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Title: Wissenschaft der Logik — Band 1
Author: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Wissenschaft der Logik — Band 1" ***


Wissenschaft der Logik

by Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Erster Teil. Die objektive Logik.


                                Inhalt:

 Vorrede zur ersten Ausgabe.
 Vorrede zur zweiten Auflage.
 Einleitung
   Allgemeiner Begriff der Logik
   Allgemeine Eintheilung der Logik

 Erstes Buch Die Lehre vom Seyn.
   Womit muß der Anfang der Wissenschaft gemacht werden?
   Allgemeine Eintheilung des Seyns

 Erster Abschnitt Bestimmtheit (Qualität).
     Erstes Kapitel. Seyn.
       A. Seyn.
       B. Nichts.
       C. Werden.
         1. Einheit des Seyns und Nichts.
           Anmerkung 1.
           Anmerkung 2.
           Anmerkung 3.
           Anmerkung 4.
         2. Momente des Werdens.
         3. Aufheben des Werdens.
           Anmerkung.
     Zweites Kapitel. Das Daseyn.
       A. Daseyn als solches.
         a. Daseyn überhaupt.
         b. Qualität.
           Anmerkung.
         c. Etwas.
       B. Die Endlichkeit.
         a. Etwas und ein Anderes.
         b. Bestimmung, Beschaffenheit und Grenze.
         c. Die Endlichkeit.
           1. Die Unmittelbarkeit der Endlichkeit.
           2. Die Schranke und das Sollen.
             Anmerkung.
           3. Übergang des Endlichen in das Unendliche.
       C. Die Unendlichkeit.
         a. Das Unendliche überhaupt.
         b. Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen.
         c. Die affirmative Unendlichkeit.
         Der Übergang.
           Anmerkung 1.
           Anmerkung 2.
     Drittes Kapitel. Das Fürsichseyn.
       A. Das Fürsichseyn als solches.
         a. Daseyn und Fürsichseyn.
         b. Seyn-für-eines.
           Anmerkung.
         c. Eins.
       B. Eins und Vieles.
         a. Das Eins an ihm selbst.
         b. Das Eins und das Leere.
           Anmerkung.
         c. Viele Eins. Repulsion.
           Anmerkung.
       C. Repulsion und Attraktion.
         a. Ausschließen des Eins.
           Anmerkung.
         b. Das Eine Eins der Attraktion.
         c. Die Beziehung der Repulsion und Attraktion.
           Anmerkung.

   Zweiter Abschnitt. Die Größe (Quantität).
     Anmerkung.
     Erstes Kapitel. Die Quantität.
       A. Die reine Quantität.
         Anmerkung 1.
         Anmerkung 2.
       B. Kontinuirliche und diskrete Größe.
       C. Begrenzung der Quantität.
     Zweites Kapitel. Quantum.
       A. Die Zahl.
         Anmerkung 1.
         Anmerkung 2.
       B. Extensives und intensives Quantum.
         a. Unterschied derselben.
         b. Identität der extensiven und intensiven Größe.
           Anmerkung 1.
           Anmerkung 2.
         c. Die Veränderung des Quantums.
       C. Die quantitative Unendlichkeit.
         a. Begriff derselben.
         b. Der quantitative unendliche Progreß.
           Anmerkung 1.
           Anmerkung 2.
         c. Die Unendlichkeit des Quantums.
           Anmerkung 1. Die Begriffsbestimmtheit des mathematischen Unendlichen.
           Anmerkung 2. Der Zweck des Differentialkalkuls aus seiner Anwendung abgeleitet.
           Anmerkung 3. Noch andere mit der qualitativen Größenbestimmtheit zusammenhängende Formen.
     Drittes Kapitel. Das quantitative Verhältniß.
       A. Das direkte Verhältniß.
       B. Das umgekehrte Verhältniß.
       C. Potenzverhältniß.
         Anmerkung.

 Dritter Abschnitt. Das Maaß.
     Erstes Kapitel. Die specifische Quantität.
       A. Das specifische Quantum.
       B. Specificirendes Maaß.
         a. Die Regel.
         b. Das specificirende Maaß.
           Anmerkung.
         c. Verhältniß beider Seiten als Qualitäten.
           Anmerkung.
       C. Das Fürsichseyn im Maaße.
     Zweites Kapitel. Das reale Maaß.
       A. Das Verhältniß selbstständiger Maaße.
         a. Verbindung zweier Maaße.
         b. Das Maaß als Reihe von Maaßverhältnissen.
         c. Wahlverwandtschaft.
           Anmerkung.
       B. Knotenlinie von Maaßverhältnissen.
         Anmerkung.
       C. Das Maaßlose.
     Drittes Kapitel. Das Werden des Wesens.
       A. Die absolute Indifferenz.
       B. Die Indifferenz als umgekehrtes Verhältniß ihrer Faktoren.
         Anmerkung.
       C. Übergang in das Wesen.

 Zweites Buch Das Wesen.
 Erster Abschnitt. Das Wesen als Reflexion in ihm selbst.
     Erstes Kapitel. Der Schein.
       A. Das Wesentliche und das Unwesentliche.
       B. Der Schein.
       C. Die Reflexion.
       1. Die setzende Reflexion.
       2. Die äußere Reflexion.
       3. Bestimmende Reflexion.
     Zweites Kapitel. Die Wesenheiten oder die Reflexions-Bestimmungen.
       Anmerkung.
       A. Die Identität.
       Anmerkung 1.
       Anmerkung 2.
       B. Der Unterschied.
       1. Der absolute Unterschied.
       2. Die Verschiedenheit.
       Anmerkung.
       3. Der Gegensatz.
       Anmerkung.
       C. Der Widerspruch.
       Anmerkung 1.
       Anmerkung 2.
       Anmerkung 3.
     Drittes Kapitel. Der Grund.
       Anmerkung.
       A. Der absolute Grund.
       a. Form und Wesen.
       b. Form und Materie.
       c. Form und Inhalt.
       B. Der bestimmte Grund.
       a. Der formelle Grund.
       Anmerkung.
       b. Der reale Grund.
       Anmerkung.
       c. Der vollständige Grund.
       C. Die Bedingung.
       a. Das relativ Unbedingte.
       b. Das absolute Unbedingte.
       c. Hervorgang der Sache in die Existenz.

 Zweiter Abschnitt. Die Erscheinung.
     Erstes Kapitel. Die Existenz.
       A. Das Ding und seine Eigenschaften.
       a. Ding an sich und Existenz.
       b. Die Eigenschaft.
       Anmerkung.
       c. Die Wechselwirkung der Dinge.
       B. Das Bestehen des Dings aus Materien.
       C. Die Auflösung des Dings.
       Anmerkung.
     Zweites Kapitel. Die Erscheinung.
       A. Das Gesetz der Erscheinung.
       B. Die erscheinende und die an-sich-seynede Welt.
       C. Auflösung der Erscheinung.
     Drittes Kapitel. Das wesentliche Verhältniß.
       A. Das Verhältniß des Ganzen und der Theile.
       Anmerkung.
       B. Das Verhältniß der Kraft und ihrer Äußerung.
       a. Das Bedingtseyn der Kraft.
       b. Die Sollicitation der Kraft.
       c. Die Unendlichkeit der Kraft.
       C. Verhältniß des Äußern und Innern.
       Anmerkung.

 Dritter Abschnitt. Die Wirklichkeit.
     Erstes Kapitel. Das Absolute.
       A. Die Auslegung des Absoluten.
       B. Das absolute Attribut.
       C. Der Modus des Absoluten.
       Anmerkung.
     Zweites Kapitel. Die Wirklichkeit.
       A. Zufälligkeit oder formelle Wirklichkeit, Möglichkeit und Nothwendigkeit.
       B. Relative Nothwendigkeit oder reale Wirklichkeit, Möglichkeit und Nothwendigkeit.
       C. Absolute Nothwendigkeit.
     Drittes Kapitel. Das absolute Verhältniß.
       A. Das Verhältniß der Substantialität.
       B. Das Kausalitäts-Verhältniß.
       a. Die formelle Kausalität.
       b. Das bestimmte Kausalitätsverhältniß.
       c. Wirkung und Gegenwirkung.
       C. Die Wechselwirkung.



Vorrede zur ersten Ausgabe.


Die völlige Umänderung, welche die philosophische Denkweise seit etwa
fünf und zwanzig Jahren unter uns erlitten, der höhere Standpunkt, den
das Selbstbewußtseyn des Geistes in dieser Zeitperiode über sich
erreicht hat, hat bisher noch wenig Einfluß auf die Gestalt der Logik
gehabt.

Dasjenige, was vor diesem Zeitraum Metaphysik hieß, ist, so zu sagen,
mit Stumpf und Stiel ausgerottet worden, und aus der Reihe der
Wissenschaften verschwunden. Wo lassen oder wo dürfen sich Laute der
vormaligen Ontologie, der rationellen Psychologie, der Kosmologie oder
selbst gar der vormaligen natürlichen Theologie noch vernehmen lassen?
Untersuchungen, zum Beispiel über die Immaterialität der Seele, über
die mechanische und die Endursachen, wo sollten sie noch ein Interesse
finden? Auch die sonstige Beweise vom Daseyn Gottes werden nur
historisch, oder zum Behufe der Erbauung und Gemüthserhebung angeführt.
Es ist dieß ein Faktum, daß das Interesse Theils am Inhalte, Theils an
der Form der vormaligen Metaphysik, Theils an beiden zugleich verloren
ist. So merkwürdig es ist, wenn einem Volke, z.B. die Wissenschaft
seines Staatsrechts, wenn ihm seine Gesinnungen, seine sittlichen
Gewohnheiten und Tugenden unbrauchbar geworden sind, so merkwürdig ist
es wenigstens, wenn ein Volk seine Metaphysik verliert, wenn der mit
seinem reinen Wesen sich beschäftigende Geist kein wirkliches Daseyn
mehr in demselben hat.

Die exoterische Lehre der kantischen Philosophie,—daß der Verstand die
Erfahrung nicht überfliegen dürfe, sonst werde das Erkenntnisvermögen
theoretische Vernunft, welche für sich nichts als Hirngespinnste
gebähre, hat es von der wissenschaftlichen Seite gerechtfertigt, dem
spekulativen Denken zu entsagen. Dieser popularen Lehre kam das
Geschrei der modernen Pädagogik, die Noth der Zeiten, die den Blick auf
das unmittelbare Bedürfniß richtet, entgegen, daß, wie für die
Erkenntniß die Erfahrung das Erste, so für die Geschicklichkeit im
öffentlichen und Privatleben, theoretische Einsicht sogar schädlich,
und Übung und praktische Bildung überhaupt das Wesentliche, allein
Förderliche sey.—Indem so die Wissenschaft und der gemeine
Menschenverstand sich in die Hände arbeiteten, den Untergang der
Metaphysik zu bewirken, so schien das sonderbare Schauspiel
herbeigeführt zu werden, ein gebildetes Volk ohne Metaphysik zu
sehen;—wie einen sonst mannigfaltig ausgeschmückten Tempel ohne
Allerheiligstes.—Die Theologie, welche in frühern Zeiten die Bewahrerin
der spekulativen Mysterien und der obzwar abhängigen Metaphysik war,
hatte diese Wissenschaft gegen Gefühle, gegen das Praktisch-populare
und gelehrte Historische aufgegeben. Welcher Veränderung entsprechend
ist, daß anderwärts jene Einsamen, die von ihrem Volke aufgeopfert und
aus der Welt ausgeschieden wurden, zu dem Zwecke, daß die Kontemplation
des Ewigen und ein ihr allein dienendes Leben vorhanden sey, nicht um
eines Nutzens, sondern um des Segens willen,—verschwanden; ein
Verschwinden, das in einem andern Zusammenhange, dem Wesen nach als
dieselbe Erscheinung, wie das vorhin Erwähnte, betrachtet werden
kann.—So daß, nach Vertreibung dieser Finsternisse, der farblosen
Beschäftigung des in sich gekehrten Geistes mit sich selbst, das Daseyn
in die heitere Welt der Blumen verwandelt zu seyn schien, unter denen
es bekanntlich keine schwarze giebt.

Ganz so schlimm als der Metaphysik ist es der Logik nicht ergangen. Daß
man durch sie denken lerne, was sonst für ihren Nutzen und damit für
den Zweck derselben galt,—gleichsam als ob man durch das Studium der
Anatomie und Physiologie erst verdauen und sich bewegen lernen sollte—,
dieß Vorurtheil hat sich längst verloren, und der Geist des Praktischen
dachte ihr wohl kein besseres Schicksal zu, als ihrer Schwester. Dessen
ungeachtet, wahrscheinlich um einigen formellen Nutzens willen, wurde
ihr noch ein Rang unter den Wissenschaften gelassen, ja sie wurde
selbst als Gegenstand des öffentlichen Unterrichts beibehalten. Dieß
bessere Loos betrifft jedoch nur das äußere Schicksal; denn ihre
Gestalt und Inhalt ist derselbe geblieben, als er sich durch eine lange
Tradition fortgeerbt, jedoch in dieser Überlieferung immer mehr
verdünnt und abgemagert hatte; der neue Geist, welcher der Wissenschaft
nicht weniger als der Wirklichkeit aufgegangen ist, hat sich in ihr
noch nicht verspüren lassen. Es ist aber ein für allemal vergebens,
wenn die substantielle Form des Geistes sich umgestaltet hat, die
Formen früherer Bildung erhalten zu wollen; sie sind welke Blätter,
welche von den neuen Knospen, die an ihren Wurzeln schon erzeugt sind,
abgestoßen werden.

Mit dem Ignoriren der allgemeinen Veränderung fängt es nach gerade an,
auch im Wissenschaftlichen auszugehen. Unbemerkter Weise sind selbst
den Gegnern die andern Vorstellung geläufig und eigen geworden, und
wenn sie gegen deren Quelle und Principien fortdauernd spröde thun und
sich widersprechend dagegen benehmen, so haben sie dafür die
Konsequenzen sich gefallen lassen, und des Einflusses derselben sich
nicht zu erwehren vermocht; zu ihrem immer unbedeutender werdenden
negativen Verhalten wissen sie sich auf keine andere Weise eine
positive Wichtigkeit und einen Inhalt zu geben, als daß sie in den
neuen Vorstellungsweisen mitsprechen.

Von der andern Seite scheint die Zeit der Gährung, mit der eine neue
Schöpfung beginnt, vorbei zu seyn. In ihrer ersten Erscheinung pflegt
eine solche sich mit fanatischer Feindseligkeit gegen die ausgebreitete
Systematisierung des frühen Princips zu verhalten, Theils auch
furchtsam zu seyn, sich in der Ausdehnung des Besondern zu verlieren,
Theils aber die Arbeit die zur wissenschaftlichen Ausbildung erfordert
wird, zu scheuen, und im Bedürfnisse einer solchen zuerst zu einem
leeren Formalismus zu greifen. Die Anforderung der Verarbeitung und
Ausbildung des Stoffes wird nun um so dringender. Es ist eine Periode
in der Bildung einer Zeit, wie in der Bildung des Individuums, wo es
vornehmlich um Erwerbung und Behauptung des Princips in seiner
unentwickelten Intensität zu thun ist. Aber die höhere Forderung geht
darauf, daß es zur Wissenschaft werde.

Was nun auch für die Sache und für die Form der Wissenschaft bereits in
sonstiger Rücksicht geschehen seyn mag; die logische Wissenschaft,
welche die eigentliche Metaphysik oder reine spekulative Philosophie
ausmacht, hat sich bisher noch sehr vernachlässigt gesehen. Was ich
unter dieser Wissenschaft und ihrer Standpunkte näher verstehe, habe
ich in der Einleitung vorläufig angegeben. Die Nothwendigkeit, mit
dieser Wissenschaft wieder einmal von vorne anzufangen, die Natur des
Gegenstandes selbst, und der Mangel an Vorarbeiten, welche für die
vorgenommene Umbildung hätten benutzt werden können, mögen bei billigen
Beurtheilern in Rücksicht kommen, wenn auch eine vieljährige Arbeit
diesem Versuche nicht eine größere Vollkommenheit geben konnte.—Der
wesentliche Gesichtspunkt ist, daß es überhaupt um einen neuen Begriff
wissenschaftlicher Behandlung zu thun ist. Die Philosophie, indem sie
Wissenschaft seyn soll, kann, wie ich anderwärts erinnert[1] habe,
hierzu ihre Methode nicht von einer untergeordneten Wissenschaft, wie
die Mathematik ist, borgen, so wenig als es bei kategorischen
Versicherungen innerer Anschauung bewenden lassen, oder sich des
Raisonnements aus Gründen der äußern Reflexion bedienen. Sondern es
kann nur die Natur des Inhalts seyn, welche sich im wissenschaftlichen
Erkennen bewegt, indem zugleich diese eigne Reflexion des Inhalts es
ist, welche seine Bestimmung selbst erst setzt und erzeugt.

 [1] Phänomenologie des Geistes, Vorrede zur ersten Ausgabe—Die
 eigentliche Ausführung ist die Erkenntniß der Methode, und hat ihre
 Stelle in der Logik selbst.


Der Verstand bestimmt und hält die Bestimmungen fest; die Vernunft ist
negativ und dialektisch, weil sie die Bestimmungen des Verstands in
Nichts auflöst; sie ist positiv, weil sie das Allgemeine erzeugt, und
das Besondere darin begreift. Wie der Verstand als etwas Getrenntes von
der Vernunft überhaupt, so pflegt auch die dialektische Vernunft als
etwas Getrenntes von der positiven Vernunft genommen zu werden. Aber in
ihrer Wahrheit ist die Vernunft Geist, der höher als Beides,
verständige Vernunft, oder vernünftiger Verstand ist. Er ist das
Negative, dasjenige, welches die Qualität sowohl, der dialektischen
Vernunft, als des Verstandes ausmacht;—er negirt das Einfache, so setzt
er den bestimmten Unterschied des Verstandes, er löst ihn eben so sehr
auf, so ist er dialektisch. Er hält sich aber nicht im Nichts dieses
Resultates, sondern ist darin ebenso positiv, und hat so das erste
Einfache damit hergestellt, aber als Allgemeines, das in sich konkret
ist; unter dieses wird nicht ein gegebenes Besonderes subsumirt,
sondern in jenem Bestimmen und in der Auflösung desselben hat sich das
Besondere schon mit bestimmt. Diese geistige Bewegung, die sich in
ihrer Einfachheit ihre Bestimmtheit, und in dieser ihre Gleichheit mit
sich selbst giebt, die somit die immanente Entwickelung des Begriffes
ist, ist die absolute Methode des Erkennens, und zugleich die immanente
Seele des Inhalts selbst. —Auf diesem sich selbst konstruirenden Wege
allein, behaupte ich, ist die Philosophie fähig, objektive,
demonstrirte Wissenschaft zu seyn.—In dieser Weise habe ich das
Bewußtseyn in der Phänomenologie des Geistes darzustellen versucht. Das
Bewußtseyn ist der Geist als konkretes und zwar in der Äußerlichkeit
befangenes Wissen; aber die Formbewegung dieses Gegenstandes beruht
allein, wie die Entwickelung alles natürlichen und geistigen Lebens,
auf der Natur der reinen Wesenheiten, die den Inhalt der Logik
ausmachen. Das Bewußtseyn, als der erscheinende Geist, welcher sich auf
seinem Wege von seiner Unmittelbarkeit und äußerlichen Konkretion
befreit, wird zum reinen Wissen, das sich jene reinen Wesenheiten
selbst, wie sie an und für sich sind, zum Gegenstand giebt. Sie sind
die reinen Gedanken, der sein Wesen denkende Geist. Ihre Selbstbewegung
ist ihr geistiges Leben, und ist das, wodurch sich die Wissenschaft
konstituirt, und dessen Darstellung sie ist.

Es ist hiermit die Beziehung der Wissenschaft, die ich Phänomenologie
des Geistes nenne, zur Logik angegeben.—Was das äußerliche Verhältniß
betrifft, so war dem ersten Theil des Systems der Wissenschaft,[2] der
die Phänomenologie enthält, ein zweiter Theil zu folgen bestimmt,
welcher die Logik und die beiden realen Wissenschaften der Philosophie,
die Philosophie der Natur und die Philosophie des Geistes, enthalten
sollte, und das System der Wissenschaft beschlossen haben würde. Aber
die nothwendige Ausdehnung, welche die Logik für sich erhalten mußte,
hat mich veranlaßt, diese besonders ans Licht treten zu lassen; sie
macht also in einem erweiterten Plane die erste Folge zur
Phänomenologie des Geistes aus. Späterhin werde ich die Verarbeitung
der beiden genannten realen Wissenschaften der Philosophie folgen
lassen.—Dieser erste Band der Logik aber enthält als erstes Buch die
Lehre vom Seyn; das zweite Buch, die Lehre vom Wesen, als zweite
Abtheilung des ersten Bandes; der zweite Band aber wird die subjektive
Logik, oder die Lehre vom Begriff enthalten.

Nürnberg, den 22 März 1812


 [2] (Bamberg und Würzburg bei Göbhard 1807). Dieser Titel wird der
 zweiten Ausgabe, die auf nächsten Ostern erscheinen wird, nicht mehr
 beigegeben werden.—An die Stelle des im Folgenden erwähnten Vorhabens
 eines zweiten Theils, der die sämmtlichen andern philosophischen
 Wissenschaften enthalten sollte, habe ich seitdem die Encyklopädie der
 philosophischen Wissenschaften, voriges Jahr in der dritten Ausgabe,
 ans Licht treten lassen (Anmerkung zur zweiten Ausgabe),



Vorrede zur zweiten Auflage.


An diese neue Bearbeitung der Wissenschaft der Logik, wovon hiermit der
erste Band erscheint, bin ich wohl mit dem ganzen Bewußtseyn sowohl der
Schwierigkeit des Gegenstandes für sich und dann seiner Darstellung,
als der Unvollkommenheit, welche die Bearbeitung desselben in der
ersten Ausgabe an sich trägt, gegangen; so sehr ich nach weiterer
vieljähriger Beschäftigung mit dieser Wissenschaft bemüht gewesen,
dieser Unvollkommenheit abzuhelfen, so fühle ich noch Ursache genug zu
haben, die Nachsicht des Lesers in Anspruch zu nehmen. Ein Titel
solchen Anspruchs aber zunächst darf wohl auf den Umstand gegründet
werden, daß sich für den Inhalt vornehmlich nur äußerliches Material in
der früheren Metaphysik und Logik vorgefunden hat. So allgemein und
häufig dieselben, die letztere noch bis auf unsere Zeiten fort,
getrieben worden, so wenig hat solche Bearbeitung die spekulative Seite
betroffen; vielmehr ist im Ganzen dasselbe Material wiederholt,
abwechselnd bald bis zu trivialer Oberflächlichkeit verdünnt, bald der
alte Ballast umfangsreicher von Neuem hervorgeholt und mitgeschleppt
worden, so daß durch solche, häufig ganz nur mechanische Bemühungen dem
philosophischen Gehalt kein Gewinn zuwachsen konnte. Das Reich des
Gedankens philosophisch, d.i. in seiner eigenen immanenten Thätigkeit,
oder was dasselbe ist, in seiner nothwendigen Entwickelung
darzustellen, mußte deswegen ein neues Unternehmen seyn, und dabei von
vorne angefangen werden; jenes erworbene Material, die bekannten
Denkformen, aber ist als eine höchst wichtige Vorlage, ja eine
nothwendige Bedingung, dankbar anzuerkennende Voraussetzung anzusehen,
wenn dieselbe auch nur hier und da einen dürren Faden, oder die
leblosen Knochen eines Skeletts, sogar in Unordnung untereinander
geworfen, dargiebt.

