdrängt wird, ebenso in der Luft
schwimmen muß, wie ein Stück Holz oder eine lufterfüllte Blase im
Wasser schwimmt. Wasserstoff ist 14½mal leichter als atmosphärische
Luft, Leuchtgas 2½mal so leicht. Ein mit solchem Gase gefüllter
Ballon muß so hoch steigen, bis die Luft, in welche er gelangt,
ebenfalls nicht dichter ist als das Gas, welches ihn erfüllt. Ein
mit Wasserstoffgas gefüllter Ballon steigt darum höher als ein mit
Leuchtgas gefüllter.

=209. Warum= steigt ein Luftballon, unter dessen unterer Oeffnung man
ein Stroh- oder Spiritusfeuer angezündet hat?

=Weil= die Luft im Innern des Ballons durch das Feuer erwärmt und
ausgedehnt wird, diese ausgedehnte und verdünnte Luft aber leichter
ist, als die den Ballon umgebende atmosphärische Luft, so daß die den
Ballon erfüllende Luft sammt der taffetnen Hülle und selbst sammt der
darangehängten Gondel und den etwa darin befindlichen Personen weniger
wiegt als die Luftmenge, welche er aus der Stelle drängt. Den ersten
solcher mit erwärmter Luft gefüllten Luftballons ließen die Gebrüder
_Montgolfier_ am 5. Juni 1783 zu Annonai in Frankreich steigen. Den
ersten mit Wasserstoffgas gefüllten Luftballon ließ _Charles_ am
27. August 1783 zu Paris aufsteigen. Man nennt deshalb auch die mit
erwärmter Luft gefüllten Ballons Montgolfieren, die mit Wasserstoff
gefüllten Charlieren. Der Erste, der es wagte, mit einem Luftballon
aufzusteigen, war _Pilâtre de Rozier_, der schon am 15. October 1783
mit Hülfe einer Montgolfiere sich bis zu 26 Meter Höhe erhob. Die
größte Höhe wurde wohl von dem berühmten Physiker _Gay-Lussac_, der
sich im Jahre 1804 bis zu 6550 Meter, und von dem neueren Luftschiffer
_Green_, der sich bis zu 8460 Meter erhob, erreicht. Neuerdings sollen
sogar Höhen von 10--11000 Metern erreicht worden sein (Glaisher und
Coxwell am 17. Juli 1862).



Chemische und physiologische Wirkungen der Luft.


    Die atmosphärische Luft, welche uns umgiebt, ist im
    Wesentlichen ein Gemenge von zwei verschiedenen Luftarten, die
    man Sauerstoff und Stickstoff nennt, und zwar besteht sie zu
    4/5 aus Stickstoff und zu 1/5 aus Sauerstoff. Genauer sind in
    je 100 Litern Luft 79 Liter Stickstoff und 21 Liter Sauerstoff
    enthalten. Außerdem befinden sich aber auch in der Atmosphäre
    stets eine gewisse Menge Wasserdampf und eine geringe Menge
    Kohlensäure, die sich durch die Verbrennung aus Kohle und
    Sauerstoff, durch Athmung und den Verwesungsprozeß bildet.
    Alle Verbrennung besteht nämlich in der Verbindung brennbarer
    Körper mit Sauerstoff. Zum Zustandekommen einer Verbrennung ist
    gewöhnlich eine gewisse Wärme nöthig. Jede lebhafte Verbrennung
    ist mit Wärme- und Lichtentwicklung verbunden. Der Sauerstoff
    ist aber nicht blos nothwendig zur Erhaltung der Verbrennung,
    sondern auch zur Unterhaltung der Athmung. Das athmende Thier
    und der athmende Mensch nehmen Sauerstoff in ihre Lungen auf.
    Dieser Sauerstoff kommt hier mit dem Blute in Berührung und
    verbindet sich zum Theil mit dem Kohlenstoff desselben zur
    Kohlensäure, die dann ausgeathmet wird. Der Sauerstoff wird
    deshalb auch Lebensluft genannt im Gegensatz zur Stickluft
    oder dem Stickstoffgas, in welchem kein Thier athmen oder
    leben kann. Daß die großen Mengen von Kohlensäure, welche
    durch Verbrennung und Athmung beständig erzeugt werden, die
    atmosphärische Luft nicht verderben, sogar ihren Gehalt an
    Kohlensäure überhaupt nicht vermehren, liegt größtentheils
    daran, daß die Pflanzen die Kohlensäure aufnehmen und dafür
    unter dem Einfluß des Lichtes Sauerstoff aushauchen.

=210. Warum= kann eine Kerze nicht fortbrennen, die man unter die
Glocke einer Luftpumpe bringt, wenn man die Luft aus der Glocke
auspumpt?

=Weil= nach dem Auspumpen der Luft in der Glocke überhaupt keine
Luft, also auch kein Sauerstoff mehr vorhanden ist, mit welchem ein
brennbarer Körper sich verbinden könnte, alle Verbrennung aber, also
auch die der Kerze, nur in einer Verbindung mit Sauerstoff besteht.

=211. Warum= bedecken sich kupferne Dächer und Statuen aus Bronce im
Laufe der Jahre mit einem grünen Ueberzuge?

=Weil= die in der Luft enthaltene Kohlensäure, ferner der Sauerstoff
und Wasserdampf derselben, ein großes Vereinigungsbestreben (chemische
Affinität) zu fast allen Metallen haben. Das Dach und die Statue
bedecken sich deßhalb allmählich mit einer dünnen Schicht von
kohlensaurem Kupfer, welche man mit dem Namen »grüne Patina« bezeichnet.

=212. Warum= erlischt ein Licht, das wir auf einem Korkstückchen auf
Wasser schwimmen lassen, sehr bald, wenn wir eine Glasglocke so darüber
stellen, daß das Wasser ringsum den Eintritt der Luft verhindert?

=Weil= das brennende Licht sehr bald den in dem abgeschlossenen
Raume vorhandenen Sauerstoff verzehrt, neue Luft und also auch neuer
Sauerstoff aber durch das Wasser nicht hinzutreten kann, und die Flamme
daher endlich keine Nahrung mehr findet. Nach dem Erlöschen des Lichtes
steigt das Wasser in der Glasglocke etwas in die Höhe, steht also darin
etwas höher als außerhalb, weil die durch das Verbrennen erzeugte
Kohlensäure zum Theil von dem Wasser verschluckt wird, und das Wasser
nun die Stelle des von der Flamme verzehrten Sauerstoffs einnehmen muß.
Allerdings ist noch Luft in der Glasglocke vorhanden, aber diese Luft
ist Stickstoff, der die Flamme nicht zu ernähren vermag.

=213. Warum= raucht eine Lampe, wenn man den Cylinder abnimmt, und ein
Ofen, wenn er keinen Zug hat?

=Weil= in beiden Fällen nicht Sauerstoff genug der Flamme zugeführt
wird, der Kohlenstoff daher nicht vollständig verbrennen kann und
sich nun unverbrannt ausscheidet. Der Rauch ist nichts anders als ein
Gemisch der durch die unvollständige Verbrennung erzeugten Luftarten
mit unverbranntem Kohlenstoff.

=214. Warum= kann in einem Keller, in welchem sich Wein im Zustande der
Gährung befindet, kein Licht fortbrennen?

=Weil= sich bei der Gährung dieselbe Luftart entwickelt, die auch bei
der Verbrennung des Kohlenstoffs entsteht, und weil diese Luftart,
die sogenannte Kohlensäure, nicht fähig ist, diese Verbrennung zu
unterhalten.

=215. Warum= wird ein Feuer durch Wind noch mehr angefacht?

=Weil= der Wind als bewegte Luft dem Feuer beständig neuen Sauerstoff
zuführt und dieses dadurch immer neue Nahrung gewinnt, während im
ruhigen Zustande die Luft in der Umgebung des Feuers allmählich
ihres Sauerstoffs beraubt wird und daher zur Unterhaltung des Feuers
nicht mehr beitragen kann. Das Fortbrennen des Feuers wird daher nur
ermöglicht durch ein beständiges Zuströmen frischer Luft, welche an die
Stelle der verbrauchten tritt.

=216. Warum= wird ein Feuer durch Blasen angefacht?

=Weil= der durch das Blasen dem Feuer zugeführte dichtere Luftstrom
mehr Sauerstoff enthält, als gewöhnliche atmosphärische Luft, und daher
auch das Verbrennen noch mehr befördert, so daß die Flamme dadurch
lebhafter wird.

=217. Warum= erhöht ein Strom kalter Luft, besonders aus einem
Blasebalge, auf weißglühendes Eisen gerichtet, die Hitze desselben so,
daß es zu schmelzen beginnt?

=Weil= durch den Blasebalg die ohnehin schon dichtere kalte Luft sehr
zusammengepreßt wird und wegen ihrer großen Dichtigkeit daher auch eine
sehr große Menge Sauerstoff dem glühenden Eisen zuführt, so daß dies
durch die Hitze der lebhafteren Verbrennung zum Schmelzen gebracht wird.

=218. Warum= erlischt das Feuer in einem Schornsteine sogleich, wenn
derselbe oben durch einen nassen Sack zugedeckt wird?

=Weil= zum Verbrennen durchaus Luft erforderlich ist, welche Sauerstoff
enthält, wie die atmosphärische Luft. Da sich nun der Sauerstoff der
Luft beim Verbrennen beständig mit dem verbrennenden Körper verbindet,
so muß zur Unterhaltung des Feuers immerfort neue Luft hinzutreten.
Bei Zudeckung des Schornsteins vermag aber die verdorbene Luft nach
oben nicht zu entweichen und daher auch von unten nicht frische Luft
zuzuströmen; dem Feuer fehlt es also endlich an Nahrung, und es
erlischt.

=219. Warum= erlischt das Feuer in einem Schornsteine, wenn man im
unteren Theile desselben Schwefel verbrennt?

=Weil= bei der Verbrennung des Schwefels eine Luftart, die sogenannte
schweflige Säure, erzeugt wird, die natürlich selbst nicht mehr die
Verbrennung unterhalten kann, die aber vermöge ihrer großen Schwere
den unteren Theil des Schornsteins erfüllt und daher keine neue
atmosphärische Luft von unten hinzutreten läßt, welche der Flamme neue
Nahrung zuführen könnte. Da aber auch von oben keine frische Luft
zutreten kann, weil dort die durch die Verbrennung ihres Sauerstoffs
beraubte und durch die Wärme ausgedehnte Luft gewaltsam ausströmt, so
muß das Feuer im Schornstein, seiner Nahrung völlig beraubt, allmählich
erlöschen.

=220. Warum= erlischt das Feuer bisweilen in einem brennenden Zimmer
von selbst, wenn Thüren und Fenster desselben dicht verschlossen
gehalten werden?

=Weil=, obgleich die äußere Luft wegen der Ritzen in den Thüren
und Fenstern zwar einigen Zutritt zu dem Zimmer hat, doch bei
verschlossenen Thüren und Fenstern nicht genug frische Luft eindringen
kann, um die Verbrennung auf die Dauer zu unterhalten. Soll ein Feuer
fortbrennen, so muß die dasselbe umgebende Luft, welche bereits ihren
Sauerstoff an die Flamme abgegeben hat und daher zum Verbrennen nicht
mehr tauglich ist, beständig durch frisch zuströmende sauerstoffhaltige
Luft ersetzt werden. Soll aber ein Feuer erlöschen, so muß man dasselbe
gegen das Hinzutreten frischer Luft absperren. Brennende Keller löscht
man daher am besten, indem man ihre Oeffnungen durch nasse Säcke oder
nassen Sand oder selbst Mist verschließt. Brennendes Fett oder Oel
wird durch Ueberdecken mit einem festen Körper, selbst mit Sägespähnen
gelöscht.

=221. Warum= sterben Thiere in einem luftleeren Raume?

=Weil= zur Erhaltung ihres Lebens durchaus das Einathmen
sauerstoffhaltiger Luft erforderlich ist und es in einem luftleeren
Raume, da überhaupt keine Luft vorhanden ist, natürlich auch an dem
nothwendigen Sauerstoff fehlt. Die Thiere kommen um, gerade wie ein
Feuer erlischt, dem die zur Unterhaltung des Verbrennens erforderliche
sauerstoffhaltige Luft nicht zugeführt wird. Wo daher kein Licht
brennen kann, da kann auch kein Thier leben, mag nun der Grund darin
liegen, daß die anwesende Luft keinen Sauerstoff enthält, oder daß
überhaupt gar keine Luft vorhanden ist.

=222. Warum= muß eine auf den Grund des Meeres gelassene Taucherglocke
von Zeit zu Zeit wieder heraufgezogen werden, damit der darin
befindliche Mensch fortleben kann?

=Weil= die in der Taucherglocke enthaltene atmosphärische Luft durch
das Athmen denjenigen Bestandtheil verliert, welcher allein zum
Fortbestehen des Lebens nothwendig ist, nämlich den Sauerstoff, der
übrig bleibende Theil, der Stickstoff, aber so wenig wie die von dem
Menschen ausgeathmete Luft, die Kohlensäure, zum Einathmen tauglich
ist. Bei den neueren Tauchapparaten pflegt man deshalb den darin am
Meeresgrunde arbeitenden Menschen durch Druckpumpen in Schläuchen
beständig frische Luft zuzuführen.

=223. Warum= sterben oft viele Menschen, wenn eine große Menge
derselben in einem engen, verschlossenen Raume zusammengesperrt wird?

=Weil= die von den Menschen eingeathmete Luft ihren Sauerstoff in den
Lungen an das Blut abgiebt, beim Ausathmen dagegen nur Kohlensäure
und Stickstoff von den Lungen wieder ausgestoßen werden, diese beiden
Luftarten aber nicht zur Athmung und zur weiteren Unterhaltung des
Lebens tauglich sind. Befinden sich daher viele Menschen in einem
engen, abgeschlossenen Raume, so wird der Sauerstoff der Luft, da keine
frische Luft zutreten kann, sehr bald durch das Athmen erschöpft, und
die Menschen müssen ersticken aus Mangel an sauerstoffhaltiger Luft.

=224. Warum= ist es lebensgefährlich, sich in Keller zu wagen, worin
Wein oder Bier sich im Zustande der Gährung befinden?

=Weil= die beim Gähren sich entwickelnde Luftart, die Kohlensäure,
nicht zum Athmen tauglich ist und daher, wenn sie eingeathmet wird, die
Lebensthätigkeit, welche eine beständige Verjüngung des Blutes durch
Sauerstoff erfordert, nicht mehr zu erhalten vermag.

=225. Warum= kommen oft Menschen um, die in lange verschlossen gewesene
Bergwerksgruben, Brunnen oder Kloaken hinabsteigen?

=Weil= in solchen Oertlichkeiten sich Luftarten entwickeln, die
nicht zum Einathmen tauglich und für die Lungen oft geradezu giftig
sind. In Brunnen und Bergwerken ist es gewöhnlich die Kohlensäure,
die sich dort erzeugt und wegen ihrer großen specifischen Schwere
am Boden lagert. In Abtrittsgruben und Kloaken ist es das noch
gefährlichere Schwefelwasserstoffgas, welches die Erstickung bewirkt.
In Steinkohlengruben entwickelt sich oft auch das sogenannte Grubengas
oder Kohlenwasserstoffgas, das ebensowenig für die Athmung tauglich
ist, das sich aber auch sehr leicht an der Lampe des Bergmanns
entzündet und dadurch furchtbare Explosionen veranlaßt. Um sich vor
der Gefahr des Erstickens in Brunnen, Kellern und Abtrittsgruben zu
schützen, ist es nothwendig, daß man vor dem Hinabsteigen sich von dem
Vorhandensein schädlicher Gase überzeugt. Man lasse daher eine an einer
Leine befestigte Laterne hinab, in welcher ein Licht brennt. Verlöscht
dieses, so sind sicher Luftarten vorhanden, die auch für die Athmung
schädlich sind. Um dann die Luft in diesen Räumen zu reinigen, kann
man hineinschießen oder brennende Strohbündel hineinwerfen und dadurch
eine Bewegung der Luft hervorrufen. Noch besser aber ist es, Chlorkalk
oder gebrannten Kalk oder Lappen, die mit Kalkmilch oder Salmiakgeist
getränkt sind, hinabzuwerfen, weil dadurch die schädlichen Luftarten
zerstört oder, indem sie sich mit dem Kalk oder Salmiakgeist verbinden,
unschädlich gemacht werden.

=226. Warum= kommen sehr oft Menschen um, die sich in einer geheizten
Stube schlafen legen, wenn sie nach dem Abbrennen des Feuers die
Ofenklappe zu früh zugedreht haben?

=Weil= die glimmenden Kohlen, wenn die Luft von ihnen abgesperrt ist,
nicht mehr genug Sauerstoff finden, um vollkommen zu verbrennen, und
dann eine eigenthümliche Luftart entwickeln, die man im gemeinen Leben
als Kohlendampf bezeichnet, die aber im Wesentlichen eine Verbindung
der Kohle mit einer geringeren Menge von Sauerstoff ist, als in der
Kohlensäure vorhanden ist. Diese Luftart oder das Kohlenoxydgas kann
nun nicht mehr durch den Schornstein entweichen, dringt daher in das
Zimmer und wird von der schlafenden Person eingeathmet. Sie wirkt
aber, eingeathmet, in den Lungen giftig und todbringend. Dasselbe
giftige Gas entsteht auch in Kohlenbecken, weil die über den glimmenden
Kohlen liegende Asche den Zutritt der Luft erschwert. Es ist daher auch
gefährlich, Kohlenbecken in Zimmern, namentlich während der Nacht,
stehen zu lassen.



Vom Schalle.


    Schall ist die Wirkung der Erschütterung der Theilchen
    eines Körpers, welche sich durch die Luft unserem Hörorgan
    mittheilt. Die Bewegung, auf welcher der Schall beruht, ist
    eine eigenthümlich zitternde oder schwingende. Man kann diese
    Schwingungen bisweilen sehen und fühlen. Man sieht sie in
    dem Schwirren einer tönenden Saite oder in dem Hüpfen des
    Sandes auf dem Resonanzboden eines Klaviers, während dies
    gespielt wird. Man fühlt sie, wenn man an eine etwas große
    Glocke schlägt und dann leise die Fingerspitze an ihren Rand
    legt; man fühlt dann deutlich, daß der entstandene Schall von
    einem inneren Erzittern der äußerlich ganz in Ruhe bleibenden
    Glocke begleitet ist. Daß aber auch in der Luft solche
    Schwingungen stattfinden, davon überzeugt uns das Zerspringen
    der Fensterscheiben durch den Knall einer in der Nähe
    losgeschossenen Kanone, sowie das Erzittern der Fenster und der
    Thüren während eines heftigen Donnerschlages. Je nachdem der
    Schall auf einer einmaligen, plötzlichen, oder auf einer sich
    wiederholenden und andauernden Erschütterung beruht, und je
    nachdem die Schallschwingungen regelmäßig oder unregelmäßig,
    gleichartig oder ungleichartig auf einander folgen,
    unterscheiden wir zwischen einem Knall, einem Geräusch, einem
    Ton oder Klang. Eine einmalige, sehr heftige Erschütterung
    der Luft, der keine andere nachfolgt, ist ein Knall. Viele,
    aber ungleichartig und unregelmäßig auf einander folgende
    Schallschwingungen erzeugen ein Geräusch oder einen Lärm,
    und zwar je nach der Empfindung unseres Ohres ein Rauschen,
    Brausen, Rollen, Klirren, Knarren, Rasseln etc. Gleichartige
    Schwingungen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit und mit
    einer bestimmten Geschwindigkeit einander folgen, empfinden wir
    als Ton oder Klang.

=227. Warum= vernehmen wir einen Schall, wenn wir mit einem Stocke
gegen einen Stein schlagen?

=Weil= durch das Anschlagen des Stockes gegen den Stein zunächst die
Theile desselben, welche der Schlag trifft, heftig erschüttert werden,
und diese Erschütterung den nächsten Theilchen mitgetheilt wird und
so fort. Da nun der Körper von Luft umgeben ist, so werden auch die
dem erschütterten Körper zunächst liegenden Lufttheilchen gleichfalls
erschüttert, und diese Erschütterung pflanzt sich immer weiter fort,
bis sie diejenigen Lufttheilchen erreicht, die unsern Gehörwerkzeugen
zunächst sind, und in diesen daher die Empfindung des Schalles erregt.

[Illustration: Fig. 45.]

=228. Warum= vernehmen wir einen Knall, wenn wir mit einer Peitsche
heftig durch die Luft fahren?

=Weil= durch die heftige Bewegung der Peitsche eine Menge Luft
plötzlich aus ihrer Lage gedrängt wird, und in Folge dessen abwechselnd
verdichtete und verdünnte Luftschichten entstehen, ähnlich wie in einer
größeren Wassermasse, in welcher wir eine kleine Menge Wasser plötzlich
aus ihrer Lage drängen, indem wir z. B. einen Stein hineinwerfen,
abwechselnde Wasserberge und Wasserthäler entstehen. Der Stein
drängt nämlich das Wasser nach allen Seiten, und da das Wasser nicht
zusammendrückbar ist, so muß rings um den Stein sich eine Erhöhung
bilden. Diese fließt nach außen und nach innen ab, und die abfließende
Wassermenge veranlaßt auf der zunächstliegenden Fläche die Entstehung
einer neuen ringförmigen Erhöhung und scheint so nach außen, sich
immer mehr erweiternd, fortzuschreiten. Ein ähnlicher Vorgang muß auch
in der Luft eintreten, wenn der Schlag der Peitsche die plötzliche
Verschiebung einer Luftmenge bewirkt, nur mit dem Unterschiede, daß
die Luft zusammendrückbar ist und daher, statt der Wellenberge und
Wellenthäler, sich ringsum kugelförmig verbreitende verdichtete und
verdünnte Luftschichten entstehen müssen.

=229. Warum= hört man den Wecker eines Uhrwerks unter der Glocke einer
Luftpumpe nicht mehr, wenn die Luft ausgepumpt ist?

=Weil= die Schwingungen der Weckerglocke durch die Luft fortgepflanzt
und unserem Ohre mitgetheilt werden müssen, wenn wir sie als Schall
empfinden sollen. Wenn aber die Luft fehlt, so können die Schwingungen
sich auch nicht von dem schallenden Körper weiter verbreiten.

=230. Warum= hören wir einen Schall in der Nähe stärker als in der
Ferne?

=Weil= die Schallwellen sich wie Hohlkugeln um den schallenden Körper
ausbreiten, jede Bewegung aber an Stärke in demselben Verhältniß
abnehmen muß, in welchem die Fläche wächst, über welche sie sich
ausbreitet. Eine Schallwelle breitet sich in der doppelten Entfernung
auf eine 4mal so große Fläche aus, und die Erschütterung, die
sie bewirkt, kann nur noch ¼ so stark sein, als in der einfachen
Entfernung. Von der Stärke der Erschütterung hängt aber die Wirkung des
Schalles auf unser Gehörorgan ab; wir hören darum den Schall in der
doppelten Entfernung auch nur ¼mal so stark.

=231. Warum= geben einige Körper beim Anschlagen einen stärkeren Schall
als andere?

=Weil= die Körper verschiedene Elasticität und Dichtigkeit besitzen,
sehr elastische Körper aber eine heftigere Erschütterung der Theilchen
und weitere Schwingungen zulassen, als weniger elastische, und in
dichteren Körpern mehr Masse in Schwingungen versetzt wird, als in
weniger dichten. Von der Erschütterung der Theilchen eines Körpers
hängt aber die Erschütterung der Luft und von dieser die Wirkung auf
unser Gehörorgan ab. Sehr weiche Körper, namentlich Flüssigkeiten, sind
darum nicht geeignet, einen Schall zu erzeugen.

=232. Warum= sieht man aus einiger Entfernung die Axt des Holzhauers
früher niederfallen, als man den Schlag hört?

=Weil=, wie jede Bewegung eine gewisse Zeit erfordert, so auch eine
gewisse Zeit vergehen muß, ehe der Schall von seinem Entstehungsorte
durch die Luft sich bis zu unserm Ohre fortpflanzt. In der Luft
beträgt die Geschwindigkeit, mit welcher sich der Schall fortpflanzt,
ungefähr 1060 Fuß oder 333 Meter in der Secunde. Aus der Zeit, welche
zwischen dem Lichtblitz beim Abschießen einer Kanone und dem Eintreffen
des Schalles, oder zwischen Blitz und Donner bei einem Gewitter
verstreicht, kann man auf die Entfernung der Kanone oder des Gewitters
schließen.

=233. Warum= hört man das Läuten der Glocken oder andere Arten des
Schalles in gleicher Entfernung, bald stärker, bald schwächer?

=Weil= die Luft bald mehr, bald weniger geeignet ist, die
Erschütterungen fortzupflanzen, da sie bald eine größere, bald eine
geringere Dichtigkeit und Elasticität besitzt. Je dichter die Luft
ist, desto besser leitet sie den Schall. In der dünnen Luft hoher
Alpengipfel hört man darum den Knall einer Pistole kaum stärker
als einen kräftigen Handschlag. Im Winter, wo die Luft kälter und
darum auch dichter ist, hört man den Schall stärker und in weiterer
Entfernung als im Sommer. Im Sommer wirkt zugleich der Pflanzenwuchs
der Verbreitung der Schallwellen hemmend entgegen. In der Nacht wird
ein Schall deutlicher vernommen als am Tage, nicht bloß, weil am Tage
noch ein mannigfach verworrenes Geräusch die Empfindlichkeit des Ohres
abstumpft, sondern auch weil am Tage das Aufsteigen der wärmeren Luft
der Verbreitung der Schallwellen hinderlich wird. Ein der Richtung
der sich fortpflanzenden Schallwellen entgegen wehender Wind hält sie
ebenfalls auf, während ein in derselben Richtung wehender Wind die
Geschwindigkeit der Schallfortpflanzung vergrößert. Regentropfen und
Schneeflocken unterbrechen und stören vielfach die Schallwellen, und
man vernimmt darum bei Regen und Schneefall das Läuten einer Glocke
nicht, das man bei heiterem Wetter sehr deutlich hört.

=234. Warum= hört man entfernten Kanonendonner besser, wenn man das Ohr
auf die Erde legt?

=Weil= der Erdboden den Schall mit größerer Geschwindigkeit
fortpflanzt, als die Luft. Ueberhaupt leiten die meisten festen Körper
und selbst Flüssigkeiten den Schall mit größerer Geschwindigkeit
fort, als die Luft. So ist die Geschwindigkeit des Schalles in Eisen
16-2/3, in Tannenholz 18, in Wasser 4½mal so groß als in der Luft.
Wenn man eine Taschenuhr auf das Ende eines sehr langen Balkens legt,
so kann man das Ticken derselben noch hören, wenn man das Ohr an das
andere Ende des Balkens anlegt. Dagegen wird die Fortpflanzung des
Schalles durch ungleichartige und vielfach unterbrochene Körper stark
gestört. Namentlich lockere Körper, wie Tuch, Pelz, Wolle, Baumwolle,
Federn, Sägespähne, sind zur Fortleitung des Schalles wenig geeignet
und schwächen ihn beträchtlich, weil in ihnen der Schall beständig
aus einer festeren Schicht in eine eingeschlossene Luftschicht und
umgekehrt übergehen muß und dabei jedesmal gestört wird. Mit Champagner
oder Selterwasser gefüllte Gläser klingen daher nicht. Durch wollene
Decken oder Strohmatten, die man vor Fenster und Thüren hängt, kann man
das Geräusch der Straße von einem Zimmer fern halten.

=235. Warum= hallen einzelne Silben oder auch wohl ganze Wörter
zuweilen mehrfach wieder, wenn sie einer Felswand oder der Mauer eines
Gebäudes gegenüber in einer gewissen Entfernung laut ausgesprochen
werden?

=Weil= die durch das Aussprechen der Silben oder Wörter verursachten
Erschütterungen oder Schallwellen der Luft, wenn sie in ihrem
Fortschreiten gegen die Felswand oder Mauer treffen, von dieser
zurückgeworfen werden und daher den Schall nach derselben Gegend
wieder hinsenden, woher er kam, gerade wie ein elastischer Ball von
einer Wand zurückprallt. Da unser Ohr in einer Secunde höchstens 9--10
Silben zu unterscheiden vermag, in 1/10 Secunde der Schall aber 33-1/3
Meter durchläuft, hin und zurück also nur 16-2/3 Meter durchlaufen
kann, so muß eine Wand mindestens 16-2/3 Meter von uns entfernt sein,
wenn wir den Nachhall einer ausgesprochenen Silbe oder ihr Echo noch
deutlich unterscheiden sollen. In einem kleineren Raume, etwa zwischen
den Wänden eines Zimmers, verschmilzt der Nachhall mit dem Schall
und verstärkt diesen nur. Soll der Nachhall von 2, 3 und mehr Silben
deutlich vernommen werden, so muß die den Schall zurückwerfende Wand
2, 3 oder mehrmal 16-2/3 Meter von uns entfernt sein. Soll eine Silbe
oder ein Schall überhaupt mehrfach wiederhallen, also ein mehrmaliges
Echo stattfinden, so muß die Zurückwerfung durch mehrere Wände
geschehen, die entweder gleichlaufend sich gegenüberstehen oder an
einander anstoßen. Dies ist z. B. an dem Lurleyfelsen bei Oberwesel am
Rhein, bei den Adersbacher Felsen in Böhmen und auf dem Königsplatz in
Kassel der Fall. Eines der berühmtesten Echos ist das beim Schlosse
Simonetta bei Mailand, das den Schall eines Pistolenschusses 40--50mal
wiederholt. Bei Musiksälen, Theatern etc. ist es eine der schwierigsten
Aufgaben der Baukunst, den störenden Nachhall zu beseitigen; das
geeignetste Mittel dazu scheint die möglichst reiche Gliederung der
Wände zu sein.

[Illustration: Fig. 46.]

=236. Warum= kann man sich noch auf sehr weite Entfernungen vernehmlich
machen, wenn man in ein Sprachrohr hineinspricht oder ruft?

=Weil= wegen der kegelförmigen Gestalt des Sprachrohrs die gegen die
inneren Wände desselben treffenden Schallwellen, nachdem sie mehrmals
zurückgeworfen worden sind, endlich fast alle eine und dieselbe
Richtung erhalten und, indem sie fast gleichlaufend austreten, auf
dem langen Wege durch die freie Luft zusammengehalten werden. Ein
Höhrrohr ist ein umgekehrtes kleines Sprachrohr, dessen Trichter eine
große Menge von Schallwellen aufnimmt, die in dem engeren Schallrohr
zusammengedrängt werden und so verdichtet in das Ohr gelangen, auf
welches sie darum einen stärkeren Eindruck machen. Da der Schall
überhaupt nur wenig von seiner Stärke einbüßt, wenn er sich in einer
begrenzten Luftmasse ausbreitet, so können auch sogenannte Schall-
oder Communicationsröhren, d. h. beliebig lange, 4--5 Centimeter weite
Blech- oder Kautschukröhren, in die man hineinspricht, dazu dienen,
sich auf größere Entfernungen verständlich zu machen. Man findet darum
solche Röhren in Fabriken oft durch mehrere Stockwerke hindurch. Aus
demselben Grunde pflanzen auch Kamine, Gasleitungen, Heizungsröhren den
Schall in auffallender Weise fort, und in Gefängnissen sind sie oft zu
Verständigungen unter den Gefangenen benutzt worden.

=237. Warum= wird der Ton einer Stimmgabel auffallend stärker, wenn man
sie auf irgend einen festen Körper, z. B. auf eine Tischplatte aufsetzt?

=Weil= ein fester Körper, wie die Tischplatte, besonders wenn er in
unmittelbarer Berührung mit dem schallenden Körper steht, selbst in
ähnliche Schwingungen geräth und diese dann auch der Luft mittheilt,
dadurch also den Ton des schallenden Körpers verstärkt. Auf diesem
Mitschwingen oder Mittönen beruht auch der Resonanzboden des Klaviers,
der Violine u. s. w.

[Illustration:

    ~a~) Ohrmuschel.
    ~b~) Gehörgang.
    ~c~) Trommelfell.
    ~d~) }
    ~e~) } Gehörknöchelchen.
    ~f~) }
    ~g~) Vorhof.
    ~h~) Bogengänge.
    ~i~) Schnecke.

Fig. 47.]

=238. Warum= können taubgeborne oder an gewissen Krankheiten des Ohres
leidende Personen nicht hören?

=Weil= die durch das Sprechen erschütterte Luft zwar ebenfalls diese
Erschütterungen bis zu ihrem Ohre fortpflanzt, sie hier aber wegen des
krankhaften Zustandes des Ohres dem Gehörnerv nicht mehr mitgetheilt
werden können. Dies ist besonders der Fall, wenn der Gehörnerv selbst
unempfindlich ist, oder wenn das sogenannte Labyrinth fehlt, durch
dessen Flüssigkeit die Schallschwingungen dem Gehörnerv mitgetheilt
werden. Unser Ohr ist ein sehr künstlich gebauter Apparat zur Aufnahme
von Schallschwingungen. Das äußere Ohr sammelt und leitet mittelst
der durch vielfache Windungen eine große Oberfläche darbietenden
Ohrmuschel (~a~) die Schallschwingungen in den Gehörgang (~b~), einen
etwa 1 Zoll langen Kanal im Schläfenbein. Der Gehörgang ist hinten
durch das Trommelfell (~c~) geschlossen, mit welchem das mittlere
Ohr oder die Paukenhöhle beginnt, die durch die Eustachische Röhre
mit der Rachenhöhle, also auch mit der äußeren Luft in Verbindung
steht. In der Paukenhöhle liegen die Gehörknöchelchen, durch welche
die Schallschwingungen, welche mittelst des Trommelfells denselben
mitgetheilt werden, nach den Gesetzen der Resonanz eine größere Stärke
erhalten. Durch den Verlust des Trommelfells und der Knöchelchen ist
darum das Gehör nicht aufgehoben, sondern nur bedeutend geschwächt. Die
Paukenhöhle ist von dem inneren Ohre, dem sogenannten Labyrinth, einer
Höhlung im Felsenbein, durch eine knöcherne Scheidewand getrennt, in
welcher zwei mit Haut überzogene Oeffnungen, das runde und das ovale
Fensterchen, eine Verbindung mit der Paukenhöhle herstellen. Durch
das ovale Fensterchen theilen sich die Schallschwingungen dem Wasser
mit, welches das ganze Labyrinth erfüllt, und das sich schwingend
vor- und zurückbewegen kann, weil das runde Fensterchen, mit welchem
das Labyrinth endigt, auszuweichen vermag. Das Labyrinth selbst
besteht wieder aus dem Vorhof (~g~), den drei Bogengängen (~h~) und
der Schnecke (~i~), in denen sich die Zweige des Gehörnervs mannigfach
verbreiten. In der Erkrankung dieses Theils liegt also die größte
Gefahr für die Empfindlichkeit des Gehörs.

=239. Warum= giebt eine dickere Violinsaite einen tieferen Ton als eine
dünnere, und warum giebt dieselbe Saite einen höheren Ton, wenn sie
stärker gespannt wird, oder wenn man sie verkürzt?

=Weil= die Höhe eines Tones von der Zahl der Schallwellen abhängt,
welche in einer Secunde in unser Ohr gelangen und von demselben
empfunden werden, der Ton einer Saite also um so höher ist, je
schneller sie schwingt, oder je mehr Schwingungen sie in derselben
Zeit macht, eine Saite aber um so mehr Schwingungen macht, je dünner,
je kürzer oder je mehr angespannt sie ist. Eine Saite, welche die
Octave giebt, macht doppelt so viele Schwingungen in der Secunde,
als eine Saite, welche den Grundton giebt. Im Allgemeinen beginnt
unsere Tonempfindung erst bei 30 bis 40 Schwingungen in der Secunde
und hört bei 5000, höchstens 9000 Schwingungen auf; besonders geübte
und feinfühlende Ohren hören nach _Helmholtz_ noch Töne von 76000
Schwingungen in der Sekunde. In der Musik kommt es aber weniger auf
die absolute Höhe der Töne als auf ihre Verhältnisse oder Intervalle
an. Die einfachsten Intervalle bilden diejenigen Töne, welche 2, 3, 4,
5 ... mal so viel Schwingungen machen, als ein anderer Ton, den man
den Grundton nennt, also die harmonischen Obertöne des Grundtons. Die
nächsteinfachen Verhältnisse sind die von 3 : 2 und von 5 : 4, und
solche Töne, welche 3/2 oder 5/4 mal so viel Schwingungen machen, als
der Grundton, nennt man die Quinte und die Terz des Grundtons. Auch
die Töne, welche 4/3 und 5/3 mal so viel Schwingungen als der Grundton
enthalten, die Quarte und die Sexte, klingen noch befriedigend mit
dem Grundton zusammen. Solche Töne, welche zusammen einen angenehmen
Eindruck auf das Gehör machen, nennt man consonirend, und ihren
Zusammenklang selbst Consonanz. Töne, deren Schwingungszahlenverhältniß
zum Grundton nicht mehr einfach ist, bilden Dissonanzen.

=240. Warum= giebt eine längere Pfeife einen tieferen Ton als eine
kürzere?

=Weil= es in jeder Pfeife die durch das Einströmen eines schmalen
Luftstroms hervorgebrachte schwingende Bewegung der eingeschlossenen
Luftsäule ist, welche den Ton erzeugt, und weil die Höhe dieses Tones
von der Zahl der in einer Secunde gemachten Schwingungen abhängt, diese
aber im umgekehrten Verhältniß zur Länge der Pfeife steht. Wenn, wie
bei der Flöte, die Wände einer Pfeife mit Oeffnungen versehen sind,
welche geöffnet und geschlossen werden können, so ist die erste nicht
geschlossene Oeffnung als das Ende der Pfeife anzusehen und die Höhe
des Tones dem Abstande der Oeffnung vom Mundloch entsprechend. Man
begreift daher, wie sich durch Oeffnen und Schließen der Seitenlöcher
der Ton erhöhen und erniedrigen läßt.

