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Title: Sonne und Sterne
Author: Meyer, M. W. (Max Wilhelm)
Language: German
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    Anmerkungen zur Transkription


    Das Original ist in Fraktur gesetzt. Im Original gesperrter Text
    ist _so ausgezeichnet_. Im Original in Antiqua gesetzter Text ist
    ~so markiert~. Im Original fetter Text ist =so dargestellt=.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des
    Buches.

[Illustration]



Sonne und Sterne



Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde ◈ Stuttgart


Die Gesellschaft Kosmos bezweckt, die Kenntnis der Naturwissenschaften
und damit die Freude an der Natur und das Verständnis ihrer
Erscheinungen in den weitesten Kreisen unseres Volkes zu verbreiten.
-- Dieses Ziel sucht die Gesellschaft durch Verbreitung guter
naturwissenschaftlicher Literatur zu erreichen im

=Kosmos=, Handweiser für Naturfreunde

Jährlich 12 Hefte mit 4 Buchbeilagen.

Diese Buchbeilagen sind, von ersten Verfassern geschrieben, im guten
Sinne gemeinverständliche Werke naturwissenschaftlichen Inhalts.
Vorläufig sind für das Vereinsjahr 1924 festgelegt (Reihenfolge und
Änderungen auch im Text vorbehalten):

    =Dr. Kurt Floericke, Käfervolk=
    =R. Henseling, Werden und Wesen der Astrologie=
    =Wilhelm Bölsche, Tierseele und Menschenseele=
    =Dr. H. W. Behm, Von der Faser zum Gewand=

Jedes Bändchen reich illustriert.

Diese Veröffentlichungen sind durch _alle Buchhandlungen_ zu beziehen;
daselbst werden Beitrittserklärungen zum =Kosmos, Gesellschaft der
Naturfreunde=, entgegengenommen. Auch die früher erschienenen Jahrgänge
sind noch erhältlich.


Geschäftsstelle des Kosmos: Franckh’sche Verlagshandlung,
Stuttgart



    Sonne und Sterne

    Von

    Dr. M. Wilh. Meyer

    Mit zahlreichen Abbildungen

    Vierundvierzigste Auflage

    [Illustration]

    Stuttgart

    Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde
    Geschäftsstelle: Franckh’sche Verlagshandlung



Alle Rechte, besonders das Übersetzungsrecht, vorbehalten.

Gesetzliche Formel für den Rechtsschutz in den Vereinigten Staaten von
Nordamerika:

    ~Copyright 1924 by
    Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart~
    ~Printed in Germany~


Stuttgarter Setzmaschinendruckerei Holzinger & Co., Stuttgart.



[Illustration]


Es ist Hochsommer. Eine sonnige Landschaft breitet sich vor
schneebedeckter Alpenkette aus. Im Wiesengrunde leuchten die Blumen im
Sonnenschein und bieten ihre süße Gabe dem sie umschwärmenden Volke
der Falter und summenden Käfer. Auch dort über die weiten Kornfelder
gießt die Sonne ihre Strahlenfülle, um die Reife der goldenen Ähren
zu vollenden. Und auf den plätschernden Wellen des Baches, der am
Wiesenrand zwischen Steinen eilig hinabrauscht, der sonnendunstigen
Ebene entgegen, spielen die Sonnenstrahlen, die das Wasser dort oben
in den Firnfeldern aus langem, todesähnlichem Schlaf befreiten, damit
es drunten seine lebenerhaltende Arbeit in unendlicher Verzweigung
wiederaufnehmen kann. Über dem waldumrahmten Weiher weiter unten liegen
blaue Schleier. Die Sonne, die das Wasser hinabführte aus den Höhen des
ewigen Schnees, zieht es hier wieder empor, bis zu den Wolken, die die
durstende Ebene mit ihren Regenschauern erquicken.

Überall die Sonne!

Sinkt sie am Abend hinab und vollendet für diesen Tag ihre
segenspendende Arbeit, so entzückt sie uns noch mit der unendlichen
Schönheit ihrer Untergangsgluten, indem sie sich andern Erdstrichen
zuwendet. Niemals rastete ihre Tätigkeit seit Jahrmillionen. In
den Tiefen der Erde hat man von einem Pol zum andern versteinerte
Pflanzen gefunden, die nur eine tropische Sonnenglut aufwachsen lassen
konnte. Überall rings um die Erde herum muß einmal die Sonne ihre
ganze Strahlenfülle auf die Erde in vollem Überfluß herabgeschüttet
haben, so daß wir heute noch diesen Überfluß wieder aus den Tiefen
der Erde hervorgraben, um uns an Urzeit-Sonnenwärme zu erquicken,
wenn das wundertätige Gestirn auf seiner jährlichen Reise uns seine
Gaben für eine Weile etwas karger bemessen muß. Oder wir lassen ihre
unerschöpfliche Kraft für uns in den Maschinen arbeiten, daß wir,
mehr und mehr entlastet von menschenunwürdiger körperlicher Arbeit,
unsern Geist erweitern und uns freuen können an den tausendfältigen
Schönheiten, die die Sonne überall hervorzaubert.

Überall die Sonne!

Auch in uns! Sie war das Sinnbild der ersten Gottheit, zu der die
Menschen beteten. Schien sie nicht eine Gottheit selbst? Unerreichbar
fern und doch überall. Unmittelbar eingreifend in all unsere
Lebensregungen und doch ungreifbar und fast unsichtbar wie ein Gott,
denn sie straft den Allzukühnen, der es wagt, sie anzuschauen, mit
Blindheit, daß er es niemals wieder wagen kann. Tief zur Erde gebeugt
nur durfte man sie verehren. Von allen Dingen in der Welt ist sie dem
Wesenlosen am ähnlichsten, und doch gibt es nichts, das so mächtig
eingreift in alles Wesen. Die Sonne ist für uns der Inbegriff des
Schönen, des Großen, des Heitern, des Beglückenden. Man redet von der
Sonne unseres Glückes, die aufgeht, und die auch wieder untergehen
kann, doch immer die Hoffnung in uns zurückläßt, daß sie abermals
aufgehen wird. Es gibt Menschen, die rings um sich nur Sonnenschein
verbreiten, und die lieben wir.

»Geh mir aus der Sonne,« sagte Diogenes zu Alexander, als dieser
Mächtigste ihn aufforderte, sich eine Gunst von ihm zu erbitten. Dem
glücklichen Naturmenschen ging nichts über sein Bad in der Sonne.

Sonnenlicht und Leben sind verschmelzende Begriffe. Wir werden geboren
ans Licht des Tages, und unser Lebenslicht wird einstmals erlöschen.

Und was wissen alle, die diese tausendfältigen Wohltaten der
Sonne genießen, und die wir täglich von ihr sprechen, von diesem
allgewaltigen Himmelswesen? Wenn wir nicht zufällig Astronomen
sind, wohl eigentlich nichts. Das Alltägliche wird uns zu etwas
Selbstverständlichem, über das wir nicht weiter nachdenken. Wir
verbinden überhaupt mit dem Wort »Sonne« gemeinhin gar nicht den
Begriff des Himmelskörpers, sondern meist nur den seiner Wirkungen. Man
sagt: Die Landschaft ist in Sonne getaucht; die Sonne bringt es an den
Tag usw.

Nichts aber sollte doch für den Wißbegierigen näher liegen, als sich
über das Wesen dieser Weltleuchte zu unterrichten, die so unverkennbar
im Mittelpunkte alles Geschehens steht.

Was also ist die Sonne?

Schützen wir unsere Augen vor ihren allzu blendenden Strahlen durch
ein berußtes Glas oder andere entsprechende Mittel, so sehen wir sie
als eine genau kreisrunde Scheibe, deren Durchmesser ungefähr dem des
Mondes gleichkommt. Im Laufe eines Jahres ist ihre scheinbare Größe
periodischen Schwankungen ausgesetzt, die daher kommen, daß unsere
Entfernung von ihr veränderlich ist. Die Erde läuft nämlich nicht
in einem genauen Kreise, sondern in einer Ellipse um die Sonne, so
daß diese sich uns immer zu Jahresanfang um rund ein Sechzigstel des
mittleren Abstandes näher, im Juli um so viel entfernter befindet.
Dementsprechend beträgt der Sonnendurchmesser im Januar 32´ 35´´ und im
Juli 31´ 31´´, im Durchschnitt also 32´ 3´´.[1]

Dies ist der _scheinbare_ Durchmesser, das heißt, der Durchmesser, wie
wir ihn sehen, wie er uns erscheint. Wie groß aber ist die Sonne in
Wirklichkeit? Jeder Gegenstand erscheint um so kleiner, je weiter er
von uns entfernt ist. Wir können deshalb aus seiner scheinbaren Größe
und seiner Entfernung immer seine wahre Größe berechnen. Um also zu
erfahren, wie groß die Sonne ist, müssen wir zuerst wissen, wie weit
sie von uns entfernt steht.

Da wahres Wissen immer nur auf Erkenntnis beruhen kann, so wollen wir
hier wenigstens versuchen, zu verstehen, wie man solche Entfernungen
mit Sicherheit messen kann, und wie es überhaupt möglich ist, unsere
Meßkette weit über unsern irdischen Wohnsitz hinweg in den Weltraum
hinausgreifen zu lassen.

Wer geometrische Kenntnisse besitzt, dem scheint die Aufgabe leicht; er
weiß ja, daß er die Entfernung jedes beliebigen, an sich unerreichbaren
Gegenstandes ausmessen kann, wenn dieser nur von zwei verschiedenen
Punkten aus sichtbar ist, deren Entfernung voneinander man auszumessen
vermag. Zwischen jenen beiden Punkten und dem dritten, auszumessenden,
läßt sich dann ein Dreieck konstruieren, in dem die eine Seite zwischen
den zwei Visierpunkten und die beiden Winkel, die die Richtung des
fernen Punktes von jedem der beiden andern angeben, bekannt sind, und
damit zugleich alle andern Teile des Dreiecks, also auch die beiden
andern Seiten, d. h. die Entfernung jenes dritten Punktes von den
Visierpunkten. Geometrisch nicht geschulte Leser können sich die Sache
praktisch veranschaulichen, etwa mit drei Meterstäben, die sie zu
einem Dreieck zusammenlegen. Man wird dabei auch leicht sehen, daß
die Ausmessung um so unsicherer wird, je kleiner das direkt gemessene
Stück, die Basis, gegenüber der zu findenden Entfernung ist. Je weiter
der Gegenstand in die Ferne rückt, desto weniger sind die Richtungen,
die ihn mit den beiden Basisendpunkten verbinden, voneinander
verschieden. Ein Fehler in der Ausmessung der Richtungswinkel bringt
einen um so größeren Fehler im Resultat hervor, je kleiner die Basis im
Vergleich zu der auszumessenden Entfernung ist.

Die Entfernung der Himmelskörper können wir demnach so ausmessen,
daß wir uns auf möglichst weit voneinander entfernte Punkte der Erde
stellen und gleichzeitig von da aus die Lage des Himmelskörpers
bestimmen. Die Verschiedenheit der Richtungen, in denen man dabei den
Körper sieht, heißt die _Parallaxe_, die mit der Entfernung der beiden
Beobachtungsstationen voneinander die des Himmelskörpers ergibt.

Dieser Winkel der Parallaxe ist nun, wie jeder Dreieckskundige weiß,
derselbe Winkel, unter dem eine auf dem entfernten Himmelskörper
stehende Person die Entfernung der beiden irdischen Beobachter
voneinander sehen würde: also die ganze Größe der Erde, falls sich die
Beobachter an den beiden Endpunkten eines Erddurchmessers befanden.
Wir können mithin direkt messen, wie groß oder wie klein im Winkelmaß
unsere Erde von dem betreffenden Himmelskörper aus erscheint, das
heißt, die scheinbare Größe der Erde, von jenem Himmelskörper gesehen,
bestimmen.

[Illustration: Ein Venusdurchgang.]

Bei Anwendung dieser Methode auf die Sonne hat man allerdings nun bald
erkennen müssen, daß jene »_Sonnenparallaxe_« so ungemein klein ist,
daß sie sich gar nicht genau genug direkt ausmessen ließe. Man mußte
zu dieser Fundamentalgröße durch Umwege zu gelangen suchen, deren
eingehendere Beschreibung hier zu weit abführen würde. Nur so viel möge
angedeutet werden: Man konnte theoretisch genau feststellen, wie weit
alle übrigen Planeten, die um die Sonne laufen, von ihr abstehen, wenn
man die vorläufig noch unbekannte Entfernung der Erde von ihr gleich
eins setzt. Man kann zum Beispiel aus der beobachteten Umlaufszeit
der Venus um die Sonne berechnen, daß ihre mittlere Entfernung vom
Mittelpunkte des Sonnensystems ganz genau gleich 0,7233322 Teilen der
Erdentfernung von der Sonne ist. Wenn man nun die wirkliche Entfernung
der Venus von der Sonne oder von uns ausmessen kann, so ist damit
offenbar auch die Sonnenentfernung von uns bekannt. Da die Venus aber
bei ihrem Umlauf je einmal zwischen Erde und Sonne vorbeigehen muß, so
ist dann ihre Entfernung nur 1 – 0,7233... oder 0,2767 Teile von der
Sonnenentfernung: Die Parallaxe der Venus ist dann, weil sie so viel
näher steht, beinahe viermal größer als die der Sonne und kann also
auch um mindestens ebensoviel leichter und genauer gemessen werden.
Nun ist freilich unter gewöhnlichen Umständen die Venus überhaupt
nicht zu sehen, wenn sie zwischen uns und der Sonne vorbeigeht. Da
sie ihr Licht ja allein von der Sonne erhält, so wendet sie uns
in jener Stellung ihre Nachtseite zu, die infolge der allgemeinen
Helligkeit der Atmosphäre in der Sonnennähe völlig verschwindet. Nur
in seltenen Fällen, im Jahrhundert durchschnittlich zweimal, kommt
sie so genau zwischen Erde und Sonne vorüber, daß wir sie als scharf
begrenzte kleine schwarze Scheibe über die strahlende Sonnenscheibe
hinziehen sehen. Es findet dann ein »_Venusdurchgang_« statt. Die Sehne
nun, welche die Venus dabei über die Sonnenscheibe hin beschreibt,
wird offenbar verschieden lang sein, je nach der Richtung, aus der
wir den Vorgang beobachten. Für einen Beobachter auf der südlichen
Halbkugel ~b~ in unserer Zeichnung muß die Venus bei ~c~ nördlicher
über die Sonnenscheibe hinziehen, als für einen bei uns etwa in ~a~
aufgestellten Beobachter. Diese Verschiebung für verschiedene irdische
Standpunkte gibt aber offenbar die gesuchte Parallaxe. Um sie zu
bestimmen, braucht man, wie schon _Halley_ im 17. Jahrhundert erkannt
hatte, nur die Ein- und Austritte der Venus am Sonnenrande und dadurch
die Zeitdauer zu bestimmen, während deren der Planet vor der Sonne
verweilte, woraus sich dann die Länge der Sehne berechnen läßt. Die
verschiedene Länge der an den einzelnen Beobachtungsstationen auf diese
Weise beobachteten Sehnen _~ef~_ und _~gh~_ gibt dann ihre verschiedene
Lage auf der Sonnenscheibe an und dadurch auch die parallaktische
Verschiebung. Diese Methode der Venusdurchgänge erschien deshalb ganz
besonders vorteilhaft, solange man sich noch nicht genügend auf die
Sicherheit und Genauigkeit der eigentlichen Winkelmeßinstrumente
verlassen konnte, die heute einen ganz erstaunlichen Grad von Präzision
gewonnen haben. Es ist daher begreiflich, welch bedeutenden Wert man
noch im vergangenen Jahrhundert den Venusdurchgängen von 1874 und 1882
beimaß, zu deren Beobachtung alle zivilisierten Nationen kostspielige
Expeditionen in ferne Länder sandten, um so mehr, als unser Jahrhundert
überhaupt keine Gelegenheit bietet, das interessante Phänomen zu
beobachten. Der nächste Venusdurchgang findet erst wieder am 8. Juni
2004 gegen 10 Uhr morgens nach mitteleuropäischer Zeit statt.

Inzwischen sind aber vorteilhaftere Mittel gefunden worden, den
Fundamentalwert der Sonnenparallaxe bis zur letzten Genauigkeit zu
bestimmen. Namentlich der 1898 entdeckte kleine Planet _Eros_ bot eine
solche Gelegenheit, weil er sich der Erde mehr nähert als irgendein
anderes Mitglied des Sonnensystems, den Erdenmond ausgenommen, der
für den ins Auge gefaßten Zweck jedoch unbrauchbar ist. Da der Eros
lange Zeit hindurch fortwährend am Nachthimmel steht, so kann man ihn
unausgesetzt auf weit voneinander abgelegenen Sternwarten beobachten
und seine Entfernung von uns dadurch viel genauer bestimmen, als die
eines andern Himmelskörpers. Durch sie ist dann zugleich auch die
Sonnenentfernung bekannt.

Aus all den viele Jahre fortgesetzten Messungen ergab sich als
gegenwärtig wahrscheinlichster Wert der Sonnenparallaxe der kleine
Winkel von 8,80 Bogensekunden, der bis auf die Hundertstelsekunde
genau sein wird. Die Tausendstelsekunden würde man dagegen noch nicht
verbürgen können. Man darf es nun nicht für Haarspalterei und für
eine unnötig pedantische Forderung halten, einen Winkel bis zu einer
so geringen Größe genau zu bestimmen und darauf jahrelange Arbeit zu
verwenden. Es ist wohl zu bedenken, daß dieser kleine Winkel sehr
große Entfernungen bedingt. Es ergibt sich aus ihm, daß die Sonne
von uns 149500000 Kilometer im Durchschnitt entfernt ist. Der 880ste
Teil hiervon, der einer Hundertstelsekunde bei der Sonnenparallaxe
entspricht, ist 170000 Kilometer oder etwa das Dreizehnfache des
Erddurchmessers, und fast um diesen Betrag bleibt die Sonnenentfernung
also immer noch unsicher bestimmt.

Jener Winkel von 8,80 Bogensekunden drückt nun, wie bereits gesagt,
zugleich auch aus, wie groß die Erde, von der Sonne gesehen, erscheinen
würde. Ihr Halbmesser hat in Sonnenentfernung diesen Winkel. Da nun
die Sonne selbst aus derselben Entfernung unter einem Winkel erscheint,
den ich vorhin schon angegeben habe, so ist klar, daß die Sonne um
ebensoviel größer sein muß wie die Erde, als jener Winkel von 8,80
Bogensekunden im Halbmesser der Sonne enthalten ist. Das einfache
Divisionsexempel ergibt, daß der Durchmesser unseres Zentralgestirns
109mal größer ist als der der Erde. Da der Durchmesser der Erde wegen
ihrer Abplattung in verschiedenen Richtungen verschieden ist, so müssen
wir weiter präzisieren, daß für die Erde der größte Durchmesser, also
im Äquator, gemeint ist, und man sagt deshalb, daß jener Winkel von
8,80 Bogensekunden die »Horizontal-Äquatorial-Parallaxe« der Sonne ist.
Da der äquatoriale Durchmesser der Erde 12755 Kilometer beträgt, so
erhalten wir also für den Durchmesser der Sonne 1390300 Kilometer.

Welch ein ungeheurer Feuerball! Hundertundneun solcher Himmelskörper
wie unsere Erde müßten wir aneinanderreihen, um zwei entgegengesetzte
Punkte der Oberfläche des Sonnenballes über seinen Mittelpunkt hinweg
zu verbinden. Stellte man die Erde in diesen Mittelpunkt (die Sonne als
Hohlkugel angenommen), so könnte der Mond seinen Planeten nicht nur wie
jetzt umkreisen, sondern es würde zwischen ihm und der Sonnenoberfläche
noch ebensoviel Raum bleiben, wie die Entfernung des Mondes von der
Erde beträgt. Die Oberfläche der Sonne ist 109mal 109 oder rund
12000mal größer als die der Erde. Die ganze Erdoberfläche würde auf der
Sonne im Verhältnis nicht größer sein als die Provinz Brandenburg auf
der Erde.

Der Rauminhalt zweier Kugeln verhält sich wie die dreimal miteinander
multiplizierten Durchmesser. Wir finden also, daß im Innern der Sonne
über 1300000 Erdkugeln stecken könnten. Unser Planet verschwindet
geradezu in der Sonne. Wir können es wohl begreifen, wie sie die
Vorherrschaft auch über alle übrigen Planeten für sich in Anspruch
nimmt.

Freilich kann sie diese Vorherrschaft nur vermöge ihres wirklichen
Übergewichts an Masse üben, das nicht ganz so bedeutend ist. Wir sind
imstande, die Sonne auf die Wagschale zu legen und zu bestimmen,
wieviel sie schwerer ist als die Erde, und man kann also schließlich
auch ihr Gewicht in Kilogrammen angeben, weil wir ja das der Erde
kennen. Diese Wage der Himmelskörper ist die Anziehungskraft, die
sie aufeinander ausüben. Es fand sich, daß man aus der Sonnenmasse
324400 Weltkörper vom Gewicht unserer Erde formen könnte. Diese Zahl
ist also etwa viermal kleiner als das Verhältnis des Volumens der
beiden Weltkörper, das ich vorhin angab. Die Masse der Sonne nimmt
einen viermal größeren Raum ein als die gleichschwere Erdmasse, sie
ist viermal lockerer verteilt und deshalb durchschnittlich nicht viel
dichter als Wasser unter normalen irdischen Verhältnissen.

Welche ungeheure Kraft von dieser Sonnenmasse ausstrahlt, davon kann
man sich keine Vorstellung machen. Wir können sie nur ziffermäßig
angeben und in Vergleich stellen. Was wir auf der Erde von ihrer
strahlenden Kraft verspüren, ist ja wieder nur ein verschwindender Teil
ihrer Gesamtkraft. Wissen wir doch schon, daß unser Planet, von der
Sonne gesehen, nur als ein Scheibchen von 17,6´´ Durchmesser erscheint,
das ist kleiner, als die übrigen Planeten für uns meistens erscheinen.
Die Sonne strahlt nun ihre Kraft rings über das ganze Himmelsgewölbe
hin, und uns kommt deshalb nur _der_ Teil davon zugute, den die
Erdscheibe von der ganzen Fläche des Himmelsgewölbes ausmacht. Wir
finden so, daß nur der 2735millionste Teil der wirklichen strahlenden
Kraft der Sonne all jene unermeßlich großen und vielartigen Wirkungen
auf unserer Erdenwelt hervorbringt, denen unsere gesamte lebendige
Natur ihr Dasein verdankt. Mit diesen Wirkungen der Sonnenkraft auf der
Erde wollen wir uns zunächst noch ein wenig eingehender ziffermäßig
beschäftigen.

Ihre augenfälligste Wirkung ist die des Lichtes. Wie hell ist die
Sonne? Wir vergleichen ihr Licht mit dem einer sogenannten Normalkerze
(Hefner-Lampe), die wir in einem Meter Entfernung aufstellen. Wir
finden dann, daß erst 100000 solcher Kerzen ein weißes Stück Papier
ebenso hell beleuchten wie der Sonnenschein. Die betreffenden
Beobachtungen wurden von _Fabri_ in Marseille ausgeführt und gelten für
den Meereshorizont und die Zenitstellung der Sonne in ihrer mittleren
Entfernung von uns. Dies ist wichtig, weil von der Sonnenstrahlung
beim Durchdringen unserer Atmosphäre ein sehr beträchtlicher Teil
verloren geht; wieviel, läßt sich schwer genau angeben, da wir den
Zustand der obersten Luftschichten und deren wahre Höhe nicht kennen.
Aus der Zunahme der Sonnenstrahlung auf hohen Bergen kann man indes
schließen, daß mindestens die Hälfte davon in der Atmosphäre verloren
geht, und aus anderen Untersuchungen geht hervor, daß das Sonnenlicht
in Wirklichkeit die Kraft von etwa 288000 Kerzen besitzt, wohl
gemerkt, diese letzteren müssen in einem Meter Entfernung stehen,
während die Sonne 149 Millionen Kilometer von dem Schirm entfernt ist,
den sie trotzdem gleich stark beleuchtet. Am Grunde der Atmosphäre
übt jeder Quadratmillimeter der Sonnenoberfläche, die wir als
Leuchtkörper betrachten, eine Leuchtkraft von 1800 Kerzen aus, während
beispielsweise dieselbe Fläche der doch so intensiv strahlenden Kohle
einer elektrischen Bogenlampe nur gegen 200 Kerzen Lichtstärke besitzt.
Wir haben ja auch alle schon gesehen, wenn einmal eine Bogenlampe im
hellen Sonnenschein brannte, wie sie geradezu zum Nachtlichtchen wurde,
ohne alle Kraft.

Welche enorme Hitze muß die Sonne besitzen, um in so intensiver
Weißglut dieses Licht ausstrahlen zu können! Man vermag natürlich auch
die Wärmestrahlung der Sonne zu messen, aber diese Beobachtungen sind
noch mehr Fehlerquellen ausgesetzt als die Messung ihrer Leuchtkraft,
weil die Atmosphäre noch in viel unkontrollierbarerer Weise Wärme
verschluckt als Licht. Der wechselnde Feuchtigkeitsgehalt spielt
dabei namentlich eine große Rolle. Die direkte Wärmestrahlung ist
natürlich etwas ganz anderes als die Lufttemperatur. So muß zum
Beispiel die Sonne während unseres Winters uns mehr Wärme zustrahlen
als im Sommer, weil sie uns dann, wie ich schon weiter oben (S. 7)
erklärte, näher steht. Man bestimmte früher diese Wärmeeinstrahlung,
indem man beobachtete, um wieviel in einer bestimmten Zeit die Angaben
eines schwarz berußten und den direkten Sonnenstrahlen ausgesetzten
Thermometers stiegen. Eine schwarze Fläche, ein sogenannter vollkommen
schwarzer Körper, nimmt nämlich alle Wärmestrahlen in sich auf, strahlt
keine davon wieder zurück, wie alle andern. In neuerer Zeit hat man
indes viel feinere Methoden gefunden, um jene uns beständig von dem
gewaltigen Zentralherde zuströmende Wärmemenge zu bestimmen. Von ganz
wunderbarer Empfindlichkeit ist in dieser Hinsicht das Bolometer, ein
Instrument, durch das die Wärme auf sehr schwache elektrische Ströme
einwirkt, deren Schwankungen man mißt. Dies ist mit einer Genauigkeit
möglich, daß selbst eine Wärmeschwankung von nur dem hundertmillionsten
Teil eines Zentigrades dem Beobachter nicht mehr entgeht. Mit diesem
Instrumente hat namentlich der amerikanische Astrophysiker _Langley_
jahrelange Beobachtungsreihen zum Teil auf hohen Bergen angestellt, die
von epochemachender Bedeutung wurden.

Aus allen betreffenden Untersuchungen schließt _Scheiner_ in Potsdam,
daß an der Grenze unserer Atmosphäre die Sonne einer Fläche von einem
Quadratmeter in jeder Minute 4, unter Umständen auch bis 6 sogenannte
Wärmeeinheiten oder Kalorien zuströmt. Eine solche bezeichnet die
Wärmemenge, die erforderlich ist, um ein Gramm Wasser einen Zentigrad
wärmer zu machen. Jene die Wärmestrahlung der Sonne ausdrückende Zahl
heißt die _Solarkonstante_. Da nun auch die Wärmestrahlung ganz ebenso
wie das Licht im Quadrat der Entfernung abnimmt, so kann man aus dieser
Zahl die wirkliche Temperatur der Sonnenoberfläche ableiten und findet
dafür etwa 7000 Zentigrade. Dies ist etwas mehr als noch einmal so
heiß wie die Kohlenspitzen einer Bogenlampe sind. Wir kommen hier also
nicht zu gar so übermäßigen Zahlen, wie man sie früher unter falschen
Voraussetzungen gefunden hatte, als man der Sonne noch bis zu 10
Millionen Grad Hitze zuschrieb. Es ist nicht unmöglich, daß einstmals
unsere Technik imstande sein wird, die Hitze der Sonnenoberfläche
künstlich zu erzeugen, um dann experimentell genauer zu prüfen, in
welchen physischen Zuständen die uns bekannten Stoffe sich dort
befinden.

Aber ganz gewaltig sind doch die Kraftmengen, die durch diese
Wärmestrahlung der Erde zuströmen. Nach Scheiner strahlt die Sonne
jährlich eine Wärmemenge aus, die sich in Kalorien durch eine Zahl
ausdrückt, welche mit 58 beginnt und 33stellig ist. Der Erde kommt
davon nur etwa der 2000millionste Teil zu, wie wir schon wissen, das
macht immer noch etwa 96000 Billionen Kalorien. Man kann sich nun
diese Wärme in Arbeitsleistung umgesetzt denken, z. B. als ob man
Dampfmaschinen damit heizte und dann arbeiten ließe. Die moderne
Wärmelehre zeigt dann, daß eine solche Kalorie imstande ist, das
Gewicht von einem Gramm um 428 Meter zu heben. Danach finden wir
als gesamte Arbeitsleistung der Sonne auf der Erde, durch ihre
Wärmestrahlung, daß sie in jeder Sekunde 32600 Millionen Tonnen zu je
1000 Kilo um einen Kilometer heben könnte.