Die Denkformen sind zunächst in der Sprache des Menschen herausgesetzt
und niedergelegt, es kann in unseren Tagen nicht oft genug daran
erinnert werden, daß das, wodurch sich der Mensch vom Thiere
unterscheidet, das Denken ist. In Alles, was ihm zu einem Innerlichen,
zur Vorstellung überhaupt, wird, was er zu dem Seinigen macht, hat sich
die Sprache eingedrängt, und was er zur Sprache macht und in ihr
äußert, enthält eingehüllter, vermischter, oder herausgearbeitet, eine
Kategorie; so sehr natürlich ist ihm das Logische, oder vielmehr
dasselbige ist seine eigenthümliche Natur selbst. Stellt man aber die
Natur überhaupt, als das Physikalische, dem Geistigen gegenüber, so
müßte man sagen, daß das Logische vielmehr das Übernatürliche ist,
welches sich in alles Naturverhalten des Menschen, in sein Empfinden,
Anschauen, Begehren, Bedürfniß, Trieb eindrängt und es dadurch
überhaupt zu einem Menschlichen, wenn auch nur formell, zu
Vorstelllungen und Zwecken, macht. Es ist der Vortheil einer Sprache,
wenn sie einen Reichthum an logischen Ausdrücken, nämlich
eigenthümlichen und abgesonderten, für die Denkbestimmungen selbst
besitzt; von den Präpositionen, Artikeln, gehören schon viele solchen
Verhältnissen an, die auf dem Denken beruhen; die chinesische Sprache
soll es in ihrer Ausbildung gar nicht oder nur dürftig bis dahin
gebracht haben; aber diese Partikeln treten ganz dienend, nur etwas
weniges abgelöster, als die Augmente, Flexionszeichen und dergl. auf.
Viel wichtiger ist es, daß in einer Sprache die Denkbestimmungen zu
Substantiven und Verben herausgestellt und so zur gegenständlichen Form
gestempelt sind; die deutsche Sprache hat darin viele Vorzüge vor den
anderen modernen Sprachen; sogar sind manche ihrer Wörter von der
weiteren Eigenheit, verschiedene Bedeutungen nicht nur, sondern
entgegengesetzte zu haben, so daß darin selbst ein spekulativer Geist
der Sprache nicht zu verkennen ist; es kann dem Denken eine Freude
gewähren, auf solche Wörter zu stoßen, und die Vereinigung
Entgegengesetzter, welches Resultat der Spekulation für den Verstand
aber widersinnig ist, auf naive Weise schon lexikalisch als Ein Wort
von den entgegengesetzten Bedeutungen vorzufinden. Die Philosophie
bedarf daher überhaupt keiner besonderen Terminologie; es sind wohl aus
fremden Sprachen einige Wörter aufzunehmen, welche jedoch durch den
Gebrauch bereits das Bürgerrecht in ihr erhalten haben, ein affektirter
Purismus würde da, wo es am entschiedensten auf die Sache ankommt, am
wenigsten am Platze seyn.—Das Fortschreiten der Bildung überhaupt und
insbesondere der Wissenschaften, selbst der empirischen und sinnlichen;
indem sie im Allgemeinen sich in den gewöhnlichsten Kategorien (z.B.
eines Ganzen und der Theile, eines Dinges und seiner Eigenschaften und
dergleichen) bewegen, fördert nach und nach auch höhere
Denkverhältnisse zu Tage, oder hebt sie wenigstens zu größerer
Allgemeinheit und damit zu näherer Aufmerksamkeit hervor. Wenn z.B. in
der Physik die Denkbestimmung der Kraft vorherrschend geworden ist, so
spielt in neuerer Zeit die Kategorie der Polarität, die übrigens zu
sehr… tort e… travers in Alles selbst in das Licht eingedrängt wird,
die bedeutendste Rolle,—die Bestimmung von einem Unterschiede, in
welchem die Unterschiedenen untrennbar verbunden sind;—daß auf solche
Weise von der Form der Abstraktion, der Identität, durch welche eine
Bestimmtheit z.B. als Kraft eine Selbstständigkeit erhält,
fortgegangen, und die Form des Bestimmens, des Unterschiedes, welcher
zugleich als ein Untrennbares in der Identität bleibt, herausgehoben
und eine geläufige Vorstellung geworden, ist von unendlicher
Wichtigkeit. Die Naturbetrachtung bringt durch die Realität, in welcher
ihre Gegenstände sich festhalten, dieses Zwingende mit sich, die
Kategorien, die in ihr nicht länger ignorirt werden können, wenn auch
mit der größten Inkonsequenz gegen andere, die auch geltend gelassen
werden, zu fixiren, und es nicht zu gestatten, daß, wie im Geistigen
leichter geschieht, zu Abstraktionen von dem Gegensatze und zur
Allgemeinheit übergegangen wird.

Aber indem so die logischen Gegenstände, wie deren Ausdrücke, etwa in
der Bildung Allbekanntes sind, so ist, wie ich anderwärts gesagt, was
bekannt ist, darum nicht erkannt, und es kann selbst die Ungeduld
erregen, sich noch mit Bekanntem beschäftigen zu sollen, und was ist
bekannter, als eben die Denkbestimmungen, von denen wir allenthalben
Gebrauch machen, die uns in jedem Satze, den wir sprechen, zum Munde
herausgehen. Über den Gang des Erkennens von diesem Bekannten aus, über
das Verhältniß des wissenschaftlichen Denkens zu diesem natürlichen
Denken, die allgemeinen Momente anzugeben soll dieses Vorwort bestimmt
seyn, so viel, zusammengenommen mit dem, was die frühere Einleitung
enthält, wird hinreichend seyn, um eine allgemeine Vorstellung, wie man
eine solche von einer Wissenschaft zum voraus, vor derselben, welche
die Sache selbst ist, zu erhalten fordert, von dem Sinne des logischen
Erkennens zu geben.

Zunächst ist es als ein unendlicher Fortschritt anzusehen, daß die
Formen des Denkens von dem Stoffe, in welchen sie im selbstbewußten
Anschauen, Vorstellen, wie in unserem Begehren und Wollen, oder
vielmehr auch in dem vorstellenden Begehren und Wollen (—und es ist
kein menschliches Begehren oder Wollen ohne Vorstellen—) versenkt sind,
befreit, diese Allgemeinheiten für sich herausgehoben, und wie Plato,
dann aber Aristoteles vornehmlich gethan, zum Gegenstande der
Betrachtung für sich gemacht worden; dieß giebt den Anfang des
Erkennens derselben. "Erst nachdem beinahe alles Nothwendige", sagt
Aristoteles, "und was zur Bequemlichkeit und zum Verkehr des Lebens
gehört, vorhanden war, hat man angefangen, sich um philosophische
Erkenntniß zu bemühen." "In Ägypten," hatte er vorher bemerkt, "sind
die mathematischen Wissenschaften früh ausgebildet worden, weil
daselbst der Priesterstand früh in die Lage versetzt worden, Muße zu
haben."—In der That setzt das Bedürfniß sich mit den reinen Gedanken zu
beschäftigen einen weiten Gang voraus, den der Menschengeist
durchgemacht haben muß, es ist, kann man sagen, es ist das Bedürfniß
des schon befriedigten Bedürfnisses der Nothwendigkeit der
Bedürfnißlosigkeit, zu dem er gekommen seyn muß, der Abstraktion von
dem Stoffe des Anschauens, Einbildens u.s.f. der konkreten Interessen
des Begehrens, der Triebe, des Willens, in welchem Stoffe die
Denkbestimmungen eingehüllt stecken. In den stillen Räumen des zu sich
selbst gekommenen und nur in sich seyenden Denkens schweigen die
Interessen, welche das Leben der Völker und der Individuen bewegen.
"Nach so vielen Seiten," sagt Aristoteles in demselben Zusammenhange,
"ist die Natur des Menschen abhängig, aber diese Wissenschaft, die
nicht zu einem Gebrauche gesucht wird, ist allein die an und für sich
freie und sie scheint darum nicht ein menschlicher Besitz zu seyn.
"—Die Philosophie überhaupt hat es noch mit konkreten Gegenständen,
Gott, Natur, Geist, in ihren Gedanken zu thun, aber die Logik
beschäftigt sich ganz nur mit diesen für sich in ihrer vollständigen
Abstraktion. Diese Logik pflegt darum dem Studium der Jugend zunächst
anheim zu fallen, als welche noch nicht in die Interessen des konkreten
Lebens eingetreten ist, in der Muße in Rücksicht derselben lebt, und
nur erst für ihren subjektiven Zweck mit der Erwerbung der Mittel und
der Möglichkeiten, in den Objekten jener Interessen thätig zu werden,
sich und mit diesen selbst noch theoretisch sich zu beschäftigen hat.
Unter diese Mittel wird im Widerspiele von der angeführten Vorstellung
des Aristoteles, die logische Wissenschaft gerechnet, die Bemühung mit
derselben ist eine vorläufige Arbeit, ihr Ort die Schule, auf welche
erst der Ernst des Lebens und die Thätigkeit für die wahrhaften Zwecke
folgen soll. Im Leben geht es zum Gebrauch der Kategorien, sie werden
von der Ehre, für sich betrachtet zu werden, dazu herabgesetzt, in dem
geistigen Betrieb lebendigen Inhalts in dem Erschaffen und Auswechseln
der darauf bezüglichen Vorstellungen, zu dienen,—Theils als
Abbreviaturen durch ihre Allgemeinheit;—denn welche unendliche Menge
von Einzelnheiten des äußerlichen Daseyns und der Thätigkeit faßt die
Vorstellung. Schlacht, Krieg, Volk, oder Meer, Thier u.s.f. in sich
zusammen;—wie ist in der Vorstellung: Gott oder Liebe u.s.f. in die
Einfachheit solchen Vorstellens eine unendliche Menge von
Vorstellungen, Thätigkeit, Zuständen u.s.f. epitomirt!—Theils zur
näheren Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse, wobei
aber Gehalt und Zweck, die Richtigkeit und Wahrheit des sich
einmischenden Denkens ganz von dem Vorhandenen selbst abhängig gemacht
ist und den Denkbestimmungen für sich keine Inhaltbestimmende
Wirksamkeit zugeschrieben wird. Solcher Gebrauch der Kategorien, der
vorhin die natürliche Logik genannt worden ist, ist bewußtlos, und wenn
ihnen in wissenschaftlicher Reflexion das Verhältniß, als Mittel zu
dienen, im Geiste angewiesen wird, so wird das Denken überhaupt zu
etwas den anderen geistigen Bestimmungen Untergeordnetem gemacht. Von
unseren Empfindungen, Trieben, Interessen sagen wir nicht wohl, daß sie
uns dienen, sondern sie gelten als selbstständige Kräfte und Mächte, so
daß wir dieß selbst sind, so zu empfinden, dieß zu begehren und zu
wollen, in dieß unser Interesse zu legen. Aber wieder kann es vielmehr
unser Bewußtseyn werden, daß wir im Dienste unserer Gefühle, Triebe,
Leidenschaften, Interessen, ohnehin von Gewohnheiten stehen, als daß
wir sie im Besitz haben, noch weniger, daß sie bei unser innigen
Einheit mit ihnen uns als Mittel dienen. Dergleichen Bestimmungen des
Gemüths und Geistes zeigen sich uns bald als Besondere im Gegensatze
gegen die Allgemeinheit, als die wir uns bewußt werden, in der wir
unsere Freiheit haben, und halten dafür, in diesen Besonderheiten
vielmehr befangen zu seyn, von ihnen beherrscht zu werden. Sonach
können wir dann viel weniger dafür halten, daß die Denkformen, die sich
durch alle unserer Vorstellungen, diese seyen bloß theoretisch, oder
enthalten einen Stoff, der der Empfindung, dem Triebe, dem Willen
angehört, hindurch ziehen, uns dienen, daß wir sie, und sie nicht
vielmehr uns im Besitz haben; was ist uns übrig gegen sie, wie sollen
wir, ich mich als das Allgemeinere über sie hinausstellen, sie die
selbst das Allgemeine als solches sind. Wenn wir uns in eine
Empfindung, Zweck, Interesse legen, und uns darin beschränkt, unfrei
fühlen, so ist der Ort, in den wir daraus heraus und in die Freiheit
zurück zu ziehen vermögen, dieser Ort der Gewißheit seiner selbst, der
reinen Abstraktion, des Denkens. Oder ebenso, wenn wir von den Dingen
sprechen wollen, so nennen wir die Natur oder das Wesen derselben ihren
Begriff, und dieser ist nur für das Denken; von den Begriffen der Dinge
aber werden wir noch viel weniger sagen, daß wir sie beherrschen oder
daß die Denkbestimmungen, von denen sie der Komplex sind, uns dienen,
im Gegentheil muß sich unser Denken nach ihnen beschränken und unsere
Willkür oder Freiheit soll sie nicht nach sich zurichten wollen.
Insofern also das subjektive Denken unser eigenstes, innerlichstes Thun
ist, und der objektive Begriff der Dinge die Sache selbst ausmacht, so
können wir aus jenem Thun nicht heraus seyn, nicht über demselben
stehen, und ebenso wenig können wir über die Natur der Dinge hinaus.
Von der letzteren Bestimmung jedoch können wir absehen; sie fällt mit
der ersteren insofern zusammen, da sie eine Beziehung unserer Gedanken
auf die Sache, aber nur etwas Leeres ergäbe, weil die Sache damit als
Regel für unsere Begriffe aufgestellt werden würde, aber eben die Sache
für uns nichts Anderes als unsere Begriffe von ihr seyn kann. Wenn die
kritische Philosophie das Verhältniß dieser drei Terminorum so
versteht, daß wir die Gedanken zwischen uns und zwischen die Sachen als
Mitte stellen in dem Sinne, daß diese Mitte uns von den Sachen vielmehr
abschließt, statt uns mit denselben zusammenzuschließen, so ist dieser
Ansicht die einfache Bemerkung entgegenzusetzen, daß eben diese Sachen,
die jenseits unserer und jenseits der sich auf sie beziehenden Gedanken
auf dem anderen Extreme stehen sollen, selbst Gedankendinge, und als
ganz unbestimmte, nur Ein Gedankending, (—das sogenannte Ding-an-sich)
der leeren Abstraktion selbst sind.

Doch dieß mag für den Gesichtspunkt genügen, aus welchem das Verhältniß
verschwindet, nach welchem die Denkbestimmungen nur als zum Gebrauch
und als Mittel genommen werden; wichtiger ist das weiter damit
Zusammenhängende, nach welchem sie als äußere Formen gefaßt zu werden
pflegen.—Die uns alle Vorstellungen, Zwecke, Interessen und Handlungen
durchwirkende Thätigkeit des Denkens ist, wie gesagt, bewußtlos
geschäftig (die natürliche Logik); was unser Bewußtseyn vor sich hat,
ist der Inhalt, die Gegenstände der Vorstellungen, das, womit das
Interesse erfüllt ist; die Denkbestimmungen gelten nach diesem
Verhältniß als Formen, die nur an dem Gehalt, nicht der Gehalt selbst
seyen. Wenn es aber an dem ist, was vorhin angegeben worden, und was
sonst im Allgemeinen zugestanden wird, daß die Natur, das
eigenthümliche Wesen, das wahrhaft Bleibende und Substantielle bei der
Mannigfaltigkeit und Zufälligkeit des Erscheinens und der Zufälligkeit
des Erscheinens und der vorübergehenden Äußerung, der Begriff der
Sache, das in ihr selbst Allgemeine ist, wie jedes menschliche
Individuum zwar ein unendlich eigenthümliches, das Prius aller seiner
Eigenthümlichkeit darin Mensch zu seyn in sich hat, wie jedes einzelne
Thier, das Prius, Thier zu seyn: so wäre nicht zu sagen, was, wenn
diese Grundlage aus dem mit noch so vielfachen sonstigen Prädikaten
Ausgerüsteten weggenommen würde, ob sie gleich wie die anderen ein
Prädikat genannt werden kann, was so ein Individuum noch seyn sollte.
Die unerläßliche Grundlage, der Begriff, das Allgemeine, das der
Gedanke, insofern man nur von der Vorstellung bei dem Worte: Gedanke,
abstrahiren kann, selbst ist, kann nicht nur als eine gleichgültige
Form, die an einem Inhalte sey, angesehen werden. Aber diese Gedanken
aller natürlichen und geistigen Dinge, selbst der substantielle Inhalt,
sind noch ein socher, der vielfache Bestimmtheiten enthält und noch den
Unterschied einer Seele und eines Leibes, des Begriffs und einer
relativen Realität an ihm hat; die tiefere Grundlage ist die Seele für
sich, der reine Begriff, der das Innerste der Gegenstände, ihr
einfacher Lebenspuls, wie selbst des subjektiven Denkens derselben ist.
Diese logische Natur, die den Geist beseelt, in ihm treibt und wirkt,
zum Bewußtseyn zu bringen, dieß ist die Aufgabe. Das instinktartige
Thun unterscheidet sich von dem intelligenten und freien Thun dadurch
überhaupt, daß dieses mit Bewußtseyn geschieht, indem der Inhalt des
Treibenden heraus aus der unmittelbaren Einheit mit dem Subjekte zur
Gegenständlichkeit vor dieses gebracht ist, beginnt die Freiheit des
Geistes, der in dem instinktweisen Wirken des Denkens befangen in den
Banden seiner Kategorien in einen unendlich mannigfachen Stoff
zersplittert ist. In diesem Netze schürzen sich hin und wieder festere
Knoten, welche die Anhalts- und Richtungspunkte seines Lebens und
Bewußtseyns sind, sie verdanken ihre Festigkeit und Macht eben dem, daß
sie vor das Bewußtseyn gebracht an und für sich seyenden Begriffe
seiner Wesenheit sind. Der wichtigste Punkt für die Natur des Geistes
ist das Verhältniß nicht nur dessen, was er an sich ist, zu dem was er
wirklich ist, sondern dessen, als was er sich weiß; dieses Sichwissen
ist darum, weil er wesentlich Bewußtseyn, Grundbestimmung seiner
Wirklichkeit. Diese Kategorien, die nur instinktmäßig als Triebe
wirksam sind, und zunächst vereinzelt, damit veränderlich und sich
verwirrend in das Bewußtseyn des Geistes gebracht, und ihm so eine
vereinzelte und unsichere Wirklichkeit gewähren, zu reinigen und ihn
damit in ihnen zur Freiheit und Wahrheit zu erheben, dieß ist also das
höhere logische Geschäft.

Was wir als Anfang der Wissenschaft, dessen hoher Werth für sich und
zugleich als Bedingung der wahrhaften Erkenntniß vorhin anerkannt
worden ist, angaben, die Begriffe und die Momente des Begriffs
überhaupt, die Denkbestimmungen zunächst als Formen, die von dem Stoffe
verschieden und nur an ihm seyen, zu behandeln, dieß giebt sich
sogleich an sich selbst als ein zur Wahrheit, die als Gegenstand und
Zweck der Logik angegeben wird, unangemessenes Verhalten kund. Denn so
als bloße Formen, als verschieden von dem Inhalte, werden sie in einer
Bestimmung stehend angenommen, die sie zu endlichen stempelt und die
Wahrheit, die in sich unendlich ist, zu fassen unfähig macht. Mag das
Wahre sonst, in welcher Rücksicht es sey, wieder mit Beschränkung und
Endlichkeit vergesellschaftet seyn, dieß ist die Seite seiner Negation,
seiner Unwahrheit und Unwirklichkeit, eben seines Endes, nicht der
Affirmation, welche es als Wahres ist. Gegen die Kahlheit der bloß
formellen Kategorien hat der Instinkt der gesunden Vernunft sich
endlich so erstarkt gefühlt, daß er ihre Kenntniß mit Verachtung dem
Gebiete einer Schullogik und Schulmetaphysik überläßt, zugleich mit der
Mißachtung des Werthes, den schon das Bewußtseyn dieser Fäden für sich
hat, und mit der Bewußtlosigkeit, in dem instinktartigen Thun
natürlicher Logik, noch mehr in dem reflektirten Verwerfen der Kenntniß
und Erkenntniß der Denkbestimmungen selbst, im Dienste des
ungereinigten und damit unfreien Denkens gefangen zu seyn. Die einfache
Grundbestimmung oder gemeinschaftliche Formbestimmung der Sammlung
solcher Formen ist die Identität, die als Gesetz, als A=A, als Satz des
Widerspruchs in der Logik dieser Sammlung behauptet wird. Die gesunde
Vernunft hat ihre Ehrerbietung vor der Schule, die im Besitze solcher
Gesetze der Wahrheit und in der sie noch immer so fortgeführt werden,
so sehr verloren, daß sie dieselbe darob verlacht, und einen Menschen,
der nach solchen Gesetzen wahrhaft zu sprechen weiß: die Pflanze ist
eine—Pflanze, die Wissenschaft ist—die Wissenschaft, und sofort ins
Unendliche, für unerträglich hält. Über die Formeln auch, welche die
Regeln des Schließens, das in der That ein Hauptgebrauch des Verstandes
ist, hat sich—so ungerecht es ist zu verkennen, daß sie ihr Feld in der
Erkenntniß haben, worin sie gelten müssen und zugleich, daß sie
wesentliches Material für das Denken der Vernunft sind,—das ebenso
gerechte Bewußtsein festgesetzt, daß sie gleichgültige Mittel
wenigstens ebenso sehr des Irrthums und der Sophisterei sind, und wie
man auch sonst die Wahrheit bestimmen mag, für die höhere, z.B. die
religiöse Wahrheit unbrauchbar sind; daß sie überhaupt nur eine
Richtigkeit der Erkenntnisse, nicht die Wahrheit betreffen.

Die Unvollständigkeit dieser Weise, das Denken zu betrachten, welche
die Wahrheit auf der Seite läßt, ist allein dadurch zu ergänzen, daß
nicht bloß das, was zu äußeren Form gerechnet zu werden pflegt, sondern
der Inhalt mit in die denkende Betrachtung gezogen wird. Es zeigt sich
von selbst bald, daß was in der nächsten gewöhnlichsten Reflexion als
Inhalt von der Form geschieden wird, in der That nicht formlos, nicht
bestimmungslos in sich, seyn soll; so wäre er nur das Leere, etwa die
Abstraktion des Dings-an-sich,—daß er vielmehr Form in ihm selbst, ja
durch sie allein Beseelung und Gehalt hat und daß sie selbst es ist,
die nur in den Schein eines Inhalts, so wie damit auch in den Schein
eines an diesem Scheine Äußerlichen, umschlägt. Mit dieser Einführung
des Inhalts in die logische Betrachtung, sind es nicht die Dinge,
sondern die Sache, der Begriff der Dinge, welcher Gegenstand wird.