[Illustration: Fig. 48.]

=241. Warum= kann man eine ausgeschnittene Gänsegurgel noch zum Tönen
bringen, wenn man hineinbläst?

=Weil= das in der Gurgel liegende Stimmorgan der Gans, wie der meisten
Thiere und auch des Menschen, eigentlich eine Pfeife ist, in welcher
der Ton durch die Schwingungen zweier elastischer Bänder erzeugt wird,
die zwischen sich nur eine schmale Spalte, die Stimmritze, für den
durchgehenden Luftstrom freilassen. Das Stimmorgan hat die meiste
Aehnlichkeit mit einer sogenannten Zungenpfeife, wie wir sie in der
Kindertrompete kennen, bei welcher der eingeblasene Luftstrom ein
elastisches Blättchen in Bewegung setzt, welches seine schwingende
Bewegung dann der in der Pfeife eingeschlossenen Luftsäule mittheilt.
Bei dem Stimmorgan des Menschen bildet die Lunge nur den Blasebalg,
die Luftröhre das Windrohr, während der Kehlkopf das eigentliche
Instrument ist, das in seinem obersten Theile die tönende Zunge
enthält, und Rachen und Mund nur als Schallbecher dienen. Der Kehlkopf
besteht aus dem obersten Ringe der Luftröhre oder dem Ringknorpel, dem
Schildknorpel oder Adamsapfel und den zwei durch Muskeln beweglichen
Gießkannenknorpeln. Die Schleimhaut der Luftröhre geht in dem Kehlkopf
in ein sehr elastisches Gewebe über, das von der Vorderkante des
Schildknorpels sich in zwei halbkreisförmigen Abtheilungen, die man
Stimmbänder nennt, nach hinten zu den Gießkannenknorpeln zieht.
Bei gewöhnlichem Athmen liegen diese beiden Häute schlaff über
einander und schließen den Zwischenraum, so daß das Athmen nur durch
eine schmale Fortsetzung dieses Zwischenraums zwischen den zwei
Gießkannenknorpeln, die Athemritze, geschieht. Bei der Tonbildung
dagegen schließt sich die Athemritze, die Stimmbänder werden straff
gespannt und ihre Ränder liegen fest aneinander, so daß nur ein feiner,
grader Spalt, die Stimmritze, übrig bleibt. Indem der Luftstrom durch
diese hindurchgeht, versetzt er die Stimmbänder in Schwingungen, welche
sich auf die Luftsäule in der Rachen- und Mundhöhle übertragen. Die
Höhe des Tons hängt also hauptsächlich von der Spannung und der Länge
der Stimmbänder ab.



Von der Wärme.


    Unter Wärme verstehen wir bald das Gefühl, welches wir bei der
    Berührung gewisser Körper empfinden, bald die Ursache dieses
    Gefühles oder den Zustand der Körper selbst, welche diese
    Empfindung in uns hervorrufen. Gewöhnlich spricht man von der
    Wärme, wie von einem Stoffe, der von den Körpern ausströmt,
    fortgeleitet wird, die Körper durchdringt etc., und früher hat
    man auch wirklich einen solchen Wärmestoff angenommen, der
    freilich keine einzige Eigenschaft des Stoffes, namentlich
    keine Schwere besitzt. Das Wesen der Wärme kann man daher
    nur in einer Bewegung sehen, und zwar in einer schwingenden
    oder Wellenbewegung. Nur darüber streitet man noch, ob sie
    eine Bewegung der kleinsten Körpertheilchen selbst, oder eine
    Bewegung eines feinen, alle Körper durchdringenden Stoffes,
    des sogenannten Aethers sei. Die wichtigsten Quellen der
    Wärme sind die Sonnenstrahlen, Reibung, Druck und chemische
    Prozesse, namentlich die Verbrennung; ferner Elektricität und
    Magnetismus. Kälte ist nur Mangel an Wärme. Die Temperatur
    eines Körpers ist der Grad seiner Erwärmung.

=242. Warum= springen Funken ab, wenn man mit einem Stahl an einen
Feuerstein schlägt?

=Weil= durch das heftige Anschlagen des Stahles gegen den harten
Feuerstein kleine Stahlstückchen abspringen, die in Folge der durch
die Reibung erzeugten Hitze glühend werden und, wenn sie auf Schwamm
oder Zunder fallen, diesen entzünden. Wenn man die Funken auf weißes
Papier fallen läßt und sie dann durch ein Vergrößerungsglas betrachtet,
kann man deutlich die geschmolzenen Stahlstückchen erkennen. Auch vom
eisernen Huf eines auf gepflasterter Straße galoppirenden Pferdes sieht
man Abends glühende Theilchen umhersprühen. Wenn man zwei Kieselsteine
heftig an einander schlägt, werden ebenfalls glühende Steinstückchen
losgerissen. Ueberhaupt wird durch Reibung und starken Druck Wärme
erzeugt. Ein Hammer erwärmt sich bei längerem Gebrauch, und der Schmied
kann einen Nagel durch geschicktes Hämmern glühend machen.

=243. Warum= müssen die Achsen der Wagenräder geschmiert werden?

=Weil= bei der Umdrehung der Räder um die Achsen eine heftige Reibung
stattfindet und durch diese Reibung bedeutende Wärme erzeugt werden
würde, die sich bis zur Entzündung der Achsen steigern könnte, wenn die
Reibung nicht durch eine dazwischen gebrachte Flüssigkeit, namentlich
ein geschmeidiges Oel oder Fett, vermindert würde.

=244. Warum= verbrennt man sich die Hände, wenn man sich schnell an
einem Seile herabläßt?

=Weil= beim schnellen Herabgleiten an einem Seile eine heftige Reibung
zwischen den Händen und dem Seile stattfindet, und durch diese Reibung
Wärme erzeugt wird, die sich zu einem solchen Grade steigern kann, daß
sie nicht blos die Empfindung des Verbrennens, sondern auch wirkliche
Brandwunden an den Händen verursacht. Die Reibung und die dadurch
erzeugte Erwärmung ist um so heftiger, je schneller das Herabgleiten
geschieht, und je größer die Strecke ist, durch die man sich herabläßt.

=245. Warum= wird frisch gebrannter Kalk heiß, wenn man ihn beim
Löschen mit Wasser besprengt?

=Weil= das Wasser sich mit dem Kalk zu einem neuen Körper, dem
gelöschten Kalk, chemisch verbindet, und diese chemische Verbindung
Wärme erzeugt. Daß der Kalk das Wasser aufgenommen hat, läßt sich
durch seine Gewichtszunahme beweisen. Das Wasser ist dabei zugleich
verdichtet und fest geworden; denn der neue Körper ist staubig trocken.
Daß auch bei andern chemischen Verbindungen Wärme erzeugt wird, kann
man erfahren, wenn man Schwefelsäure mit Wasser mischt. Darum darf man,
wenn man sich mit Schwefelsäure beschüttet hat, dieselbe nicht sogleich
mit Wasser abwaschen, sondern muß sie vorher mit Wolle oder Papier
abtrocknen. Auch unsere eigene Körperwärme ist ein Erzeugniß chemischer
Prozesse, die durch unsere Athmung vermittelt werden. Jede Verbrennung,
die Hauptquelle unserer künstlichen Wärme, ist ein chemischer Prozeß.

=246. Warum= geräth feuchtes Heu häufig in Brand?

=Weil= in solchen feuchten Pflanzenstoffen allmählich eine Gährung
eintritt, welche die Pflanzenstoffe in eine schwarze, kohlenreiche
Masse verwandelt, in Folge dieser Gährung und Fäulniß aber diese Stoffe
sich erhitzen und dabei zugleich eine Menge von Kohlenwasserstoffgas
entwickeln, das in der porösen Masse sehr verdichtet wird. Da nun
Heu und ähnliche Pflanzenstoffe zugleich sehr schlechte Wärmeleiter
sind, d. h. die erzeugte Wärme nicht leicht abgeben, so kann sich
diese in ihrem Innern bis zu einem Grade steigern, bei welchem die
Entzündung der Stoffe möglich ist. Kann endlich frische Luft, also
Sauerstoff, hinzutreten, so muß die Entzündung erfolgen, da die
beiden Bedingungen der Verbrennung erfüllt sind: die zur Entzündung
erforderliche Temperatur und der freie Zutritt sauerstoffhaltiger
Luft. Wie feuchtes Heu, so können sich auch feuchte Sägespäne, Kleie,
Getreide, Dünger von selbst entzünden. Große Massen von gemahlenem
Kaffee und Cichorien, wenn sie dicht verpackt sind, ebenso große Massen
gepulverter Kohle, sind feuergefährlich, weil sie ihrer Porosität wegen
Luftarten einsaugen und in sich verdichten, durch diese Verdichtung
aber Wärme erzeugt wird. Fest zusammengepackte gefettete Wolle, fettige
Putzlappen, gepreßte wollene Tücher, die noch nicht durch das Walken
ihres Fettes beraubt sind, gefirnißte, fest auf einander gelegte Zeuge
erhitzen sich gleichfalls, da sie beim Trocknen Sauerstoff aufnehmen
und in sich verdichten.

=247. Warum= wird durch den Hauch aus dem Munde oder durch den Wind ein
Licht ausgelöscht?

=Weil= der brennende Theil des Lichtes durch den daran streichenden
kalten Luftstrom bis unter diejenige Temperatur abgekühlt wird, bei
welcher das Verbrennen allein noch möglich ist. Denn zum Verbrennen
eines Körpers gehört nicht nur ein freier Zutritt der Luft, sondern
auch ein gewisser Grad der Temperatur, der bei den verschiedenen
Körpern sehr verschieden, bei einigen, wie beim Phosphor, sehr niedrig,
bei andern, wie bei Holz, Kohlen, Coaks und den meisten Schwermetallen,
aber sehr hoch ist.

=248. Warum= haben metallene Thee- und Kaffeekannen gewöhnlich hölzerne
Handgriffe?

=Weil= das Metall ein zu guter Wärmeleiter ist und daher die Wärme
einer in das Gefäß gebrachten heißen Flüssigkeit sehr schnell und in
hohem Grade annimmt, während das Holz, als schlechter Wärmeleiter, die
Wärme nur in geringem Grade und sehr langsam annimmt, so daß uns ein
hölzerner Handgriff gestattet, die mit heißer Flüssigkeit gefüllte
Theekanne in die Hand zu nehmen. -- Man nennt nämlich diejenigen
Körper, welche die Wärme sehr gut aufnehmen und schnell fortleiten,
gute Wärmeleiter, die entgegengesetzten schlechte Wärmeleiter. Die
besten Wärmeleiter sind die Metalle, die schlechtesten Luft, Asche,
Federn, Wolle, überhaupt Haare.

=249. Warum= kann man einen Draht nicht lange in die Lichtflamme
halten, ohne sich zu verbrennen, während man doch einen Fidibus ohne
Gefahr bis an die Finger abbrennen lassen kann?

=Weil= das Metall ein sehr guter Wärmeleiter ist, und die durch die
Flamme erhitzten Theilchen des Drahtes daher ihre Wärme sehr bald den
nächsten, sie berührenden Theilchen mittheilen, so daß diese Wärme sehr
schnell bis zu dem in unserer Hand befindlichen Ende gelangt; während
in dem Papier, als einem sehr schlechten Wärmeleiter, die Wärme sich
sehr langsam von Theilchen zu Theilchen verbreitet, so daß sie noch
nicht zu unserer Hand gelangt ist, wenn die Flamme schon nahe daran ist.

=250. Warum= verbrennt man sich leicht die Hand, wenn man dieselbe an
eine Säge hält, mit der soeben längere Zeit gesägt worden ist?

=Weil= durch die starke Reibung beim Sägen eine bedeutende Wärmemenge
erzeugt wird, das Holz aber ein schlechter, das Metall dagegen ein
guter Wärmeleiter ist, und letzteres daher den größten Theil der
erzeugten Wärme in sich aufnimmt. Aehnliches findet überall statt, wo
ein metallener Gegenstand an einem hölzernen oder überhaupt an einem
schlechten Wärmeleiter gerieben wird. Wenn man eine Kupfermünze auf
dem Fußboden oder auf einem Stück Tuch reibt, so wird sie so heiß, daß
man die Finger wegziehen muß, während der Fußboden oder das Tuch nicht
merklich erhitzt ist.

=251. Warum= kann man, wenn man sich die Hand mit Asche bestreut, eine
glühende Kohle hineinlegen, ohne daß man sich verbrennt?

=Weil= die Asche, als ein äußerst schlechter Wärmeleiter, nur sehr
langsam die Wärme der Kohle aufnimmt und ebenso langsam an die Hand
abgiebt. Eben darum geben auch Oefen, in denen sich viel Asche
befindet, weniger Wärme ab, weil diese die Wärme des Feuers nur
wenig annimmt und in sehr geringem Grade fortleitet. Aus demselben
Grunde schützt man auch Gegenstände vor dem Verbrennen, indem man
die Zwischenräume zwischen den Doppelwänden der eisernen feuerfesten
Schränke mit Asche füllt. Auch Dampfröhren und Dampfkessel werden
zweckmäßig mit einem Mantel umgeben, dessen Füllung aus Asche, Lehm und
Haaren besteht, weil diese schlechtleitenden Stoffe das Entweichen der
Wärme verhindern.

=252. Warum= können Schmiede glühende Kohlen auf ihre Hand legen und
sie einige Zeit darauf liegen lassen, ohne eine unangenehme Empfindung
zu haben?

=Weil= die Hände dieser Leute gewöhnlich in Folge ihrer schweren Arbeit
an ihrer inneren Fläche mit einer harten hornartigen Haut überzogen
sind, das Horn aber als ein sehr schlechter Wärmeleiter nur langsam die
Hitze der glühenden Kohle zum empfindlichen Fleisch durchdringen läßt.

=253. Warum= machen eiserne Oefen die Zimmer wärmer, mindestens
schneller warm, als thönerne?

=Weil= Eisen ein besserer Wärmeleiter ist als Thon. Da nun das in dem
Ofen angezündete Feuer seine Wärme demselben mittheilt, und diese
Mittheilung desto schneller und in einem desto höhern Grade erfolgt,
aus je besseren Wärmeleitern der Ofen besteht, so muß ein eiserner Ofen
die Wärme schneller und in höherem Grade annehmen, als ein thönerner.
Ersterer wird aber aus demselben Grunde auch die erhaltene Wärme
schneller an die Luft des Zimmers abgeben und es daher wärmer machen;
freilich wird er auch wieder schneller erkalten, als letzterer.

=254. Warum= giebt ein Ofen weniger Wärme von sich, wenn der Aufsatz
desselben voll Ruß ist?

=Weil= der Ruß ein schlechter Wärmeleiter ist, die Wärme also nur
schwer annimmt und eben so schwer wieder an andere Körper abgiebt.
Bei der Erwärmung der Zimmer durch Oefen hängt aber alles davon ab,
daß die den Letzteren durch das Feuer mitgetheilte Wärme sich der
Luft des Zimmers mittheilt. Da nun dem Ofen wegen der geringeren
Wärmeleitungsfähigkeit des Rußes nur sehr langsam Wärme mitgetheilt
wird, so kann er auch das Zimmer nur wenig erwärmen.

=255. Warum= werden Oefen gewöhnlich mit mehreren Zügen versehen?

=Weil= die erhitzte Luft im Innern des Ofens desto mehr Wärme
mittheilen kann, je mehr sie Flächen findet, an die sie dieselbe
abgeben kann. Je mehr Züge aber ein Ofen hat, desto mehr bietet er
Flächen im Innern. Die heiße Luft im Ofen kann daher nicht durch den
Schornstein entweichen, ohne zuvor den größten Theil ihrer Wärme
verloren zu haben, die durch Vermittlung der Ofenwände dem Zimmer zu
Gute gekommen ist.

=256. Warum= brennt ein Räucherkerzchen, auf ein hölzernes Brett
gesetzt, ganz aus, aber nicht, wenn man es auf eine Metallplatte stellt?

=Weil=, wenn man das Räucherkerzchen auf eine Metallplatte stellt,
diese, als ein guter Wärmeleiter, dem brennenden Räucherkerzchen
schnell seine Wärme entzieht, so daß es verlöschen muß, weil ihm
zuletzt eine der zum Verbrennen nothwendigen Bedingungen, nämlich der
erforderliche Temperaturgrad, fehlt. Das hölzerne Brett ist dagegen ein
schlechter Wärmeleiter und entzieht daher dem Räucherkerzchen auch nur
sehr wenig Wärme, so daß es ungehindert ausbrennen kann.

=257. Warum= schützt uns im kalten Winter das Pelzwerk gegen die Kälte?

=Weil= das Pelzwerk, als einer der schlechtesten Wärmeleiter, nur sehr
langsam die Wärme annimmt und ebenso nur sehr wenig weiter leitet,
darum also auch die natürliche Wärme unserem Körper nicht entzieht.
Der Pelz wärmt nicht darum, weil er etwa selbst Wärme enthielte,
sondern nur darum, weil er unsere natürliche Körperwärme verhindert zu
entweichen.

=258. Warum= giebt man Eisgruben hölzerne, mit Stroh bedeckte Wände und
Strohdächer?

=Weil= hölzerne, mit Stroh bedeckte Wände, sowie Strohdächer sehr
schlechte Wärmeleiter sind und darum die Wärme der äußeren Luft und
der Sonnenstrahlen nur sehr langsam annehmen und in das Innere des
Eiskellers fortleiten. Statt der Strohwände kann man solche Eisbehälter
auch mit einer Kohlen- oder Aschenschicht umgeben, die ein noch
schlechterer Wärmeleiter ist.

=259. Warum= halten Strohdächer im Sommer kühl, im Winter warm?

=Weil= sie als schlechte Wärmeleiter im Sommer die äußere Wärme nur
langsam und in geringem Grade annehmen, und der von ihnen geschützte
Raum also auch nicht so erhitzt werden kann, als unter anderen Dächern;
während sie im Winter wieder weniger von der inneren Wärme des Hauses
in die äußere kalte Luft ableiten. Unter Zink- oder Bleidächern ist
es im Sommer sehr heiß, im Winter sehr kalt, weil Metalle zu gute
Wärmeleiter sind.

=260. Warum= baut man in sehr kalten Gegenden die Häuser nicht aus
Stein, sondern aus Holz?

=Weil= Holz, als schlechter Wärmeleiter, die innere Wärme des Hauses
nur langsam in die äußere Luft ableitet, Stein als besserer Wärmeleiter
aber viel schneller die inneren Räume ihrer Wärme beraubt. Sogar Eis
ist ein schlechterer Wärmeleiter als Stein, und die Eskimos bauen
daher ihre Winterwohnungen zum Schutze gegen die Kälte aus Eis. Auch
die Mitglieder der Nordpolexpeditionen, die in jenen eisigen Regionen
überwintern, umgeben ihr Schiff im Winter mit mächtigen Mauern von Eis
und Schnee.

=261. Warum= werden im Winter die Zimmer wärmer erhalten, wenn man
dieselben durch Doppelfenster verwahrt?

=Weil= die zwischen gut schließenden Doppelfenstern abgesperrte ruhige
Luftschicht, als ein sehr schlechter Wärmeleiter, die Wärme des Zimmers
nicht nach außen entweichen läßt. Unsere geheizten Zimmer werden im
Winter nur darum allmählich kalt, weil ihre Wärme sich mit der äußeren
kalten Luft allmählich ausgleicht, und zwar theils dadurch, daß Wände
und Fensterscheiben die Wärme nach außen mittheilen, theils dadurch,
daß die schwerere kalte Luft durch die Ritzen der Thüren und Fenster in
das Zimmer eindringt und die wärmere Luft verdrängt.

=262. Warum= halten weite Kleider wärmer, als enganschließende?

=Weil= die abgesperrte Luftschicht zwischen dem Körper und der
Bekleidung als ein sehr schlechter Wärmeleiter die natürliche
Körperwärme am Entweichen verhindert. Daß Federbetten wärmer halten
als wollene Decken, liegt auch mehr an der von ihnen eingeschlossenen
Luftschicht, als an der geringeren Leitungsfähigkeit der Federn oder
gar an der Dicke der Betten.

=263. Warum= erfrieren die Saaten nicht, wenn sie mit Schnee bedeckt
sind?

=Weil= der Schnee an sich als schlechter Wärmeleiter, noch mehr aber
durch die große Menge der in seinen Zwischenräumen eingeschlossenen
Luft eine hinreichende Wärmemenge in dem Boden zurückhält und
andererseits dem Einwirken der kalten Luft auf den Boden hinreichend
wehrt, um die Saaten vor dem Erfrieren zu schützen.

=264. Warum= frieren wir in einem Bade von 15° R., während wir uns doch
in einer Luft von 15° Wärme sehr behaglich fühlen?

=Weil= das Wasser ein weit besserer Wärmeleiter ist als die Luft und
daher unserem Körper sehr schnell Wärme entzieht, ein Wärmeverlust
unsers Körpers uns aber das Gefühl des Frierens erzeugt.

=264~a~. Warum= scheinen manche Körper uns beim Anfühlen kälter zu sein
als andere?

=Weil= bei der Berührung gute Wärmeleiter unserer Hand einen Theil
ihrer natürlichen Wärme entziehen und dadurch die Empfindung von Kälte
in derselben erzeugen, während schlechte Wärmeleiter nur sehr wenig
von der Wärme der Hand annehmen und ihr daher ihre natürliche Wärme
lassen, so daß kein Gefühl von Kälte in derselben entstehen kann.
Metalle fühlen sich daher gewöhnlich kälter an als Holz oder gar Wolle.
Sind aber gute und schlechte Wärmeleiter bis zu einem gewissen Grade
gleich stark erwärmt worden, etwa durch die heißen Sonnenstrahlen im
Sommer oder durch die Wärme eines Ofens, so fühlen sich auch die guten
Wärmeleiter heißer an als die schlechten, weil erstere ihre Wärme sehr
schnell an die Hand abgeben, letztere nicht. An metallenen Thürgriffen
können wir uns an heißen Sommertagen fast verbrennen, während Wolle
kaum merklich warm erscheint.

=265. Warum= können Juwelenhändler bisweilen durch bloßes Anfühlen
ächte Steine von unächten unterscheiden?

=Weil= Edelsteine bessere Wärmeleiter als unächte Steine sind, die
gewöhnlich aus Glas bestehen, die ersteren daher beim Anfühlen der Hand
etwas schneller die Wärme entziehen und das Gefühl von Kälte erzeugen,
als die letzteren. Doch dürfte jedenfalls eine große Uebung dazu
gehören, um auf diese Weise mit Sicherheit ächte und unächte Steine zu
unterscheiden, da der Unterschied in der Wärmeleitung nur ein geringer
ist. Besser erkennt man die verschiedene Wärmeleitung durch Anhauchen.
Edelsteine nehmen den Hauch oder Wasserniederschlag nicht nur schwerer
an, weil sie als bessere Wärmeleiter schneller warm werden, sondern
verlieren ihn auch schneller.

=266. Warum= werden wir von einem kalten Winde so durchkältet?

=Weil= die kalte Luft unserem Körper auf dem Wege der Mittheilung seine
natürliche Wärme entzieht und, da bei einem Winde immer neue kalte
Lufttheilchen an unsern Körper herandringen, diese Entziehung der Wärme
um so schneller erfolgt. Da der Wind unsere Kleider durchdringt, so
hebt er auch den Schutz auf, den diese Kleider uns theils als schlechte
Wärmeleiter, theils durch die eingeschlossene ruhige Luftschicht
gewähren. An einem Wintertage wird uns darum auch die Kälte weit
empfindlicher bei windigem Wetter, als bei Windstille, obgleich das
Thermometer denselben Kältegrad anzeigt.

=267. Warum= wird ein Zimmer erwärmt, in dessen Ofen man Feuer gemacht
hat?

=Weil= der Ofen die ihm durch das Feuer mitgetheilte Wärme nicht bloß
der ihn unmittelbar umgebenden Luftschicht mittheilt, sondern sie auch
in das ganze Zimmer ausstrahlt. Daß die Wärme sich nicht blos durch
Mittheilung oder Leitung von Lufttheilchen zu Lufttheilchen, sondern
auch durch Strahlung verbreitet, sehen wir daraus, daß sich das Gefühl
der Wärme sofort vermindert, wenn wir einen Schirm zwischen uns und den
Ofen bringen, der die strahlende Wärme von uns abhält. Auch die Sonne
strahlt ihre Wärme aus, und die Luft wird daher durch diese strahlende
Wärme wenig erwärmt, wie es uns die Kälte in großen Höhen beweist.
Ueberhaupt strahlen alle Körper ihre Wärme gegen minder warme aus.
Daher kommt es, daß die Gegenstände in einem Zimmer allmählich ihre
Wärme so ausgleichen, daß sie dieselbe Temperatur zeigen.

=268. Warum= werden am Spalier gezogene Früchte gewöhnlich früher reif
als freistehend gezogene?

=Weil= die Früchte am Spalier nicht bloß unmittelbar die Wärme der
Sonnenstrahlen empfangen, wie die freistehenden, sondern überdies noch
durch die von der Mauer zurückgeworfenen Strahlen erwärmt werden.
Wärmestrahlen werden ebenso zurückgeworfen wie Schallwellen.

=269. Warum= kann man mit einem Brennglas Papier entzünden, wenn man
die Sonnenstrahlen senkrecht hindurchgehen läßt?

=Weil= die erwärmenden Sonnenstrahlen, wenn sie durch das Brennglas
(eine auf beiden Seiten gewölbt oder convex geschliffene Glasplatte)
hindurchgehen, so in ihrer Richtung verändert werden, daß sie alle in
einem Punkte zusammentreffen und hier durch ihre vereinigte Wirkung
eine Hitze hervorbringen, die stark genug ist, Papier oder andere
leicht brennbare Gegenstände zu entzünden.

=270. Warum= empfinden wir im Sommer die Hitze in schwarzen Kleidern
mehr als in weißen?

=Weil= schwarze Kleider, wie überhaupt dunkelfarbige Körper, die von
der Sonne ausstrahlende Wärme leichter aufnehmen als weiße Kleider
oder überhaupt hellfarbige Körper, welche die Wärmestrahlen vielmehr
zurückwerfen. Hellfarbige Sommerkleider schützen uns daher vor der
Wirkung der Sonnenwärme. Dagegen wählt man zur Winterkleidung im Zimmer
besser dunkle Stoffe, welche die vom Ofen ausgestrahlte Wärme leichter
aufnehmen und dem Körper zuführen. Ebenso schmilzt mit Staub bedeckter
Schnee leichter als völlig reiner Schnee, und werden dunkle Mauern mehr
erwärmt als weiße.

=271. Warum= kocht das Wasser in einem neuen Kessel nicht so schnell
wie in einem alten, mit Ruß bedeckten?

=Weil= der neue Kessel blank ist, und die Wärme von blanken und hellen
Flächen stärker zurückgeworfen wird als von rauhen und dunklen.
Der neue Kessel wird auch nicht so schnell erwärmt und kann daher
auch nicht so viel Wärme an das Wasser abgeben. Darum erwärmen auch
schwarze eiserne Oefen mit vielen Verzierungen und rauhe dunkelfarbige
Kachelöfen die Zimmer leichter als helle und polirte Oefen.

=272. Warum= halten sich Speisen in glasirten Porzellangefäßen länger
warm, als in rauhen oder gar berußten irdenen Gefäßen?

=Weil= rauhe Körper zwar die Wärme von außen leichter aufnehmen und
gleichsam einsaugen, aber die eigene Wärme dafür auch wieder schneller
ausstrahlen. Darum heizen zwar rauhe und dunkle Oefen besser, aber
helle und glasirte Oefen halten sich länger warm.

=273. Warum= ist es gewöhnlich gegen Morgen kälter als mitten in der
Nacht?

=Weil= der Erdboden die am Tage durch die Sonnenstrahlen empfangene
Wärme in der Nacht allmählich wieder gegen den kalten Himmelsraum
ausstrahlt, gegen Morgen daher der Wärmeverlust größer sein muß als
in der Nacht. Ein dunkler und mit Pflanzen bedeckter Boden strahlt
natürlich auch wieder mehr Wärme aus als ein heller und kahler Boden.
Am stärksten ist die Wärmestrahlung des Bodens unter den Wendekreisen,
und wegen dieser bedeutenden Abkühlung ist es dort lebensgefährlich,
eine Nacht im Freien zu schlafen.

[Illustration: Fig. 49.]

=274. Warum= pflegt man bei bedecktem Himmel keine Nachtfröste zu
befürchten?

=Weil= die vom Erdboden ausstrahlende Wärme von den Wolkenschichten zur
Erde zurückgeworfen wird, so daß eine starke Abkühlung des Bodens und
der unteren Luftschichten nicht statt finden kann. In sehr heiteren
Nächten sucht man daher in Weinbergen oft die Weinstöcke vor dem Frost
durch angezündete qualmende Feuer zu schützen, deren Rauchwolken
in ähnlicher Weise wie die Wolken wirken. Auch die Tannenzweige
oder Rohr- und Strohmatten, welche Gärtner über zarte Pflanzen
ausspannen, gewähren nur dadurch Schutz, daß sie eine Rückstrahlung der
ausgestrahlten Wärme bewirken.

=275. Warum= läßt sich Wasser schwerer erwärmen als Oel, warum behält
es aber auch dafür seine Wärme länger als Oel?

=Weil= das Wasser eine größere Fähigkeit hat, Wärme in sich aufzunehmen
als das Oel, und darum auch einer größeren Wärmemenge bedarf, um
denselben Temperaturgrad zu erreichen, ebenso aber auch viel mehr
Wärme abgeben muß, um auf denselben Temperaturgrad herabzusinken.
Man nennt diese verschiedene Fähigkeit der Körper, Wärme zu binden,
Wärmecapacität. So ist die Wärmecapacität des Eisens doppelt so groß
als die des Zinnes, und Zinn läßt sich darum zwar schneller erwärmen
als Eisen, erkaltet aber auch schneller. Ferner ist die Wärmecapacität
des Wassers fast 4mal so groß als die des Erdbodens, und es erklärt
sich daraus, daß der Erdboden viel schneller von den Sonnenstrahlen
erwärmt wird, aber auch ebensoviel schneller durch kalte Winde
und nächtliche Ausstrahlung seine Wärme verliert, als die großen
Wasserflächen der Erde.

=276. Warum= wird weniger Schnee durch ein Pfund Blei geschmolzen, das
man auf 80° R. erhitzt hat, als durch ein Pfund Wasser von derselben
Temperatur?

=Weil= das Blei eine bedeutend geringere Wärmecapacität besitzt als das
Wasser, daher eine bedeutend größere Menge Blei als Wasser erforderlich
ist, um dieselbe Wärmemenge aufzunehmen oder wieder abzugeben. 1 Pfund
Blei von 80° R. würde nur etwas über 18 Gramm Schnee zu schmelzen im
Stande sein, während 1 Pfund Wasser von 80° R. fast 630 Gramm Schnee
schmelzen würde. Deshalb wird auch 1 Pfund Wasser von 0° durch 1 Pfund
Blei von 80° R. nur auf 2½° R. erwärmt, während 1 Pfund Wasser von 0°,
welches man mit 1 Pfund Wasser von 80° R. mischt, eine Temperatur von
40° annimmt.



Ausdehnung der Körper durch Wärme.


    Die wichtigste Wirkung der Wärme ist die Ausdehnung. Alle
    Körper dehnen sich in der Wärme aus und ziehen sich in der
    Kälte zusammen. Wenn indeß feuchter Thon in der Hitze sich
    zusammenzieht oder schwindet, so ist das nur eine scheinbare
    Ausnahme, da er durch die Hitze das Wasser verliert, welches
    ihm seine größere Ausdehnung gab. Nur das Wasser macht eine
    wirkliche Ausnahme. Bei einer Temperatur von 3° R. hat es
    seine größte Dichtigkeit; von da ab dehnt es sich sowohl bei
    weiterer Erwärmung als bei weiterer Abkühlung immerfort aus. Im
    Augenblicke des Gefrierens besitzt es etwa dieselbe Ausdehnung,
    wie bei der Temperatur von 6½° R. Auch beim Gefrieren
    dehnt sich das Wasser aus; das Eis hat also ein geringeres
    specifisches Gewicht als das Wasser oder ist leichter als
    dasselbe und schwimmt daher auf dem Wasser.

    [Illustration: Fig. 50.]

    Die Ausdehnung der Körper durch die Wärme wird zur Messung der
    Wärme benutzt, und zwar bedient man sich dazu besonders solcher
    Körper, welche sich durch eine gewisse Gleichförmigkeit der
    Ausdehnung auszeichnen, vor Allem des Quecksilbers, aber auch
    des Weingeistes, der Luft und bisweilen sogar der Metalle.
    Das gewöhnlichste Instrument zur Messung der Wärme ist das
    Thermometer. Es besteht aus einer engen gläsernen Röhre, welche
    unten in eine Kugel ausläuft. Diese Röhre wird mit Quecksilber
    oder Weingeist gefüllt und, nachdem durch Erhitzen die Luft
    ausgetrieben ist, oben zugeschmolzen. An dieser Röhre befindet
    sich eine Gradeintheilung oder Skala. Auf dieser wird zunächst
    der Punkt bestimmt, bis zu welchem das Quecksilber in der
    Röhre sich bei der Temperatur des siedenden Wassers ausdehnt,
    ebenso derjenige Punkt, an welchem das Quecksilber bei der
    Temperatur des gefrierenden Wassers steht. Der erstere heißt
    der Siedepunkt, der letztere der Eispunkt oder Gefrierpunkt.
    Der Zwischenraum zwischen beiden Punkten wird bei dem
    _Réaumur_'schen Thermometer in 80, bei dem _Celsius_'schen in
    100 gleiche Theile oder Grade eingetheilt. Der Gefrierpunkt ist
    zugleich der Nullpunkt. Bei dem _Fahrenheit_'schen Thermometer
    wird der Nullpunkt durch eine Temperatur bezeichnet, welche
    durch eine künstliche Kältemischung von Schnee und Salmiak
    erzeugt wird. Dieser künstliche Eispunkt liegt 14-2/9
    _Réaumur_'sche Grade tiefer als der natürliche Gefrierpunkt.
    Der Zwischenraum zwischen diesem künstlichen Eispunkt und dem
    Siedepunkt ist beim _Fahrenheit_'schen Thermometer in 212
    Grade eingetheilt. Der natürliche Gefrierpunkt liegt also
    hier bei 32 Grad. -- Das erste Thermometer soll der Holländer
    _Cornelius Drebbel_ gegen das Jahr 1630 erfunden haben; doch
    war es noch sehr unvollkommen und maß die Temperatur nur durch
    die Ausdehnung der Luft, welche das Steigen und Fallen einer
    rothgefärbten Flüssigkeit im untern Theile der Röhre bewirkte.
    Die gegenwärtige Einrichtung erhielt das Thermometer erst durch
    die Akademie von Florenz, die zuerst eine Füllung mit Weingeist
    anwandte. Die jetzigen festen Punkte wurden von _Fahrenheit_ in
    Danzig (1709) und _Réaumur_ (1730) eingeführt. Der Gebrauch des
    Quecksilbers für das Thermometer rührt von _Fahrenheit_ (1714),
    die hunderttheilige Skala von _Celsius_ in Upsala (1742) her.

=277. Warum= läßt sich ein eiserner Topf, den man kalt gerade noch
durch eine Ofenthür schieben konnte, wenn er heiß geworden, nicht
wieder herausziehen?

=Weil= das Eisen sich durch die Wirkung der Wärme ausgedehnt, der heiße
Topf daher einen weit größeren Inhalt und größere Höhe angenommen hat
als vorher. Aus demselben Grunde füllen Plättbolzen rothglühend die
Plätteisen fast ganz aus, während sie kalt sich darin hin und her
schütteln ließen.

=278. Warum= legt der Schmied den eisernen Wagenreif glühend um das Rad?

=Weil= der eiserne Reif im glühenden Zustande ausgedehnt ist und, wenn
er so an das Rad befestigt wird, sich beim Erkalten zusammenziehen und
daher fest an das Rad anschließen muß. Dagegen schlägt der Schmied
die Nägel kalt in das heiße Eisen, weil sie, heiß eingeschlagen, nach
dem Erkalten ihren Raum nicht mehr ganz ausfüllen und daher leicht
herausfallen würden.

=279. Warum= zerspringt ein Glas, wenn man plötzlich heißes Wasser
hineingießt, oder wenn man es auf einen heißen Ofen setzt?

=Weil= das Glas in Folge der Erwärmung sich ausdehnt, diese Ausdehnung
aber eine sehr ungleichmäßige ist, da der Boden des Glases beim
Hineingießen heißen Wassers oder bei der Erwärmung des Glases von unten
stärker und schneller erwärmt wird als die Seitenwände. Da das Glas
aber ein sehr spröder Körper ist, dessen Theile starke Verschiebungen
nicht ertragen, so muß es zerspringen. Wenn man ein Glas auf einen
heißen Ofen stellt, so kann man es vor dem Springen dadurch schützen,
daß man ein Blatt Papier unterlegt, da das Papier als schlechter
Wärmeleiter die zu schnelle Mittheilung der Ofenwärme an den Boden des
Glases verhindert.

=280. Warum= bekommen Steinplatten, die durch eiserne Klammern
zusammengehalten sind, bei strenger Kälte nicht selten Risse?

=Weil= die eisernen Klammern sich in der Kälte stark zusammenziehen
und, wenn sie sehr fest eingelassen sind und daher keinen Spielraum
haben, die Steinplatten mit sich ziehen und gewaltsam zerreißen.

=281. Warum= darf man bei Zinkbedachung die Platten nicht
zusammenlöthen oder nieten?