Mit dieser ungeheuren Kraft bewegt die Sonne zunächst die
atmosphärische Maschine und hebt damit, wie wir täglich vor Augen
sehen, ganz gewaltige Lasten bis zu den Wolken hinauf, nämlich
das verdunstende Wasser. Aus den meteorologischen Beobachtungen
allein folgt, daß jährlich etwa 660 Billionen Kubikmeter Wasser,
von denen jedes das Gewicht einer Tonne hat, nicht nur zur Höhe der
Wolken emporgehoben, sondern auch noch vom Äquator nach den Polen
transportiert werden. Die wieder herabstürzenden Wassermassen arbeiten
beständig an der Ausgestaltung der Erdoberfläche, indem sie die
Gebirge abtragen und die Meere wieder ausfüllen mit dem in die Tiefe
beförderten Erdreich, und alle diese Arbeit verrichtet ausschließlich
die Sonne. Nur einen ganz kleinen Bruchteil dieser Kraftfülle benutzen
wir, indem wir zum Beispiel vom Niagara, der rechnungsmäßig eine Kraft
von 17 Millionen Pferdestärken in der Sekunde entwickelt, verschwindend
kleine Wassersträhne abzweigen, deren Fallkraft genügt, ganze Städte
mit elektrischem Licht zu versehen. Aber der Niagara ist noch lange
nicht der größte unter allen Strömen, die nur durch die Kraft der Sonne
ihre ungeheuren Wassermassen aus dem Innern der Kontinente auf Tausende
von Kilometern hin bis ins Meer befördern.

Nicht nur die große atmosphärische Maschine bewegt die Sonne, sie
greift überall in die mikroskopisch kleinsten Maschinen der Organismen
ein und verrichtet dort wahrhafte Wundertaten. Ohne Sonnenlicht
und Sonnenwärme könnte keine Pflanze gedeihen. Die Sonne gibt uns
unser täglich Brot und noch vieles Schöne und Köstliche dazu. Die
Sonne reinigt die veratmete Luft in diesen molekularen Maschinen der
Pflanzenzellen auf immer noch gänzlich rätselhafte Weise, indem die
grünen Blätter die aus unsern Lungen kommende Kohlensäure einatmen
und daraus den Sauerstoff, unsere Lebensluft, abtrennen und uns
zurückgeben. Welch unermeßliche Arbeit leistet die Sonne auf diese
Weise rings um die Erde herum, indem sie ihr den wundervollen grünen
Teppich wirkt!

Nur jener Teil der Sonnenkraft, der im Getriebe der Natur unbenutzt
abfällt, würde allein genügen, um der Menschheit alle Last der
körperlichen Arbeit von den Schultern zu nehmen, wenn unsere Technik
bereits entsprechend ausgebildet wäre, wie es zweifellos einmal
geschehen muß, wenn die Vorräte uralter Sonnenkraft, die noch in den
Steinkohlenlagern schlummern, verbraucht sein werden. Im kleinen hat
man mit dieser Ausnützung schon begonnen. Man treibt bereits heute
Dampfmaschinen durch die Sonne in Gegenden, die sehr wasserarm sind, wo
man also die Sonnenkraft durch die billige Vermittlung der Kraft des
fließenden Wassers nicht ausnützen kann, und wo die Herbeischaffung
von Brennmaterial besonders schwierig ist, wie zum Beispiel in den
weiten Wüstengebieten Südkaliforniens, in denen vielversprechende
Bergwerksunternehmungen entstanden sind. Es wird von einer solchen
Maschine berichtet, die, solange die Sonne scheint, beständig die
Arbeit von zehn Pferdekräften leistet und in der Minute 6000 Liter
Wasser zu Bewässerungszwecken aus der Erde hebt. Die Sonnenkraft wird
hier durch einen sehr primitiven Hohlspiegel verdichtet, der aus
etwa 1800 kleinen ebenen Spiegelstückchen zusammengesetzt ist und
einen Durchmesser von zehn Metern besitzt. Also gerade hier in diesen
Wüstengegenden, wo die Sonnenstrahlung alles Wasser verschluckt hat, so
daß die Regungen der lebendigen Natur aufzuhören beginnen, hier zwingt
der Mensch dieselbe Kraft wieder in ihre sonst geübte heilsame Wirkung
zurück, mit der die Sonne den Kreislauf des Wassers reguliert: man läßt
sie Wasser schöpfen, wie sie es im großen über den Meeren tut, um es
aus den Wolken über die Erdoberfläche erquickend zu verteilen.

Um jene vorhin erwähnte Arbeit von zehn Pferdekräften zu leisten, wird
einem Oberflächenstück von zehn Metern Durchmesser die Sonnenwärme
entzogen. Welche ungeheuren Mengen von Arbeit verschluckt der
Wüstensand der Sahara, den die Sonne glühend heiß macht! Würde nur der
dreitausendste Teil der Sahara mit Spiegeln und Maschinen, wie die oben
beschriebenen, besetzt, so lieferten sie schon ebensoviel Kraft, wie
der ganze Niagara.

Woher nimmt die Sonne alle diese Kraft, die sie seit Jahrmillionen
rings in das Weltall hinaussendet? Muß sie nicht einstmals versiegen?
Es wäre der Weltuntergang für uns. Schon, wenn ihre Strahlenfülle nur
ganz vorübergehend auf einige Minuten von uns abgehalten wird, bei
totalen Finsternissen, stocken die Pulse der Natur.

Eine Sonnenfinsternis entsteht bekanntlich dadurch, daß der Mond vor
das Tagesgestirn tritt und seine Strahlen abhält. Da der scheinbare
Durchmesser des Mondes ungefähr gleich dem der Sonne ist, so kann
er diese zuweilen für uns vollkommen verdecken; aber das geschieht
nicht jedesmal, wenn er in seinem monatlichen Laufe zwischen Erde
und Sonne tritt, weil die Bahnen beider Himmelskörper nicht genau in
derselben Ebene liegen. Für gewöhnlich geht zu dieser Neumondszeit
unser Begleiter unter oder über der Sonne vorbei, und nur etwa alle
Halbjahre tritt er dabei so zwischen die beiden Himmelskörper, daß es
je 1--3 Finsternisse gibt; verdeckt uns der Mond die Sonne, so haben
wir eine totale oder partielle Sonnenfinsternis. Die Zeichnung auf
Seite 17 mag dies veranschaulichen. Auf dem Gebiet von ~a~ bis ~d~
und von ~b~ bis ~e~ verdeckt nur ein Teil des Mondes die Sonne; hier
ist die Finsternis nur partiell. Sie bietet dem Laienauge nichts
Besonderes. In den meisten Fällen würde sie unbemerkt vorübergehen,
denn man kann ja die Sonne selbst nicht ansehen. Nur wenn man durch
die rechnenden Astronomen vorher aufmerksam gemacht, die Sonne bei
solchen Gelegenheiten durch ein berußtes Glas, das die allzu blendenden
Strahlen abhält, betrachtet, sieht man, daß sich in der Sonnenscheibe
ein kreisförmiger Ausschnitt befindet, der sich langsam von rechts nach
links bis zu einer gewissen Grenze weiter herbewegt, um sich auf der
andern Seite dann wieder hinauszuschieben. Besondere Phänomene treten
dabei nicht auf. Der verdeckte Teil der Sonnenscheibe vermindert die
allgemeine Helligkeit der Landschaft nicht. Auch wenn der Mond genau
vor die Sonne tritt, sein Durchmesser aber kleiner ist als der der
Sonne, ändert sich das Bild noch nicht sehr wesentlich: Es entsteht
dann eine _ringförmige Finsternis_. Um den dunklen Mond herum schlingt
sich ein leuchtender Ring, der immer noch Kraft genug besitzt, um die
Erde fast wie sonst sonnenhell zu beleuchten. Auch dauert diese Phase
der Ringförmigkeit immer nur wenige Minuten.

[Illustration: Partielle und totale Sonnenfinsternis.]

Die scheinbaren Durchmesser von Sonne und Mond sind nun aber
veränderlich wegen der wechselnden Entfernungen der beiden Gestirne
von uns. Der Mond kann deshalb die Sonne auch völlig verdecken; dann
tritt eine _totale Finsternis_ ein. Auf der Zeichnung findet dies auf
dem Gebiet von ~a~ bis ~b~ statt. Während die Dauer der partiellen
Verfinsterung sich über zwei Stunden hinziehen kann, währt die
eigentliche totale Verfinsterung nur höchstens acht Minuten, in den
meisten Fällen aber viel weniger.

Während dieser kurzen Minuten vollzieht sich nun ein vollkommener
Wandel des Naturbildes, der auch auf die naivsten Naturmenschen, ja
selbst auf die Tiere einen tiefen Eindruck macht. Die Sonne selbst
steht plötzlich als schwarze Scheibe am Himmel, umgeben von einem
eigentümlichen Schein, der in silberglänzenden, unregelmäßigen
Strahlenbündeln in den fahlgrauen Himmel hinausreicht. Dieser Schein
ist die sogenannte Korona, sie ist keine bloß optische Wirkung, sondern
etwas Tatsächliches, das uns noch eingehender beschäftigen wird. Der
Himmel wird so dunkel, daß die helleren Sterne sichtbar werden, wie in
der ersten Dämmerung nach Sonnenuntergang. Aber die allgemeine Stimmung
ist vielmehr die eines plötzlich aufziehenden Gewitters. Am Horizonte
geht die graue Färbung des Himmels in ein düsteres Violett-Rot
über, das sich als langer Streifen hinzieht und von dem Teile der
Atmosphäre herrührt, der noch nicht oder nicht mehr vom Mondschatten
getroffen wird. Im Augenblicke des Eintritts der Totalität sieht man
seltsame, sich schlängelnde fliegende Schatten über die Landschaft
dahineilen, deren Ursprung noch nicht sicher erkannt ist, die aber
wohl von eigentümlichen abnormen Brechungen des Lichtes in unserer
Atmosphäre herrühren, ähnlich den Schlierenbildungen in ungleich
dichtem Glase. Ein »Finsterniswind« geht meist dem Mondschatten auf
seinem Wege über die Erdoberfläche hin voran; die Temperatur sinkt oft
um 2 bis 3 Zentigrad. Kein Wunder, daß auch die lebendige Natur auf
diese plötzliche Veränderung der Verhältnisse reagiert. Man sieht die
Vögel erschreckt auffliegen; der über sie hinsausende Schatten hat
ihnen diesen Schrecken eingejagt, vermutlich, weil sie ihn auf einen
herannahenden Feind beziehen. Man kann ein bezügliches Experiment
leicht an Fliegen machen, die im Sonnenschein still an der Wand sitzen.
Sobald man, etwa durch die Hand, aus beliebiger Entfernung einen
Schatten über sie hinstreichen läßt, fliegen sie davon. Dann beobachtet
man bei der Totalität, daß Hühner und andere Tiere ihre Nachtquartiere
aufsuchen oder sich verstecken, und Blumen sieht man ihre Kelche
schließen. Alles dies ist ganz erklärlich, obgleich man es früher
geheimnisvollen Einflüssen zuschreiben wollte. Während einer solchen
Finsternis sollte ein giftiger Hauch über die Erde hinstreichen,
vor dem sich die Tiere und auch die Pflanzen zu schützen suchten.
Daß selbst den Menschen, der die Ursache der Erscheinung kennt und
sie deshalb nicht zu fürchten braucht, ein Gefühl der Beklommenheit
beschleicht, ist auch ganz begreiflich. Ist es doch, als ob ein
plötzlicher Riß durch die ganze Natur ginge. In keinem Augenblicke
empfindet man mehr und gewissermaßen instinktiv, wie sehr man von
dieser gewaltigen Weltleuchte abhängig ist, die sich da plötzlich
verfinstert, wie ersterbend an einem bleischweren Himmel hängt, als
wolle sie den Weltuntergang ankündigen.

Deshalb gehörten die Finsternisse, die doch in Wirklichkeit niemals
Schaden anrichteten, dennoch bei allen Völkern zu den am meisten
gefürchteten Naturerscheinungen. Man stellte sich vor, daß ein
unsichtbarer Drache an dem strahlenden Gestirn nage, um es nach und
nach ganz zu verschlingen. So glaubten zum Beispiel die alten Chinesen,
und da man diesem Drachen -- dem bösen Prinzip im Gegensatze zu dem
in der Sonne verkörperten guten -- nicht anders beikommen konnte, so
begann man einen Höllenlärm zu schlagen, vor dem sich der Drache so
fürchtete, daß er die schon verschlungene Sonne ebenso stückweise
wieder von sich gab, wie er sie sich einverleibt hatte. Bei Gelegenheit
der Finsternisse fanden deshalb ganz besondere Zeremonien statt, an
denen selbst der Kaiser teilnahm. Es war also von großer Wichtigkeit,
diese Ereignisse voraussagen zu können, was nach gewissen Erfahrungen
über ihre Periodizität auch schon sehr früh gelang. So gaben diese
Erscheinungen an der Sonne den ersten Anstoß zu einer rechnenden,
theoretischen Astronomie. Es wurden Staatsastronomen angestellt, welche
die Aufgabe hatten, den Kalender zu machen und darin die Daten der
Finsternisse vorher anzugeben. Sie wurden schon im 3. Jahrtausend vor
unserer Zeitrechnung auf das schärfste, meist mit dem Tode bestraft,
wenn sie eine Finsternis nicht vorhergesagt hatten. Berühmt ist in
dieser Hinsicht die Sonnenfinsternis, die nach den Untersuchungen
Theodor _v. Oppolzers_ am 22. Oktober 2137 v. Chr. stattfand. Von
ihr wird berichtet, daß die Hofastronomen Hi und Ho sich damals im
Amte befanden, sich aber liederlich in Wein versenkten, so daß die
Finsternis unverkündet eintrat und eine große Unordnung im Volke
hervorrief: »Der Blinde brachte die Trommel zu Ohren, der sparende
Mann lief einher, die gemeinen Menschen liefen«, Hi und Ho aber
hörten und wußten nichts. Sie mußten ihre nachlässigen Häupter dem
Henker überliefern. Diese Sonnenfinsternis ist zugleich das älteste
Himmelsereignis, von dem wir eine sichere Überlieferung besitzen.

Solche Überlieferungen sind von höchstem Wert für die astronomische
Wissenschaft. Totale Sonnenfinsternisse ereignen sich an einem
bestimmten Orte der Erdoberfläche nur sehr selten. Man kann rechnen,
daß innerhalb eines bestimmten engeren Gebiets eine solche Erscheinung
nur etwa alle 200 Jahre einmal eintritt. So ging der Mondschatten über
Norddeutschland zum letztenmal am 19. August 1887 hin, und erst am 7.
Oktober 2135 wird er dort wieder erscheinen. Nahezu über Wien hin geht
eine Totalitätszone erst wieder am 11. August 1999.

[Illustration: Weg des Mondschattenkegels über die Erdoberfläche
während einer totalen Sonnenfinsternis.]

Sonnenfinsternisse an sich sind dagegen auf der Erdoberfläche überhaupt
nicht selten. Es ereignen sich mindestens 2, höchstens 5 im Jahre,
worunter fast immer eine totale. Die Totalität selbst ist aber immer
nur auf einem engen Streifengebiete sichtbar, worüber eben die Spitze
des Mondschattens hinzieht, wie aus beistehender Zeichnung zu ersehen
ist. ~m~, ~n~, ~o~ ist der Weg des Mondschattens über die Erde oder
die Totalitätszone. Man wird auch leicht verstehen, daß der Weg, den
der Mond scheinbar vor der Sonnenscheibe beschreibt, sehr wesentlich
von unserm Standpunkt auf der Erde abhängt. Der Mond steht uns 387mal
näher als die Sonne, das heißt, seine Parallaxe ist auch 387mal größer,
also etwa 57 Bogenminuten. Um das Doppelte dieses Winkels kann sich
also nach unsern Betrachtungen über die Parallaxe der Mond im Maximum
perspektivisch gegen die Sonne verschieben, je nachdem man ihn auf
dem einen oder dem andern Ende eines Erddurchmessers betrachtet. Das
macht beinahe viermal mehr, als der scheinbare Durchmesser dieser
beiden Gestirne selbst beträgt. Deshalb kann an einem Orte der Mond die
Sonne völlig verdecken, während an einem andern, um etwa vierzig bis
fünfzig Breitengrade davon entfernten Orte die beiden Gestirne sich
überhaupt nicht berühren, also nicht einmal eine partielle Finsternis
stattfindet. Man begreift deshalb auch, welche wichtigen Schlüsse
über den Lauf von Sonne und Mond die historische Überlieferung zu
geben imstande ist, die uns von totalen Verfinsterungen der Sonne
erzählt. In der Hauptsache zu dem Zweck, alte Finsternisse leicht
feststellen zu können, hat Theodor v. Oppolzer sein Riesenwerk, den
»Kanon der Finsternisse«, geschaffen, an dem auch der Verfasser mit
noch einer Reihe von andern Kollegen mitgerechnet hat. Das Werk enthält
alle zur Feststellung nötigen Angaben über 8000 Sonnen- und 5200
Mondfinsternisse für die Jahre 1207 v. Chr. bis 2163 n. Chr. Umgekehrt
gewinnt aus solchen Untersuchungen auch die historische Wissenschaft,
indem der Astronom Daten genau festlegen und ganze Zeitepochen an die
rechte Stelle rücken kann, in denen von totalen Sonnenfinsternissen auf
bestimmten Gebieten geredet wird. So konnte zum Beispiel die älteste
chinesische Zeitrechnung mit der unsrigen verbunden werden.[2]

Wir sahen, welchen mächtigen Einfluß auf die gesamte Natur auch nur
das vorübergehende Schwinden der Sonnenstrahlung hervorbrachte, und
fragten uns, ob wohl diese Kraftfülle einmal versiegen könne, da am
Ende doch nichts in der Welt ewig ist. Dies bedingt die weitere Frage,
woher die Sonne all diese Kraft eigentlich nimmt. Wir müssen uns das
Riesengestirn etwas näher ansehen, seine Konstitution und die Vorgänge
auf ihm studieren um auf diese Fragen Antwort geben zu können.

[Illustration: Die Sonne mit Flecken.]

Betrachten wir die Sonne durch ein Fernrohr, oder lassen wir sie ihr
eigenes Bild auf der photographischen Platte entwerfen! Da sehen wir
dann, daß sie, das Symbol der Reinheit, doch selten ganz fleckenlos ist
(s. Abb. oben). Zunächst sehen wir sie überzogen von einer Unzahl von
feinen Poren und Linien, einem Netzwerk, das in beständiger Veränderung
begriffen ist und offenbar gebildet wird durch Wölkchen, die, unsern
Schäfchenwolken (~Cirrus~) ähnlich, sich eng aneinanderdrängen. Das
Ganze nennt man die _Granulation_ der Sonnenoberfläche (s. Abb.
S. 22). Man muß sich aber wohl vorstellen, daß diese »Wölkchen«
durchschnittlich die Ausdehnung eines irdischen Kontinentes besitzen.
Diese wolkenartigen Gebilde grenzen eine bestimmte Atmosphärenschicht
der Sonne ab, die sogen. _Photosphäre_, die eigentliche Lichtspenderin.
Über dieser aber befindet sich noch eine andere Luftschicht, die nur
bei totalen Finsternissen unmittelbar und deutlich gesehen werden kann
und dann einen rosafarbenen Ring um die leuchtende Scheibe bildet, die
_Chromosphäre_. Sie besteht, wie wir gleich noch näher sehen werden,
aus den leichtesten bekannten Gasen, Wasserstoff und Helium. Über
dieser Schicht endlich breitet sich die oben erwähnte Korona.

[Illustration: Granulation der Sonnenoberfläche.

Photographische Aufnahme des Observatoriums von Meudon.]

Diese Sonnen-Schäfchenwolken sind, wie schon gesagt, in fortwährender
Bewegung. Zwei Aufnahmen, zwischen denen nur zehn Minuten liegen, sind
oft schon voneinander verschieden. Man wolle wohl bedenken, wie groß
die Verschiebungen in Kilometern sein müssen, damit wir sie von uns aus
derart erkennen können. Die Sonnenatmosphäre ist in beständiger Unruhe.

[Illustration: Ein normaler Sonnenfleck.

Nach Secchi.]

Am deutlichsten tritt dies durch die _Sonnenflecke_ zutage. An den
Stellen der Photosphäre, wo ein solcher Fleck hervorbrechen will, wird
zunächst oft die Umgebung heller, es entstehen »_Fackeln_«; aber diese
sind durchaus nicht immer die Vorläufer der Flecke, die oft von jenen
umgeben werden. Die Flecke brechen oft sehr schnell hervor, so daß
sie sich in wenigen Tagen völlig entwickeln. Es kann aber auch Wochen
dauern, bis aus kleinen Anfängen schließlich eine ganze Gruppe von
Flecken gebildet wird, die lange Zeit, oft Monate hindurch, auf der
Sonne verweilt, um sich dann erst wieder langsam aufzulösen. Solche
Sonnenflecke können gelegentlich ganz enorme Dimensionen erreichen. So
bedeckte eine Fleckengruppe, die im Februar und März 1905 selbst mit
dem bloßen Auge sichtbar war, ¹/₃₀ der uns zugewandten Sonnenhalbkugel,
das ist ein Gebiet, 200mal größer als die ganze Erdoberfläche.

[Illustration: Sonnenflecke.

Nach dem photogr. Sonnenatlas der Meudoner Sternwarte.]

Ein regelmäßiger Fleck hat eine runde Gestalt; er erscheint in der
Mitte ganz schwarz, was jedoch nur eine Kontrastwirkung ist, denn
man konnte bestimmen, daß dieser Kern immer noch etwa 5000mal heller
strahlt wie eine gleichgroße Fläche des Vollmondes. Den Kern umgibt
in der Regel der Halbschatten, die Penumbra, die oft von einer Menge
strahlenförmig nach der Mitte verlaufender Streifen durchzogen
ist. Der ganze Fleck gewinnt dann eine gewisse äußere Ähnlichkeit
mit einem Explosionskrater. Aber doch nur selten zeigen die Flecke
eine so regelmäßige Gestalt. Oft sehen wir, wie die Materie der
Sonnenoberfläche wild durcheinander gewirbelt worden ist, und eine
drehende Bewegung ist dabei gelegentlich nicht zu verkennen. Schon der
bloße Anblick des Verlaufs der Erscheinung legt die Vermutung nahe, daß
man es hier mit ungeheuren Wirbelstürmen zu tun habe, ihrer Entstehung
nach nicht unähnlich den irdischen Zyklonen. In einzelnen Fällen, wenn
man einen deutlich ausgebildeten Fleck bis an den Sonnenrand verfolgen
konnte, sah man, daß es Vertiefungen in der Photosphäre waren, riesige
Trichterschlünde, wie sie ja auch die Wolken in unseren Zyklonen
bilden. Aber in andern Fällen konnten Flecke auch in so günstiger Lage
nicht als Vertiefungen erkannt werden.

Vermutlich brechen aus diesen von strahlender Luft gebildeten Kratern
jene ungeheuren rötlichen Flammenzungen hervor, die man früher nur
als _Protuberanzen_ am Sonnenrande sehen konnte, wenn bei totalen
Verfinsterungen die übrige Helligkeit der Sonne abgedeckt war. Heute
hat man mit Hilfe des Spektroskops eine Methode gefunden, durch die man
jederzeit diese gewaltigen Eruptionen am Sonnenrande verfolgen kann.
Auf der Sonnenscheibe selbst sind sie zwar nicht mehr als solche zu
erkennen, aber es wird vermutet, daß die oben erwähnten Fackeln mit
jenen Protuberanzen identisch sind. Man sieht den ganzen Sonnenrand
über weite Gebiete hinweg mit feinen roten Flämmchen besetzt.
Jedenfalls haben wir es in den Flecken, Fackeln und Protuberanzen
mit Begleiterscheinungen ungeheurer Eruptionen zu tun, die bald in
dieser, bald in jener Form auftreten, so daß oft wohl alle drei
Erscheinungsformen miteinander in direkter Verbindung stehen mögen,
ohne daß dies so sein müßte.

Völlig aufgeklärt ist es zwar noch nicht, was wir eigentlich in den
Protuberanzen vor uns haben, und ob es wirklich immer Eruptionen
aus dem Innern des Sonnenballes sind. Einzelne dieser Erscheinungen
erweisen sich dazu trotz des größeren Maßstabes, den man an die
Sonne zu legen hat, doch als gar zu gewaltig. So hat Pater Fenyi
solche Flammenzungen bis zu mehr als einem Drittel des ganzen
Sonnendurchmessers oder 500000 Kilometern, das ist 40mal mehr als unser
ganzer Planet von Pol zu Pol mißt, emporschlagen sehen, und zwar mit
einer so rasenden Geschwindigkeit, bis zu mehr als 300 Kilometern in
der Sekunde, daß man wirklich kaum entsprechend gewaltige Spannkräfte
im Sonneninnern voraussetzen kann. Man hat an optische oder elektrische
Erscheinungen gedacht, weil auch viele Protuberanzen lange Zeit
ziemlich unverändert sich schwebend erhalten. Die Substanzen, die
dort scheinbar ausgeschleudert werden, sind meistens Wasserstoff
und Helium, die beiden Gase, die die Chromosphäre bilden, welche
von den Protuberanzen durchbrochen wird. Nach dieser Ansicht sind
nun diese Gase schon immer an jenen Stellen gewesen, nur in einem
andern Dichtigkeitsverhältnis wie die Umgebung. Sie besitzen deshalb
verschiedenes Brechungs- und Leitungsvermögen. Bei der Bildung eines
Sonnenfleckes müssen sich dann Licht- oder elektrische Wirkungen in den
ungleich dichten Medien auch ungleich verbreiten und deshalb dieses
Emporschlagen gewissermaßen nur vorspiegeln. Auch ist es möglich, daß
man es mit Explosionen zu tun hat, das heißt mit plötzlich durch die
Vorgänge bei der Bildung eines Fleckes nur ausgelösten chemischen
Verbindungen, die sich in den oberhalb schon vorhandenen Gasen so
schnell verbreiten. Jedenfalls sehen wir, daß die Umwälzungen, die zu
so ausgedehnten Gleichgewichtsstörungen führen, ganz gewaltiger Art
sein müssen, wenn uns auch ihre eigentliche Natur noch nicht bekannt
ist.

Zum näheren Verständnis dieser Vorgänge müssen wir die eigentümliche
Periodizität aller dieser Erscheinungen, die sich auch in einer ganzen
Reihe von Vorgängen auf der Erde widerspiegeln, ins Auge fassen.

Die Sonne ist nicht zu allen Zeiten durchschnittlich gleich stark mit
Flecken besetzt. Es gibt Jahre, in denen sie wirklich als Sinnbild
der Makellosigkeit gelten kann, in andern Jahren dagegen bricht
ein Fleck nach dem andern auf, und die ganze Sonnenoberfläche zeigt
dann eine besondere Unruhe. Aus Aufzeichnungen, die bis in die Zeit
der ersten Anwendung des Fernrohrs auf die Himmelsbeobachtung (1610)
zurückreichen, fand _Rudolf Wolf_ in Zürich, daß immer nach 11,11
(11¹/₉) Jahren ganz besonders viele Sonnenflecke auftreten, freilich
so, daß das Maximum auch einmal selbst bis zu zwei Jahren früher
oder später eintreten kann. Von einer astronomischen Genauigkeit
ist hier also keine Rede. Charakteristisch ist es ferner für die
Fleckentätigkeit, daß die Zeit vom Minimum zum Maximum deutlich
kürzer ist als zurück vom Maximum zur größten Fleckenreinheit. Die
erstere Zeit beträgt etwa 5,1, die andere 6,0 Jahre (nach den von
_Wolfer_ revidierten Wolfschen Untersuchungen der Sonnentätigkeit von
1610--1874). Diese Ungleichheit entspricht der allgemein auftretenden
Erscheinung, daß eine Störung immer schneller hereinbricht, als sie
wieder zu beseitigen ist.