Hierbei kann man aber auch daran erinnert werden, daß es eine Menge
Begriffe, eine Menge Sachen giebt. Wodurch aber diese Menge beschränkt
wird, ist Theils vorhin gesagt worden, daß der Begriff als Gedanke
überhaupt, als Allgemeines, die unermeßliche Abbreviatur gegen die
Einzelnheit der Dinge, wie sie ihre Menge dem unbestimmten Anschauen
und Vorstellen vorschweben, ist; Theils aber ist ein Begriff sogleich
erstens der Begriff an ihm selbst, und dieser ist nur Einer, und ist
die substantielle Grundlage; vor's Andere aber ist er wohl ein
bestimmter Begriff, welche Bestimmtheit an ihm das ist, was als Inhalt
erscheint, die Bestimmtheit des Begriffs aber ist eine Formbestimmung
dieser substantiellen Einheit, ein Moment der Form als Totalität, des
Begriffes selbst, der die Grundlage der bestimmten Begriffe ist. Dieser
wird nicht sinnlich angeschaut oder vorgestellt; er ist nur Gegenstand,
Produkt und Inhalt des Denkens, und die an und für sich seyende Sache,
der Logos, die Vernunft dessen, was ist, die Wahrheit dessen, was den
Namen der Dinge führt; am wenigsten ist es der Logos, was außerhalb der
logischen Wissenschaft gelassen werden soll. Es muß darum nicht ein
Belieben seyn, ihn in die Wissenschaft herein zu ziehen oder ihn
draußen zu lassen. Wenn die Denkbestimmungen, welche nur äußerliche
Formen sind, wahrhaft an ihnen selbst betrachtet werden, kann nur ihre
Endlichkeit und die Unwahrheit ihres Für-sich-seyn-sollens und als ihre
Wahrheit, der Begriff, hervorgehen. Daher wird die logische
Wissenschaft, indem sie die Denkbestimmungen, die überhaupt unsern
Geist instinktartig und bewußtlos durchziehen, und selbst indem sie in
die Sprache hereintreten, ungegenständlich, unbeachtet bleiben,
abhandelt, auch die Rekonstruktion derjenigen seyn, welche durch die
Reflexion herausgehoben und von ihr als subjektive, an dem Stoff und
Gehalt äußere Formen fixiert sind.

Die Darstellung keines Gegenstandes wäre an und für sich fähig, gar
streng ganz immanent plastisch zu seyn, als die der Entwickelung des
Denkens in seiner Nothwendigkeit; keiner führte so sehr diese Forderung
mit sich; seine Wissenschaft müßte darin auch die Mathematik
übertreffen, denn kein Gegenstand hat in ihm selbst diese Freiheit und
Unabhängigkeit. Solcher Vortrag erforderte, wie dieß in seiner Art in
dem Gange der mathematischen Konsequenz vorhanden ist, daß bei keiner
Stufe der Entwickelung eine Denkbestimmung und Reflexion vorkäme, die
nicht in dieser Stufe unmittelbar hervorgeht, und aus den
vorhergehenden in sie herübergekommen ist. Allein auf solche abstrakte
Vollkommenheit der Darstellung muß freilich im Allgemeinen Verzicht
gethan werden; schon indem die Wissenschaft mit dem rein Einfachen,
hiermit dem Allgemeinsten und Leersten, anfangen muß, ließe der Vortrag
nur eben diese selbst ganz einfachen Ausdrücke des Einfachen ohne allen
weiteren Zusatz irgend eines Wortes zu;—was der Sache nach Statt finden
dürfte, wären negirende Reflexionen, die das abzuhalten und zu
entfernen sich bemühten, was sonst die Vorstellung oder ein
ungeregeltes Denken einmischen könnte. Solche Einfälle in den einfachen
immanenten Gang der Entwickelung sind jedoch für sich zufällig, und die
Bemühung, sie abzuwehren, wird somit selbst mit dieser Zufälligkeit
behaftet; ohnehin ist es vergeblich allen solchen Einfällen, eben weil
sie außer der Sache liegen, begegnen zu wollen, und wenigstens wäre
Unvollständigkeit das, was hierbei für die systematische Befriedigung
verlangt würde. Aber die eigenthümliche Unruhe und Zerstreuung unseres
modernen Bewußtseyns läßt es nicht anders zu, als gleichfalls mehr oder
weniger auf nahe liegende Reflexionen und Einfälle Rücksicht zu nehmen,
ein plastischer Vortrag erfordert dann auch einen plastischen Sinn des
Aufnehmens und Verstehens; aber solche plastische Jünglinge und Männer
so ruhig mit der Selbstverläugnung eigener Reflexionen und Einfälle,
womit das Selbstdenken sich zu erweisen ungeduldig ist, nur der Sache
folgende Zuhörer, wie sie Plato dichtet, würden in einem modernen
Dialoge nicht aufgestellt werden können; noch weniger dürfte auf solche
Leser gezählt werden. Im Gegentheil haben sich mir zu häufig und zu
heftig solche Gegner gezeigt, welche nicht die einfache Reflexion
machen mochten, daß ihre Einfälle und Einwürfe Kategorien enthalten,
welche Voraussetzungen sind und selbst erst der Kritik bedürfen, ehe
sie gebraucht werden. Die Bewußtlosigkeit hierüber geht unglaublich
weit; sie macht das Grund-Mißverständniß, das üble d. h. ungebildete
Benehmen, bei einer Kategorie, die betrachtet wird, etwas Anderes zu
denken und nicht diese Kategorie selbst. Diese Bewußtlosigkeit ist um
so weniger zu rechtfertigen, als solches Anderes andere
Denkbestimmungen und Begriffe sind, in einem Systeme der Logik aber
eben diese anderen Kategorien gleichfalls ihre Stelle müssen gefunden
haben, und daselbst für sich der Betrachtung werden unterworfen seyn.
Am auffallendsten ist dieß in der überwiegenden Menge von Einwürfen und
Angriffen, die auf die ersten Begriffe oder Sätze der Logik, das Seyn
und Nichts und das Werden, als welches, selbst eine einfache
Bestimmung, wohl unbestritten,—die einfachste Analyse zeigt dieß,—jene
beiden Bestimmungen als Momente enthält. Die Gründlichkeit scheint zu
erfordern, den Anfang, als den Grund, worauf Alles gebaut sey, vor
Allem aus zu untersuchen, ja nicht weiter zu gehen, als bis er sich
fest erwiesen hat, im Gegentheil vielmehr, wenn dieß nicht der Fall
ist, alles noch Folgende zu verwerfen. Diese Gründlichkeit hat zugleich
den Vortheil, die größte Erleichterung für das Denkgeschäft zu
gewähren, sie hat die ganze Entwickelung in diesen Keim eingeschlossen
vor sich, und hält sich für mit Allem fertig, wenn sie mit diesem
fertig ist, der das Leichteste zum Abthun ist, denn er ist das
Einfachste, das Einfache selbst; es ist die geringe Arbeit, die
erforderlich ist, wodurch sich diese so selbst zufriedene Gründlichkeit
wesentlich empfiehlt. Diese Beschränkung auf das Einfache läßt der
Willkür des Denkens, das für sich nicht einfach bleiben will, sondern
seine Reflexionen darüber anbringt, freien Spielraum. Mit dem guten
Rechte, sich zuerst nur mit dem Princip zu beschäftigen, und damit sich
auf das Weitere nicht einzulassen, thut diese Gründlichkeit in ihrem
Geschäfte selbst das Gegentheil hiervon, vielmehr das Weitere, d.i.
andere Kategorien als nur das Princip ist, andere Voraussetzungen und
Vorurtheile herbeizubringen. Solche Voraussetzungen, daß die
Unendlichkeit verschieden von der Endlichkeit, der Inhalt etwas Anderes
als die Form, das Innere ein Anderes als das Äußere, die Vermittelung
ebenso nicht die Unmittelbarkeit sey, als ob einer dergleichen nicht
wüßte, werden zugleich belehrungsweise vorgebracht und nicht sowohl
bewiesen, als erzählt und versichert. In solchem Belehren als Benehmen
liegt—man kann es nicht anders nennen,—eine Albernheit; der Sache nach
aber Theils das Unberechtigte, dergleichen nur vorauszusetzen und
geradezu anzunehmen, Theils aber noch mehr die Unwissenheit, daß es das
Bedürfniß und Geschäft des logischen Denkens ist, eben dieß zu
untersuchen, ob denn so ein Endliches ohne Unendlichkeit etwas Wahres
ist, ebenso solche abstrakte Unendlichkeit, ferner ein formloser Inhalt
und eine inhaltlose Form, so ein Inneres für sich, das keine Äußerung
hat, eine Äußerlichkeit ohne Innerlichkeit u.s.f.—etwas Wahres, ebenso
etwas Wirkliches ist.—Aber diese Bildung und Zucht des Denkens, durch
welche ein plastisches Verhalten desselben bewirkt und die Ungeduld der
einfallenden Reflexion überwunden würde, wird allein durch das
Weitergehen, das Studium und die Produktion der ganzen Entwickelung
verschafft.

Bei der Erwähnung platonischer Darstellung kann, wer ein
selbstständiges Gebäude philosophischer Wissenschaft in modernen Zeiten
neu aufzuführen arbeitet, an die Erzählung erinnert werden, daß Plato
seine Bücher über den Staat sieben Mal umgearbeitet habe. Die
Erinnerung hieran, eine Vergleichung, insofern sie eine solche in sich
zu schließen schiene, dürfte nur um so mehr bis zu dem Wunsch treiben,
daß für ein Werk, das, als der modernen Welt angehörig, ein tieferes
Princip, einen schwereren Gegenstand und ein Material von reicherm
Umfang zur Bearbeitung vor sich hat, die freie Muße, es sieben und
siebenzig Mal durchzuarbeiten, gewährt gewesen wäre. So aber mußte der
Verfasser, indem er es im Angesicht der Größe der Aufgabe betrachtet,
sich mit dem begnügen, was es hat werden mögen, unter den Umständen
einer äußerlichen Nothwendigkeit, der unabwendbaren Zerstreuung durch
die Größe und Vielseitigkeit der Zeitinteressen, sogar unter dem
Zweifel, ob der laute Lärm des Tages und die betäubende Geschwätzigkeit
der Einbildung, die auf denselben sich zu beschränken eitel ist, noch
Raum für die Theilnahme an der leidenschaftslosen Stille der nur
denkenden Erkenntniß offen lasse.

Berlin, den 7. November 1831.



Einleitung

Allgemeiner Begriff der Logik

Es fühlt sich bei keiner Wissenschaft stärker das Bedürfniß, ohne
vorangehende Reflexionen, von der Sache selbst anzufangen, als bei der
logischen Wissenschaft. In jeder andern ist der Gegenstand, den sie
behandelt, und die wissenschaftliche Methode von einander
unterschieden; so wie auch der Inhalt nicht einen absoluten Anfang
macht, sondern von andern Begriffen abhängt, und um sich herum mit
anderem Stoffe zusammenhängt. Diesen Wissenschaften wird es daher
zugegeben, von ihrem Boden und dessen Zusammenhang, so wie von der
Methode nur lemmatischer Weise zu sprechen, die als bekannt und
angenommen vorausgesetzten Formen von Definitionen und dergleichen ohne
weiteres anzuwenden, und sich der gewöhnlichen Art des Raisonnements
zur Festsetzung ihrer allgemeinen Begriffe und Grundbestimmungen zu
bedienen.

Die Logik dagegen kann keine dieser Formen der Reflexion oder Regeln
und Gesetze des Denkens voraussetzen, denn sie machen einen Theil ihres
Inhalts selbst aus und haben erst innerhalb ihrer begründet zu werden.
Nicht nur aber die Angabe der wissenschaftlichen Methode, sondern auch
der Begriff selbst der Wissenschaft überhaupt gehört zu ihrem Inhalte,
und zwar macht er ihr letztes Resultat aus; was sie ist, kann sie daher
nicht voraussagen, sondern ihre ganze Abhandlung bringt dieß Wissen von
ihr selbst erst als ihr Letztes und als ihre Vollendung hervor.
Gleichfalls ihr Gegenstand, das Denken oder bestimmter das begreifende
Denken, wird wesentlich innerhalb ihrer abgehandelt; der Begriff
desselben erzeugt sich in ihrem Verlaufe, und kann somit nicht
vorausgeschickt werden. Was daher in dieser Einleitung vorausgeschickt
wird, hat nicht den Zweck, den Begriff der Logik etwa zu begründen,
oder den Inhalt und die Methode derselben zum voraus wissenschaftlich
zu rechtfertigen, sondern, durch einige Erläuterungen und Reflexionen,
in raisonnirendem und historischem Sinne, den Gesichtspunkt, aus
welchem diese Wissenschaft zu betrachten ist, der Vorstellung näher zu
bringen.

Wenn die Logik als die Wissenschaft des Denkens im Allgemeinen
angenommen wird, so wird dabei verstanden, daß dieß Denken die bloße
Form einer Erkenntniß ausmache, daß die Logik von allem Inhalte
abstrahire, und das sogenannte zweite Bestandstück, das zu einer
Erkenntniß gehöre, die Materie, anderswoher gegeben werden müsse, daß
somit die Logik als von welcher diese Materie ganz und gar unabhängig
sey, nur die formalen Bedingungen wahrhafter Erkenntniß angeben, nicht
aber reale Wahrheit selbst enthalten, noch auch nur der Weg zu realer
Wahrheit seyn könne, weil gerade das Wesentliche der Wahrheit, der
Inhalt, außer ihr liege.

Vors Erste aber ist es schon ungeschickt zu sagen, daß die Logik von
allem Inhalte abstrahire, daß sie nur die Regeln des Denkens lehre,
ohne auf das Gedachte sich einzulassen und auf dessen Beschaffenheit
Rücksicht nehmen zu können. Denn da das Denken und die Regeln des
Denkens ihr Gegenstand seyn sollen, so hat sie ja unmittelbar daran
ihren eigenthümlichen Inhalt; sie hat daran auch jenes zweite
Bestandstück der Erkenntniß, eine Materie, um deren Beschaffenheit sie
sich bekümmert.

Allein zweitens sind überhaupt die Vorstellungen, auf denen der Begriff
der Logik bisher beruhte, Theils bereits untergegangen, Theils ist es
Zeit, daß sie vollends verschwinden, daß der Standpunkt dieser
Wissenschaft höher gefaßt werde, und daß sie eine völlig veränderte
Gestalt gewinne.

Der bisherige Begriff der Logik beruht auf der im gewöhnlichen
Bewußtseyn ein für allemal vorausgesetzten Trennung des Inhalts der
Erkenntniß und der Form derselben, oder der Wahrheit und der Gewißheit.
Es wird erstens vorausgesetzt, daß der Stoff des Erkennens, als eine
fertige Welt außerhalb des Denkens, an und für sich vorhanden, daß das
Denken für sich leer sey, als eine Form äußerlich zu jener Materie
hinzutrete, sich damit erfülle, erst daran einen Inhalt gewinne und
dadurch ein reales Erkennen werde.

Alsdann stehen diese beiden Bestandtheile,—(denn sie sollen das
Verhältniß von Bestandtheilen haben, und das Erkennen wird aus ihnen
mechanischer oder höchstens chemischer Weise zusammengesetzt—) in
dieser Rangordnung gegen einander, daß das Objekt ein für sich
Vollendetes, Fertiges sey, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit
vollkommen entbehren könne, da hingegen das Denken etwas Mangelhaftes
sey, das sich erst an einem Stoffe zu vervollständigen, und zwar als
eine weiche unbestimmte Form sich seiner Materie angemessen zu machen
habe. Wahrheit ist die Übereinstimmung des Denkens mit dem Gegenstande,
und es soll, um diese Übereinstimmung hervorzubringen, —denn sie ist
nicht an und für sich vorhanden,—das Denken nach dem Gegenstande sich
fügen und bequemen.

Drittens, indem die Verschiedenheit der Materie und der Form, des
Gegenstandes und des Denkens nicht in jener neblichten Unbestimmtheit
gelassen, sondern bestimmter genommen wird, so ist jede eine von der
andern geschiedene Sphäre. Das Denken kommt daher in seinem Empfangen
und Formiren des Stoffs nicht über sich hinaus, sein Empfangen und sich
nach ihm Bequemen bleibt eine Modifikation seiner selbst, es wird
dadurch nicht zu seinem Andern; und das selbstbewußte Bestimmen gehört
ohnedieß nur ihm an; es kommt also auch in seiner Beziehung auf den
Gegenstand nicht aus sich heraus zu dem Gegenstande, dieser bleibt als
ein Ding an sich, schlechthin ein Jenseits des Denkens.

Diese Ansichten über das Verhältnis des Subjektes und Objekts zu
einander drücken die Bestimmungen aus, welche die Natur unsers
gewöhnlichen, des erscheinenden Bewußtseins ausmachen; aber diese
Vorurtheile, in die Vernunft übergetragen, als ob in ihr dasselbe
Verhältniß Gott finde, als ob dieses Verhältniß an und für sich
Wahrheit habe, so sind sie die Irrthümer, deren durch alle Theile des
geistigen und natürlichen Universums durchgeführte Widerlegung die
Philosophie ist, oder die vielmehr, weil sie den Eingang in die
Philosophie versperren, vor derselben abzulegen sind.

Die ältere Metaphysik hatte in dieser Rücksicht einen höhern Begriff
von dem Denken als in der neuern Zeit gäng und gäb geworden ist. Jene
legte nämlich zu Grunde, daß das, was durchs Denken von und an den
Dingen erkannt werde, das allein an ihnen wahrhaft Wahre sey; somit
nicht sie in ihrer Unmittelbarkeit, sondern sie erst in die Form des
Denkens erhoben, als Gedachte. Diese Metaphysik hielt somit dafür, daß
das Denken und die Bestimmungen des Denkens nicht ein den Gegenständen
Fremdes, sondern vielmehr deren Wesen sey, oder daß die Dinge und das
Denken derselben, (—wie auch unsere Sprache eine Verwandtschaft
derselben ausdrückt,—) an und für sich übereinstimmen, daß das Denken
in seinen immanenten Bestimmungen, und die wahrhafte Natur der Dinge,
ein und derselbe Inhalt sey.

Aber der reflektirende Verstand bemächtigte sich der Philosophie. Es
ist genau zu wissen, was dieser Ausdruck sagen will, der sonst vielfach
als Schlagwort gebraucht wird; es ist überhaupt darunter der
abstrahirende und damit trennende Verstand zu verstehen, der in seinen
Trennungen beharrt. Gegen die Vernunft gekehrt beträgt er sich als
gemeiner Menschenverstand und macht seine Ansicht geltend, daß die
Wahrheit auf sinnlicher Realität beruhe, daß die Gedanken nur Gedanken
seyen, in dem Sinne, daß erst die sinnliche Wahrnehmung ihnen Gehalt
und Realität gebe, daß die Vernunft, insofern sie an und für sich
bleibe, nur Hinrgespinnste erzeuge. In diesem Verzichtthun der Vernunft
auf sich selbst, geht der Begriff der Wahrheit verloren, sie ist darauf
eingeschränkt, nur subjektive Wahrheit, nur die Erscheinung zu
erkennen, nur etwas, dem die Natur der Sache selbst nicht entspreche;
das Wissen ist zur Meinung zurückgefallen.

Diese Wendung jedoch, welche das Erkennen nimmt, und die als Verlust
und Rückschritt erscheint, hat das Tiefere zum Grunde, worauf überhaupt
die Erhebung der Vernunft in den höhern Geist der neuern Philosophie
beruht. Der Grund jener allgemein gewordenen Vorstellung ist nämlich in
der Einsicht von dem nothwendigen Widerstreite der Bestimmungen des
Verstandes mit sich selbst, zu suchen.—Die schon namhaft gemacht
Reflexion ist dieß, über das konkrete Unmittelbare hinaus zu gehen, und
dasselbe zu bestimmen und zu trennen. Aber sie muß ebenso sehr über
diese ihre trennenden Bestimmungen hinausgehen, und sie zunächst
beziehen. Auf dem Standpunkte dieses Beziehens tritt der Widerstreit
derselben hervor. Dieses Beziehen der Reflexion gehört an sich der
Vernunft an; die Erhebung über jene Bestimmungen, die zur Einsicht des
Widerstreits derselben gelangt, ist der große negative Schritt zum
wahrhaften Begriffe der Vernunft. Aber die nicht durchgeführte Einsicht
fällt in den Mißverstand, als ob die Vernunft es sey, welche in
Widerspruch mit sich gerathe; sie erkennt nicht, daß der Widerspruch
eben das Erheben der Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes
und das Auflösen derselben ist. Statt von hier aus den letzten Schritt
in die Höhe zu thun, ist die Erkenntniß von dem Unbefriedigenden der
Verstandesbestimmungen zu der sinnlichen Existenz zurückgeflohen, an
derselben das Feste und Einige zu haben vermeinend.

Indem aber auf der andern Seite diese Erkenntniß sich als die
Erkenntniß von Erscheinendem weiß, wird das Unbefriedigende derselben
eingestanden, aber zugleich vorausgesetzt, als ob zwar nicht die Dinge
an sich, aber doch innerhalb der Sphäre der Erscheinung richtig erkannt
würde; als ob dabei gleichsam nur die Art der Gegenstände verschieden
wäre, und die eine Art, nämlich die Dinge an sich zwar nicht, aber doch
die andere Art, nämlich die Erscheinungen, in die Erkenntniß fielen.
Wie wenn einem Manne richtige Einsicht beigemessen würde, mit dem
Zusatz, daß er jedoch nichts Wahres, sondern nur Unwahres einzusehen
fähig sey. So ungereimt das Letztere wäre, so ungereimt ist eine wahre
Erkenntniß, die den Gegenstand nicht erkennte, wie er an sich ist.

Die Kritik der Formen des Verstandes hat das angeführte Resultat
gehabt, daß diese Formen keine Anwendung auf die Dinge an sich haben.
—Dieß kann keinen andern Sinn haben, als daß diese Formen an ihnen
selbst etwas Unwahres sind. Allein indem sie für die subjektive
Vernunft und für die Erfahrung als geltend gelassen werden, so hat die
Kritik keine Änderung an ihnen selbst bewirkt, sondern läßt sie für das
Subjekt in derselben Gestalt, wie sie sonst für das Objekt galten. Wenn
sie aber ungenügend für das Ding an sich sind, so müßte der Verstand,
dem sie angehören sollen, noch weniger dieselben sich gefallen lassen
und damit vorlieb nehmen wollen. Wenn sie nicht Bestimmungen des Dings
an sich seyn können, so können sie noch weniger Bestimmungen des
Verstandes seyn, dem wenigstens die Würde eines Dings an sich
zugestanden werden sollte. Die Bestimmungen des Endlichen und
Unendlichen sind in demselben Widerstreit, es sey, daß sie auf Zeit und
Raum, auf die Welt angewendet werden, oder daß sie Bestimmungen
innerhalb des Geistes seyen; so gut als schwarz und weiß ein Grau
geben, ob sie an einer Wand, oder aber noch auf der Pallete mit
einander vereinigt werden; wenn unsere Weltvorstellung sich auflöst,
indem die Bestimmungen des Unendlichen und Endlichen auf sie
übergetragen werden, so ist noch mehr der Geist selbst, welcher sie
beide in sich enthält, ein in sich selbst Widersprechendes, ein sich
Auflösendes.—Es ist nicht die Beschaffenheit des Stoffes oder
Gegenstandes, worauf sie angewendet würde, oder in dem sie sich
befänden, was einen Unterschied ausmachen kann; denn der Gegenstand hat
nur durch und nach jenen Bestimmungen den Widerspruch an ihm.

Jene Kritik hat also die Formen des objektiven Denkens nur vom Ding
entfernt, aber sie im Subjekt gelassen, wie sie vorgefunden. Sie hat
dabei nämlich diese Formen nicht an und für sich selbst, nach ihrem
eigenthümlichen Inhalt, betrachtet, sondern sie lemmatisch aus der
subjektiven Logik geradezu aufgenommen; so daß von einer Ableitung
ihrer an ihnen selbst, oder auch einer Ableitung derselben als
subjektiv-logischer Formen, noch weniger aber von der dialektischen
Betrachtung derselben die Rede war.

Der konsequenter durchgeführte transcendentale Idealismus hat die
Richtigkeit des von der kritischen Philosophie noch übrig gelassenen
Gespensts des Dings-an-sich, dieses abstrakten von allem Inhalt
abgeschiedenen Schattens erkannt, und den Zweck gehabt, ihn vollends zu
zerstören. Auch machte diese Philosophie den Anfang, die Vernunft aus
sich selbst ihre Bestimmungen darstellen zu lassen. Aber die subjektive
Haltung dieses Versuchs ließ ihn nicht zur Vollendung kommen. Fernerhin
ist diese Haltung und mit ihr auch jener Anfang und die Ausbildung der
reinen Wissenschaft aufgegeben worden.