=Weil= die Zinkplatten in der Wärme sich ausdehnen, wenn sie aber an
einander befestigt sind, in Folge ihrer Ausdehnung sich verwerfen
und krümmen müssen. Ihre Zusammenziehung in der Kälte würde sogar
ihre Zerreißung zur Folge haben. Man pflegt daher diese Platten nur
zu falzen, d. h. mit den umgebogenen Rändern an einander zu haken,
damit sie sich ungehindert ausdehnen und zusammenziehen können.
Eisenbahnschienen, die so dicht an einander gelegt sind, daß sie mit
ihren Enden an einander stoßen, krümmen oder werfen sich gleichfalls in
der Hitze.

[Illustration: Fig. 51.]

=282. Warum= pflegt man bei sehr feinen Pendeluhren die Pendelstange
aus verschiedenen, zum Theil an einander gelötheten Metallstäben
zusammenzusetzen? (Fig. 51.)

=Weil= in Folge der Ausdehnung durch die Wärme die Pendelstange bald
verlängert, bald verkürzt werden würde, von der Länge des Pendels aber
die Dauer der Schwingungen abhängt; weil es jedoch bei der Anwendung
verschiedener Metalle durch ihre verschiedene Ausdehnung möglich wird,
die Verschiebungen des Schwingungsmittelpunkts so auszugleichen, daß
das Pendel beständig eine gleiche Länge behauptet. Man nennt eine
solche Einrichtung eine Compensation. Gewöhnlich benutzt man dazu eine
Verbindung von Zink- und Stahlstäben, deren Ausdehnungen bei gleicher
Temperaturerhöhung sich nahezu wie 18 : 7 verhalten. Die Pendelstange
trägt dann an ihrem oberen Theile ein stählernes Querstück, an dessen
Enden zwei Stahlstäbe (~e~) befestigt sind, die unten wieder an zwei
Querstücken mit zwei aufwärts gerichteten Zinkstäben (~z~) verbunden
sind, an deren oberem Querstück die eigentliche stählerne Pendelstange
(~E~) hängt. Wenn sich nun diese mittlere Pendelstange durch die Wärme
nach unten verlängert, dehnen sich die Zinkstäbe gleichzeitig fast
dreimal so stark aus und heben das Querstück, an welchem sie befestigt
sind, und damit auch die Pendelstange wieder nach oben. Damit aber
diese Hebung nicht zu groß werde, dehnen sich wieder die seitlichen
Stahlstäbe nach unten aus, und es ist leicht zu begreifen, daß bei
richtig gewählter Länge dieser Stäbe die Hebungen und Senkungen
derselben in Folge der Wärme in ihren Wirkungen einander völlig
vernichten können. Auch bei der Unruhe der Taschenuhren wendet man
bisweilen eine solche Compensation an, indem man den Schwungring aus
feinen Stahl- und Messinglamellen zusammensetzt.

=283. Warum= springen Gefäße, in denen Wasser gefriert?

=Weil= das Wasser sich beim Gefrieren sehr stark ausdehnt, während
das Gefäß sich nicht erweitert, das gefrorene Wasser aber als fester
Körper sich nicht mehr durch Ausfließen einen größeren Raum verschaffen
kann und daher die Wände des Gefäßes sprengen muß. Die Kraft des
gefrierenden Wassers in Folge seiner Ausdehnung ist so groß, daß es
selbst Felsen und eiserne Bomben sprengt.

=284. Warum= frieren unsere stehenden Gewässer (Teiche und Seen) nicht
bis auf den Grund aus?

=Weil= das Wasser, wenn es sich bis zu 3° R. abgekühlt hat, seine
größte Dichtigkeit besitzt, also am schwersten ist, bei weiterer
Abkühlung daher leichter wird, so daß sich das kältere Wasser an die
Oberfläche lagert und gefriert und nun eine schützende Eisdecke über
dem Wasser bildet, welche ein zu weites Eindringen der Kälte in die
Tiefe verhindert. Besäße das Wasser diese Eigenthümlichkeit nicht,
nähme seine Dichtigkeit vielmehr bis zum Gefrierpunkte zu, so würden
allerdings diese Gewässer völlig ausfrieren. Es würde dann die oberste
abgekühlte und schwerer gewordene Wasserschicht zu Boden sinken, und
dieses Auf- und Absteigen des Wassers würde fortdauern, bis die ganze
Wassermasse auf den Gefrierpunkt erkaltet wäre. So hat aber dieses Auf-
und Niedersteigen des Wassers bereits ein Ende, sobald die Wassermasse
auf 3° R. erkaltet ist, und das Gefrieren kann daher nur an der
Oberfläche stattfinden.

=285. Warum= laufen Gefäße über, die mit einer Flüssigkeit bis nahe an
den Rand gefüllt sind, sobald sie erwärmt werden?

=Weil= die Flüssigkeit in Folge der Wärme sich ausdehnt und, da das
Gefäß ihr nicht gestattet, einen größeren Raum einzunehmen, über den
Rand desselben hinausgetrieben wird. Nimmt man das Gefäß vom Feuer, so
sinkt die sich abkühlende Flüssigkeit wieder, weil sie sich in einen
kleineren Raum zusammenzieht.

=286. Warum= steigt das Thermometer in der Wärme und fällt in der Kälte?

=Weil= das in der Röhre des Thermometers enthaltene Quecksilber,
wie jeder andere Körper, sich bei zunehmender Wärme ausdehnt, bei
abnehmender Wärme zusammenzieht und daher im ersteren Falle einen
größeren, im letzteren einen kleineren Raum einnimmt. Wenn aber das
Quecksilber in der Wärme einen größeren Raum einnimmt, so muß es auch
in einer engen Röhre höher stehen. Andere Flüssigkeiten thun zwar
dasselbe, doch ist ihre Ausdehnung bei verschiedenen Temperaturgraden
nicht eine so gleichmäßige, wie die des Quecksilbers.

=287. Warum= springen Kastanien, wenn man sie nicht vorher
aufgeschlitzt hat, mit einem heftigen Knalle auf, sobald sie auf
glühende Kohlen oder heiße Asche gelegt werden?

=Weil= die unter der Schale eingesperrte Luft, durch die Hitze
ausgedehnt, sich einen Ausgang zu bahnen strebt und daher die Schale,
die sie daran hindert, gewaltsam sprengt. War dagegen die Schale vorher
aufgeschlitzt, so kann die ausgedehnte Luft ungehindert entweichen.

=288. Warum= springen Feuerfunken mit heftigem Knistern von brennenden
Holzscheiten weg?

=Weil= die in den Poren des Holzes enthaltene Luft, durch die Hitze
stark ausgedehnt, mit Heftigkeit herausdringt und Theilchen des Holzes,
die ihr den Weg versperren, fortschleudert.

=289. Warum= schwillt eine fest zugebundene, jedoch äußerst schlaffe
und viele Falten enthaltende Blase auf und wird ganz straff, wenn wir
sie auf einen warmen Ofen legen?

=Weil= die in der Blase enthaltene Luft durch die Wärme des Ofens
so stark ausgedehnt wird, daß sie den ganzen, ihr durch die
zusammengebundene Blase gebotenen Raum auszufüllen sucht. Die Blase muß
darum dem durch die ausgedehnte Luft ausgeübten Drucke nachgeben und
sich ausspannen.

=290. Warum= haftet ein Trinkglas mit gut geschliffenem Rande, das man
eine Zeit lang über eine Lichtflamme gehalten und dann schnell mit der
Oeffnung auf die Hand gestellt hat, so fest auf derselben, daß es sich
nur mit Mühe wieder abreißen läßt?

=Weil= durch die Hitze der Lichtflamme die in dem Glase befindliche
Luft ausgedehnt und zum Theil ausgetrieben, die darin zurückgebliebene
Luft daher sehr verdünnt ist, so daß der Druck der äußeren dichteren
Luft auf das Glas nun stärker ist als der Gegendruck der inneren
Luft. Da die Hand den Zutritt der äußeren Luft verhindert, so muß man
diesen ganzen äußeren Luftdruck überwinden, um das Glas loszureißen.
In ähnlicher Weise werden auch die Schröpfköpfe (gewöhnlich kleine
Glasglocken) über einer Flamme erwärmt und dann schnell auf die Haut
gestülpt, damit, wenn die verdünnte Luft in ihnen erkaltet und sich
zusammenzieht, ein leerer Raum entsteht und in Folge dessen das Blut
aus den zuvor in die Haut gemachten Einschnitten gesogen wird.

=291. Warum= steigt der Rauch eines angezündeten Feuers in die Höhe?

=Weil= die das Feuer umgebende Luft durch die Hitze ausgedehnt und
verdünnt wird und daher wegen ihrer größeren Leichtigkeit aufwärts
steigt, wobei sie den Rauch mit sich fortreißt, obgleich derselbe
Bestandtheile enthält, wie die feinen Kohlentheilchen, die specifisch
schwerer sind als die Luft.

=292. Warum= ist es an der Decke eines geheizten Zimmers immer wärmer,
als auf dem Fußboden desselben?

=Weil= die erwärmte Luft zugleich ausgedehnt und darum specifisch
leichter geworden ist als die kältere und darum dichtere Luft, sich
deshalb auch über derselben lagern und so den oberen Theil des Zimmers
einnehmen muß, während die kältere Luft den unteren Raum erfüllt. Zwei
verschieden warme, also verschieden dichte Luftschichten verhalten sich
ebenso wie zwei Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewicht,
die man in ein Gefäß zusammenschüttet; die leichtere Luftschicht lagert
sich über der schwereren.

[Illustration: Fig. 52.]

=293. Warum= dreht sich eine kleine aus Papier verfertigte Schlange,
wenn man sie auf die Spitze eines Drahtes oder einer Stricknadel hängt,
die unten in ein Brettchen oder einen Kork befestigt ist, und sie dann
in die Nähe des geheizten Ofens oder über eine Lichtflamme hält?

=Weil= die Luft in der Nähe des Ofens oder der Lichtflamme durch
die Wärme ausgedehnt wird und darum beständig emporsteigt, dieser
aufsteigende Luftstrom aber auf die leicht bewegliche Papierschlange
stößt und sie nun ebenso in eine drehende Bewegung versetzt, wie der
Wind die Windmühlenflügel dreht.

[Illustration: Fig. 53.]

=294. Warum= brennt eine Lampe besser, wenn sie mit einem Cylinder
versehen ist, als ohne einen solchen?

=Weil= durch die in dem Cylinder aufsteigende erwärmte Luft ein Luftzug
entsteht, durch welchen der Flamme von unten her beständig neue kalte
Luft zugeführt wird, welche durch ihren Sauerstoff die Verbrennung
fördert. Die in dem Cylinder enthaltene erwärmte und darum ausgedehnte
Luft bildet nämlich eine Luftsäule von geringerem specifischem
Gewicht, die aber äußerlich ringsum von einer gleichhohen Luftsäule
umgeben ist, welche wegen ihrer niedrigeren Temperatur ein größeres
specifisches Gewicht hat. Wegen der allseitigen Fortpflanzung des
Luftdrucks übt diese äußere Luftsäule von unten her einen Druck auf
die im Cylinder befindliche Luft aus, strömt unten ein und treibt die
erwärmte Luft in die Höhe. Je höher der Cylinder, desto größer ist
auch der Druck der äußeren Luftsäule und desto lebhafter der Luftzug.
Was der Cylinder bei den Lampen, ist der Schornstein bei unsern Oefen
und Feuerungen aller Art. Große Feuerungen in Fabriken brauchen
darum auch sehr hohe Schornsteine. Zu weite Schornsteine bringen
nicht hinreichenden Zug hervor, da die große, von ihnen umschlossene
Luftmasse zu schwach erwärmt wird und darum der Unterschied zwischen
ihrem specifischen Gewicht und dem der äußeren Luft zu unbedeutend ist.
Zu enge Schornsteine haben den Nachtheil, daß die hindurchziehende
Luftmasse nicht hinreicht zur Unterhaltung des Feuers.

=295. Warum= wird die Flamme eines brennenden Lichtes, welches man oben
an die geöffnete Thür eines geheizten Zimmers hält, lebhaft nach außen
geblasen, während sie nach innen hineingeweht wird, wenn man das Licht
unten nahe am Fußboden an die geöffnete Thür bringt?

=Weil= bei geöffneter Thür die äußere kalte und darum dichtere Luft
vermöge ihres größeren specifischen Gewichts unten in den erwärmten
Raum eintritt, sich darin bis zur gegenüberliegenden Wand ausbreitet
und dadurch einen Theil der erwärmten, also ausgedehnten und darum
leichteren Zimmerluft emportreibt und längs der Decke zur oberen
Thüröffnung hinausschiebt. In jedem geheizten Zimmer, in welches durch
irgend eine Oeffnung von außen her die kältere Luft eintreten kann,
findet also ein beständiger Kreislauf der Luft statt, indem die Luft
unten der erwärmten Stelle zuströmt, oben von ihr hinwegzieht. Dieser
Kreislauf ist für bewohnte Räume sehr wichtig, da er einen beständigen
Ersatz der verbrauchten und für die Athmung untauglich gewordenen Luft
durch frische bewirkt.

=296. Warum= weht an Meeresküsten regelmäßig am Tage der Wind vom Meere
her, in der Nacht dagegen vom Lande gegen das Meer hin?

=Weil= das Land am Tage stärker erwärmt wird als das Meer, die stärker
erwärmte Luft über dem Lande daher aufwärts steigt, und die kühlere,
dichtere Seeluft nun nach dem Lande strömen muß, um das Gleichgewicht
herzustellen; während in der Nacht das Land sich vermöge seiner
stärkeren Ausstrahlung schneller abkühlt als das Meer, und die Luft
daher umgekehrt über dem Meere wärmer und leichter ist und in Folge
dessen aufsteigt, die kältere und schwerere Landluft aber nun dem Meere
zuströmen muß. Einen ähnlichen Wechsel der Luftströmungen beobachtet
man auch in den meisten Gebirgsgegenden, namentlich am Ausgange großer
Thäler. Die Sonne erwärmt nämlich am Tage die Berge mehr als die
Ebenen, in welche die Thäler münden, und die erwärmte Luft steigt auf,
während die kühlere Luft aus der Ebene einströmt. In der Nacht dagegen
kühlen sich die Berge stärker ab als die Ebenen, und die kältere Luft
strömt von den Bergen herab. Auf solchen Unterschieden der Erwärmung
beruht auch das Entstehen der Winde im Großen. Die in den Polargegenden
erkaltete schwere Luft strömt gegen die erwärmten Gegenden des
Aequators hin, während die erwärmte Luft von hier aufsteigt und
gegen die Pole hinströmt. Dabei verändert die Umdrehung der Erde
ihre Richtung; die kalten Polarströme bleiben etwas nach Westen
zurück, während die warmen Aequatorialströme nach Osten voraneilen.
Jene verursachen die bekannten Nordost- und Südostpassate, diese die
Südwest- und Nordwestwinde.

=297. Warum= kocht das Wasser in einem Topfe leichter, wenn man ihn
_über_ ein Feuer stellt, als wenn man ihn _an_ ein Feuer stellt?

=Weil= das Wasser als schlechter Wärmeleiter nur langsam die Wärme von
Theilchen zu Theilchen mittheilen kann, in einem Topfe, der am Feuer
steht, daher das Wasser am Boden noch lau geblieben sein kann, während
es an der Oberfläche fast kocht. Wenn aber das Wasser von unten her
erwärmt wird, so steigen die erwärmten und darum leichter gewordenen
Wassertheilchen aufwärts, während die kälteren und schwereren
hinabsinken und nun gleichfalls erwärmt werden können. Es entsteht
daher eine Kreisbewegung der Flüssigkeit, welche die gleichmäßige
Erwärmung der ganzen Wassermasse herbeiführt.



Die Veränderung der Aggregatzustände der Körper durch die Wärme.


    Eine wichtige Wirkung der Wärme ist die Veränderung der
    Aggregatzustände der Körper. Feste Körper werden durch die
    Wärme in flüssige, flüssige Körper in luftförmige verwandelt.
    Das Uebergehen aus dem festen in den flüssigen Zustand nennt
    man Schmelzen, das Uebergehen aus dem flüssigen in den
    luftförmigen Zustand Sieden oder Kochen. Diese Uebergänge
    finden bei jedem Körper bei ganz bestimmten Temperaturen
    statt, die man ihren Schmelzpunkt und ihren Siedepunkt nennt.
    Wenn man einen schmelzbaren Körper erhitzt, so steigt seine
    Temperatur so lange, bis er seinen Schmelzpunkt erreicht
    hat; dann aber bleibt dieselbe unverändert, bis er ganz
    flüssig geworden ist. Weil nun die während des Schmelzens
    zuströmende Wärme keine Temperaturerhöhung bewirkt, so sagt
    man: diese Wärme wird _gebunden_. Wenn der flüssige Körper in
    Folge der Temperaturerniedrigung wieder fest wird, so wird
    die beim Flüssigwerden gebundene Wärme wieder _frei_. Auch
    beim Sieden wird Wärme gebunden, die bei der Rückkehr in den
    flüssigen Zustand wieder frei wird. Wenn eine Flüssigkeit in
    den luftförmigen Zustand übergeht, so bildet sie den _Dampf_.
    Die Dampfbildung findet aber nicht allein bei der Temperatur
    des Siedepunktes statt, welche allerdings nothwendig ist,
    wenn die ganze Masse einer Flüssigkeit bis in ihr Inneres
    luftförmig werden soll, sondern sie geht an der mit der Luft
    in Berührung stehenden Oberfläche auch bei jeder Temperatur
    vor sich. Eine solche Dampfbildung bei niedriger Temperatur
    nennt man _Verdunstung_. Der Dampf hat, wie jede Luftart, das
    Bestreben, sich auszudehnen, und dieses Bestreben nennt man
    seine Spannkraft oder Expansion. Die Spannkraft des Dampfes ist
    um so größer, je größer seine Dichtigkeit ist, oder je stärker
    er bei derselben Dichtigkeit erwärmt wird.

=298. Warum= kann man Blei über einer Lampe schmelzen, Eisen aber nicht?

=Weil= jeder Körper, um zu schmelzen, d. h. um aus dem festen in den
flüssigen Zustand überzugehen, einer ganz bestimmten Temperatur bedarf,
das Eisen aber eine weit höhere Temperatur, nämlich mindestens 1200°
R., erfordert als das Blei, das schon bei 267° R. schmilzt. Die Flamme
einer Lampe vermag aber eine so hohe Temperatur, die dem Schmelzpunkte
des Eisens entspricht, nicht zu gewähren, da die darin stattfindende
Verbrennung nicht bedeutend genug ist, und überdies die umgebende Luft
einen großen Theil der Wärme entführt. -- Jedes Metall hat seinen
bestimmten Schmelzpunkt; das Kupfer schmilzt bei 840°, das Silber
bei 800°, das Zinn bei 188° R. Es giebt sogar eine Metallmischung,
aus 2 Theilen Wismuth, 1 Theil Blei und 1 Theil Zinn bereitet, die
schon unter der Temperatur des siedenden Wassers, nämlich bei 75° R.
schmilzt. Manche Körper sind schon bei sehr niederen Temperaturen
flüssig, der Schwefel bei 88°, das Wachs bei 49°, das Eis bei 0°,
und Terpentinöl kann sogar bis -8°, Quecksilber bis -31° R. erkältet
werden, ohne den flüssigen Zustand zu verlieren.

=299. Warum= bleibt im Frühjahr die Luft kühl, so lange noch Eis und
Schnee schmelzen?

=Weil= beim Schmelzen des Eises, wie beim Schmelzen jedes Körpers
überhaupt, Wärme verbraucht oder gebunden wird, diese Wärme aber der
Luft entzogen werden muß, deren Temperatur dadurch erniedrigt wird. Daß
beim Schmelzen Wärme gebunden wird, davon kann man sich überzeugen,
wenn man neben einander auf einen heißen Ofen einen Topf mit 1 Pfund
Schnee und einen anderen mit 1 Pfund Schneewasser von 0° Temperatur
stellt. Sobald der Schnee vollständig geschmolzen ist, wird man die
Temperatur des entstandenen Wassers nur zu 0° finden, während in dem
anderen Topfe das Wasser sich in derselben Zeit auf 64° R. erhöht hat.
Da aber beide Töpfe die Wärme vom Ofen empfangen haben, so müssen die
in dem einen Topfe fehlenden 64° Wärme in dem Schneewasser stecken,
also von dem schmelzenden Schnee verschluckt oder gebunden worden sein.

=300. Warum= gefriert im warmen Zimmer ein zinnerner Teller an den
Tisch fest, wenn man Wasser auf den Tisch gießt, den Teller darauf
setzt und Schnee oder gestoßenes Eis mit Kochsalz gemischt auf den
Teller legt?

=Weil= durch den schmelzenden Schnee auch das Kochsalz gelöst oder in
den flüssigen Zustand übergeführt wird, das Kochsalz aber, wie jeder
Körper, wenn er aus dem festen in den flüssigen Zustand übergeht,
Wärme dazu verbraucht, die er, wie man sagt, bindet, und die er seiner
Umgebung entziehen muß. Da nun der zinnerne Teller ein sehr guter
Wärmeleiter ist, so erstreckt sich diese Wärmeentziehung auch auf das
Wasser unter dem Teller. Durch die Wärmeentziehung wird aber Kälte
hervorgebracht, und in Folge dieser Kälte gefriert das Wasser unter
dem Teller. Eine noch weit stärkere Kälte als durch diese Mischung
von Salz und Schnee kann man durch eine Mischung von 6 Theilen
Glaubersalz und 4 Theilen Salzsäure, oder von 5 Theilen Salmiak, 5
Theilen Salpeter und 10 Theilen Wasser bewirken. Eine außerordentliche
Temperaturerniedrigung bis zu -24° R. kann man durch eine Mischung von
Schnee mit verdünnter Schwefelsäure erreichen, auch durch Mischen von 3
Theilen krystallisirtem Chlorcalcium und 2 Theilen Schnee oder Eis.

=301. Warum= pflegt im Winter die Kälte bei Schneefall gelinder zu
werden?

=Weil= bei der Schneebildung, also bei dem Uebergange des in der Luft
enthaltenen Wassers in den festen Zustand, wie beim Uebergange jedes
flüssigen Körpers in den festen Zustand, diejenige Wärmemenge wieder
frei wird, welche beim Schmelzen des festen Körpers gebunden wurde.
Deshalb kann man auch wohl zarte Pflanzen gegen Nachtfröste schützen,
wenn man Wasser in flachen Gefäßen in ihre Nähe stellt und gefrieren
läßt. Die beim Gefrieren des Wassers frei werdende Wärme schützt die
Pflanzen.

=302. Warum= thauen gefrorene Kartoffeln auf, wenn man sie in kaltes
Wasser legt?

=Weil= das Wasser, auch wenn es eiskalt ist, noch Wärme abgeben muß,
um zu gefrieren, und die beim Gefrieren des Wassers frei werdende
Wärme von den Kartoffeln aufgenommen wird und das Aufthauen derselben
bewirkt. Ebenso thaut auch eine Flasche mit gefrorenem Wein auf, wenn
man sie in eiskaltes Wasser stellt, während sich die Flasche äußerlich
mit Eis überzieht. Hier kommt noch dazu, daß der Wein eines noch viel
höheren Kältegrades zum Gefrieren bedarf, als das Wasser, und daher dem
Wasser noch weit mehr Wärme entzieht.

=303. Warum= trocknet feuchte Wäsche an der Luft?

=Weil= das Wasser, welches in der feuchten Wäsche vertheilt ist,
mit der Luft in Berührung verdunstet, die feuchtgewordene Luft aber
beständig durch neue trockne Luftschichten ersetzt wird, und daher
immer neue Luft mit dem verdunstenden Wasser in Berührung kommt. Da
dieser Wechsel der Luftschichten am schnellsten bei bewegter Luft
geschieht, so trocknet Wäsche auch im Winde am schnellsten.

=304. Warum= hängt man die Wäsche zum Trocknen auf?

=Weil= die Verdunstung nur an der Oberfläche vor sich geht, also um so
schneller erfolgen muß, eine je größere Oberfläche der Luft dargeboten
wird. Zusammengelegte Wäsche kann nur sehr langsam trocknen, weil die
Feuchtigkeit erst allmählich an die Oberfläche treten kann, nachdem an
dieser die vorhandene Feuchtigkeit verdunstet ist.

=305. Warum= trocknet die Wäsche an feuchten Herbsttagen oft gar nicht?

=Weil= an solchen Tagen die Luft selbst schon Wasserdampf enthält und
zwar bisweilen so viel, daß sie keinen mehr aufnehmen kann. Die Luft
kann nämlich bei einer bestimmten Temperatur nur eine ganz bestimmte
Menge von Wasserdampf in sich aufnehmen. Enthält sie diese Menge, so
ist sie gesättigt. In trockner Luft trocknet daher die Wäsche auch
besser als in feuchter. Ebenso trocknet sie auch besser in warmer Luft
als in kalter, da die warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann als
die kalte, also nicht so schnell gesättigt wird. Daß aber selbst bei
großer Kälte noch eine Verdunstung stattfindet, sehen wir daran, daß
Wäsche auch bei Frost trocknet, namentlich, wenn die Luft zugleich sehr
trocken ist.

=306. Warum= wird die Luft an heißen Sommertagen durch Regen abgekühlt?

=Weil= die Regentropfen in der warmen Luft, besonders aber an dem
warmen Erdboden und den warmen Gegenständen, mit denen sie in Berührung
kommen, verdunsten, bei dieser Verdunstung aber Wärme binden und diese
Wärme nun der umgebenden Luft entziehen, die dadurch abgekühlt wird.

=307. Warum= wird das Feuer durch Wasser gelöscht?

=Weil= das Wasser in der Hitze des Feuers verdampft, dabei aber Wärme
bindet und diese dem brennenden Körper entzieht, dessen Temperatur
dadurch bis zu einem Grade erniedrigt wird, bei welchem eine
Verbrennung nicht mehr fortbestehen kann.

=308. Warum= brennt nasses Holz schwerer und giebt auch beim Verbrennen
weniger Wärme als trockenes?

=Weil= die Feuchtigkeit des nassen Holzes in Folge der Erhitzung in
Dampf verwandelt wird, dabei aber ein Theil der Wärme, welche zur
Entzündung des Holzes dienen soll, verbraucht wird, indem diese von dem
Dampfe, in welchen die Flüssigkeit sich verwandelt, gebunden wird. Das
Holz kann erst dann anbrennen, wenn keine Verdampfung mehr stattfindet,
und die ganze Wärme zu seiner Entzündung verwandt wird. Nasses Holz
erfordert also einen höheren Hitzegrad, um auf diejenige Temperatur zu
gelangen, bei welcher eine Verbrennung möglich ist. Nasses Holz giebt
auch beim Verbrennen weniger Wärme als trockenes, weil auch während des
Verbrennens beständig Feuchtigkeit verdampft und die dazu erforderliche
Wärme der das Feuer umgebenden Luft entzogen wird.

=309. Warum= kann man im heißesten Sommer Flaschen Wein dadurch kühl
erhalten, daß man nasse Tücher darum schlägt?

=Weil= die Feuchtigkeit der nassen Tücher in der Hitze verdunstet und
zu diesem Uebergang in die Dampfform einer gewissen Wärmemenge bedarf,
die sie ihrer nächsten Umgebung, also der Flasche und durch diese
auch dem Wein entzieht. Man muß freilich die Tücher immer wieder aufs
Neue befeuchten, wenn das Wasser aus ihnen verdunstet ist, damit die
Verdunstung und die damit verbundene Abkühlung beständig fortdauert.
Noch stärker ist die Abkühlung, welche verdunstender Aether bewirkt.
Gießt man auf die mit Baumwolle umwickelte Kugel eines Thermometers
Aether, so sinkt das Quecksilber darin von +12° auf -12° R.

=310. Warum= erhalten sich Flüssigkeiten in porösen Gefäßen selbst im
heißesten Sommer sehr kühl?

=Weil= die Flüssigkeit, welche durch die Poren des Gefäßes dringt, die
äußere Oberfläche desselben beständig feucht erhält, diese Feuchtigkeit
aber in der äußeren warmen Luft beständig verdunstet, und, indem sie
dabei Wärme verbraucht, die sie der Flüssigkeit im Gefäße entzieht,
diese von allen Seiten beständig abkühlt. In Spanien und andern heißen
Ländern bedient man sich der sogenannten Alcarazza's zur Kühlung des
Wassers. Es sind dies sehr poröse Thongefäße, die mit Wasser gefüllt,
dem freien Luftzug ausgesetzt, aufgehängt werden.

=311. Warum= kann der Mensch einen bedeutenden Hitzegrad aushalten?

=Weil= der Mensch bei großer Hitze am ganzen Körper mit Schweiß bedeckt
wird, welcher aus den Poren seiner Haut hervordringt, dieser Schweiß
aber in Folge der großen Wärme verdunstet und bei dieser Verdunstung
bedeutende Wärmemengen bindet, die er der Haut entzieht. Durch diese
Wärmeentziehung wird aber eine Abkühlung der Haut bewirkt. Daher
empfinden wir die Hitze weit weniger unangenehm und drückend in sehr
trockener Luft, als in sehr feuchter, weil die letztere schon so viel
Wasserdampf enthält, daß sie keinen neuen mehr aufnehmen kann, dadurch
aber die rasche Verdunstung des Schweißes verhindert und uns so des
Gefühls der Abkühlung beraubt.

=312. Warum= hat man selbst an heißen Tagen, wenn man aus dem Bade
steigt, ein so auffallendes Gefühl von Kälte?

=Weil= das dem Körper anhängende Wasser sogleich zu verdunsten beginnt
und, da es dabei Wärme bindet, diese Wärme dem Körper entzieht. Da
aber wegen der Vertheilung des Wassers über eine so große Fläche diese
Verdunstung mit großer Schnelligkeit erfolgt, so hat der Körper nicht
Zeit, von innen heraus die der Haut entzogene Wärme wieder zu ersetzen.

=313. Warum= erkältet man sich leicht, wenn man seine naß gewordenen
Kleider anbehält?

=Weil= die Feuchtigkeit der Kleider, um in Dampf verwandelt zu
werden, sehr viel Wärme aufnehmen muß und diese dem menschlichen
Körper entzieht. Man empfindet diesen Wärmeverlust zunächst als
Kälte; er hat aber oft weit nachtheiligere Folgen durch die Störungen
der Hautthätigkeit, die er veranlaßt, und die zu Entzündungs- und
anderen Krankheiten führen können. Man kann sich vor der Erkältung
in naß gewordenen Kleidern, die man nicht ablegen kann, nur dadurch
einigermaßen schützen, daß man sich recht lebhaft bewegt, damit durch
den in Folge der Anstrengung erzeugten Ueberschuß von Wärme der durch
die Verdunstung erlittene Verlust an Körperwärme wieder ersetzt wird.

=313~a~.= Warum kann man den Feuchtigkeitsgehalt der Luft aus
dem Unterschied im Stande zweier Thermometer erkennen, wenn die
Quecksilberkugel des einen mit Musselin umwickelt ist, der in ein
darunter stehendes Gefäß mit Wasser taucht und dadurch beständig feucht
erhalten wird?

=Weil= die Verdunstung des Wassers um so schneller erfolgt und darum
auch eine um so stärkere Abkühlung der Thermometerkugel und ein um so
stärkeres Sinken des befeuchteten Thermometers bewirkt, je trockener
die Luft ist. Aus dem verschiedenen Stande des trocknen und des
angefeuchteten Thermometers kann man also auf den Feuchtigkeitsgehalt
der Luft schließen. Beide Thermometer stehen gleich hoch und zeigen
dann zugleich die Temperatur des Thaupunktes (Frage 323) an, wenn
die Luft ganz mit Dämpfen gesättigt ist, also keine Verdunstung mehr
stattfinden kann. Eine solche Verbindung eines trocknen und eines
angefeuchteten Thermometers nennt man deshalb _Psychrometer_.

=314. Warum= kann man in einem kleinen Glaskolben, den man unten mit
etwas Watte umwickelt, auf die man von Zeit zu Zeit Schwefeläther
tröpfelt, Wasser in Eis verwandeln, wenn man das Kölbchen rasch hin und
her bewegt?

=Weil= der Schwefeläther bekanntlich sehr schnell verdunstet, und diese
Verdunstung noch durch die beständige Bewegung beschleunigt wird, bei
jeder Verdunstung aber Wärme gebunden und also der Umgebung entzogen
wird. Diese Wärme kann aber hier nur dem Wasser in dem Glaskölbchen
entzogen werden, und dies muß daher, wenn die Verdunstungskälte groß
genug war, gefrieren. Hat man einen Draht in das Wasser gestellt, so
findet man ihn beim Herausnehmen mit feinen Eisnadeln bedeckt.

=315. Warum= gefriert Wasser in einem kleinen Schälchen unter der
Glocke einer Luftpumpe, wenn man ein anderes kleines Schälchen mit
Schwefeläther darüber stellt?

=Weil= die Verdunstung des Schwefeläthers, die schon in der
gewöhnlichen atmosphärischen Luft ziemlich stark ist, durch
das fortwährende Auspumpen der bereits gebildeten Aetherdämpfe
außerordentlich befördert wird, dadurch aber auch weit mehr Wärme
gebunden oder eine weit größere Verdunstungskälte erzeugt werden muß,
die das Wasser sehr schnell in Eis verwandelt.

=316. Warum= kann man mitten im heißen Sommer mit Hülfe künstlicher
Eismaschinen große Massen von Eis erzeugen?

=Weil= in solchen Eismaschinen zuvor stark verdichtetes Ammoniak einer
sehr lebhaften Verdunstung unterworfen wird und dabei große Mengen von
Wärme bindet, die es dem Wasser, das sich in demselben Raum mit ihm
befindet, entzieht. Das Ammoniakgas besitzt nämlich die Eigenschaft,
von kaltem Wasser in großen Mengen verschluckt zu werden, während
warmes Wasser nur geringe Mengen davon festhalten kann. Erhitzt man
daher in einem verschlossenen Gefäße gewöhnliches Ammoniakwasser
(sogenannten Salmiakspiritus), so wird das Ammoniakgas frei, und da
sich beständig neue Gasmengen entwickeln, die nicht entweichen können,
so entsteht allmählich ein ungeheurer Druck im Innern des Gefäßes. Läßt
man dieses stark zusammengepreßte Gas dann in ein von kaltem Wasser
umgebenes Kühlrohr einströmen, so wird es darin sogar flüssig. Läßt man
dieses flüssige Ammoniak nun in einen geräumigen Behälter ausströmen,
so verdampft es, und kommt diesem Dampfe zugleich ein feiner Regen
kühlen Wassers entgegen, so wird das Gas mit großer Begierde von dem
Wasser verschluckt, der dadurch entstehende luftverdünnte Raum aber
zugleich die Veranlassung immer neuer und schnellerer Verdunstung des
Ammoniaks. Die durch diese Verdunstung bewirkte Kälte oder vielmehr
Wärmeentziehung ist die Ursache des Gefrierens des Wassers in den
in diesem Raume aufgestellten Gefäßen. In ähnlicher Weise wird auch
das Kohlensäuregas, nachdem es zuvor durch starken Druck in eine
Flüssigkeit verwandelt worden, beim Ausströmen an die Luft in Folge der
heftigen Verdunstung in einen schneeähnlichen festen Körper verwandelt.

=317. Warum= kann das Niederschlagen des Rauches bei stiller Luft als
Vorbote von Regenwetter gelten?

=Weil= die unverbrannten Kohlentheilchen, die mit dem Rauch
emporsteigen, die Eigenschaft haben, Wasserdampf einzusaugen. Wenn
also viel Wasserdampf in der Luft über dem Schornstein vorhanden ist,
so nehmen ihn die Kohlentheilchen auf, verdichten ihn in sich, werden
dadurch schwerer und fallen so zu Boden; auch steigt der Rauch in der
warmen und feuchten Luft der Regen bringenden Süd-West- und Westwinde
nicht so schnell und lebhaft empor als in der Luft der dichteren
Nord-, Nordost- und Ostwinde. Auch manche Salze haben die Eigenschaft,
Wasserdampf aus der Luft aufzunehmen. Pottasche zerfließt in Folge
dessen; Kochsalz wird nur sehr feucht.

=318. Warum= dehnen sich manche Körper, namentlich Haare und
Darmsaiten, in feuchter Luft aus?

=Weil= diese Körper eine große Neigung besitzen, Wasserdampf aus der
Luft einzusaugen und in ihren Poren zu verdichten, womit natürlich
eine Vergrößerung ihres Volumens verbunden sein muß. Man nennt solche
Körper hygroskopische. Besonders ausgezeichnet durch diese Eigenschaft
sind Haare, Darmsaiten und Fischbein. Daß die Haare sich bei feuchtem
Wetter verlängern, wissen diejenigen Damen, welche Locken tragen.
Da aber solche Körper die Feuchtigkeit der Luft anzeigen, ehe sie
noch auf andere Weise erkennbar wird, so benutzt man sie auch zu
Feuchtigkeitsmessern oder Hygrometern. Ein solches Instrument ist das
bekannte Wetterhäuschen, das man oft als Wetterprophet an den Fenstern
anbringt. In demselben ist an einer Darmsaite ein Stäbchen aufgehängt,
auf dessen einer Seite ein Mann mit einer Gießkanne, auf dessen anderer
Seite eine Frau mit einem Regenschirm steht. Bei feuchtem Wetter dreht
sich die Saite auf, verlängert sich und bringt die Frau zum Vorschein.
Bei trockner Luft dreht sich die Saite wieder zusammen, und nun tritt
der Mann aus der Thür des Häuschens. Auch die lange, schraubenartig
gewundene Granne der Frucht des Reiherschnabels (~Erodium~) ist
sehr empfindlich gegen Feuchtigkeit. Befestigt man dieselbe in dem
Mittelpunkte eines Kreises, so dreht sie sich, indem sie sich bei
feuchter Luft mehr aufwickelt, bei trockner Luft mehr zusammenzieht.