Parallel mit diesen Schwankungen der Sonnentätigkeit geht nun auch die
eigentümliche Verteilung der Flecke über die Oberfläche des glühenden
Balles. Da sich dieser, worauf wir noch näher zurückkommen, um seine
Achse dreht, so kann man auf ihm geometrisch einen Äquator, Breiten-
und Längengrade unterscheiden, wie auf der Erde, und also auch in bezug
auf diese das Fleckenphänomen studieren. Es fand sich dabei, daß Flecke
nur in einer äquatorialen Zone häufig auftreten; schon jenseits einer
Breite von 33 Grad nördlich und südlich sind Flecke sehr selten, über
42 Grad werden keine mehr beobachtet. Die den Polen näher kommenden
Flecke scheinen besonderen Umständen ihre Existenz zu verdanken, da sie
von dem Verlauf der oben erwähnten Periode mehr oder weniger unabhängig
sind. Aber auch wieder auf dem Äquator selbst und in seiner nächsten
Umgebung sind die Flecke seltener. Nach Beobachtungen in Greenwich,
die sich über die Jahre 1874 bis 1902 erstrecken, verläuft nun das
Fleckenphänomen folgendermaßen: Das Bild auf Seite 27 veranschaulicht
diese Verhältnisse. Während der Zeit des Minimums zeigen sich Flecke
in einer Zone, die nicht über 18 Grad Breite zu beiden Seiten reicht.
Der Beginn der neuen Tätigkeit kündigt sich dann durch das Auftreten
von Flecken in höheren Breiten bei etwa 30 Grad an, so daß zwischen
dieser Zone und dem äquatorialen Gürtel ein fast fleckenfreier Raum
vorhanden ist. Die neu beginnende Tätigkeit steht also in keinem
direkten Zusammenhange mit der alten, die sich auf jenen Äquatorgürtel
zurückgezogen hatte. Die Zone der größten Fleckenhäufigkeit rückt nun
aber in immer niederere Breiten, bis sich schließlich die neue Zone
mit der alten vereinigt, so daß das Maximum der Sonnentätigkeit etwa
auf 15 Grad Breite fällt. So wiederholt sich das Spiel regelmäßig.
Aber überall zeigen sich auch wieder Abweichungen, so daß man zur
Aufstellung eines festen Gesetzes nicht gelangen kann. Auch auf beiden
Hemisphären der Sonne scheint die Fleckenfrequenz ungleich zu sein.
Während der vorhin angegebenen Beobachtungsperiode war die südliche
Halbkugel »fruchtbarer« als die nördliche. In bezug auf die Verteilung
nach den Längengraden scheinen gleichfalls gewisse Gegenden, ja
bestimmte Punkte für die Fleckenbildung begünstigt zu sein. Dieser
Umstand ist sehr beachtenswert, da er darauf hindeutet, daß im Innern
der Sonne doch schon irgendwie festere Regionen vorhanden sein müssen,
welche allein nur die Ursachen von Störungen sein können, die eben
immer wieder an diesen selben Punkten auftreten.

[Illustration: Verteilung der Sonnenflecke:

1. Kurz vor dem Minimum. 2. Kurz nach dem Minimum. 3. Vor dem Maximum.
4. Im Maximum. 5. Nach dem Maximum.]

Für uns wandern die Flecke ziemlich schnell über die Sonne hin, weil
diese sich in etwa 25½ Tagen einmal um sich selbst dreht. Die genaue
Ermittlung dieser Rotationszeit ist Schwierigkeiten unterworfen, weil
die Flecke, deren Bewegung man zu diesem Zwecke beobachten muß,
immer starke Eigenbewegungen haben, die nur von den sturmartigen
Vorgängen, unter denen sie offenbar entstehen, abhängen. Es können
deshalb verschiedene Flecke einer Gruppe auch verschieden schnell
über die Sonnenscheibe hinziehen, ja es ist die Regel, daß sich eine
Gruppe in der Richtung der Rotationsbewegung, also in einem Parallel,
auseinanderzieht. Dabei findet nun aber meist eine Abweichung in dem
Sinne statt, daß auf der nördlichen Halbkugel die Flecke mehr nach
Nordosten, auf der südlichen dagegen nach Südosten gedrängt werden.
Dies ist besonders interessant, weil es dem auch auf der Erde für die
Zyklone geltenden Rotationsgesetze entspricht. Die Erscheinung rührt
daher, daß die Umdrehungsgeschwindigkeit einer Kugel vom Äquator,
wo sie am größten ist, bis zu den ruhenden Polen abnimmt. In höhere
Breiten übergehende Luftströmungen kommen daher dort mit einer
Geschwindigkeit an, die größer ist, als die in jenen Regionen normal
herrschende; der Widerstand, den ihre ursprüngliche Geschwindigkeit
hier findet, wird dadurch die Veranlassung zu einer in dem angegebenen
Sinne umbiegenden Wirbelbewegung.

Diese Verhältnisse machten es schwer, die Eigenbewegung der Flecke
von der wirklichen Rotationszeit zu trennen, und eine Reihe von
Beobachtern kam deshalb zu dem Schlusse, die normale Umdrehungszeit der
Sonnenoberfläche nehme regelmäßig vom Äquator zu den Polen ab. Dabei
ist die Rotations_zeit_ von der Rotations_geschwindigkeit_ wohl zu
unterscheiden; erstere muß natürlich bei einem festen Körper überall
dieselbe sein. Für die Sonne dagegen schien sie vom Äquator bis zur
Grenze der Fleckenzonen von 25 auf 28 Tage abzunehmen. Beruht dies auch
vielleicht auf Irrtum, so scheint doch die eigentliche Äquatorzone
der oberen Sonnenatmosphäre in der Tat den übrigen Teilen beständig
vorauszueilen. Man hat gemeint, daß die Ursache davon vielleicht das
einstmalige Herabstürzen eines Nebelringes gewesen sei, der vordem die
Sonne umgab. In einem andern Bändchen dieser Sammlung, das sich mit
der Frage eines möglichen Weltunterganges beschäftigt,[3] habe ich die
Auflösung und Wiedervereinigung von Planeten mit ihrem Zentralkörper
entsprechend geschildert. Ein Planet, der sich durch die allgemeinen
Widerstände im Weltraume seiner Sonne zu sehr nähert, wird von ihr in
einzelne Teile zerbröckelt, die sich über seine Bahn zu einem Ringe
ausbreiten. Durch die Hitze des Sonnenkörpers werden die Bröckelchen
in Gasform aufgelöst, und als Nebelring vereinigt sich der Planet
endlich wieder mit seinem Mutterkörper. Nach den allgemeinen Gesetzen
der Planetenbewegungen mußte solch ein Ring schneller umlaufen, als die
Sonne gegenwärtig sich um sich selbst dreht. Sein Aufsturz würde also
die Äquatorgegenden in der Tat beschleunigen. Alles dies sind natürlich
rein hypothetische Kombinationen.

Ganz denselben Gesetzmäßigkeiten, wie wir sie hier an den Flecken
wahrgenommen haben, begegnen wir nun auch bei den Fackeln, jenen
hellsten Stellen der Sonnenoberfläche, die meist die Flecke
umgeben, aber sehr häufig auch selbständig auftreten. Das Gebiet
der Sonnenoberfläche, das von den Fackeln eingenommen wird, ist
im allgemeinen bedeutend größer als das von Flecken besetzte, und
diese Fackeln sind auch beständiger als die Flecke. Wolfer hat
Fackelgruppen nicht so selten beobachtet, die während mehr als acht
Umdrehungsperioden wiederkehrten, indem sie nur jene Eigenbewegungen
ausführten, wie sie schon bei den Flecken beschrieben wurden.
Sonnenflecke sieht man nur in seltenen Fällen während drei oder vier
Rotationsperioden wiederkehren, freilich bestand in einem einzelnen
Falle auch einmal ein Fleck 18 Monate lang. Die Fackeln sind gleich
den Flecken innerhalb derselben Zone am häufigsten; auch sie kommen
in den Polargegenden nicht vor. Sie zeigen ebenfalls die elfjährige
Periode. Dies alles beweist, daß beide Erscheinungen auf das engste
zusammengehören. Dennoch können Fackeln durch mehrere Rotationsperioden
bestehen, ohne daß sich aus ihnen ein Fleck entwickelt. Man sieht
Flecke über Fackeln scheinbar ohne Zusammenhang mit ihnen ausgestreut.
Wir wollen uns hier zunächst darauf beschränken, die Tatsachen der
Beobachtung anzuführen. Die ursächlichen Beziehungen können wir
erst ins Auge fassen, wenn wir alle hierher gehörigen Erscheinungen
überblicken.

Ähnliches wie von den Flecken und Fackeln gilt auch von den
Protuberanzen, doch mit einer wesentlichen Einschränkung. Die
spektroskopische Untersuchung, auf deren Resultate über die Sonne
wir noch im besonderen zurückkommen, hat gezeigt, daß es zwei sehr
verschiedene Arten von Protuberanzen gibt, von denen die einen in
der Hauptsache nur Wasserstoff und Helium enthalten, die andern aber
Metalldämpfe, aus denen die Photosphäre der Sonne besteht. In jenen
werden also die Stoffe emporgeschleudert, welche die höheren Schichten
der Sonnenhülle, die Chromosphäre, bilden, die andern stehen in
Beziehung zu der tieferen Photosphäre.

[Illustration: Protuberanzen am Sonnenrande. Die Sonne selbst ist durch
den Mond verfinstert.]

Die sehr zahlreichen Wasserstoff-Protuberanzen zeigen keinen
hervorstechenden Zusammenhang mit den Flecken und Fackeln. Man
beobachtet sie am ganzen Sonnenrande bis zu den Polen hin, wenngleich
ihre Ausdehnung und Größe doch auch an die Regionen der allgemeinen
größeren Sonnentätigkeit gebunden ist. Dagegen stehen die metallischen
Protuberanzen in deutlicher Beziehung zu den Fackeln und Flecken.
Wolfer teilt mit, daß von »315 metallischen Protuberanzen, die in
39 Rotationsperioden beobachtet waren, 274, d. h. fast 90%, in
Fleckengruppen oder doch deren nächster Nähe lagen, 27 oder 10% in
Fackelgruppen, die keine Flecke enthielten, und nur 14 oder etwa 5%
erschienen gänzlich unabhängig von Flecken- und Fackelbildungen.«
Wir dürfen also wohl annehmen, daß die Wasserstoff-Protuberanzen
zunächst ihr Entstehen nur Vorgängen verdanken, die sich innerhalb der
Chromosphäre abspielen, während die metallischen Protuberanzen ihre
Ursache mit den Flecken und Fackeln zugleich im Innern der Sonne haben.

Über der Chromosphäre breitet sich die Korona, die trotz vieler
vergeblichen Versuche, sie unter gewöhnlichen Umständen beobachten
zu können, sich unsern Blicken nur in den wenigen Minuten einer
totalen Finsternis enthüllt. Ihr Wesen ist deshalb noch immer recht
geheimnisvoll geblieben. Sie besteht aus breiten Strahlenbüscheln, die
sich oft um mehr als einen Sonnendurchmesser in den Raum erstrecken,
aber nicht immer geradlinig, sondern namentlich um die Pole herum
in eigentümlich gesetzmäßiger Weise gekrümmt. Die kräftigsten
Ausläufer gehen auch bei diesem Phänomen wieder von den Gegenden
der größten Sonnentätigkeit aus, aber feinere Strahlen umgeben
auch die Pole selbst. Die Anordnung der Strahlen entspricht genau
sogenannten magnetischen Kraftlinien, wie sie zum Beispiel durch
Eisenstäbchen um einen Magnetpol markiert werden. Auch unsere Erde
besitzt gewissermaßen Koronastrahlen, die Polarlichter, die ihre
Strahlen in ganz entsprechender Weise verteilen. Wir werden weiterhin
sehen, daß ein innerer Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen,
jener solaren und dieser irdischen, existiert. In neuerer Zeit ist
eine Beziehung zwischen der wechselnden Form der Korona und der
Fleckenperiode nachgewiesen worden. Zur Zeit des Minimums gehen die
Koronastrahlen mehr von der Äquatorgegend aus, während an den Polen
jene Kraftlinien nicht auftreten; diese erscheinen erst bei erhöhter
Sonnentätigkeit, wobei die Äquatorstrahlen dann geringer werden. Wir
sehen hieraus deutlich, wie die elektrische Ladung der Sonne sich
steigert bei jenen ungeheuren Stürmen, die die Flecke erzeugen. Nach
diesem Fleckenausbruch, der wie eine alle elf Jahre wiederkehrende
Krankheit die Sonne befällt, entspannen sich wieder die elektrischen
Kräfte, und die von ihnen erzeugte eigentümliche Gruppierung der
Koronastrahlen verliert sich. Daß auch die Korona in unmittelbarem
Zusammenhange mit den Flecken steht, zeigte sich in ganz augenfälliger
Weise während der totalen Finsternis vom 18. Mai 1901. Man sah damals
von einer bestimmten Stelle des verfinsterten Sonnenrandes ein weit
ausgedehntes Strahlenbüschel, an dessen Basis sich eine Protuberanz
befand, und am folgenden Tage tauchte in dieser selben Gegend ein von
Fackeln umgebener Sonnenfleck auf, der zur Zeit der Finsternis genau
an der Stelle gestanden haben muß, wo man diese Strahlen ausbrechen
sah. Wenn ich hier aber von Strahlen rede, so ist der Ausdruck nicht
ganz bezeichnend, denn ihre Struktur ist nicht völlig gradlinig, man
erkennt, daß es sich hier um Materie handelt, die nur ungefähr durch
eine ausstrahlende Kraft so geordnet wird, etwa wie bei einer Explosion.

Die Korona ist also wirklich etwas Materielles. Man muß dies besonders
betonen, weil sie bei andern Gelegenheiten sich als ganz wesenlos zu
erweisen schien. Man hat nämlich Kometen beobachtet, die mitten durch
die Korona mit ungeheurer Geschwindigkeit hindurchsausten, ohne, wie
man bisher annahm, die mindeste Hemmung in ihrem Lauf zu erfahren. So
durchraste zum Beispiel der große Komet von 1843 in weniger als drei
Stunden einen Weg von mindestens 5 Millionen Kilometern innerhalb der
Korona, mit einer maximalen Geschwindigkeit von 570 Kilometern in der
Sekunde; er kam dabei der Sonnenoberfläche bis auf 3 Minuten nahe, das
ist also nur der zehnte Teil des ganzen Sonnendurchmessers. Ähnliches
geschah bei den Kometen von 1880 und 1882. Alle entwickelten dabei eine
enorme Helligkeit, die mit der Sonne selbst wetteiferte: Sie waren am
Tage dicht neben dem strahlenden Gestirne sichtbar, und der Komet von
1882 verschwand, als er vor die Sonne trat; er hatte also genau die
gleiche Helligkeit wie sie. Nun wissen wir von den Sternschnuppen, die
in die höchsten Schichten unserer Atmosphäre mit einer Geschwindigkeit
von rund 50 Kilometern eindringen, daß sie darin völlig in ihrem Laufe
durch den Widerstand der äußerst dünnen Luft aufgehalten werden und
durch die dabei entwickelte Hitze in Dampf aufgehen. Aus der Bewegung
der Kometen in der Korona aber glaubte man schließen zu können, daß
sie dort überhaupt keinen Widerstand fänden. In neuester Zeit sind
indes Zweifel darüber aufgekommen, ob die in jenen Fällen vorliegenden
Beobachtungen zu diesem Schlusse berechtigen. Die ungemeine und ganz
plötzliche Erhitzung dieser Weltkörper bei ihrem Eindringen in die
oberste Sonnenhülle aber scheint doch ein augenfälliger Beweis für den
Widerstand zu sein, der einen Teil der Bewegung in Wärme umsetzt; denn
die bloße Bestrahlung durch die Sonne kann ein so schnelles Anwachsen
der Helligkeit nicht erklären, das durchaus von der Art des plötzlichen
Aufleuchtens der Sternschnuppen in unserer Atmosphäre ist. Der Komet
von 1882 zeigte auch noch eine andere Erscheinung, die er mit den
Meteoriten teilt: Er zersprang in mehrere Stücke beim Durchdringen
der Korona. Außerdem entwickelten die Kometen hierbei Eisendämpfe;
auch von ihren festeren Teilen geht also dann etwas in Dampfform auf.
Wir müssen die Korona nach allen diesen Umständen als eine oberste
Sonnenatmosphäre ansehen und können nun der Frage nähertreten, aus
welcher Materie sie und überhaupt die ganze Sonne zusammengesetzt ist.

Wie hätte man ehemals auch nur ahnen können, daß man über einen Raum
von 150 Millionen Kilometern hinweg im Fall der Sonne und in dem
der Fixsterne bis in eine praktische Unendlichkeit hinein Weltkörper
chemisch zerlegen und infolgedessen genau zu sagen imstande sein werde,
welche Stoffe auf unserer Sonne und auf allen andern Sonnen, die den
Weltraum rings bevölkern, glühen? Man weiß, daß dieses Wunder die
_Spektral-Analyse_ vermochte, das heißt, die Zerlegung des Lichtes
in seine einzelnen Farben durch ein Prisma. Das Licht der Sonne ist
eine wundervolle Symphonie, gewebt aus Tausenden von Farbentönen,
und jeder chemische Grundstoff ist wie ein besonderes Instrument in
dem gewaltigen Orchester. Das Spektroskop ist nun imstande, alle
diese gleichzeitig ertönenden Lichtakkorde in ihre einzelnen Töne zu
zerlegen, so daß man die Instrumente, von denen diese Ätherwellen
des Lichtes ausgingen, das heißt die Grundstoffe, in der leuchtenden
Sonne, erkennt. Freilich verlangt die Spektralanalyse, daß die zu
untersuchenden Stoffe sich im gasförmigen Zustande befinden und
entweder selbst leuchten oder doch von einer andern Lichtquelle
durchleuchtet werden, denn sonst tönen die Stoffe nicht stark genug.
Aber diese Bedingungen sind ja alle auf der Sonne erfüllt, und wir
können also an ihre chemische Analyse gehen. Auf die Prinzipien der
Beobachtungsmethode selbst kann ich leider an dieser Stelle nicht näher
eingehen. Es sei nur angeführt, daß das Spektroskop einen schmalen
Streifen weißen Lichtes zu einem Bande, dem Spektrum, ausbreitet, das
nun nebeneinander alle Farben enthält, die zusammengemischt dieses
weiße Licht ergeben hatten. Sendet nun ein Stoff nur gewisse einzelne
Farben aus, so erscheinen diese als einzelne farbige Linien, deshalb
spricht man von den Spektrallinien dieses oder jenes Stoffes.

Richtet man nun dieses Wunderinstrument, das Spektroskop, auf die
Sonne, so erkennt man in dem regenbogenfarbigen Bande des Spektrums
viele Tausende von dunklen Linien, und indem man die Lage dieser Linien
mit denen vergleicht, welche die verschiedenen Grundstoffe in unsern
Laboratorien im Spektroskop als leuchtende Gase erzeugen, kann man
nachweisen, welche von diesen Stoffen auf der Sonne vorhanden sind
und welche nicht. Es hat sich dabei gezeigt, daß die Photosphäre zum
größten Teil aus weißglühenden Metalldämpfen besteht, insbesondere aus
Eisen, aus dem überhaupt im wesentlichen die Weltkörper geschmiedet zu
sein scheinen. Auch unsere Erde muß in ihrem Innern sehr viel Eisen
enthalten. Im übrigen kommen auf der Sonne fast alle Stoffe vor, die
wir auch auf der Erde kennen, und es ist deshalb hier einfacher,
nur die zu nennen, die auf unserem Zentralgestirn nicht vorhanden
sind, oder doch nicht nachgewiesen werden können. Zu diesen gehören
namentlich alle Nichtmetalle, außer Kohlenstoff, Wasserstoff und
Silizium. Dies erklärt sich aber dadurch, daß diese Spektren stets
gegen die der Metalle stark zurücktreten und wahrscheinlich nur deshalb
im Sonnenspektrum nicht zu erkennen sind, während die zugehörigen
Stoffe dort dennoch vorhanden sein können. Sehen wir von diesen ab, so
fehlen nur noch einige auch auf der Erde sehr seltene Stoffe, die wir
deshalb gleichfalls im Sonnenspektrum übersehen können, und endlich
die schweren Metalle Quecksilber, Wismut, Gold, Platin, Uran. Da wir
nur die Oberfläche der Sonnenatmosphäre sehen können, so dürfen wir
wohl von diesen Stoffen annehmen, daß sie nur in den uns zugänglichen
Schichten, nicht aber auf der Sonne überhaupt fehlen. Wir kommen also
zu dem Schlusse, daß unser Zentralgestirn völlig aus demselben Material
aufgebaut ist wie unser Erdkörper: dieser ist ein Teil von jenem.

Die Flecke haben kein von der übrigen Sonnenoberfläche verschiedenes
Spektrum, nur verbreitern sich die Metallinien, was andeutet, daß hier
die Metalldämpfe dichter auftreten. Auch die gewöhnlichen Fackeln
zeichnen sich im Spektrum nicht besonders aus.

Dagegen besitzt nun die über der leuchtenden Hülle liegende
Chromosphäre mit den in sie aufsteigenden Protuberanzen eine von
jener sehr verschiedene Zusammensetzung. Die Chromosphäre besteht in
der Hauptsache nur aus den beiden leichtesten Gasen: Wasserstoff und
Helium; ihre rötliche Farbe verdankt sie dem Wasserstoff. Das _Helium_
verriet sich schon lange, bevor es auf der Erde entdeckt wurde, durch
seine sehr kräftige gelbe Linie, die sich im Lichte der Chromosphäre
zeigte, aber mit keiner Linie eines damals bekannten irdischen Stoffes
identifiziert werden konnte. Später erst fand man dieses Gas in einem
seltenen Mineral, dem Cleveït, und neuerdings hat Ramsay gezeigt,
wie das geheimnisvolle Radium langsam in Helium zerfällt. Jedenfalls
aber kommen von diesem Gase nur ganz geringe Spuren auf der Erde vor,
während es die obere Sonnenhülle in ungeheuren Mengen erfüllt, was auf
den ersten Blick sehr seltsam erscheint, da wir ja gesehen haben, daß
auch quantitativ sonst alle übrigen Stoffe in ähnlichen Verhältnissen
auf der Sonne wie auf der Erde aufzutreten scheinen. Dies erklärt sich
indes dadurch, daß die gewaltige Anziehungskraft der Sonne imstande
ist, dieses leichte Gas mit dem im Atom noch viermal, als Gas zweimal
leichteren Wasserstoff festzuhalten, so daß es sich nicht, verdrängt
durch die schweren nach unten sinkenden andern Gase, in den Weltraum
verflüchtigt, wohingegen die Schwerkraft der Erde dazu nicht mehr
ausreicht. Das läßt sich nach physikalischen Gesetzen berechnen. Hat
die Erde also früher einmal Helium besessen, so müßte es inzwischen
längst ausgewandert sein. Die Spuren, die man dennoch gegenwärtig davon
findet, haben sich wahrscheinlich inzwischen neugebildet, und zwar
als Zersetzungsprodukte des im Erdinnern vermutlich nicht so seltenen
Radiums. Das so entstandene, zur Erdoberfläche emporsteigende Helium
aber verliert sich alsbald wieder durch die Atmosphäre hindurch in den
Weltraum.

Die Chromosphäre wird von den Protuberanzen durchdrungen. Wir haben
schon erfahren, daß es deren zweierlei Arten gibt, die metallischen und
die Wasserstoff-Protuberanzen. Wir verstehen nun ohne weiteres diesen
Unterschied. Die metallischen Auswürfe kommen aus der Photosphäre.
Deshalb stehen sie auch in engeren Beziehungen zu den Flecken. Die
Wasserstoff-Protuberanzen dagegen werden meist ihren Ursprung in
der Chromosphäre selbst haben und stehen mit den Flecken in keinem
Zusammenhang. Früher konnte man, wie ich schon erwähnte, diese Flammen
nur während einer totalen Finsternis sehen, da für gewöhnlich die
Helligkeit des Sonnenrandes sie weit überstrahlt. Durch das Spektroskop
aber sind sie uns jetzt dauernd sichtbar gemacht.

Leider ist dies mit der Korona noch nicht gelungen. Ihr Licht ist
zu schwach; selbst bei total verfinsterter Sonne ist es schwer, ein
Spektrum von ihr zu gewinnen. Es zeigt sich darin eine Linie, die mit
keinem der bisher bekannten Stoffe übereinstimmt, und man ist deshalb
nach Analogie mit dem Helium der Meinung, daß sich in den obersten
Schichten der Sonnenumgebung ein noch unbekanntes Gas, _Koronium_
genannt, befindet, das noch leichter wie Wasserstoff sein muß, und
schon deshalb noch weniger auf unserer Erde angetroffen werden kann.

Das Koronium kann sich aber wohl nicht allein zu jenen eigentümlichen
Strahlen ordnen, die ich vorhin beschrieb. Es scheinen auch kleine,
feste Teilchen in der Korona zu schweben, die das Licht reflektieren.
Man hat an Schwärme von Meteoriten gedacht, die im Begriffe sind, in
die Sonne zu stürzen. Da diese meist aus Eisen bestehen, so könnten sie
sich unter den elektrischen Wirkungen der Sonne zu solchen Strahlen
ordnen.

Es scheint aber, daß auch hier das Radium eine Rolle spielt. Sein Atom,
das schwerste von allen bekannten Stoffen, ist in beständigem Zerfall
begriffen. Es schleudert eine »Emanation« aus, die zugleich leuchtet
und Wärme abgibt und endlich auch negativ elektrisch geladen ist. Diese
Emanation scheint aus allerkleinsten »Uratomen« zu bestehen, aus denen
sich die chemischen Atome dann wieder zusammensetzen. So bildete sich
wahrscheinlich das Helium aus dem Radium. Vielleicht ist das Koronium
noch ein Zwischenprodukt bei dieser Wiederzusammensetzung. Befinden
sich nun aber jene elektrisch geladenen Uratome, die »Elektronen«, in
der Korona, so müssen sie sich zu jenen »Kraftlinien« ordnen, wie sie
die äußerste Sonnenhülle wirklich aufweist.

Ein anderer, bisher geheimnisvoller Zusammenhang findet gleichfalls
durch die oben entwickelte Annahme seine Aufklärung. Es zeigt sich
nämlich eine ganz unzweifelhafte Übereinstimmung der Sonnentätigkeit
mit dem wechselnden magnetischen Zustand der Erde. Die Magnetnadel
weist bekanntlich nicht nach den eigentlichen geometrischen, sondern
den davon um mehr als zehn Grad entfernt gelegenen magnetischen
Polen. Diese haben aber auf der Erde keine unveränderliche Lage,
sondern bewegen sich in gesetzmäßiger Weise langsam weiter, die
magnetischen Elemente jedes Ortes ändern sich beständig. Außerdem
nimmt man nun an der Magnetnadel, wenn man sie sehr genau beobachtet,
plötzlich Schwankungen wahr, die sich innerhalb Tagen oder selbst
Stunden abspielen. Sie beweisen, daß unser Planet zeitweilig von
elektro-magnetischen Strömen, den sogen. Erdströmen, durchflossen wird,
wozu der Anlaß in der Erde selbst nicht vorhanden sein kann. Solche
Erdströme drängen sich auch in unsere Telegraphenleitungen, die ja
bekanntlich mit der Erde in direkter Verbindung stehen. Sind zwei ferne
Orte miteinander durch den Draht verbunden, der auf beiden Stationen in
die Erde mündet, so treten in diesem Draht oft selbständige elektrische
Ströme auf, die viel stärker sind als die der Telegraphenbatterien
und deshalb alle Verständigung zwischen jenen Orten unmöglich machen.
Wir können die Erscheinung selbst vergleichend etwa so darstellen:
Wir denken uns die Erde mit einem Meer von zunächst ausgeglichener,
das heißt unwirksamer Elektrizität erfüllt und betrachten den Draht
als eine lange Röhre, die an beiden Enden in dieses Meer eintaucht,
wie eine Heberröhre im Wasser. Nun hebt sich an dem einen Orte dieses
durch einen Sturm gepeitschte elektro-magnetische Meer, und dann
drängt sich die Flüssigkeit durch die Röhre nach dem andern Orte des
niedrigeren Niveaustandes hin. Wegen dieses Vergleiches nennt man diese
Erscheinungen, welche die Telegraphenapparate und Magnetnadeln in
nervöse Zuckungen versetzen, auch _magnetische Stürme_.

Was rührt sie auf? Was kann jenes im allgemeinen ganz ruhige
elektrische Meer im Erdinnern in so mächtige Schwankungen versetzen?
Wie ich schon vorhin sagte: Auf der Erde selbst ist diese Kraft nicht
zu finden, wir müssen nach kosmischen Ursachen dafür suchen.

[Illustration: Polarlicht.]

Gleichzeitig nun mit diesen magnetischen Stürmen leuchten die
geheimnisvollen _Polarlichter_ auf, die ihren Sitz in den höchsten
Regionen unserer Atmosphäre haben, wo das Irdische direkt an den
Kosmos grenzt. In unseren Breiten sehen wir diese herrlichste aller
atmosphärischen Erscheinungen nur sehr selten und auch dann immer nur
einen schwachen Abglanz davon. Sie drängen sich zu beiden Seiten des
Erdballes um die magnetischen Pole. Man erlaube mir, eine Schilderung
Nansens davon wiederzugeben.

»Jetzt breitet das Nordlicht über das Himmelsgewölbe seinen glitzernden
Silberschleier aus, der sich nun in Gelb, nun in Grün, nun in Rot
verwandelt; er breitet sich aus und zieht sich wieder zusammen in
ruheloser Veränderung, um sich dann in wehende vielfarbige Bänder
von blitzendem Silber zu teilen, über die wellenförmige glitzernde
Strahlen dahinschießen; dann verschwindet die Pracht. Im nächsten
Augenblicke erschimmert sie in Flammenzungen gerade im Zenit, dann
wieder schießt ein heller Strahl vom Horizont gerade empor, bis das
Ganze im Mondschein fortschmilzt. Es ist, als ob man den Seufzer eines
verschwindenden Geistes vernähme. Hier und dort sind noch einige
wehende Lichtstrahlen, unbestimmt wie eine Vorahnung -- sie sind der
Staub von dem glänzenden Gewande des Nordlichts. Aber jetzt nimmt es
wieder zu, es schießen weitere Blitze empor, und das endlose Spiel
beginnt aufs neue. Und während der ganzen Zeit diese Totenstille,
eindrucksvoll wie eine Symphonie der Unendlichkeit.«

Soweit der große Polarforscher. Und wenn nun dort oben am Firmamente
diese Wunderstrahlen zwischen den Sternen hinschießen, so zucken
fast genau zu gleicher Zeit und überhaupt so, daß man den engsten
Zusammenhang ohne weiteres erkennt, alle Magnetnadeln der Erde. Schießt
zum Beispiel ein Strahl von Süden nach Norden über unsern Häuptern hin,
so weicht kurz vorher die Nadel nach Westen ab, um sich nach Osten zu
wenden, wenn der Strahl vorübergehuscht ist.