Ganz ohne Rücksicht auf metaphysische Bedeutung aber wird dasjenige
betrachtet, was gemeinhin unter Logik verstanden wird. Diese
Wissenschaft, in dem Zustande, worin sie sich noch befindet, hat
freilich keinen Inhalt der Art, wie er als Realität und als eine
wahrhafte Sache in dem gewöhnlichen Bewußtseyn gilt, Aber sie ist nicht
aus diesem Grunde eine formelle, inhaltsvoller Wahrheit entbehrende
Wissenschaft. In jenem Stoffe, der in ihr vermißt, welchem Mangel das
Unbefriedigende derselben zugeschrieben zu werden pflegt, ist ohnehin
das Gebiet der Wahrheit nicht zu suchen. Sondern das Gehaltlose der
logischen Formen liegt vielmehr allein in der Art, sie zu betrachten
und zu behandeln. Indem sie als feste Bestimmungen aus einander fallen
und nicht in organischer Einheit zusammengehalten werden, sind sie
todte Formen, und haben den Geist in ihnen nicht wohnen, der ihre
lebendige konkrete Einheit ist. Damit aber entbehren sie des gediegenen
Inhalts,—einer Materie, welche Gehalt an sich selbst wäre. Der Inhalt,
der an den logischen Formen vermißt wird, ist nichts anderes, als eine
feste Grundlage und Konkretion dieser abstrakten Bestimmungen,; und ein
solches substantielles Wesen pflegt für sie außen gesucht zu werden.
Aber die logische Vernunft selbst ist das Substantielle oder Reelle,
das alle abstrakten Bestimmungen in sich zusammenhält, und ihre
gediegene, absolut-konkrete Einheit ist. Nach dem also, was eine
Materie genannt zu werden pflegt, brauchte nicht weit gesucht zu
werden; es ist nicht Schuld des Gegenstandes der Logik, wenn sie
gehaltlos seyn soll, sondern allein der Art, wie derselbe gefaßt wird.

Diese Reflexion führt näher auf die Angabe des Standpunkts, nach
welchem die Logik zu betrachten ist, inwiefern er sich von der
bisherigen Behandlungsweise dieser Wissenschaft unterscheidet, und der
allein wahrhafte Standpunkt ist, auf den sie in Zukunft für immer zu
stellen ist.

In der Phänomenologie des Geistes habe ich das Bewußtseyn in seiner
Fortbewegung von dem ersten unmittelbaren Gegensatz seiner und des
Gegenstandes bis zum absoluten Wissen dargestellt. Dieser Weg geht
durch alle Formen des Verhältnisses des Bewußtseyns zum Objekte durch,
und hat den Begriff der Wissenschaft zu seinem Resultate. Dieser
Begriff bedarf also (abgesehen davon, daß er innerhalb der Logik selbst
hervorgeht) hier keiner Rechtfertigung, weil er sie daselbst erhalten
hat; und er ist keiner andern Rechtfertigung fähig, als nur dieser
Hervorbringung desselben durch das Bewußtseyn, dem sich seine eignen
Gestalten alle in denselben als in die Wahrheit auflösen. —Eine
raisonnirende Begründung der Erläuterung des Begriffs der Wissenschaft
kann zum höchsten dieß leisten, daß er vor die Vorstellung gebracht und
eine historische Kenntniß davon bewirkt werde; aber eine Definition der
Wissenschaft oder näher der Logik hat ihren Beweis allein in jener
Nothwendigkeit ihres Hervorgangs. Eine Definition, mit der irgend eine
Wissenschaft den absoluten Anfang macht, kann nichts anders enthalten,
als den bestimmten, regelrechten Ausdruck von demjenigen, was man sich
zugegebner- und bekanntermaßen unter dem Gegenstande und Zweck der
Wissenschaft vorstellt. Daß man sich gerade dieß darunter vorstelle,
ist eine historische Versicherung in Ansehung deren man sich allein auf
dieses und jenes Anerkannte berufen, oder eigentlich nur bittweise
beibringen kann, daß man dieß und jenes als anerkannt gelten lassen
möge. Es hört gar nicht auf, daß der Eine daher, der Andere dorther
einen Fall und Instanz beibringt, nach der auch noch etwas mehr und
anderes bei diesem und jenem Ausdrucke zu verstehen, in dessen
Definition also noch eine nähere oder allgemeinere Bestimmung
aufzunehmen und darnach auch die Wissenschaft einzurichten sey.—Es
kommt dabei ferner auf Raisonnement an, was alles und bis zu welcher
Grenze und Umfang es hereingezogen oder ausgeschlossen werden müsse;
dem Raisonnement selbst aber steht das mannigfaltigste und
verschiedenartigste Dafürhalten offen, worüber am Ende allein die
Willkür eine feste Bestimmung abschließen kann. Bei diesem Verfahren,
die Wissenschaft mir ihrer Definition anzufangen, wird von dem
Bedürfniß nicht die Rede, daß die Nothwendigkeit ihres Gegenstandes und
damit ihrer selbst aufgezeigt würde.

Der Begriff der reinen Wissenschaft und seiner Deduktion wird in
gegenwärtiger Abhandlung also insofern vorausgesetzt, als die
Phänomenologie des Geistes nichts anderes als die Deduktion desselben
ist. Das absolute Wissen ist die Wahrheit aller Weisen des Bewußtseins,
weil, wie jener Gang desselben es hervorbrachte, nur in dem absoluten
Wissen, die Trennung des Gegenstandes von der Gewißheit seiner selbst
vollkommen sich aufgelöst hat, und die Wahrheit, dieser Gewißheit, so
wie diese Gewißheit, der Wahrheit gleich geworden ist.

Die reine Wissenschaft setzt somit die Befreiung von dem Gegensatze des
Bewußtseyns voraus. Sie enthält den Gedanken, insofern er eben so sehr
die Sache an sich selbst ist, oder die Sache an sich selbst, insofern
sie ebenso sehr der reine Gedanke ist. Als Wissenschaft ist die
Wahrheit das reine sich entwicklende Selbstbewußtseyn, und hat die
Gestalt des Selbst, daß das an und für sich seyende gewußter Begriff,
der Begriff als solcher aber das an und für sich seyende ist. Dieses
objektive Denken ist denn der Inhalt der reinen Wissenschaft. Sie ist
daher so wenig formell, sie entbehrt so wenig der Materie zu einer
wirklichen und wahren Erkenntniß, daß ihr Inhalt vielmehr allein das
absolute Wahre, oder wenn man sich noch des Worts Materie bedienen
wollte, die wahrhafte Materie ist,—eine Materie aber, der die Form
nicht ein Äußerliches ist, da diese Materie vielmehr der reine Gedanke,
somit die absolute Form selbst ist. Die Logik ist sonach als das System
der reinen Vernunft, als das Reich des reinen Gedankens zu fassen.
Dieses Reich ist die Wahrheit, wie sie ohne Hülle an und für sich
selbst ist. Man kann sich deswegen ausdrücken, daß dieser Inhalt die
Darstellung Gottes ist, wie er in seinem ewigen Wesen vor der
Erschaffung der Natur und des endlichen Geistes ist.

Anaxagoras wird als derjenige gepriesen, der zuerst den Gedanken
ausgesprochen habe, daß der Nus, der Gedanke, das Princip der Welt, daß
das Wesen der Welt als der Gedanke bestimmt ist. Er hat damit den Grund
zu einer Intellektualansicht des Universums gelegt, deren reine Gestalt
die Logik seyn muß. Es ist in ihr nicht um ein Denken über etwas, das
für sich außer dem Denken zu Grunde läge, zu thun, um Formen, welche
bloße Merkmale der Wahrheit abgeben sollten; sondern die nothwendigen
Formen und eigenen Bestimmungen des Denkens sind der Inhalt und die
höchste Wahrheit selbst.

Um dieß in der Vorstellung wenigstens aufzunehmen, ist die Meinung auf
die Seite zu legen, als ob die Wahrheit etwas Handgreifliches seyn
müsse. Solche Handgreiflichkeit wird zum Beispiel selbst noch in die
platonischen Ideen, die in dem Denken Gottes sind, hineingetragen, als
ob sie gleichsam existirende Dinge, aber in einer andern Welt oder
Region seyen, außerhalb welcher die Welt der Wirklichkeit sich befinde
und eine von jenen Ideen verschiedene, erst durch diese Verschiedenheit
reale Substantialität habe. Die platonische Idee ist nichts anderes,
als das Allgemeine oder bestimmter der Begriff des Gegenstandes; nur in
seinem Begriffe hat Etwas Wirklichkeit; insofern es von seinem Begriffe
verschieden ist, hört es auf wirklich zu seyn, und ist ein Nichtiges;
die Seite der Handgreiflichkeit und des sinnlichen Außersichseyns
gehört dieser nichtigen Seite an.—Von der andern Seite aber kann man
sich auf die eigenen Vorstellungen der gewöhnlichen Logik berufen; es
wird nämlich angenommen, daß z.B. Definitionen nicht Bestimmungen
enthalten, die nur ins erkennende Subjekt fallen, sondern die
Bestimmungen des Gegenstandes, welche seine wesentlichste eigenste
Natur ausmachen. Oder wenn von gegebenen Bestimmungen auf andere
geschlossen wird, wird angenommen, daß das Erschlossene nicht ein dem
Gegenstande Äußerliches und Fremdes sey, sondern daß es ihm vielmehr
selbst zukomme, daß diesem Denken das Seyn entspreche.—Es liegt
überhaupt bei dem Gebrauche der Formen des Begriffs, Urtheils,
Schlusses, Definition, Division u.s.f. zu Grunde, daß sie nicht bloß
Formen des selbstbewußten Denken sind, sondern auch des
gegenständlichen Verstandes. Denken ist ein Ausdruck, der die in ihm
enthaltene Bestimmung vorzugsweise dem Bewußtseyn beilegt. Aber
insofern gesagt wird, daß Verstand, daß Vernunft in der
gegenständlichen Welt ist, daß der Geist und die Natur allgemeine
Gesetze habe, nach welchen ihr Leben und ihre Veränderung sich machen,
so wird zugegeben, daß die Denkbestimmungen eben so sehr objektiven
Werth und Existenz haben.

Die kritische Philosophie machte zwar bereits die Metaphysik zur Logik,
aber sie, wie der spätere Idealismus, gab, wie vorhin erinnert worden,
aus Angst vor dem Objekt den logischen Bestimmungen eine wesentlich
subjektive Bedeutung; dadurch bleiben sie zugleich mit dem Objekte, das
sie flohen, behaftet, und ein Ding-an-sich, ein unendlicher Anstoß,
blieb als ein Jenseits an ihnen übrig. Aber die Befreiung von dem
Gegensatze des Bewußtseyns, welche die Wissenschaft muß voraussetzen
können, erhebt die Denkbestimmungen über diesen ängstlichen,
unvollendeten Standpunkt, und fordert die Betrachtung derselben, wie
sie an und für sich, ohne eine solche Beschränkung und Rücksicht, das
Logische, das Rein-vernünftige sind.

Kant preist sonst die Logik, nämlich das Aggregat von Bestimmungen und
Sätzen, das im gewöhnlichen Sinne Logik heißt, darüber glücklich, daß
ihr vor andern Wissenschaften eine so frühe Vollendung zu Theil
geworden sey; seit Aristoteles habe sie keinen Rückschritt gethan, aber
auch keinen Schritt vorwärts, das Letztere deswegen, weil sie allem
Ansehen nach geschlossen und vollendet zu seyn scheine.—Wenn die Logik
seit Aristoteles keine Veränderung erlitten hat,—wie denn in der That
die Veränderungen, wenn man die neuern Kompendien der Logik betrachtet,
häufig mehr nur in Weglassungen bestehen,—so ist daraus eher zu
folgern, daß sie um so mehr einer totalen Umarbeitung bedürfe; denn ein
zweitausendjähriges Fortarbeiten des Geistes muß ihm ein höheres
Bewußtseyn über sein Denken und über seine reine Wesenheit in sich
selbst, verschafft haben. Die Vergleichung der Gestalten, zu denen sich
der Geist der praktischen und der religiösen Welt und der Geist der
Wissenschaft in jeder Art reellen und ideellen Bewußtseyns emporgehoben
hat, mit der Gestalt, in der sich die Logik, sein Bewußtseyn über sein
reines Wesen, befindet, zeigt einen zu großen Unterschied, als daß es
nicht der oberflächlichsten Betrachtung sogleich auffallen sollte, daß
dieß letztere Bewußtseyn den erstern Erhebungen durchaus unangemessen
und ihrer unwürdig ist.

In der That ist das Bedürfniß einer Umgestaltung der Logik längst
gefühlt worden. In der Form und im Inhalt, wie sie sich in den
Lehrbüchern zeigt, ist sie, man darf sagen, in Verachtung gekommen. Sie
wird noch mitgeschleppt mehr im Gefühle, daß eine Logik überhaupt nicht
zu entbehren sey, und aus einer noch fortdauernden Gewohnheit an die
Tradition von ihrer Wichtigkeit, als aus Überzeugung, daß jener
gewöhnliche Inhalt und die Beschäftigung mit jenen leeren Formen Werth
und Nutzen habe.

Die Erweiterungen, die ihr durch psychologisches, pädagogisches und
selbst physiologisches Material eine Zeitlang gegeben wurden, sind
nachher für Verunstaltungen ziemlich allgemein anerkannt worden. An und
für sich muß ein großer Theil dieser psychologischen, pädagogischen,
physiologischen Beobachtungen, Gesetze und Regeln, sie mochten in der
Logik, oder wo es sey, stehen, als sehr schaal und trivial erscheinen.
Vollends solche Regeln, als zum Beispiel, daß man dasjenige durchdenken
und prüfen solle, was man in Büchern lese oder mündlich höre; daß man,
wenn man nicht gut sehe, seinen Augen durch Brillen zu Hülfe zu kommen
habe,—Regeln, die von den Lehrbüchern in der sogenannten angewandten
Logik, und zwar ernsthaft in Paragraphen abgetheilt gegeben wurden, auf
daß man zur Wahrheit gelange,—müssen jedermann als überflüßig
vorkommen,—nur höchstens dem Schriftsteller oder Lehrer nicht, der in
Verlegenheit ist, den sonst zu kurzen und todten Inhalt der Logik durch
irgend etwas auszudehnen.

Was solchen Inhalt betrifft, so ist schon oben der Grund angegeben
worden, warum er so geistlos ist. Die Bestimmungen desselben gelten in
ihrer Festigkeit unverrückt, und werden nur in äußerliche Beziehung
miteinander gebracht. Dadurch daß bei den Urtheilen und Schlüssen die
Operationen vornehmlich auf das Quantitative der Bestimmungen
zurückgeführt und gegründet werden, beruht Alles auf einem äußerlichen
Unterschiede, auf bloßer Vergleichung, wird ein völlig analytisches
Verfahren und begriffloses Kalkuliren. Das Ableiten der sogenannten
Regeln und Gesetze, des Schließens vornehmlich, ist nicht viel besser,
als ein Befingern von Stäbchen von ungleicher Länge, um sie nach ihrer
Größe zu sortiren und zu verbinden,—als die spielende Beschäftigung der
Kinder, von mannigfaltig zerschnittenen Gemälden die passenden Stücke
zusammen zu suchen.—Man hat daher nicht mit Unrecht dieses Denken dem
Rechnen und das Rechnen wieder diesem Denken gleichgesetzt. In der
Arithmetik werden die Zahlen als das Begrifflose genommen, das außer
seiner Gleichheit oder Ungleichheit, das heißt, außer seinem ganz
äußerlichen Verhältnisse keine Bedeutung hat, das weder an ihm selbst,
noch dessen Beziehung ein Gedanke ist.

Wenn auf mechanische Weise ausgerechnet wird, daß dreiviertel mit
zweidrittel multipliziert, ein Halbes ausmacht, so enthält diese
Operation ungefähr so viel und so wenig Gedanken, als die Berechnung,
ob in einer Figur diese oder jene Art des Schlusses Statt haben könne.

Damit daß dieß todte Gebein der Logik durch den Geist zu Gehalt und
Inhalt belebt werde, muß ihre Methode diejenige seyn, wodurch sie
allein fähig ist, reine Wissenschaft zu seyn. In dem Zustande, in dem
sie sich befindet, ist kaum eine Ahnung von wissenschaftlicher Methode
zu erkennen. Sie hat ungefähr die Form einer Erfahrungswissenschaft.
Erfahrungswissenschaften haben für das, was sie seyn sollen, ihre
eigenthümliche Methode, des Definirens und des Klassificirens ihres
Stoffes, so gut es geht, gefunden. Auch die reine Mathematik hat ihre
Methode, die für ihre abstrakten Gegenstände und für die quantitative
Bestimmung, in der sie allein betrachtet, passend ist. Ich habe über
diese Methode und überhaupt das Untergeordnete der
Wissenschaftlichkeit, die in der Mathematik Statt finden kann, in der
Vorrede zur Phänomenologie des Geistes, das Wesentliche gesagt; aber
sie wird auch innerhalb der Logik selbst näher betrachtet werden.
Spinoza, Wolf und Andere haben sie verführen lassen, sie auch auf die
Philosophie anzuwenden, und den äußerlichen Gang der begrifflosen
Quantität zum Gange des Begriffes zu machen, was an und für sich
widersprechend ist. Bisher hatte die Philosophie ihre Methode noch
nicht gefunden; sie betrachtete mit Neid das systematische Gebäude der
Mathematik und borgte sie, wie gesagt, von ihr, oder behalf sich mit
der Methode von Wissenschaften, die nur Vermischungen von gegebenem
Stoffe, Erfahrungssätzen und Gedanken sind,—oder half sich auch mit dem
rohen Wegwerfen aller Methode. Die Exposition dessen aber, was allein
die wahrhafte Methode der philosophischen Wissenschaft seyn kann, fällt
in die Abhandlung der Logik selbst; denn die Methode ist das Bewußtseyn
über die Form der inneren Selbstbewegung ihres Inhalts. Ich habe in der
Phänomenologie des Geistes ein Beispiel von dieser Methode, an einem
konkreteren Gegenstande, an dem Bewußtseyn ein Beispiel von dieser
Methode, an einem konkreteren Gegenstande, an dem Bewußtseyn,
aufgestellt.[3] Es sind hier Gestalten des Bewußtseyns, deren jede in
ihrer Realisirung sich zugleich selbst auflöst, ihre eigene Negation zu
ihrem Resultate hat,—und damit in eine höhere Gestalt übergegangen ist.
Das Einzige, um den wissenschaftlichen Fortgang zu gewinnen, und um
dessen ganz einfache Einsicht sich wesentlich zu bemühen ist,—ist die
Erkenntniß des logischen Satzes, daß das Negative ebenso sehr positiv
ist, oder daß das sich Widersprechende sich nicht in Null, in das
abstrakte Nichts auflöst, sondern wesentlich nur in die Negation seines
besonderen Inhalts, oder daß eine solche Negation nicht alle Negation,
sondern die Negation der bestimmten Sache, die sich auflöst, somit
bestimmte Negation ist; daß also im Resultate wesentlich das enthalten
ist, woraus es resultirt;—was eigentlich eine Tautologie ist, denn
sonst wäre es ein Unmittelbares, nicht ein Resultat. Indem das
Resultirende, die Negation, bestimmte Negation ist, hat sie einen
Inhalt. Sie ist ein neuer Begriff, aber der höhere, reichere Begriff
als der vorhergehende; denn sie ist um dessen Negation oder
Entgegengesetztes reicher geworden; enthält ihn also, aber auch mehr
als ihn, und ist die Einheit seiner und seines Entgegengesetzten.—In
diesem Wege hat sich das System der Begriffe überhaupt zu bilden,— und
in unaufhaltsamen, reinem, von Außen nichts hereinnehmendem Gange, sich
zu vollenden.

 [3] Später an den anderen konkreten Gegenständen und resp. Theilen der
 Philosophie.


Wie würde ich meinen können, daß nicht die Methode, die ich in diesem
Systeme der Logik befolgt,—oder vielmehr die dieß System an ihm selbst
befolgt,—noch vieler Vervollkommnung, vieler Durchbildung im Einzelnen
fähig sey, aber ich weiß zugleich, daß sie die einzige wahrhafte ist.
Dieß erhellt für sich schon daraus, daß sie von ihrem Gegenstande und
Inhalte nichts Unterschiedenes ist;—denn es ist der Inhalt in sich, die
Dialektik, die er an ihm selbst hat, welche ihn fortbewegt. Es ist
klar, daß keine Darstellungen für wissenschaftlich gelten können,
welche nicht den Gang dieser Methode gehen und ihrem einfachen Rhythmus
gemäß sind, denn es ist der Gang der Sache selbst.

In Gemäßheit dieser Methode erinnere ich, daß die Eintheilungen und
Überschriften der Bücher, Abschnitte und Kapitel, die in dem Werke
angegeben sind, so wie etwa die damit verbundenen Erklärungen, zum
Behuf einer vorläufigen Übersicht gemacht, und daß sie eigentlich nur
von historischem Werthe sind. Sie gehören nicht zum Inhalte und Körper
der Wissenschaft, sondern sind Zusammenstellungen der äußeren
Reflexion, welche das Ganze der Ausführung schon durchlaufen hat, daher
die Folge seiner Momente voraus weiß und angiebt, ehe sie noch durch
die Sache selbst sich herbeiführen.

In den anderen Wissenschaften sind solche Vorausbestimmungen und
Eintheilungen gleichfalls für sich nichts anderes, als solche äußere
Angaben; aber auch innerhalb der Wissenschaft werden sie nicht über
diesen Charakter erhoben. Selbst in der Logik zum Beispiel, heißt es
etwa, "die Logik hat zwei Hauptstücke, die Elementarlehre und die
Methodik", alsdann unter der Elementarlehre findet sich ohne weiteres
etwa die Überschrift: Gesetze des Denkens;—alsdann erstes Kapitel: von
den Begriffen. Erster Abschnitt: von der Klarheit der Begriffe u.
s.f.—Diese ohne irgend eine Deduktion und Rechtfertigung gemachten
Bestimmungen und Eintheilungen machen das systematische Gerüste und den
ganze Zusammenhang solcher Wissenschaften aus. Eine solche Logik sieht
es für ihren Beruf an, davon zu sprechen, daß die Begriffe und
Wahrheiten aus Principien müssen abgeleitet seyn; aber bei dem, was sie
Methode nennt, wird auch nicht von weitem an ein Ableiten gedacht. Die
Ordnung besteht etwa in der Zusammenstellung von Gleichartigem, in der
Vorausschickung des Einfacheren vor dem Zusammengesetzten und anderen
äußerlichen Rücksichten. Aber in Rücksicht eines inneren, nothwendigen
Zusammenhangs bleibt es bei dem Register der Abtheilungsbestimmungen,
und der Übergang macht sich nur damit, daß es jetzt heißt: Zweites
Kapitel;—oder: wir kommen nunmehr zu den Urtheilen, u. dergl.

Auch die Überschriften und Eintheilungen, die in diesem Systeme
vorkommen, sollen für sich keine andere Bedeutung haben, als die der
Inhaltsanzeige. Außerdem aber muß die Nothwendigkeit des Zusammenhangs
und die immanente Entstehung der Unterschiede sich in der Abhandlung
der Sache selbst vorfinden, denn sie fällt in die eigene Fortbestimmung
des Begriffes.