=319. Warum= werden unsere Kleider feucht, wenn wir an schönen
Frühlings- oder Herbstabenden spazieren gehen?

=Weil= die in der Luft enthaltenen Wasserdämpfe in Folge der am Abend
eintretenden starken Abkühlung der Luft sich wieder verdichten und nun
in sehr feinen Tropfen auf unsere Kleider niederschlagen.

=320. Warum= müssen Röhren, durch welche Wasserdämpfe an irgend einen
Ort geleitet werden sollen, aus schlechten Wärmeleitern bestehen und am
besten helle und polirte Oberflächen haben?

=Weil= gute Wärmeleiter den Wasserdämpfen zu viel Wärme durch Leitung,
rauhe und dunkle Röhren aber zu viel Wärme durch Strahlung entziehen
und die Temperatur der Dämpfe daher so weit erniedrigen würden, daß
ein Theil derselben gar nicht mehr als Dampf bestehen könnte, sondern,
ehe er noch an den Ort seiner Bestimmung gelangt wäre, in die tropfbar
flüssige Form zurückkehren müßte. Will man dagegen durch Dampf
heizen, so muß man ihn umgekehrt durch Röhren leiten, die aus guten
Wärmeleitern bestehen und rauhe und dunkle Oberflächen haben. Denn in
diesem Falle soll eben die Wärme dem Dampfe möglichst schnell entzogen
werden, um dem Raume, durch den er geleitet wird, zu Gute zu kommen.

=321. Warum= beschlagen unsere Fensterscheiben, wenn die Luft draußen
sich abkühlt?

=Weil= die in unserer Zimmerluft beständig enthaltenen Wasserdämpfe,
wenn sie mit den durch die äußere Luft abgekühlten Fensterscheiben
in Berührung kommen, selbst so weit abgekühlt werden, daß sie in
den tropfbaren Zustand zurückkehren und sich an die Fensterscheiben
absetzen.

=322. Warum= belegen sich beim Winterfroste die Fensterscheiben,
vornehmlich bewohnter Zimmer, mit Eis?

=Weil= die in bewohnten Zimmern reichlich vorhandenen Wasserdämpfe
in Berührung mit den von außen erkalteten Fensterscheiben verdichtet
werden und sich in tropfbarer Form darauf niederschlagen, sofort aber
auch gefrieren müssen, wenn die Temperatur der Fensterscheiben unter
dem Gefrierpunkt ist.

=323. Warum= sind die Pflanzen besonders nach schönen Frühlings- oder
Herbstnächten am Morgen mit Wassertropfen bedeckt?

=Weil= der Erdboden in der Nacht sich in Folge der Wärmestrahlung
stark abkühlt, dadurch aber auch die dem Erdboden nahen Luftschichten
abgekühlt und damit unfähig werden müssen, die Wasserdämpfe, mit
denen sie gemischt sind, luftförmig zu erhalten. Die Wasserdämpfe
verdichten sich daher und scheiden sich in Form von Tropfen an den
Gegenständen ab. Da aber das Strahlungsvermögen dieser Gegenstände
ein sehr verschiedenes und darum auch ihre Abkühlung eine ungleiche
ist, besonders rauhe Gegenstände ihre Wärme schneller ausstrahlen
als glatte, so scheiden sich auch die verdichteten Wasserdämpfe in
verschiedenem Maße an ihnen ab. Pflanzen, besonders die Spitzen der
Blätter und Halme, erkalten mehr als Erde und Steine, diese wieder
mehr als Metalle; daher finden sich besonders Gras und Blätter am
Morgen mit Wassertropfen bedeckt. Diesen nächtlichen Niederschlag des
Wasserdampfes der Luft nennt man Thau. Die Stärke desselben ist nicht
bloß abhängig von dem Grade der Temperaturerniedigung, sondern auch von
dem Wasserdampfgehalt der Luft. Denn die Verdichtung des Wasserdampfes
beginnt erst bei derjenigen Temperatur, für welche die Luft mit
dem vorhandenen Wasserdampf gerade gesättigt ist. Diese Temperatur
nennt man den Thaupunkt. Dieser liegt aber um so tiefer, je weniger
Wasserdampf die Luft enthält. Den Thaupunkt kann man bestimmen, wenn
man ein Thermometer in ein Glas mit Wasser stellt und dann allmählich
so lange kaltes Wasser zugießt, bis die Außenseite des Glases mit einem
feinen Thau beschlägt. Die Temperatur, bei welcher dies geschieht, ist
der Thaupunkt. Ist die Luftwärme etwa 16° und erfolgt das Beschlagen
des Glases bei 10°, so muß die Luft auch bis auf 10° erkalten, wenn
eine Thaubildung eintreten soll.

=324. Warum= fällt bei bewölktem Himmel kein Thau?

=Weil= die Wolken eine Rückstrahlung der Wärme veranlassen und dadurch
die Abkühlung des Bodens verhindern. Darum pflegt es auch unter
laubreichen Bäumen und unter Zelten selbst in heiteren sehr thaureichen
Nächten nicht zu thauen.

=325. Warum= bemerkt man nach schönen, aber sehr windigen Nächten
keinen Thau?

=Weil= bei windigem Wetter fortwährend die an den Gegenständen
erkalteten Luftschichten wieder entführt und durch wärmere ersetzt
werden, die den Gegenständen wieder Wärme mittheilen, so daß diese
nicht bis zum Thaupunkt erkältet werden können.

=326. Warum= werden Felder und Wiesen in schönen Herbstnächten oft mit
Reif bedeckt?

=Weil= durch die starke Wärmeausstrahlung in den längerwerdenden
Nächten des Spätherbstes oft die Temperatur des Erdbodens bis unter den
Gefrierpunkt erniedrigt wird, und die sich verdichtenden Wasserdämpfe
sich daher nicht als kleine Wassertropfen, sondern nur als Eis an den
erkalteten Gegenständen absetzen können. Reif ist gefrorener Thau und
besteht aus feinen Eisnadeln.

=327. Warum= sieht man in der Kälte den ausgehauchten Athem?

=Weil= dem durch das Athmen ausgestoßenen Wasserdampf durch die äußere
kalte Luft Wärme entzogen und der Wasserdampf dadurch verdichtet wird.
Wasserdampf an sich ist völlig durchsichtig, also unsichtbar; er wird
erst sichtbar, wenn er anfängt wieder flüssig zu werden. Er erscheint
dann als Nebel.

=328. Warum= bilden sich besonders im Herbst und Winter so oft Nebel?

=Weil= von den länger warm bleibenden Wasserflächen und aus dem
feuchten Erdboden dann noch beständig Dämpfe aufsteigen, welche
aber die kältere oder wasserdampfreichere Atmosphäre nicht mehr
aufzunehmen vermag, und die sich daher nun verdichten müssen. Dieser
sich verdichtende Wasserdampf nimmt zuerst die Gestalt außerordentlich
kleiner hohler Wasserbläschen an, die an einander gehäuft nicht
mehr durchsichtig sind, wie fein gemahlenes Glas auch nicht mehr
durchsichtig ist. Die Wasserbläschen des Nebels werden eine Zeit lang
von der Luft getragen, sinken dann aber nieder. Fallen sie auf wärmeres
Erdreich oder Wasser -- wie ja im Herbst und zu Zeiten im Winter
Erdreich und Wasser wärmer zu sein pflegen als die Luft, -- so steigen
sie wieder als Dampf auf und verdichten sich wieder zu Nebel. Auf
diesem Wechsel von Vergehen und Entstehen beruht die anhaltende Dauer
mancher Herbst- und Winternebel.

[Illustration: Fig. 54.]

=329. Warum= entsteht aus den Wolken Regen?

=Weil= die Wolken nichts anderes als Nebel in höheren Luftschichten
sind, und weil, wenn sie sich in tiefere Luftschichten herabsenken,
die bereits mit Wasserdampf fast gesättigt sind, oder wenn sie mit
kälteren Luftschichten in Berührung kommen, ihre Wasserbläschen
zusammenfließen, schwerer werden und nun in Tropfengestalt herabfallen.
Die Tropfen sind um so kleiner, je näher die Wolken der Erde sind,
um so größer, aus je größeren Höhen sie fallen, da sie auf ihrem
Wege, vermöge ihrer niedrigen Temperatur, die Wasserdünste der
Luftschichten verdichten, durch welche sie hindurchfallen, und sich
dadurch vergrößern. In Luftschichten, deren Temperatur unter dem
Gefrierpunkt liegt, verwandeln sich die verdichteten Wasserdünste nicht
in Tropfen, sondern in feine Eisnadeln, die sich zu Schneeflocken (Fig.
54) zusammensetzen. Die besonders im Frühling fallenden Graupelkörner
entstehen wohl in ähnlicher Weise wie der Schnee und bestehen nur aus
fest zusammengeballten Eisnadeln. Ueber die Entstehung des Hagels
ist man noch nicht völlig im Klaren. Die beste Erklärung scheint
diejenige zu sein, welche _Nöllner_ gegeben hat. Danach können die
Nebelbläschen, welche Wolken bilden, bis unter den Gefrierpunkt
erkalten, ohne daß ein Erstarren derselben eintritt, wie Aehnliches vom
tropfbar flüssigen Wasser nachgewiesen ist. Das Gefrieren erfolgt erst,
aber dann auch plötzlich und in großem Umfange, wenn die erkalteten
Bläschen heftig erschüttert werden. Befindet sich also eine so tief
erkaltete Wolkenschicht in der Luft, und fallen auf diese aus einer
höheren Wolkenschicht Graupelkörner, so schlägt sich auf ihnen der
Bläschendampf als Wasser nieder, das augenblicklich gefriert. Auf diese
Weise wird allerdings die oft so massenhafte Eisbildung in ganz kurzer
Zeit begreiflich.

Das Ansehen der Wolken selbst ist, je nachdem sie höher oder tiefer
schweben, mehr oder weniger dicht sind, und je nach ihrer Beleuchtung
sehr mannigfaltig. Man unterscheidet Federwolken, die sich besonders
zuerst nach vollkommen heiterem Wetter am blauen Himmel bilden,
Schichtwolken, die sich in wagerechten Streifen über den Himmel ziehen
und vorzugsweise schön bei Sonnenuntergang erscheinen, Haufenwolken,
die sich namentlich im Sommer zeigen, und Regenwolken, die aus
Haufenwolken entstehen, aber unregelmäßige Formen annehmen und große
Dichtigkeit erlangen.

=330. Warum= sehen wir bisweilen bei völlig heiterem Himmel und ruhiger
Luft sich plötzlich Wolken bilden und ein andres Mal wieder die Wolken
ebenso plötzlich verschwinden?

=Weil= die Luft zwar Wasserdämpfe genug aufgelöst enthalten kann, die
sich aber bei der herrschenden Temperatur nicht verdichten können,
bei einer plötzlich eintretenden Abkühlung der Luft jedoch, etwa in
Folge einer kälteren Luftströmung, sich plötzlich zu Wasserbläschen
verdichten und Wolken bilden müssen; während andererseits eine
vorhandene Wolke, wenn sie sich etwa in eine wärmere Luftschicht
hinabläßt, oder wenn ein wärmerer Luftstrom sie trifft, sich wieder
in unsichtbaren Wasserdampf auflösen muß. Das Vermögen der Luft,
Wasserdämpfe in sich aufzunehmen -- ihr Sättigungsvermögen -- ändert
sich je mit ihrer Temperatur.

=331. Warum= kocht Wasser und jede andere Flüssigkeit ein, wenn man sie
längere Zeit kochen läßt?

=Weil= das Wasser und überhaupt jede Flüssigkeit beim Kochen sich in
Dampf verwandelt, und dieser Dampf vermöge seines geringen specifischen
Gewichts in die Luft aufsteigt und sich mit ihr vermischt, die
Flüssigkeit also durch dieses beständige Entweichen ihrer Theile in
Luftgestalt endlich völlig verschwinden muß. Sie existirt zwar noch,
aber nicht mehr als Flüssigkeit und nicht mehr in dem Gefäße. War
aber mit dem Wasser ein anderer Körper vermischt oder vielmehr darin
aufgelöst, wie etwa Salz, der nicht in Dampf übergehen kann, so bleibt
dieser nach dem Kochen zurück.

=332. Warum= siedet Wasser erst bei einer Temperatur von 80° R.?

=Weil= die Wasserdämpfe, welche sich zwar auch bei niedrigerer
Temperatur entwickeln, dem Drucke der äußeren atmosphärischen Luft
erst dann widerstehen können, wenn sie eine Spannkraft erlangt haben,
welche derjenigen der atmosphärischen Luft gleich ist, was erst bei
einer Temperatur von 80° R. geschieht. Wenn man daher Wasser über einem
Feuer erhitzt, so entwickeln sich sehr bald, namentlich am Boden,
kleine Dampfbläschen, die aber unter dem Drucke des Wassers und dem
auf diesem lastenden Drucke der Atmosphäre sich wieder verdichten und
tropfbar flüssig werden. Erst bei 80° R. haben die sich im Innern des
Wassers entwickelnden Dämpfe eine Spannkraft erlangt, welche dem Drucke
der Umgebung das Gleichgewicht hält. Die Spannkraft des beim Sieden
des Wassers, wie überhaupt beim Sieden jeder Flüssigkeit entstehenden
Dampfes ist also genau dem Drucke der Atmosphäre gleich oder vermag
eine Quecksilbersäule von 760 Millimeter Höhe zu tragen. Verdunstung
und Sieden unterscheiden sich dadurch, daß bei der Verdunstung an
der Oberfläche einer Flüssigkeit sich Dämpfe von geringer Spannkraft
bilden, die sich unmittelbar mit der Luft vermischen, während bei dem
Sieden Dämpfe von großer Spannkraft im Innern der Flüssigkeit entstehen.

=333. Warum= kann Wasser in einem bleiernen oder zinnernen Gefäße zum
Sieden gebracht werden, ohne daß das Metall zum Schmelzen kommt?

=Weil= das Gefäß die vom Feuer ihm mitgetheilte Wärme an das darin
befindliche Wasser abgiebt, dieses aber nie eine höhere Temperatur als
80° R. annehmen kann, alle übrige Wärme, die es empfängt, vielmehr zu
seiner Verwandlung in Dampf verwendet. Das Gefäß kann also selbst auch
keine höhere Temperatur als 80° annehmen, so lange noch Wasser darin
ist, das ihm seine überschüssige Wärme abnimmt. Es kann darum auch
nicht schmelzen, da der Schmelzpunkt des Zinnes erst bei 188°, der des
Bleies sogar bei 267° R. liegt. Aus demselben Grunde kann man sogar
Wasser in einem kleinen Gefäße aus Papier über einer Lichtflamme zum
Sieden bringen, ohne daß das Papier anbrennt. Das Papier ist zwar ein
schlechter Wärmeleiter, aber wenn es hinreichend dünn ist, leitet es
doch schnell genug die von der Flamme empfangene Wärme in das Wasser
über, so daß seine Temperatur nicht über 80° R. steigen kann, eine
Temperatur, bei der es sich noch nicht entzündet.

=334. Warum= verdampfen Wassertropfen, die man auf eine rothglühende
Metallplatte fallen läßt, nicht, sondern sammeln sich wie Quecksilber
auf Glas und gerathen in eine drehende Bewegung, ohne zu kochen?

=Weil= das glühende Metall vom Wasser nicht benetzt wird, Vielmehr
eine Dampfschicht die gegenseitige Berührung beider verhindert, so
daß auch ein merklicher Uebergang der Wärme vom Metall zum Wasser
nicht stattfinden kann. Erst bei abnehmender Hitze stellt sich die
Berührung wieder her, und darum erfolgt dann eine plötzliche heftige
Dampfbildung. Man nennt diese Erscheinung den _Leidenfrost_'schen
Tropfen, weil sie zuerst von _Leidenfrost_ im Jahre 1756 beobachtet
wurde. Daß die Flüssigkeit bei dieser Erscheinung die Tropfenform
annimmt, erklärt sich daraus, daß durch die hohe Temperatur die
Adhäsion vernichtet ist und die Cohäsion der Flüssigkeit daher zur
vollen Wirkung kommt. Auch große Flüssigkeitsmassen kann man in
diesen Zustand versetzen, den man deshalb auch den sphäroidalen
nennt. Sie verdampfen nicht, sondern behaupten eine Temperatur, die
etwas unter ihrem Siedepunkte liegt. Läßt man flüssige schweflige
Säure, deren Siedepunkt 10° unter Null liegt, in eine glühende Schale
tropfen, und fügt dann einige Tropfen Wasser hinzu, so gefriert dies
augenblicklich zu Eis. Mit diesen Erscheinungen hängt wohl auch die
merkwürdige Thatsache zusammen, daß Arbeiter in Gießereien ihre Hand
in geschmolzenes Eisen tauchen können, ohne sie zu verbrennen. Eine
Dampfschicht, welche durch die Feuchtigkeit der Haut gebildet wird,
verhindert die unmittelbare Berührung mit dem geschmolzenen Metall und
darum auch den Uebergang der Wärme.

=335. Warum= kann man Zinn in einem Gefäß mit Wasser über dem stärksten
Feuer nicht schmelzen?

=Weil= das Wasser beim Kochen alle ihm vom Feuer zugeführte Wärme zur
Dampfbildung verwendet und daher selbst keine höhere Temperatur als
die von 80° R. annimmt, weshalb aber auch das Zinn in dem kochenden
Wasser nicht über 80° R. erhitzt werden und somit auch nicht
seinen Schmelzpunkt, der erst bei 188° R. liegt, erreichen kann. Es
giebt freilich, wie bereits erwähnt (Fr. 298), Metallgemische oder
Metalllegirungen, die schon im siedenden Wasser schmelzen, weil ihr
Schmelzpunkt noch unter dem Siedepunkte des Wassers liegt.

=336. Warum= werden sehr fette oder in Fett gekochte Speisen schneller
weich als sehr magere und im bloßen Wasser gekochte?

=Weil= Fette einen weit höheren Siedepunkt als das Wasser haben und
daher auch eine weit höhere Temperatur annehmen können, so daß auch
die Speisen, die in ihnen gekocht werden, eine größere Wärmemenge
empfangen. Sehr mageres Fleisch, wie Wildfleisch, wird darum auch beim
Braten langsamer gar als sehr fettes Fleisch.

=337. Warum= wird sehr dünner und schlechter Branntwein durch
Destilliren stärker?

=Weil= der Weingeist (Spiritus) oder Alkohol schon bei einer
niedrigeren Temperatur flüchtig oder in Dampf verwandelt wird als das
Wasser, das Destilliren aber darin besteht, daß man den aus Wasser
und Weingeist bestehenden Branntwein erst in Dampf verwandelt und
die Dämpfe dann durch Abkühlung wieder zu tropfbarer Flüssigkeit
verdichtet. Bei der Destillation wird also mehr Weingeist als Wasser
flüchtig, und die verdichtete Flüssigkeit muß dann auch mehr Weingeist
als vorher enthalten. Der Gehalt an Weingeist aber bestimmt die Stärke
des Branntweines.

[Illustration: Fig. 55.]

=338. Warum= kann man in einem _Papin_'schen Topfe (Fig. 55) selbst
Knochen zu einem Brei zerkochen?

=Weil= in einem solchen Topfe, dessen Deckel luftdicht festgeschraubt
ist, die Dämpfe nicht entweichen können und durch ihren heftigen Druck
auf das Wasser den Siedepunkt desselben bedeutend erhöhen, so daß das
kochende Wasser in dem Topfe eine weit höhere Temperatur annimmt, als
das an der Luft unter dem gewöhnlichen Druck der Atmosphäre kochende.
Wenn die eingeschlossenen Dämpfe nämlich weiter erhitzt werden, so
wächst ihr Bestreben, sich auszudehnen, oder ihre Spannkraft, immer
mehr. Sie üben darum nach allen Seiten, also auch auf das Wasser
einen hohen Druck aus und machen dadurch das weitere Aufsteigen von
Dampfblasen, also das weitere Sieden unmöglich, bis die Temperatur
des Wassers selbst so hoch gesteigert ist, daß die sich entwickelnden
Dämpfe dieselbe Spannkraft haben, wie die bereits vorhandenen, welche
den Druck ausüben. Wegen des heftigen Druckes der gespannten Dämpfe
in einem solchen Topfe muß derselbe auch sehr starke Wände aus Eisen
oder Messing haben, und zugleich der Deckel mit einem sogenannten
Sicherheitsventil versehen sein, welches die Dämpfe bei einem gewissen
Grade der Spannung öffnen, und durch welches sie dann entweichen
können. Sonst würde man Gefahr laufen, daß der Topf durch den innern
Druck gewaltsam zersprengt wird.

=339. Warum= kommt warmes Wasser, das unter die Glocke der Luftpumpe
gebracht wird, bei fortgesetztem Auspumpen der Luft in's Sieden?

=Weil= durch das Auspumpen der Luft die Luft unter der Glocke verdünnt
und dadurch auch der Luftdruck vermindert wird, welcher auf dem Wasser
ruht, so daß die Dämpfe, die sich im Innern desselben bilden, einer
geringeren Spannkraft bedürfen, um diesem Luftdruck zu widerstehen, um
also die Erscheinung hervorzurufen, die wir Sieden nennen. Da aber die
Spannkraft des Dampfes von der Temperatur abhängt, so reicht auch eine
geringere Temperatur hin, um das Wasser unter der Glocke der Luftpumpe
zum Sieden zu bringen.

=340. Warum= siedet Schwefeläther schon bei gewöhnlicher Temperatur,
ja sogar bei 0 Grad unter der Glocke der Luftpumpe, nachdem die Luft
ausgepumpt worden ist?

=Weil= der Schwefeläther schon bei gewöhnlichem Luftdruck einen sehr
niedrigen Siedepunkt hat, nämlich bereits bei 28½° R. siedet, seine
Dämpfe also bei derselben Temperatur eine größere Spannkraft haben
müssen, als die des Wassers, im luftleeren Raume daher auch eine weit
niedrigere Temperatur hinreicht, damit seine Dämpfe den äußeren Druck
überwinden und so die Erscheinung des Siedens herbeiführen.

[Illustration: Fig. 56.]

=341. Warum= kann man Wasser in dem sogenannten Wasserhammer oder
Pulshammer (Fig. 56) durch die bloße Wärme der Hand zum Sieden bringen?

=Weil= das durch die Hand erwärmte Glas hinreichend genug Wärme an
das in dem Pulshammer befindliche Wasser abgiebt, um dasselbe in dem
luftleeren Raume, der sich darüber befindet, zum Sieden zu bringen.
Der Pulshammer besteht nämlich aus zwei durch eine Röhre verbundenen
gläsernen Kugeln, in deren einer Wasser vor dem Zuschmelzen des ganzen
Apparates bis zum Sieden erhitzt war. Das Innere des Pulshammers
enthält also nur Wasserdampf, und der Druck desselben auf das Wasser
ist bei gewöhnlicher Temperatur ein so geringer, daß schon die
geringste Erwärmung des Wassers hinreicht, Dämpfe zu erzeugen, deren
Spannkraft diesen Druck überwindet.

=342. Warum= siedet Wasser auf hohen Bergen bei einem geringeren
Wärmegrad als in der Ebene?

=Weil= auf hohen Bergen der Luftdruck ein weit niedrigerer ist als in
der Ebene, die Wasserdämpfe daher auch einer geringeren Spannkraft
bedürfen, um diesen Druck zu besiegen, und um diese geringere
Spannkraft hervorzubringen, wieder eine geringere Wärme nöthig ist. Auf
der Hochebene von Quito in Südamerika kocht daher das Wasser schon bei
72° R., auf dem Montblanc sogar bei 68° R. Auf solchen hohen Bergen
kann man daher auch Fleisch in offenen Gefäßen nicht weich kochen.
-- Man kann diese verschiedenen Siedetemperaturen des Wassers auch
benutzen, um die Höhen der Berge zu messen.

=343. Warum= wird der Deckel eines am Feuer stehenden Gefäßes, in dem
sich siedendes Wasser befindet, mit einiger Gewalt in die Höhe gehoben
oder abgeworfen?

=Weil= die sich beim Sieden entwickelnden Wasserdämpfe vermöge ihrer
Spannkraft einen bedeutenden Druck nach allen Seiten hin ausüben,
dieser Druck aber zunächst nur gegen den Deckel wirksam werden kann,
der von oben her der Ausdehnung der Dämpfe Widerstand leistet. Wäre der
Deckel fest verschlossen, so würde die mit der Temperatur wachsende
Spannkraft der Wasserdämpfe endlich das ganze Gefäß zersprengen.

[Illustration: Fig. 57.]

=344. Warum= wird der luftdicht schließende Kolben in einem Glasgefäß,
das etwas Wasser enthält, gewaltsam in die Höhe getrieben, wenn man
dies Wasser über einer Lampe erhitzt, und warum wird dieser Kolben von
selbst wieder abwärts getrieben, sobald man das Gefäß in kaltes Wasser
taucht?

=Weil= die durch die Wärme sich entwickelnden Dämpfe wegen ihrer
Spannkraft sich ausdehnen und den Kolben, der sie abschließt, aufwärts
treiben, durch die Abkühlung im kalten Wasser aber sich wieder
verdichten, dadurch einen luftverdünnten Raum erzeugen und nun dem
äußeren Luftdruck, der auf die obere Seite des Kolbens wirkt, keinen
Widerstand mehr entgegensetzen können, so daß dieser den Kolben wieder
abwärts treibt.

=345. Warum= kann man mit Hülfe des Wasserdampfes große Maschinen in
Bewegung setzen?

=Weil= eingeschlossener Wasserdampf eine sehr bedeutende Spannkraft
besitzt, die dadurch wirksam gemacht werden kann, daß man auf der
anderen Seite des Körpers, welchen der Dampf in Bewegung setzen soll,
einen luftverdünnten oder luftleeren Raum herstellt.

Die einfachste Einrichtung einer Dampfmaschine wurde schon im Jahre
1690 von _Papin_ in Marburg ersonnen und entsprach im Wesentlichen
der oben (Fr. 344) besprochenen Vorrichtung, bei welcher Wasser in
einem Glasgefäß abwechselnd erhitzt und wieder abgekühlt wird. Dieser
Gedanke kam jedoch nie zur Ausführung. Wirklich hergestellt wurde die
erste Dampfmaschine von dem Engländer _Thomas Savery_ im Jahre 1698.
Dieser vermied den von _Papin_ vorgeschlagenen Kolben und suchte das
Wasser selbst durch Dampf zu heben. Seine Maschine bestand daher
aus einem Dampfkessel, in welchem der Dampf hergestellt wurde, und
einem zum Theil mit Wasser gefüllten Behälter, in welchen der Dampf
einströmte. Mit diesem Behälter stand ein Saugrohr in Verbindung,
welches in das Wasser hinabreichte, das gehoben werden sollte, während
an der entgegengesetzten Seite sich ein Steigrohr befand, um das
Wasser aufwärts zu führen. Beide Röhren waren mit Ventilen versehen.
Sobald der Dampf in den Behälter einströmte, wurde durch den Druck
desselben das Ventil der Saugröhre geschlossen und das im Behälter
befindliche Wasser durch das Steigrohr hinaufgetrieben. Wurde dann
der Behälter durch darüber fließendes kaltes Wasser abgekühlt, so
verdichtete sich der Dampf, es entstand ein luftleerer Raum, und
während der Druck des Wassers das Ventil des Steigrohrs schloß, wurde
durch den Druck der Atmosphäre das Wasser durch das Saugrohr in den
Behälter emporgetrieben. Die große Spannung des Dampfes aber, welche
diese Maschine erforderte, und der dadurch bedingte Aufwand von
Brennmaterial ließen diese Maschine wenig in Gebrauch kommen, und schon
nach einigen Jahren (1705) wurde sie durch die glänzende Erfindung
zweier Handwerker, des Schlossers _Newcomen_ und des Glasers _Cowley_,
gänzlich verdrängt. Diese kehrten zu dem _Papin_'schen Gedanken der
Anwendung eines Kolbens zurück, ließen aber den Dampf nicht in dem
Cylinder selbst, sondern in einem besondern Dampfkessel erzeugen, und
die Verdichtung der Dämpfe nicht durch Abkühlung der Wände von außen,
sondern durch Einspritzen kalten Wassers bewirken. Die _Newcomen_'sche
Maschine besteht daher aus einem Dampfkessel, in welchem der Dampf
erzeugt wird, und einem durch ein enges Rohr damit verbundenen
Cylinder, in welchem sich ein Kolben luftdicht auf und nieder bewegt.
Sobald der Dampf in diesen Cylinder eingetreten ist und den Kolben
aufwärts getrieben hat, wird durch einen Hahn die Verbindung mit dem
Kessel geschlossen und ein zweiter Hahn geöffnet, durch welchen ein
Strahl kalten Wassers in den Cylinder eingespritzt wird. Die Dämpfe
werden dadurch verdichtet, und der von außen auf den Kolben wirkende
Druck der atmosphärischen Luft treibt ihn nun nieder. Um den Auf- und
Niedergang des Kolbens in den Auf- Und Niedergang einer Pumpenstange
zu verwandeln, ist der Kolben mittelst einer Kette an den Arm eines
Balanciers gehängt, der auf einer Mauer ruht, und an dessen anderm
Arme ebenfalls mittelst einer Kette die Pumpenstange hängt. Durch den
Niedergang des Kolbens wird die Pumpenstange gehoben, während sie beim
Aufgange des Kolbens durch ihr eigenes Gewicht wieder niedergezogen
wird. Die Regulirung der Hähne wurde durch die sinnreiche Erfindung
eines Knaben, Namens _Potter_, im Jahre 1713 vermittelst einfacher
Hebelvorrichtungen ebenfalls dem Balancier übertragen.

[Illustration: Fig. 58.]

Bei solchen Maschinen, wie die _Newcomen_'sche, spielt der Dampf
nur eine untergeordnete Rolle. Die eigentliche bewegende Kraft ist
der Luftdruck, der den Kolben niederdrückt und die Pumpenstange
emportreibt. Man nennt sie deshalb auch _atmosphärische_ Maschinen,
und weil sie nur während des Kolbenniederganges eine Arbeit verrichten,
_einfach wirkende_ Maschinen. Erst mehr als ein halbes Jahrhundert
später beginnt die Entwicklung der Dampfmaschine zu ihrer heutigen
glänzenden Höhe durch den Mechaniker _James Watt_ in Glasgow. Schon
im Jahre 1765 beseitigte er den bisherigen Uebelstand eines zu großen
Dampfverbrauchs dadurch, daß er die Verdichtung des Dampfes nicht mehr
in dem Dampfcylinder selbst, sondern in einem besonderen Raume, dem
Condensator, geschehen ließ, der mit dem Dampfcylinder durch ein mit
einem Hahne versehenes Rohr beliebig in Verbindung gesetzt werden
kann. Die wichtigste Verbesserung aber begann er mit dem Jahre 1769,
indem er den Niedergang des Kolbens nicht mehr durch den äußeren
Luftdruck bewirken, sondern die ganze Thätigkeit der Maschine durch
die Spannkraft des Dampfes hervorbringen ließ. Er verwandelte also
die atmosphärische Maschine in eine wirkliche Dampfmaschine und die
einfach wirkende in die _doppelt wirkende_, d. h. beim Aufgang wie beim
Niedergang des Kolbens Arbeit leistende Maschine. Diese Verbesserung
ist darum so wichtig, weil sie erst die Dampfmaschine für alle die
mannigfachen und kunstreichen Arbeiten befähigt hat, die wir sie heute
verrichten sehen.

[Illustration: Fig. 59.]

[Illustration: Fig. 60.]

Um die Aufwärtsbewegung des Kolbens durch den Dampfdruck bewirken zu
lassen, wurde zunächst der Dampfcylinder auch oben geschlossen und dann
eine Einrichtung geschaffen, die es möglich machte, den Cylinderraum
oberhalb wie unterhalb des Kolbens abwechselnd mit dem Dampfkessel
und mit dem Condensator in Verbindung zu setzen. Diese Einrichtung
war der sogenannte Vierwegehahn, d. h. ein Hahn mit zwei von einander
unabhängigen Durchbohrungen, durch welche er von vier an ihm mündenden
Röhren abwechselnd je zwei mit einander in Verbindung setzen kann.
Jetzt dient statt desselben das Schieberventil (Fig. 59 u. 60). Es ist
ein viereckiger Kasten, in welchen der Dampf aus dem Kessel zunächst
eintreten muß, und in welchen zugleich die Kanäle münden, die den
Dampf einerseits zum Condensator, andererseits zum obern und untern
Cylinderraum leiten sollen. In diesem Kasten bewegt sich ein Schieber
auf und nieder, welcher so eingerichtet ist, daß er abwechselnd den
zum obern und dann wieder den zum untern Cylinderraum führenden Kanal
absperrt und dafür den Weg zum Condensator frei läßt. Hat also der
Kolben seine höchste Stellung erlangt, so treten die Dämpfe aus dem
Kessel durch den Kasten in den obern Cylinderraum ein und treiben den
Kolben abwärts (Fig. 59). Gleichzeitig ist den Dämpfen des unteren
Raumes durch das Rohr ~a~ der Weg in den Condensator geöffnet, in
welchem sie verdichtet werden. Ist der Kolben unten angelangt, so
treten in Folge der veränderten Schieberstellung die Dämpfe aus dem
Kessel in den Raum unter dem Kolben und treiben diesen aufwärts (Fig.
60), während die Dämpfe oberhalb des Kolbens zum Condensator entweichen.

Die Bewegung des Kolbens wird nun durch die Kolbenstange auf den
Balancier übertragen. Da aber die auf- und niedergehende Kolbenstange
eine senkrechte gradlinige Bewegung hat, während das Ende des
Balanciers, wie das Ende eines Wagebalkens, offenbar einen Kreisbogen
beschreibt, so ist die Kolbenstange nicht unmittelbar an den Balancier,
sondern erst vermittelst des sogenannten _Watt_'schen Parallelogramms
befestigt. Dieses besteht aus zwei gleich langen Stangen, die am
Balancier aufgehängt und unten durch eine dritte Stange verbunden sind,
und zwar so, daß sie sich sämmtlich an ihren Verbindungsstellen um
Charniere drehen können. An der vom Ende des Balanciers herabhängenden
Stange ist unten, gleichfalls drehbar, die Kolbenstange befestigt,
während eine vierte, am Maschinengestell befestigte Stange mit der
zweiten vom Balancier herabhängenden Stange verbunden ist. Wird nun der
Balancier durch den auf- und niedergehenden Kolben in Bewegung gesetzt,
so verschieben sich die das Parallelogramm bildenden Stangen so gegen
einander, daß der Endpunkt desselben, an welchem die Kolbenstange
befestigt ist, sich in grader Linie auf- und abwärts bewegt.

Um die hin- und herschwingende Bewegung dieses Balanciers in die
rotirende Bewegung einer Welle zu verwandeln, wandte _Watt_ den
einfachen, vom Spinnrad und Schleifstein her Jedem bekannten
Mechanismus der Kurbel und Treibstange an. Die Treibstange oder, wie
sie bei der Dampfmaschine heißt, die Pleuelstange ~P~ (Fig. 58) ist am
Ende des Balanciers drehbar aufgehängt und umfaßt mit ihrem untern
Ende den Zapfen der Kurbel, die an der zu drehenden Welle befestigt
ist. Die Drehung der Welle kann zunächst freilich keine gleichförmige
sein. Schon die Ungleichheiten in der Bewegung des Kolbens, wie in der
Wirkung des Dampfdrucks, bedingen eine ungleichförmige Geschwindigkeit,
und noch mehr bedingt diese die Stellung der Treibstange zur Kurbel
selbst. So oft nämlich die Kurbel ihren höchsten oder tiefsten Stand
erreicht, fällt ihre Richtung mit der Treibstange zusammen, und diese
kann natürlich in solchen Augenblicken gar nicht auf die Umdrehung der
Kurbel wirken. Daß die Maschine in diesen sogenannten todten Punkten
der Kurbel nicht zum Stillstehen kommt, liegt nur an der Trägheit,
welche die einzelnen Maschinentheile ihre Bewegung fortsetzen läßt. In
einer Vermehrung dieser Trägheit fand darum auch _Watt_ das Mittel, die
Ungleichheiten in der Bewegung der Maschine auszugleichen. Dies Mittel
besteht in dem Schwungrade, einem großen Rade von bedeutendem Gewicht,
das auf der Kurbelwelle befestigt ist und mit dieser sich umdreht, um
vermöge seiner Trägheit gleichsam in Momenten des Ueberflusses Arbeit
aufzusammeln und sie in Momenten des Mangels wieder abzugeben.

[Illustration: Fig. 61.]