Nun ist aber noch ein anderer, ganz und gar wunderbarer Zusammenhang in
dieser Reihe von Erscheinungen zu erkennen. Gleichzeitig wiederum mit
diesen Polarlichtern und magnetischen Stürmen, die man gemeinsam als
magnetische Gewitter, die Polarlichter also als ihre Blitze auffassen
kann, zieht sehr häufig ein besonders großer Sonnenfleck gerade über
die Mitte der leuchtenden Scheibe, so daß er seinen Trichterschlund
unserer Erde zuwendet. Nicht immer zwar wirkt ein Sonnenfleck in dieser
Lage in solcher Weise. Die Sonne zeigte oft sehr große Flecke, ohne daß
sich die Magnetnadel merklich rührte und umgekehrt. Im Jahre 1903 trat
zum Beispiel am 12. Oktober ein Fleck auf, der in den dreißig Jahren
vorher nur von fünf oder sechs seinesgleichen an Größe übertroffen
wurde; die Magnetnadel wurde damals, als der Fleck sich gerade uns
zuwandte, zwar unruhig, aber lange nicht so sehr, wie etwa zwei Wochen
später, als am 31. Oktober der größte magnetische Sturm auftrat, der in
diesen selben dreißig Jahren beobachtet wurde. Die Magnetnadel schlug
damals um mehr als 200 Bogenminuten aus. Auch zu dieser Zeit war uns
ein Sonnenfleck zugekehrt, aber er gehörte nicht zu den größten. Wir
müssen also annehmen, daß die Flecke selbst diese Fernwirkung auf die
Erde nicht ausüben, sondern daß noch etwas hinzukommen muß.

Unsere bisher gesammelten Kenntnisse von der Sonne geben uns einen
deutlichen Hinweis zur Lösung des Rätsels. Freilich müssen wir
deswegen eine zunächst außerordentlich kühn erscheinende Annahme
machen, nämlich die, daß die Sonnenflecke aus dem Innern der Sonne
etwas bis zur Erde hinüberschleudern, über einen leeren Raum von
fast 150 Millionen Kilometern hinweg. Jene Elektronen, in die sich
das Radium auflöst, und die nach unserer Ansicht die eigentümliche
Struktur der Koronastrahlen erzeugen, verlassen die Sonne durch jene
Trichterschlünde, und zwar nicht ganz geradlinig, wie ja die Korona
mit ihren oft stark gekrümmten Strahlen zeigt. Deshalb gelangen
nicht immer aus uns gerade zugewandten Flecken solche Elektronen in
einer der Größe des Fleckes entsprechenden Menge zu uns. Treffen nun
ähnliche elektrisch geladene kleinste Teilchen auf sehr verdünnte Gase,
so zeigen sich genau die Erscheinungen, wie wir sie am Polarlicht
wahrnehmen, und dieses erscheint ausschließlich wieder nur in jenen
höchsten Atmosphärenschichten, wo solche verdünnten Gase vorhanden
sind. Kann man noch daran zweifeln, daß wir wirklich in solchen
Augenblicken von der Sonne mit diesen elektrischen Projektilen
bombardiert werden? Wo ganz besonders viele die Erde treffen, da wird
das elektrische Meer in ihrem Innern zu jenen Stürmen aufgewühlt, und
es entsteht jener Überdruck, der die Erdströme fließen läßt, und wenn
dann die Telegraphenapparate über ganze Kontinente hinweg fortwährend
klappern, so greift die Sonne ganz direkt über jene ungeheuren Räume
hinweg auf die Taster, um uns durch eine kosmische Telegraphie ohne
Draht mitzuteilen, daß ihren Körper wieder gewaltige Revolutionen
durchwühlen, die auch unser Schicksal beeinflussen werden. Unsere
Polarlichter sind Koronastrahlen, die von der Sonne bis zur Erde
hinüberreichen und uns also direkt mit unserm Zentralgestirn verbinden.
Die Korona aber kann man andererseits als das Polarlicht der Sonne
bezeichnen, denn ihre Strahlen ordnen sich in ganz derselben Weise um
die Pole der Sonne wie die »Korona« des Polarlichtes um unsere Pole.
Nicht nur Licht und Wärme, sondern selbst wirkliche Materie, die ja
jene Elektronen, zwar in feinster Verteilung, sind, sendet uns die
Sonne zu. Man ist sogar der Meinung, daß die geringen Mengen freien
Wasserstoffs, die sich in unserer Atmosphäre befinden und die unmöglich
irdischen Ursprungs sein können, auf diesem selben Wege uns von der
Sonne zugeschleudert werden.

Haben wir hier einen direkten Einfluß der Sonnenflecke auf irdische
Zustände und Vorgänge feststellen können, so finden nun auch noch
gewisse allgemeinere Beziehungen statt. Zunächst wird es nicht
wundernehmen, daß auch die langsamen, jährlichen Schwankungen der
Magnetnadel mit den Schwankungen der Fleckenhäufigkeit parallel
gehen. Ich gebe hier die beiden zugehörigen Kurven wieder, wie sie
Rudolf Wolf, der diesen Zusammenhang aufdeckte, seinerzeit für den
Zeitraum von 1745--1875 aufgestellt hat. Die obere Linie gilt für die
Sonnenflecke, die untere für die Abweichungen der Magnetnadel. Man
sieht, die Übereinstimmung ist vollkommen.

[Illustration: Rud. Wolfs Kurven der Sonnentätigkeit und der
Abweichungen der Magnetnadel.]

Begreiflicherweise hat man schon sehr bald nach der Entdeckung der
Fleckenperiode nach deren _klimatischen Einflüssen_ geforscht. Wenn
die Sonne durch ihre Bedeckung mit Flecken weniger leuchtet, so sollte
sie wohl auch weniger wärmen, und die Jahre der Fleckenmaxima müßten
also kälter sein. In dieser Hinsicht ergab zunächst die direkte
Beobachtung, daß von den Flecken wirklich wesentlich weniger Wärme
ausstrahlt, als von der übrigen Sonnenoberfläche, nach Langley nur
54%. Da nun gelegentlich so große Gebiete von Sonnenflecken verdunkelt
werden, daß sie mit dem bloßen Auge zu erkennen sind, so begreift
man, daß ein merklicher Prozentsatz der gesamten Wärmestrahlung der
Sonne dadurch verloren gehen kann. Direkte Messungen der etwa dadurch
hervorgebrachten Temperaturschwankungen auf der Erde sind wegen
der vielen lokalen Einflüsse auf die meteorologischen Verhältnisse
schwierig anzustellen, aber sie scheinen doch zu bestätigen, daß die
Gesamttemperatur der Erdatmosphäre wirklich vom Fleckenminimum zum
Maximum um etwa einen Grad schwankt. Bedenkt man, daß ausgerechnet
worden ist, es bedürfe keiner größeren Temperaturerniedrigung als 3--5
Grad, um jene Eiszeiten zu erklären, die die Grenze des ewigen Schnees
in unseren Alpenregionen um mehr als tausend Meter herabdrückten und
ganz Norddeutschland durch von Skandinavien sich herüberwälzende
Gletscher unter einer mehrere hundert Meter dicken Eisdecke begruben,
so wird man es begreiflich finden, daß die Fleckenperiode auf eine
ganze Reihe meteorologischer Vorgänge, namentlich auf das Vorrücken der
Gletscher, merklichen Einfluß gewinnen kann.

Es zeigen sich nun wirklich solche Schwankungen der Gletscher, die aber
nicht eine Periode von etwas mehr als elf Jahren, sondern eine dreimal
längere von rund 35 Jahren haben. Dies gerade ist eine sehr schöne
Bestätigung des gesuchten Zusammenhanges, weil man eigentlich erst
nachträglich fand, daß auch in der Sonnentätigkeit dieselbe dreifach
längere Periode hervortritt, daß also immer jede dritte Fleckenperiode
ganz besonders zahlreiche und große Flecke hervorbringt. So sehen wir
also die Eisströme in den einsamen Alpentälern zurückgedrängt und
wieder vorgeschoben in demselben Rhythmus, wie dort auf der Sonne
die fleckenerzeugenden Sturmperioden kommen und gehen. Kann es eine
eindrucksvollere Tatsache geben, um die bis in das Tiefste wurzelnde
Abhängigkeit des Erdenlebens von dem mütterlichen Zentralgestirn zu
illustrieren?

Die Gletscherschwankungen beweisen schon an sich, daß mit ihnen
gleichzeitig die Niederschlagsmengen veränderlich sein müssen, denn
von diesen hängt ja der Vorstoß der Gletscher unmittelbar ab. Nun hat
in der Tat _Brückner_ auch direkt in diesen Niederschlagsmengen die
Periode von 35 Jahren wiedererkannt. Namentlich zeigt sich dies darin,
daß die großen Binnenseen, die die Sammelbecken der Niederschläge über
Länderstrecken von kontinentaler Ausdehnung sind, wie zum Beispiel
der Kaspisee, innerhalb dieser Periode die Höhe ihres Wasserstandes
regelmäßig verändern.

Nachdem wir nun gesehen haben, daß sich drei der gewöhnlichen Perioden
von etwas mehr als 11 Jahren jedesmal zu einem größere Maximum
vereinigen, kann man sich fragen, ob es nicht noch längere Perioden von
Hunderten oder gar Tausenden von Jahren mit noch größeren Schwankungen
der Sonnenstrahlen gibt, die dann vielleicht verantwortlich gemacht
werden könnten für die gewaltigen Klimaschwankungen der Eiszeiten,
die ihre Spuren rings um die Erde herum zurückgelassen haben, wie die
neuere Forschung zweifellos erwies. Es traten mindestens vier große
Eiszeiten ein, zwischen denen immer wieder wärmere Perioden lagen,
aber es scheint sogar, daß innerhalb jeder dieser Kälteperioden, die
möglicherweise etwa hunderttausend Jahre anhielt, wieder kleinere
Schwankungen stattfanden, vielleicht von einigen zwanzigtausend
Jahren. Kann man also dieses geheimnisvolle Eiszeitphänomen durch eine
entsprechend schwankende Sonnentätigkeit erklären? In neuerer Zeit,
seit man die Spuren der Eiszeiten selbst in den Gebirgen der Tropen
fand, neigt man dieser Ansicht immer mehr zu. Wir haben ja schon
vorhin gesehen, daß es nur einer Temperaturerniedrigung von etwa 3 bis
höchstens 5 Grad bedürfte, um ein andauerndes Vorrücken der Gletscher
zu veranlassen, die dann die Tiefebenen wie zur Eiszeit ausfüllen
müßten. Da sich nun gegenwärtig bei einem gewöhnlichen Fleckenmaximum
die Temperatur der Atmosphäre um etwa einen Grad zu erniedrigen
scheint, so brauchten also nur drei- bis fünfmal mehr Sonnenflecke zu
erscheinen, um uns eine neue Eiszeit zu bringen.

Hier ist nun eine auch erst in jüngster Zeit bekannt gewordene
Beobachtungstatsache von größter Wichtigkeit. Langley, jener schon
mehrfach erwähnte amerikanische Sonnenforscher, hat durch langjährige,
außerordentlich sorgfältige Untersuchungen festgestellt, daß die
Sonnenkonstante, jene Zahl, welche die Gesamtwärmestrahlung der
Sonne ausdrückt, auch unabhängig vom Fleckenphänomen beträchtlichen
Schwankungen von langer Dauer unterworfen ist und namentlich letzthin
so beträchtlich abgenommen hat, daß man daraus auf eine Abnahme der uns
zustrahlenden Gesamtwärme von 7 Grad schließen müßte. Hielte diese an,
so hätten wir das Hereinbrechen einer neuen Eiszeit zu gewärtigen. Aber
die Beobachtungen hierüber müssen noch vervollständigt werden.

Da wir nun gesehen haben, wie tief in unsere Schicksale die Vorgänge
auf der Sonne eingreifen, so interessiert uns um so mehr die Frage
nach deren inneren Ursachen. Wie entstehen die Sonnenflecke und die
anderen Erscheinungen auf der Sonnenoberfläche, und warum wechselt die
Sonnentätigkeit in diesen doch nur ungefähr innegehaltenen kleineren
und größeren Perioden?

Die Entstehung eines Fleckes kann man vergleichsweise auf dieselben
meteorologischen Vorgänge zurückführen, die bei uns die Wirbelstürme
erzeugen. Obgleich die Sonnenluft aus metallischen Gasen von etwa
8000 Grad Hitze besteht, so kann es doch auch dort Gebiete geben, die
sich aus irgend einem Grunde besonders abgekühlt haben, so daß aus
andern Gebieten die Luft ausgleichend herbeiströmt, wodurch dann in
Verbindung mit der Sonnenrotation Wirbel leicht entstehen. Hier kann
auch die metallische Luft, ganz ebenso wie bei uns die wasserhaltige,
sich zur tropfbaren Form verdichten, es kann aus den Sonnenwolken etwa
flüssiges Eisen niederregnen. Auch in der Sonne müssen die tieferen
Schichten heißer sein als die dem kalten Weltraum näher liegenden.
Deshalb werden die in diese tieferen Schichten niederfallenden
metallischen Regentropfen sich dort wieder in Dämpfe auflösen.

In den Regenwolken, aus denen es noch nicht herabregnet, geschieht bei
uns dasselbe; sie verdunsten bereits wieder in der wärmeren unteren
Luft, ehe sie die Erdoberfläche erreichen können. In einer gewissen
Tiefe aber scheinen sich auf der Sonne die Kondensationsprodukte doch
schon so weit angesammelt zu haben, daß sie eine vielleicht noch sehr
dünne, feuerflüssige Schale bilden, die wieder, wegen der zu großen
Hitze in den noch tieferen Schichten, über dem sonst gasförmigen
Sonneninnern schwebt, als eine immerwährend sich bildende und zugleich
wieder unten auflösende Haut. Die Sonne wäre dann durchaus mit einer
Seifenblase zu vergleichen. Nun wissen wir weiter, daß die Sonne aus
sich selbst, durch ihre Verdichtung, fortwährend in ihrem Innern neue
Wärme erzeugen muß. Da wird dann ein Zeitpunkt eintreten, in dem die
innere Wärme die flüssige Haut nicht mehr dulden kann, so daß sie
zerreißt: ein Sonnenfleck entsteht in der Atmosphäre über dieser
Stelle, und aus ihm werden die Massen des innern Sonnenballes hoch
empor geworfen, wir sehen die Protuberanzen aufsteigen. Die Fackeln
dagegen, meist früher auftretend als die Flecke, sind Stellen, unter
denen jene für uns unsichtbare Sonnenhaut besonders heiß ist und
deshalb aufzuplatzen droht. Heiße Luftströmungen steigen von ihr
empor und wölben die hier besonders weißglühende Photosphäre auf.
Wird die heiße aufsteigende Strömung stark genug, so durchbricht sie
die Photosphäre, und ein Fleck entsteht. In diesen ergießen sich
die umgebenden weniger heißen Photosphärengase, wobei dann durch
Regenbildung in dem geschilderten Sinne eine Abkühlung entstehen muß.

Zwischen der beständig neue Wärme erzeugenden Verdichtungsarbeit im
Innern der Sonne und der von außen eindringenden Kälte des Weltraums,
die immer wieder Kondensationen, also die angenommene flüssige Haut,
hervorbringt, entsteht nun ein Widerspiel, das in mancher Hinsicht
mit den intermittierenden Geisererscheinungen zu vergleichen ist.
Eine ganze Weile kann der Druck in diesen Geisern das Wasser überhitzt
erhalten, ohne daß es siedet; weil aber von unten immer neue Wärme
zuströmt, muß doch endlich der Siedeprozeß, und zwar zuerst unten,
beginnen, und der entwickelte Wasserdampf schleudert nun alles darüber
befindliche Wasser mit hinaus. Das Spiel wiederholt sich bekanntlich
bei den meisten dieser Geiser in ziemlich regelmäßigen Zwischenräumen.
Ich meine nun, man könnte die Sonnenflecke mit ihren Protuberanzen als
Geiser von kosmischen Dimensionen betrachten, deren Hauptausbrüche sich
alle elf Jahre wiederholen, weil immer innerhalb dieses Zeitraumes
die im Innern erzeugte Sonnenwärme sich so weit gesteigert hat, daß
die sich unter der flüssigen Decke neu bildenden Gase sich gewaltsam
befreien müssen. Ist dann der Ausgleich eingetreten, so kann wieder
eine Zeitlang die Verdichtungsarbeit ziemlich ungestört fortschreiten
und die zerrissene Haut des glühenden Balles neubilden, bis schließlich
wieder die eingeschlossenen Gase durchbrechen, und so weiter.

Alle diese urgewaltigen Revolutionen im glühenden Mutterherzen der
Sonne ziehen ihre Kinder, die Planeten, in Mitleidenschaft. Jene
besondere Unruhe der Sonnenatmosphäre, die wir in den Fleckenbildungen
wahrnahmen, teilt sich auch der irdischen Atmosphäre mit, und würde ein
Beobachter außerhalb der Erde einen unserer Wirbelstürme betrachten,
er müßte ihn in allen Teilen einem Sonnenfleck sehr ähnlich finden.
Es ist außerordentlich bedeutsam, zu sehen, wie das Naturgeschehen in
den verschiedensten Stufen des Weltbaues sich oft so ganz wunderbar
gleicht. Überall arbeiten dieselben Kräfte mit derselben Materie, nur
die Größenverhältnisse ändern sich.

Angesichts dieser völligen Abhängigkeit unseres Daseins von der
Sonne müssen wir nun die Frage wiederholen, die wir schon am Anfang
unserer Betrachtungen aufwarfen, ob wohl diese Quelle des Lebens
völlig unerschöpflich sei, oder ob mit ihrem Versiegen einstmals
der Untergang alles Irdischen bevorstehe? Ich habe schon in einem
andern Bändchen dieser Sammlung, das die verschiedenen Möglichkeiten
eines Weltunterganges behandelt, diese Frage von der Lebensdauer der
Sonnenkraft erörtert, weshalb ich mich hier kurz fassen will.

Nichts ist in der Welt unerschöpflich und ewig. Auch die Sonne muß
einmal erlöschen. Die Erscheinungen der Sonnenflecke sind der erste
Anfang zu dieser absteigenden Entwicklung. Aber wir sehen auch, wie
eine Gegenwirkung vorhanden ist, die immer wieder dem Überhandnehmen
der Flecke Einhalt gebietet. Es steckt noch eine ganz ungeheure Menge
von Lebenskraft im Körper der Sonne, und ihr Wärmevorrat vermehrt
sich noch immer durch ihre Verdichtungsarbeit. Man ist im Zweifel
darüber, ob diese Wärmeerzeugung nicht vielleicht noch bedeutender
ist als der Wärmeverlust durch die Ausstrahlung in den Weltraum. Es
ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß die Sonne gegenwärtig noch
beständig wärmer wird. Aber immerwährend kann das doch nicht anhalten.
Die Wärmeerzeugung im Innern der Sonne ist abhängig von dem Grade, bis
zu dem sie ihre Materie noch zusammenzuziehen vermag. Nachdem sie eine
gewisse Dichtigkeit erreicht hat, kann sie sich nur noch abkühlen,
und dieser Abkühlung ist ihrerseits keine Schranke gesetzt. Man hat
ausgerechnet, daß die Sonne durch ihre Ausstrahlung jährlich um 3 Grad
kälter werden müßte. Wären also jene Wärmeeinnahmen nicht vorhanden, so
müßte unser Zentralgestirn schon nach etwa 3000 Jahren seinen ganzen
Wärmevorrat ausgegeben haben, oder umgekehrt müßte es vor 3000 Jahren
etwa auf die Helden von Troja noch einmal so heiß herabgeschienen haben
wie heute. Es findet also ein Ausgleich statt, die Sonne ist eine gute
Haushälterin, sie sorgt dafür, daß Einnahmen und Ausgaben sich, soviel
wir erkennen, genau die Wage halten. Die Fleckenperiode ist offenbar
eine Folge solcher pulsierenden Ausgleichsbewegungen.

Aber schließlich muß doch die Zahl und Größe der Flecke mehr und mehr
zunehmen; immer größere Gebiete der Sonnenoberfläche werden zeitweilig
verdunkelt werden, und das alternde Gestirn wird dann außer der
elfjährigen Periode seiner Lichtschwankungen noch eine viel kürzere
zeigen, wenigstens für einen bestimmten Standpunkt im Weltall, je
nachdem es in seiner Umdrehung um sich selbst die mit Flecken besetzte
oder die reinere Seite einer bestimmten Richtung zukehrt. Die Sonne
wird ein veränderlicher Stern geworden sein. Über der flüssigen Haut
unter ihrer Atmosphäre wird eine festere entstehen, und schließlich
wird die Sonne ein dunkler Stern werden.

Wann wird sich wohl das Schicksal der Sonne vollendet haben? Es sind
Rechnungen darüber angestellt, aber sie konnten immer nur auf recht
unsicheren Grundlagen aufgebaut werden. Ein amerikanischer Theoretiker,
_See_, gab der Sonne nur eine Gesamtlebensdauer von 36 Millionen
Jahren, wovon ihr von heute ab aber nur noch 4 Millionen Jahre übrig
bleiben sollten. Das ist nach astronomischem Maße eine sehr geringe
Zeit, und auch die Forscher, welche die Geschichte der Erde aus ihren
steinernen Annalen in den Gebirgsschichten zu ergründen suchen, die
Geologen, glauben durchaus nicht mit so wenigen Millionen Jahren
auskommen zu können, um die Aufeinanderfolge der Vorzeitalter und die
Entwicklung des Lebendigen, wie auch die Ausgestaltung der Erdrinde,
zu erklären. Für die Eiszeiten allein beansprucht man bis zurück
an die Grenzen der Tertiärzeit eine halbe Million Jahre. Der große
englische Physiker _Sir William Thomson_ kommt schon zu etwas größeren
Zahlen. Er findet, daß die Sonne nach geringem Maße bereits etwa seit
hundert, nach höchstem aber seit fünfhundert Millionen Jahren die
Erde beschienen habe, und man kann demnach die noch übrig bleibende
Lebensdauer gegen jene doch geradezu beängstigend kurze Zeit von
Millionen Jahre verdrei- oder verfünffachen. So dürfen wir uns wohl
einstweilen noch ruhig schlafen legen in der Gewißheit, daß uns auch
morgen noch wie bisher die holde Sonne leuchten wird.

       *       *       *       *       *

Haben wir uns im Vorangegangenen ein Bild von den gewaltigen Wirkungen
gemacht, die die Sonne hier bei uns auf der Erde allein ausübt, und
erfahren, daß doch nur etwa der zweitausendmillionste Teil _der_
Gesamtkraft der Sonne uns zukommt, die sie sonst in das Weltgebäude
hinausstrahlt, so mag uns wohl dieses Gestirn als das mächtigste von
allen erschienen sein, als das Herz des Universums, wie es _Kepler_
genannt hatte, gegen das alle andern Gestirne des Himmels nicht
nur scheinbar, sondern auch in Wirklichkeit verschwinden müßten.
Aber wenn das Tagesgestirn zur Neige geht und es tiefer und tiefer
dämmert, dann sehen wir, wie aus dem Himmelsäther ein Sternchen
nach dem andern hervorbricht, das heller und heller wird, bis vom
nächtlichen Firmamente Tausende und aber Tausende von Sternen uns aus
der Unendlichkeit entgegenstrahlen. Und jeder ist eine Sonne in seinem
Gebiete, ist das Herz seines Weltorganismus. Unsere Sonne aber ist nur
ein Individuum unter Millionen. Sie nimmt keinen höheren Wert ein im
Universum, als irgendein Einzelwesen in unserer Welt des Lebendigen.
Freilich, wenn dieses Einzelwesen uns ein lieber Mensch ist, der uns
nahesteht, so können die übrigen für uns um seinetwillen verschwinden,
und so dürfen wir wohl die Sonne lieben vor den Sternen als unsere
allsorgende Mutter im Weltgebäude.

Aber wir sollen uns doch auch um die übrige Sternenwelt kümmern. Es
soll uns interessieren, ihr Wesen, ihr gemeinsames Getriebe, ihre
Organisation kennenzulernen.

Zu allen Zeiten hat der gestirnte Himmel tiefe Andacht in die Gemüter
der Menschen gegossen. Man suchte die Ewigkeit hier oben hinter den
unveränderlichen Lichtern, die allabendlich aufsteigen in stillem,
unwandelbarem Zuge, zusammengefügt zu geheimnisvollen Bildern, zu einer
himmlischen Strahlenschrift, noch hieroglyphisch für uns, aber wir
fühlen, daß sie uns verkünden, wie es etwas Unvergängliches gibt über
all diesen irdischen Wirren und Irrungen.

Fand man das Rätsel der Sterne nicht, so legte man ihnen eigene
Gedanken unter und ordnete die Lichter zu Sternbildern. Das herrlichste
Sternbild unseres Himmels ist wohl der _Orion_, dem sagenhaften kühnen
Jäger gewidmet, den Zeus selbst an den Himmel versetzte (s. Abb. auf
S. 49). Es besteht hauptsächlich aus sieben hellen Sternen, von denen
die drei Sterne in der Mitte seinen Gürtel bedeuten; oben die beiden
Sterne sind die Schultern, unten die Füße. Der helle Stern rechts unten
heißt Rigel, der oben links Beteigeuze; er hat einen etwas rötlichen
Schein. Dem Jäger folgen seine Hunde. Den großen Hundstern, _Sirius_,
den hellsten Stern an unserem Himmel, findet man, wenn man die drei
Gürtelsterne, die man auch als Jakobsstab bezeichnet, durch eine Linie
verbindet und nach links verlängert. Tut man das gleiche mit den beiden
Schultersternen, so gelangt man ungefähr zu Prokyon, dem hellsten Stern
im kleinen Hund.

Der _Himmelswagen_ umfährt den Pol, ohne für uns jemals unterzugehen.
Wohl das bekannteste und auch deutlichste von allen Sternbildern. (Vgl.
den Sternenhimmel auf dem Umschlagbild.) Freilich, um in ihm einen
Bären zu erkennen -- es heißt bekanntlich auch der große Bär --, muß
man schon eine lebhaftere Phantasie besitzen. Die drei Deichselsterne
sind in diesem Falle der Schwanz. Verlängert man die Richtung der
beiden letzten Wagensterne, die Deichselsterne auf sich gerichtet
gedacht, nach links, so kommt man zum Polarstern, der wieder der letzte
Deichselstern des kleinen Wagens ist. Dieser Stern steht wenig mehr als
einen Grad vom Himmelspol entfernt und scheint deshalb für das bloße
Auge überhaupt unbeweglich immer an derselben Stelle des umschwingenden
Himmelsgewölbes stehen zu bleiben. Er war einst der Leitstern
der Seefahrer, der ihnen allein die feste Richtung auf der weiten
Wasserwüste geben konnte, um sich nicht rettungslos in ihr zu verlieren.

Noch zu vielen andern Sternbildern hat die Phantasie die Sterne
gruppiert und sie in ähnlicher Weise, wie hier angedeutet, durch
»Alignement« miteinander zur leichteren Orientierung verbunden.

Sind alle diese _Konstellationen_ nur ein Spiel des Zufalls und
die Sterne völlig regellos über das Himmelsgewölbe ausgestreut?
Gehören die Sterne, die der im menschlichen Geiste tief begründete
Drang zusammentut, der das Einzelne mit einem gemeinsamen Bande zu
verknüpfen trachtet, der Gesetz und Regel überall sucht, auch wirklich
zusammen, sind sie physisch und nicht nur für unsern Standpunkt optisch
miteinander verbunden?

Um diese Frage zu entscheiden, müssen wir zunächst etwas über ihre
wirkliche, räumliche Verteilung wissen, wir müssen entscheiden
können, ob zum Beispiel von den Sternen des Himmelswagens einige
uns verhältnismäßig nahe, andere wieder ganz weit entfernt stehen,
so daß sie miteinander nicht mehr zu tun hätten, wie etwa ein Haus
ganz in unserer Nähe und eine ferne Turmspitze, die zufällig darüber
hinwegragt. Wir müssen notwendig etwas über die _Entfernungen der
Fixsterne_ erfahren.

[Illustration: Das Sternbild des Orion über einer Winterlandschaft.]