Das, wodurch sich der Begriff selbst weiter leitet, ist das vorhin
angegebene Negative, das er in sich selbst hat; dieß macht das wahrhaft
Dialektische aus. Die Dialektik, die als ein abgesonderter Theil der
Logik betrachtet und in Ansehung ihres Zwecks und Standpunktes, man
kann sagen, gänzlich verkannt worden, erhält dadurch eine ganz andere
Stellung.—Auch die platonische Dialektik hat selbst im Parmenides, und
anderswo ohnehin noch direkter, Theils nur die Absicht, beschränkte
Behauptungen durch sich selbst aufzulösen und zu widerlegen, Theils
aber überhaupt das Nichts zum Resultate. Gewöhnlich sieht man die
Dialektik für ein äußerliches und negatives Thun an, das nicht der
Sache selbst angehöre, in bloßer Eitelkeit als einer subjektiven Sucht,
sich das Feste und Wahre in Schwanken zu setzen und aufzulösen, seinen
Grund habe oder wenigstens zu Nichts führe, als zur Eitelkeit des
dialektisch behandelten Gegenstandes.

Kant hat die Dialektik höher gestellt, und diese Seite gehört unter die
größten seiner Verdienste,—indem er ihr den Schein von Willkür nahm,
den sie nach der gewöhnlichen Vorstellung hat, und sie als ein
nothwendiges Thun der Vernunft darstellte. Indem sie nur für die Kunst,
Blendwerke vorzumachen und Illusionen hervorzubringen, galt, wurde
schlechthin vorausgesetzt, daß sie ein falsches Spiel spiele, und ihre
ganze Kraft allein darauf beruhe, daß sie den Betrug verstecke; daß
ihre Resultate nur erschlichen und ein subjektiver Schein seyen. Kant's
dialektische Darstellungen in den Antinomien der reinen Vernunft
verdienen zwar, wenn sie näher betrachtet werden, wie dieß im Verfolge
dieses Werkes weitläufiger geschehen wird, freilich kein großes Lob;
aber die allgemeine Idee, die er zu Grunde gelegt und geltend gemacht
hat, ist die Objektivität des Scheins und Nothwendigkeit des
Widerspruchs, der zur Natur der Denkbestimmungen gehört: zunächst zwar
in der Art, insofern diese Bestimmungen von der Vernunft auf die Dinge
an sich angewendet werden; aber eben, was sie in der Vernunft und in
Rücksicht auf das sind, was an sich ist, ist ihre Natur. Es ist dieß
Resultat in seiner positiven Seiten aufgefaßt, nichts anderes, als die
innere Negativität derselben, als ihre sich selbstbewegende Seele, das
Princip aller natürlichen und geistigen Lebendigkeit überhaupt. Aber so
wie nur bei der abstrakt-negativen Seite des Dialektischen stehen
geblieben wird, so ist das Resultat nur das Bekannte, daß die Vernunft
unfähig sey, das Unendliche zu erkennen;—ein sonderbares Resultat,
indem das Unendliche das Vernünftige ist, zu sagen, die Vernunft sey
nicht fähig, das Vernünftige zu erkennen.

In diesem Dialektischen, wie es hier genommen wird, und damit in dem
Fassen des Entgegengesetzten in seiner Einheit, oder des Positiven im
Negativen besteht das Spekulative. Es ist die wichtigste, aber für die
noch ungeübte, unfreie Denkkraft schwerste Seite. Ist solche noch darin
begriffen, sich vom sinnlich-konkreten Vorstellen und vom Raisonniren
loszureißen, so hat sie sich zuerst im abstrakten Denken zu üben.
Begriffe in ihrer Bestimmtheit festzuhalten und aus ihnen erkennen zu
lernen. Eine Darstellung der Logik zu diesem Behuf hätte sich in ihrer
Methode an das obenbesagte Eintheilen und in Ansehung des näheren
Inhalts an die Bestimmungen, die sich für die einzelnen Begriffe
ergeben, zu halten, ohne sich auf das Dialektische einzulassen. Sie
würde der äußeren Gestalt nach dem gewöhnlichen Vortrag dieser
Wissenschaft ähnlich werden, sich übrigens dem Inhalte nach auch davon
unterscheiden, und immer noch dazu dienen, das abstrakte, ob zwar nicht
das spekulative Denken zu üben, welchen Zweck die durch psychologische
und anthropologische Zuthaten populair gewordene Logik nicht einmal
erfüllen kann. Sie würde dem Geiste das Bild eines methodisch
geordneten Ganzen geben, obgleich die Seele des Gebäudes, die Methode,
die im Dialektischen lebt, nicht selbst darin erschiene.

In Rücksicht auf die Bildung und das Verhältniß des Individuums zur
Logik, merke ich schließlich noch an, daß diese Wissenschaft wie die
Grammatik, in zwei verschiedenen Ansichten oder Werthen erscheint. Sie
ist etwas Anderes für den, der zu ihr und den Wissenschaften überhaupt
erst hinzutritt, und etwas Anderes für den, der von ihnen zu ihr
zurückkommt. Wer die Grammatik anfängt kennen zu lernen, findet in
ihren Formen und Gesetzen trockene Abstraktionen, zufällig Regeln,
überhaupt eine isolirte Menge von Bestimmungen, die nur den Werth und
die Bedeutung dessen zeigen, was in ihrem unmittelbaren Sinne liegt;
das Erkennen erkennt in ihnen zunächst nichts als sie. Wer dagegen
einer Sprache mächtig ist und zugleich andere Sprachen in Vergleichung
mit ihr kennt, dem erst kann sich der Geist und die Bildung eines Volks
in der Grammatik seiner Sprache zu fühlen geben; dieselben Regeln und
Formen haben nunmehr einen erfüllten, lebendigen Werth. Er kann durch
die Grammatik hindurch den Ausdruck des Geistes überhaupt, die Logik,
erkennen. So wer zur Wissenschaft hinzutritt, findet in der Logik
zunächst ein isolirtes System von Abstraktionen, das auf sich selbst
beschränkt, nicht über die anderen Kenntnisse und Wissenschaften
übergreift. Vielmehr, gehalten gegen den Reichthum der
Weltvorstellungen, gegen den real erscheinenden Inhalt der anderen
Wissenschaften, und verglichen mit dem Versprechen der absoluten
Wissenschaft, das Wesen dieses Reichthums, die innere Natur des Geistes
und der Welt, die Wahrheit zu enthüllen, hat diese Wissenschaft in
ihrer abstrakten Gestalt, in der farblosen, kalten Einfachheit ihrer
reinen Bestimmungen vielmehr das Ansehen, Alles eher zu leisten als
dieß Versprechen, und gehaltlos jenem Reichthum gegenüber zu stehen,
Die erste Bekanntschaft mit der Logik schränkt ihre Bedeutung auf sie
selbst ein; ihr Inhalt gilt nur für eine isolirte Beschäftigung mit den
Denkbestimmungen, neben der die anderen wissenschaftlichen
Beschäftigungen ein eigener Stoff und Gehalt für sich sind, auf welche
das Logische etwa einen formellen Einfluß hat, und zwar einen solchen,
der sich mehr von selbst macht, und für den die wissenschaftliche
Gestalt und deren Studium allerdings auch zur Noth entbehrt werden
kann. Die anderen Wissenschaften haben die regelrechte Methode, eine
Folge von Definitionen, Axiomen, Theoremen und deren Beweisen u.s.f. zu
seyn, im Ganzen abgeworfen; die sogenannte natürliche Logik macht sich
für sich in ihnen geltend und hilft sich ohne besondere, auf das Denken
selbst gerichtete Erkenntnis fort. Vollends aber hält sich der Stoff
und Inhalt dieser Wissenschaften für sich selbst vom Logischen völlig
unabhängig, und ist auch für Sinn, Gefühl, Vorstellung und praktisches
Interesse jeder Art ansprechender.

So muß denn allerdings die Logik zuerst gelernt werden, als etwas, das
man wohl versteht und einsieht, aber woran Umfang, Tiefe und weitere
Bedeutung anfangs vermißt wird. Erst aus der tiefern Kenntniß der
anderen Wissenschaften erhebt sich für den subjektiven Geist das
Logische als ein nicht nur abstrakt Allgemeines, sondern als das den
Reichthum des Besonderen in sich fassende Allgemeine; —wie derselbe
Sittenspruch in dem Munde des Jünglings, der ihn ganz richtig versteht,
nicht die Bedeutung und den Umfang besitzt, welchen er im Geiste eines
lebenserfahrenen Mannes hat, dem sich damit die ganze Kraft des darin
enthaltenen Gehaltes ausdrückt, so erhält das Logische erst dadurch die
Schätzung seines Werths, wenn es zum Resultate der Erfahrung der
Wissenschaften geworden ist; es stellt sich daraus als die allgemeine
Wahrheit, nicht als eine besondere Kenntniß neben anderem Stoffe und
Realitäten, sondern als das Wesen alles dieses sonstigen Inhalts dem
Geiste dar.

Ob nun das Logische zwar im Anfange des Studiums nicht in dieser
bewußten Kraft für den Geist vorhanden ist, so empfängt er durch
dasselbe darum nicht weniger die Kraft in sich, die ihn in alle
Wahrheit leitet. Das System der Logik ist das Reich der Schatten, die
Welt der einfachen Wesenheiten, von aller sinnlichen Konkretion
befreit. Das Studium dieser Wissenschaft, der Aufenthalt und die Arbeit
in diesem Schattenreich ist die absolute Bildung und Zucht des
Bewußtseyns. Es treibt darin ein von sinnlichen Anschauungen und
Zwecken, von Gefühlen, von der bloß gemeinten Vorstellungswelt fernes
Geschäft. Von seiner negativen Seite betrachtet, besteht dieß Geschäft
in dem Fernhalten der Zufälligkeit des raisonnirenden Denkens und der
Willkür, diese oder die entgegengesetzten Gründe sich einfallen oder
gelten zu lassen.

Vornehmlich aber gewinnt der Gedanke dadurch Selbstständigkeit und
Unabhängigkeit. Er wird in dem Abstrakten und in dem Fortgehen durch
Begriffe ohne sinnliche Substrate einheimisch, wird zur unbewußten
Macht, die sonstige Mannigfaltigkeit der Kenntniß und Wissenschaften in
die vernünftige Form aufzunehmen, sie in ihrem Wesentlichen zu erfassen
und festzuhalten, das Äußerliche abzustreifen und auf diese Weise aus
ihnen das Logische auszuziehen,—oder was dasselbe ist, die vorher durch
das Studium erworbene abstrakte Grundlage des Logischen mit dem Gehalte
aller Wahrheit zu erfüllen, und ihm den Werth eines Allgemeinen zu
geben, das nicht mehr als ein Besonderes neben anderem Besonderen
steht, sondern über alles dieses übergreift und dessen Wesen, das
Absolut-wahre, ist.

Allgemeine Eintheilung der Logik

In dem, was über den Begriff dieser Wissenschaft und wohin seine
Rechtfertigung falle, gesagt worden ist, liegt, daß die allgemeine
Eintheilung hier nur vorläufig seyn, gleichsam nur insofern angegeben
werden kann, als der Verfasser die Wissenschaft bereits kennt, daher
historisch hier zum Voraus anzuführen im Stande ist, zu welchen
Hauptunterschieden sich der Begriff in seiner Entwickelung bestimmen
wird.

Doch kann versucht werden, das was zum Eintheilen erforderlich ist, zum
Voraus im Allgemeinen verständlich zu machen, obgleich auch dabei ein
Verfahren der Methode in Anspruch genommen werden muß, das seine volle
Verständigung und Rechtfertigung erst innerhalb der Wissenschaft
erhält.—Zuvörderst also ist zu erinnern, daß hier vorausgesetzt wird,
die Eintheilung müsse mit dem Begriffe zusammenhängen, oder vielmehr in
ihm selbst liegen. Der Begriff ist nicht unbestimmt, sondern bestimmt
an ihm selbst; die Eintheilung aber drückt entwickelt diese seine
Bestimmtheit aus; sie ist das Urtheil desselben, nicht ein Urtheil über
irgend einen äußerlich genommenen Gegenstand, sondern das Urtheilen,
d.i. Bestimmen des Begriffs an ihm selbst. Die Rechtwinklichkeit,
Spitzwinklichkeit u.s. f., wie die Gleichseitigkeit u.s.f., nach
welchen Bestimmungen die Dreiecke eingetheilt werden, liegt nicht in
der Bestimmtheit des Dreiecks selbst, d.h. nicht in dem, was der
Begriff des Dreiecks genannt zu werden pflegt, ebenso wenig als in dem,
was für den Begriff des Thieres überhaupt, oder des Säugethiers, Vogels
u.s.w. die Bestimmungen liegen, nach welchen jenes in Säugethiere,
Vögel u.s. w. und diese Klassen in weitere Gattungen eingetheilt
werden. Solche Bestimmungen werden anderswoher, aus der empirischen
Anschauung aufgenommen; sie treten zu jenem sogenannten Begriffe von
Außen hinzu. In der philosophischen Behandlung des Eintheilens muß der
Begriff selbst sich als ihren Ursprung enthaltend zeigen.

Der Begriff der Logik aber selbst ist in der Einleitung als das
Resultat einer jenseits liegenden Wissenschaft, damit hier gleichfalls
als eine Voraussetzung angegeben worden. Die Logik bestimmte sich
danach als die Wissenschaft des reinen Denkens, die zu ihrem Princip
das reine Wissen habe, die nicht abstrakte, sondern dadurch konkrete
lebendige Einheit, daß in ihr der Gegensatz des Bewußtseyns von einem
subjektiv—für sich Seyenden und einem zweiten solchen Seyenden, einem
Objektiven, als überwunden, und das Seyn als reiner Begriff an sich
selbst, und der reine Begriff als das wahrhafte Seyn gewußt wird. Dieß
sind sonach die beiden Momente, welche im Logischen enthalten sind.
Aber sie werden nun als untrennbar seyend gewußt, nicht wie im
Bewußtseyn jedes auch als für sich seyend; dadurch, allein, daß sie
zugleich als unterschiedene (jedoch nicht für sich seyende) gewußt
werden, ist ihre Einheit nicht abstrakt, todt, unbewegend, sondern
konkret.

Diese Einheit macht das logische Princip zugleich als Element aus, so
daß die Entwickelung jenes Unterschiedes, der sogleich in ihm ist, nur
innerhalb dieses Elementes vor sich geht. Denn indem die Eintheilung,
wie gesagt worden, das Urtheil des Begriffs, das Setzen der ihm schon
immanenten Bestimmung und damit seines Unterschiedes ist, so darf dieß
Setzen nicht als ein Wiederauflösen jener konkreten Einheit in ihre
Bestimmungen, wie sie als für sich seyend gelten sollen, gefaßt werden,
was hier ein leeres Zurückgehen auf den vorigen Standpunkt, den
Gegensatz des Bewußtseyns wäre; dieser ist vielmehr verschwunden; jene
Einheit bleibt das Element, und aus ihr tritt jenes Unterscheiden der
Eintheilung und überhaupt der Entwickelung nicht mehr heraus. Damit
sind die früher (auf dem Wege zur Wahrheit) für sich seyenden
Bestimmungen, wie ein Subjektives und Objektives, oder auch Denken und
Seyn oder Begriff und Realität, wie sie in irgend einer Rücksicht
bestimmt worden seyn mögen, nun in ihrer Wahrheit, d.i. in ihrer
Einheit, zu Formen herabgesetzt. In ihrem Unterschiede blieben sie
daher selbst an sich der ganze Begriff und dieser wird in der
Eintheilung nur unter seinen eigenen Bestimmungen gesetzt.

So ist es der ganze Begriff, der das eine Mal als seyender Begriff, das
andere Mal als Begriff zu betrachten ist; dort ist er nur Begriff an
sich, der Realität oder des Seyns, hier ist er Begriff als solcher, für
sich seyender Begriff, (wie er es um konkrete Formen zu nennen, im
denkenden Menschen, aber auch schon, freilich nicht als bewußter noch
weniger als gewußter Begriff, im empfindenden Thier, und in der
organischen Individualität überhaupt ist; Begriff an sich ist er aber
nur in der unorganischen Natur).—Die Logik wäre hiernach zunächst in
die Logik des Begriffs als Seyns, und des Begriffs als Begriffs, —oder
indem wir uns der sonst gewöhnlichen, obgleich der unbestimmtesten und
darum der vieldeutigsten Ausdrücke bedienen,—in die objektive und
subjektive Logik einzutheilen.

Nach dem zu Grunde liegenden Elemente aber der Einheit des Begriffs in
sich selbst und damit der Untrennbarkeit seiner Bestimmungen, müssen
diese ferner auch, insofern sie unterschieden, der Begriff in ihrem
Unterschiede gesetzt wird, wenigstens in Beziehung aufeinander stehen.
Es ergiebt sich daraus eine Sphäre der Vermittelung, der Begriff als
System der Reflexionsbestimmungen, d.i. des zum Insichseyn des Begriffs
übergehenden Seyns, der auf diese Weise noch nicht als solcher für sich
gesetzt ist, sondern mit dem unmittelbaren Seyn als einem ihm auch
Äußeren zugleich behaftet ist. Dieß ist die Lehre von dem Wesen, die
zwischen der Lehre vom Seyn und der vom Begriff inmitten steht.—Sie ist
in der allgemeinen Eintheilung dieses logischen Werks noch unter die
objektive Logik gestellt worden, insofern, ob das Wesen zwar bereits
das Innere, dem Begriffe der Charakter des Subjekts ausdrücklich
vorzubehalten ist.

Kant[4] hat in neueren Zeiten dem, was gewöhnlich Logik genannt worden,
noch eine, nämlich eine transcendentale Logik gegenüber gestellt. Das,
was hier objektive Logik genannt worden, würde zum Theil dem
entsprechen, was bei ihm die transcendentale Logik ist. Er
unterscheidet sie von dem, was er allgemeine Logik nennt, so, daß sie
à) die Begriffe betrachte, die sich a priori auf Gegenstände beziehen,
somit nicht von allem Inhalte der objektiven Erkenntniß abstrahire,
oder daß sie die Regeln des reinen Denkens eines Gegenstandes enthalte,
und ß) zugleich auf den Ursprung unserer Erkenntniß gehe, insofern sie
nicht den Gegenständen zugeschrieben werden könne.—Diese zweite Seite
ist es, auf die das philosophische Interesse Kants ausschließend
gerichtet ist. Sein Hauptgedanke ist, die Kategorien dem
Selbstbewußtseyn, als dem subjektiven Ich, zu vindiciren. Vermöge
dieser Bestimmung bleibt die Ansicht innerhalb des Bewußtseyns und
seines Gegensatzes stehen, und hat außer dem Empirischen des Gefühls
und der Anschauung noch Etwas, das nicht durch das denkende
Selbstbewußtseyn gesetzt und bestimmt ist, ein Ding-an-sich, ein dem
Denken fremdes und äußerliches, übrig bleiben; obgleich leicht
einzusehen ist, daß ein solches Abstraktum, wie Ding-an-sich, selbst
nur ein Produkt des, und zwar nur abstrahirenden, Denkens ist.—Wenn
andere Kantianer sich über das Bestimmen des Gegenstandes durch Ich so
ausgedrückt haben, daß das Objektiviren des Ich, als ein ursprüngliches
und nothwendiges Thun des Bewußtseyns anzusehen sey, so daß in diesem
ursprünglichen Thun noch nicht die Vorstellung des Ich selbst ist,—als
welche erst ein Bewußtseyn jenes Bewußtseyns, oder selbst ein
Objektiviren jenes Bewußtseyn sey,—so ist dieses von dem Gegensatze des
Bewußtseyns befreite objektivirende Thun näher dasjenige, was für
Denken als solches überhaupt genommen werden kann.[5] Dieses Thun
sollte aber nicht mehr Bewußtseyn genannt werden; Bewußtseyn schließt
den Gegensatz des Ich und seines Gegenstandes in sich, der in jenem
ursprünglichen Thun nicht vorhanden ist. Die Benennung Bewußtseyn wirft
noch mehr den Schein von Subjektivität auf dasselbe, als der Ausdruck
Denken, der aber hier überhaupt im absoluten Sinne als unendliches mit
der Endlichkeit des Bewußtseyns nicht behaftetes, Denken, kurz Denken
als solches, zu nehmen ist.

 [4] Ich erinnere, daß ich auf die kantische Philosophie in diesem
 Werke darum häufig Rücksicht nehme, (was manchen überflüssig scheinen
 könnte) weil sie,—ihre nähere Bestimmtheit so wie die besonderen
 Theile der Ausführung mögen sonst und auch in diesem Werke betrachtet
 werden, wie sie wollen,—die Grundlage und den Ausgangspunkt der
 neueren deutschen Philosophie ausmacht, und dieß ihr Verdienst durch
 das, was an ihr ausgesetzt werden möge, ihr ungeschmälert bleibt. Auch
 darum ist auf sie in der objektiven Logik häufig Rücksicht zu nehmen,
 weil sie sich auf wichtige bestimmtere Seiten des Logischen näher
 einläßt, spätere Darstellungen von Philosophie hingegen dasselbe wenig
 beachtet, zum Theil oft nur eine rohe,—aber nicht
 ungerächte,—Verachtung dagegen bewiesen haben. Das bei uns am
 weitesten verbreitete Philosophiren tritt nicht aus den kantischen
 Resultaten, daß die Vernunft keinen wahren Gehalt erkennen könne, und
 in Ansehung der absoluten Wahrheit auf das Glauben zu verweisen sey,
 heraus. Was aber bei Kant Resultat ist, damit wird in diesem
 Philosophiren unmittelbar angefangen, damit die vorhergehende
 Ausführung, aus welche jenes Resultat herkömmt, und welche
 philosophisches Erkennen ist, vorweggeschnitten. Die kantische
 Philosophie dient so als ein Polster für die Trägheit des Denkens, die
 sich damit beruhigt, daß bereits Alles bewiesen und abgethan sey. Für
 Erkenntniß und einen bestimmten Inhalt des Denkens, der in solcher
 unfruchtbaren und trockenen Beruhigung sich nicht findet, ist sich
 daher an jene vorangegangene Ausführung zu wenden.


 [5] Wenn der Ausdruck objektivirendes Thun des Ich an andere
 Produktionen des Geistes, z.B. die der Phantasie erinnern kann, so ist
 zu bemerken, daß von einem Bestimmen eines Gegenstandes die Rede ist,
 insofern dessen Inhalts-Momente nicht dem Gefühl und der Anschauung
 angehören. Solcher Gegenstand ist ein Gedanke, und ihn bestimmen heißt
 Theils ihn erst produciren, Theils insofern er ein Vorausgesetztes
 ist, weitere Gedanken über ihn haben, ihn denkend weiter entwickeln.


Indem nun das Interesse der kantischen Philosophie auf das sogenannte
Transcendentale der Denkbestimmungen gerichtet war, ist die Abhandlung
derselben selbst leer ausgegangen; was sie an ihnen selbst sind, ohne
die abstrakte, allen gleiche Relation auf Ich, ihre Bestimmtheit gegen
und ihr Verhältniß zu einander ist nicht zu einem Gegenstande der
Betrachtung gemacht worden; die Erkenntniß ihrer Natur hat sich daher
durch diese Philosophie nicht im geringsten gefördert gefunden. Das
einzige Interessante, was hierauf Beziehung hat, kommt in der Kritik
der Ideen vor. Für den wirklichen Fortschritt der Philosophie aber war
es nothwendig, daß das Interesse des Denkens auf die Betrachtung der
formellen Seite, des Ich, des Bewußtseyns als solchen, d.i. der
abstrakten Beziehung eines subjektiven Wissens auf ein Objekt, gezogen,
daß die Erkenntniß der unendlichen Form, d.i. des Begriffs, auf diese
Weise eingeleitet wurde. Um jedoch diese Erkenntniß zu erreichen, mußte
jene endliche Bestimmtheit, in der die Form als Ich, Bewußtseyn ist,
noch abgestreift werden. Die Form so in ihre Reinheit herausgedacht,
enthält es dann in sich selbst, sich zu bestimmen, d.i. sich Inhalt zu
geben, und zwar denselben in seiner Nothwendigkeit,—als System der
Denkbestimmungen.