Endlich blieb zur Vervollkommnung der Dampfmaschine noch übrig,
auch die Unregelmäßigkeiten zu beseitigen, welche theils durch
Aenderungen in der Dampfspannung in Folge von Unregelmäßigkeiten in
der Unterhaltung des Feuers und Zufuhr des Wassers, theils durch
Veränderungen der Widerstände, welche der Kolbendruck überwinden soll,
um mancherlei Arbeiten zu verrichten, veranlaßt werden. Vermittelst
einer überaus sinnreichen Einrichtung, der sogenannten Drosselklappe,
in Verbindung mit dem Centrifugal-Regulator (Fig. 61), wird auch diese
Aufgabe von der Maschine selbst gelöst. Die Drosselklappe ist eine
gewöhnliche Klappe (~K~), die in dem Rohre, das den Dampf vom Kessel
zum Cylinder führt, angebracht ist. Ist sie völlig geöffnet, so strömt
der Dampf ungehindert in den Cylinder; je mehr sie geschlossen wird,
desto mehr wird auch die Menge des einströmenden Dampfes vermindert.
Die Regulirung dieser Klappe ist dem Centrifugal-Regulator übertragen.
Er besteht aus zwei durch eine Welle (~A~) gesteckten und um einen
Zapfen (~C~) drehbaren Hebeln (~B~), die unten mit metallenen Kugeln
(~D~) von bedeutendem Gewichte beschwert sind. Mit diesen sind an
ihren oberen Enden, um Zapfen drehbar, zwei kleinere Stangen (~E~)
verbunden, die oben an einer Hülse (~F~) befestigt sind, welche an
der Axe der Welle auf und nieder gleiten kann. Sobald die Welle rasch
gedreht wird, fahren die schweren Kugeln vermöge ihrer Centrifugalkraft
auseinander und ziehen dadurch die Hülse herab. An dieser Hülse aber
ist ein zweiarmiger Hebel (~G~) befestigt, welcher durch eine Stange
(~I~) den kleinen Hebel bewegt, der die Drosselklappe dreht. Durch
das Herabgleiten der Hülse wird also die Drosselklappe mehr und mehr
geschlossen. Bewegt sich die Welle dagegen langsamer, so sinken die
Kugeln etwas herab, rücken dadurch die Hülse mehr hinauf, und der von
dieser abhängige Hebel öffnet die Klappe mehr. Man sieht also, daß, so
oft sich der Gang der Maschine aus irgend einer Ursache beschleunigt,
sei es, weil die von ihr zu überwindenden Widerstände abnehmen, oder
weil die Dampfspannung im Kessel wächst, die Kugeln des Regulators
auseinander fahren, die Drosselklappe mehr zudrehen und dadurch den
Dampfzufluß _vermindern_; daß aber, so oft die Geschwindigkeit der
Maschine aus andern Gründen sich verlangsamt, die zusammenfallenden
Kugeln des Regulators die Drosselklappe mehr öffnen und dadurch den
Dampfzufluß _vermehren_.

So ist die Dampfmaschine das wunderbare Werk geworden, als das sie
heute dasteht. Sie verrichtet nicht allein die ihr aufgetragene
mannigfaltige Arbeit, sondern regelt auch selbst ihren Gang als ihr
eigener Wärter. Sie bewegt selbst durch Hebelstangen die Steuerung,
d. h. sie öffnet und schließt die Ventile, welche den Dampf in die
Räume des Cylinders vertheilen und zum Condensator leiten. Sie bewegt
selbst die Pumpen, die Kaltwasserpumpe sowohl, welche dem Condensator
das zur Verdichtung der Dämpfe nöthige kalte Wasser zuführt, als die
sogenannte Luft- oder Warmwasserpumpe, welche das condensirte Wasser
und die in dem Condensator sich anhäufende Luft entfernt, als endlich
die Speisepumpe, welche den Kessel mit frischem Wasser versorgt.

[Illustration: Fig. 62.]

=346. Warum= hat die Locomotive weder Balancier noch Schwungrad, wie
andere Dampfmaschinen?

=Weil= die Locomotive (Fig. 62) einerseits eine sogenannte
Hochdruckmaschine ist, d. h. mit Dämpfen von hoher Spannung arbeitet,
deshalb aber schon der gewöhnliche Druck der Atmosphäre auf der einen
Seite des Kolbens einen genügenden Unterschied der beiderseitigen
Druckkräfte zuläßt, eine Condensirung der Dämpfe also und eine
Regelung der dadurch bedingten Pumpen und Ventile durch den Balancier
überflüssig wird, und weil andrerseits die Locomotive auch eine
gekuppelte Maschine ist, d. h. aus zwei so mit einander verbundenen
Maschinen besteht, daß die Kurbeln derselben einander unterstützen und
zur Gleichförmigkeit der Bewegung eines Schwungrades nicht bedürfen.

Man unterscheidet nämlich Niederdruck- und Hochdruckmaschinen, d.
h. solche, bei welchen Dämpfe angewandt werden, deren Spannung die
der gewöhnlichen atmosphärischen Luft nur um weniges, höchstens das
1¼--1½fache übertrifft, und solche, bei denen die Dampfspannung
das 3--6fache des gewöhnlichen Atmosphärendrucks beträgt. Bei der
Niederdruckmaschine läßt sich der Dampf nur dadurch wirksam machen, daß
man auf der entgegengesetzten Seite des Kolbens einen luftverdünnten
Raum erzeugt, also die Dämpfe verdichtet. Bei der Hochdruckmaschine
ist diese Dampfverdichtung nicht nöthig, darum kann der ganze Bau
ein viel einfacherer sein. Die Pleuelstange wird hier unmittelbar
mit der Kolbenstange verbunden, und die gradlinige Bewegung der
letzteren einfach durch zwei Leisten, die sogenannten Gradführungen,
bewirkt, zwischen denen die Kolbenstange hin und her gleitet. Die
Bewegung der einzigen Pumpe, die noch erforderlich ist, der
Speisepumpe, und der wenigen Ventile, nämlich des Schieberventils und
der Drosselklappe, geht unmittelbar von der Kurbelwelle aus und wird
durch excentrische Scheiben vermittelt, die an der Welle befestigt
sind. Bei gekuppelten Maschinen, wie sie die Locomotive gleichfalls
darstellt, sind überdies zwei Maschinen so mit einander verbunden,
daß sie auf eine gemeinschaftliche Kurbelwelle wirken und zwar in der
Weise, daß die beiden Kurbeln einen rechten Winkel mit einander bilden,
daß also jedesmal, wenn die eine Kurbel sich in einem ihrer todten
Punkte befindet, die andere gleichzeitig in ihre günstigste Stellung
eingetreten ist. Zur Ueberwindung der todten Punkte bedarf es also hier
eines Schwungrades nicht.

Die erste Hochdruckmaschine ist von _Oliver Evans_ in Philadelphia
hergestellt worden, der sie bereits im Jahre 1800 zur Bewegung eines
Wagens benutzte. Die erste Locomotive wurde von dem englischen
Ingenieur _George Stephenson_ im Jahre 1814 gebaut.

Die Schiffsmaschine ist eine gekuppelte Niederdruckmaschine. Das erste
mit Schaufelrädern versehene Dampfschiff wurde von _Robert Fulton_ in
Newyork im Jahre 1807, das erste Schraubendampfschiff von _Ericson_ und
_Smith_ im Jahre 1839 in Amerika gebaut.

=347. Warum= muß der Kessel einer Dampfmaschine mit einem
Sicherheitsventil versehen sein?

=Weil= in dem völlig verschlossenen Kessel die Dämpfe sich anhäufen
und dadurch eine so bedeutende Spannkraft erlangen würden, daß sie den
Kessel gewaltsam zersprengen müßten, was durch das Sicherheitsventil
verhindert wird, da dieses sich bei einem bestimmten Drucke der Dämpfe
öffnet und diese so lange ausströmen läßt, bis derjenige Druck wieder
hergestellt ist, bei welchem man eine Gefahr des Zerspringens nicht
mehr zu fürchten hat.



Das Licht.


    Wenn wir die Gegenstände sehen, so beruht dies auf einer
    Empfindung gewisser Nerven unserer Sehwerkzeuge oder Augen.
    Die Ursache dieser Empfindung aber nennen wir Licht. Nach der
    älteren Ansicht besteht dies Licht aus einer sehr feinen
    Materie, einem Lichtstoff, der von den leuchtenden Körpern
    ausgesendet wird und die Augennerven trifft. Dieser Stoff soll
    unwägbar sein, überhaupt aller wesentlichen Eigenschaften
    der Körperlichkeit entbehren und nur durch seine Wirkung
    wahrnehmbar sein. Nach der jetzt allgemein geltenden Ansicht
    beruht das Licht auf einer wellenförmigen oder schwingenden
    Bewegung, welche, ähnlich der Bewegung des Schalles und der
    Wärme, von dem leuchtenden Körper ausgeht und, sich durch unser
    Auge dem Sehnerv mittheilend, hier die Empfindung des Sehens
    bewirkt. Als Träger dieser Bewegung nimmt man einen äußerst
    feinen elastischen Stoff -- den Aether -- an, der den ganzen
    Weltraum und alle Körper durchdringt.

    Quellen des Lichtes sind alle selbstleuchtenden Körper,
    insbesondere die Sonne und die Fixsterne, ferner glühende und
    verbrennende Körper, wie die Flammen unserer Kerzen und Lampen,
    endlich einige sogenannte phosphorescirende Körper, namentlich
    faulende Thier- und Pflanzenstoffe, aber auch lebende Thiere,
    wie die Johanniswürmchen und die kleinen, das Meeresleuchten
    veranlassenden Seethierchen. Eine besondere Quelle des Lichtes
    werden wir in der Electricität kennen lernen. Sternschnuppen
    und Feuerkugeln sind höchst wahrscheinlich kleine Weltkörper,
    welche wie die Planeten um die Sonne kreisen und, in den
    Anziehungskreis der Erde gerathen, herabfallen. Sie sind
    an sich dunkel, wie die Planeten und Kometen, und erglühen
    erst in Folge des Widerstandes, den sie in der Erdatmosphäre
    erfahren. Für ihre Weltkörper-Natur spricht das Herabfallen von
    Meteorsteinen beim Zerplatzen von Feuerkugeln, und besonders
    die periodische Wiederkehr von Sternschnuppenschwärmen in den
    Nächten vom 10. August und vom 12. bis 14. November.

    Irrlichter sind kleine Flämmchen, die bisweilen in sumpfigen
    Gegenden erscheinen, die aber noch viel zu wenig beobachtet
    sind, um über ihr Wesen völlig entscheiden zu können. Man hält
    sie für ein phosphorhaltiges Wasserstoffgas, das als Flamme
    verbrennt, sobald es aus dem Wasser aufsteigend in die Luft
    übergeht.

    Das Licht, das von einem leuchtenden Punkte ausgeht, verbreitet
    sich nach allen Richtungen und zwar in graden Linien. Diese
    graden Lichtlinien nennen wir Lichtstrahlen. Das Licht pflanzt
    sich mit außerordentlicher Geschwindigkeit fort, indem es
    in einer Sekunde 40,257 geogr. Meilen (= 300000 Kilom.)
    zurücklegt. Es durchläuft also den Raum von der Sonne zur Erde
    (fast 150 Mill. Kilom.) in 8 Minuten 13 Sekunden, und seine
    Geschwindigkeit übertrifft die des Schalles um das 900000fache.

    Treffen Lichtstrahlen auf ihrem Wege auf nicht leuchtende oder
    dunkle Körper, so werden sie entweder _zurückgeworfen_ oder
    _durchgelassen_. Dunkle Körper werden uns dadurch sichtbar,
    daß die von ihnen zurückgeworfenen Lichtstrahlen in unser Auge
    gelangen. Läßt ein Körper mehr oder weniger Licht durch sich
    hindurchgehen, so nennen wir ihn _durchsichtig_ oder auch
    nur _durchscheinend_. Läßt er gar kein Licht durch, wirft er
    vielmehr alles Licht zurück, so heißt er _undurchsichtig_.
    Wenn Lichtstrahlen aus einem durchsichtigen Körper in einen
    andern übergehen, der aber eine andere Dichtigkeit besitzt,
    so werden sie von ihrem Wege abgelenkt oder, wie man sagt,
    _gebrochen_. Ebenso werden Lichtstrahlen von ihrem gradlinigen
    Wege abgelenkt, wenn sie an den Rändern von undurchsichtigen
    Körpern vorübergehen. Man nennt diese Ablenkung die _Beugung_
    des Lichts.

=348. Warum= sehen wir den Blitz eines in einer gewissen Entfernung
abgeschossenen Gewehres, ehe wir den Knall hören?

=Weil= das Licht eine weit größere Geschwindigkeit als der Schall
besitzt. Beide beruhen zwar auf Bewegungen, die gleichzeitig von dem
Gegenstande ausgehen, der die Erscheinungen hervorruft, also von
dem entzündeten Pulver des Gewehrs. Beide Bewegungen müssen sich
auch bis zu uns fortpflanzen, um von unserm Ohr und Auge empfunden
zu werden. Aber der Schall pflanzt sich nur langsam fort, während
die Geschwindigkeit des Lichtes so groß ist, daß sie für irdische
Entfernungen nur mit den künstlichsten Mitteln gemessen werden kann.
Für eine Strecke von 300 Metern braucht der Schall fast eine Sekunde,
das Licht aber nur den millionsten Theil einer Sekunde.

[Illustration: Fig. 63.]

=349. Warum= können wir in der Nähe einer Kerzenflamme die Schrift
eines Buches lesen, in einiger Entfernung aber nicht?

=Weil= die Stärke der Beleuchtung, wie überhaupt jeder Wirkung, die
sich von einem Punkte aus gleichmäßig nach allen Seiten verbreitet, mit
der Entfernung abnimmt, und zwar in demselben Verhältniß, in welchem
die Fläche wächst, über welche sie sich verbreitet. In der doppelten
Entfernung ist die Fläche, welche die gesammte Lichtmenge empfängt,
4mal, in der dreifachen Entfernung 9mal so groß, und es empfängt darum
eine Fläche von bestimmter Größe, etwa ein Blatt Papier, von dem wir
lesen wollen, in der dreifachen Entfernung auch nur ein 9mal geringeres
Licht, erscheint uns also 9mal weniger hell.

=350. Warum= sehen wir durch die Scheiben unserer Fenster die draußen
befindlichen Gegenstände?

=Weil= die Glasscheiben durchsichtig sind, d. h. das von den draußen
befindlichen Gegenständen kommende Licht ungehindert durch sich
hindurch zu unserm Auge gelangen lassen. Vollkommen durchsichtig ist
aber auch das Glas nicht; sehr dicke Glasplatten halten vielmehr einen
großen Theil des Lichtes zurück und lassen uns darum die Gegenstände
nur undeutlich erkennen. Ebenso sind Luft und Wasser nicht vollkommen
durchsichtig. In tiefen Seen kann man nicht bis auf den Grund
sehen, wenn auch das Wasser noch so klar ist. Wäre die Luft völlig
durchsichtig, so würde uns der Himmel nicht blau, sondern schwarz
erscheinen, und wir würden jeden, auch den fernsten Gegenstand sehen,
sobald er nur im Bereich unserer Augen wäre.

=351. Warum= sehen wir dunkle, d. h. nicht selbstleuchtende Körper,
wenn sie beleuchtet werden, und sich in unserm Gesichtskreise befinden?

=Weil= alle Körper die auf ihre Oberfläche fallenden Lichtstrahlen
anderer selbstleuchtender Körper zurückwerfen, und diese
zurückgeworfenen Lichtstrahlen in unser Auge gelangen und hier den
Eindruck eines Bildes des beleuchteten Körpers erzeugen. Nur wenn ein
anderer undurchsichtiger Körper den beleuchteten Gegenstand bedeckt, d.
h. zwischen ihn und unser Auge tritt, können wir ihn nicht sehen, weil
der verdeckende Körper keinen der zurückgeworfenen Lichtstrahlen in
unser Auge gelangen läßt.

[Illustration: Fig. 64.]

=352. Warum= wirft ein undurchsichtiger Körper, wenn er beleuchtet
wird, einen Schatten hinter sich?

=Weil= der undurchsichtige Körper den sich nur in grader Linie
bewegenden Lichtstrahlen den Weg versperrt und sie daher verhindert,
in den hinter ihm befindlichen Raum zu gelangen, so daß dieser
Raum unbeleuchtet bleibt und dunkel erscheint. Den unbeleuchteten
Raum hinter einem beleuchteten und undurchsichtigen Körper nennen
wir Schatten. Die Lage des Schattens ist abhängig von der Lage des
leuchtenden und des schattengebenden Körpers. Er bewegt sich, wenn
sich einer dieser Körper bewegt, und ist um so kleiner, je größer
die Entfernung zwischen beiden, und je senkrechter das Licht auf den
schattengebenden Körper fällt. Die Gestalt des Schattens ist nur von
der Gestalt und Lage des schattengebenden Körpers abhängig. Daher
erscheint der Schatten einer Kugel auf einer gegen die Lichtstrahlen
senkrechten Fläche stets kreisrund. Solche runde Schatten werfen auch
die nicht selbstleuchtenden Himmelskörper hinter sich, und es erklären
sich daraus die Sonnen- und Mondfinsternisse. Bei den letzteren
befindet sich der Mond im Schatten der Erde, bei den ersteren die Erde
im Schatten des Mondes. Wenn der leuchtende Körper größer ist als der
beleuchtete, so ist der eigentliche Schatten oder der Kernschatten,
welcher gar kein Licht empfängt, noch von einem weniger dunklen Raume,
dem Halbschatten, umgeben, welcher nur von einem Theile des leuchtenden
Körpers Licht erhält. Bei einer partialen Sonnenfinsterniß steht die
Erde nur im Halbschatten des Mondes.

=353. Warum= sehen wir im Spiegel unser Bild?

=Weil= die von der dem Spiegel zugewandten Seite unseres Körpers
zurückgeworfenen Lichtstrahlen, wenn sie auf den Spiegel fallen, durch
das durchsichtige Glas hindurchgehen, von der dahinter befindlichen
undurchsichtigen Belegung (Folie) aber wieder zurückgeworfen werden
und gerade so in unser Auge gelangen, als ob sie von einem hinter dem
Spiegel befindlichen, uns gleichen Bilde ausgegangen wären.

[Illustration: Fig. 65.]

=354. Warum= sehen wir das Bild eines Gegenstandes in einem Spiegel
genau so weit _hinter_ demselben, als der Gegenstand sich _vor_
demselben befindet?

=Weil= alle Lichtstrahlen, welche von einem leuchtenden Punkte
ausgehen, von einer Spiegelfläche genau unter demselben Winkel
zurückgeworfen werden, unter welchem sie auffallen, diese
zurückgeworfenen Strahlen aber darum auch in ihrer Verlängerung sich in
einem Punkte vereinigen müssen, der genau so weit hinter dem Spiegel
liegt, als der leuchtende Punkt vor demselben. Die zurückgeworfenen
Strahlen, welche in das Auge gelangen, machen daher auf dasselbe den
Eindruck, als ob sie von jenem Vereinigungspunkte hinter dem Spiegel
herkämen, da es gewohnt ist, die Ursache der Lichtempfindung in
der Richtung der Lichtstrahlen zu suchen. Diesen Vereinigungspunkt
der zurückgeworfenen Lichtstrahlen nennt man daher das Bild des
leuchtenden Punktes. Jeder Punkt eines Gegenstandes aber erzeugt sein
Bild hinter dem Spiegel und zwar in derselben Entfernung, in welcher
er vor demselben sich befindet. Alle Punkte zusammen bilden aber die
Oberfläche des gespiegelten Gegenstandes und alle diesen Punkten
entsprechenden Bilder das Gesammtbild desselben. Dieses Gesammtbild
des Gegenstandes muß also auch genau in derselben Entfernung hinter
dem Spiegel erscheinen, in welcher der Gegenstand vor demselben sich
befindet. Ebenso ist es in Gestalt und Größe demselben gleich.

[Illustration: Fig. 66.]

=355. Warum= sind dünne Glasspiegel besser als dicke?

=Weil= nicht blos die hintere Belegung, sondern auch die vordere Fläche
des Glases spiegelt, besonders wenn man schief darauf sieht, und daher
doppelte Bilder entstehen, die einander verwirren und das Gesammtbild
undeutlich machen. Der Abstand dieser doppelten Bilder von einander
muß natürlich stets der doppelten Dicke des Glases gleich sein. Je
dicker das Glas, desto deutlicher werden die doppelten Bilder und desto
störender wirken sie. Die besten Spiegel sind daher Metallspiegel, da
diese nur einfache Bilder geben können.

=356. Warum= können wir eine vollkommen gute Spiegelfläche gar nicht
sehen?

=Weil= alles Licht, welches eine Spiegelfläche empfängt, so
zurückgeworfen wird, daß sich die von jedem Punkte des beleuchtenden
Körpers ausgehenden Strahlen wieder in einem Punkte hinter der
Spiegelfläche schneiden, wir also nur _hinter_ der Spiegelfläche
leuchtende Punkte, nämlich die Bilder der beleuchtenden Punkte und
nicht die Spiegelfläche selbst sehen.

=357. Warum= geben nichtpolirte, wenn auch ebene Körper keine
Spiegelbilder?

=Weil= eine solche nichtpolirte Ebene eine Menge kleiner Unebenheiten
besitzt, welche die von einem Punkte ausgehenden Strahlen unregelmäßig
zurückwerfen müssen, so daß sie sich nicht wieder in einem Punkte
hinter der ebenen Fläche vereinigen, also auch kein Bild des Punktes
erzeugen können. Statt des Bildes des beleuchtenden Gegenstandes sehen
wir vielmehr die beleuchtete Fläche selbst. Da nämlich jeder Punkt der
Fläche von unendlich vielen leuchtenden Punkten Licht erhält und dieses
zurückwirft, so müssen auch von jedem Punkte der Fläche unendlich viele
Strahlen nach allen Richtungen ausgehen, so daß wir jeden Punkt der
Fläche sehen. Solches unregelmäßig zurückgeworfene Licht, welches uns
die nichtpolirten oder nicht spiegelnden Flächen sichtbar macht, nennt
man auch zerstreutes Licht.

[Illustration: Fig. 67.]

=358. Warum= werden in einem Guckkasten die am Boden desselben
liegenden Bilder aufrecht gesehen? (Fig. 67.)

=Weil= diese Bilder, ehe sie durch das Vergrößerungsglas zum Auge
gelangen, erst von einem unter 45° geneigten Spiegel zurückgeworfen,
und deshalb alle Punkte desselben von dem Auge genau so weit hinter den
Spiegel verlegt werden, als sie sich vor demselben befinden. Die von
den Endpunkten des Pfeils ~AB~ ausgehenden Lichtstrahlen, welche den
Spiegel in ~x~ und ~s~ treffen, werden so zurückgeworfen, daß das Auge
den Pfeil in ~ab~ zu sehen glaubt.

=359. Warum= sieht man in einer sogenannten Spiegelkammer einen
einzelnen Gegenstand, etwa einen Schwan, ringsum hundertfach
vervielfältigt?

=Weil= diese Spiegelkammer aus parallelen Spiegeln besteht, deren
jeder das Spiegelbild des andern wiederspiegelt und dies mit jedem
Spiegelbilde so lange wiederholt, bis die geschwächte Helligkeit die
Wahrnehmung der Bilder verhindert.

[Illustration: Fig. 68.]

=360. Warum= erblickt man in einem Kaleidoskop so schöne, beim
Schütteln des Instruments sich beständig verändernde sternförmige
Gruppirungen? (Fig. 68.)

=Weil= am Ende der Röhre des Kaleidoskops zwei unter einem gewissen
Winkel gegen einander geneigte Spiegel befestigt sind, und die
dazwischen befindlichen kleinen Gegenstände, etwa Moos- und
Glasstückchen, von diesen wiederholt gespiegelt werden, und zwar so
oft, daß, unter Mitrechnung der Gegenstände selbst, genau so viel
Bilder erscheinen, als der Neigungswinkel der Spiegel in 360° enthalten
ist. Beträgt der Neigungswinkel 45°, so sieht man 8 Bilder, und zwar
symmetrisch gruppirt.

[Illustration: Fig. 69.]

=361. Warum= kann man mit Hülfe eines Hohlspiegels, den man gegen die
Sonne richtet, brennbare Körper entzünden?

=Weil= ein Hohlspiegel, d. h. ein an seiner inneren Fläche polirtes
Stück einer Kugelschale, alle auf ihn fallenden Licht- und
Wärmestrahlen der Sonne so zurückwirft, daß sie sich in einem Punkte
vor dem Spiegel vereinigen und hier natürlich eine erhöhte Wärmewirkung
äußern. Doch geschieht dies nur dann, wenn die Lichtstrahlen
untereinander parallel auffallen, wie es bei den Sonnenstrahlen, der
ungeheuren Entfernung der Sonne wegen, der Fall ist, und wenn sie
zugleich in der Richtung der Axe des Hohlspiegels, d. h. senkrecht auf
die Mitte desselben einfallen. Der Punkt, in welchem die Vereinigung
der Strahlen und ihre erhöhte Wärmewirkung stattfindet, heißt der
_Brennpunkt_. Er liegt bei einem kugelförmig gekrümmten Spiegel in der
Achse und zwar in der Mitte zwischen dem Mittelpunkt der Kugel und
dem Mittelpunkt des Spiegels. Sein Abstand von dem Spiegel heißt die
_Brennweite_.

=362. Warum= pflegt man Laternen und namentlich Wandleuchter mit
Blenden zu versehen?

=Weil= man beabsichtigt, die sonst von der Flamme nach allen Richtungen
hin auseinander fahrenden Lichtstrahlen nach einer bestimmten Richtung
zusammenzuhalten, die Blenden aber, die nichts anderes als Hohlspiegel
sind, ebensowohl alle parallel mit der Achse auffallenden Lichtstrahlen
im Brennpunkt vereinigen, als auch umgekehrt alle aus dem Brennpunkt
herkommenden Strahlen parallel mit der Achse zurückwerfen. Die Flamme
muß sich also bei solchen Laternen oder Wandleuchtern stets genau im
Brennpunkt des Hohlspiegels oder der Blende befinden, wenn alle ihre
Lichtstrahlen in einer bestimmten Richtung zusammengehalten werden und
so den Zweck einer erhöhten Beleuchtung erfüllen sollen.

[Illustration: Fig. 70.]

=363. Warum= erscheinen bei Hohlspiegeln die Bilder der Gegenstände
nicht immer hinter dem Spiegel, wie bei ebenen Spiegeln?

=Weil= auch in einem Hohlspiegel das Bild eines leuchtenden Punktes
-- und darum auch eines Gegenstandes -- nur dadurch entstehen kann,
daß die von dem leuchtenden Punkte ausgehenden Strahlen vom Spiegel
zurückgeworfen, und die zurückgeworfenen Strahlen in einem Punkte
vereinigt werden, diese Vereinigung aber bei dem Hohlspiegel stets
vor dem Spiegel stattfindet, sobald der leuchtende Punkt weiter
als der Brennpunkt des Spiegels entfernt ist. Während also bei dem
ebenen Spiegel das Bild nur darum hinter dem Spiegel erscheint, weil
das Auge, indem es die zurückgeworfenen Strahlen verfolgt, ihre
Vereinigung hinter den Spiegel zu versetzen gezwungen ist, kommt hier
das Bild wirklich vor dem Spiegel, also im unmittelbaren Bereich
des Auges zu Stande. Ein solches Bild schwebt gleichsam in der Luft
und kann wirklich sichtbar gemacht werden, wenn man es auf einer
durchscheinenden matten Glasscheibe, oder Oelpapier, oder selbst Rauch-
oder Nebelwolken auffängt. Bei sehr großen Hohlspiegeln zeigen sich
die Bilder selbst ganz frei in der Luft und werden daher von Gauklern
häufig zu Geistererscheinungen benutzt. Diese Bilder sind stets
verkehrt, weil die von den oberen Theilen des Gegenstandes kommenden
Lichtstrahlen vom Spiegel nach unten, die von den unteren Theilen
kommenden nach oben zurückgeworfen werden. Sie sind ferner bei größerer
Entfernung des Gegenstandes verkleinert, bei größerer Nähe vergrößert
und erscheinen im ersteren Falle näher, im letzteren Falle entfernter.
Nur wenn ein Gegenstand sich zwischen dem Spiegel und seinem Brennpunkt
befindet, sieht man sein Bild hinter dem Spiegel und zwar aufrecht, wie
beim ebenen Spiegel, aber zugleich vergrößert in Folge der Krümmung der
spiegelnden Fläche.

=364. Warum= zeigen die spiegelnden Glaskugeln in Gärten zwar stets ein
aufrechtes, aber zugleich verkleinertes Bild der Umgebung?

=Weil= die von einem Gegenstande auf solche spiegelnde Glaskugeln, wie
überhaupt auf erhaben gekrümmte Spiegelflächen fallenden Lichtstrahlen,
wenn sie zurückgeworfen werden, auseinander gehen und sich zwar auch
hinter dem Spiegel, aber weit schneller vereinigen müssen, als bei
einem ebenen Spiegel. Die Bilder erscheinen wegen dieser früheren
Vereinigung der zurückgeworfenen Lichtstrahlen kleiner als die
Gegenstände, und zwar um so kleiner, je weiter die Gegenstände entfernt
sind. Da die Gegenstände einer Landschaft aber sehr verschiedene
Entfernungen haben, so erscheinen auch ihre Bilder sehr verschieden
verkleinert, und das Gesammtbild einer Landschaft auf einer solchen
Glaskugel ist darum stets ein verzerrtes.

[Illustration: Fig. 71.]

=365. Warum= erscheinen klare Gewässer, deren Grund man sehen kann,
weniger tief, als sie wirklich sind?

=Weil= die Lichtstrahlen, wenn sie aus dem Wasser in die Luft, also
in ein Mittel von ganz verschiedener Dichtigkeit übergehen, von ihrem
Wege abgelenkt werden und so in unser Auge gelangen, als ob sie von
ganz anderen, höher gelegenen Punkten herkämen. Da wir aber gewohnt
sind, die Körper uns da zu denken, von wo ihre Lichtstrahlen herkommen,
so erscheint uns der Grund des Wassers höher, als er wirklich ist.
Darum scheinen auch Fische in klarem Wasser der Oberfläche näher zu
schwimmen, als wirklich der Fall ist. Ebenso scheint ein Geldstück auf
dem Boden eines Glases gehoben zu werden, wenn wir Wasser in das Glas
gießen. (Fig. 71.)

[Illustration: Fig. 72.]

=366. Warum= scheint ein Stab, den wir zum Theil in Wasser tauchen, z.
B. ein schräg in das Wasser gestemmtes Ruder, gebrochen zu sein?

=Weil= wir nur den außerhalb des Wassers befindlichen Theil des Stabes
da sehen, wo er sich wirklich befindet, die von dem unter das Wasser
getauchten Theile zurückgeworfenen Lichtstrahlen aber beim Uebergange
in die Luft abgelenkt oder, wie man sagt, gebrochen werden und uns
daher diesen Theil des Stabes an einem andern Orte, und zwar etwas
höher erscheinen lassen, als er sich wirklich befindet. Der Stab kann
von uns also nicht mehr als gradliniger gesehen werden, sondern muß an
der Grenze zwischen Wasser und Luft geknickt oder gebrochen erscheinen.

[Illustration: Fig. 73.]

=367. Warum= sehen wir die Sonne bei ihrem Aufgang, noch ehe sie
wirklich über den Horizont aufgetaucht ist?

[Illustration: Fig. 74.]

=Weil= die Sonnenstrahlen, wenn sie durch unsere Atmosphäre gehen, aus
den dünneren Schichten der obern Regionen in immer dichtere der unteren
übergehen und dabei aus ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt oder
gebrochen werden, so daß wir die Sonne nicht mehr an ihrem wahren Orte,
sondern an einem anderen und zwar, wie wir sogleich sehen werden, höher
gelegenen Orte, auf welchen die Richtung der in unser Auge gelangenden
Lichtstrahlen hinweist, erblicken müssen. Wenn nämlich Lichtstrahlen
aus einem dichteren Mittel in ein dünneres, also aus Wasser in Luft
übergehen, so werden sie noch mehr von der senkrechten Richtung
abgelenkt, oder, wie man sagt, _vom_ Einfallsloth _hinweg_ gebrochen
(Fig. 74). Wenn sie aber von einem dünneren Mittel in ein dichteres,
also etwa aus dünneren Luftschichten in dichtere übergehen, so werden
sie dem Einfallsloth genähert oder _zum_ Einfallsloth gebrochen. Das
Letztere findet nun bei der aufgehenden Sonne statt. Ihre Strahlen
gelangen daher weniger schräg in unser Auge, als sie in die Atmosphäre
gelangt sind, lassen also die Sonne an einem höheren Orte erscheinen,
als sie wirklich sich befindet, und machen sie uns sogar sichtbar, wenn
sie noch unter dem Horizonte steht.

=368. Warum= scheinen die Gegenstände zu zittern, wenn wir sie über ein
von der Sonne stark erwärmtes Dach hinweg sehen?

=Weil= in Folge der Erhitzung ungleich dichte Luftschichten über dem
Dache entstehen, die in Folge dessen in Bewegung gerathen, so daß die
Lichtstrahlen, welche durch sie hindurchgehen, bald mehr, bald weniger
gebrochen werden, und daher in beständig wechselnden Richtungen in
unser Auge gelangen, welches nun die Gegenstände selbst beständig ihren
Ort wechseln sieht und dadurch den Eindruck des Zitterns erhält.

=369. Warum= sehen wir die Fixsterne funkeln, während die Planeten ein
ruhiges Licht behaupten?

=Weil= bei dem außerordentlich kleinen scheinbaren Durchmesser der
Fixsterne schon die geringste Veränderung in der Strahlenbrechung, wie
sie nothwendig mit der beständigen Bewegung dichterer und dünnerer
Luftschichten in der Atmosphäre verbunden ist, eine scheinbare
Veränderung ihres Orts, also ein Hin- und Herschwanken bewirkt. Die
Planeten aber behalten ihr ruhiges, klares Licht, weil ihr scheinbarer
Durchmesser größer ist, als die stärkste Veränderung, welche der
augenblickliche Wechsel in der Strahlenbrechung zu bewirken vermag.

[Illustration: Fig. 75.]

=370. Warum= erscheint ein leeres Probirgläschen, das wir schief in
ein Glas Wasser tauchen, nicht mehr durchsichtig, sondern gleichsam
metallisch glänzend, als ob Quecksilber darin wäre, wenn wir von oben
her darauf blicken?

=Weil= die Lichtstrahlen, wenn sie sehr schief auf die Grenzfläche
zweier verschieden dichten Mittel auffallen, nicht mehr gebrochen,
sondern zurückgeworfen werden. Dasjenige Mittel also, durch welches
die Lichtstrahlen nicht mehr hindurchgehen, hier das lufterfüllte
Probirgläschen, erscheint nicht mehr durchsichtig, sondern spiegelnd.
Aus demselben Grunde sieht man auch kleine Luftbläschen im Wasser oft
als glänzende, fast undurchsichtige Perlen, und ebenso werden durch
diese Spiegelung Sprünge in Gläsern sichtbar gemacht. Man nennt diese
Erscheinung die vollkommene Zurückwerfung oder totale Reflexion.

=371. Warum= ist der Schnee undurchsichtig, während doch die kleinen
Eiskrystalle, aus denen er besteht, für sich so vollkommen durchsichtig
sind?

=Weil= das Licht beim Durchgange durch die vielen lufterfüllten
Zwischenräume, welche sich zwischen den einzelnen Schneekrystallen
befinden, eine Schwächung erleidet, so daß die auf den Schnee
auffallenden Lichtstrahlen nicht durch den Schnee hindurchgehen,
sondern zurückgeworfen werden. Sie erleiden an der Grenzfläche zwischen
Luft und Wasser jene totale Reflexion. Aus demselben Grunde wird auch
der Schaum schleimiger Flüssigkeiten und das Pulver zermahlenen Glases
undurchsichtig. Wenn man aber Wasser auf Schnee oder Glaspulver gießt,
so wird die Durchsichtigkeit wieder hergestellt. Das Wasser tritt dann
an die Stelle der das Licht aufhaltenden Luftbläschen, und das Licht
kann nun ungeschwächt von den Körpertheilchen zur Flüssigkeit und
von dieser wieder zu den Körpertheilchen übergehen. Papier wird aus
demselben Grunde durchscheinend, wenn es mit Oel getränkt wird.

[Illustration: Fig. 76.]

=372. Warum= sehen wir durch eine ebene Glasscheibe, etwa eine
Fensterscheibe, die Gegenstände nicht gebrochen und auch nicht merklich
verschoben oder verzerrt?

=Weil= die Lichtstrahlen zwar beim Durchgange durch das Glas gebrochen
werden, beim Austritt in die Luft aber eine zweite Brechung im
entgegengesetzten Sinne erleiden, so daß die ablenkende Wirkung der
ersten Brechung durch die zweite wieder aufgehoben wird. Gerade soviel
als die Lichtstrahlen beim Uebergange aus dem dünneren Mittel in das
dichtere (aus der Luft in das Glas) zum Einfallsloth gebrochen werden,
gerade soviel werden sie beim Eintritt aus dem dichteren Mittel in das
dünnere (aus dem Glase in die Luft) wieder vom Einfallsloth abgelenkt.
Die austretenden Lichtstrahlen sind also den einfallenden parallel, und
die einzige Wirkung der Glasscheibe ist daher eine geringe Verschiebung
des Ortes, an welchem man den Gegenstand erblickt, die aber nur bei
sehr dicken Scheiben und nur, wenn man sehr schief hindurchsieht,
bemerkbar werden kann.

[Illustration: Fig. 77.]

=373. Warum= sieht man durch ein dreiseitiges Glasprisma die
Gegenstände nicht an ihrem wirklichen Orte, sondern bedeutend höher
oder tiefer?

=Weil= der Weg, den ein gebrochener Lichtstrahl nimmt, von dem Winkel
abhängig ist, unter welchem er auf die Grenzfläche zweier verschiedener
Mittel trifft, und der aus- und eintretende Strahl daher auch nur
dann parallel sein können, wenn die Grenzflächen, an welchen der
Strahl aus- und eintritt, parallel sind. Wenn sie daher gegen einander
geneigt sind, wie bei einem dreiseitigen Prisma, so muß der austretende
Lichtstrahl eine ganz andere Richtung haben als der eintretende, und
zwar muß er nach oben abgelenkt sein, wenn die Kante des Prisma's nach
unten gerichtet ist, und umgekehrt nach unten, wenn die Kante des
Prisma's sich oberwärts befindet. Man sieht daher einen Gegenstand, den
man durch ein solches Prisma betrachtet, tiefer, als er sich wirklich
befindet, wenn die Kante oder der sogenannte brechende Winkel des
Prisma's nach unten gerichtet ist, und höher, als sein wirklicher Ort,
bei entgegengesetzter Haltung des Prisma's.

[Illustration: Fig. 78.]