Da stellt es sich aber leider heraus, daß alle unsere feinsten
Meßmethoden versagen, gegenüber den an die praktische Unendlichkeit
ragenden Abständen dieser Weltkörper. Wenigstens ist die Möglichkeit
einer ganz ungefähren Ausmessung von Fixsternentfernungen die
Ausnahme. Ich habe schon S. 7 u. ff. erklärt, wie man die Entfernungen
unerreichbarer Objekte durch die perspektivische Verschiebung bestimmt,
die sie erleiden, wenn man sie von verschiedenen Standpunkten
betrachtet. Es zeigt sich aber, daß der Durchmesser der Erde, der
uns zur Ausmessung der Sonnenentfernung diente, längst nicht mehr
hinreicht, um auch nur die allergeringste Verschiebung eines Sternes
am Himmelsgewölbe hervorzubringen. Man mußte eine weit, weit größere
Basis anwenden und fand sie in der Erdbahn. Jedesmal nach einem halben
Jahre steht ja die Erde infolge ihres Umlaufs um die Sonne an 300
Millionen Kilometer von ihrem vorigen Orte im Weltall entfernt und
kehrt nach einem weiteren halben Jahre wieder zurück. Bei einer so
großen Lageveränderung der Gesichtslinie zu den Sternen hin sollte man
doch annehmen, daß sie im Laufe eines Jahres regelmäßige periodische
perspektivische Bewegungen zeigen müßten, die die kreisende
Bewegung der Erde widerspiegeln. Aber immer mehr wuchs das Staunen
über die ungeheuren Dimensionen des Weltgebäudes, als man auch solche
»_jährliche Parallaxe_« nur bei einigen Sternen entdeckte, da sie
trotz der ungeheuren Basis immer noch von äußerster Kleinheit blieb
und niemals eine Bogensekunde erreichte. Die größte Parallaxe zeigte
bisher der hellste Stern im südlichen Bilde des Zentauren, das bei uns
nicht sichtbar ist. Von diesem also, soviel wir wissen, uns am nächsten
stehenden Fixsterne erscheint der Weg von uns bis zur Sonne, rund 150
Millionen Kilometer, nur unter einem Winkel von 0,72 Bogensekunden. Ein
Markstück erschiene ebenso groß, wenn man es aus einer Entfernung von
acht Kilometern ansehen könnte. Es folgt daraus, daß jene uns nächste
Sonne rund 300000mal weiter von uns absteht als die unsrige, das
macht in Zahlen, für die wir zwar keine Begriffe haben, 43 Billionen
Kilometer. Das Licht, das bekanntlich 300000 Kilometer in einer Sekunde
zurücklegt, braucht 4½ Jahre, um von jenem Stern zu uns zu gelangen.
Wir sehen, daß wir bei der Ausmessung der Fixsternwelt uns nach einer
größeren Maßeinheit umsehen müssen, damit wir es nicht mit allzu
ungeheuren Zahlen zu tun haben. Man wählte dafür das _Lichtjahr_, das
heißt also die Strecke, die das Licht in einem Jahre durchläuft.

Die uns zweitnächste Sonne ist ein kleiner, mit dem bloßen Auge nicht
mehr sichtbarer Stern, den man nach einem betreffenden Sternverzeichnis
mit 21185 Lalande bezeichnet. Seine Parallaxe ist 0.48´´, danach
ist er 6.8 Lichtjahre von uns entfernt. Nach ihm folgt der berühmte
Doppelstern 61 im Schwan, den man ohne Fernrohr noch schwach erkennt.
Die Parallaxe ist 0.44´´, die Entfernung 7.4 Lichtjahre. Dann erst
kommt Sirius, der hellste Stern: Parallaxe 0.37´´, Entfernung 8.8
Lichtjahre. Von den hellen Sternen am Himmel stehen uns nur noch
Prokyon mit 11.6, Capella im Fuhrmann mit 15.5, Atair im Adler mit
16.3, Aldebaran im Stier mit 21.7 und Wega in der Leier mit 21.7
Lichtjahren nahe. Hierzu mag noch der nicht mehr zu den hellsten
Sternen zählende Polarstern treten, der 46 Lichtjahre von uns entfernt
ist.

Nur etwa zwei Dutzend hat man unter den bisher untersuchten Sternen
herausgefunden, die merkliche Parallaxen haben, alle andern erwiesen
sich für unsere Meßinstrumente unendlich weit entfernt oder zeigten
doch nur so kleine Parallaxen, daß sie wegen der unvermeidlichen
Beobachtungsfehler nur als ganz unsichere Bestimmungen gelten können.
Freilich konnten nur verhältnismäßig wenig Sterne überhaupt auf etwaige
Parallaxen hin untersucht werden, weil dies eine sehr langwierige
Arbeit ist, die sich, wie man aus dem Vorangegangenen wohl ersieht,
über mindestens ein Jahr erstrecken muß. Begreiflicherweise wählt man
zunächst die helleren Sterne für solche Untersuchung aus, weil man
vermuten darf, daß diese auch die nähern sind. Im besondern trifft
diese Vermutung indes durchaus nicht immer zu: Es gibt sehr helle
Sterne, die keine Parallaxe zeigen, zum Beispiel Rigel, dann Spika in
der Jungfrau, Regulus im Löwen. Andererseits hat man ganz unscheinbare
Sterne entdeckt, die man längst mit dem bloßen Auge nicht mehr sehen
kann und die uns doch verhältnismäßig nahe stehen. Es sind vielleicht
16 bis 18. Das ist natürlich nur eine sehr geringe Zahl unter den
übrigen kleinen Sternen, die bisher keine Parallaxe verraten haben.
Aus diesen Ergebnissen allein kann man also schon entnehmen, daß die
helleren Sterne zwar im großen und ganzen wohl auch die näheren sind,
im besonderen aber auch starke Abweichungen von dieser Regel vorkommen.
Wir werden auch aus anderen Gesichtspunkten eine Bestätigung hierfür in
der Folge finden.

Hier sollte zunächst nur einmal ein Bild von der unermeßlichen Größe
der Welt gegeben werden, in die wir uns nun weiter vertiefen wollen.

Man wird es angesichts dieser ungeheuern Entfernungen begreifen,
daß selbst in den stärksten Fernrohren alle Fixsterne ohne Ausnahme
völlig durchmesserlos nur als leuchtende Punkte erscheinen. Sie
könnten ja Sonnen sein, zehn- und mehrmal größer als die unsrige,
und müßten doch selbst unter den stärksten Vergrößerungen zu
Punkten zusammenschrumpfen: Ja, je besser ein Fernrohr ist, desto
kleiner erscheinen darin die Sterne. Denn die kleinen Scheiben,
als die man sie wirklich im Fernrohr sieht, sind nur eine Folge
einer gewissen ungehörigen Lichtbrechung, der Diffraktion, die um
so mehr verschwindet, je größer und je genauer geschliffen die
Objektivgläser sind. Allerdings erscheinen uns trotz ihrer faktischen
Durchmesserlosigkeit die Sterne doch um so heller, je größer die
verwendeten Gläser sind. Ein Fernrohr ist ja wie ein Trichter, der
alles oben durch die Objektivöffnung eindringende Licht so weit
zusammendrängt, daß es unten durch das Okular hindurch in unsere
Augenöffnung, die Pupille, gelangen kann.

Wenn man deshalb von der Größe der Sterne redet, so meint man damit
nur ihre verschiedene Helligkeit. Hiernach teilt man also die Sterne
in Größenklassen ein. Die Abgrenzung dieser Klassen ist zunächst
willkürlich. Man rechnet gewöhnlich die 20 hellsten Sterne zur ersten
Größenklasse. Genauer wird angenommen, daß ein Stern 2½mal heller ist,
wenn er eine Größenklasse vor dem andern steht. Danach ist α Crucis
genau 1. Größe; Wega ist 2,3mal und Sirius fast 11mal heller als ein
normaler Stern 1. Größe.


Größenklassen und entsprechende Helligkeitswerte der 20 hellsten Sterne:

                         | Gr. | H.
    Sirius               |-1,6 |11,0
    Canopus              |-0,9 | 5,8
    α Zentauri           | 0,1 | 2,3
    Wega                 | 0,1 | 2,3
    Capella              | 0,2 | 2,1
    Arkturus             | 0,2 | 2,1
    Rigel                | 0,3 | 1,9
    Prokyon              | 0,5 | 1,6
    Cuhernar             | 0,6 | 1,4
    Beteigeuze (veränd.) | 0,9 | 1,1
    β Zentauri           | 0,9 | 1,1
    Atair                | 0,9 | 1,1
    α Crucis             | 1,0 | 1,0
    Aldebaran            | 1,1 | 0,9
    Spika                | 1,2 | 0,8
    Pollux               | 1,2 | 0,8
    Antares              | 1,2 | 0,8
    Fomalhaut            | 1,3 | 0,8
    Deneb                | 1,3 | 0,8
    Regulus              | 1,3 | 0,7

Der zweiten Größe gehören etwa 50 Sterne am ganzen Himmel beider
Hemisphären an. Dann folgt die dritte Größe mit bereits 200, die vierte
mit 600, die fünfte mit etwa 1200 und die sechste mit 3600 Sternen.
Damit sind wir an der Grenze der Sterne angekommen, die ein gutes Auge
unter günstigen Bedingungen noch unbewaffnet sehen kann. Es sind dies
also gar nicht so sehr viele. Gleichzeitig wird man am Himmel wohl
kaum jemals mehr als zweitausend Sterne zählen können. Diese Zahl
erscheint überraschend klein. Die unzählbare Menge von Sternen ist ja
sprichwörtlich.

Wie unzulänglich aber unser bloßes Auge ist und wie unendlich das
Fernrohr unsern Blick geweitet hat hinaus in eine unermeßlich
große Welt von Welten, das erkennen wir, wenn wir nun weiter die
Sternenfülle überblicken, die die machtvoll alle Himmelsräume
durchdringenden Sehwerkzeuge unserer Zeit dem Auge erschließen. Schon
in verhältnismäßig kleinen Fernrohren könnte man eine halbe Million
Sterne zählen, wieviel aber in unsern mächtigsten Teleskopen unsern
Blicken noch zugänglich werden, darüber werden selbst die Schätzungen
ganz unsicher. Viele meinen, es würden etwa 50 Millionen sein, andere
wollen sich mit der doppelten Zahl noch nicht begnügen. Fünfzig
Millionen Sonnenwelten wie die unsrige! Welche über alle Maße gewaltige
Fülle von Kraft und Arbeit, von aufstrebendem Kampf und Glückseligkeit
können diese Sonnen hervorbringen, wenn sie vom Schlage der unsrigen
sind! Das zu ergründen, soll unser Ziel sein.

Eine außerordentlich langwierige Arbeit war es begreiflicherweise,
diese Sternenfülle zu mappieren, um über etwaige Veränderungen, über
das Verschwinden oder das Neuauftreten und über Ortsveränderungen der
Sterne etwas erfahren zu können. Solange man noch keine Fernrohre
besaß, ging dies noch an. So konnte schon im zweiten Jahrhundert vor
Christus der alexandrinische Astronom _Hipparch_ einen Katalog von 1080
Sternen entwerfen, der also so ziemlich alle für ihn sichtbaren Sterne
enthielt, wenn man von den schwächsten absieht. Ein solcher Katalog muß
natürlich auch die Positionen der Objekte angeben. Die bloße Anordnung
nach den Sternbildern genügte bald nicht mehr. Man teilte deshalb schon
früh die Himmelskugel durch Kreise ab, wie man es mit dem Erdglobus
tut, und ebenso wie durch die geographische Länge und Breite ein
beliebiger Punkt auf der Erde festgelegt ist, geschieht dies am Himmel
durch die beiden Koordinaten der Rektaszension und Deklination. Die
Fundamentalebene beider Systeme ist die des Äquators, der sich durch
den Erdumschwung in der täglichen Bewegung der Gestirne abspiegelt.
Der Nullpunkt, von dem die Rektaszensionen gezählt werden, ist der
Punkt des Äquators, den die Sonne zu Frühlingsanfang passiert: Der
Frühlingspunkt, oder kurz das Äquinoktium genannt.

Nach der Erfindung des Fernrohrs, das zugleich auch als Meßinstrument
für die Bestimmung der Lage der Sterne dient, wuchs natürlich der
Umfang dieser Sternkataloge gewaltig, und die ganze sichtbare
Sternenfülle war auf diese Weise überhaupt nicht mehr zu bewältigen.
Der bedeutendste dieser Kataloge ist der von _Argelander_, der fast
sein ganzes langes Leben dieser Riesenaufgabe widmete. Er bestimmte die
genauen Örter von 33811 Sternen und genäherte Örter von 324188 Sternen.
Diese sogenannte »_Bonner Durchmusterung_ des Himmels« enthält vom
Nordpol bis 2 Grad südlicher Deklination fast alle Sterne bis zur 9.
Größe. Die Arbeit ist später auf der südlichen Halbkugel fortgesetzt.
Das Argelandersche Riesenwerk erschien um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts. In den letzten Jahrzehnten hat eine internationale
Vereinigung von Astronomen als »Katalog der Astronomischen
Gesellschaft« ein ähnliches, noch umfassenderes Werk unternommen, das
seiner Vollendung entgegengeht. Auf Grund dieser Kataloge sind dann
auch Sternkarten hergestellt, von denen wieder die Bonner die weitaus
vollständigsten sind.

Aber es wäre natürlich ein ganz unerfüllbares Verlangen gewesen, alle
die vielleicht hundert und mehr Millionen Sterne auf die erwähnte Weise
genau zu mappieren, wenn hier nicht die Photographie zu Hilfe gekommen
wäre. Sie gestattet es, Sterne ihrer gegenseitigen Lage nach genau zu
fixieren, die selbst in den lichtstärksten Fernrohren nicht mehr direkt
sichtbar sind. Man kann ja die Expositionszeit beliebig verlängern,
um durch Summierung der Lichtwirkung selbst die allerschwächsten aus
einer praktischen Unendlichkeit herüberflimmernden Lichtstrahlen
sich mechanisch selbst aufzeichnen zu lassen. Man sehe sich die
nebenbei abgebildete kleine Partie des Himmels im Sternbild des
Schwans, allerdings mitten in der Milchstraße, an. Alle diese Sterne
zeichneten sich auf nur _einer_ photographischen Platte in wenigen
Stunden auf. Wäre es überhaupt denkbar, wenn auch durch eine Arbeit von
Jahren, diese Sterne messend oder durch Einzeichnen auf einer Karte
mit annähernd ähnlicher Genauigkeit festzulegen, so daß man einmal
nach Jahren sagen könnte, hier sei einer wirklich hinzugekommen oder
verschwunden? Unter diesen Sternen auf der Platte ist längst keiner
mehr mit bloßem Auge und sind vielleicht nur einige hundert mit den
besten Fernrohren zu sehen.

[Illustration: Ein Teil der Milchstraße im Schwan.

Nach einer photographischen Daueraufnahme.]

Bei diesen gewaltigen Vorteilen der photographischen Mappierung
haben sich im September 1887 eine Reihe von Astronomen in Paris
zusammengefunden, die gemeinsam auf ihren über den ganzen Erdball
verteilten Sternwarten nach einem einheitlichen Plan eine vollständige
photographische Karte des Himmels herstellen. Diese wird über 20
Millionen Sterne enthalten, von denen 3 Millionen auf den Platten ihrer
Lage nach ausgemessen werden sollen, um daraus einen Riesenkatalog
herzustellen. Es wird wohl noch mindestens ein Jahrhundert hingehen,
ehe die Arbeit vollendet ist.

Wir haben gesehen, daß die Anzahl der Sterne sehr bedeutend mit der
Abnahme ihrer Helligkeit zunimmt. Dies wird ohne weiteres niemand
merkwürdig finden: Überall in der Welt ist das Kleinere zahlreicher als
das Große. Aber wir können doch noch etwas mehr aus dieser Tatsache
entnehmen. Wir müssen doch voraussetzen, daß nicht alle Sterne, die uns
so schwach leuchten, wirklich auch dunkler und kleiner seien, sondern
in den meisten Fällen werden sie nur durch ihre Entfernung so viel
kleiner erscheinen. Ihre Helligkeit gibt uns also unter Umständen etwas
über ihre Entfernung an, und da wir sonst nur in ganz vereinzelten
Fällen darüber etwas erfahren konnten, müssen wir diese Gelegenheit,
so gut es eben geht, ergreifen, um über die räumliche Verteilung der
Sterne etwas Allgemeineres kennenzulernen.

Würden wir zum Beispiel voraussetzen können, alle Sterne wären gleich
groß und besäßen die Helligkeit der Sonne, so würde die Vergleichung
der scheinbaren Helligkeiten direkt auch die wirkliche Entfernung
ergeben, denn diese Helligkeit nimmt mit dem Quadrat der Entfernung
ab. Wir können also schließen, daß Sirius, der 4¼mal heller leuchtet
als Wega, uns noch einmal so nahe stehen müsse als dieser Stern, wenn
beide in Wirklichkeit die gleiche Leuchtkraft besitzen. Nach den
Parallaxmessungen ist in der Tat Wega 2½mal weiter von uns entfernt
als Sirius. Beide Sonnen scheinen also wirklich etwa gleich groß zu
sein. Wie sich freilich ihre Größe gegen die Sonne verhält, können wir
hieraus noch nicht entnehmen, wir müßten dazu die scheinbare Helligkeit
dieser beiden Sterne gegen die der Sonne abschätzen können, was sehr
schwierig ist. Wir werden aber später noch einen Weg kennen lernen,
auf dem man wenigstens für einige Sterne etwas über ihre wahre Größe
ermitteln kann; man fand dann meist, daß diese fernen Sonnen auch in
dieser Hinsicht von der unsrigen nicht allzu verschieden sein können.

Aber es gibt hiervon zweifellose Ausnahmen. So gehört zum Beispiel
Arkturus zu den hellsten Sternen, während er eine so geringe
Parallaxe zeigt, daß seine Entfernung sehr viel größer sein muß als
durchschnittlich bei Sternen seiner Helligkeit. Er ist also auch in
Wirklichkeit eine sehr große oder doch ungewöhnlich hell leuchtende
Sonne. Andererseits haben wir gesehen, wie es recht kleine Sterne von
9. Größe gibt, die deutliche Parallaxen besitzen und uns also relativ
nahe stehen. Das müssen ungewöhnlich kleine oder doch ungewöhnlich
schwach leuchtende Sonnen sein.

Aber im allgemeinen müssen wir, wie gesagt, doch wohl annehmen,
daß die schwächeren Sterne durchschnittlich auch die entfernteren
seien. Dann entsprechen den verschiedenen Größenklassen der Sterne
verschiedene Tiefen, in denen sie sich befinden. Die photometrische
Vergleichung der Größenklassen ergibt also zugleich ihre relativen
Abstände. Solche Vergleichungen haben nun gezeigt, daß jede tiefere
Größenklasse etwa 2½mal weniger Licht besitzt als die höhere, daß also
ein Durchschnittsstern 3. Größe 2½mal schwächer leuchtet als einer
der 2. Größe. Hiernach haben zum Beispiel die Sterne 10. Größe nur
noch 0.00025 des Lichtes von Wega, dem Normalsterne 1. Größe. Nach
dem Gesetz von der quadratischen Abnahme des Lichtes haben wir also
aus dieser Zahl nur die Quadratwurzel zu ziehen, um unter unserer
Annahme zu erfahren, daß diese Sterne 10. Größe, die noch längst
nicht zu den schwächsten gehören, etwa 64mal weiter von uns abstehen
müssen als durchschnittlich ein Stern 1. Größe. Nehmen wir für diese
letztere Durchschnittsentfernung 15 Lichtjahre oder rund 1 Million
Sonnenentfernungen, eine sogen. _Sternweite_, so würde sich ergeben,
daß das Licht der Sterne 10. Größe schon etwa tausend Jahre braucht, um
zu uns zu gelangen. Für die schwächsten in Fernrohren noch sichtbaren
Sterne findet man so an zehntausend und mehr Jahre.

Aber hier hat die Rechnung doch wohl ein Loch. Es scheint, daß diese am
schwächsten leuchtenden Sterne, die zum größten Teil die Milchstraße
bilden, wirklich auch kleiner sind als der Durchschnitt, und daß man
sie also doch in wesentlich größerer Nähe vermuten muß. Außerdem ist
es kaum anders möglich, als daß auch der Weltraum mit einem sehr
dünnen, lichtabsorbierenden Stoffe erfüllt ist, ähnlich wie die Luft
unserer Atmosphäre, und daß also auch dadurch die Sterne scheinbar in
eine größere Entfernung gerückt werden, als ihnen wirklich zukommt.
Aus manchen noch weiter dazukommenden Gründen meint man deshalb
annehmen zu dürfen, daß die letzten, allerfernsten Sterne, die unsere
optischen Mittel noch erreichen können, etwa »nur« 2000 Lichtjahre
von uns abstehen. Dies ist der ungeheure Umfang des Gesichtskreises
für unsere folgenden Betrachtungen. In Zahlen ausgedrückt, die uns
aber keine Begriffe geben können, mißt danach die ganze Welt, soweit
wir sie noch sinnlich wahrnehmen können, nach jeder Richtung hin rund
zwanzigtausend Billionen Kilometer (20000000000000000 km) oder 130
Millionen Sonnenentfernungen oder »Sternweiten«. Dies ist nach aller
Wahrscheinlichkeit ein allergeringstes Maß.

Wie sollen wir aber etwas über die Natur dieser fernen Welten
erfahren können, wenn sie sich nur als Punkte darstellen, so daß
also keinerlei besondere Merkmale an ihnen zu erkennen sind, durch
die man sie etwa mit unserer Sonne in Vergleich stellen könnte?
Wieder jenes Wunderinstrument ist es, das wir uns aus einem einfachen
lichtbrechenden Prisma zusammengesetzt haben, das Spektroskop, das den
Forscherblick auch hier bis in das innerste Wesen der Materie trägt,
die sich doch in ganz unausmeßbar großer Entfernung von uns befindet.
Sind die Sterne für uns auch Punkte, so bestehen doch ihre Strahlen aus
einem vielverschlungenen Gefüge von Lichtakkorden, die uns die Art der
dort glühenden Stoffe verraten, so wie wir es bei der Sonne gesehen
haben.

[Illustration: Sternspektren.]

Da tritt nun die wunderbare Tatsache hervor, daß die größte Zahl
der daraufhin untersuchten Sterne ein Spektrum hat, das in allen
seinen Hunderten von Linien mit dem der Sonne völlig übereinstimmt.
Dies bedeutet also, daß dieselben Stoffe unter denselben physischen
Bedingungen jene Sterne zusammensetzen, wie sie unsere Sonne und auch
unsere Erde aufgebaut haben. Das ganze Universum ist, wie sein Name
es sagt, aus _einem_ Wurf entstanden, aus ein und derselben Materie.
Oben sind einige Sternspektren abgebildet. Jede Linie ist erzeugt von
einem dort in Gasform glühenden Stoffe. Das oberste gehört einem jener
»_Sonnensterne_« an, das zweite ist das Sonnenspektrum selbst. Man
sieht, wie fast alle Linien sich in beiden Spektren untereinander
fortsetzen, nur mit verschiedener Stärke.

Nun gibt es freilich auch Sterne mit andern Spektren, anderer
chemischer und physikalischer Beschaffenheit. Man hat sie
dementsprechend in drei spektroskopische Klassen geteilt. Zu der ersten
Klasse gehören die ganz weißen Sterne, nach ihrem hauptsächlichsten
Vertreter auch die Siriussterne genannt. Rigel, Wega, Spika gehören zu
ihnen. Man kann aus ihrem Spektrum ersehen, daß sie noch ganz besonders
heiß sein müssen, heißer als die Sonne. Sie haben sehr große heiße
Atmosphären um sich gebildet, die namentlich aus Wasserstoff und Helium
bestehen, wie die Chromosphäre der Sonne. Im Falle dieser Sterne ist
sie aber so mächtig, daß die vielleicht auch hier darunter liegende
Photosphäre mit ihrem Spektrum metallischer Gase nicht oder nur sehr
schwach durchdringen kann. Es zeigen sich also hauptsächlich nur die
Linien jener Chromosphärengase. Bei der zweiten Spektralklasse aber
treten nun die Metallinien deutlich hervor, wie bei der Sonne. Das
Licht dieser Sterne zeigt einen Stich ins Gelbliche, dadurch andeutend,
daß die hellste Weißglut bei ihnen schon vorüber ist. Auch die Sonne
hat ein etwas gelbliches Licht. Zu diesen Sonnensternen gehört Arkturus
im Bootes, Capella im Fuhrmann und Aldebaran im Stier.

Die dritte Klasse endlich enthält die roten Sterne. Sie sind schon
zur Rotglut herabgesunken. Die beiden untern Spektren unseres Bildes
gehören diesem Typus an. Man sieht, wie hier viele dunkle Linien und
Bänder das Spektrum durchziehen, was eine starke Lichtabsorption in
ihren erkaltenden Atmosphären andeutet. Zu ihnen gehört Beteigeuze im
Orion, dessen rötliches Licht ohne weiteres auffällt.

Wir schlossen hier aus der Farbe der Sterne allein auf ihren
Hitzegrad. Es wäre nun interessant zu erfahren, ob vielleicht neben
den Lichtstrahlen trotz der ungeheueren Entfernung auch noch eine
Wärmestrahlung der Sterne direkt wahrzunehmen sei. In der Tat hat man
eine solche bei einigen Sternen nachweisen können, aber in neuerer
Zeit hat auch hier das Spektroskop tiefere Einblicke gestattet,
indem es auf Grund gewisser Untersuchungen von Lummer und Pringsheim
über die Beziehungen der Lichtverteilung im Spektrum zur Temperatur
des leuchtenden Körpers sogar Grenz-Zahlenwerte der Temperatur der
Fixsterne festzustellen gestattete. Man fand so für Sirius eine
Temperatur zwischen 6000 und 8000 Grad, er ist etwa 2000 Grad heißer
als es sich nach derselben Methode für unsere Sonne ergibt. Wega wäre
danach ungefähr ebenso heiß wie die Sonne, die Temperatur des Arkturus
läge zwischen 2500--2700 Grad, ebenso die des Aldebaran und die des
rötlichen Beteigeuze zwischen 2800 und 3200 Grad, das ist ungefähr die
Temperatur einer elektrischen Bogenlampe.

Unter jenen roten Sternen befinden sich nun viele, deren Licht
Schwankungen unterworfen ist, sogen. _veränderliche Sterne_. Es
gibt davon sehr verschiedene Typen, die ihren Lichtwechsel offenbar
auch sehr verschiedenen Ursachen verdanken. Aber jene roten Sterne
unter ihnen zeigen alle einen gleichen Charakter. Der Stern _Mira_,
der »Wunderbare«, im Walfisch, ist der Hauptvertreter dieser Klasse
offenbar erkaltender Sonnen. Zuzeiten kann dieser Wunderbare zu den
hellsten Sternen zählen, er strahlt dann gelegentlich in 1. bis 2.
Größe. Aber dieser Glanz hält nur wenige Wochen an, dann sieht man ihn
schwächer und schwächer werden, bis er etwa siebzig Tage nach seinem
Maximum für das bloße Auge verschwindet und dann sieben Monate lang
unsichtbar bleibt. In Fernrohren freilich kann man ihn noch weiter
sehen, aber er nimmt doch bis zur 9. bis 10. Größe ab. Nun wächst sein
Licht wieder, und zwar viel schneller als es abgenommen hatte, so
daß von seinem Wiedersichtbarwerden für das bloße Auge bis zu seinem
höchsten Glanz nur noch vierzig Tage verfließen, gegen siebzig bei der
Abnahme. Im ganzen dauert die Periode von einem Maximum zum andern
durchschnittlich 333 Tage oder elf Monate. Aber alle diese Zeiten
werden nur ganz ungefähr innegehalten, der Stern zeigt nichts von der
sonst an den Himmelserscheinungen so sehr bewunderten astronomischen
Pünktlichkeit. Auch sein Glanz kommt nicht immer wieder auf die
gleiche Höhe, er erreicht manchmal nur die vierte Größe, so daß er
ganz unscheinbar bleibt. Dies alles interessiert uns hier besonders.
Wir erinnern uns, daß auch die Fleckenperiode der Sonne ganz ähnliche
Erscheinungen darbietet, wenn auch in sehr abgeschwächtem Maße. Auch
bei der Fleckenperiode ist die Zeit vom Minimum zum Maximum wesentlich
kürzer als die Rückentwicklung, und auch bei der Sonne werden alle
diese Zeiten nicht genau innegehalten. Auch die Größe der Bedeckung
mit Flecken schwankt ja bekanntlich bei jedem Maximum und jedesmal
nach drei Perioden von je 11¹/₃ Jahren; nach 34--35 Jahren treten
also, wie wir sahen, ganz besonders viele Flecke auf. Auch bei Mira
glaubt man eine größere Periode von 40 Jahren erkennen zu können. Die
Sonne ist demnach ein veränderlicher Stern vom Miratypus und deshalb
Mira wahrscheinlich eine Sonne, die sich jedesmal nach elf Monaten mit
sehr vielen Flecken überzieht. Wir haben eine neue Parallele gefunden
zwischen jenen Sternen in der Unendlichkeit und unserer Sonne, die
uns im Vergleich zu ihnen geradezu handgreiflich nahesteht. Mira aber
ist für uns ein Zukunftsbild der Sonne. Es werden Zeiten kommen, wo
ihr Licht und all ihre strahlende Kraft in derart erschreckendem Maße
schwanken wird, zum sicheren Verderben alles Lebendigen.