Die objektive Logik tritt damit vielmehr an die Stelle der vormaligen
Metaphysik, als welche das wissenschaftliche Gebäude über die Welt war,
das nur durch Gedanken aufgeführt seyn sollte.—Wenn wir auf die letzte
Gestalt der Ausbildung dieser Wissenschaft Rücksicht nehmen, so ist
erstens unmittelbar die Ontologie, an deren Stelle die objektive Logik
tritt,—der Theil jener Metaphysik, der die Natur des Ens überhaupt
erforschen sollte;—das Ens begreift sowohl Seyn als Wesen in sich, für
welchen Unterschied unsere Sprache glücklicherweise den verschiedenen
Ausdruck gerettet hat.—Alsdann aber begreift die objektive Logik auch
die übrige Metaphysik insofern in sich, als diese mit den reinen
Denkformen die besondern, zunächst aus der Vorstellung genommenen
Substrate, die Seele, die Welt, Gott, zu fassen suchte, und die
Bestimmungen des Denkens das Wesentliche der Betrachtungsweise
ausmachten. Aber die Logik betrachtet diese Formen frei von jenen
Substraten, den Subjekten der Vorstellung, und ihre Natur und Werth an
und für sich selbst. Jene Metaphysik unterließ dieß und zog sich daher
den gerechten Vorwurf zu, sie ohne Kritik gebraucht zu haben, ohne die
vorgängige Untersuchung, ob und wie sie fähig seyen, Bestimmungen des
Dings-an-sich, nach kantischem Ausdruck,—oder vielmehr des Vernünftigen
zu seyen.—Die objektive Logik ist daher die wahrhafte Kritik
derselben,—eine Kritik, die sie nicht nach der abstrakten Form der
Apriorität gegen das Aposteriorische, sondern sie selbst in ihrem
besondern Inhalte betrachtet.

Die subjektive Logik ist die Logik des Begriffs,—des Wesens, das seine
Beziehung auf ein Seyn oder seinen Schein aufgehoben hat, und in seiner
Bestimmung nicht äußerlich mehr, sondern das freie selbstständig, sich
in sich bestimmende Subjektive, oder vielmehr das Subjekt selbst
ist.—Indem das Subjektive das Mißverständniß von Zufälligem und
Willkürlichem, so wie überhaupt von Bestimmungen, die in die Form des
Bewußtseyns gehören, mit sich führt, so ist hier auf den Unterschied
von Subjektivem und Objektivem, der sich späterhin innerhalb der Logik
selbst näher entwickeln wird, kein besonderes Gewicht zu legen.

Die Logik zerfällt also zwar überhaupt in objektive und subjektive
Logik, bestimmter aber hat sie die drei Theile:

I. Die Logik des Seyns,

II. die Logik des Wesens und

III. die Logik des Begriffs.



Erstes Buch
Die Lehre vom Seyn.

Womit muß der Anfang der Wissenschaft gemacht werden?

In neuern Zeiten erst ist das Bewußtseyn entstanden, daß es eine
Schwierigkeit sey, einen Anfang in der Philosophie zu finden, und der
Grund dieser Schwierigkeit so wie die Möglichkeit, sie zu lösen, ist
vielfältig besprochen worden. Der Anfang der Philosophie muß entweder
ein Vermitteltes oder Unmittelbares seyn, und es ist leicht zu zeigen,
daß es weder das Eine noch das Andere seyn könne; somit findet die eine
oder die andere Weise des Anfangens ihre Widerlegung.

Das Princip einer Philosophie drückt wohl auch einen Anfang aus, aber
nicht sowohl einen subjektiven als objektiven, den Anfang aller Dinge.
Das Princip ist ein irgendwie bestimmter Inhalt,—das Wasser, das Eine,
Nus, Idee,—Substanz, Monade u.s.f., oder wenn es sich auf die Natur des
Erkennens bezieht und damit mehr nur ein Kriterium als eine objektive
Bestimmung seyn soll Denken, Anschauen, Empfinden, Ich, die
Subjektivität selbst, so ist es hier gleichfalls die Inhaltsbestimmung,
auf welche das Interesse geht. Das Anfangen als solches dagegen bleibt
als ein Subjektives in dem Sinne einer zufälligen Art und Weise, den
Vortrag einzuleiten, unbeachtet und gleichgültig, somit auch das
Bedürfniß der Frage, womit anzufangen sey, unbedeutend gegen das
Bedürfniß des Princips, als in welchem allein das Interesse der Sache
zu liegen scheint, das Interesse, was das Wahre, was der absolute Grund
von Allem sey.

Aber die moderne Verlegenheit um den Anfang geht aus einem weiteren
Bedürfnisse hervor, welches diejenigen noch nicht kennen, denen es
dogmatisch um das Erweisen des Princips zu thun ist, oder skeptisch um
das Finden eines subjektiven Kriteriums gegen dogmatisches
Philosophiren und welches diejenigen ganz verleugnen, die wie aus der
Pistole, aus ihrer innern Offenbarung, aus Glauben, intellektueller
Anschauung u.s.w. anfangen, und der Methode und Logik überhoben seyn
wollten. Wenn das früher abstrakte Denken zunächst nur für das Princip
als Inhalt sich interessirt, aber im Fortgange der Bildung auf die
andere Seite, auf das Benehmen des Erkennens zu achten getrieben ist,
so wird auch das subjektive Thun als wesentliches Moment der objektiven
Wahrheit erfaßt, und das Bedürfniß führt sich herbei, daß die Methode
mit dem Inhalt, die Form mit dem Princip vereint sey. So soll das
Princip auch Anfang und das, was das Prius für das Denken ist, auch das
Erste im Gange des Denkens seyn.

Es ist hier nur zu betrachten, wie der logische Anfang erscheint; die
beiden Seiten, nach denen er genommen werden kann, sind schon genannt,
entweder als Resultat auf vermittelte, oder als eigentlicher Anfang auf
unmittelbare Weise. Die in der Bildung der Zeit so wichtig erscheinende
Frage, ob das Wissen der Wahrheit ein unmittelbares, schlechthin
anfangendes Wissen, ein Glauben, oder aber ein vermitteltes Wissen sey,
ist an diesem Orte nicht zu erörtern. Insofern solche Betrachtung
vorläufig angestellt werden kann, ist dieß anderwärts (in m. Encykl.
der philos. Wissenschaf. 3te Ausg. im Vorbegr. §. 61. ff.) geschehen.
Hier mag daraus nur dieß angeführt werden, daß es Nichts giebt, nichts
im Himmel oder in der Natur oder im Geiste oder wo es sey, was nicht
ebenso die Unmittelbarkeit enthält, als die Vermittelung, so daß sich
diese beiden Bestimmungen als ungetrennt und untrennbar und jener
Gegensatz sich als ein Richtiges zeigt. Was aber die wissenschaftliche
Erörterung betrifft, so ist es jeder logische Satz, in welchem die
Bestimmungen der Unmittelbarkeit und der Vermittelung und also die
Erörterung ihres Gegensatzes und ihrer Wahrheit vorkommt. Insofern
dieser Gegensatz in Beziehung auf Denken, Wissen, Erkennen, die
konkretere Gestalt von unmittelbarem oder vermitteltem Wissen erhält,
wird die Natur des Erkennens überhaupt, sowohl innerhalb der
Wissenschaft der Logik betrachtet, als dasselbe in seiner weitern
konkreten Form, in die Wissenschaft vom Geiste, und in die
Phänomenologie desselben fällt. Vor der Wissenschaft aber schon über
das Erkennen ins Reine kommen wollen, heißt verlangen, daß es außerhalb
derselben erörtert werden sollte; außerhalb der Wissenschaft läßt sich
dieß wenigstens nicht auf wissenschaftliche Weise, um die es hier
allein zu thun ist, bewerkstelligen.

Logisch ist der Anfang, indem er im Element des frei für sich seyenden
Denkens, im reinen Wissen gemacht werden soll. Vermittelt ist es
hiermit dadurch, daß das reine Wissen die letzte, absolute Wahrheit des
Bewußtseyns ist. Es ist in der Einleitung bemerkt, daß die
Phänomenologie des Geistes die Wissenschaft des Bewußtseyns, die
Darstellung davon ist, daß das Bewußtseyn den Begriff der Wissenschaft,
d.i. das reine Wissen, zum Resultate hat. Die Logik hat insofern die
Wissenschaft des erscheinenden Geistes zu ihrer Voraussetzung, welche
die Nothwendigkeit und damit den Beweis der Wahrheit des Standpunkts,
der das reine Wissen ist, wie dessen Vermittelung überhaupt, enthält
und aufzeigt. In dieser Wissenschaft des erscheinenden Geistes wird von
dem empirischen, sinnlichen Bewußtseyn ausgegangen; und dieses ist das
eigentliche unmittelbare Wissen; daselbst wird erörtert, was an diesem
unmittelbaren Wissen ist. Anderes Bewußtseyn, wie der Glaube an
göttliche Wahrheiten, innere Erfahrung, Wissen durch innere Offenbarung
u.s.f. zeigt sich bei geringer Überlegung sehr uneigentlich als
unmittelbares Wissen aufgeführt zu werden. In jener Abhandlung ist das
unmittelbare Bewußtseyn auch das in der Wissenschaft Erste und
Unmittelbare, somit die Voraussetzung; in der Logik aber ist dasjenige
die Voraussetzung, was aus jener Betrachtung sich als das Resultat
erwiesen hatte,—die Idee als reines Wissen. Die Logik, ist die reine
Wissenschaft, d.i. das reine Wissen in dem ganzen Umfange seiner
Entwickelung. Diese Idee aber hat sich in jenem Resultate dahin
bestimmt, die zur Wahrheit gewordenen Gewißheit zu seyn, die Gewißheit,
die nach der einen Seite dem Gegenstande nicht mehr gegenüber ist,
sondern ihn innerlich gemacht hat, ihn als sich selbst weiß,—und die
auf der andern Seite das Wissen von sich als von einem, das dem
Gegenständlichen gegenüber und nur dessen Vernichtung sey, aufgegeben,
dieser Subjektivität entäußert und Einheit mit seiner Entäußerung ist.

Daß nun von dieser Bestimmung des reinen Wissens aus der Anfang seiner
Wissenschaft immanent bleibe, ist nichts zu thun, als das zu betrachten
oder vielmehr mit Beiseitsetzung aller Reflexionen, aller Meinungen,
die man sonst hat, nur aufzunehmen was vorhanden ist.

Das reine Wissen als in diese Einheit zusammengegangen, hat alle
Beziehung auf ein Anderes und auf Vermittelung aufgehoben; es ist das
Unterschiedslose; dieses Unterschiedslose hört somit selbst auf, Wissen
zu seyn; es ist nur einfache Unmittelbarkeit vorhanden.

Die einfache Unmittelbarkeit ist selbst ein Reflexionsausdruck, und
bezieht sich auf den Unterschied von dem Vermittelten. In ihrem wahren
Ausdrucke ist daher diese einfache Unmittelbarkeit das reine Seyn. Wie
das reine Wissen nichts heißen soll, als das Wissen als solches, ganz
abstrakt, so soll auch reines Seyn nichts heißen, als das Seyn
überhaupt; Seyn, sonst nichts, ohne alle weitere Bestimmung und
Erfüllung.

Hier ist das Seyn das Anfangende, als durch Vermittelung und zwar durch
sie, welche zugleich Aufheben ihrer selbst ist, entstanden,
dargestellt; mit der Voraussetzung des reinen Wissens als Resultats des
endlichen Wissens, des Bewußtseyns. Soll aber keine Voraussetzung
gemacht, der Anfang selbst unmittelbar genommen werden, so bestimmt er
sich nur dadurch, daß es der Anfang der Logik des Denkens für sich,
seyn soll. Nur der Entschluß, den man auch für eine Willkür ansehen
kann, nämlich daß man das Denken als solches betrachten wolle, ist
vorhanden. So muß der Anfang absoluter oder was hier gleichbedeutend
ist, abstrakter Anfang seyn; er darf so nichts voraussetzen, muß durch
nichts vermittelt seyn, noch einen Grund haben; er soll vielmehr selbst
Grund der ganzen Wissenschaft seyn. Er muß daher schlechthin ein
Unmittelbares seyn, oder vielmehr nur das Unmittelbare selbst. Wie er
nicht gegen Anderes eine Bestimmung haben kann, so kann er auch keine
in sich, keinen Inhalt enthalten, denn dergleichen wäre Unterscheidung
und Beziehung von Verschiedenem aufeinander, somit eine Vermittelung.
Der Anfang ist also das reine Seyn.

Nach dieser einfachen Darlegung dessen, was zunächst nur zu diesem
selbst Allereinfachsten, dem logischen Anfang, gehört, können noch
folgende weitere Reflexionen beigebracht werden; doch können sie nicht
sowohl zur Erläuterung und Bestätigung jener Darlegung, die für sich
fertig ist, dienen sollen, als sie vielmehr nur durch Vorstellungen und
Reflexionen veranlaßt werden, die uns zum Voraus in den Weg kommen
können, jedoch, wie alle andere vorangehende Vorurtheile, in der
Wissenschaft selbst ihr Erledigung finden müssen, und daher eigentlich
zur Geduld hierauf zu verweisen wären.

Die Einsicht, daß das Absolut-Wahre ein Resultat seyn müsse, und
umgekehrt, daß ein Resultat ein erstes Wahres voraussetzt, das aber,
weil es Erstes ist, objektiv betrachtet, nicht nothwendig, und nach der
subjektiven Seite, nicht erkannt ist,—hat in neuern Zeiten den Gedanken
hervorgebracht, daß die Philosophie nur mit einem hypothetischen und
problematischen Wahren anfangen, und das Philosophiren daher zuerst nur
ein Suchen seyn könne, eine Ansicht, welche Reinhold in den spätern
Zeiten seines Philosphirens vielfach urgiert hat, und der man die
Gerechtigkeit widerfahren lassen muß, daß ihr ein wahrhaftes Interesse
zu Grunde liegt, welches die spekulative Natur des philosophischen
Anfangs betrifft. Die Auseinandersetzung dieser Ansicht ist zugleich
eine Veranlassung, ein vorläufiges Verständniß über den Sinn des
logischen Fortschreitens überhaupt, einzuleiten; denn jene Ansicht
schließt die Rücksicht auf das Fortgehen sogleich in sich. Und zwar
stellt sie es so vor, daß das Vorwärtsschreiten in der Philosophie
vielmehr ein Rückwärtsgehen und Begründen sey, durch welches erst sich
ergebe, daß das, womit angefangen wurde, nicht bloß ein willkürlich
Angenommenes, sondern in der That Theils das Wahre, Theils das erste
Wahre sey.

Man muß zugeben, daß es eine wesentliche Betrachtung ist,—die sich
innerhalb der Logik selbst näher ergeben wird,—daß das Vorwärtsgehen
ein Rückgang in den Grund, zu dem Ursprünglichen und Wahrhaften ist,
von dem das, womit der Anfang gemacht wurde, abhängt, und in der That
hervorgebracht wird.—So wird das Bewußtseyn auf seinem Wege von der
Unmittelbarkeit aus, mit der es anfängt, zum absoluten Wissen, als
seiner innersten Wahrheit, zurückgeführt. Dieß Letzte, der Grund, ist
denn auch dasjenige, aus welchem das Erste hervorgeht, das zuerst als
Unmittelbares auftrat.—So wird noch mehr der absolute Geist, der als
die konkrete und letzte höchste Wahrheit alles Seyns sich ergiebt,
erkannt, als am Ende der Entwickelung sich mit Freiheit entäußernd und
sich zur Gestalt eines unmittelbaren Seyns entlassend,—zur Schöpfung
einer Welt sich entschließend, welche alles das enthält, was in die
Entwickelung, die jenem Resultate vorangegangen, fiel, und das durch
diese umgekehrte Stellung, mit seinem Anfang in ein von dem Resultate
als dem Principe Abhängiges verwandelt wird. Das Wesentliche für die
Wissenschaft, ist nicht so sehr, daß ein rein Unmittelbares der Anfang
sey, sondern daß das Ganze derselben ein Kreislauf in sich selbst ist,
worin das Erste auch das Letzte, und das Letzte auch das Erste wird.

Daher ergiebt sich auf der andern Seite als ebenso nothwendig,
dasjenige, in welches die Bewegung als in seinen Grund zurückgeht, als
Resultat zu betrachten. Nach dieser Rücksicht ist das Erste ebenso sehr
der Grund, und das Letzte ein Abgeleitetes; indem von dem Ersten
ausgegangen und durch richtige Folgerung auf das Letzte, als auf den
Grund, gekommen wird, ist dieser Resultat. Der Fortgang ferner von dem,
was den Anfang macht, ist nur als eine weitere Bestimmung desselben zu
betrachten, so daß das Anfangende allem Folgenden zu Grunde liegen
bleibt, und nichts daraus verschwindet. Das Fortgehen besteht nicht
darin, daß nur ein Anderes abgeleitet, oder daß in ein wahrhaft Anderes
übergegangen würde;—und insofern dieß Übergehen vorkommt, so hebt es
sich ebenso sehr wieder auf. So ist der Anfang der Philosophie, die in
allen folgenden Entwickelungen gegenwärtige und sich erhaltende
Grundlage, das seinen weiteren Bestimmungen durchaus immanent
Bleibende.

Durch diesen Fortgang denn verliert der Anfang das, was er in dieser
Bestimmtheit, ein Unmittelbares und Abstraktes überhaupt zu seyn,
einseitiges hat; er wird ein Vermitteltes, und die Linie der
wissenschaftlichen Fortbewegung macht sich damit zu einem Kreise.
—Zugleich ergiebt sich, daß das, was den Anfang macht, indem es darin
das noch Unentwickelte, Inhaltlose ist, im Anfange noch nicht wahrhaft
erkannt wird, und daß erst die Wissenschaft, und zwar in ihrer ganzen
Entwickelung, seine vollendete, inhaltsvolle und erst wahrhaft
begründete Erkenntniß ist.

Darum aber, weil das Resultat erst als der absolute Grund hervortritt,
ist das Fortschreiten dieses Erkennens nicht etwas Provisorisches, noch
ein problematisches und hypothetisches, sondern es muß durch die Natur
der Sache und des Inhaltes selbst bestimmt seyn. Weder ist jener Anfang
etwas Willkürliches und nur einstweilen Angenommenes, noch ein als
willkürlich Erscheinendes und bittweise Vorausgesetztes, von dem sich
aber doch in der Folge zeige, daß man Recht daran gethan habe, es zum
Anfange zu machen; nicht wie bei den Konstruktionen, die man zum Behuf
des Beweises eines geometrischen Satzes zu machen angewiesen wird, es
der Fall ist, daß von ihnen es sich erst hinterher an den Beweisen
ergiebt, daß man wohlgethan habe, gerade diese Linien zu ziehen, und
dann in den Beweisen selbst, mit der Vergleichung dieser Linien oder
Winkel anzufangen; für sich an diesem Linienziehen oder Vergleichen
begreift es sich nicht. So ist vorhin der Grund, warum in der reinen
Wissenschaft vom reinen Seyn angefangen wird, unmittelbar an ihr selbst
angegeben worden. Dieß reine Seyn ist die Einheit, in die das reine
Wissen zurückgeht, oder wenn dieses selbst noch als Form von seiner
Einheit unterschieden gehalten werden soll, so ist es auch der Inhalt
desselben. Dieß ist die Seite, nach welcher dieß reine Seyn, dieß
Absolut-Unmittelbare, ebenso absolut Vermitteltes ist. Aber es muß
ebenso wesentlich nur in der Einseitigkeit, das Rein-Unmittelbare zu
seyn, genommen werden, eben weil es hier als der Anfang ist. Insofern
es nicht diese reinen Unbestimmtheit, insofern es bestimmt wäre, würde
es als Vermitteltes, schon weiter Geführtes, genommen; ein Bestimmtes
enthält ein Anderes zu einem Ersten. Es liegt also in der Natur des
Anfangs selbst, daß er das Seyn sey, und sonst nichts. Es bedarf daher
keiner sonstigen Vorbereitungen, um in die Philosophie hineinzukommen,
noch anderweitiger Reflexionen und Anknüpfungspunkte.

Daß der Anfang, Anfang der Philosophie ist, daraus kann eigentlich auch
keine nähere Bestimmung oder ein positiver Inhalt für denselben
genommen werden. Denn die Philosophie ist hier im Anfange, wo die Sache
selbst noch nicht vorhanden ist, ein leeres Wort oder irgend eine
angenommene ungerechtfertigte Vorstellung. Das reine Wissen giebt nur
diese negative Bestimmung, daß er der abstrakte Anfang seyn soll.
Insofern das reine Seyn als Inhalt des reinen Wissens genommen wird, so
hat dieses von seinem Inhalte zurückzutreten, ihn für sich selbst
gewähren zu lassen und nicht weiter zu bestimmen.—Oder indem das reine
Seyn als die Einheit zu betrachten ist, in die das Wissen, auf seiner
höchsten Spitze der Einigung mit dem Objekte, zusammengefallen, so ist
das Wissen in diese Einheit verschwunden, und hat keinen Unterschied
von ihr und somit keine Bestimmung für sich übrig gelassen.—Auch sonst
ist nicht Etwas, oder irgend ein Inhalt vorhanden, der gebracht werden
könnte, um damit den bestimmteren Anfang zu machen.

Aber auch die bisher als Anfang angenommmene Bestimmung des Seyns
könnte weggelassen werden, so daß nur gefordert würde, daß ein reiner
Anfang gemacht werde. Dann ist nichts vorhanden, als der Anfang selbst,
und es wäre zu sehen, was er ist.—Diese Stellung könnte zugleich als
ein Vorschlag zur Güte an diejenigen gemacht werden, welche Theils
damit, daß mit dem Seyn angefangen werde, aus welchen Reflexionen es
sey, sich nicht beruhigen und noch weniger mit dem Erfolge, den das
Seyn hat, in das Nichts überzugehn,—Theils überhaupt nicht anders
wissen, als daß in einer Wissenschaft mit der Voraussetzung einer
Vorstellung angefangen werde,—einer Vorstellung, welche hierauf
analysirt werde, so daß nun das Ergebniß solcher Analyse den ersten
bestimmten Begriff in der Wissenschaft abgebe. Indem wir auch dieß
Verfahren beobachteten, so hätten wir keinen besondern Gegenstand, weil
der Anfang als des Denkens, ganz abstrakt, ganz allgemein, ganz Form
ohne allen Inhalt seyn soll; wir hätten somit gar nichts, als die
Vorstellung von einem bloßen Anfang als solchem. Es ist also nur zu
sehen, was wir in dieser Vorstellung haben.

Es ist noch Nichts, und es soll Etwas werden. Der Anfang ist nicht das
reine Nichts, sondern ein Nichts, von dem Etwas ausgehen soll; das Seyn
ist also auch schon im Anfang enthalten. Der Anfang enthält also
Beides, Seyn und Nichts; ist die Einheit von Seyn und Nichts; —oder ist
Nichtseyn, das zugleich Seyn, und Seyn, das zugleich Nichtseyn ist.

Ferner Seyn und Nichts sind im Anfang als unterschieden vorhanden; denn
er weißt auf etwas Anderes hin;—er ist ein Nichtseyn, das auf das Seyn
als auf ein Anderes bezogen ist; das Anfangende ist noch nicht; es geht
erst dem Seyn zu. Der Anfang enthält also das Seyn als ein solches, das
sich von dem Nichtseyn entfernt oder es aufhebt, als ein ihm
Entgegengesetztes.