=374. Warum= nennt man erhabene, d. h. nach beiden Seiten mit erhaben
gekrümmten Oberflächen versehene Gläser oder Linsen auch Brenngläser?

=Weil= die Lichtstrahlen bei ihrem Eintritt in eine solche Linse und
beim Austritt aus derselben eine Brechung erleiden und zwar eine
solche, daß alle mit der Achse der Linse (d. h. mit der durch ihre
Mitte gehenden, senkrecht auf ihre gekrümmten Flächen gerichteten
Linie) parallel eintretenden Lichtstrahlen nach ihrem Austritt
in einen Punkt vereinigt werden. Da mit den Lichtstrahlen aber
auch die Wärmestrahlen diese Brechung erleiden, so wird in jenem
Vereinigungspunkt eine solche Hitze erzeugt, daß brennbare Körper
entzündet werden. Man nennt darum auch diesen Punkt den Brennpunkt und
seinen Abstand von der Linse die Brennweite. Da umgekehrt die aus dem
Brennpunkte kommenden Lichtstrahlen durch die Linse so gebrochen werden
müssen, daß sie nach ihrem Austritt sämmtlich in paralleler Richtung
fortgehen, so wendet man solche Linsen auch statt der Hohlspiegel,
namentlich auf Leuchtthürmen, an, um das von einer im Brennpunkt
stehenden Lampe kommende Licht nach einer Richtung hin zusammen zu
halten.

[Illustration: Fig. 79.]

=375. Warum= sieht man von einem Gegenstande, den man durch eine
erhabene Linse oder ein Brennglas betrachtet, ein entfernteres und
zugleich vergrößertes Bild?

=Weil= die Lichtstrahlen, die von einem leuchtenden Punkte kommen, bei
ihrem Durchgange durch eine erhabene Linse einander genähert werden,
für das Auge also aus einer weiteren Entfernung zu kommen scheinen
müssen, da das Auge das Bild des Punktes dahin versetzt, wo sich die zu
ihm gelangenden Strahlen vereinigen. Zugleich muß aber auch das Bild
des ganzen Gegenstandes dem Auge vergrößert erscheinen, weil die von
seinen äußersten Punkten kommenden Lichtstrahlen durch die Brechung
ebenfalls genähert werden, also einen größeren Winkel mit einander
bilden und darum auch dem gesehenen Bilde einen größeren Durchmesser
geben. Diese Vergrößerung findet indeß nur statt, wenn der Gegenstand
sich der Linse sehr nahe befindet, und zwar innerhalb der Brennweite
derselben. Ist er weiter entfernt, so vereinigen sich seine Strahlen
jenseits der Linse und erzeugen dort ein Bild.

[Illustration: Fig. 80.]

=376. Warum= wird von einem entfernten Gegenstande durch eine erhabene
Glaslinse ein verkleinertes und verkehrtes Bild erzeugt, wenn man auf
der anderen Seite der Linse ein Blatt Papier entgegenhält?

=Weil= die von einem entfernten Punkte kommenden Lichtstrahlen bei
ihrem Durchgange durch die Linse einander genähert werden und daher in
geringerer Entfernung hinter der Linse zur Vereinigung kommen, dadurch
aber ein Bild des Gegenstandes erzeugen, das um so kleiner sein muß, je
weiter der Gegenstand entfernt ist, und je näher am Brennpunkte darum
das Bild erzeugt wird. Da die von den oberen Theilen des Gegenstandes
kommenden Strahlen durch die Linse nach unten, die von den unteren
kommenden Strahlen nach oben abgelenkt werden, so muß dies Bild ein
verkehrtes sein. Dies Bild ist aber ein wirkliches, auf einem Blatt
Papier sichtbar zu machendes, nicht blos ein solches, das das Auge sich
erzeugt, indem es die Lichtstrahlen rückwärts bis zu ihrer Vereinigung
verfolgt.

[Illustration: Fig. 81.]

=377. Warum= erscheinen, durch ein Hohlglas betrachtet, alle
Gegenstände zwar aufrecht, aber verkleinert und genähert?

=Weil= durch ein Hohlglas, d. h. eine nach beiden Seiten hohlgekrümmte
Linse, die von einem leuchtenden Punkte kommenden Lichtstrahlen so
gebrochen werden, daß sie noch weiter auseinandergehen, als vor ihrer
Brechung, so daß das Auge also ihre Vereinigung und damit den Ort
ihres Ursprungs näher suchen muß, als der wirklich leuchtende Punkt
sich befindet, und der Gegenstand selbst ihm darum auch kleiner
erscheinen muß, als er in Wirklichkeit ist.

[Illustration: Fig. 82.]

=378. Warum= bedienen sich angehende Maler gern einer ~Camera obscura~
(Fig. 82), um Landschaften zu zeichnen?

=Weil= durch die erhabene Glaslinse dieses Apparates von entfernten
Gegenständen, also von einer Landschaft, in der Nähe des Brennpunktes
der Linse ein kleines Bild erzeugt wird, das auf einen unter 45°
geneigten Spiegel fällt und von diesem vollkommen treu auf eine
mattgeschliffene Glasplatte zurückgeworfen wird, auf welcher sich
die Umrisse desselben leicht nachzeichnen lassen. Die inneren Wände
des Kastens sind geschwärzt, und die Oeffnung über der Glasscheibe
ist durch einen Deckel vor dem Eindringen fremden, störenden Lichtes
geschützt. Man nennt deshalb den Apparat ~Camera obscura~ oder
Dunkelkammer. Er dient auch dem Photographen, um Bilder auf Platten
zu erzeugen, die für die chemischen Wirkungen des Lichts empfindlich
gemacht sind, und auf denen sie dann durch ein chemisches Verfahren
dauernd gemacht werden. Die ~Camera obscura~ ist schon im Jahre 1558
von dem Italiener _Porta_ erfunden.

[Illustration: Fig. 83.]

=379. Warum= erscheint uns ein Gegenstand um so kleiner, je entfernter
er ist?

=Weil= wir die Größe eines Gegenstandes nach der Größe seines
Gesichtswinkels, d. h. desjenigen Winkels beurtheilen, welchen die
von den beiden äußersten Grenzpunkten eines Gegenstandes kommenden
Strahlen im Auge bilden. Dieser Gesichtswinkel hängt aber nicht blos
von der wirklichen Größe des Gegenstandes, sondern auch von seiner
Entfernung ab; er ist um so kleiner, je entfernter der Gegenstand ist.
Deshalb kann auch ein großer, aber ferner Gegenstand (~cd~) durch einen
kleinen, aber nahen (~ab~) völlig verdeckt werden. Mit der Hand können
wir einen entfernten Baum, sogar ganze Weltkörper, wie die Fixsterne,
verdecken.

=380. Warum= scheinen uns im Winter in einer Schneelandschaft ferne
Gegenstände näher zu sein als im Sommer?

=Weil= die hellere Beleuchtung in Folge der starken Zurückstrahlung
des Lichtes durch den Schnee uns über die Entfernung täuscht. Unser
Urtheil über Entfernungen wird nämlich besonders durch die Helligkeit
und Deutlichkeit des gesehenen Gegenstandes bestimmt. Darum halten wir
auch eine entfernte Feuersbrunst in der Nacht leicht für zu nahe; denn
das Feuer leuchtet in der Nacht stärker als am Tage.

=381. Warum= erscheint uns das Himmelsgewölbe gleichsam wie
herabgedrückt?

=Weil= die über uns befindlichen Luftschichten durchsichtiger und
heller sind, als die am Horizonte, und weil zugleich zwischen Himmel
und Erde nichts ist, wonach sich die Entfernung abmessen ließe. Unser
Urtheil über Entfernungen wird nämlich auch durch die zwischen uns und
dem Gegenstande befindlichen Dinge bestimmt. Auf einer baumlosen Ebene
erscheinen uns alle Gegenstände näher, als auf einer unebenen, hier
und da mit Bäumen und Häusern besetzten oder von Hügeln und Wäldern
unterbrochenen Fläche. Auch Höhen pflegen wir deshalb zu niedrig zu
schätzen.

=382. Warum= erscheinen uns Sonne und Mond bei ihrem Auf- und
Untergange größer als sonst?

=Weil= sie in Folge der Schwächung ihres Lichtes durch die dichteren
Luftschichten der unteren Atmosphäre weniger hell als in größerer Höhe
erscheinen, und weil wir zugleich bei ihrem Auf- und Untergange die
zwischen ihnen und uns befindlichen vielen Gegenstände auf dem Erdboden
wahrnehmen, und wir dadurch verleitet werden, sie für entfernter und
darum für größer zu halten als sonst.

=383. Warum= sehen wir mit beiden Augen die Gegenstände nicht doppelt?

=Weil= jedes Auge einen leuchtenden Punkt an dem Orte sucht, auf
welchen die Richtung der von dem leuchtenden Punkte kommenden Strahlen
hinweist, beide Augen aber das Bild des gesehenen Gegenstandes auf
ähnlich gelegenen Stellen der empfindlichen Nervenhaut des Auges oder
der Netzhaut empfangen, beide Eindrücke darum auch als ähnliche oder
gleiche empfunden werden müssen. Fällt das Bild eines Gegenstandes
nicht in beiden Augen auf ähnliche Stellen der Netzhaut, in dem einen
etwa auf die linke, in dem andern auf die rechte Seite derselben, so
sind auch die Eindrücke desselben Körpers auf beide Augen verschieden,
und wir sehen denselben doppelt. Davon kann man sich leicht überzeugen,
wenn man zwei Finger aufrecht in einiger Entfernung hinter einander
vor das Gesicht hält. Richtet man dann beide Augen aufmerksam auf den
nächsten Finger, so fällt sein Bild in beiden Augen auf die Mitte der
Netzhaut, und man sieht ihn einfach; das Bild des entfernten Fingers
aber liegt in dem rechten Auge links, in dem linken rechts von der
Mitte der Netzhaut, und man sieht ihn daher doppelt. Fixirt man
umgekehrt den entfernten Finger, so erscheint dieser einfach und der
nähere doppelt.

=384. Warum= erblickt man einen leuchtenden Kreis, wenn man eine
glühende Kohle im Dunkeln schnell im Kreise herumschwingt?

=Weil= ein auf die Netzhaut gemachter Lichteindruck nicht plötzlich
aufhört, sondern noch einige Zeit fortdauert, ehe er ganz erlischt,
mehrere Lichteindrücke daher, die so schnell auf einander folgen, daß
der vorangehende noch fortdauert, wenn der nachfolgende hinzukommt, in
eine einzige Wahrnehmung zusammenfließen und von dem Auge gleichzeitig
empfunden werden müssen.

[Illustration: Fig. 84.

~a~) Harte Haut; ~b~) durchsichtige Hornhaut; ~c~) Aderhaut;
~d~) Netzhaut; ~e~) wässerige Feuchtigkeit; ~f~) Linse; ~g~)
Glasfeuchtigkeit.]

=385. Warum= sieht ein gesundes Auge nahe und ferne Gegenstände gleich
deutlich?

=Weil= das Auge die Eigenschaft besitzt, seine Gestalt zu ändern und
der Entfernung der Gegenstände anzupassen, d. h. sich so einzurichten,
daß sowohl die von nahen als die von fernen Gegenständen kommenden
Lichtstrahlen sich genau auf der empfindlichen Netzhaut vereinigen
und also ein deutliches Bild erzeugen. Das Auge besteht nämlich
aus mehreren durchsichtigen Häuten und Flüssigkeiten. Der ganze
kugelförmige Augapfel ist äußerlich von einer harten Hornhaut umgeben,
die nur in ihrem vorderen Theile durchsichtig ist. Ein durchsichtiger,
linsenförmiger, d. h. nach beiden Seiten erhaben gekrümmter Körper,
die sogenannte Krystalllinse, theilt das Innere des Augapfels in
zwei Kammern. Die Innenwand der hinteren Kammer ist von der Aderhaut
und darüber von der Netzhaut bekleidet, in welcher sich der Sehnerv
ausbreitet. Den inneren Raum dieser Kammer erfüllt die durchsichtige
Glasfeuchtigkeit, den der vorderen die ebenso durchsichtige wässerige
Feuchtigkeit. Durch diese Häute und Flüssigkeiten -- die vordere stark
gekrümmte Hornhaut, die wässerige Feuchtigkeit, die Krystalllinse
und die Glasfeuchtigkeit -- müssen alle Lichtstrahlen hindurchgehen,
ehe sie von den Nerven der Netzhaut empfunden werden. Bei diesem
Durchgange erleiden sie natürlich eine Brechung und werden zu einem
kleinen Bilde vereinigt. Dieses Bild kann aber nur deutlich sein,
wenn es auf der Netzhaut entsteht. Nun wissen wir, daß die durch ein
erhabenes Linsenglas -- wie das Auge und namentlich die Krystalllinse
desselben im Wesentlichen ist -- entworfenen Bilder keinesweges alle
die gleiche Entfernung von der Linse haben. Das Bild eines entfernten
Gegenstandes entsteht vielmehr der Linse sehr nahe, während das Bild
eines nahen Gegenstandes weiter von ihr entfernt erscheint. Durch die
Krystalllinse würden daher nur in einer bestimmten Entfernung vom Auge
befindliche Körper genau auf der Netzhaut abgebildet werden, die Bilder
entfernterer Gegenstände aber vor die Netzhaut, die Bilder näherer
Gegenstände hinter die Netzhaut fallen und daher auch kein deutliches
Sehen möglich machen. Die Eigenschaft des Auges, sich der Entfernung
der Gegenstände anzupassen, beruht also auf einer Formveränderung
seiner brechenden Bestandtheile. Bei Betrachtung naher Gegenstände
wölbt es sich mehr und entfernt dadurch zugleich die Krystalllinse mehr
von der Netzhaut, so daß die Bilder nicht mehr hinter, sondern auf die
Netzhaut fallen. Bei Betrachtung ferner Gegenstände verflacht sich das
Auge und nähert die Linse der Netzhaut, so daß die Bilder nicht vor,
sondern auf die Netzhaut fallen. So ist in beiden Fällen ein deutliches
Sehen möglich.

[Illustration: Fig. 85.]

=386. Warum= sehen weitsichtige Personen ohne Brille nahe Gegenstände
sehr undeutlich?

=Weil= ihre Augen in Folge des Alters oder der Gewöhnung die Fähigkeit
verloren haben, sich für ein Sehen in der Nähe passend zu ändern,
die von nahen Gegenständen kommenden Lichtstrahlen darum durch ihre
Krystalllinse nicht stark genug gebrochen werden und deshalb schon
vor ihrer Vereinigung auf die Netzhaut treffen, hier also von jedem
Punkte des Gegenstandes ein Bild erzeugen, das nicht wieder ein Punkt,
sondern ein kleiner Kreis ist, der mit eben solchen benachbarten
Kreisen verschwimmt und so eine Undeutlichkeit des Gesammtbildes des
Gegenstandes veranlaßt. Weitsichtige können sich daher beim Sehen naher
Gegenstände nur durch eine Brille helfen, und zwar durch eine solche
mit erhabenen Gläsern, die eine stärkere Brechung der Lichtstrahlen und
eine frühere Annäherung derselben bewirken, so daß ihre Vereinigung
auf der Netzhaut geschieht und hier deutliche Bilder erzeugt werden.

[Illustration: Fig. 86.]

=387. Warum= sehen manche Menschen entfernte Gegenstände nicht oder
sehr undeutlich, während sie doch gut in der Nähe sehen?

=Weil= die Augen solcher Menschen, die man Kurzsichtige nennt, durch
Gewöhnung die Fähigkeit verloren haben, sich für ein Sehen in die Ferne
einzurichten, und ihre Krystalllinse und Hornhaut zu stark gekrümmt
ist, so daß die hindurchgehenden Lichtstrahlen ferner Gegenstände
zu stark gebrochen werden, sich bereits vor der Netzhaut vereinigen
und auf diese erst wieder auseinandergehend auffallen, so daß auf
derselben wieder die Bilder von Punkten nicht als Punkte, sondern als
Kreise erscheinen. Ein deutliches Sehen in die Ferne wird solchen
Kurzsichtigen nur durch Brillen mit Hohlgläsern möglich, durch welche
ein Auseinanderlaufen der Lichtstrahlen bewirkt wird, so daß die zu
starke Brechung in der Krystalllinse nun ihre Vereinigung auf der
Netzhaut nicht mehr verhindern kann.

[Illustration: Fig. 87.]

=388. Warum= werden uns durch eine Lupe oder ein Mikroskop Gegenstände
deutlich sichtbar gemacht, die wir ihrer Kleinheit wegen mit bloßen
Augen nicht sehen können?

[Illustration: Fig. 88.]

=Weil= die Lupe uns gestattet, den kleinen Gegenstand in großer Nähe zu
betrachten, dieser aber um so größer erscheint, je näher er dem Auge,
und je größer sein Sehwinkel ist. Das Auge vermag nämlich nicht in
beliebiger Nähe deutlich zu sehen. Die geringste Weite des deutlichen
Sehens beträgt für ein gesundes Auge etwa 21 Centimeter; von näher
gebrachten Gegenständen vermögen sich die Strahlen nicht mehr auf der
Netzhaut zu einem deutlichen Bilde zu vereinigen. Die Lupe ist nun
eine erhabene Linse, welche von einem Gegenstande, der sich innerhalb
ihrer Brennweite, d. h. zwischen ihr und dem Brennpunkt befindet, ein
entferntes Bild erzeugt (Fig. 87). Hält man daher eine solche Lupe
vor das Auge, so kann man es einrichten, daß das Bild des dahinter
befindlichen Gegenstandes genau in der Weite des deutlichen Sehens
erscheint. Je kleiner die Brennweite der Linse ist, desto näher muß
der kleine Gegenstand derselben gebracht werden, wenn sein Bild in
derselben Entfernung erscheinen soll. Je näher aber der Gegenstand dem
Auge rückt, um so größer wird sein Sehwinkel, und um so mehr erscheint
er vergrößert. Eine erhabene Linse vergrößert daher um so mehr, je
kleiner ihre Brennweite ist. Eine Lupe vergrößert überhaupt so viel
mal, als ihre Brennweite in der Sehweite des Auges enthalten ist. Bei
dem zusammengesetzten Mikroskop (Fig. 88) wird das von einer Linse (der
Objektiv-Linse, ~AB~) in der Nähe des Auges erzeugte Bild (~b~) durch
eine zweite Linse (das Ocular, ~CD~) betrachtet, und der Gegenstand
erscheint daher noch stärker vergrößert, weil schon das Bild, welches
man durch die Lupe betrachtet, vergrößert ist. Das Mikroskop wurde
zu Anfang des 17. Jahrhunderts von dem Holländer _Zacharias Janssen_
erfunden.

=389. Warum= sieht man durch ein Fernrohr Sterne am Himmel, wo das
bloße Auge kaum einen Lichtschimmer gewahrt?

=Weil= die von dem fernen Stern kommenden Lichtstrahlen, die durch
Zerstreuung für das bloße Auge zu sehr geschwächt sind, in dem Fernrohr
durch eine convexe Linse gesammelt werden, und das dadurch erzeugte
Bild des Sternes dann durch eine zweite Convexlinse für das Auge in
die deutliche Sehweite gerückt wird. Jedes Fernrohr besteht also aus
zwei Linsen, der Objectivlinse, welche das Bild des fernen Gegenstandes
erzeugt, und der Ocularlinse, durch welche das Auge das Bild in der
deutlichen Sehweite betrachtet. Die Vergrößerung, welche ein Fernrohr
bewirkt, ist um so stärker, je größer die Brennweite des Objectivs und
je kleiner die des Oculars ist. Statt der convexen Ocularlinse kann
man auch eine biconcave oder auf beiden Seiten hohl geschliffene Linse
anwenden. Statt der Objectivlinsen, die sich von bedeutender Größe,
wie sie zu starken Vergrößerungen erforderlich sind, nicht leicht
fehlerfrei herstellen lassen, kann man auch große metallene Hohlspiegel
benutzen. Die mit Linsen versehenen Fernröhre nennt man dioptrische,
die mit Spiegeln versehenen katoptrische oder Spiegelteleskope. Man
unterscheidet daher:

[Illustration: Fig. 89.]

1) das astronomische oder _Kepler_'sche Fernrohr (Fig. 89) mit
zwei convexen Linsen, von welchem sich das terrestrische, zur
Betrachtung irdischer Gegenstände bestimmte Fernrohr nur durch
eine _dritte_ Convexlinse unterscheidet, die zwischen Ocular und
Objectiv eingeschoben ist, um das im astronomischen Fernrohr verkehrt
erscheinende Bild in die natürliche Lage umzukehren;

[Illustration: Fig. 90.]

2) das holländische oder _Galilei_'sche Fernrohr (Fig. 90) mit convexer
Objectiv- und concaver Ocularlinse;

[Illustration: Fig. 91.]

3) das Spiegelteleskop, in welchem das durch den Hohlspiegel erzeugte
Bild von einem kleinen Planspiegel aufgefangen und durch die --
entweder, wie bei dem _Newton_'schen Teleskop (Fig. 91), in einer
Seitenöffnung des Rohrs, oder, wie bei dem _Gregory_'schen, in der
Mitte des Hohlspiegels selbst befindliche -- Ocularlinse betrachtet
wird. Bei dem großen _Herschel_'schen Teleskop, dessen Spiegel 1¼
Meter Durchmesser und 12½ Meter Brennweite hatte, und das eine
7000malige Vergrößerung zuließ, wurde das vom Hohlspiegel erzeugte Bild
unmittelbar durch das Ocular betrachtet. Das berühmte Teleskop des Lord
_Rosse_ bei Dublin hat sogar einen Spiegel von 1-7/8 Meter Durchmesser
und 15½ Meter Brennweite.

Das Fernrohr wurde um das Jahr 1603 von dem Holländer _Hans Lippershey_
und kurz darauf (1610) von _Galilei_ erfunden. Das erste astronomische
Fernrohr wurde von _Kepler_ 1611 construirt. Das erste Spiegelteleskop
rührt von _James Gregory_ in England (1663) her.

[Illustration: Fig. 92.]

=390. Warum= sehen wir nur mit beiden Augen die Dinge als wirkliche
Körper, und warum können wir das täuschendste Bild doch von einem
Körper unterscheiden?

=Weil= wir von einem Körper in jedem Auge ein anderes Netzhautbild
erhalten, mit dem linken Auge nämlich mehr von den linksliegenden
Theilen desselben, mit dem rechten mehr von den rechtsliegenden sehen,
unser Urtheil sich aber auf die Zusammenfassung dieser verschiedenen
gleichzeitigen Eindrücke stützt, wenn es die Vorstellung der
Körperlichkeit gewinnt. Auch das beste Gemälde kann immer nur den
Eindruck einer Fläche gewähren. In dem Stereoskop ist dagegen der
natürliche Vorgang des Sehens nachgeahmt. Zwei von etwas verschiedenen
Standpunkten aufgenommene Zeichnungen oder Photographien eines
Gegenstandes oder einer Landschaft werden neben einander gelegt und
durch Linsengläser betrachtet, die so angebracht sind, daß sich ihre
Achsen in der deutlichen Sehweite schneiden, und die beiden Ansichten
des Gegenstandes für beide Augen darum zusammenfallen. Bei unserem
gewöhnlichen Stereoskop (Fig. 92) sind die Gläser, durch welche die
beiden Augen blicken, die keilförmigen Hälften einer durchgeschnittenen
Sammellinse. Tritt ein Lichtstrahl ~aa´~ in eines dieser Gläser ein,
so wird er gebrochen und gelangt in der Richtung ~a´´ L~ in das Auge,
das darum auch den Gegenstand der Lichtempfindung, den Punkt ~a~, in
die Verlängerung dieser Richtung, in die Linie ~LL´~, verlegt. Dasselbe
gilt auch für den vom Punkte ~b~ ausgehenden Lichtstrahl, dessen Bild
vom andern Auge in der Richtung ~RR´~ gesehen wird. Die Bilder der
Punkte ~a~ und ~b~ werden also zugleich in den Linien ~LL´~ und ~RR´~
gesehen und fallen darum in ihrem Schnittpunkte ~c~ zusammen. Sind nun
~a~ und ~b~ zwei um die natürliche Entfernung der Augen von einander
abstehende Punkte zweier gleichen Zeichnungen, so wird dies auch von
allen ähnlichen Punktpaaren, also von den ganzen Zeichnungen gelten,
und auch diese müssen zusammenfallen. Auch die inneren Flächen ~G~ und
_G´_ der Seitenwände des Stereoskops werden dabei nach ~s~ und ~s´~
verschoben, und ebenso wird die Fläche ~r~ der Scheidewand bei ~r´~,
die Fläche ~l~ bei ~l´~ gesehen, so daß also ~r´~ mit ~s~ und ~l´~ mit
~s´~ zusammenfallen.

[Illustration: Fig. 93.]

Es bedarf auch nicht immer des Stereoskops, um durch zwei für jedes
der beiden Augen besonders entworfene Zeichnungen den Eindruck der
Körperlichkeit zu gewinnen. Bei kleinen Zeichnungen gelingt dies schon
mit den bloßen Augen. Man bringe z. B. die beistehenden, den beiden
Augen entsprechenden Zeichnungen eines Würfels (Fig. 93) in die Weite
des deutlichen Sehens und richte dann fest und ruhig den Blick auf
dieselben oder noch besser auf den sie trennenden Zwischenraum, und man
wird die Bilder bald zusammenrücken sehen und den Anblick des Körpers
erhalten. Noch leichter gelingt es, wenn man einen Pappstreifen oder
ein Brett senkrecht zwischen die Zeichnungen setzt und so mit jedem
Auge nur eine Zeichnung fixirt.

Das Stereoskop ist von dem Engländer _Wheatstone_ im Jahre 1838
erfunden und von _Brewster_ verbessert worden.



Die Farben.


    Wie wir Schallwellen von verschiedener Geschwindigkeit als
    verschiedene Töne empfinden, so empfinden wir Lichtwellen von
    verschiedener Geschwindigkeit als Farben. Die am schnellsten
    schwingenden Lichtwellen erscheinen uns als violette Strahlen,
    die am langsamsten schwingenden als rothe Strahlen. Die
    Schnelligkeit der Schwingungen, auf welchen das Licht beruht,
    ist aber eine bei weitem größere, als die Schnelligkeit der
    Schallschwingungen. Während der tiefste hörbare Ton etwa
    8, der höchste 24000 Doppel-Schwingungen (oder 16 resp.
    48000 einfachen Schwingungen) in der Secunde entspricht,
    wird das rothe Licht durch Schwingungen erzeugt, deren 450
    Billionen in der Secunde erfolgen, das violette Licht sogar
    durch 800 Billionen Schwingungen in der Secunde. Wegen der
    verschiedenen Schwingungsgeschwindigkeit müssen daher auch
    die verschiedenfarbigen Lichtstrahlen verschieden gebrochen
    werden. Die rascher schwingenden, also die violetten Strahlen
    müssen beim Durchgange durch brechende Mittel mehr abgelenkt
    werden, als die langsamer schwingenden, also die rothen
    Strahlen. Deswegen kann das weiße Sonnenlicht, welches alle
    verschiedenfarbigen Strahlen gemischt enthält, durch Brechung
    in seine einzelnen Farben zerlegt werden.

[Illustration: Fig. 94.]

=391. Warum= sehen wir ein prachtvolles buntes Farbenbild, wenn die
Sonne durch ein Glas Wasser hindurchscheint, oder noch besser, wenn wir
das Sonnenlicht durch ein dreiseitiges Glasprisma hindurchgehen lassen,
besonders in einem dunkeln Zimmer, in welches nur wenige Sonnenstrahlen
durch eine kleine Oeffnung eintreten können?

=Weil= die Sonnenstrahlen beim Durchgange durch das Wasser oder durch
das Glasprisma gebrochen und zwar, wenn die Kante des Prisma's nach
unten gekehrt ist, nach oben abgelenkt werden, zugleich aber, da sie
verschieden brechbar sind, auch eine verschiedene Ablenkung erfahren
und so in dem Bilde nicht mehr über, sondern neben einander erscheinen.
Die verschieden brechbaren Strahlen des Sonnenlichtes sind also
durch das Prisma getrennt oder zerstreut und erscheinen für sich als
besondere Farben: die violettem als die am stärksten brechbaren, zu
oberst, dann die blauen, die grünen, die gelben, die orangefarbigen
und endlich, als die am wenigsten brechbaren, die rothen. Wäre das
Licht einfach, so würde es auch beim Durchgange durch ein Prisma ein
kleines rundes Sonnenbild zeigen, nur an einer etwas höheren Stelle
der Wand, als wir es ohne das Prisma sehen. Daß dies prismatische
Farbenbild oder das Spectrum, wie man es auch nennt, aber nicht blos
an einer höheren Stelle, sondern auch in die Länge gezogen erscheint,
ist ein Beweis, daß das weiße Sonnenlicht aus verschiedenen Strahlen
besteht, deren jeder eine andere Brechung durch das Prisma erfährt. Daß
wirklich die Farben nur durch eine Trennung der verschieden brechbaren
Strahlen erzeugt werden, geht daraus hervor, daß, wenn man alle diese
farbigen Strahlen wieder durch ein zweites, entgegengesetzt, also
mit der Kante nach oben gekehrtes Prisma durchgehen läßt, welches
deren Vereinigung bewirkt, das Bild wieder weiß erscheint. Natürlich
muß diese Farbenzerstreuung überall eintreten, wo das Licht durch
durchsichtige Körper, seien es feste oder flüssige hindurchgeht,
sobald diese nicht von parallelen ebenen Flächen begrenzt werden, also
auch beim Durchgange durch ein Glas Wasser oder durch eine Glaslinse.
Das Farbenbild, welches die Glaslinse erzeugt, wird natürlich ein
ringförmiges sein müssen.

Der berühmte englische Physiker _Newton_ war es, der im Jahre 1666
zuerst die Farbenzerstreuung durch Versuche nachwies und aus der
verschiedenen Brechbarkeit der farbigen Strahlen erklärte.

=392. Warum= erblicken wir beim Durchsehen durch gute Fernröhre
keine farbigen Ränder, obgleich das Licht doch auch durch Glaslinsen
hindurchgeht?

=Weil= die Linsen in solchen Fernröhren keine gewöhnlichen, sondern
sogenannte achromatische Linsen sind, die aus zwei Glaslinsen
zusammengesetzt sind, einer erhabenen aus Crownglas und einer Hohllinse
aus Flintglas, welche in dieser Verbindung die Farbenzerstreuung völlig
aufheben, die Brechung aber, auf welcher die Erzeugung des Bildes im
Fernrohr beruht, bestehen lassen. Das Crownglas bricht nämlich das
Licht fast ebenso stark, wie das bleihaltige Flintglas, zerstreut aber
die Farben in viel geringerem Maße. Das durch ein Crownglas-Prisma
erzeugte Farbenbild erscheint also ziemlich an derselben Stelle,
wie das durch ein Flintglas-Prisma erzeugte, ist aber weniger in
die Länge gezogen. Verbindet man zwei Prismen von Crownglas und
Flintglas so, daß ihre brechenden Winkel eine entgegengesetzte Lage
haben, so erleidet der hindurchgehende Lichtstrahl entgegengesetzte
Brechungen und entgegengesetzte Farbenzerstreuungen. Giebt man dem
Crownglasprisma einen genügend größeren brechenden Winkel, so wird die
Farbenzerstreuung ganz aufgehoben, die Brechung aber nur zum Theil.
Ein solches zusammengesetztes Prisma hat also die Wirkung eines
einfachen mit kleinerem brechenden Winkel, ohne farbige Erscheinungen
hervorzurufen. Ganz dasselbe, was von Prismen gilt, muß aber auch
von Linsen gelten, da ein Lichtstrahl beim Durchgang durch eine
erhabene und eine Hohllinse gleichfalls entgegengesetzte Brechung und
Farbenzerstreuung erleidet.

Die Erfindung dieser für Fernröhre und Mikroskope außerordentlich
wichtigen achromatischen Linsen rührt von dem Engländer _Dollond_
(1757) her.

=393. Warum= funkeln Thautropfen in der Morgensonne oft in den
prachtvollsten Farben?

=Weil= die Thautropfen die durchgehenden Sonnenstrahlen stark brechen,
jeder Thautropfen aber bei einer bestimmten Stellung des Auges ihm
nur eine einzige Art farbiger Strahlen zusendet, während die übrigen
farbigen Strahlen so weit von dieser Richtung abweichen, daß sie
an dem Auge unbemerkt vorübergehen. Unter den vielen von der Sonne
beleuchteten Thautropfen erscheint also der eine dem Auge grün, der
andere niedriger befindliche violett, der dritte darüber roth, und so
bieten sich dem Auge die verschiedensten Farben dar, die mit jedem
Schritte wechseln müssen, da für jede andere Stellung des Auges jeder
Tropfen andersfarbige Lichtstrahlen ihm zusendet.

[Illustration: Fig. 95.]

=394. Warum= bildet sich ein farbiger Regenbogen, wenn die
Sonnenstrahlen eine regnende Wolke treffen, die der Sonne gegenüber
steht?

=Weil= die Sonnenstrahlen beim Eintritt in die Regentropfen gebrochen,
von ihrer dunkeln Hinterwand zurückgeworfen und bei ihrem Austritt
aus den Tropfen nochmals gebrochen und in farbige Strahlen zertheilt
werden, die in unser Auge gelangen, wenn wir so stehen, daß wir die
regnende Wolke vor uns, die Sonne im Rücken haben. Jeder Tropfen
sendet, wie der Thautropfen im Grase, bei einer bestimmten Stellung
des Auges ihm nur eine einzige Art farbiger Strahlen zu. In einer
umfangreichen Regenwolke finden sich aber Tropfen genug über einander,
um zusammen alle Regenbogenfarben zu zeigen. Von den höchsten Tropfen
kommen nur die untersten rothen Strahlen ins Auge, während die übrigen
daran vorbeigehen. Dagegen erscheinen die untersten Tropfen violett,
weil die übrigen, die blauen, grünen, gelben und rothen Strahlen das
Auge nicht treffen.

=395. Warum= hat der Regenbogen immer die Gestalt eines Kreisbogens?

=Weil= diejenigen Regentropfen, welche sich in derselben Farbe
darstellen lassen, offenbar gegen die Sonne und gegen das Auge
des Beobachters die gleiche Lage haben müssen, alle austretenden
rothen Strahlen also mit den Sonnenstrahlen denselben Winkel bilden
müssen, wenn nicht mit dem Winkel sich auch die Farbe ändern soll,
alle austretenden Strahlen aber zugleich die Richtung nach dem Auge
haben müssen, um wahrgenommen zu werden, eine solche Lage endlich
überhaupt nur die in einem Kreise liegenden Tropfen haben können.
Jeder Beobachter sieht daher immer nur seinen eigenen Regenbogen, und
eine von der Sonne durch das Auge des Beobachters gezogene grade Linie
trifft stets den Mittelpunkt des Kreises, dessen Theil der Regenbogen
ist. Eben deshalb hängt auch die Größe des Regenbogens vom Stande der
Sonne ab. Er bildet bei Sonnenauf- und Untergang einen vollständigen
Halbkreis und ist ein um so kleineres Stück des Kreises, je höher die
Sonne steht. Um Mittag sehen wir daher überhaupt keinen Regenbogen.

[Illustration: Fig. 96.]

=396. Warum= nehmen wir gewöhnlich über dem Hauptregenbogen noch einen
Nebenregenbogen wahr, der weniger lebhaft gefärbt ist, und in welchem
die Farben in umgekehrter Folge geordnet sind?

=Weil= die Sonnenstrahlen in höher gelegenen Regentropfen bisweilen
eine zweimalige Brechung und eine zweimalige Zurückwerfung erleiden,
so daß der am wenigsten abgelenkte Strahl der rothe ist und hier die
oberste Stelle einnimmt, während beim Hauptregenbogen die obersten
Strahlen, die aus jedem Tropfen kommen, violett sind. Von den obersten
Tropfen kommen aber auch hier die untersten, also die violetten, von
den untersten Tropfen die obersten Strahlen, die rothen, in das Auge.
Die Farben erscheinen also in der umgekehrten Ordnung; und daß sie
minder lebhaft sind, liegt an der Schwächung, welche das Licht durch
die zweimalige Zurückwerfung erleidet.

=397. Warum= zeigen uns die meisten Körper in der Natur eigenthümliche
Farben?

=Weil= alle nichtleuchtenden Körper uns nur dadurch sichtbar werden,
daß sie das auf sie fallende Licht zurückwerfen und in unser Auge
senden, die meisten Körper aber die Eigenschaft haben, das auf sie
fallende Licht an ihrer Oberfläche zu zersetzen und nur eine bestimmte
Art des farbigen Lichtes zurückzuwerfen, alle übrigen Farbenstrahlen
aber zu verschlucken. Rothe Körper werfen nur rothes, blaue nur blaues
Licht zurück.

=398. Warum= erscheinen uns manche Körper weiß, andere dagegen schwarz?

=Weil= jene die Eigenschaft haben, das weiße Sonnenlicht unzersetzt
zurückzuwerfen, diese dagegen fast gar kein Licht zurückwerfen und
darum lichtlos erscheinen. Schneeflächen blenden darum außerordentlich,
da sie kein Licht verschlucken, also fast alles auffallende Licht auch
wieder in das Auge gelangen lassen.

=399. Warum= können wir bei Lampen- oder Kerzenlicht manche Farben,
namentlich grüne oder blaue, so schwer unterscheiden?