Und noch eine sehr bezeichnende Ähnlichkeit findet sich zwischen der
Sonne und diesen Mirasternen. Wenn letztere in ihrer Glanzperiode sind,
zeigt ihr Spektrum sehr deutlich helle Wasserstofflinien, dieselben,
die die Protuberanzen, jene riesigen Flammen, aufweisen, die aus
dem Innern der Sonne hervorbrechen und während des Fleckenmaximums
besonders zahlreich und groß sind. Ungleich heftiger als in unserer
Sonne kämpfen also dort in den Mirasternen jene widerstreitenden Mächte
miteinander, auf der einen Seite die unaufhaltsam vorschreitende Kälte
des Weltraums, die alle Sonnen zum Erlöschen zu bringen trachtet,
und auf der andern die immer neue Wärme erzeugende Wirkung der
Massenzusammenziehung, die Verdichtungsarbeit, die, sich im Innern
sammelnd, von Zeit zu Zeit in mächtigen Ausbrüchen dem vordringenden
Verderben Widerstand leistet.

Mira war der erste dieser Art von Sternen, den man entdeckte. Der
Danziger Ratsherr _Hevel_, der zugleich ein trefflicher Astronom war
und eine der bestausgerüsteten Sternwarten seiner Zeit besaß, erkannte
den merkwürdigen Lichtwechsel um die Mitte des 17. Jahrhunderts, und
seither zeigt der Stern immer die gleichen Eigentümlichkeiten.

Inzwischen sind aber noch Hunderte[4] von ähnlichen veränderlichen
Sternen von diesem Typus entdeckt. Merkwürdig ist es, daß diese meist,
wenn sie überhaupt eine Periode verraten, ihr Licht innerhalb 300--400
Tagen wechseln.

Aber einige von diesen Sternen sind überhaupt völlig unregelmäßig. So
zum Beispiel der Stern ~R~ in der Krone. (Man pflegt die veränderlichen
Sterne durch große Buchstaben von ~R~ ab zu bezeichnen.) Dieser Stern
bleibt oft jahrelang unveränderlich, um dann ziemlich langsam ab- und
hierauf wieder zuzunehmen. So schwankt er zwischen 6.5. und 12. Größe.
Irgend eine Periode ist an ihm nicht zu entdecken.

Wieder anders verhält sich ~U~ Geminorum. Auch dieser Stern bleibt
meistens auf der gleichen sehr geringen Lichtstärke (etwa 13. Größe);
diese aber steigt in ganz unregelmäßigen Zwischenräumen mit großer
Schnelligkeit oft innerhalb 24 Stunden um mehrere Größenklassen,
während er viel langsamer wieder abnimmt.

Alle diese Sterne verraten durch ihr eigentümliches Verhalten offenbar
physische Umwälzungen auf ihrer Oberfläche. Diese ist in einigen Fällen
vielleicht schon mit festen Schlacken überzogen, durch die gelegentlich
die feuerflüssige Masse wieder ausbricht.

[Illustration: Lichtkurven veränderlicher Sterne:

I. Algol. II. δ Cephei. III. β Lyrae.]

Auf einer ähnlichen vorgeschrittenen Stufe der Abkühlung befindet sich
wahrscheinlich eine andere Klasse der veränderlichen Sterne, die ihr
Licht in viel kürzeren Zwischenräumen wechseln als die Mirasterne.
Diese andern Sterne, vom _Lyratypus_, nach dem zweiten Sterne (~Beta~)
in der Leier so benannt, zeigen einen viel regelmäßigeren und ziemlich
pünktlich innegehaltenen Lichtwechsel, der aber mehrere verschieden
starke Minima und Maxima zu haben pflegt. Jener obengenannte
Hauptvertreter der Gruppe hat eine Periode von 12 Tagen 21 Stunden 24
Minuten und einer langsam veränderlichen Zahl von Sekunden. Die hier
oben abgebildete Kurve zeigt den Charakter des Lichtwechsels mit den
beiden Nebenmaxima. Man kann die Erscheinung kaum anders erklären, als
daß sich auf diesen Sternen vom Lyratypus schon eine feste Oberfläche
gebildet hat, die teilweise bis unter Rotglut abgekühlt ist, während
an andern Stellen vielleicht noch große glühend-flüssige Meere von
Lava die Oberfläche bedecken. Indem nun die erstarrende Sonne sich um
ihre Achse dreht, wendet sie uns in regelmäßigen Zwischenzeiten ihre
leuchtenden und ihre dunklen Oberflächenteile zu. Die unregelmäßige
Verteilung dieser verschieden hellen Gebiete erklärt die verschiedenen
Maxima.

Zwischen den Veränderlichen dieser beiden Klassen gibt es nun
mancherlei Abstufungen, und es ist deshalb wohl anzunehmen, daß die
herbeigezogenen Erklärungsversuche nicht für alle diese Erscheinungen
unbedingt Gültigkeit haben.

In dieser Hinsicht ist namentlich der Veränderliche ~S~ Cygni
zu nennen, der überhaupt zu den merkwürdigsten dieser Art von
Himmelskörpern gehört. Er bleibt etwa zwei Monate ganz unverändert in
etwa 11. Größe. Dann steigt sein Glanz ähnlich wie bei ~U~ Geminorum
rasch auf 8.5 Grad, das ist das 12- bis 14fache seiner normalen
Helligkeit. Dies geschieht in wenigen Tagen, in der Hauptsache sogar
in etwa 19 Stunden. Nun bleibt er in dieser Helligkeit abwechselnd
fünf Tage oder noch einmal so lange. Es wechseln also kurze mit langen
Perioden ab. Das Minimum ist nach einer Woche wieder erreicht. Nach
einem kurzen Maximum bleibt er dann auch nur kürzere Zeit, 40 Tage,
nach einem langen 45 Tage unverändert. Würde dies nun immer genau
innegehalten, so müßte man an eine Umlaufserscheinung denken, ähnlich
wie die, die wir gleich noch bei den Algolsternen kennenlernen werden.
Nun aber zeigen sich namentlich wieder in neuerer Zeit (1903), wie auch
schon 1897 und 99, seltsame Abweichungen von der Regel. 1897 waren mit
einemmal zwei kurze Maxima aufeinander gefolgt, und darauf dauerte
das Minimum nur 22 Tage, statt 40 oder 45. Kurz, es sind Störungen
eingetreten, für die zunächst noch die Erklärung fehlt.

Völlig auf der Grenze zwischen dieser und der nächsten Klasse von
veränderlichen Sternen steht ~S~ Antliae. Seine Periode beträgt nur 7
Stunden 46.8 Minuten, die er regelmäßig innehält; sein Licht bleibt
aber nicht eine Zeitlang unverändert, um dann schnell auf- oder
abzusteigen, sondern verändert sich ganz allmählich. Auch insofern
weicht der Stern von der Regel ab, als die Lichtzunahme langsamer
erfolgt als die Abnahme.

Vor ganz kurzer Zeit wurde noch ein ähnlicher Stern mit der kürzesten
überhaupt beobachteten Periode von 4 Stunden 0.13 Sekunden entdeckt.
Daß diese Periode etwas mit der Umschwungszeit des Sternes um
seine Achse oder von zwei Sternen umeinander zu tun haben muß, ist
wohl zweifellos. Wir hätten also hier ganz ungewöhnlich schnelle
Umlaufsbewegungen konstatiert.

Unsere aufmerksame Beobachtung hat uns abermals eine Ähnlichkeit
zwischen jenen durchmesserlosen Sternen und der Sonne aufgedeckt, die
Umschwungsbewegung um eine Achse. Die rotierende und kreisende Bewegung
der Weltkörper ist eine ganz allgemeine Erscheinung. Sie ist notwendig,
damit im Rhythmus dieses Umschwungs eine Entwicklung stattfinden kann,
denn nur kreisende Weltkörper können ihresgleichen gebären.

Nun gibt es noch eine Klasse von veränderlichen Sternen, die nicht in
den bisher verfolgten Entwicklungsgang der Sterne durch allmähliche
Abkühlung passen und dies auch schon durch ihr rein weißes Licht
verraten; es sind die Sterne vom _Algoltypus_. Der Vorgang spielt
sich im Gegensatz zu den meisten Veränderlichen der andern Klassen
mit völlig astronomischer Pünktlichkeit ab. Algol, der zweite Stern
im Bilde des Perseus, hat zum Beispiel eine Periode von genau 2 Tagen
20 Stunden 48 Minuten und 55.4 Sekunden. Diese letztere Sekundenzahl
schwankt im Laufe der Jahrzehnte um höchstens 5 Einheiten in offenbar
gesetzmäßiger Weise. Für gewöhnlich ist der Stern zweiter Größe, etwa
so wie der Polarstern, und man kann ihn leicht in dem Sternbilde
finden. So bleibt er nur 2½ Tage unverändert. Dann beginnt er dunkler
zu werden, erst ganz langsam, dann immer beschleunigter, und nach etwa
4½ Stunden ist sein Licht um anderthalb Größenklassen herabgesunken, so
daß er nur noch ein unscheinbares Sternchen 3. bis 4. Größe ist. Nun
nimmt er aber sofort wieder zu und hat in derselben Zeit, die er zur
Abnahme brauchte, seine frühere Helligkeit wieder erreicht.

Es gibt nur eine Erklärung für diesen Vorgang: Es findet jedesmal
eine Verfinsterung dieser Algolsonne für unsern Standpunkt statt,
ein dunkler Körper tritt zwischen sie und uns, wie bei den
Sonnenfinsternissen der Mond. Dieser dunkle Körper umkreist den Algol
offenbar innerhalb jener Periode von weniger als drei Tagen. Er muß
sich deshalb sehr nahe bei ihm befinden und sehr groß sein, da er
soviel Licht von ihm verdecken kann. Die Zeichnung S. 64 drückt diese
Verhältnisse aus.

Wieder haben wir eine Entdeckung gemacht, durch die sich uns eine neue,
bedeutsame Verwandtschaft zwischen den Sternen und der Sonne dartut:
Auch jene Sonnen des fernsten Universums werden umkreist von andern
Körpern, sie haben Planeten um sich versammelt wie unser mütterliches
Gestirn, die sie mit ihren Wohltaten überhäufen können. Freilich ist
dieses Algolsystem doch sehr verschieden von dem der Sonne. Man hat
unter bestimmten Voraussetzungen die wirkliche Größe der beiden Körper
berechnen können und findet, daß der leuchtende Stern im Durchmesser
1700000 Kilometer hält, also nicht viel mehr als unsere Sonne mißt,
und daß der dunkle Begleiter fast genau so groß ist wie sie. Der
größte Planet unseres Systems, Jupiter, aber ist 10mal kleiner als die
Sonne. Ein so großer und seiner Sonne so naher Planet kann Lebendiges
sicher nicht mehr beherbergen. Die beiden Körper müssen sich zu stark
beeinflussen. Es scheint, als ob zwischen ihnen ein furchtbares Ringen
stattfindet, in dem die mächtigere Sonne ihren dunklen Rivalen mit sich
zu vereinigen trachtet.

[Illustration: Das Algolsystem, nach H. C. Vogel.]

Vielleicht besteht dieses Algolsystem sogar aus drei Körpern, die
in großer gegenseitiger Nähe einander umkreisen. Ich habe schon
vorhin gesagt, daß die Sekundenzahl des beobachteten Lichtwechsels
wieder in periodischer Weise schwankt. Diese Sekunden summieren sich
natürlich, und es ergibt sich, daß nach etwa 140 Jahren 173 Minuten
Differenz gegen einen unveränderlichen Umlauf zusammengekommen sind;
dann verändert sich die Periode wieder im umgekehrten Sinne. Immer
aber bleibt die astronomische Genauigkeit bestehen. Ganz ähnliche
langsame Schwankungen der Umlaufsbewegungen nehmen wir auch in unserem
Sonnensystem wahr; sie entstehen dadurch, daß sich die Planeten
gegenseitig durch ihre besondere Anziehung beeinflussen, oder daß zum
Beispiel im Falle unseres Mondes die Abplattung der Erde in solchem
Sinne wirkt. Ähnliches muß notwendig auch im Algolsystem stattfinden.
Wir haben wieder eine neue Verwandtschaft zwischen jenen fernen
Sonnensystemen und dem unsrigen entdeckt.

Veränderliche vom Algoltypus sind sehr selten; es gibt nur etwa
zwanzig. Genau sind solche Zählungen indes nie möglich, da es in
einzelnen Fällen zweifelhaft bleibt, in welche Klasse man den
betreffenden Stern einzuordnen hat. Bei allen spielt sich der
Lichtwechsel in sehr kurzer Zeit ab; die längste Periode beträgt 9½
Tage, bei ~S~ Cancri. Die kürzeste Periode fand man bei ~U~ Ophiuchi
mit 20 Stunden 7 Minuten und 43 Sekunden, wenn man von dem hier nur
zweifelhaft hergehörigen ~S~ Antliae absieht, von dem ich oben sprach.

Daß diese Art von Sternen so selten ist, wird man begreiflich finden,
wenn man überlegt, daß naturgemäß nicht häufig zwei fast gleichgroße
Körper so nahe beisammenstehen werden; dazu kommt die Bedingung einer
bestimmten Lage beider Körper zu uns, damit der eine den andern gerade
für unsern Standpunkt im Weltall verdunkeln kann. Diese Seltenheit
beweist deshalb auch nichts gegen die Ansicht, daß vielleicht sogar
die meisten andern Sonnen am Himmel eine Schar von Planeten um sich
versammelt haben wie die unsrige. Gerade wenn die Verhältnisse
ebenso sind wie bei uns, können wir niemals etwas davon erkennen.
Die dunklen Begleiter selbst zu sehen, ist ganz ausgeschlossen; ihre
Verfinsterungen aber würden wir gleichfalls nicht mehr wahrnehmen
können, weil das abgehaltene Licht einen zu kleinen Teil des ganzen
Sonnenlichtes ausmachen würde, wenn die Größe des Begleiters zu seiner
Sonne im gleichen Verhältnis stände wie Jupiter zu der unsrigen.

In einem besonderen, freilich wieder in anderer Weise von den
Verhältnissen in unserem Sonnensystem abweichenden Falle können wir
nun aber doch direkt sehen, daß die Sonnen Begleiter haben, die in
ähnlichen Größen- und Entfernungsverhältnissen stehen, wie die Planeten
zur Sonne, nämlich sobald diese Begleiter noch selbst leuchten, selbst
also noch Sonnen sind. Solcher Doppel- und vielfachen Sterne gibt
es nun in der Tat viele Tausende am Himmel. Alle Abstufungen sind
vertreten. Bei ganz hellen Sternen stehen ganz schwache, dann sieht
man wieder zwei gleich helle Lichtpunkte nebeneinander, wie bei dem
Stern 61 im Schwan, der nach unserer Kenntnis der drittnächste von
uns ist. Seine Entfernung beträgt nur etwa 7 Lichtjahre, 70 Billionen
Kilometer. Ein dreifacher Stern, Gamma in der Andromeda, gehört zu
den herrlichsten unter den funkelnden Edelsteinen des Himmels.
Schon kleine Fernrohre zeigen ihn in seiner ganzen Schönheit. Der
Hauptstern ist dritter Größe und leuchtet in goldgelbem Lichte, aber
sein Nebenstern, der wieder doppelt ist und fünfter Größe, ist intensiv
blau in wundervollem Kontraste gegen den andern: Ein Topas neben einem
Saphir.

In vielen Fällen können wir nun zwar bei diesen nahe
nebeneinanderstehenden Sternen nicht unterscheiden, ob sie nicht
vielleicht nur zufällig für unsern Standpunkt diese Stellung einnehmen,
in Wirklichkeit aber weit hintereinander stehen. Wir können ja in den
wenigsten Fällen ihre wirklichen Entfernungen ausmessen. Es würde sich
dann nur um _optische_ Doppelsterne handeln, von denen sich ganz gewiß
viele unter den bekannten befinden.

Bei einer ganzen Reihe aber ist kein Zweifel über ihre wirkliche
Zusammengehörigkeit, weil man die Wahrnehmung machte, daß sich einer
der beiden Sterne um den andern bewegt, wie ein Planet um seine
Sonne. Eine neue Übereinstimmung von ganz besonderem Werte für unsere
Betrachtungen, denn wir erkennen daraus zugleich, daß dieselben Gesetze
der Schwerkraft, die die schöne Ordnung in unserem engeren Weltreiche
schuf und festhält, auch dort in derselben Weise dieselbe Materie
beherrscht wie hier.

Unter diesen physischen Doppelsternen haben die beiden Einzelsterne
bei weitem den größten Abstand voneinander bei dem uns zugleich
auch am nächsten stehenden: Alpha im Zentauren. Wir verstehen ohne
weiteres, daß, je näher uns ein solches System ist, wir auch um so
leichter seine einzelnen Teile sehen können. Bei jenem Stern steht
der Begleiter 17.7´´ entfernt. Da seine Parallaxe 0.7´´ ist und wir
wissen, daß dieser Winkel gleich der Entfernung der Sonne von uns, aus
dieser Entfernung gesehen, ist, so brauchen wir nur diese 17.7 durch
0.7 zu dividieren, um zu finden, um wieviel Sonnenentfernungen dieser
leuchtende Planet von seiner Sonne absteht. Das macht also etwa 25
Sonnenentfernungen. Neptun, der entfernteste Planet, befindet sich
30 dieser Einheiten von der Sonne entfernt. Auch hier wieder eine
schöne Übereinstimmung der Verhältnisse. Jener Stern bewegt sich um
den Mittelpunkt seines Systems in 81 Jahren, Neptun braucht dazu 165
Jahre. Da nun die Geschwindigkeit, mit der sich zwei Himmelskörper
umeinander bewegen, außer von ihrer gegenseitigen Entfernung von ihrer
Masse abhängt, so kann man von dem Verhältnis dieser Geschwindigkeiten
in verschiedenen Systemen auf das Verhältnis ihrer Massen schließen.
So findet man, daß die Masse von Alpha Zentauri gleich 2.2 Sonnenmassen
sein muß. Die uns nächste Sonne ist also nicht wesentlich größer als
die unsrige. Ist diese Masse auch ebenso dicht über ihren Körper
verteilt, so kann ihr Durchmesser nur wenig größer sein als der unsrer
Sonne. Es ergibt sich dann, daß jene ferne Sonne von uns aus gesehen
nur noch 0.006 Bogensekunden messen kann. Da unsere besten Fernrohre
kaum eine Scheibe von einigen Zehntel Bogensekunden von einem Punkt
zu unterscheiden vermögen, so begreift man wohl, daß uns die Sterne
durchmesserlos erscheinen.

Die kürzeste bisher berechnete Umlaufszeit von Doppelsternen beträgt
nach neuester Bestimmung von Aitkens 5.7 Jahre, sie ist ungefähr die
Hälfte der des Jupiter. Der Abstand beider Sterne ist aber in diesem
Falle nur noch 0.4´´. Daß wir nicht noch kürzere Umlaufszeiten direkt
wahrnehmen, liegt offenbar daran, daß die Sterne so sehr weit von uns
entfernt sind, während die Größenverhältnisse jener Sternensysteme von
denen unserer Sonnenwelt nicht so sehr abweichen. Die gewiß vorhandenen
noch näheren Begleiter sind eben nicht mehr getrennt zu sehen.

Aber je mehr unsere optischen Mittel verschärft werden, desto mehr
findet man ganz nahe Begleiter bei den Sternen, und es scheint heute
geradezu, daß ein Stern ohne Begleiter zu den Ausnahmen gehört. Fast
alle Sonnen haben Nebenkörper hervorgebracht, die einst, schneller
erkaltend wie sie, zu eigentlichen Planeten werden sollen.

Die Umlaufsbewegungen dieser leuchtenden Begleiter anderer Sonnen
unterscheiden sich jedoch sämtlich in einer sehr auffälligen
Eigenschaft von denen der Planeten. Beide Arten von Körpern bewegen
sich zwar, genau den Gesetzen der Schwerkraft entsprechend, in Ellipsen
um den gemeinsamen Schwerpunkt ihrer Massen, aber bei den Planeten sind
diese Ellipsen Kreisen sehr ähnlich, sie sind sehr wenig exzentrisch,
während die Doppelsterne meist in sehr langgestreckten Bahnen einander
umkreisen. Die Doppelsterne nähern sich dadurch gewissen Kometen, die
in unserem Sonnensystem zwischen den Planetenbahnen umlaufen. Eine
Entwicklung des Lebens wäre auf solchen Weltkörpern, nachdem sie einmal
erkaltet wären, ganz unmöglich, weil im Laufe ihrer Jahreszeiten die
Beleuchtungs- und Erwärmungsverhältnisse bei dem starken Wechsel der
Entfernung vom Zentralgestirn zu veränderlich sein würden. Vielleicht
sind unbekannte Einwirkungen vorhanden, durch die im Laufe der Zeit,
die solche kleineren Sonnen brauchen, um zu Planeten zu erkalten, auch
ihre Bahnen allmählich zu ungefähren Kreisen abgeschliffen werden. Sind
in diesen offenbar jungen Weltsystemen noch viele kleinere Nebel- oder
meteorische Massen von der ersten Entwicklungszeit her vorhanden, die
der Bewegung Hindernisse entgegenstellen, so müßte in der Tat solche
langsame Verkleinerung der Exzentrizität eintreten.

Unter den Doppelsternen befindet sich auch Sirius. Wie er aber als
Doppelstern erkannt wurde, hat ein ganz besonderes Interesse. Jene
hellste Sonne am Nachthimmel machte nämlich ganz seltsame Bewegungen.
Zwar rücken alle Sterne am Himmel langsam von ihrem Platze, wovon
wir noch ausführlicher zu sprechen haben, aber Sirius bewegte sich
abweichend von den übrigen Sternen geradeso, als ob sich in seiner
Nähe noch ein anderer unsichtbarer Körper befände, der mit ihm um den
gemeinsamen Mittelpunkt des Systems kreiste. Man konnte vorhersagen,
daß der unsichtbare Körper zu einem Umlauf etwa 50 Jahre brauche, und
Auwers in Berlin berechnete dann auch noch die übrigen »Elemente«
seiner Bahn. Dieser rechnerischen Voraussetzung gemäß ist denn auch
wirklich der Begleiter gefunden worden. Dieser ist gar nicht so sehr
klein, 9. Größe, aber doch nur schwer zu sehen, weil ihn der mächtige
Glanz seiner Sonne so stark überstrahlt. Der kleinere Stern kann sich
höchstens um 9.7 Bogensekunden von ihr entfernen. Gewöhnlich befindet
er sich aber wesentlich näher. Die Umlaufszeit ist von _Lohse_ in
Potsdam zu 50.38 Jahren neu bestimmt. Da man auch bei Sirius die
Entfernung von uns kennt, so läßt sich auch die Masse der beiden Körper
berechnen. Man findet, daß er 13--14mal soviel Masse besitzt wie unsere
Sonne, der Begleiter 6--7mal soviel. Die große Helligkeit dieser
Sonne erklärt sich also wohl teilweise aus ihrer bedeutenden Größe.
Merkwürdig aber ist, daß der Begleiter gar nicht soviel kleiner ist als
Sirius und doch so sehr viel schwächer leuchtet. Wir haben hier wieder
ein Beispiel dafür, daß im besonderen die Helligkeit nichts Sicheres
über die wahre Größe eines Himmelskörpers aussagt.

Jenes wahrhafte Wunderinstrument, das Spektroskop, hat uns auch noch
tiefer in die Geheimnisse dieser fernen Sonnensysteme blicken und
Sterne als doppelt erkennen lassen, die in unsern Fernrohren wohl
niemals getrennt gesehen werden können. Bei den Spektren einiger
Sterne sieht man nämlich periodisch Doppellinien auftreten, die nur
davon herrühren können, daß hier zwei Körper Licht aussenden, von
denen der eine sich zu uns her, der andere von uns hinweg bewegt.
Dadurch verschiebt sich die Lage der Linien im Spektrum. Es ist einer
der größten Triumphe unserer modernen Beobachtungskunst, daß es durch
diese Linienverschiebungen gelingt, die Größe der Bewegung solcher
Himmelskörper sogar in Kilometern in der Sekunde zu bestimmen, obgleich
man über die Entfernung selbst, in der diese Bewegungen stattfinden,
gar nichts weiß. Wir sehen es heute in der Tat einem Sterne unmittelbar
an, ob er sich gerade auf uns zu oder von uns hinweg bewegt und zwar um
wieviel in der Sekunde. Da bei kreisenden Bewegungen die Richtung sich
beständig ändert, so ändern sich auch jene Linienverschiebungen, und
wir können aus diesen periodischen Schwankungen die Umlaufszeit solcher
spektroskopischen Doppelsterne bestimmen, die wir doch immer nur als
einen einzigen Lichtpunkt sehen. Die größte Umlaufszeit, die auf diese
Weise entdeckt wurde, hat ein Stern im Drachen mit 282 Tagen. Die
meisten dieser Sterne aber haben nur Umlaufszeiten von wenigen Tagen
und verraten sich deshalb als Algolsterne mit sehr nahen Begleitern,
die sich von jenen nur dadurch unterscheiden, daß diese Begleiter noch
selbst leuchten. Natürlich braucht sich der Begleiter auch nicht in
der Richtung der Gesichtslinie zu uns zu befinden, wie beim Algol und
seinen Verwandten. Andererseits muß man Algol als spektroskopischen
Doppelstern erkennen, wenn die für seinen Lichtwechsel gegebene
Erklärung zutrifft. In der Tat verschieben sich die Linien im
Spektrum innerhalb derselben Periode wie sein Lichtwechsel. Auch bei
andern Veränderlichen mit nahezu konstanter Periode hat man dieselbe
Übereinstimmung gefunden.

Ebenso wie die Sonne mehrere Planeten um sich versammelt hat, bemerkt
man am Himmel auch mehrfache Sternsysteme, wo vier, fünf, selbst bis
zu neun Sterne sicher oder doch wahrscheinlich physisch miteinander
verbunden zu erkennen sind. Daß solche Systeme für unsere Wahrnehmung
selten vorkommen, beweist wieder nichts gegen ihre wirkliche
Häufigkeit. Sind die andern Sonnensysteme dem unsrigen in dieser
Hinsicht ähnlich, so müßten die kleineren Körper von der Art unserer
Erde für uns verschwinden, auch wenn sie noch selbst leuchten.

Selbst auf dem spektroskopischen Wege hat man Andeutungen von einer
Vielfachheit gefunden, wo wir doch immer nur _einen_ Lichtpunkt
unterscheiden. In neuerer Zeit hat Tickhoff bei Beta Aurigae die
Wahrnehmung gemacht, daß sich nicht nur seine Linien periodisch
verdoppeln, sondern daß wieder in andern Perioden jede der doppelten
Linien sich abermals spaltet. Wir haben hier also ein vierfaches System
vor uns; wahrscheinlich haben die beiden Hauptkörper je noch einen
kleineren Trabanten.

Die Perioden der spektroskopischen Doppelsterne reihen sich, je weiter
unsre betreffenden Kenntnisse vordringen, desto mehr in ihrer oberen
Grenze denen der optisch wahrgenommenen unten an, setzen sich dann aber
bis zu wenigen Tagen fort, das heißt, zu einer mutmaßlichen Nähe der
Begleiter, bei denen ein direktes Erkennen längst ausgeschlossen wäre.

Daß es verhältnismäßig viele so sehr nahe beieinanderstehende
Weltkörper gibt, ist jedenfalls merkwürdig. Unser Sonnensystem zeigt
nicht entfernt irgendwo in seinem Bau ähnliche Verhältnisse. Wir müssen
annehmen, daß hier, ebenso wie bei den exzentrischen Doppelsternbahnen,
besondere Entwicklungszustände vorliegen, in denen sich unser
Sonnensystem nur gegenwärtig nicht befindet. In einem anderen
Bändchen[5] dieser Sammlung habe ich dargetan, daß diese ganz nahen
Doppelsterne möglicherweise das letzte Stadium einer Rückentwicklung
sind, in dem die Systeme ihre Massen wieder vereinigen, die Planeten
in ihre Sonne wieder zurückfallen. Aber manches spricht doch wieder
dagegen. Gerade die Algolsterne und die meisten spektroskopischen
Doppelsterne zeichnen sich durch ein besonders weißes Licht aus, sie
sind nicht rötlich, wie diejenigen veränderlichen Sterne, die wir als
alternde Sonnen erkannt haben. Man hat deshalb gemeint, daß man es bei
diesen einander so nahen und nahezu gleichgroßen Doppelkörpern ganz
umgekehrt mit einem Geburtsakt zu tun habe, bei dem eine Sonne sich
zweiteilt. Gewisse theoretische Untersuchungen haben die mechanische
Möglichkeit solcher Abtrennung erwiesen. Wir können über diese einander
völlig widersprechenden Ansichten derzeit noch nicht entscheiden.