Ferner aber ist das, was anfängt, schon, eben so sehr aber ist es auch
noch nicht. Die Entgegengesetzten, Seyn und Nichtseyn sind also in ihm
in unmittelbarer Vereinigung; oder er ist ihre ununterschiedene
Einheit.

Die Analyse des Anfangs gäbe somit den Begriff der Einheit des Seyns
und des Nichtseyns,—oder in reflektirterer Form, der Einheit des
Unterschieden—und des Nichtunterschiedenseyns,—oder der Identität der
Identität und Nichtidentität. Dieser Begriff könnte als die erste,
reinste d.i. abstrakteste, Definition des Absoluten angesehen
werden;—wie er dieß in der That seyn würde, wenn es überhaupt um die
Form von Definitionen und um den Namen des Absoluten zu thun wäre. In
diesem Sinne würden, wie jener abstrakte Begriff die erste, so alle
weitern Bestimmungen und Entwickelungen nur bestimmtere und reichere
Definitionen dieses Absoluten seyn. Aber die, welche mit dem Seyn als
Anfang darum nicht zufrieden sind, weil es in Nichts übergeht, und
daraus die Einheit des Seyns und Nichts entsteht, mögen zusehen, ob sie
mit diesem Anfange, der mit der Vorstellung des Anfangs anfängt, und
mit deren Analyse, die wohl richtig seyn wird, aber gleichfalls auf die
Einheit des Seyns und Nichts führt, zufriedener seyn mögen, als damit,
daß das Seyn zum Anfange gemacht wird.

Es ist aber noch einen weitere Betrachtung über dieses Verfahren zu
machen. Jene Analyse setzt die Vorstellung des Anfangs als bekannt
voraus; es ist so nach dem Beispiele anderer Wissenschaften verfahren
worden. Diese setzen ihren Gegenstand voraus, und nehmen bittweise an,
daß jedermann dieselbe Vorstellung von ihm habe, und darin ungefähr
dieselben Bestimmungen finden möge, die sie durch Analyse, Vergleichung
und sonstiges Raisonnement von ihm da und dorther beibringen und
angeben. Das aber, was den absoluten Anfang macht, muß gleichfalls ein
sonst Bekanntes seyn; wenn es nun ein Konkretes, somit in sich
mannigfaltig Bestimmtes ist, so ist diese Beziehung, die es in sich
ist, als etwas Bekanntes vorausgesetzt; sie ist damit als etwas
Unmittelbares angegeben, was sie aber nicht ist; denn sie ist nur
Beziehung als von Unterschiedenen, enthält somit die Vermittelung in
sich. Ferner tritt am Konkreten die Zufälligkeit und Willkür der
Analyse und des verschiedenen Bestimmtes ein. Welche Bestimmungen
herausgebracht werden, hängt von dem ab, was jeder in seiner
unmittelbaren zufälligen Vorstellung vorfindet. Die in einem Konkreten,
einer synthetischen Einheit, enthaltene Beziehung ist eine nothwendige
nur, insofern sie nicht vorgefunden, sondern durch die eigenen Bewegung
der Momente, in diese Einheit zurück zu gehen, hervorgebracht ist;—eine
Bewegung, die das Gegentheil des analytischen Verfahrens ist, eines der
Sache selbst äußerlichen, in das Subjekt fallenden Thuns.

Hierin ist auch das Nähere enthalten, daß das, womit der Anfang zu
machen ist, nicht ein Konkretes, nicht ein solches seyn kann, das eine
Beziehung innerhalb seiner selbst enthält. Denn ein solches setzt ein
Vermitteln und Herübergehen von einem Ersten zu einem Anderen innerhalb
seiner, voraus, wovon das einfachgewordene Konkrete das Resultat wäre.
Aber der Anfang soll nicht selbst schon ein Erstes und ein Anders seyn;
ein solches das ein Erstes und ein Anderes in sich ist, enthält bereits
ein Fortgegangenseyn. Was den Anfang macht, der Anfang selbst, ist
daher als ein Nichtanalysirbares, in seiner einfachen unerfüllten
Unmittelbarkeit, also als Seyn, als das ganz Leere zu nehmen.

Wenn man etwa, gegen die Betrachtung des abstrakten Anfangs ungeduldig,
sagen wollte, es solle nicht mit dem Anfange angefangen werden, sondern
geradezu mit der Sache, so ist diese Sache nichts als jenes leere Seyn;
denn was die Sache sey, dieß ist es, was sich eben erst im Verlaufe der
Wissenschaft ergeben soll, was nicht vor ihr als bekannt vorausgesetzt
werden kann.

Welche Form sonst genommen werde, um einen andern Anfang zu haben, als
das leere Seyn, so leidet er an den angeführten Mängeln. Diejenigen,
welche mit diesem Anfange unzufrieden bleiben, mögen sich zu der
Aufgabe auffordern, es anders anzufangen, um dabei diese Mängel zu
vermeiden.

Ein origineller Anfang der Philosophie aber kann nicht ganz unerwähnt
gelassen werden, der sich in neuerer Zeit berühmt gemacht hat, der
Anfang mit dem Ich. Er kam Theils aus der Reflexion, daß aus dem ersten
Wahren alles Folgende abgeleitet werden müsse, Theils aus dem
Bedürfnisse, daß das erste Wahre ein Bekanntes und noch mehr ein
unmittelbar Gewisses sey. Dieser Anfang ist im Allgemeinen nicht eine
solche Vorstellung, die zufällig ist, und in einem Subjekte so, in
einem andern anders, beschaffen seyn kann. Denn Ich, dieß unmittelbare
Selbstbewußtseyn, erscheint zunächst selbst Theils als ein
Unmittelbares, Theils als ein in einem viel höhern Sinne Bekanntes, als
eine sonstige Vorstellung; etwas sonst Bekanntes gehört zwar dem Ich
an, aber ist noch ein von ihm unterschiedener, damit sogleich
zufälliger Inhalt; Ich hingegen ist die einfache Gewißheit seiner
selbst. Aber Ich überhaupt ist auch zugleich ein Konkretes, oder Ich
ist vielmehr das Konkreteste,—das Bewußtseyn seiner, als unendlich
mannigfaltiger Welt. Daß Ich Anfang und Grund der Philosophie sey, dazu
wird die Absonderung dieses Konkreten erfordert,—der absolute Akt,
wodurch Ich von sich selbst gereinigt wird, und als abstraktes Ich in
sein Bewußtseyn tritt. Allein dieß reine Ich ist nun nicht ein
unmittelbares, noch das bekannte, das gewöhnliche Ich unsers
Bewußtseyns, woran unmittelbar und für jede die Wissenschaft angeknüpft
werden sollte. Jener Akt wäre eigentlich nichts Anderes, als die
Erhebung auf den Standpunkt des reinen Wissens, auf welchem der
Unterschied des Subjektiven und Objektiven verschwunden ist. Aber wie
diese Erhebung so unmittelbar gefordert ist, ist sie ein subjektives
Postulat; um als wahrhafte Forderung sich zu erweisen, müßte die
Fortbewegung des konkreten Ichs vom unmittelbaren Bewußtseyn zum reinen
Wissen an ihm selbst, durch seine eigene Nothwendigkeit, aufgezeigt und
dargestellt worden seyn. Ohne diese objektive Bewegung erscheint das
reine Wissen, auch als die intellektuelle Anschauung bestimmt, als ein
willkürlicher Standpunkt, oder selbst als einer der empirischen
Zustände des Bewußtseyns, in Rücksicht dessen es darauf ankommt, ob ihn
der Eine in sich vorfinde oder hervorbringen könne, ein Anderer aber
nicht. Insofern aber dieß reine Ich das wesentliche reine Wissen seyn
muß, und das reine Wissen aber nur durch den absoluten Akt der
Selbsterhebung im individuellen Bewußtseyn gesetzt wird, und nicht
unmittelbar in ihm vorhanden ist, geht gerade der Vortheil verloren,
der aus diesem Anfange der Philosophie entspringen soll, daß er nämlich
etwas schlechthin Bekanntes sey, was jeder unmittelbar in sich finde,
und daran die weitere Reflexion anknüpfen könne; jenes reine Ich ist
vielmehr in seiner abstrakten Wesenheit, etwas dem gewöhnlichen
Bewußtseyn Unbekanntes, etwas, das es nicht darin vorfindet. Damit
tritt vielmehr der Nachtheil der Täuschung ein, daß von etwas
Bekanntem, dem Ich des empirischen Selbstbewußtseyns die Rede seyn
solle, indem in der That von etwas diesem Bewußtseyn Fernem die Rede
ist. Die Bestimmung des reinen Wissens als Ich, führt die fortdauernde
Rückerinnerung an das subjektive Ich mit sich, dessen Schranken
vergessen werden sollen, und erhält die Vorstellung gegenwärtig, als ob
die Sätze und Verhältnisse, die sich in der weitern Entwickelung vom
Ich ergeben, im gewöhnlichen Bewußtseyn, da es ja das sey, von dem sie
behauptet werden, vorkommen und darin vorgefunden werden können. Diese
Verwechslung bringt statt unmittelbarer Klarheit vielmehr nur eine um
so grellere Verwirrung und gänzliche Desorientirung hervor; nach Außen
hat sie vollends die gröbsten Mißverständnisse veranlaßt.

Was ferner die subjektive Bestimmtheit des Ich überhaupt betrifft, so
benimmt wohl das reine Wissen dem Ich seine beschränkte Bedeutung, an
einem Objekte seinen unüberwindlichen Gegensatz zu haben. Aus diesem
Grunde wäre es aber wenigstens überflüssig, noch diese subjektive
Haltung und die Bestimmung des reinen Wesens als Ich, beizubehalten.
Allein diese Bestimmung führt nicht nur jene störende Zweideutigkeit
mit sich, sondern sie bleibt auch, näher betrachtet, ein subjektives
Ich. Die wirkliche Entwickelung der Wissenschaft, die vom Ich ausgeht,
zeigt es, daß das Objekt darin die perennirende Bestimmung eines
Anderen für das Ich hat und behält, daß also das Ich, von dem
ausgegangen wird, nicht das reine Wissen, das den Gegensatz des
Bewußtseyns in Wahrheit überwunden hat, sondern noch in der Erscheinung
befangen ist.

Es ist hierbei noch die wesentliche Bemerkung in machen, daß wenn an
sich wohl Ich als das reinen Wissen oder als intellektuelle Anschauung
bestimmt und als Anfang behauptet werden könnte, daß es in der
Wissenschaft nicht um das zu thun ist, was an sich oder innerlich
vorhanden sey, sondern um das Daseyn des Innerlichen im Denken, und um
die Bestimmtheit, die ein solches in diesem Daseyn hat. Was aber von
der intellektuellen Anschauung—oder wenn ihr Gegenstand das Ewige, das
Göttliche, das Absolute genannt wird,—was vom Ewigen oder Absoluten im
Anfange der Wissenschaft da ist, dieß kann nichts Anderes seyn, als
erste, unmittelbare, einfache Bestimmung. Welcher reichere Name ihm
gegeben werde, als das bloße Seyn ausdrückt, so kann nur in Betracht
kommen, wie solches Absolute in das denkende Wissen und in das
Aussprechen dieses Wissens eintritt. Die intellektuelle Anschauung ist
wohl die gewaltsame Zurückweisung des Vermittelns und der beweisenden,
äußerlichen Reflexion. Was sie aber mehr ausspricht, als einfache
Unmittelbarkeit, ist ein Konkretes, ein in sich verschiedene
Bestimmungen Enthaltendes. Das Aussprechen und die Darstellung eines
solchen jedoch ist, wie schon bemerkt, eine vermittelnde Bewegung, die
von einer der Bestimmungen anfängt, und zu der anderen fortgeht, wenn
diese auch zur ersten zurückgeht;—es ist eine Bewegung, die zugleich
nicht willkürlich oder assertorisch seyn darf. Von was daher in solcher
Darstellung angefangen wird, ist nicht das Konkrete selbst, sondern nur
das einfache Unmittelbare, von dem die Bewegung ausgeht. Außerdem
fehlt, wenn ein Konkretes zum Anfange gemacht wird, der Beweis, dessen
die Verbindung der im Konkreten enthaltenen Bestimmungen bedarf.

Wenn also im Ausdrucke des Absoluten oder Ewigen oder Gottes (und das
unbestrittenste Recht hätte Gott, daß mit ihm der Anfang gemacht
werde), wenn in deren Anschauung oder Gedanken mehr liegt, als im
reinen Seyn, so soll das, was darin liegt, ins Wissen als denkendes,
nicht vorstellendes erst hervortreten; das was darin liegt, es sey so
reich, als es wolle, so ist die Bestimmung, die ins Wissen zuerst
hervortritt, ein Einfaches; denn nur im Einfachen ist nicht mehr als
der reine Anfang; nur das Unmittelbare ist einfach, denn nur im
Unmittelbaren ist noch nicht ein Fortgegangenseyn von Einem zu einem
Anderen. Was somit über das Seyn ausgesprochen oder enthalten seyn
soll, in den reicheren Formen des Vorstellens von Absolutem oder Gott,
dieß ist im Anfange nur leeres Wort, und nur Seyn; dieß Einfache, das
sonst keine weitere Bedeutung hat, dieß Leere ist also schlechthin der
Anfang der Philosophie.

Diese Einsicht ist selbst so einfach, daß dieser Anfang als solcher,
keiner Vorbereitung noch weiteren Einleitung bedarf; und diese
Vorläufigkeit von Raisonnement über ihn konnte nicht die Absicht haben,
ihn herbeizuführen, als vielmehr alle Vorläufigkeit zu entfernen.

Allgemeine Eintheilung des Seyns

Das Seyn ist zuerst gegen Anderes überhaupt bestimmt;

Zweitens ist es sich innerhalb seiner selbst bestimmend;

Drittens, indem diese Vorläufigkeit des Eintheilens weggeworfen ist,
ist es die abstrakte Unbestimmtheit und Unmittelbarkeit, in der es der
Anfang seyn muß.

Nach der ersten Bestimmung theilt das Seyn sich gegen das Wesen ab,
indem es weiterhin in seiner Entwickelung seine Totalität nur als Eine
Sphäre des Begriffs erweist, und ihr als Moment eine andere Sphäre
gegenüberstellt.

Nach der zweiten ist es die Sphäre, innerhalb welcher die Bestimmungen
und die ganze Bewegung seiner Reflexion fällt. Das Seyn wird sich darin
in den drei Bestimmungen setzen:

I. als Bestimmtheit; als solche, Qualität;

II. als aufgehobene Bestimmtheit; Größe, Quantität;

III. als qualitativ bestimmte Quantität; Maaß.

Diese Eintheilung ist hier, wie in der Einleitung von diesen
Eintheilungen überhaupt erinnert worden, eine vorläufige Anführung;
ihre Bestimmungen haben erst aus der Bewegung des Seyns selbst zu
entstehen, sich dadurch zu definiren und zu rechtfertigen. Über die
Abweichung dieser Eintheilung von der gewöhnlichen Aufführung der
Kategorien, nämlich als Quantität, Qualität, Relation und Modalität,
was übrigens bei Kant nur die Titel für seine Kategorien seyn sollen,
in der That aber selbst, nur allgemeinere, Kategorien sind,—ist hier
nichts zu erinnern, da die ganze Ausführung das überhaupt von der
gewöhnlichen Ordnung und Bedeutung der Kategorien Abweichende zeigen
wird.

Nur dieß kann etwa bemerkt werden, daß sonst die Bestimmung der
Quantität von der Qualität aufgeführt wird,—und dieß—wie das
Meiste—ohne weiteren Grund. Es ist bereits gezeigt worden, daß der
Anfang sich mit dem Seyn als solchem macht, daher mit dem qualitativen
Seyn. Aus der Vergleichung der Qualität mit der Quantität erhellt
leicht, daß jene die der Natur nach erste ist. Denn die Quantität ist
die schon negativ gewordenen Qualität; die Größe ist die Bestimmtheit,
die nicht mehr mit dem Seyn Eins, sondern schon von ihm unterschieden,
die aufgehobene, gleichgültig gewordenen Qualität ist. Sie schließt die
Veränderlichkeit des Seyns ein, ohne daß die Sache selbst, das Seyn,
dessen Bestimmung sie ist, durch sie verändert werde; da hingegen die
qualitative Bestimmtheit mit ihrem Seyn Eins ist, nicht darüber
hinausgeht, noch innerhalb desselben steht, sondern dessen unmittelbare
Beschränktheit ist. Die Qualität ist daher, als die unmittelbare
Bestimmtheit die erste und mit ihr der Anfang zu machen.

Das Maaß ist eine Relation, aber nicht die Relation überhaupt, sondern
bestimmt der Qualität und Quantität zu einander; die Kategorien, die
Kant unter der Relation befaßt, werden ganz anderwärts ihre Stelle
nehmen. Das Maaß kann auch für eine Modalität, wenn man will, angesehen
werden; aber indem bei Kant diese nicht mehr eine Bestimmung des
Inhalts ausmachen, sondern nur die Beziehung desselben auf das Denken,
auf das Subjektive, angehen soll, so ist dieß eine ganz heterogene,
hierher nicht gehörige Beziehung.

Die dritte Bestimmung des Seyns fällt innerhalb des Abschnittes, der
Qualität, indem es sich als abstrakte Unmittelbarkeit zu einer
einzelnen Bestimmtheit gegen seine anderen innerhalb seiner Sphäre
herabsetzt.



Erster Abschnitt. Bestimmtheit (Qualität).


Das Seyn ist das unbestimmte Unmittelbare; es ist frei von der
Bestimmtheit gegen das Wesen, so wie noch von jeder, die es innerhalb
seiner selbst erhalten kann. Dieß reflexionslose Seyn ist das Seyn, wie
es unmittelbar nur an ihm selber ist. Weil es unbestimmt ist, ist es
qualitätsloses Seyn; aber an sich kommt ihm der Charakter der
Unbestimmtheit nur im Gegensatze gegen das Bestimmte oder Qualitative
zu. Dem Seyn überhaupt tritt aber das bestimmte Seyn als solches
gegenüber, damit aber macht seine Unbestimmtheit selbst seine Qualität
aus. Es wird sich daher zeigen, daß das erste Seyn, an sich bestimmtes,
und hiermit

Zweitens, daß es in das Daseyn übergeht, Daseyn ist, daß aber dieses
als endliches Seyn sich aufhebt, und in die unendliche Beziehung des
Seyns auf sich selbst,

Drittens in das Fürsichseyn übergeht.



Erstes Kapitel. Seyn.

A. Seyn.

Seyn, reines Seyn,—ohne alle weitere Bestimmung. In seiner unbestimmten
Unmittelbarkeit ist es nur sich selbst gleich, und auch nicht ungleich
gegen Anderes, hat keine Verschiedenheit innerhalb seiner, noch nach
Außen. Durch irgend eine Bestimmung oder Inhalt, der in ihm
unterschieden, oder wodurch es als unterschieden von einem Anderen
gesetzt würde, würde es nicht in seiner Reinheit festgehalten. Es ist
die reine Unbestimmtheit und Leere.—Es ist nichts in ihm anzuschauen,
wenn von Anschauen hier gesprochen werden kann; oder es ist nur dieß
reine, leere Anschauen selbst. Es ist eben so wenig etwas in ihm zu
denken, oder es ist ebenso nur dieß leere Denken. Das Seyn, das
unbestimmte Unmittelbare ist in der That Nichts, und nicht mehr noch
weniger als Nichts.

B. Nichts.

Nichts, das reine Nichts; es ist einfache Gleichheit mit sich selbst,
vollkommene Leerheit, Bestimmungs- und Inhaltslosigkeit;
Ununterschiedenheit in ihm selbst.—Insofern Anschauen oder Denken hier
erwähnt werden kann, so gilt es als ein Unterschied, ob etwas oder
nichts angeschaut oder gedacht wird. Nichts Anschauen oder Denken hat
also eine Bedeutung; beide werden unterschieden, so ist (existirt)
Nichts in unserem Anschauen oder Denken; oder vielmehr ist es das leere
Anschauen und Denken selbst; und dasselbe leere Anschauen oder Denken,
als das reine Seyn.—Nichts ist somit dieselbe Bestimmung oder vielmehr
Bestimmungslosigkeit, und damit überhaupt dasselbe, was das reine Seyn
ist.

C. Werden.

1. Einheit des Seyns und Nichts.

Das reine Seyn und das reine Nichts ist also dasselbe. Was die Wahrheit
ist, ist weder das Seyn, noch das Nichts, sondern daß das Seyn in
Nichts, und das Nichts in Seyn,—nicht übergeht,—sondern übergegangen
ist. Aber eben so sehr ist die Wahrheit nicht ihre Ununterschiedenheit,
sondern daß sie nicht dasselbe, daß sie absolut unterschieden, aber
ebenso ungetrennt und untrennbar sind, und unmittelbar jedes in seinem
Gegentheil verschwindet. Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung des
unmittelbaren Verschwindens des einen in dem andern; das Werden; eine
Bewegung, worin beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied,
der sich eben so unmittelbar aufgelöst hat.

Anmerkung 1.

Nichts pflegt dem Etwas entgegengesetzt zu werden; Etwas aber ist schon
ein bestimmtes Seyendes, das sich von anderem Etwas unterscheidet; so
ist also auch das dem Etwas entgegengesetzte Nichts, das Nichts von
irgend Etwas, ein bestimmtes Nichts.

Hier aber ist das Nichts in seiner unbestimmten Einfachheit zu nehmen.
—Wollte man es für richtiger halten, daß statt des Nichts dem Seyn das
Nichtseyn entgegengesetzt würde, so wäre in Rücksicht auf das Resultat
nichts dawider zu haben, denn im Nichtseyn ist die Beziehung auf das
Seyn enthalten; es ist Beides, Seyn und die Negation desselben, in
Einem ausgesprochen, das Nichts, wie es im Werden ist. Aber es ist
zunächst nicht um die Form der Entgegensetzung, d. i. zugleich der
Beziehung zu thun, sondern um die abstrakte, unmittelbare Negation, das
Nichts rein für sich, die beziehungslose Verneinung,—was man, wenn man
will, auch durch das bloße: Nicht ausdrücken könnte.

Den einfachen Gedanken des reinen Seyns haben die Eleaten zuerst,
vorzüglich Parmenides als das Absolute und als einzige Wahrheit, und in
den übergebliebenen Fragmenten von ihm, mit der reinen Begeisterung des
Denkens, das zum ersten Male sich in seiner absoluten Abstraktion
erfaßt, ausgesprochen: nur das Seyn ist, und das Nichts ist gar
nicht.—In orientalischen Systemen, wesentlich im Buddaismus ist
bekanntlich das Nichts, das Leere, das absolute Princip.—Der
tiefsinnige Heraklit hob gegen jene einfache und einseitige Abstraktion
den höheren totalen Begriff des Werdens hervor, und sagte: das Seyn ist
so wenig, als das Nichts, oder auch Alles fließt, das heißt, Alles ist
Werden.—Die populären, besonders orientalischen Sprüche, daß alles, was
ist, den Keim seines Vergehens in seiner Geburt selbst habe, der Tod
umgekehrt der Eingang in neues Leben sey, drücken im Grunde dieselbe
Einigung des Seyns und Nichts aus. Aber diese Ausdrücke haben ein
Substrat, an dem der Übergang geschieht; Seyn und Nichts werden in der
Zeit auseinander gehalten, als in ihr abwechselnd vorgestellt, nicht
aber in ihrer Abstraktion gedacht, und daher auch nicht so, daß sie an
und für sich dasselbe sind.