=Weil= unsere Lampen- und Kerzenflammen vorzugsweise gelb gefärbt sind
und wenig blaues und grünes Licht enthalten, ein Körper aber nur das
Licht zurückstrahlen kann, welches er empfängt. Ein blauer Körper hat
aber die Eigenschaft, nur blaues Licht zurückzuwerfen, alles übrige zu
verschlucken. Empfängt er darum kein blaues Licht von der beleuchtenden
Flamme, so kann er überhaupt kein Licht zurückwerfen. Er erscheint
darum nur grau. Ebenso geht es aber dem grünen Körper. Beide senden
bei Kerzenbeleuchtung zu wenig Licht zurück, um ihre Farben deutlich
hervortreten zu lassen. Am besten können wir uns davon überzeugen, wenn
wir den Docht einer Spiritusflamme mit Salz einreiben. Die Flamme
derselben verbreitet dann fast nur gelbes Licht, und alle nicht gelb
oder weiß gefärbten Körper erscheinen in dieser Beleuchtung schmutzig
grau oder bei dunklerer Färbung fast schwarz.

=400. Warum= sehen wir, wenn wir ein Band von lebhaft rother Farbe
auf ein weißes Blatt Papier legen und dasselbe einige Zeit aufmerksam
betrachten, nach dem Wegnehmen desselben an seiner Stelle das Papier
grün?

=Weil= die Netzhaut unseres Auges durch den längere Zeit anhaltenden
Reiz des rothen Lichtes an Empfindlichkeit für dasselbe verloren
hat, und der Eindruck der übrigen farbigen, von der weißen Fläche
ausgehenden Strahlen nun um so lebhafter hervortritt, diese aber beim
Fehlen der rothen Farbe uns als grün erscheinen. Grün ist nämlich
die complementäre oder Ergänzungsfarbe zu Roth. Wenn man sämmtliche
farbige Strahlen des prismatischen Farbenbildes durch eine Sammellinse
vereinigt und nur die rothen Strahlen durch einen vorgesetzten Schirm
ausschließt, so erhält man nicht ein weißes, sondern ein grünes Bild.
Andre complementäre Farben sind Orange und Blau, Gelb und Violett.

Die erwähnte Erscheinung eines grünen Nachbildes von einem längere
Zeit betrachteten rothen Bande nennt man eine physiologische
Farbenerscheinung. Auf einer solchen beruhen auch die bläulichen
Schatten, welche erscheinen, wenn ein Zimmer gleichzeitig durch das
weiße Mondlicht und durch das gelbliche Licht einer Kerze erhellt wird.

=401. Warum= sieht der heitere Himmel blau aus?

=Weil= die Luft der Atmosphäre keineswegs völlig durchsichtig ist,
sondern einen Theil des Sonnenlichts und zwar vorzugsweise die blauen
Strahlen zurückwirft. Sonst würde der Himmel uns schwarz erscheinen,
und wir würden am Tage die Sterne sehen. Wirklich sieht man auch
in sehr bedeutenden Höhen den Himmel über sich dunkler. Nur die zu
Nebelbläschen verdichteten Wasserdämpfe bleichen bisweilen das Blau des
Himmels. Daher zeigt der Himmel bei uns das reinste Blau nach einem
Regen, wenn die Wasserdämpfe aus der Luft niedergeschlagen sind. Ebenso
ist der Himmel in südlichen Gegenden tiefer blau gefärbt als bei uns,
weil die Luft dort dunstfreier ist.

=402. Warum= erscheint der Himmel bei Sonnenauf- und Untergang
geröthet?

=Weil= bei Sonnenauf- und Untergang der Wasserdampf in der Luft sich zu
Nebelbläschen zu verdichten beginnt, und diese die Eigenschaft haben,
nur die orangerothen Strahlen des Sonnenlichtes hindurchzulassen. Am
prachtvollsten erscheint das Abendroth, wenn sich die Wasserdämpfe
erst in Folge der gegen Sonnenuntergang eintretenden Abkühlung des
Erdbodens zu verdichten beginnen, und die Sonnenstrahlen dann wegen
der tiefstehenden Sonne einen weiten Weg durch die entstehenden
Nebelbläschen zurückzulegen haben. Enthielt dagegen die Atmosphäre
schon zu viel Dämpfe, so daß sie sich vor Sonnenuntergang zu Nebeln
verdichteten, so zeigt sich nur ein mattes gelbes Abendroth, und man
hält dies mit Recht für einen Verboten baldigen Regens. Am Morgen
dagegen können die Dämpfe in der Regel erst aufsteigen, wenn die Sonne
bereits eine Zeit lang gewirkt hat. Die Sonne steht dann schon hoch,
und ihre Strahlen haben einen kürzeren Weg durch die von Nebelbläschen
erfüllten Schichten. Das Morgenroth ist daher weniger lebhaft als das
Abendroth. Nur wenn die Atmosphäre bereits so dampfreich war, daß
die Dämpfe trotz der aufgehenden Sonne in Nebelform übergingen, wird
ein prachtvolles Morgenroth wahrgenommen, das ebenso ein Vorbote von
Regenwetter ist, wie das matte Abendroth.

=403. Warum= ist das kleine runde Sonnenbild, das ein Lichtstrahl, der
durch eine sehr kleine Oeffnung in ein dunkles Zimmer tritt, auf einem
weißen Blatt Papier erzeugt, größer als die Oeffnung selbst?

=Weil= das Licht beim Durchgang durch die Oeffnung an den Rändern
derselben eine Ablenkung erfährt, die man Beugung nennt, und diese
abgelenkten Lichtstrahlen daher einen größeren Raum beleuchten müssen,
als von den in grader Linie fortgehenden Lichtstrahlen getroffen wird.
Die Lichtstrahlen sind nämlich Wellen oder Schwingungen, die beim
Vorübergehen an Rändern, ebenso wie die Wasserwellen, neue Wellen
erzeugen.

=404. Warum= zeigt die Perlmutter ein so prächtiges Farbenspiel?

=Weil= die Oberfläche der Perlmutter von zahlreichen, äußerst feinen
Furchen durchzogen ist, und das Licht beim Hindurchgehen durch diese
Furchen gebeugt wird, die durch die Beugung entstandenen Lichtwellen
aber sich mit den von der Oberfläche zurückgeworfenen kreuzen und daher
theils verstärken, theils schwächen. Diese Verstärkung oder Schwächung
kann aber nur eine Vermehrung oder Verminderung der Geschwindigkeit
sein, mit welcher die Aethertheilchen in den Lichtwellen schwingen.
Nun sind mit verschiedener Geschwindigkeit schwingende Aetherwellen
verschiedene Farben, grade wie mit verschiedener Geschwindigkeit
schwingende Luftwellen verschiedene Töne sind. Aehnliche
Farbenerscheinungen zeigen aus dieser Ursache auch die Flügel vieler
Insekten, und man kann sie künstlich hervorrufen, wenn man durch ein
feingewebtes Band nach einer Lichtflamme oder nach der Sonne sieht.

=405. Warum= spielen Seifenblasen in so wundervollen Farben?

=Weil= das Licht sowohl von der äußeren als von der inneren Fläche
der dünnen Seifenwasserschicht, welche die Seifenblase umschließt,
zurückgeworfen wird, die zurückgeworfenen Lichtwellen aber einander
begegnen und darum verstärken oder schwächen, also verschiedene Farben
hervorrufen. Da die Dicke der dünnen Seifenwasserschicht sich beständig
ändert, so sind es auch beständig andere Lichtwellen, die von der
innern Fläche zurückgeworfen werden, und darum müssen auch die durch
sie erzeugten Farben beständig wechseln. Auf diesem Zusammentreffen
verschiedener Lichtwellen, die, wie zusammentreffende Wasserwellen
höhere oder flachere Wellenberge erzeugen, so sich zu schnelleren oder
langsameren Schwingungen vereinigen, beruhen die Farbenerscheinungen
aller dünnen Blättchen, namentlich auch das bunte Anlaufen des Stahls,
das durch eine die Oberfläche desselben überziehende dünne Oxydschicht
bewirkt wird.



Magnetismus und Electricität.


    Unter _Magnetismus_ versteht man die Eigenschaft gewisser
    Körper, Eisen anzuziehen. Diejenigen Körper, welche diese
    Anziehung oder magnetische Kraft schon im natürlichen Zustande
    äußern, wie der in der Erde vorkommende Magneteisenstein,
    heißen _natürliche Magnete_; diejenigen hingegen, welche erst
    durch eine künstliche Behandlung diese Kraft erlangen, werden
    _künstliche Magnete_ genannt. Zur Erzeugung künstlicher Magnete
    eignet sich am besten der Stahl. Der Magnet zeigt nicht an
    seiner ganzen Oberfläche die Eigenschaft, Eisen anzuziehen,
    in gleichem Maße, sondern vorzugsweise an zwei einander
    entgegengesetzten Stellen, die man seine _Pole_ nennt. Nähert
    man den Pol eines Magneten einem andern Magneten, so zieht
    er den einen Pol desselben an, stößt aber den andern ab. Da
    die Erde selber ein großer Magnet ist, dessen Pole nahezu mit
    ihren astronomischen Polen zusammenfallen, so wirkt auch sie
    anziehend und abstoßend auf die Pole eines Magneten. Jeder
    freischwebende Magnetstab (Magnetnadel) nimmt daher eine
    bestimmte Lage an und zwar so, daß die eine Spitze nach Norden,
    die andere nach Süden hinweist. Den nach Norden gerichteten Pol
    eines Magneten nennt man darum seinen _Nordpol_, den anderen
    seinen _Südpol_.

    Manche Körper, besonders Harz, Glas, Schwefel, Hartgummi
    (Ebonit), erlangen durch Reiben die Fähigkeit, leichte Körper,
    wie Papierschnitzel, Kügelchen aus Kork oder Hollundermark,
    in einiger Entfernung anzuziehen. Man nennt sie dann
    electrisch und bezeichnet als Ursache dieser Anziehung die
    _Electricität_. Diese electrische Anziehung unterscheidet
    sich von der magnetischen dadurch, daß auf dieselbe sofort
    eine Abstoßung folgt, was bei jener nicht stattfindet. Die
    Electricität wird durch Berührung anderen Körpern mitgetheilt;
    aber während manche Körper in diesem Falle nur an der berührten
    Stelle electrisch werden, verbreitet sich die Electricität
    bei anderen sogleich über die ganze Oberfläche. Man nennt
    daher die letzteren _gute Leiter_, die ersteren _schlechte_
    oder _Nichtleiter_ der Electricität. Seide, Glas, Harz sind
    Nichtleiter, Metalle gute Leiter der Electricität. Nicht alle
    Körper erhalten durch Reiben dieselbe Electricität. Berührt man
    zwei an Seidenfäden aufgehängte Kügelchen aus Hollundermark mit
    einem durch Reiben electrisch gemachten Glasstab, so werden
    sie selbst electrisch und stoßen nun einander ab. Macht man
    zwei andere Kügelchen durch Berührung mit einer geriebenen
    Siegellackstange electrisch, so stoßen sie ebenfalls einander
    ab. Nähert man aber eines der durch den Glasstab electrisch
    gemachten Kügelchen einem der durch die Siegellackstange
    electrisch gemachten, so ziehen sie einander lebhaft an. Sie
    haben also beide eine andere, und zwar eine entgegengesetzte
    Electricität empfangen, und man bezeichnet diese beiden Arten
    von Electricität als _Glas-_ und _Harz-Electricität_, oder als
    positive und negative. Körper, die gleichnamig electrisch oder,
    wie man sagt, mit gleichnamiger Electricität _geladen_ sind,
    stoßen einander ab; Körper, die ungleichnamige Electricität
    enthalten, ziehen einander an.

    Außer durch Reibung wird auch durch andere Ursachen
    Electricität in den Körpern erregt, namentlich durch
    gegenseitige Berührung verschiedenartiger Körper, besonders
    verschiedener Metalle, und durch chemische Vorgänge. Die durch
    Berührung erzeugte Electricität nennt man auch nach ihren
    Entdeckern _galvanische_ oder _volta_'ische Electricität,
    während man ihre Erscheinung unter dem Namen des _Galvanismus_
    zusammenfaßt. Wenn zwei Metalle durch Berührung electrisch
    werden, so zeigt das eine positive, das andre negative
    Electricität. Ein und dasselbe Metall wird bald positiv,
    bald negativ electrisch, je nachdem es mit dem einen oder
    anderen Metall in Berührung kommt. Man kann daher alle Metalle
    so in eine Reihe ordnen, daß jedes mit jedem vorangehenden
    negativ, mit jedem folgenden positiv electrisch wird. Unter
    den bekannteren Metallen ist das am stärksten positive das
    Zink; dann folgen Blei, Zinn, Eisen, Kupfer, Silber, Gold,
    Platin; der am meisten negative Körper ist die Kohle. Je
    weiter zwei Metalle in dieser Reihe auseinander stehen,
    um so kräftiger ist der Gegensatz der von ihnen erregten
    Electricitäten oder ihre _electrische Spannung_. Zink und
    Platin sind also eine kräftigere Electricitätsquelle als Zink
    und Kupfer; aber Zink und Kohle bilden eine noch kräftigere.
    Von der Stärke der electrischen Spannung hängt auch die Wirkung
    der Electricität ab, die immer auf einer Ausgleichung der
    electrischen Gegensätze beruht. Diese Ausgleichung erfolgt
    _entweder_ unmittelbar durch Annäherung eines entgegengesetzt
    electrischen Körpers und äußert sich dann in Erscheinungen der
    Anziehung und Abstoßung, in Durchbohrung und Zertrümmerung
    nichtleitender Körper, und in überspringenden Funken; _oder_
    sie erfolgt durch Vermittelung eines leitenden Körpers, durch
    welchen sich die Electricität gleichsam von einem Pole zum
    andern bewegt. Diese Bewegung nennt man einen _electrischen
    Strom_ und bezeichnet den vom positiven zum negativen Pole oder
    vom Zink zum Kupfer gerichteten Strom als den _positiven_, den
    entgegengesetzten als _negativen Strom_. Die Wirkungen dieses
    Stromes sind theils physikalische, theils chemische, theils
    physiologische. Er erzeugt Licht und Wärme, wie dies theils
    die überspringenden Funken, theils das Erglühen und Schmelzen
    selbst unter anderen Umständen sehr schwer schmelzbarer Stoffe
    beweisen. Er zerfetzt ferner chemische Verbindungen, und es ist
    bekanntlich mit seiner Hülfe zuerst gelungen, das Wasser in
    seine Bestandtheile, Wasserstoff und Sauerstoff, zu zerlegen.
    Er bringt heftige Erschütterungen, sogenannte _Schläge_, im
    thierischen und menschlichen Körper hervor. Er erzeugt endlich
    magnetische Wirkungen, indem er einerseits unmagnetisches Eisen
    in Magnete verwandelt, andererseits frei beweglichen Magneten
    eine bestimmte Richtung anweist. Auf diesen Wirkungen der
    electrischen Ströme beruhen daher auch die meisten Anwendungen
    der Electricität.

[Illustration: Fig. 97.]

=406. Warum= wird ein Eisenstab, den man mit dem Pole eines Magneten in
Berührung bringt, selbst magnetisch und zieht ebenfalls wieder Eisen an?

=Weil= in jedem Eisen von Natur bereits Magnetismus vorhanden ist,
die beiden Gegensätze desselben, der Nord- und Südmagnetismus, aber
einander darin das Gleichgewicht halten, bis durch Annäherung eines
Magnetpoles der eine dieser Magnetismen beschäftigt und der andere
dadurch frei und wirksam gemacht wird. Durch die Nähe oder Berührung
eines Magneten werden also im Eisen die natürlichen Magnetismen
vertheilt. War es der Südpol eines Magneten, welcher genähert wird,
so beschäftigt dieser den Nordmagnetismus des Eisens, und der
Südmagnetismus des Eisens wird am entgegengesetzten Ende desselben
wirksam. Das Eisen vermag daher, wenn es magnetisch geworden ist,
auch wieder anderes Eisen, das ihm genähert wird, magnetisch zu
machen. An den Pol eines Magneten hängen sich oft ganze Ketten von
Eisenfeilspähnen an, und ebenso kann man mehrere Schlüssel oder Nägel
an einander hängen. Diese vertheilende Wirkung übt der Magnet selbst
durch andere Körper hindurch. Auf einem Blatt Papier oder einem Brett
liegende Eisenfeilspähne werden durch einen darunter gehaltenen
Magneten bewegt.

[Illustration: Fig. 98.]

=407. Warum= giebt ein Magnet, wenn man ihn in der Mitte durchbricht,
zwei ganze Magnete?

=Weil= in einem Magneten die beiden magnetischen Kräfte nicht so von
einander getrennt sind, daß in der einen Hälfte aller Nordmagnetismus,
in der anderen aller Südmagnetismus angesammelt wäre, sondern vielmehr
in jedem Theilchen des Magnets beide Magnetismen vorhanden und nur so
getrennt sind, daß in allen Theilchen der südliche Magnetismus nach
der einen, der nördliche nach der andern Seite hin liegt. So lange die
Theilchen einander berühren, heben Nord- und Südmagnetismus an der
Berührungsstelle einander auf. Sobald sie getrennt werden, treten auch
an ihren Enden die Gegensätze wieder hervor. Man kann daher einen
Magneten in beliebige Stücke zerbrechen, von denen jedes wieder seinen
Nord- und Südpol zeigen wird.

=408. Warum= kann man einen Stahlstab durch Bestreichen mit einem
Magneten dauernd magnetisch machen, während weiches Eisen seine
magnetische Kraft sehr schnell wieder verliert?

=Weil= der Stahl der Trennung beider Magnetismen zwar einen weit
kräftigeren Widerstand entgegensetzt, als weiches Eisen, aber auch
ebenso hartnäckig der Wiedervereinigung beider Magnetismen widerstrebt,
wenn die Trennung einmal eingetreten ist. Da der Stahl also sehr schwer
magnetisch wird und die magnetische Vertheilung also nur nach und nach,
und nur an den Stellen erfolgt, welche von dem Magneten berührt werden,
so muß man den Magneten wiederholt mit allen Stellen des Stahlstabes in
Berührung bringen, wenn er magnetisch werden soll. Dies geschieht am
besten, wenn man ihn mit dem Magneten mehrmals streicht und zwar so,
daß man die eine Hälfte des Stahlstabes von der Mitte aus stets mit dem
Nordpol, die andere stets mit dem Südpol des Magneten streicht. Auf
diese Weise erhält man künstliche Magnete.

[Illustration: Fig. 99.]

=409. Warum= giebt man künstlichen Magneten gern die Form eines
Hufeisens?

=Weil= bei so geformten Magneten die beiden Pole sich neben einander
befinden und darum mit vereinter Kraft auf ein Stück weiches Eisen
wirken, das man an diese Pole anlegt. An dieses weiche Eisen oder den
sogenannten _Anker_ kann man Gewichte anhängen und danach die Tragkraft
des Magneten bemessen. Noch mehr kann man die Wirkung verstärken,
wenn man mehrere Magnete mit ihren gleichnamigen Polen aufeinander
legt und durch eine Hülse verbindet. Jeder einzelne Magnet wirkt dann
vertheilend auf die anderen. Alle zusammen besitzen darum eine größere
Tragkraft als alle einzelnen.

[Illustration: Fig. 100.]

=410. Warum= neigt sich eine in ihrem Schwerpunkt aufgehängte
horizontal schwebende Stahlnadel, wenn sie magnetisirt worden ist,
sofort mit dem einen Ende gegen den Boden?

=Weil= die Erde selbst ein großer Magnet ist und gegen ihren Nordpol
Südmagnetismus, gegen ihren Südpol Nordmagnetismus besitzt, der
Südmagnetismus der Erde aber den Nordpol der Magnetnadel anziehen muß.
Diejenigen Punkte der Erde, an welchen sich die Magnetnadel genau
senkrecht stellt, nennt man ihre magnetischen Pole. Sie fallen nicht
mit den geographischen Polen zusammen. Der magnetische Nordpol liegt
vielmehr im Norden Amerika's auf Boothia Felix unter 73° 35´ n. Br.
und 95° 39´ w. L. von Greenwich, der magnetische Südpol im südlichen
Eismeer, etwa unter 72° 35´ s. Br. und 152° 30´ ö. L. von Greenwich.
Den ersteren fand Capitän _James Roß_ im Jahre 1831, dem letzteren
näherte er sich im Jahre 1841 bis auf wenige Grade. Je mehr man sich
von diesen Polen entfernt, um so weniger neigt sich die Magnetnadel,
weil sie um so weniger angezogen wird. Da die magnetischen Pole nicht
mit den geographischen zusammenfallen, so weist die Magnetnadel auch
nicht überall auf den Nordpol hin, hat vielmehr an verschiedenen
Orten der Erde eine verschiedene Abweichung von dieser Richtung. Wenn
man sich daher der Magnetnadel in dem Compaß oder der Boussole zur
Auffindung der Himmelsgegenden bedienen will, so muß man die Größe
dieser Abweichung oder Declination für jeden Ort kennen. Bei uns
beträgt diese Abweichung gegenwärtig etwa 12° nach Westen. Sie ist
aber auch mit der Zeit veränderlich. Für Berlin war sie im Jahre 1717
10½° westlich, 1785 und 1805 18°, 1836 nur 17°, ist also gegenwärtig
wieder in Abnahme begriffen. Auch die Neigung der Magnetnadel gegen den
Horizont oder die Inclination ist an den verschiedenen Orten der Erde
eine sehr verschiedene. In Berlin bildet sie einen Winkel von 67° mit
dem Horizont. Im Jahre 1805 betrug die Neigung der Nadel für Berlin
sogar 69° 53´; sie ist also gegenwärtig gleichfalls in der Abnahme
begriffen. Der Gebrauch des Compaß ist den Chinesen wahrscheinlich
schon anderthalb Jahrtausende früher bekannt gewesen, als den
europäischen Völkern, die ihn erst im 13. Jahrhundert aus dem Orient
kennen lernten.

=411. Warum= finden sich in Schlosser- und Schmiedewerkstätten häufig
stählerne Werkzeuge, welche Eisenfeilspähne anziehen?

=Weil= Stahl- und Eisenstäbe, wenn sie senkrecht oder vielmehr in
einer Richtung aufgehängt oder aufgestellt sind, welche der Neigung
einer freibeweglichen Magnetnadel entspricht, durch den Einfluß des
Erdmagnetismus zu Magneten werden. Für gewöhnlich verlieren sie
zwar diese magnetische Eigenschaft in anderer Lage wieder; durch
heftige Erschütterungen aber, namentlich Hammerschläge, werden sie zu
bleibenden Magneten gemacht.

=412. Warum= werden Papierschnitzel von einem Glasstab oder einer
Siegellackstange, die man mit einem wollenen Lappen oder einem
Katzenfell gerieben hat, angezogen?

=Weil= der Siegellack und der Glasstab durch das Reiben electrisch
werden. Eigentlich können alle Körper durch Reiben electrisch gemacht
werden, aber sie verlieren ihre Electricität sofort wieder, da die
Hand, mit welcher man sie hält, dieselbe ableitet. Versieht man aber
einen Metallstab mit einer Handhabe von Glas oder Harz, so wird er
wirklich durch Reiben electrisch und zieht Papierschnitzel an.

Schon die alten Griechen kannten diese electrische Anziehung wenigstens
an einem Körper, dem Bernstein, und von der griechischen Benennung
desselben, Electron, ist auch der Name Electricität abgeleitet worden.
Erst um das Jahr 1600 wurde die electrische Anziehung auch anderer
Körper von dem Engländer _Gilbert_ entdeckt.

=413. Warum= verliert eine durch Reiben electrisch gemachte
Siegellackstange allmählich ihre ganze Electricität, wenn man ihr
wiederholt ein an einem leinenen Faden hängendes Korkkügelchen nähert,
obgleich das Korkkügelchen nach der Entfernung keine electrische
Eigenschaft zeigt?

=Weil= das Korkkügelchen allerdings jedesmal, wenn es die
Siegellackstange berührt, Electricität von derselben annimmt, diese
aber durch den Faden in die Hand und den menschlichen Körper und
endlich in den Erdboden abgeleitet wird. Daß das Korkkügelchen nach
der Entfernung von der Siegellackstange immer wieder unelectrisch
geworden ist, geht schon daraus hervor, daß es immer wieder von
derselben angezogen wird. Der leinene Faden ist also ein guter Leiter
der Electricität, ebenso der menschliche Körper und der Erdboden;
ein Metallfaden würde ein noch besserer Leiter sein. Der Unterschied
zwischen guten und schlechten Leitern der Electricität oder zwischen
electrischen Leitern und Nichtleitern wurde zuerst von dem Engländer
_Gray_ 1729 erkannt.

=414. Warum= wird ein an einem seidenen Faden aufgehängtes
Korkkügelchen zuerst von einer geriebenen Siegellackstange angezogen,
nach der Berührung mit derselben aber abgestoßen?

=Weil= dem Korkkügelchen bei Berührung mit der electrisirten
Siegellackstange die Electricität derselben mitgetheilt und diese
durch den seidenen Faden, der ein Nichtleiter der Electricität ist,
nicht abgeleitet wird, die beiden gleich electrischen Körper aber
einander abstoßen müssen. Berührt man aber nach jeder Abstoßung das
Korkkügelchen mit dem Finger, so wird seine Electricität abgeleitet,
und es kann als unelectrisch von der Siegellackstange wieder angezogen
werden.

=415. Warum= hüpfen kleine leichte Markkügelchen (am besten aus dem
Mark der Sonnenblume gemacht) auf einem Tische auf und nieder, wenn man
ein durch Erwärmung und Reiben mit Gummi electrisch gemachtes Stück
Papier darüber hält?

=Weil= die Kügelchen zuerst als unelectrisch von dem Papier angezogen,
dann, an demselben electrisch geworden, wieder abgestoßen werden, auf
die Tischplatte fallen, hier die Electricität durch Ableitung verlieren
und wieder angezogen werden. Auch feiner Sand geräth in eine solche
Bewegung, wenn man das geriebene Papierblatt darüber hält, und erzeugt
beim Anschlagen an das Papier ein Geräusch wie feiner Regen.

=416. Warum= verlieren zwei Korkkügelchen, von denen das eine durch
eine geriebene Siegellackstange, das andere durch einen geriebenen
Glasstab electrisirt ist, ihre Electricität vollständig, sobald man sie
mit einander in Berührung bringt?

=Weil= die beiden Korkkügelchen entgegengesetzte Electricitäten
besitzen, das eine durch die Siegellackstange Harzelectricität oder
negative, das andere durch den Glasstab Glaselectricität oder positive
Electricität angenommen hat, und diese beiden Electricitäten bei der
Berührung der beiden Korkkügelchen sich mit einander vereinigen
und einander in ihren Wirkungen aufheben. Sie erscheinen darum
nach der Berührung als nichtelectrische Körper. Das Vorhandensein
entgegengesetzter Electricitäten wurde zuerst von dem Franzosen _du
Fay_ im Jahre 1733 entdeckt.

[Illustration: Fig. 101.]

=417. Warum= werden überhaupt nichtelectrische Körper von electrischen
angezogen und zwar schon aus beträchtlicher Entfernung?

=Weil= die in jedem Körper von Natur vorhandenen beiden
entgegengesetzten Electricitäten, die sich aber in gebundenem
Zustande befinden und darum unwirksam sind, durch die Annäherung
eines electrischen Körpers getrennt oder vertheilt werden, und der
electrische Körper nun die ungleichartige Electricität des nicht
electrischen anzieht, um sich mit ihr auszugleichen. Ist eine
Siegellackstange durch Reiben electrisch gemacht, so enthält sie
_freie_ negative Electricität. Nähert man ihr ein an einem Seidenfaden
aufgehängtes Korkkügelchen, so werden in letzterem die bisher
_gebundenen_ Electricitäten vertheilt, und die positive begiebt sich
auf die der Siegellackstange zugewandte Seite, die negative auf die
entgegengesetzte. Berührt das Korkkügelchen die Siegellackstange,
so vereinigen sich die beiden entgegengesetzten Electricitäten, und
es bleibt nur freie negative Electricität in dem Kügelchen zurück.
Berührt man vorher das Kügelchen mit dem Finger, so wird die negative
Electricität abgeleitet, und die zurückbleibende positive Electricität
des Kügelchens strebt um so heftiger sich mit der negativen der
Siegellackstange zu vereinigen; das Kügelchen wird aber nach dieser
Vereinigung wieder unelectrisch. Alle electrische Anziehung beruht
also nur auf dem Bestreben entgegengesetzter Electricitäten, sich
auszugleichen. Dieses Bestreben nennt man auch electrische _Spannung_.

=418. Warum= sehen wir bisweilen, namentlich im Dunkeln, Funken
überspringen, wenn wir den Fingerknöchel einer stark geriebenen
Siegellackstange nähern?

=Weil=, wenn die electrische Spannung so groß ist, daß die
entgegengesetzten Electricitäten, um sich zu vereinigen, die zwischen
ihnen befindliche Luftschicht durchbrechen, ihre Vereinigung von einer
Wärme- und Lichtentwicklung begleitet ist, welche die Erscheinung eines
Funkens bewirkt. Der electrische Funke ist daher immer das Zeichen
einer _wirklichen_ Ausgleichung der getrennten Electricitäten, während
Anziehung und Abstoßung nur ein _Streben_ zur Ausgleichung bezeichnen.

[Illustration: Fig. 102.]

=419. Warum= kann man kleine Electricitätsmengen, die sich durch
gewöhnliche Anziehungserscheinungen nicht mehr verrathen, doch noch mit
Hülfe eines sogenannten Electroskops erkennen? (Fig. 102.)

=Weil= bei Annäherung eines electrischen Körpers an die Kugel eines
Electroskops die Electricität in dieser und in den durch einen Draht
damit verbundenen beiden Strohhälmchen oder Goldblättchen vertheilt
wird, die gleichnamige Electricität daher in die äußersten Spitzen der
feinen Blättchen flieht, und diese nun in Folge der abstoßenden Wirkung
auseinander fahren müssen. Um jeden störenden Luftzug fern zu halten,
sind die Blättchen gewöhnlich in ein Glas eingeschlossen. Man kann das
Electroskop auch benutzen, um die Art der Electricität zu erkennen,
welche ein Körper besitzt. Berührt man nämlich die Kugel desselben
mit einem Körper, dessen electrischen Zustand man genau kennt, z. B.
mit einer geriebenen Harzstange, so behält das Electroskop auch nach
Entfernung dieses Körpers die ihm mitgetheilte Electricität. Nähert man
dann der Kugel einen Körper, dessen electrischen Zustand man prüfen
will, so werden die Blättchen noch weiter auseinanderfahren, wenn der
zu prüfende Körper die gleiche Electricität, sich aber nähern oder
gänzlich zusammenfallen, wenn er die entgegengesetzte Electricität
besitzt.

[Illustration: Fig. 103.]

=420. Warum= kann man einem Electrophor, wenn er einmal electrisch
gemacht ist, noch nach Wochen und Monaten Funken entziehen?

=Weil= in dem Electrophor die beiden entgegengesetzten Electricitäten
gebunden sind und daher nicht fortströmen können, aber sofort wieder
frei werden, wenn man den Deckel desselben aufhebt. Der von _Volta_
in Padua im Jahre 1775 erfundene Electrophor (Fig. 103) besteht
nämlich aus einem Harzkuchen (~b~), der in eine metallene Form (~c~)
gegossen ist, und einem metallenen Deckel (~a~), der mit nichtleitenden
seidenen Schnüren, oder einem nichtleitenden gläsernen Handgriff
versehen ist. Durch Schlagen mit einem Fuchsschwanz oder Katzenpelz
wird der Harzkuchen negativ electrisch. Setzt man dann vermittelst
eines nichtleitenden Handgriffs den Deckel darauf, so wird in diesem
eine electrische Vertheilung bewirkt, die positive Electricität
von der negativen des Harzkuchens angezogen oder gebunden, die
negative abgestoßen und an der oberen Fläche des Deckels angehäuft.
Berührt man den Deckel daher mit einem Finger, so wird alle negative
Electricität daraus abgeleitet, und der Deckel enthält nur noch
positive Electricität, die aber durch die negative des Harzkuchens
gebunden ist. Hebt man dann den Deckel ab, so wird seine positive
Electricität frei. Berührt man dann gleichzeitig mit einem Finger den
Deckel, mit einem andern Finger den Harzkuchen, so verbinden sich beide
freie Electricitäten wieder, und man sieht einen Funken überspringen
und empfindet zugleich einen Schlag in den Fingern. So lange also der
Deckel auf dem Harzkuchen liegt, sind die Electricitäten gebunden, und
sie werden erst frei, wenn man den Deckel aufhebt, gleichviel nach
welcher Zeitdauer es geschieht.

[Illustration: Fig. 104.]

=421. Warum= fühlt man eine so heftige Erschütterung, wenn man eine mit
Electricität geladene sogenannte _electrische Flasche_ oder _Leydener
Flasche_ in die Hand nimmt und mit der anderen Hand den Kopf derselben
berührt?

[Illustration: Fig. 105.]

=Weil= in einer solchen Flasche bedeutende Mengen entgegengesetzter
Electricitäten angehäuft sind, die einander gebunden halten, so
lange sie durch das Glas getrennt sind, die sich aber mit großer
Heftigkeit vereinigen, sobald sie den Weg durch einen gutleitenden
Körper nehmen können, und wenn dies der menschliche Körper ist, eine
heftige Nervenerschütterung in demselben veranlassen müssen. Eine
electrische Flasche (Fig. 104) ist ein gewöhnliches cylinderförmiges
Glas, das außen und innen mit Zinnfolie (Stanniol) belegt ist, doch so,
daß oben ein Rand von 2--4 Centimeter Breite freibleibt. Zur inneren
Belegung führt ein Metallstab, der oben in eine Kugel endet. Man
ladet diese Flasche mit Electricität, indem man sie in die eine Hand
nimmt, mit der anderen den Deckel des Electrophors aufhebt, nachdem
man ihn zuvor mit dem Finger berührt hat, ihn dem Knopf der Flasche
nähert und einen Funken überspringen läßt, dann den Electrophordeckel
wieder auf den Harzkuchen legt, wieder mit dem Finger berührt, wieder
aufhebt und dem Knopf der Flasche nähert. Bei jedesmaliger Berührung
des Knopfes wird durch den Electrophordeckel der inneren Belegung der
Flasche positive Electricität mitgetheilt, die dann durch das Glas
vertheilend auf die Electricitäten in der äußeren Belegung wirkt, die
negative Electricität anzieht, die positive abstößt. Hält man die
Flasche in der Hand, berührt man also die äußere Belegung, so wird
alle positive Electricität aus derselben in den Erdboden abgeleitet.
Wiederholt man das Verfahren, so sammelt sich in der äußeren Belegung
negative Electricität an, die sich aber nicht entfernen kann, weil
sie durch die positive Electricität der inneren Belegung gebunden
wird. Berührt man aber mit der einen Hand die äußere Belegung, mit der
anderen den Knopf, der mit der inneren Belegung in Verbindung steht,
so stellt man eine leitende Verbindung zwischen beiden Belegungen
her, und die beiden Electricitäten können sich dann vereinigen, indem
sie ihren Weg durch den menschlichen Körper nehmen. Es können auch
mehrere Personen eine solche leitende Verbindung herstellen, wenn
dieselben einander an den Händen anfassen, die erste dann die äußere
Belegung der Flasche und die letzte den Knopf derselben berührt. Sie
empfinden dann alle zugleich die Erschütterung oder den electrischen
Schlag. Dieser Schlag kann noch mehr verstärkt werden, wenn man
mehrere electrische Flaschen so mit einander verbindet, daß ihre
äußeren Belegungen durch die Stanniolbelegung des Brettes, auf dem sie
stehen, in leitender Verbindung mit einander sind, während zugleich
ihre inneren Belegungen durch einen von Knopf zu Knopf gehenden
Draht in Zusammenhang stehen. Man nennt eine solche Einrichtung eine
_electrische Batterie_. Will man eine Flasche oder eine Batterie
entladen, ohne den Erschütterungsschlag zu empfinden, so bedient
man sich dazu eines sogenannten _Ausladers_ (Fig. 105), d. h. eines
gebogenen Drahtes, der an beiden Enden in Metallkugeln ausläuft und
in der Mitte mit einem gläsernen, also nichtleitenden Griff versehen
ist. Die beiden Electricitäten nehmen dann ihren Weg durch diesen
Draht, ohne den menschlichen Körper zu berühren. -- Die Wirkung des
electrischen Schlages ist bei starken Batterien so groß, daß feine
Goldblättchen oder dünne Metalldrähte, durch welche man den Schlag
hindurchleitet, geschmolzen oder verflüchtigt, dünne Brettchen oder
Glasscheiben durchbohrt, leicht brennbare Körper entzündet werden. Die
ersten Versuche mit der electrischen Flasche wurden von dem Domherrn v.
_Kleist_ in Kammin in Pommern im Jahre 1745 und ein halbes Jahr später
von _Cunaeus_ in Leyden angestellt. Man nennt deshalb die Flasche auch
bald Kleist'sche, bald Leydener Flasche.

[Illustration: Fig. 106.]

=422. Warum= ist ein sogenannter Condensator für schwache
Electricitäten noch viel empfindlicher, als ein gewöhnliches
Electroskop? (Fig. 106.)

=Weil= der Condensator statt der Kugel des Electroskops mit einer
sorgfältig abgeschliffenen Metallplatte versehen ist, die oben mit
einer ganz dünnen Firnißschicht überzogen ist, und wenn nun eine zweite
ähnliche, aber mit gläsernem Griff versehene Platte, die zuvor mit dem
zu prüfenden schwachelectrischen Körper berührt wurde, darauf gesetzt
wird, die dieser mitgetheilte Electricität die entgegengesetzte in der
unteren Platte anziehen, diese aber wieder anziehend und bindend auf
die Electricität der oberen Platte wirken muß, dadurch aber weit mehr
Electricität aus dem berührenden Körper in die Platte übergeht, als
sonst geschehen würde. Es geschieht also beim Condensator ganz dasselbe
wie bei der Leydener Flasche, da die trennende Firnißschicht hier die
Stelle des Glases vertritt. Der Condensator wurde von _Volta_ im Jahre
1782 erfunden.