Viele Sterne zeigen uns nun durch jenes sogen. Dopplersche Prinzip
der Linienverschiebungen, daß sie nicht in kreisender, sondern
_geradliniger_ Bewegung den Raum durcheilen, und wir können dann den
Teil davon messen, der gerade auf uns zu oder von uns hinweg gerichtet
ist, ohne daß wir sie im Fernrohr von der Stelle rücken zu sehen
brauchen. So ergaben Beobachtungen von _Vogel_ und _Scheiner_ in
Potsdam, daß Sirius und Wega sich in jeder Sekunde um 15 Kilometer uns
nähern, dagegen Aldebaran, der erste Stern im Stier, seine unbekannte
Entfernung von uns in jeder Sekunde um 48 Kilometer vergrößert.
Durchschnittlich sieht man die Sterne sich im Spektroskop um 20--30
Kilometer im Raume fortbewegen. Eine ungewöhnlich große Eigenbewegung
hat man letzthin an dem Doppelsterne ~O~ Persei entdeckt, der um mehr
als 100 Kilometer in der Sekunde fortrückt. Dabei schwankte diese
Geschwindigkeit in einer Periode von 4.4 Tagen beträchtlich, so daß
man es hier mit einem auch nur spektroskopisch doppelten Sterne zu
tun hat, von dem Vogel in Potsdam ausrechnete, daß die beiden Sterne
6600000 Kilometer voneinander abstehen und zusammen nur etwa 0.6 der
Sonnenmasse besitzen. Da sich hier die Spektrallinien nicht periodisch
spalten wie bei den sonstigen spektroskopischen Doppelsternen, so ist
anzunehmen, daß der eine Begleiter dunkel ist wie beim Algol, nur daß
seine Bahn nicht vor dem hellen Stern vorbeiführt, so daß er also keine
Lichtschwankungen hervorbringen kann.

Solche Bewegungen der Sterne werden nun auch direkt im Fernrohr
wahrgenommen, soweit sie in der andern Richtung, also senkrecht zur
Gesichtslinie, stattfinden. Kein Stern steht am Himmel wirklich still,
und der Name Fixstern ist nicht mehr berechtigt. Es gibt Sterne, wie
zum Beispiel Arkturus, die, seitdem man es vor zweitausend Jahren
zuerst versuchte, ihren Ort am Himmel festzustellen, diesen um mehr
als zwei Vollmondsbreiten verändert haben. Die größte Eigenbewegung
hat, wie man erst vor kurzem entdeckte, ein kleiner Stern 8. bis
9. Größe auf der südlichen Halbkugel, bezeichnet mit Cordoba Z.
5.243; sie beträgt 8.7´´ im Jahre. Er braucht nur 200 Jahre, um
eine Vollmondsbreite weiterzurücken. Die zweitgrößte Eigenbewegung
hat ein Stern 6. Größe, der 1830 Groombridge benannt wird. Seine
jährliche Bewegung beträgt 7.05 Bogensekunden. Die zehn größten
Eigenbewegungen sind auf dem oberen Diagramm S. 72 in ihrer relativen
Größe aufgezeichnet. Darunter befinden sich die Eigenbewegungen der
zehn hellsten Sterne des Himmels. Wir sehen, daß diese hellsten
Sterne keineswegs auch durchschnittlich sich am schnellsten bewegen,
was man voraussetzen könnte, wenn sie uns auch die nächsten wären.
Nur unser nächster Nachbar im Weltall, Alpha Zentauri, hat auch eine
große Eigenbewegung. Wir sehen auch aus diesem Umstande wieder, daß
die hellsten Sterne uns keineswegs auch immer die nächsten sind.
Die hier mit zum Teil sehr kleinen Eigenbewegungen verzeichneten
Sterne erster Größe haben sich als für uns praktisch unendlich weit
entfernt herausgestellt. Wir müssen also annehmen, daß diese Sterne,
Canopus, der zweithellste, auf der südlichen Halbkugel stehende
Stern, dann Rigel und Beteigeuze im Orion, ganz gewaltige Sonnen
sind, gewiß Hunderte von Malen größer als die unsrige, da sie aus
fast unausmeßbarer Entfernung noch so hell zu uns herüberleuchten
und auch durch ihre geringen Eigenbewegungen ihren großen Abstand
von uns verraten. Andererseits aber zeigt Arkturus, der für uns
gleichfalls in nahezu unendlicher Entfernung steht, eine sehr große
Eigenbewegung. Er muß sich in Wirklichkeit also ungeheuer schnell durch
den Himmelsraum bewegen. Unter der Annahme der sehr kleinen Parallaxe,
die man mit ziemlicher Unsicherheit für diesen Stern gefunden hat,
folgt aus seiner scheinbaren Eigenbewegung von 2,3´´ im Jahre, daß er
mit einer Geschwindigkeit von 670 Kilometern in der Sekunde den Raum
durchrasen müßte, das ist tausendmal schneller als unsere schnellsten
Geschosse fliegen. In den Himmelsräumen, wo alles mit einem Maßstabe
gemessen wird, der uns Parasiten eines kosmischen Sandkornes völlig
über den Horizont geht, ist man wohl auf große Geschwindigkeiten
gefaßt, mit denen die Materie ihren unbekannten Zielen entgegengeführt
wird, aber jene Geschwindigkeit gehört doch zu den größten auch nach
diesem kosmischen Maßstabe. Und eine ganze Sonne soll sich so schnell
fortbewegen! Mit was für unausdenkbaren Kräften arbeitet das Getriebe
der Weltkörper!


    Die 10 schnellsten und die 10 hellsten Sterne des Himmels, ihre
    100jährige Eigenbewegung (E.), Parallaxe (P.) und Entfernung in
    Lichtjahren (L.).

    [Illustration: Die 10 _schnellsten_ Sterne des Himmels, ihre
    100jährige Eigenbewegung; 1 kleinstes Quadrätchen = 5´´.]

    Namen:                  E.     P.     L.

    1. Cordoba Z. V. 243   870´´  0,32´´  20
    2. Groombridge 1830    710´´  0,12´´  17
    3. Lacaille 9352       690´´  0,29´´  11
    4. 61 Cygni            520´´  0,31´´  10
    5. Lalande 21158       470´´  0,40´´   8
    6. ε Indi              470´´  0,28´´  12
    7. Lalande 212158      450´´  0,20´´  16
    8. ~o~² Eridani        410´´  0,17´´  19
    9. μ Cassiopeiae       380´´  0,11´´  30
    10. α Centauri         368´´  0,76´´   4,3

    [Illustration: Die 10 _hellsten_ Sterne des Himmels, ihre
    100jährige Eigenbewegung; 1 kleinstes Quadrätchen = 5´´.]

    Namen:                  E.    P.      L.

    1. Sirius             132´´  0,38´´    9
    2. Canopus              5´´  0,01´´  327
    3. α Centauri         368´´  0,76´´    4,3
    4. Wega                36´´  0,09´´   36
    5. Capella             43´´  0,07´´   47
    6. Arktur             228´´  0,07´´   47
    7. Rigel                2´´  0,01´´  328
    8. Prokyon            125´´  0,32´´   10
    9. Achernar            42´´  0,05´´   65
    10. Beteigeuze          3´´  0,03´´  108

Da wir bisher eine so völlige Übereinstimmung aller Grundeigenschaften
zwischen den Sternen und unserer Sonne gefunden haben, so müssen wir
voraussetzen, daß auch diese im Raume nicht still steht. Bewegt sie
sich aber mit uns und den übrigen Körpern ihres Reiches unter den
Sternen fort, so müssen diese scheinbar nach der entgegengesetzten
Seite zurückweichen. Die Eigenbewegung der Sterne, so wie wir sie
wahrnehmen, setzt sich also aus zwei Teilen zusammen, nämlich aus ihrer
wirklichen Bewegung im Raume und ihrer scheinbaren, durch unsere eigene
Bewegung hervorgerufenen. Man versteht wohl, daß es schwer ist, diese
beiden Wirkungen voneinander zu trennen. Unter gewissen Voraussetzungen
fand man, daß wir uns mit der Sonne in jeder Sekunde um etwa 16
Kilometer gegen einen Punkt bewegen, der unweit der schönen Wega in
der Leier liegt.

Es wird manchem kaum faßlich und unmöglich scheinen, daß das ganze
Sonnensystem mit allen seinen großen und kleinen Weltkörpern, die durch
weite leere Räume von der Sonne getrennt sind, doch sich fortbewegen
könne, als sei es nur ein einziger, fest zusammenhängender Körper. Wir
müssen uns aber vorstellen, daß der ganzen ursprünglichen Masse diese
Bewegung schon innewohnte, als sie sich noch nicht in die einzelnen
Teile des heutigen Sonnensystems geschieden hatte, als die Planeten
noch nicht geboren waren. Die gemeinsame Bewegung blieb, und die
Planetenkugeln konnten später ihr kreisendes Spiel unbekümmert um diese
beginnen, wie man auf einem fahrenden Schiffe Ball spielen kann, als ob
es ruhe.

[Illustration: Das Sternbild des Großen Bären:

    1. vor 50000 Jahren,
    2. in der Gegenwart,
    3. nach 50000 Jahren.
]

Es scheint nun, daß nicht nur die Sonne mit ihren Planeten, sondern daß
selbst gewisse Gruppen von Sonnen einen gemeinsamen Ursprung gehabt
haben, da sie in derselben Richtung im Raume weiterziehen. So scheinen
einige Sterne des Himmels denselben Weg zu gehen, so daß sie also
wirklich und nicht nur scheinbar ein zusammengehöriges Ganzes sind.
Da andere Sterne des Bildes aber andere Richtungen haben, so muß es
mit den Jahrtausenden eine völlig andere Gestalt gewinnen. Hier ist
das Sternbild des Großen Bären abgebildet, wie es vor 50000 Jahren
ausgesehen haben muß, wie es jetzt ist und abermals nach 50000 Jahren
aussehen wird.

So erkennen wir also, wie auch die Sternbilder nichts ewig Bestehendes
sind, wie alles sich ruhelos verändert und wie wir die Sterne, die wir
einst an die Himmelsdecke festgeschmiedet wähnten, über sie hinfliegen
sehen würden wie die Leuchtkäfer in einer Juninacht, wenn wir den Lauf
der Zeit nur entsprechend beschleunigen könnten.

Wir wissen, daß einzelne Sterne mit rasender Geschwindigkeit den
Raum durcheilen. Können sie da nicht einmal gegeneinander rennen?
Würde zum Beispiel die gegenwärtige Bewegung des Sirius auf uns zu so
bestehen bleiben und besäße er nicht auch zugleich noch eine seitliche
Bewegung, so hätte er uns schon in etwa 17000 Jahren erreicht. Stürzte
er dabei auch nicht gleich direkt auf die Sonne, so müßte die größere
Annäherung einer so großen Masse doch die heilloseste Verwirrung in
den Planetenbewegungen hervorbringen, und der völlige Untergang alles
Bestehenden bei uns wäre sicher. Das ist nun zwar kaum zu fürchten,
denn auch in der Fixsternwelt herrscht wohl eine allgemeine Ordnung,
ähnlich wie im Planetenreiche, die solche Kollisionen nicht gestattet.

Aber solche Ordnung ist offenbar noch nicht in allen Teilen des
Universums erreicht. Wir sind gelegentlich Zeugen ganz gewaltiger
Weltkatastrophen, in denen kosmische Massen mit ihren ungeheuersten
Geschwindigkeiten aufeinander gerannt sein müssen. Solche Katastrophen
kündigen sich uns in den sogen. _neuen Sternen_ an. Ich will gleich den
interessantesten von ihnen herausgreifen, den neuen Stern im Perseus.

Er erschien am 21. Februar 1901 ganz plötzlich, oder vielmehr, er war
da, als Stern 2. bis 3. Größe, ohne daß man ihn hätte aufleuchten
sehen. Es ließ sich nachweisen, daß er zwei Tage vorher sicher nicht
11. Größe gewesen sein konnte, weil er auf einer zufällig gemachten
photographischen Aufnahme nicht zu entdecken ist. Bis zum nächsten
Tage nahm sein Glanz noch zu, und er leuchtete nun heller als alle
Sterne unseres Himmels, Sirius ausgenommen. Er erreichte jedenfalls
die Helligkeit der Wega. Von da ab nahm er nun bald wieder ab. Am 4.
März war er nur noch 2. Größe, am 6. bereits noch eine Klasse tiefer
gesunken, und so fort. Heute ist er nur noch 10. Größe.

Selbstverständlich richtete man sofort das Spektroskop auf das so
plötzlich aufgetretene neue Himmelswesen. Es zeigte sich in den
Linien seines Spektrums, daß hier zwei verschiedene Massen mit ganz
furchtbarer Gewalt aufeinandergestoßen waren, die eine davon mit einer
Geschwindigkeit von beinahe tausend Kilometern in der Sekunde. Dadurch
mußten die Körper offenbar zum großen Teil zertrümmert und eine ganz
ungeheure Hitze entwickelt werden. Die glühenden Gase der Umgebung
gaben leuchtende Linien.

[Illustration: Lichtkurve der Nova Persei v. 21. Februar bis 24. Juli
1901.]

Als nun unser Stern bis Mitte März, etwa drei Wochen nach seinem
Erscheinen, bis gegen die Grenze der Sichtbarkeit mit dem bloßen Auge
abgenommen hatte, zeigte er eine neue wunderbare Erscheinung: Sein
Licht nahm in regelmäßigen Zwischenräumen von etwa vier Tagen um
anderthalb Größenklassen ab und zu, er war ein veränderlicher Stern
geworden. Die untenstehende Kurve zeigt die Lichtschwankungen vom 16.
März bis zum 24. Juli 1901. Schon der Anblick dieser Kurve allein
stellt uns die Gewalt und Wildheit der Katastrophe vor Augen. Wir
müssen annehmen, daß ein Teil der Massen, die hier zusammenstießen,
die Hauptmasse sehr schnell umkreiste. Dies spricht für die Ansicht
Seeligers, nach der gewisse neue Sterne dadurch aufleuchten, daß sie in
eine Wolke kosmischen Staubes oder Nebels, oder endlich von Meteoriten
geraten, die dann mit immer beschleunigterer Geschwindigkeit auf sie
stürzen.

Ein neues Wunder an diesem interessantesten aller Himmelsobjekte für
den denkenden Beobachter schien diese Ansicht durch den Augenschein zu
bestätigen. Nach einigen Monaten sah man nämlich den Stern von einem
leuchtenden Nebel umgeben. Man nahm zuerst an, daß dieser schon immer
vorhanden gewesen sei und nun erst durch das neuaufflammende Licht des
Sternes in seinem Innern uns sichtbar wurde. Als man den Nebel sich in
den folgenden Monaten immer weiter ausdehnen sah, meinte man, daß das
Licht so lange Zeit gebrauche, um den Nebel zu durcheilen, denn der
neue Stern war offenbar auch für Fixsternverhältnisse sehr weit von uns
entfernt und der Weg vom Mittelpunkte der Katastrophe bis zur Grenze
des Nebelgebildes so ungeheuer groß, daß das Licht ihn erst in Monaten
durchlaufen konnte. Nichts kann in diesem Falle wohl eindrucksvoller
die unausdenkbar gewaltigen Dimensionen des Weltgebäudes uns vor Augen
führen, als dieses Hinschleichen des Lichtes über die Himmelsdecke, von
dem wir doch wissen, daß es 300000 Kilometer in der Sekunde zurücklegt.

[Illustration: Nebel um den neuen Stern im Perseus, aufgenommen am 31.
Januar 1902 auf der Licksternwarte in Kalifornien.]

Natürlich hat man sofort auch versucht, durch direkte
Parallaxenmessung die Entfernung des Wundersternes zu bestimmen. Es
fand sich wirklich eine fast unausmeßbar große Entfernung. _Bergstrand_
in Upsala bestimmte die Parallaxe zu 0.026 Bogensekunden und konnte
sagen, daß sie sicher nicht größer, eher dagegen in Wirklichkeit
kleiner, also die daraus berechnete Entfernung ein Minimum sei.
Diese kleinste Entfernung, in der jene weltvernichtende Katastrophe
stattfand, ergibt sich danach als das 11millionenfache der Entfernung
unserer Sonne oder 1600 Billionen Kilometer. Das Licht braucht 170
Jahre, um von dort zu uns zu kommen; die 1901 bei uns wahrgenommene
Erscheinung fand danach also in Wirklichkeit schon um 1730 statt.
So lange brauchte die himmlische Depesche, die diesen schrecklichen
Weltuntergang verkündete, um bei uns anzukommen.

[Illustration: Nebel um den neuen Stern im Perseus, aufgenommen am 2.
Februar 1902 auf der Licksternwarte in Kalifornien.]

Aber die Wunder dieses Sternes steigerten sich noch immer. Man sah,
wie es auf den Bildern S. 77 u. 78 auch zu erkennen ist, in dem Nebel
einzelne Flocken, die im Laufe der Monate zwar in ihrer Form ungefähr
bestehen blieben, aber deutlich die Reise vom Zentrum nach der
Peripherie mit derselben Geschwindigkeit machten, wie der Nebel selbst
sich ausbreitete. Auf den beiden Aufnahmen ist dieselbe Wolke mit einem
Kreise umgeben; durch Vergleichung mit den nebenstehenden Sternen sieht
man ihre Bewegung. Hier sah man also wirkliche, materielle, leuchtende
Massen, die mit voller Lichtgeschwindigkeit vom Mittelpunkte der
Katastrophe in den Weltraum hinausgeschleudert wurden.

Solche Kräfte waren physikalisch völlig unverständlich, solange man
das geheimnisvolle _Radium_ noch nicht kannte. Von diesem aber geht
bekanntlich ein Etwas beständig mit Lichtgeschwindigkeit aus, das,
mit andern Körpern zusammenstoßend, sie zum Leuchten bringt. Ich
habe hiervon auch schon in dem Kosmosbändchen vom Weltuntergang[6]
gesprochen. In den Weltkörpern, wie auch der Sonne, sind wahrscheinlich
größere Mengen von Radium vorhanden. War dies auch bei dem neuen
Stern im Perseus der Fall, so konnte nach seiner Zertrümmerung diese
»Emanation« des Radiums sich frei im Raume ausbreiten und erzeugte
dadurch diesen Nebel.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß unsere Sonne ganz ähnliche
Erscheinungen zeigen würde wie jener neue Stern, wenn ihr eine solche
Katastrophe zustieße. Ausgeschlossen ist dies keineswegs, da wir es ja
an andern ihr verwandten Sonnen am Himmel stattfinden sehen. Nur durch
eine noch weitere Vertiefung in die Organisation der Fixsternwelt,
von der die Sonne ein Teil ist, können wir einmal Auskunft darüber
erhalten, ob vielleicht der Bestand unseres Systems besonders geschützt
ist.

Das Aufflackern neuer Sterne gehört indes zu den seltensten
Erscheinungen am Himmel. Bis zur Entdeckung des Fernrohrs findet man
in den Annalen etwa 15 verzeichnet, von denen aber einige höchst
zweifelhaft sind. Unter ihnen ist die Erscheinung des »_Tychonischen
Sterns_« von 1572 die glänzendste überhaupt und übertraf auch den Stern
im Perseus noch bedeutend an Helligkeit. Der Stern erschien plötzlich
in der Kassiopeia und blieb mehrere Monate in der Helligkeit 1. Größe;
erst nach anderthalb Jahren verschwand er, das heißt, er war unter
die 6. Größe herabgesunken. Bei seiner Lichtabnahme wechselte er seine
Farbe von reinem Weiß durch Gelb zu Rot, benahm sich also ganz wie ein
glühender und erkaltender Körper. Solchen Farbenwechsel hat man auch an
andern neuen Sternen, aber nicht an allen, wahrgenommen, z. B. nicht an
der »Nova Persei«.

Nach der Erfindung des Fernrohrs mehrten sich begreiflicherweise
die Entdeckungen neuer Sterne, aber auch in unserer Zeit erschienen
neue Sterne durchschnittlich nur alle 4--5 Jahre. Es ist auffallend,
daß fast alle diese Sterne ganz in der Nähe der Mittellinie des
Milchstraßengürtels auftauchten, da, wo sich die Sterne am dichtesten
zusammendrängen, also auch die größte Wahrscheinlichkeit für
Zusammenstöße vorliegt, die wir für diese Ereignisse voraussetzten.
Die wenigen neuen Sterne, die etwas weiter von der Milchstraße
aufleuchteten, zeigten auch ein besonderes Verhalten. Sie besaßen im
Spektrum keine leuchtenden Linien, die den Ausbruch glühender Gase
ankündigen, und man muß deshalb annehmen, daß ihr Auftreten durch eine
weniger extreme Katastrophe verursacht wurde. Nur die 1866 erschienene
Nova in der nördlichen Krone macht hiervon eine Ausnahme. Sie war
die erste, die spektroskopisch untersucht werden konnte, und zeigte
dabei helle Linien. Man vermutete auch in den ersten Tagen nach ihrem
Erscheinen, daß sie von einem Nebel umgeben sei.

Unter den neuerdings erschienenen neuen Sternen verdient noch zunächst
der von 1885 erwähnt zu werden, der mitten in dem Sternengewirr des
Andromedanebels aufleuchtete, und dann die Nova Aurigae von 1892, die
insofern sich von den übrigen unterschied, als ihr Licht nach einem
nicht beobachteten plötzlichen Aufflackern mehrere Monate lang mit
kleineren, unregelmäßigen Schwankungen ziemlich konstant blieb, um
dann sehr schnell wieder bis zur Unsichtbarkeit herabzusinken. Man
kann sich bei ihm die Erscheinung deshalb nicht durch einen einmaligen
Zusammenstoß mit einer festen Masse erklären. Seeliger meint, dieser
Stern und wahrscheinlich auch einige andere seinesgleichen seien mit
einer Wolke kosmischen Staubes, das heißt, mit großen Schwärmen von
Meteoriten zusammengetroffen, die auf ihn beständig herabregneten
und ihn dadurch zum Glühen brachten. Solange der Stern die Wolke
durcheilte, blieb deshalb seine Helligkeit mit geringen Schwankungen
ungefähr gleich, sank aber dann schnell herab, nachdem er sie
durchdrungen hatte.

An dem Nebelgebilde um den neuen Stern im Perseus erkennt man
deutlich, daß es sich spiralig zu winden trachtet. Wenn zwei Körper
nicht ganz zentral zusammenstoßen -- und ein seitlicher Stoß ist doch
immer wahrscheinlicher --, so müssen sie sich gegenseitig in Umdrehung
versetzen, so wie wir es an Billardkugeln sehen. Der beobachtete
schnelle Lichtwechsel deutete schon solche Umdrehung an, und der Nebel
führte sie nun vor Augen.

[Illustration: Spiralnebel in den Jagdhunden.

Photographische Aufnahme der Yerkes-Sternwarte.]

Derartige Nebel findet man nun noch in großer Zahl am Himmel, und bei
näherem Hinblick ist ihre spiralige Form in vielen Fällen zweifellos.
Der berühmteste unter ihnen ist der Spiralnebel in den _Jagdhunden_.
Wir konnten nach unsern Erfahrungen über den Stern im Perseus
wenigstens vermuten, daß diese andern Nebel einmal auf ähnliche Art
durch einen Zusammenstoß entstanden seien. Hier beim Nebel in den
Jagdhunden sieht man sogar die zweite Masse, die mit der Hauptmasse
zusammengestoßen zu sein scheint, noch am Ende der letzten Spirale,
als ob sie nun nach Erfüllung ihrer Aufgabe den Schauplatz der von ihr
hervorgerufenen Katastrophe wieder verlassen wollte.

Ganz Ähnliches sieht man an dem großen Nebel in der _Andromeda_, den
wir mehr von der Seite sehen als den in den Jagdhunden, aber wir
können auf der Photographie die einzelnen Windungen doch deutlich
unterscheiden. Hier befinden sich in der Lichtmasse überall besondere
Knoten, ähnlich wie sie der Nebel um den neuen Perseusstern aufwies.

[Illustration: Nebel in der Andromeda.

Photographische Aufnahme der Yerkes-Sternwarte.]

Wir können uns bei diesem Anblick der Verdichtungen in der kreisenden
Urmasse nicht des Gedankens erwehren, als hätten wir es hier mit
einem werdenden Sonnensystem zu tun, und als seien diese Lichtknoten
die Embryonen künftiger Planeten. So folgt einem schrecklichen
Weltuntergange, der zwei zusammenstoßende Massen in diese gewaltige
Wirbelbewegung versetzte, eine Neuentwicklung auf dem Fuße, ja, er war
der Anstoß zu einer Neubelebung der bis dahin dunkel und deshalb ohne
Lebensregung den Raum durchdringenden Masse. Der Tod ist ja stets der
Schöpfer neuen Lebens. Aber wir können hier diese interessanten Fragen
nur streifen.

[Illustration: Spiraliger Sternnebel.]

Noch eine andere Spirale ist hier abgebildet. In ihr trachtet die
Nebelmasse sich zu Sternen zu verdichten. Auch die außen befindlichen
Sterne zeigen zum Teil eine Anordnung, die die Vermutung zuläßt,
daß sie einmal zu der Spirale gehörten, nun aber schon längst alle
Nebelmasse in sich vereinigt haben. So sehen wir in den verschiedenen
Einzelobjekten eine Entwicklungsreihe der Weltenbildung vor uns.

[Illustration: Der Orionnebel.

Nach einer Orig.-Aufnahme des Harvard College-Observatoriums.]

Hier der berühmte _Orionnebel_. Wie wild ist die Materie darin
durcheinandergewürfelt! Hier hat man wirklich den Eindruck einer
gewaltigen Katastrophe, die die ungeheure Weltenwolke so zerzausen
konnte. Und dennoch ordnen sich auch in ihr schon die Massen zu
einer Spirale, von der dieser Nebel nur der innere Teil ist. Durch
den größten Teil des ausgedehnten Orionsternbildes schlingt sich eine
äußerst zarte Spirale. Der eigentliche Orionnebel befindet sich unter
den drei in gerader Linie stehenden Sternen des Jakobstabes oder
Gürtels.

[Illustration: Der Ringnebel in der Leier.

Nach einer photographischen Aufnahme.]

Allmählich werden sich die Spiralen zu Ringen zusammenzuziehen suchen.
Denn alles strebt zu vollkommenerer Ordnung. Der schönste dieser
Nebelringe ist der im Sternbilde der Leier. Es schien im Sinne unseres
Entwicklungsgedankens, den wir hier andeutungsweise verfolgten,
merkwürdig, daß das Innere dieses Ringes leer war. Denn überall in
den uns bekannten Systemen befindet sich eine Zentralkraft, die nötig
scheint, wenn sich die Materie zu regelmäßigen Formen verdichten soll.
Hier hat die Photographie abermals ein Rätsel gelöst. Sie allein zeigt
den vermißten Zentralstern. Der photographische Apparat reagiert ja
bekanntlich auf Lichtarten, die dem Auge auch in den besten Fernrohren
unsichtbar bleiben, auf das sogen. ultraviolette Licht. Der zentrale
Teil dieses Ringnebels sendet hauptsächlich nur solches Licht aus.

[Illustration: Nebel im Sternbild des Schwans.]

Es gibt am Himmel natürlich auch unregelmäßige Nebel, aber vielfach
zeigen auch sie in ihrer Gestalt Andeutungen von Vorgängen, die wir
bisher verfolgt haben. Man sehe sich den völlig zerrissenen Nebel im
Schwan an (S. 84). Ist es nicht, als ob ein Gigant des Weltraums eine
Tabakswolke ausgeblasen hätte? Hier muß doch etwas hindurchgefahren
sein, um die Materie so auseinanderzuzerren.

[Illustration: Der »Amerikanebel«.

Photographische Aufnahme von Prof. Wolf in Heidelberg.]

Die nächste Abbildung zeigt den sogen. »Amerikanebel«. Der in seiner
Gestalt Zentralamerika entsprechende Teil windet sich, als sei hier
der Anfang einer Spirale. Rings um den Nebel herum befindet sich, wie
überhaupt bei den meisten ähnlichen Gebilden, eine sternarme Region.
Es hat demnach den Anschein, als ob sich in dem Nebel die umgebende
Materie zu vereinigen trachte, um hier in den Weltenwerkstätten
gebührende Verwendung zu finden.

[Illustration: Nebelschleier im Perseus.

Aufgenommen von Prof. Wolf in Heidelberg.]

Aber nicht auf alle Nebelmassen am Himmel haben bereits solche
bewegenden Momente gewirkt. Vergleichen wir das Werden der Welten
mit dem eines Lebewesens, so haben wir den Zusammenstoß von zwei
Weltkörpern als den Akt der Befruchtung anzusehen, von dem an die
vereinigten, machtvoll sich durchdringenden Massen zu einer neuen
aufsteigenden Entwicklung gezwungen werden. Die aufflammenden
neuen Sterne sind dann die Hochzeitsfackeln eines schöpferischen
Weltenbundes. Aber so wie in der lebendigen Natur gibt es auch
noch unbefruchtete Weltmassen in den Himmelsräumen. Wiederum die
Photographie hat weit ausgedehnte äußerst zarte Nebelschleier entdeckt,
wie den hier abgebildeten im Perseus, den Wolf in Heidelberg am 15.
Oktober 1904 aufnahm. Hier befindet sich die Weltmaterie noch in
äußerst feiner Verteilung. Aus sich selbst heraus würde sie wohl
niemals bewegte und bewegende Welten erzeugen können. Sie wartet auf
ein glückliches Zusammentreffen mit einer andern Masse, etwa einer
erkalteten Sonne, die die im Weltenraum nutzlos verfliegenden Massen
um sich sammelt und kreisen läßt, einen neuen Stern, einen Spiralnebel
und schließlich ein neues Sonnensystem erzeugend.