=423. Warum= erhält man weit kräftigere Funken, wenn man den Finger
dem Conductor einer Electrisirmaschine, als wenn man ihn der Scheibe
derselben nähert?

=Weil= die gläserne Scheibe der Electrisirmaschine als schlechter
Leiter die Electricität nur von der nächsten Stelle abgiebt, während
der metallische Conductor als guter Leiter alle in ihm vorhandene
Electricität auf einmal abgiebt. Eine Electrisirmaschine besteht
gewöhnlich aus einem gläsernen Cylinder oder besser einer runden
Scheibe aus starkem Spiegelglas, die durch eine Kurbel um eine Achse
gedreht wird und sich dabei an dem sogenannten Reibzeug reibt, das aus
zwei Lederkissen besteht, die mit einem Amalgam von Zinn, Zink und
Quecksilber bestrichen sind. Der Conductor ist eine hohle Messingkugel,
welche auf einem gläsernen Fuße steht, und ist dazu bestimmt,
vermittelst besonderer mit Spitzen versehener Saugarme die in der
Glasscheibe durch Reiben erzeugte positive Electricität aufzunehmen.
Auch am Reibzeuge befindet sich gewöhnlich ein Conductor, welcher die
negative Electricität desselben aufnimmt. Natürlich muß man die eine
Electricität in den Boden ableiten, wenn man die andere im Conductor
sammeln will. Nähert man dem Conductor einen anderen leitenden Körper,
so springen Funken über, die bei großen Maschinen mehrere Zoll lang
sein können. Ebenso kann man aber auch die Electricität des Conductors
auf eine Leydener Flasche überführen und diese dadurch laden. --
Die ersten wirklichen Electrisirmaschinen mit Reiber, Reibzeug und
Conductor wurden um das Jahr 1744 von den deutschen Physikern _Hausen_
und _Winkler_ in Leipzig, _Bose_ in Wittenberg u. A. angefertigt.

=424. Warum= kann man aus dem Körper eines Menschen, der auf einem
sogenannten _Isolirschemel_, d. h. einem Schemel mit gläsernen Beinen,
steht und zugleich den Conductor einer in Thätigkeit gesetzten
Electrisirmaschine berührt, Funken ziehen?

=Weil= die gläsernen Füße jede Ableitung der aus dem Conductor in den
menschlichen Körper überströmenden Electricität verhindern, dieser
also gleichsam zu einem Theile des Conductors gemacht wird und alle
Eigenschaften desselben theilen muß.

=425. Warum= kann man einem Conductor keine Funken mehr entlocken, wenn
man eine metallische Spitze daran angebracht hat?

=Weil= alle Theile einer und derselben Electricität sich nach dem
Gesetze der Abstoßung von einander zu entfernen streben, alle in den
Conductor übergehende Electricität daher sich in der Spitze anzuhäufen
strebt und, da ihr die Luft hier nur einen geringen Widerstand leistet,
in diese ausströmt. Man kann dieses Ausströmen der Electricität
empfinden, wenn man die flache Hand über die Spitze hält; sie erzeugt
nämlich hier, indem sie die umgebende Luft abstößt, einen Luftzug, den
sogenannten electrischen Wind. Im Dunkeln sieht man sie auch in Form
eines Strahlenbüschels ausströmen, doch nur, wenn die ausströmende
Electricität positiv ist, dagegen in Form eines kleinen leuchtenden
Sterns, wenn sie negativ ist. Wegen dieses Ausströmens der Electricität
muß man bei der Electrisirmaschine Alles vermeiden, was dasselbe
begünstigt, also Spitzen und scharfe Kanten, sowie eine Umgebung
feuchter Luft. Daher dürfen nicht zu viele Menschen bei Versuchen mit
der Electrisirmaschine anwesend sein. Am trockensten pflegt die Luft im
Winter in geheizten Zimmern zu sein.

=426. Warum= ist es gefährlich, sich während eines Gewitters unter
einen hohen Baum zu stellen?

=Weil= das Gewitter eine electrische Erscheinung im Großen ist,
die gewöhnlich auf einer Ausgleichung mit entgegengesetzten
Electricitäten geladener Wolken beruht, bei welcher bisweilen aber
auch eine Ausgleichung zwischen der Electricität einer Wolke und
der entgegengesetzten des Erdbodens und zwar vorzugsweise der der
Wolke zunächst gelegenen, also höchsten Gegenstände des Erdbodens
stattfindet, die man Einschlagen nennt, und die oft mit furchtbaren
Zerstörungen verbunden ist. Wenn nämlich eine mit positiver
Electricität geladene Wolke sich gegen den Erdboden herabgesenkt hat,
so strömt die entgegengesetzte Electricität nach dem Gesetze der
Vertheilung in die der Wolke am nächsten gelegenen Gegenstände, und
beide Electricitäten vereinigen sich endlich in dem einschlagenden
Blitze, indem sie den Zwischenraum der Luft durchbrechen. Natürlich
folgt die irdische Electricität, wenn sie der Wolke, um sich mit
ihrer entgegengesetzten Electricität zu vereinigen, entgegenströmt,
vorzugsweise den guten Leitern, zu denen besonders Metalle, Wasser,
feuchter Boden, aber auch saftreiche Bäume gehören. Nichtleiter,
die sie auf ihrem Wege findet, werden gewaltsam durchbrochen und
zerschmettert. Da das Holz des Baumes nur ein mittelmäßiger Leiter ist,
so wird auch der Baum meist vom Blitze zerschmettert. Metalle, durch
welche die Entladung hindurchgeht, werden oft geschmolzen, leicht
brennbare Körper entzündet, Thiere und Menschen getödtet oder gelähmt.

=427. Warum= schützen Blitzableiter auf Gebäuden vor den gefährlichen
Wirkungen des Blitzes?

=Weil= die hoch über das Gebäude emporragende eiserne Auffangestange
des Blitzableiters, vermöge der bekannten Wirkung der Spitzen, der
electrischen Wolke beständig die entgegengesetzte Electricität des
Erdbodens zuleitet und dadurch ihre Electricität entweder aufhebt oder
doch sehr verringert. Selbst wenn die aus der Spitze ausströmende
Electricität nicht im Stande ist, das Einschlagen des Blitzes aus der
zu schnell sich nähernden Wolke zu hindern, so wird doch der Blitz
vorzugsweise die hohe Stange des Blitzableiters treffen und, da diese
außerhalb am Gebäude herunter in den feuchten Erdboden geführt ist,
seinen Weg diesen guten Leiter entlang nehmen und das Gebäude selbst
unberührt lassen. Allerdings schützt der Blitzableiter ein Gebäude
ringsum nur etwa auf eine Entfernung, welche der doppelten Höhe der
Auffangestange über die höchsten Theile des Hauses gleich ist. Erfinder
des Blitzableiters ist der berühmte Amerikaner _Franklin_, der auch
zuerst durch einen mit Hülfe eines aufsteigenden Papierdrachens
angestellten Versuch im Juni 1752 die electrische Natur des Gewitters
nachwies.

=428. Warum= vernimmt man beim Einschlagen des Blitzes in der Nähe nur
einen einfachen Donnerschlag ohne nachfolgendes Rollen?

=Weil= der Donner nur durch die Schwingungen der vom Blitz
durchbrochenen und erschütterten Luftmassen entsteht, diese
Luftschwingungen aber, wenn die Wolke sich nahe über uns befindet,
sämmtlich fast in dem gleichen Augenblick unser Ohr treffen müssen,
während, wenn der Blitz von Wolke zu Wolke, von Wasserbläschen zu
Wasserbläschen überspringt, also einen weiten Weg durchläuft, die durch
die einzelnen überspringenden Blitze erzeugten Luftschwingungen erst
allmählich je nach der Entfernung in unser Ohr kommen und darum als
eine Reihe von Donnerschlägen, als ein Rollen empfunden werden.

=429. Warum= beschreibt der Blitz gewöhnlich eine Zickzacklinie?

=Weil= der Blitz, indem er von Wasserbläschen zu Wasserbläschen
überspringt, beständig durch plötzliche Erhitzung die Luft aus der
Stelle treibt und darum vor sich her verdichtet, die dichtere Luft aber
die Electricität nun weniger gut leitet, und der Blitz so veranlaßt
wird, immer wieder vom graden Wege abzugehen und sich seitwärts in
weniger dichter, also besser leitender Luft einen Ausweg zu suchen.

=430. Warum= ziehen die meisten Gewitter bei uns gegen den Wind?

=Weil= die meisten Gewitter bei uns entstehen, wenn in unserer
Atmosphäre ein herrschender Aequatorialstrom von unten her durch die
schwerere kältere Luft eines Polarstromes verdrängt wird, also wenn die
Windfahne sich von West durch Nordwest nach Nord dreht. Die Gewitter
ziehen daher mit nördlichem Winde auf, nachdem vorher südliche Winde
geweht hatten. Sie machen uns dadurch den eingetretenen Windwechsel
erkennbar, der eine Ursache, aber nicht eine Folge der Gewitter ist.
Solche Gewitter kühlen auch das Wetter ab, weil die kälteren Nordwinde
mit ihnen zur Herrschaft gelangen.

=431. Warum= sieht man bisweilen während eines Gewitters die Spitzen
von hohen Gegenständen, namentlich von Thürmen, Schiffsmasten, hohen
Bäumen, leuchten?

=Weil= die in Folge der Einwirkung electrischer Wolken an der
Oberfläche der Erde angehäufte Electricität aus solchen hervorragenden,
in Spitzen auslaufenden Gegenständen fortwährend ausströmt und dann in
der Dunkelheit als Lichtbüschel erscheint. Man nennt diese Erscheinung
das _St. Elmsfeuer_ und beobachtet sie häufiger bei heftigen Stürmen
und Wintergewittern als bei Sommergewittern. Sie zeigt sich auf freiem
Felde oft auch an Gesträuch, an den Ohren und Mähnen der Pferde, selbst
an den Fingerspitzen.

Als _Wetterleuchten_ bezeichnen wir den aufflackernden, oft sehr
hellen Lichtschein, der ohne allen Donner besonders an heißen
Sommerabenden, selbst ohne vorangegangenes Gewitter und oft an ganz
wolkenfreiem Horizont erscheint. Es mag zum Theil von Gewittern
herrühren, die allzu entfernt sind, als daß wir den Donner zu vernehmen
vermöchten, zum Theil aber auch durch den Widerschein solcher Blitze
am Himmel entstehen, welche von Wolken unter dem Horizont ausgehen.
Bisweilen dürfte aber diese Erklärung nicht ausreichen, und an das
freiwillige Ausströmen der Electricität aus starken geladenen Wolken
zu denken sein, wie es auch beim stark geladenen Conductor einer
Electrisirmaschine erfolgt, wenn kein leitender Gegenstand innerhalb
der Schlagweite vorhanden ist.

Das _Nordlicht_ oder vielmehr _Polarlicht_, weil es auch in
Südpolarländern am südlichen Horizonte auftritt, ist eine besonders
in Polargegenden häufige Lichterscheinung, die mit dem Ausströmen der
Electricität im Dunkeln einige Aehnlichkeit hat und unzweifelhaft
mit dem Erdmagnetismus in Verbindung steht, da sie unregelmäßige
Schwankungen oder Störungen der Magnetnadel oft auf weite Strecken
hin und schon am Tage vor ihrer Sichtbarkeit bewirkt. Das Nordlicht
erscheint am Himmel als ein hellleuchtender, ein dunkleres Segment
umschließender, weißer Lichtbogen, dessen Mittelpunkt ungefähr im
magnetischen Meridian liegt. Von dem hellen Lichtbogen, der abwechselnd
auch in gelbe, rothe und violette Farben spielt, fahren von Zeit zu
Zeit nach allen Richtungen weiße und rothe Lichtbüschel aus, die sich
bis zum Zenith und über dasselbe hinaus erstrecken und mit dunkeln
Streifen wechseln, bisweilen sich auch im Zenith zur sogenannten
Krone vereinigen. Als Ursache des Nordlichts nimmt man die Erzeugung
von electrischen Strömen in Folge der Achsendrehung der gleichsam
einen großen Magneten darstellenden Erde an, wie sie bei rotirenden
künstlichen Magneten von _Faraday_ nachgewiesen wurde.

=432. Warum= empfindet man einen sauren oder laugenhaften Geschmack,
wenn man die Zungenspitze zwischen einen blanken Kupferstreifen und
einen blanken Zinkstreifen bringt und dann beide Metallstreifen
außerhalb vor dem Munde in Berührung mit einander setzt?

=Weil= zwei verschiedene Metalle bei gegenseitiger Berührung einander
electrisch erregen, und diese Electricität, wenn sie auch so schwach
ist, daß sie sonst nicht bemerkt werden kann, doch wenigstens durch
ihre Wirkung auf die Geschmacksnerven sich bemerklich macht. Der
Geschmack ist sauer, wenn das Kupfer auf der Zunge liegt, laugenhaft,
wenn das Kupfer unter der Zunge liegt. Auch auf die Gesichtsnerven
macht die Electricität einen Eindruck. Legt man einen Kupferstreifen
an das rechte, einen Zinkstreifen an das linke Zahnfleisch der oberen
Kinnlade, und bringt man dann die vorderen Enden der Metallstreifen
mit einander in Berührung, so empfindet man vor den Augen einen
vorübergehenden Lichtschimmer. Man nennt diese durch Berührung
verschiedener Metalle erzeugte Electricität Berührungs- oder
galvanische Electricität. Daß wirklich Electricität dabei im Spiele
ist, kann man erkennen, wenn man zwei mit isolirenden Glasgriffen
versehene Metallplatten, die eine aus Kupfer, die andere aus Zink, mit
ihren geschliffenen Flächen aufeinander legt und nach der Trennung jede
derselben am Condensator prüft. Das Auseinanderfahren der Goldblättchen
beweist dann ihre electrische Eigenschaft. Diese Berührungselectricität
wurde zuerst von _Galvani_ in Bologna im Jahre 1786 entdeckt, aber erst
von _Volta_ in Pavia im Jahre 1800 richtig erkannt.

[Illustration: Fig. 107.]

=433. Warum= erhält man eine weit stärkere electrische Wirkung, wenn
man eine Kupfer- und eine Zinkplatte, ohne daß sie einander berühren,
in eine gesäuerte Flüssigkeit taucht und dann an ihren hervorragenden
Enden durch einen Metalldraht leitend verbindet, als wenn man sie
trocken an einander legt?

[Illustration: Fig. 108.]

=Weil= die Metalle in Berührung mit Flüssigkeiten, namentlich
gesäuerten, kräftiger electrisch erregt werden, als bei gegenseitiger
Berührung. Taucht man eine Zinkplatte in eine gesäuerte Flüssigkeit,
so wird das Zink negativ, die Flüssigkeit positiv electrisch. Taucht
man auch eine Kupferplatte ein, so nimmt diese als guter Leiter
die positive Electricität der Flüssigkeit auf, und verbindet man
beide Platten durch einen Kupferdraht, so erfolgt durch diesen die
Wiedervereinigung der getrennten Electricitäten. Da aber das Zink mit
der Flüssigkeit in Berührung bleibt, so werden beide in demselben
Augenblicke wieder electrisch, die positive Electricität strömt wieder
vom Kupfer zum Zink. So besteht eine immerwährende Erregung und
Ausgleichung der Electricitäten, und dadurch unterscheidet sich diese
galvanische Electricität wesentlich von der Reibungselectricität, bei
welcher immer nur augenblickliche Ausgleichungen möglich sind. Man
nennt daher auch diese fortdauernde Bewegung einen electrischen Strom
und sagt, daß der positive Strom vom Kupfer zum Zink gerichtet sei.
Die Einrichtung selbst nennt man eine einfache galvanische Kette,
oder ein galvanisches Element (Fig. 107). Man kann aber auch mehrere
solcher Elemente zusammensetzen, indem man die Zinkplatte des ersten
Elements mit der Kupferplatte des zweiten, die Zinkplatte des zweiten
Elements mit der Kupferplatte des dritten etc. durch einen Kupferdraht
leitend verbindet. Eine solche zusammengesetzte Kette nennt man eine
galvanische _Batterie_. Die äußersten unverbundenen Glieder derselben
heißen ihre Pole und zwar die äußerste Kupferplatte der positive Pol,
die äußerste Zinkplatte der negative Pol. Verbindet man diese Pole
durch einen Leitungsdraht, so geht der (positive) electrische Strom vom
Kupfer zum Zink. Man nennt in diesem Falle die Kette _geschlossen_,
während sie _geöffnet_ heißt, wenn kein Leitungsdraht die Pole
verbindet. Die einfachste und älteste Form einer galvanischen Batterie
ist die voltaische Säule (Fig. 108), die aus übereinandergeschichteten
Zink- und Kupferplatten besteht, welche durch angefeuchtete Tuch- oder
Pappscheiben von einander getrennt sind. Sie wurde zuerst von _Volta_
in Pavia im Jahre 1800 construirt.

=434. Warum= verlieren solche galvanische Ketten sehr bald ihre
Wirksamkeit?

=Weil= sowohl die Platten als die Säuren chemische Veränderungen
erleiden, welche die electrische Bewegung schwächen. Dauernde oder
constante galvanische Ketten erhält man, wenn man die beiden Metalle in
verschiedene Flüssigkeiten taucht, die nur durch eine poröse Wand von
einander getrennt sind, also einander berühren und darum gleichfalls
electrisch erregen. Zu den wirksamsten solcher Ketten gehören die
_Grove_'sche und die _Bunsen_'sche. Erstere besteht aus Zink und
Platina. Das Platinablech befindet sich in einer mit Salpetersäure
gefüllten Thonzelle, die Zinkplatte in einem größeren, mit verdünnter
Schwefelsäure gefüllten Gefäß. In dieses letztere wird die poröse
Thonzelle getaucht, so daß also die beiden Säuren nur durch die poröse
Scheidewand getrennt sind. Bei der _Bunsen_'schen Batterie wird statt
des Platina's ein massiver Kohlencylinder angewandt. In neuerer
Zeit hat auch die _Smee_'sche Kette eine sehr verbreitete Anwendung
gefunden. Sie besteht aus Zink, Silber und verdünnter Schwefelsäure.
Das Silberblech ist aber mit einem Ueberzug von sehr fein zertheiltem
Platin, sogenanntem Platinmohr, versehen, welcher den Zweck hat, das
die Wirkung schwächende Anhängen der sich bildenden Wasserstoffbläschen
zu verhindern, indem er demselben feine Spitzen darbietet. Um beide
Seiten der Silberplatte wirksam zu machen, ist jeder Seite derselben
eine Zinkplatte gegenübergestellt; beide Zinkplatten sind aber unter
sich zu einem Element verbunden. Solche constante Ketten bringen sehr
kräftige Wirkungen hervor, die im Allgemeinen denjenigen gleichen,
welche der Funken der electrischen Flasche erzeugt. Besonders stark
sind ihre Licht- und Wärmewirkungen.

=435. Warum= kann man aus großer Entfernung eine Mine entzünden, wenn
man von dem einen Pole einer galvanischen Batterie einen Leitungsdraht
bis zum Pulver leitet und hier durch einen sehr feinen Eisendraht
mit einem zweiten Leitungsdraht verbindet, der zum anderen Pole der
Batterie zurückkehrt?

=Weil= in demselben Augenblicke, in welchem der zweite Leitungsdraht
den Pol der Batterie berührt, die Kette geschlossen ist, der
electrische Strom daher den ganzen Leitungsdraht durchläuft und den
eingeschalteten dünnen Eisendraht glühend macht, so daß dieser das
Pulver entzündet. Die Länge des Weges ist für den Strom kein Hinderniß,
da er die größten Strecken in fast unmeßbarer Zeit durchläuft.

=436. Warum= wird ein Eisenstab, den man in eine Auflösung von
Kupfervitriol eintaucht, sehr bald mit metallischem Kupfer überzogen,
wenn man gleichzeitig einen Kupferstab eintaucht und durch Drähte den
letzteren mit dem positiven, den Eisenstab mit dem negativen Pole einer
galvanischen Kette verbindet?

=Weil= der electrische Strom, welcher durch die beiden Metalle in
Berührung mit der Flüssigkeit erregt wird, den Kupfervitriol chemisch
zersetzt und metallisches Kupfer daraus abscheidet, welches sich an
dem negativen Pole, also an dem Eisen absetzt. Auf dieser Zersetzung
metallischer Salzlösungen durch den electrischen Strom beruht die
_Galvanoplastik_, d. h. die Kunst, plastische Gegenstände, wie
Münzen, Gypsabdrücke, Holzschnitte, Kupferstiche etc., in Kupfer
treu nachzubilden. Gewöhnlich bedient man sich dazu eines weiten
Glasgefäßes, in welches vermittelst eines Drahtringes ein kurzer, unten
nur durch eine Thierblase geschlossener Glascylinder eingehängt wird.
In dem größeren Gefäße befindet sich die Kupfervitriollösung, in dem
kleineren verdünnte Schwefelsäure. Dann wird ein starker Zinkstreifen
mit einem Kupferstreifen zusammengelöthet und so gebogen, daß der
Zinkstreifen in das engere Gefäß hinabhängt, während der Kupferstreifen
in das weitere, mit der Vitriollösung gefüllte taucht und grade unter
dem Boden des engeren Gefäßes eine wagerechte Fläche bildet, auf welche
die in Kupfer nachzubildende Form gelegt werden kann. Diese Form
verschafft man sich durch einen Abguß in Wachs oder Stearin, dessen
Oberfläche man dann mit feinem Graphit- oder Broncepulver bepinselt und
dadurch leitend macht. Der Strom, der hier zwischen Zink und Kupfer
durch beide Flüssigkeiten erregt wird, ist nur schwach, genügt aber,
die Vitriollösung zu zersetzen und im Laufe einiger Tage den Abdruck
mit einer dicken Kupferschicht zu überziehen, welche genau der Form des
Abdrucks entspricht. Auch die galvanische Vergoldung und Versilberung
geschieht in ähnlicher Weise. Die Galvanoplastik wurde von _Jacobi_ in
Dorpat und von _Spencer_ in England im Jahre 1838 fast gleichzeitig
erfunden.

=437. Warum= wird Eisen durch einen Zinküberzug vor dem Rosten bewahrt?

=Weil= Zink und Eisen eine galvanische Kette bilden, in welcher Zink
das positive, Eisen das negative Metall darstellt. Wenn durch diese
galvanische Kette in Berührung mit Feuchtigkeit das Wasser zersetzt
wird, so scheidet sich der Sauerstoff desselben stets am positiven
Pole, also hier am Zink, aus, während das Eisen davon befreit bleibt.
Da aber dieser Sauerstoff die Ursache des Rostens des Eisens ist, so
muß das Eisen in Gegenwart von Zink rein bleiben. In Verbindung mit
Kupfer würde das Entgegengesetzte stattfinden; das Eisen würde dann
das positive Metall sein, und an diesem also der Sauerstoff sich
ausscheiden. Daher rosten eiserne Nägel in kupfernen Bedachungen sehr
leicht.

=438. Warum= wird eine Magnetnadel in der Nähe electrischer Ströme zur
Ortsbestimmung unbrauchbar?

=Weil= eine frei bewegliche Magnetnadel durch einen electrischen Strom
aus ihrer Nordrichtung abgelenkt wird, und zwar nach Osten, wenn der
Strom über der Nadel von Norden nach Süden, -- nach Westen, wenn er
unter der Nadel von Norden nach Süden geht; ebenso nach Westen, wenn
der Strom über der Nadel von Süden nach Norden, -- nach Osten, wenn
er unter der Nadel von Süden nach Norden geht. Denkt man sich in den
vom electrischen Strome durchlaufenen Leitungsdraht eine menschliche
Figur so eingeschaltet, daß der positive Strom von den Füßen nach dem
Kopfe geht, und das Gesicht der Figur nach der Nadel gewendet ist,
so wird die Magnetnadel immer so abgelenkt, daß ihr Nordende sich
nach links, ihr Südende nach rechts wendet. Diese Ablenkung ist so
empfindlich, daß man sie benutzt, um sehr schwache electrische Ströme
nachzuweisen. Man verstärkt zu dem Zwecke die Wirkung des Stromes auf
die Magnetnadel, indem man den Leitungsdraht in vielen Windungen über
und unter der Nadel herumführt. Man nennt eine solche Vorrichtung
einen _Multiplicator_. Die Einwirkung des electrischen Stromes auf
die Magnetnadel wurde von _Oersted_ in Kopenhagen im Jahre 1820
entdeckt, und noch in demselben Jahre erfand _Schweigger_ in Halle den
Multiplicator.

[Illustration: Fig. 109.]

=439. Warum= erhält ein Stab aus weichem, nicht magnetischem Eisen die
Eigenschaft Eisen anzuziehen, wenn man einen mit Seide übersponnenen
Kupferdraht um denselben windet, und die Enden des Drahts mit den Polen
einer galvanischen Kette verbindet?

=Weil= der weiche Eisenstab wirklich durch den ihn umkreisenden
electrischen Strom in einen Magneten verwandelt wird. Man nennt diesen
Magneten einen _Electromagneten_. Durch sehr kräftige electrische
Ströme kann man daher auch sehr kräftige Electromagnete erzeugen,
die mehrere Centner zu tragen vermögen. Weiches Eisen wird aber nur
vorübergehend durch den electrischen Strom magnetisch gemacht; es
verliert seinen Magnetismus, sobald der electrische Strom aufhört. Ein
Stahlstab aber behält seinen Magnetismus dauernd.

=440. Warum= stellt sich bei den electrischen Telegraphen der Zeiger
auf der entfernten Station immer genau auf denselben Buchstaben, auf
welchen der Zeiger der Anfangsstation gerückt wird?

=Weil= durch die Bewegung des Zeigers auf der ersten Station bei
Berührung eines Buchstaben zugleich eine galvanische Kette geschlossen
und also ein electrischer Strom durch den langen Leitungsdraht zur
entfernten Station geführt wird, hier aber dieser Strom einen kleinen
Electromagneten magnetisch macht und ihn dadurch veranlaßt, einen
Anker anzuziehen und durch diesen wieder einen kleinen Hebel zu
bewegen, der endlich in ein Zahnrad eingreift und dies sammt dem daran
befindlichen Zeiger um einen Zahn forttreibt. Sobald der Zeiger auf der
ersten Station den Buchstaben oder vielmehr den damit in Verbindung
stehenden kleinen Stift verläßt, wird die galvanische Kette geöffnet,
der electrische Strom also unterbrochen, und der Electromagnet auf der
anderen Station seines Magnetismus beraubt, so daß der Anker wieder
fällt, und das Zahnrad mit dem Zeiger still steht. Das Wesen des
electrischen Telegraphen beruht also einmal auf der außerordentlichen
Geschwindigkeit des electrischen Stromes, die auf 150000 bis 450000
Kilometer in der Secunde geschätzt wird; dann auf der Leitungsfähigkeit
der Metalle und des Erdbodens, da der Strom von der einen Station zur
zweiten durch einen Kupfer- oder starken Eisendraht geleitet wird,
von jeder der beiden Stationen aber in die Erde als Leiter abströmt;
endlich auf der Möglichkeit, in jeder Entfernung vermittelst des durch
eine Drahtspirale geleiteten electrischen Stromes ein Eisenstück nach
Belieben magnetisch zu machen und ihm diese Eigenschaft wieder beliebig
zu nehmen.

[Illustration: Fig. 110.]

Je nach der Art, in welcher die Zeichen gegeben werden, unterscheidet
man _Nadel-Telegraphen_, _Zeiger-Telegraphen_, _Druck-_ oder
_Schreib-Telegraphen_ und _Copir-Telegraphen_. Der oben beschriebene
ist der _Zeiger-Telegraph_. Bei dem _Nadel-Telegraphen_ werden die
Zeichen zum Theil durch die Bewegungen einer oder zweier Magnetnadeln
gegeben, die an ihrem Ende mit einem Stifte versehen sind, der in einen
Farbennapf taucht und auf einem vorübergleitenden Papiere die Spuren
der Nadelbewegung als schwarze Punkte hinterläßt. Durch bestimmte
Gruppen dieser Punkte werden die verschiedenen Buchstaben bezeichnet;
andererseits genügt auch schon das abwechselnde Ausschlagen der
Magnetnadel nach links und rechts, um eine Zeichensprache daraus zu
bilden. Der seit 1866 in regelmäßigem Betriebe befindliche atlantische
Telegraph ist gleichfalls ein Nadel-Telegraph. Der _Schreib-_ oder
_Druck-Telegraph_ (Fig. 110) bewirkt das Aufschreiben der aus der Ferne
mitgetheilten Zeichen in noch vollkommnerer Weise. Derselbe besteht in
der Hauptsache aus einem aufrechtstehenden, kräftigen Electromagneten,
an dessen Anker das Ende eines Hebels befestigt ist, dessen anderes
Ende einen kleinen stumpfen Stahlstift trägt. Sobald dieser Hebel
durch den Electromagneten angezogen wird, drückt sein Stahlstift auf
einen Streifen Papier, welcher durch ein Räderwerk gleichmäßig unter
einer Walze hingezogen wird. Wird der Strom unterbrochen, so hört
auch die Anziehung des Electromagneten auf, und eine Feder zieht
dann den Hebelarm und den Stahlstift von dem Papiere wieder zurück.
Je nachdem der Strom also für einen Augenblick oder für längere Zeit
geschlossen ist, entstehen eingedrückte Punkte oder Striche auf dem
Papier und durch die verschiedenen Verbindungen dieser Punkte und
Striche lassen sich dann alle Buchstaben des Alphabets darstellen.
Bei dem _Copir-Telegraphen_ wird sogar die Handschrift selbst wieder
gegeben und es können selbst ganze Zeichnungen und Situations-Pläne
telegraphirt werden. Man benutzt nämlich hierbei die farbigen
Niederschläge, welche gewisse chemische Substanzen bei der Zersetzung
durch den electrischen Strom geben. Eine rotirende Walze wird mit
einem in dieser Weise chemisch präparirten Papier bedeckt. Wird nun
während der Umdrehung der Walze vermittelst einer Feder ein Stift
beständig gegen das Papier gedrückt, so beschreibt dieser Stift, so
lange ein electrischer Strom durch ihn hindurch zur Walze geht, auf dem
Papier einen farbigen, braunen oder blauen Strich. Läßt man zugleich
die Walze nach jeder Umdrehung sich etwa um ½ Millimeter seitwärts
verschieben, so wird das ganze Papier allmählich mit schraffirten
Linien bedeckt. Jede Unterbrechung des Stromes hat natürlich auch
eine Lücke in diesen Linien zur Folge, und wenn diese Unterbrechungen
der Form von Buchstaben entsprechen, so erhält man eine weiße Schrift
auf schraffirtem Grunde. Um solche Unterbrechungen zu bewirken, stellt
man auf der Station, von welcher die Mittheilung ausgeht, eine völlig
gleiche und sich gleichbewegende Walze auf, deren Achse mit der
Batterie verbunden ist. Ueber diese Walze aber legt man ein Papier,
auf welches die Depesche mit firnißhaltiger Schwärze gedruckt oder
geschrieben ist. Die Spitze des einen Leitungsdrahts ruht ebenso auf
diesem Papier, wie die Spitze des anderen auf dem chemischen Papiere
der andern Station, so daß der electrische Strom durch beide Papiere
gehen muß. Der Firniß aber unterbricht als Nichtleiter den Strom, so
oft der Draht während der Umdrehung der Walze auf ein Schriftzeichen
trifft. Drehen sich also beide Walzen mit gleicher Geschwindigkeit, so
müssen, da auch die Unterbrechungen des Stromes auf beiden Stationen
gleichzeitig geschehen, die Lücken auf dem chemischen Papiere dieselbe
Schrift bilden, welche mit der firnißhaltigen Schwärze auf das Blatt
der entfernten Station geschrieben war.

Auf einer ganz ähnlichen Einrichtung, wie die electrischen Telegraphen,
beruhen auch die _electrischen Uhren_, bei welchen durch die
Pendelschläge einer Normaluhr ein electrischer Strom geöffnet und
geschlossen und dadurch der Anker eines Electromagneten in Bewegung
gesetzt wird, der dann in das Getriebe einer Uhr eingreift und dieses
in Bewegung setzt.

Der erste Gedanke einer electrischen Telegraphie rührt wohl von
_Sömmering_ her, der bereits im Jahre 1808 die Berührungselectricität
dazu zu benutzen versuchte. Als die Erfinder wirklich brauchbarer
electrischer Telegraphen müssen aber die Professoren _Gauß_ und
_Weber_ gelten, welche im Jahre 1833 zwischen der Sternwarte und
dem physikalischen Kabinet in Göttingen die erste telegraphische
Verbindung dieser Art herstellten. _Steinheil_ in München führte im
Jahre 1838 einen neuen glänzenden Fortschritt dieser Erfindung herbei,
indem er die Leitungsfähigkeit des Erdbodens benutzte, um den einen
Leitungsdraht zu ersparen. _Wheatstone_ in England führte im Jahre 1840
den ersten Zeigertelegraphen aus, der durch _Siemens_ und _Halske_ in
Berlin glänzende Verbesserungen erhielt. Der Amerikaner _Morse_ (1837)
ist der Erfinder des Schreib- und Druck-Telegraphen. Gegenwärtig
umspannt das Drahtnetz des electrischen Telegraphen bereits die ganze
Erde. Durch Drähte, die in isolirende Kabel eingeschlossen sind, werden
selbst unter dem Meere hinweg Continente mit einander telegraphisch
verbunden. -- Kaum dürfte irgend eine andere Erfindung so tief in das
geistige wie materielle Leben der Völker eingegriffen haben, als diese,
die den Gedanken mit Blitzesschnelle von Land zu Land über Meere und
Wüsten hinweg zu tragen gelehrt hat.



Inhalt.


                                                                 Seite

    _Einleitung_                                                     1

    Allgemeine Eigenschaften der Körper                              2

    Ausdehnung                                                       2

    Undurchdringlichkeit (Frage 1--5)                                3

    Porosität (Frage 6--19)                                          5

    Theilbarkeit (Frage 20--22)                                      9

    Cohäsion (Frage 23--33)                                         10

    Adhäsion (Frage 34--48)                                         15

    Haarröhrchenanziehung (Frage 49--64)                            19

    Trägheit (Frage 65--75)                                         23

    Elasticität (Frage 76--79)                                      27

    Schwerkraft (Frage 80--86)                                      28

    Der Schwerpunkt (Frage 87--99)                                  31

    Gleichgewicht und Bewegung fester Körper (Frage 100--122)       35

    Fall, Pendel und Centralbewegung (Frage 123--132)               46

    Gleichgewicht und Bewegung flüssiger Körper (Frage 133--161)    51

    Gleichgewicht und Bewegung luftförmiger Körper (Frage 162--171) 61

    Druck und Schwere der Luft (Frage 172--209)                     65

    Chemische und physiologische Wirkungen der Luft
      (Frage 210--226)                                              79

    Vom Schalle (Frage 227--241)                                    85

    Von der Wärme (Frage 242--276)                                  94

    Ausdehnung der Körper durch Wärme (Frage 277--297)             105

    Die Veränderung der Aggregatzustände der Körper durch die
      Wärme (Frage 298--347)                                       114

    Das Licht (Frage 348--390)                                     141

    Die Farben (Frage 391--405)                                    167

    Magnetismus und Electricität (Frage 406--440)                  175



Nachweis der wichtigsten Figuren.


                                                  Seite

    _Roberval_'sche Tafelwage                        42

    Schnellwage                                      42

    Brückenwage                                      43

    Hydraulische Presse                              54

    Barometer                                        65

    Druckpumpe                                       68

    Feuerspritze                                     78

    Das Ohr des Menschen                             91

    Das Stimmorgan                                   93

    Thermometer                                     106

    _Watt_'s doppelt wirkende Dampfmaschine         134

    Locomotive                                      140

    Das Auge des Menschen                           160

    Electroskop                                     184

    Leydener Flasche                                186

    Condensator                                     187

    Galvanische Batterie                            194

    _Morse_'s Schreib- und Drucktelegraph           198



    Im Spätherbst d. J. erscheint:

    Otto Ule's

    Warum und Weil.

    Chemischer Theil.

    Von

    F. Langhoff,

    Direktor der Königl. Gewerbeschule zu Potsdam.

    Mit in den Text eingedruckten Holzschnitten.

    Format und Ausstattung wie die des physikal. Theils,
    Umfang 150 bis 180 Seiten,
    Preis 2 M. bis 2 M. 50 Pf.

    Berlin, 1877. Verlag von Karl J. Klemann.



Bei =Karl J. Klemann= in =Berlin= ist erschienen und durch alle
Buchhandlungen zu beziehen:


Physik

für

Elementar- und Mittelschulen.

Die Ergebnisse des Unterrichts

zur

Wiederholung und Einübung

für Schüler

systematisch geordnet

von

~Dr.~ W. Simon.

Mit 111 in den Text eingedruckten Holzschnitten.

Zweite verbesserte Auflage.

1876. Kartonnirt. Preis 80 Pf.

Der =ganz ungewöhnlich= billige Preis -- =80 Pf. für ein sauber
ausgestattetes, kartonnirtes Buch mit Hundert und elf Holzschnitten= --
erleichtert die Einführung in Volksschulen.

Die erste Auflage (1874) war in 15 Monaten vergriffen, und bald nach
ihrem Erscheinen enthielt _Diesterwegs Wegweiser_ (III. 3., S. 187) ein
Urtheil, worin es heißt:

    »_Die zahlreichen, sorgfältigen Holzschnitte unterstützen das
    Memoriren und die Klarheit und Sicherheit in der Auffassung
    der Erscheinungen und Gesetze zweifellos in der nachhaltigsten
    Weise; das geschickt abgefaßte Buch befriedigt ein wahrhaftes
    Bedürfniß._«



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Offensichtliche Fehler wurden stillschweigende korrigiert. Die
    Werbeseite am Buchanfang wurde ans Ende verschoben.





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