[Illustration: Der Sternhaufen im Herkules.

Nach einer Originalaufnahme des Harvard College-Observatoriums.]

Es mag aber auch wohl kommen, daß solche Nebelmasse niemals den
weltenbildnerischen Anstoß findet. Dann muß sie sich aus ihrer
eigenen Kraft heraus fast unendlich langsam verdichten. Waren schon
ursprünglich die Massen ungleich verteilt, so bilden sich einzelne
Verdichtungsknoten. Jede Verdichtung erzeugt Wärme, der Nebel zerfällt
in eine Unzahl einzelner Sterne, er wird zu einem Sternhaufen; das sind
wundervolle Himmelsobjekte, funkelnd und leuchtend wie eine Handvoll
in die Nacht ausgestreuter Diamanten. Hier ist der Sternhaufen im
Herkules nach einer Originalaufnahme des Harvard College-Observatoriums
in Cambridge (V. St.) abgebildet, und weiterhin der große Sternhaufen
im Zentauren (S. 88). Wie drängen sich hier die Sterne zusammen, daß
sie in der Mitte nur zu einem einzigen Lichtschimmer zusammenfließen!
Wieviel Tausende von Sonnen umschließt wohl dieses kleinere Universum?

Wir selbst mit unserer Sonne sind ein Teil eines solchen Sternhaufens,
der aber alle andern Sternhaufen und überhaupt alle Himmelskörper in
sich faßt: der _Milchstraße_. Sie ist nach neuen Ansichten für uns
das Universum in seinem ganzen Umfange, und der matte Schimmer des
den Himmel umfassenden Ringes kommt von den äußersten Grenzen des
Weltgebäudes, die unsern Sinnen erreichbar sind.

[Illustration: Der große Sternhaufen im Zentauren.]

Dieser leuchtende Gürtel ist nichts für sich Bestehendes. Nur für
unser bloßes Auge scheint er am Himmelsgewölbe verschwimmende Grenzen
zu zeigen. In Wirklichkeit nimmt die Sternenfülle am Himmel ganz
allmählich von den Punkten, die am weitesten von dem Gürtel entfernt
sind, den Polen der Milchstraße, bis zu ihr hin zu. Das untenstehende
Diagramm veranschaulicht das. Es ist danach kein Zweifel, daß alle
Sterne, auch die einzeln über den Himmel verteilten, einer größeren
Vereinigung von Sternen, einem größeren Weltenkomplexe angehören,
wovon die eigentliche Milchstraße nur der am dichtesten gedrängte Teil
ist. Durch die Abbildung auf S. 54 haben wir schon einen Blick in
die Fülle geworfen, wie sie die photographische Platte uns enthüllt.
Wie viele Tausende von Sonnen, jede vielleicht von bewohnten Welten
umkreist, überschaut hier zugleich das erstaunte Auge! Überkommt uns
nicht eine weihevolle Stimmung, wenn wir bedenken, daß hier das Wohl
und Wehe von vielleicht ungezählten Millionen verwandter Seelen für uns
zusammenschmilzt in diese flimmernden Lichtpünktchen?

[Illustration:

    Nördl. Pol      Gegend der    Südl. Pol
    d. Milchstr.    Milchstraße.  d. Milchstr.

Diagramm der Sternendichtigkeit.]

Wie mag dieses allumfassende Universum wohl aufgebaut, organisiert
sein, welche Form hat es wohl? Für uns, die wir mitten innestehen,
ist es schwer, die eigentliche Form zu erkennen. Aber das sehen wir
wohl, die Sterne können nicht gleichmäßig darin verteilt sein wie in
den Sternhaufen. Schon aus dem bloßen Anblick des Milchstraßenzuges,
der Verzweigungen und Lücken zeigt, erkennen wir dies. Dann muß die
Form des Ganzen flach, etwa linsenartig sein, so daß die Schärfe der
Linse in der Mitte der Milchstraße liegt. Es stehen hier die meisten
Sterne für uns hintereinander und drängen sich deshalb nur scheinbar so
zusammen.

Die wahre Form der Milchstraße zu erkennen, ist begreiflicherweise
eine recht schwierige Aufgabe, weil wir uns mitten in ihr befinden.
Man stelle sich vor, wir wären zur Nachtzeit auf einem großen, freien
Platze, der überall mit Laternen besetzt ist. Wir sollen die Form
des Platzes ermitteln, ohne uns auf ihm oder gar über ihn erheben zu
können. Immerhin wird aber ein genaueres Studium der Verteilung der
Lichter uns wenigstens einigen Aufschluß geben können.

Man untersuchte also zunächst einmal die Verteilung des
Sternenreichtums über die Himmelsdecke hin und fand dabei wohl
zunächst die allgemeine Zunahme gegen die Milchstraße hin, aber doch
auch wieder besondere Anhäufungen von Sternen, die nicht mit der
»galaktischen« Mittellinie zusammenfielen. _Stratonoff_ hat neuerdings
interessante Untersuchungen über die Verteilung der Sterne der Bonner
Durchmusterung nach ihren verschiedenen Größenklassen angestellt. Er
findet dadurch, wieder unter der Annahme, daß die schwächeren Sterne
auch im allgemeinen die entfernteren sind, die wahre Verteilung der
Sterne im Raume in diesen verschiedenen Entfernungen. Dabei zeigt es
sich, daß zunächst die Sterne bis 6. Größe eine zum Milchstraßenzuge
symmetrische Anordnung haben. Die Sterne bis zur 6. Größe umschließen,
wenn ihr Licht genau mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt, etwa 13
»Sternweiten«, wie wir sie auf S. 56 erklärt haben. Nun aber ergaben
die entfernteren Sterne von 6. bis 8. Größe, die zwischen 13 und
25 Sternweiten liegen, deutlich zwei besondere Verdichtungen, die
etwas abseits von der Milchstraße liegen, die eine im Schwan, die
andere im Fuhrmann; am ausgeprägtesten ist die erstere. In dieser
Richtung zeigt auch die Milchstraße ihren höchsten Glanz, aber doch
nur für das bloße Auge, das hier die Gesamtwirkung des Sternenlichtes
empfängt. Als _Easton_, der seit langen Jahren die Milchstraße zu
seinem Spezialstudium gemacht hat, die allgemeine Helligkeit dieses
geheimnisvollen Gürtels mit der Sternverteilung darin verglich, fand
er, daß hier im Schwan nur die verhältnismäßig helleren, näheren
Sterne diese Helligkeit verursachten, während an anderen Stellen
mehr die kleineren Sterne durch ihre besonders große Zahl den Glanz
hervorriefen. Diese Wahrnehmung deutet offenbar darauf hin, daß ein
Sternenstrom von uns aus in der Richtung des Schwans sich erstreckt,
der sich wahrscheinlich mit der eigentlichen Milchstraße verbindet
und andererseits bis ganz in das Gebiet unserer Sonne reicht. Daß die
nahen und nächsten Sterne diese Anordnung nicht verraten, liegt an den
perspektivischen Verschiebungen, durch die sie scheinbar gleichmäßiger
über den Himmel verteilt werden. Wir haben es hier also mit einem
Arm der Milchstraße zu tun, dem alle helleren Sterne des Himmels mit
unserer Sonne selbst angehören. Ein zweiter, ähnlicher Arm liegt in der
Richtung des Fuhrmanns.

Die Milchstraße selbst zeigt sehr ungleiche Helligkeitsverteilung. Sie
besteht aus großen, sich scheinbar übereinander lagernden Lichtwolken.
Nimmt man alle Erfahrungen zusammen, so kommt man zu der Überzeugung,
daß die Milchstraße eine ungeheure Spirale bildet, die sich aber schon
zum größten Teil in einzelne Sterne und Sterngruppen aufgelöst hat,
und daß einer der Spiralwindungen, die aus dem zentralen Teile des
großen Weltkomplexes entspringt, die Sonne angehört. Der eigentliche
Mittelpunkt der Spirale befindet sich danach vielleicht 30--60
Sternweiten von uns in der Richtung des Schwans.

Man hatte lange geglaubt, die Stufenfolge der von uns noch übersehbaren
Welten gehe weit über unser Milchstraßensystem hinaus, und jene
Nebelflecke und Sternhaufen, die wir zwischen den Sternen verstreut
finden, seien vielleicht Milchstraßensysteme jenseits des unsrigen,
die wir deshalb in ihrer eigentlichen Form übersehen konnten. Die
Milchstraße mit ihren Millionen Sonnensystemen sei also auch wieder
nur eine Einheit unter vielen in der endlosen Kette des Weltenbaues.
Aber das genauere Studium jener Nebelflecke hat es namentlich durch
die neueren, epochemachenden Arbeiten des Heidelberger Astronomen
_Wolf_ kaum mehr zweifelhaft gemacht, daß auch diese in Form und Größe
so unendlich vielgestaltigen Himmelswesen organisch in das System
unserer Milchstraße gehören. Zunächst ist durch die Heidelberger
photographischen Aufnahmen erwiesen worden, daß die Zahl der Nebel
ganz erheblich größer ist, als man bisher annahm. In gewissen Gegenden
wimmelt es geradezu von kleinen Nebeln. Auf einer einzigen Platte, die
150 Minuten lang exponiert war und eine Himmelsfläche im Haupthaar der
Berenice von nur wenigen Quadratgraden umfaßt, fand Wolf nicht weniger
als 1528 kleine Nebelgebilde. Diese Gegend ist die nebelreichste am
Himmel, und hier liegt gerade der Pol der Milchstraße, das heißt, sie
befindet sich möglichst weit von dem Himmelsgürtel entfernt, wo die
Sterne sich am meisten zusammendrängen. Dies hat sich als ein nicht
zufälliges Zusammentreffen herausgestellt: Die Nebel nehmen über den
ganzen Himmel hin in demselben Maße an Zahl zu wie die Sterne abnehmen.
Das beweist aber ganz klar die Zusammengehörigkeit beider Arten von
Himmelskörpern. Wir können uns vorstellen, daß der Entwicklungsprozeß
unter den einzelnen Teilen des Milchstraßensystems an der Peripherie
des ursprünglichen Ringes am schnellsten vor sich gegangen ist, so
daß sich hier die Nebelmaterie fast vollständig zu Sternen, das
heißt Sonnen, verdichtet hat. Dies mochte um so eher geschehen, als
manches dafür spricht, daß die Sterne in der eigentlichen Milchstraße
durchschnittlich wirklich -- und nicht nur scheinbar wegen ihrer
Entfernung -- kleiner sind als die der inneren Teile des gewaltigen
Sternhaufens. Sie stehen deshalb wahrscheinlich einander auch
tatsächlich näher als der Durchschnitt, und die Berechnungen, die
von der Verteilung der Sterne nach ihren Größen auf ihre wirklichen
Entfernungen schließen wollen, geben deshalb, wie ich schon früher
erwähnte, wahrscheinlich doch wesentlich zu große Werte für die
Entfernungen der schwächsten Sterne. Wegen dieser Kleinheit konnten
sich diese Sterne der äußersten Windungen der Milchstraßenspirale
schneller kondensieren, früher zu fertigen Sonnen werden, als die
inneren Teile. Namentlich in der Umgebung der Achse des linsenförmigen
Raumes, den die Welt der Milchstraße einnimmt, also in der Gegend
ihrer Pole von uns aus gesehen, konnten sich andererseits ursprünglich
vorhandene Nebelgebilde am längsten ungestört erhalten, weil hier alles
die geringsten Bewegungen ausführt.

Wir finden hier in der Milchstraße als Ganzes eine Erscheinung
wieder, die die einzelnen Nebel oft in sehr auffälliger Weise zeigen,
daß nämlich in ihrer Umgebung sich deutlich sternarme Gegenden,
Sternwüsten, finden, die meist nur auf der einen Seite des Nebels
auftreten, so daß es den Eindruck macht, als habe der Nebel in seiner
Bewegung alle vorgefundene Materie mit sich vereint, oder es hätten
umgekehrt die Sterne in ihrer Bahn den Weltraum von diesen Nebelwolken
befreit.

Zu diesen bedeutsamen Beziehungen tritt nun noch eine weitere, die
gleichfalls Wolf gefunden hat. Alle elliptisch langgestreckten Nebel
und Sternhaufen von der Art des großen Andromedanebels zeigen die
Tendenz, ihre Längsachsen nach ein und derselben Richtung zu kehren,
und deuten dadurch ihren gemeinsamen Ursprung an.

Nehmen wir alle diese Tatsachen zusammen, so müssen wir mit hoher
Wahrscheinlichkeit alle überhaupt an unserem Himmel wahrnehmbaren
Körper, alle die einfachen und vielfachen Sterne, alle die Sternhaufen
und Nebelflecke, kurz alles in allem, was unserer menschlichen
Erkenntnis noch zugänglich ist, organisch als zur Milchstraße gehörig
ansehen; sie ist für uns das Universum in seinem ganzen, unseren Sinnen
zugänglichen Umfange. Jenseits ihres allumfassenden Sternenkreises
liegt die Grenze unseres menschlichen Wissens. Liegt dort aber auch das
absolute Nichts?

Ist das Milchstraßen-Universum wirklich eine Spirale, so muß eine
andere Masse, die von jenseits desselben herüber gekommen ist, die
kreisende Bewegung durch einen Zusammenstoß hervorgebracht haben. Es
muß sich also auch jenseits der Grenzen unserer direkten Erkenntnis
noch etwas befinden, und unser Universum muß doch wieder nur ein Teil
eines noch weit größeren sein, das sich unsern Sinnen vielleicht
ewig entzieht, in dem aber der für uns alles umfassende Spiralnebel
der Milchstraße abermals nur einer unter vielen ist. Es scheint
sogar, als ob wir jene andere Masse, die durch ihren Zusammenstoß den
Werdeprozeß dieses unseres Weltgebäudes und damit alle unsere Geschicke
einleitete, diese Masse, die das Weltall einst befruchtete, heute noch
am Himmel sehen könnten. Nicht weit vom Zuge der Milchstraße auf der
südlichen Himmelshälfte erkennt man zwei von ihr losgelöste leuchtende
Massen, die Magellanischen Wolken, von denen die größere nach einer
Originalaufnahme des Harvard College-Observatoriums hier abgebildet
ist. Sie sind durchaus zu vergleichen mit den Nebelknoten, die wir in
der Nähe gewisser Spiralnebel wahrnahmen, und die ganz so aussehen,
als ob sie ihre wirbelnde Bewegung verursacht hätten. Vielleicht also
ist diese himmlische Wolke hier der Vater alles Gewordenen. Denn
all unsere Lose lagen verteilt in jener Urmasse, und allem wurde
die Entwicklungsrichtung gegeben durch jenen ersten weltenbildenden
Zusammenstoß.

[Illustration: Die große Magellanische Wolke.

Nach einer Original-Aufnahme des Harvard College-Observatoriums.]

Unsere Lose fielen dabei zweifellos besonders günstig. Wir befinden
uns nahezu im Zentrum der Weltspirale. Schematisch mag unsere Stellung
im Weltall etwa durch untenstehende Zeichnung angedeutet werden, in
der die Milchstraße selbst, in Unkenntnis der Einzelheiten ihrer
spiraligen Struktur, als Ring dargestellt ist. In dem großen Ringe ist
noch ein kleinerer, die innere Spirale andeutend, eingezeichnet, und in
diesem die zentrale Verdichtung, der die größeren, uns näheren Sterne
angehören. Links am Rande dieser Mittelpartie ist dann die Lage unserer
Sonne anzunehmen. Der innere Kreis von Sonnen wäre dieser Ansicht
zufolge nach geringstem Maß etwa 300 Lichtjahre von uns entfernt,
der innere Rand der eigentlichen Milchstraße 1200 und ihre letzten
Grenzen 1800 Lichtjahre. Dort liegt das wirkliche Ende der Welt für
uns. Weiter kann ich den geneigten Leser nun nicht mehr führen. Unsere
Betrachtungen nehmen hier ein Ende.

[Illustration: Schematische Darstellung des Milchstraßen-Weltsystems.]

Mögen sie die Überzeugung geweckt haben, daß wir in einem wunderbaren
Weltorganismus leben, in dem alle Teile dem Ganzen ähnlich sind und
alles nach einem großen, einheitlichen Prinzip geordnet ist, und
daß alles, das Lebendige wie die leblose Natur und die ungeheuren
Weltkörper, in rastloser Fortentwicklung ein und demselben großen,
unerforschlichen Ziel entgegenstrebt.



Fußnoten:


    [1] Der ganze Kreisbogen wird bekanntlich in 360° (Grade), 1°
        in 60´ (Min.) und 1´ in 60´´ (Sek.) eingeteilt.

    [2] Vgl. Gideon Riegler, Sonnen- und Mondfinsternisse. A.
        Hartlebens Verlag, Wien und Leipzig.

    [3] S. M. W. Meyer, Weltuntergang.

    [4] Anmerkung. Alle Zahlenangaben sind heute sehr unzuverlässig
        geworden, da durch die neuen photographischen Verfahren
        beständig viele neue Entdeckungen gemacht werden. Neulich
        teilte z. B. Wolf in Heidelberg die Auffindung von nicht
        weniger als 35 veränderlichen Sternen allein im Orionnebel
        mit. Ein bis 1900 fortgesetzter Katalog der Veränderlichen,
        von Miß Cannon hergestellt, enthält 737 Nummern.

    [5] Meyer, Weltschöpfung.

    [6] Meyer, Weltuntergang.



Inhaltsverzeichnis.


(d. S. = der Sonne, d. St. = der Sterne).

    Algoltypus 63

    Alpha Zentauri 66

    Alter d. S. 45, 46

    Amerikanebel 85

    Anbetung d. S. 6

    Andromedanebel 82

    Arbeitsleistung d. S. 14

    Argelanders Sternkatalog 53

    Arkturus 55, 73

    Arm der Milchstraße 90


    Bahnen der Doppelsterne 68

    Bedeutung d. S. 6

    Beta Aurigae 69, 70

    Beta Lyrae 61

    Bewegungen d. St. 71

    Bolometer 13

    Bonner Durchmusterung des Himmels 53


    Chromosphäre 22, 34

    Cordoba 71


    Doppelsterne 65

    Dopplersches Prinzip 70


    Eigenbewegung d. St. 71

    Eiszeiten und S.-Flecke 41

    Elektronen 36, 39

    Entfernung d. S. 10

    Entfernung d. St. 48

    Erdströme, magnetische 36

    Eros (Planet) 10


    Fackeln d. S. 23, 29

    Finsterniswind 18

    Fixsterne, die 10 hellsten 52, 72

    Fixsterne, die 10 schnellsten 72


    Galaktische Mittellinie 90

    Gamma Andromedae 65

    Geiser auf d. S. 43, 44

    Gelbliche Sterne 58

    Geschwindigkeit d. St. 72

    Gewicht d. S. 11

    Gradnetz des Himmels 53

    Granulation d. S. 21

    Groombridge (1830) 71

    Größe d. S. 7

    Größenklassen d. St. 52

    Großer Bär oder Wagen 47, 74


    Heizkraft d. S. 13

    Helium 34

    Himmelswagen 47, 74

    Hipparchs Sternkatalog 53

    Hitzegrad d. St. 58


    Jagdhunde 81

    Jakobstab 47, 84

    Jährliche Parallaxe 50


    Kanon der Finsternisse 20

    Katalog der Astron. Ges. 54

    Klima u. S.-Flecke 40

    Konstellationen 48

    Korona 30, 35

    Koronium 35

    Kraftleistung d. S. 14


    Lebensdauer d. S. 45, 46

    Leiernebel 84

    Leuchtender Nebel 76

    Leuchtkraft d. S. 13

    Lichtjahr als Maß 50

    Lichtkurven veränd. St. 61.

    Lichtwirkung d. S. 12

    Lyratypus 61


    Magellan. Wolken 93

    Magnetische Stürme 37

    Magnetnadel 40

    Milchstraße 88

    Milchstr.-Universum 92

    Mira 59


    Nebelgebilde 80

    Nebelknoten 87

    Nebelringe 84

    Nebelschleier 86

    Neue Sterne 75, 79

    Nova Aurigae 80

    Nova Coronae 80

    Nova Persei 75


    ~O~ Persei 71

    Oppolzers Kan. d. Finst. 20

    Optische Doppelst. 66

    Orion 47

    Orionnebel 83


    Parallaxe d. S. 8

    Penumbra 24

    Periodizität d. S.-Flecke 25

    Perseusnebelschleier 77, 78

    Photogr. d. Sternhimmels 54

    Photosphäre 22, 33

    Polarlichter 37

    Polarstern 47

    Protuberanzen 24, 29, 35


    Radium 34, 35, 79

    Rauminhalt d. S. 11

    Räuml. Verteilg. d. St. 55

    Regen auf d. S. 43

    ~R~ Coronae 61

    Rotation d. S. 27

    Rotationsgesetz 28

    Rote Sterne 58


    ~S~ Antliae 62

    Schwannebel 84, 85

    ~S~ Cygni 62

    Sirius 47, 68

    Siriussterne 58

    Solarkonstante 14, 42

    Sonnenfinsternisse 16

    Sonnenflecke 23, 45

    Sonnenspiegel 16

    Sonnensterne 57

    Spektralanalyse 33

    Spektroskop 33

    Spektroskop. Doppelsterne 69

    Spiralnebel 81, 83

    Sternarme Gegenden 92

    Sternbilder 47

    Sternenhimmel 47

    Sternhaufen 87

    Sternkarten 53

    Sternkataloge 53

    Sternschöpfung 86

    Sternspektren 57

    Sternweite 56

    Sternwüsten 92


    Temperatur d. S. 13

    Temperatur d. St. 58

    Tychonischer Stern 79


    ~U~ Geminorum 61


    Venusdurchgang 9

    Veränderl. Sterne 59

    Verdichtung d. S. 43

    Verehrung d. S. 6

    Verteilung d. St. 55, 90

    Vielfache Sterne 69


    Wärmestrahlung d. S. 13

    Wasserstoff 34, 39

    Weiße Sterne 58

    Weltenbildung 82

    Weltkatastrophen 75

    Weltspirale 92

    Weltumfang 57

    Wirbelstürme d. S. 42

    Wolken d. S. 43


    Zahl d. St. 52

    Zentralsterne 84, 85



Folgende seit Bestehen des Kosmos erschienene Buchbeilagen

erhalten Mitglieder, solange vorrätig zu _Ausnahmepreisen_:


1. Gruppe 1904--1908. Broschiert M 20.--, gebunden M 33.20

    1904

          Bölsche, W., Abstammung des Menschen. -- Meyer, Dr. M.
          W., Weltuntergang. -- Zell, Ist das Tier vernünftig?
          (Dopp.-Bd.) -- Meyer, Dr. M. W., Weltschöpfung.

          1905

          Bölsche, Stammbaum der Tiere. -- Francé, Sinnesleben der
          Pflanzen. -- Zell, Tierfabeln. -- Teichmann, Dr. E.,
          Leben und Tod. -- Meyer, Dr. M. W., Sonne und Sterne.

    1906

          Francé, Liebesleben der Pflanzen. -- Meyer, Rätsel der
          Erdpole. -- Zell, Streifzüge durch die Tierwelt. --
          Bölsche, Im Steinkohlenwald. -- Ament, Seele des Kindes.

    1907

          Francé, Streifzüge im Wassertropfen. -- Zell, Dr. Th.,
          Straußenpolitik. -- Meyer, Dr. M. W., Kometen und
          Meteore. -- Teichmann, Fortpflanzung und Zeugung. --
          Floericke, Dr. K., Die Vögel des deutschen Waldes.

    1908

          Meyer, Dr. M. W., Erdbeben und Vulkane. -- Teichmann,
          Dr. E., Die Vererbung. -- Sajó, Krieg und Frieden im
          Ameisenstaat. -- Dekker, Naturgeschichte des Kindes. --
          Floericke, Dr. K., Säugetiere des deutschen Waldes.


2. Gruppe 1909--1913. Broschiert M 20.--, gebunden M 33.20

    1909

          Francé, Bilder aus dem Leben des Waldes. -- Meyer, Dr.
          M. W., Der Mond. -- Sajó, Prof. K., Die Honigbiene.
          -- Floericke, Kriechtiere und Lurche Deutschlands. --
          Bölsche, W., Der Mensch in der Tertiärzeit.

    1910

          Koelsch, Pflanzen zw. Dorf und Trift. -- Dekker, Fühlen
          u. Hören. -- Meyer, Welt der Planeten. -- Floericke,
          Säugetiere fremder Länder. -- Weule, Kultur d.
          Kulturlosen.

    1911

          Koelsch, Durch Heide und Moor. -- Dekker, Sehen, Riechen
          und Schmecken. -- Bölsche, Der Mensch der Pfahlbauzeit.
          -- Floericke, Vögel fremder Länder. -- Weule,
          Kulturelemente der Menschheit.

    1912

          Gibson-Günther, Was ist Elektrizität? -- Dannemann, Wie
          unser Weltbild entstand. -- Floericke, Fremde Kriechtiere
          und Lurche. -- Weule, Die Urgesellschaft und ihre
          Lebensfürsorge. -- Koelsch, Würger im Pflanzenreich.

    1913

          Bölsche, Festländer und Meere. -- Floericke, Einheimische
          Fische. -- Koelsch, Der blühende See. -- Zart, Bausteine
          des Weltalls. -- Dekker, Vom sieghaften Zellenstaat.


3. Gruppe 1914--1918. Broschiert M 18.50, gebunden M 30.50

    1914

          Bölsche, Wilh., Tierwanderungen in der Urwelt. --
          Floericke, Dr. Kurt, Meeresfische. -- Lipschütz, Dr. A.,
          Warum wir sterben. -- Kahn, Dr. Fritz, Die Milchstraße.
          -- Nagel, Dr. Osk., Romantik der Chemie.

    1915

          Bölsche, Wilh., Der Mensch der Zukunft. -- Floericke,
          Dr. K., Gepanzerte Ritter. -- Weule, Prof. Dr. K., Vom
          Kerbstock zum Alphabet. -- Müller, A. L., Gedächtnis und
          seine Pflege. -- Besser, H., Raubwild und Dickhäuter.

    1916

          Bölsche, Stammbaum der Insekten. -- Fabre, Blick ins
          Käferleben. -- Zell, Pferd als Steppentier. -- Weule,
          Krieg in den Tiefen der Menschheit (Dopp.-Bd.).

    1917

          Besser, Natur- und Jagdstudien in Deutsch-Ostafrika. --
          Floericke, Dr., Plagegeister. -- Hasterlik, Dr., Speise
          und Trank. -- Bölsche, Schutz- und Trutzbündnisse in der
          Natur.

    1918

          Floericke, Forscherfahrt in Feindesland. --
          Fischer-Defoy, Schlafen und Träumen. -- Kurth, Zwischen
          Keller und Dach. -- Hasterlik, Dr., Von Reiz- und
          Rauschmitteln.


4. Gruppe 1919--1923. Broschiert M 16.--, gebunden M 26.50

    1919

          Bölsche, Eiszeit und Klimawechsel. -- Zell, Neue
          Tierbeobachtungen. -- Floericke, Spinnen und
          Spinnenleben. -- Kahn, Die Zelle.

    1920

          Fischer-Defoy, Lebensgefahr in Haus und Hof. -- Francé,
          Die Pflanze als Erfinder. -- Floericke, Schnecken und
          Muscheln. -- Lämmel, Wege zur Relativitätstheorie.

    1921

          Weule, Naturbeherrschung I. -- Floericke, Gewürm. --
          Günther, Radiotechnik. -- Sanders, Hypnose und Suggestion.

    1922

          Weule, Naturbeherrschung II. -- Francé, Leben im
          Ackerboden. -- Floericke, Heuschrecken und Libellen. --
          Lotze, Jahreszahlen der Erdgeschichte.

    1923

          Flaig, Kampf um den Tschomo-lungma. -- Floericke,
          Falterleben. -- Francé, Entdeckung der Heimat. -- Behm,
          Kleidung und Gewebe.


Alle 4 Gruppen auf einmal bezogen: brosch. M 67.50, geb. M 112.--

    =Einzeln bezogen= jed. Bd. brosch. M 1.--, geb. M 1.60 (für
    Nichtmitgl. je M 1.20 bzw. 2.--)

    Die Jahrgänge 1904--1916 (je 5 Bde.) kosten für Mitglieder
    brosch. je M 4.50, geb. je M 7.20

    Die Jahrgänge 1917--1923 (je 4 Bde.) kosten für Mitglieder
    brosch. je M 3.60, geb. je M 5.80


=Goldmarkpreise= Mitte Dezember 1923. Auf Wunsch können größere Beträge
nach vorhergehender Vereinbarung auch in =Teilzahlungen= entrichtet
werden.



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Die
    unterschiedlichen Schreibweisen von Magellan wurden auf diese Form
    vereinheitlicht. Sonst wurde die Originalschreibweise beibehalten.



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