Ex nihilo nihil fit—ist einer der Sätze, denen in der Metaphysik große
Bedeutung zugeschrieben wurde. Es ist darin entweder nur die gehaltlose
Tautologie zu sehen: Nichts ist Nichts; oder wenn das Werden wirkliche
Bedeutung darin haben sollte, so ist vielmehr, indem nur Nichts aus
Nichts wird, in der That kein Werden darin vorhanden, denn Nichts
bleibt darin Nichts. Das Werden enthält, daß Nichts nicht Nichts
bleibe, sondern in sein Anderes, in das Seyn übergehe. —Wenn die
spätere vornehmlich christliche Metaphysik den Satz, aus Nichts werde
Nichts, verwarf, so behauptete sie einen Übergang von Nichts in Seyn;
so synthetisch oder bloß vorstellend sie auch diesen Satz nahm, so ist
doch auch in der unvollkommensten Vereinigung ein Punkt enthalten,
worin Seyn und Nichts zusammentreffen, und ihre Unterschiedenheit
verschwindet.—Seine eigentliche Wichtigkeit hat der Satz: Aus Nichts
wird Nichts, Nichts ist eben Nichts, durch seinen Gegensatz gegen das
Werden überhaupt und damit auch gegen die Erschaffung der Welt aus
Nichts. Diejenigen, welche den Satz: Nichts ist eben Nichts, sogar sich
dafür ereifernd, behaupten, sind bewußtlos darüber, daß sie damit dem
abstrakten Pantheismus der Eleaten, der Sache nach auch dem
spinozistischen, beipflichten. Die philosophische Ansicht, welcher:
Seyn ist nur Seyn, Nichts ist nur Nichts, als Princip gilt, verdient
den Namen Identitätssystem; diese abstrakte Identität ist das Wesen des
Pantheismus.

Wenn das Resultat, daß Seyn und Nichts dasselbe ist, für sich auffällt
oder paradox scheint, so ist hierauf nicht weiter zu achten; es wäre
sich vielmehr über jene Verwunderung zu verwundern, die sich so neu in
der Philosophie zeigt und vergißt, daß in dieser Wissenschaft ganz
andere Bestimmungen vorkommen, als im gewöhnlichen Bewußtseyn und im
sogenannten gemeinen Menschenverstande, der nicht gerade der gesunde,
sondern auch der zu Abstraktionen und zu dem Glauben oder vielmehr
Aberglauben an Abstraktionen heraufgebildete Verstand ist. Es wäre
nicht schwer, diese Einheit von Seyn und Nichts, in jedem Beispiele, in
jedem Wirklichen oder Gedanken aufzuzeigen. Es muß dasselbe, was oben
von der Unmittelbarkeit und Vermittelung, (welche letztere eine
Beziehung aufeinander, damit Negation enthält), vom Seyn und Nichts
gesagt werden, daß es nirgend im Himmel und auf Erden Etwas gebe, was
nicht beides Seyn und Nichts in sich enthielte. Freilich da hierbei von
einem irgend Etwas und Wirklichem die Rede wird, so sind darin jene
Bestimmungen nicht mehr in der vollkommenen Unwahrheit, in der sie als
Seyn und Nichts sind, vorhanden, sondern in einer weitern Bestimmung,
und werden z.B. als Positives und Negatives aufgefaßt, jenes das
gesetzte, reflektirte Seyn, dieses das gesetzte, reflektirte Nichts;
aber Positives und Negatives enthalten jenes das Seyn, dieses das
Nichts als ihre abstrakte Grundlage.—So in Gott selbst enthält die
Qualität, Thätigkeit, Schöpfung, Macht u.s.f. wesentlich die Bestimmung
des Negativen,—sie sind ein Hervorbringen eines Anderen. Aber eine
empirische Erläuterung von jener Behauptung durch Beispiele wäre hier
ganz und gar überflüssig. Da nunmehr diese Einheit von Seyn und Nichts
als erste Wahrheit ein für allemal zu Grunde liegt, und das Element von
allem Folgenden ausmacht, so sind außer dem Werden selbst, alle
ferneren logischen Bestimmungen: Daseyn, Qualität, überhaupt alle
Begriffe der Philosophie, Beispiele dieser Einheit.—Aber der sich so
nennende gemeine oder gesunde Menschenverstand mag auf den Versuch
hingewiesen werden, insofern er die Ungetrenntheit des Seyns und Nichts
verwirft, sich ein Beispiel ausfindig zu machen, worin eins vom andern
(Etwas von Grenze, Schranke, oder das Unendliche, Gott, wie so eben
erwähnt, von Thätigkeit) getrennt zu finden sey. Nur die leeren
Gedankendinge, Seyn und Nichts, selbst, sind diese Getrennte, und sie
sind es, die der Wahrheit, der Ungetrenntheit beider, die allenthalben
vor uns ist, von jenem Verstande vorgezogen werden.

Man kann nicht die Absicht haben wollen, den Verwirrungen, in welche
sich das gewöhnliche Bewußtseyn bei einem solchen logischen Satze
versetzt, nach allen Seiten hin begegnen zu wollen, denn sie sind
unerschöpflich. Es können nur einige erwähnt werden. Ein Grund solcher
Verwirrung ist unter andern, daß das Bewußtseyn zu solchem abstrakten
logischen Satze Vorstellungen von einem konkreten Etwas mitbringt und
vergißt, daß von einem solchen nicht die Rede ist, sondern nur von den
reinen Abstraktionen des Seyns und Nichts, und daß diese allein
festzuhalten sind.

Seyn und Nichtseyn ist dasselbe; also ist es dasselbe, ob ich bin oder
nicht bin, ob dieses Haus ist oder nicht ist, ob diese hundert Thaler
in meinem Vermögenszustand sind oder nicht.—Dieser Schluß oder
Anwendung jenes Satzes verändert dessen Sinn vollkommen. Der Satz
enthält die reinen Abstraktionen des Seyns und Nichts; die Anwendung
aber macht ein bestimmtes Seyn und bestimmtes Nichts daraus. Allein vom
bestimmten Seyn ist, wie gesagt, hier nicht die Rede. Ein bestimmtes,
ein endliches Seyn ist ein solches, das sich auf anderes bezieht; es
ist ein Inhalt, der im Verhältnisse der Nothwendigkeit mit anderem
Inhalte, mit der ganzen Welt, steht. In Rücksicht des
wechselbestimmenden Zusammenhangs des Ganzen konnte die Metaphysik
die—im Grunde tautologische—Behauptung machen, daß wenn ein Stäubchen
zerstört würde, das ganze Universum zusammenstürzte. In den Instanzen,
die gegen den in Rede stehenden Satz gemacht werden, erscheint etwas
als nicht gleichgültig, ob es sey oder nicht sey, nicht um des Seyns
oder Nichtseyns willen, sondern seines Inhalts willen, der es mit
anderem zusammenhängt. Wenn ein bestimmter Inhalt, irgend ein
bestimmtes Daseyn vorausgesetzt wird, so ist dieß Daseyn, weil es
bestimmtes ist, in mannigfaltiger Beziehung auf anderen Inhalt; es ist
für dasselbe nicht gleichgültig, ob ein gewisser anderer Inhalt, mit
dem es in Beziehung steht, ist oder nicht ist; denn nur durch solche
Beziehung ist es wesentlich das, was es ist. Dasselbe ist der Fall in
dem Vorstellen (indem wir das Nichtseyn in dem bestimmteren Sinne des
Vorstellens gegen die Wirklichkeit nehmen), in dessen Zusammenhange das
Seyn oder die Abwesenheit eines Inhalts, der als bestimmt mit anderem
in Beziehung vorgestellt wird, nicht gleichgültig ist.—Diese
Betrachtung enthält dasselbe, was ein Hauptmoment in der Kantischen
Kritik des ontologischen Beweises vom Daseyn Gottes ausmacht, auf
welche jedoch hier nur im Betreff des in ihr vorkommenden Unterschieds
von Seyn und Nichts überhaupt und von bestimmtem Seyn oder Nichtseyn
Rücksicht genommen wird.—Bekanntlich wurde in jenem sogenannten Beweise
der Begriff eines Wesens vorausgesetzt, dem alle Realitäten zukommen,
somit auch die Existenz, die gleichfalls als eine der Realitäten
angenommen wurde. Die Kantische Kritik hielt sich vornehmlich daran,
daß die Existenz oder das Seyn (was hier für gleichbedeutend gilt)
keine Eigenschaft oder kein reales Prädikat sey, das heiße, nicht ein
Begriff von etwas, was zu dem Begriffe eines Dinges hinzukommen
könne.[6]—Kant will damit sagen, daß Seyn keine Inhaltsbestimmung
sey.—Also enthalte, fährt er fort, das Mögliche nicht mehr als das
Wirkliche; hundert wirkliche Thaler enthalten nicht das Mindeste mehr,
als hundert mögliche;—nämlich jene haben keine andere Inhaltsbestimmung
als diese. Für diesen als isolirt betrachteten Inhalt ist es in der
That gleichgültig, zu seyn oder nicht zu seyn; es liegt in ihm kein
Unterschied des Seyns oder Nichtseyns, dieser Unterschied berührt ihn
überhaupt gar nicht; die hundert Thaler werden nicht weniger, wenn sie
nicht sind, und nicht mehr, wenn sie sind. Ein Unterschied muß erst
anderswoher kommen. —"Hingegen, erinnert Kant, in meinem
Vermögenszustande ist mehr bei hundert wirklichen Thalern, als bei dem
bloßen Begriff derselben, oder bei ihrer Möglichkeit. Denn der
Gegenstand ist bei der Wirklichkeit nicht bloß in meinem Begriff
analytisch enthalten, sondern kommt zu meinem Begriffe, (der eine
Bestimmung meines Zustandes ist,) synthetisch hinzu, ohne daß durch
dieses Seyn außer meinem Begriffe, diese gedachten hundert Thaler
selbst im mindesten vermehrt würden."

 [6] Kants Kritik der r. Vern. 2te Aufl. S. 628ff.


Es werden hier zweierlei Zustände, um bei den Kantischen Ausdrücken,
die nicht ohne verworrene Schwerfälligkeit sind, zu bleiben,
vorausgesetzt, der eine, welchen Kant den Begriff nennt, darunter die
Vorstellung zu verstehen ist, und ein anderer, der Vermögenszustand.
Für den einen wie für den andern, das Vermögen wie das Vorstellen, sind
hundert Thaler eine Inhaltsbestimmung, oder "sie kommen zu einem
solchen, wie Kant sich ausdrückt, synthetisch hinzu;" Ich als Besitzer
von hundert Thalern, oder als Nichtbesitzer derselben, oder auch ich
als mir hundert Thaler vorstellend, oder sie nicht vorstellend, ist
allerdings ein verschiedener Inhalt. Allgemeiner gefaßt: Die
Abstraktionen von Seyn und Nichts hören beide auf, Abstraktionen zu
seyn, indem sie einen bestimmten Inhalt erhalten; Seyn ist dann
Realität, das bestimmte Seyn von Thalern, das Nichts Negation, das
bestimmte Nichtseyn von denselben. Diese Inhaltsbestimmtheit selbst,
die hundert Thaler, auch abstrakt für sich gefaßt, ist in dem einen
unverändert dasselbe, was in dem andern. Indem aber ferner das Seyn als
Vermögens-Zustand genommen wird, treten die hundert Thaler in Beziehung
zu einem Zustand, und für diesen ist solche Bestimmtheit, die sie sind,
nicht gleichgültig; ihr Seyn oder Nichtseyn ist nur Veränderung; sie
sind in die Sphäre des Daseyns versetzt. Wenn daher gegen die Einheit
des Seyns und Nichts urgirt wird, es sey doch nicht gleichgültig, ob
dieß und jenes (die Thaler) sey oder nicht sey, so ist es eine
Täuschung, daß wir den Unterschied bloß aufs Seyn und Nichtseyn
hinausschieben, ob ich die hundert Thaler habe oder nicht habe—eine
Täuschung, die wie gezeigt, auf der einseitigen Abstraktion beruht,
welche das bestimmte Daseyn, das in solchen Beispielen vorhanden ist,
wegläßt und bloß das Seyn und Nichtseyn festhält; wie sie umgekehrt das
abstrakte Seyn und Nichts, das aufgefaßt werden soll, in ein bestimmtes
Seyn und Nichts, in ein Daseyn, verwandelt. Erst das Daseyn enthält den
realen Unterschied von Seyn und Nichts, nämlich ein Etwas und ein
Anderes. —Dieser reale Unterschied schwebt der Vorstellung vor, statt
des abstrakten Seyns und reinen Nichts, und ihrem nur gemeinten
Unterschiede.

Wie Kant sich ausdrückt, so kommt "durch die Existenz etwas in den
Kontext der gesammten Erfahrung," "wir bekommen dadurch einen
Gegenstand der Wahrnehmung mehr, aber unser Begriff von dem Gegenstande
wird dadurch nicht vermehrt."

Dieß heißt, wie aus dem Erläuterten hervorgeht, so viel, durch die
Existenz, wesentlich darum weil Etwas bestimmte Existenz ist, ist es in
dem Zusammenhang mit Anderem, und unter anderem auch mit einem
Wahrnehmenden.—"Der Begriff der hundert Thaler, sagt Kant, werde nicht
durch das Wahrnehmen vermehrt." Der Begriff heißt hier die vorhin
bemerkten isolirt vorgestellten hundert Thaler. In dieser isolirten
Weise sind sie zwar ein empirischer Inhalt, aber abgeschnitten, ohne
Zusammenhang und Bestimmtheit gegen Anderes; die Form der Identität mit
sich benimmt ihnen die Beziehung auf anderes und macht sie
gleichgültig, ob sie wahrgenommen seyen oder nicht. Aber dieser
sogenannte Begriff der hundert Thaler ist ein falscher Begriff, die
Form der einfachen Beziehung auf sich gehört solchem begränzten,
endlichen Inhalt nicht selbst; es ist eine ihm vom subjektiven
Verstande angethane und geliehene Form; hundert Thaler sind nicht ein
sich auf sich Beziehendes, sondern ein Veränderliches und
Vergängliches.

Das Denken oder Vorstellen, dem nur ein bestimmtes Seyn, das Daseyn,
vorschwebt, ist zu dem erwähnten Anfange der Wissenschaft zurück zu
weisen, welchen Parmenides gemacht hat, der sein Vorstellen und damit
auch das Vorstellen der Folgezeit zu dem reinen Gedanken, dem Seyn als
solchen, geläutert und erhoben, und damit das Element der Wissenschaft
erschaffen hat.—Was das Erste in der Wissenschaft ist, hat sich müssen
geschichtlich als das Erste zeigen. Und das Eleatische Eine oder Seyn
haben wir für das Erste des Wissens vom Gedanken anzusehen; das Wasser
und dergleichen materielle Principien sollen wohl das Allgemeine seyn,
aber sind als Materien nicht reine Gedanken; die Zahlen sind weder der
erste einfache noch der bei sich bleibende, sondern der sich selbst
ganz äußerliche Gedanke.

Die Zurückweisung vom besonderen endlichen Seyn zum Seyn als solchen in
seiner ganz abstrakten Allgemeinheit ist wie als die allererste
theoretische so auch sogar praktische Forderung anzusehen. Wenn nämlich
ein Aufhebens von den hundert Thalern gemacht wird, daß es in meinem
Vermögenszustand einen Unterschied mache, ob ich sie habe oder nicht,
noch mehr ob Ich sey oder nicht, ob Anderes sey oder nicht, so
kann—ohne zu erwähnen, daß es Vermögenszustände geben wird, für die
solcher Besitz von hundert Thalern gleichgültig seyn wird,—daran
erinnert werden, daß der Mensch sich zu dieser abstrakten Allgemeinheit
in seiner Gesinnung erheben soll, in welcher es ihm in der That
gleichgültig sey, ob die hundert Thaler, sie mögen ein quantitatives
Verhältniß zu seinem Vermögenszustand haben, welches sie wollen, seyen
oder ob sie nicht seyen, ebenso sehr als es ihm gleichgültig sey, ob er
sey oder nicht, d. i. im endlichen Leben sey oder nicht (denn ein
Zustand, bestimmtes Seyn ist gemeint) u.s.f. —selbst si fractus
illabatur orbis, impavidum ferient ruinae, hat ein Römer gesagt, und
der Christ soll sich noch mehr in dieser Gleichgültigkeit befinden.

Es ist noch die unmittelbare Verbindung anzumerken, in welcher die
Erhebung über die hundert Thaler und die endlichen Dinge überhaupt mit
dem ontologischen Beweise und der angeführten kantischen Kritik
desselben steht. Diese Kritik hat sich durch ihr populäres Beispiel
allgemein plausibel gemacht; wer weiß nicht, daß hundert wirkliche
Thaler verschieden sind von hundert bloß möglichen Thalern? daß sie
einen Unterschied in meinem Vermögenszustand ausmachen? Weil sich so an
den hundert Thalern diese Verschiedenheit hervorthut, so ist der
Begriff d. h. die Inhaltsbestimmtheit als leere Möglichkeit, und das
Seyn verschieden von einander; also ist auch Gottes Begriff von seinem
Seyn verschieden, und so wenig ich aus der Möglichkeit der hundert
Thaler ihre Wirklichkeit herausbringen kann, eben so wenig kann ich aus
dem Begriffe Gottes seine Existenz "herausklauben"; aus diesem
Herausklauben aber der Existenz Gottes aus seinem Begriffe soll der
ontologische Beweis bestehen. Wenn es nun allerdings seine Richtigkeit
hat, daß Begriff vom Seyn verschieden ist, so ist noch mehr Gott
verschieden von den hundert Thalern und den anderen endlichen Dingen.
Es ist die Definition der endlichen Dinge, daß in ihnen Begriff und
Seyn verschieden, Begriff und Realität, Seele und Leib, trennbar, sie
damit vergänglich und sterblich sind; die abstrakte Definition Gottes
ist dagegen eben dieß, daß sein Begriff und sein Seyn ungetrennt und
untrennbar sind. Die wahrhafte Kritik der Kategorien und der Vernunft
ist gerade diese, das Erkennen über diesen Unterschied zu verständigen
und dasselbe abzuhalten, die Bestimmungen und Verhältnisse des
Endlichen auf Gott anzuwenden.

Anmerkung 2.

Es ist weiter ein anderer Grund anzuführen, welcher zu dem Widerwillen
gegen den Satz über Seyn und Nichts behülflich ist; dieser Grund ist,
daß der Ausdruck des Resultats, das sich aus der Betrachtung des Seyns
und des Nichts ergiebt, durch den Satz: Seyn und Nichts ist eins und
dasselbe, unvollkommen ist. Der Accent wird vorzugsweise auf das Eins-
und dasselbe-seyn gelegt, wie im Urtheile überhaupt, als in welchem das
Prädikat erst es aussagt, was das Subjekt ist. Der Sinn scheint daher
zu seyn, daß der Unterschied geläugnet werde, der doch zugleich im
Satze unmittelbar vorkommt; denn er spricht die beiden Bestimmungen,
Seyn und Nichts, aus, und enthält sie als unterschiedene.—Es kann
zugleich nicht gemeint seyn, daß von ihnen abstrahirt und nur die
Einheit festgehalten werden soll. Dieser Sinn gäbe sich selbst für
einseitig, da das, wovon abstrahirt werden soll, gleichwohl im Satze
vorhanden ist und genannt wird.—Insofern nun der Satz: Seyn und Nichts
ist dasselbe, die Identität dieser Bestimmungen ausspricht, aber in der
That ebenso sie beide als unterschieden enthält, widerspricht er sich
in sich selbst und löst sich auf. Halten wir dieß näher fest, so ist
also hier ein Satz gesetzt, der näher betrachtet, die Bewegung hat,
durch sich selbst zu verschwinden. Damit aber, geschieht an ihm selbst
das, was seinen eigentlichen Inhalt ausmachen soll, nämlich das Werden.

Der Satz enthält somit das Resultat, er ist dieses an sich selbst. Der
Umstand aber, auf den hier aufmerksam zu machen ist, ist der Mangel,
daß das Resultat nicht selbst im Satze ausgedrückt ist; es ist eine
äußere Reflexion, welche es in ihm erkennt.—Es muß hierüber sogleich im
Anfange diese allgemeine Bemerkung gemacht werden, daß der Satz, in
Form eines Urtheils, nicht geschickt ist, spekulative Wahrheiten
auszudrücken; die Bekanntschaft mit diesem Umstande wäre geeignet,
viele Mißverständnisse spekulativer Wahrheiten zu beseitigen. Das
Urtheil ist eine identische Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat; es
wird dabei davon abstrahirt, daß das Subjekt noch mehrere
Bestimmtheiten hat als die des Prädikats, so wie davon, daß das
Prädikat weiter ist als das Subjekt. Ist nun aber der Inhalt
spekulativ, so ist auch das Nichtidentische des Subjekts und Prädikats
wesentliches Moment, aber dieß ist im Urtheile nicht ausgedrückt. Das
paradoxe und bizarre Licht, in dem Vieles der neueren Philosophie den
mit dem spekulativen Denken nicht Vertrauten erscheint, fällt
vielfältig in die Form des einfachen Urtheils, wenn sie für den
Ausdruck spekulativer Resultate gebraucht wird.

Der Mangel wird, zum Behuf, die spekulative Wahrheit auszudrücken,
zunächst so ergänzt, daß der entgegengesetzte Satz hinzugefügt wird,
der Satz: Seyn und Nichts ist nicht dasselbe, der oben gleichfalls
ausgesprochen ist. Allein so entsteht der weitere Mangel, daß diese
Sätze unverbunden sind, somit den Inhalt nur in der Antinomie
darstellen, während doch ihr Inhalt sich auf Ein und Dasselbe bezieht,
und die Bestimmungen, die in den zwei Sätzen ausgedrückt sind,
schlechthin vereinigt seyn sollen,—eine Vereinigung, welche dann nur
als eine Unruhe zugleich unverträglicher, als eine Bewegung
ausgesprochen werden kann. Das gewöhnlichste Unrecht, welches
spekulativem Gehalte angethan wird, ist, ihn einseitig zu machen, d. i.
den einen der Sätze nur, in die er aufgelöst werden kann, heraus zu
heben. Es kann dann nicht geläugnet werden, daß dieser Satz behauptet
wird; so richtig die Angabe ist, so falsch ist sie, denn wenn einmal
Ein Satz aus dem Spekulativen genommen ist, so müßte wenigstens ebenso
sehr der andere gleichfalls beachtet und angegeben werden.—Es ist
hierbei noch das so zu sagen unglückliche Wort: Einheit besonders zu
erwähnen; die Einheit bezeichnet noch mehr als die Identität eine
subjektive Reflexion; sie wird vornehmlich als die Beziehung genommen,
welche aus der Vergleichung, der äußerlichen Reflexion, entspringt.
Insofern diese in zwei verschiedenen Gegenständen dasselbe findet, ist
eine Einheit so vorhanden, daß dabei die vollkommene Gleichgültigkeit
der Gegenstände selbst, die verglichen werden, gegen diese Einheit
vorausgesetzt wird, so daß dieß Vergleichen und die Einheit die
Gegenstände selbst nichts angeht, und ein ihnen äußerliches Thun und
Bestimmen ist. Die Einheit drückt daher die ganz abstrakte
Dieselbigkeit aus, und lautet um so härter und auffallender, je mehr
die, von denen sie ausgesprochen wird, sich schlechthin unterschieden
zeigen. Für Einheit würde daher insofern besser nur Ungetrenntheit und
Untrennbarkeit gesagt; aber damit ist das Affirmative der Beziehung des
Ganzen nicht ausgedrückt.

So ist das ganze, wahre Resultat, das sich hier ergeben hat, das
Werden, welches nicht bloß die einseitige oder abstrakte Einheit des
Seyns und Nichts ist. Sondern es besteht in dieser Bewegung, daß das
reine Seyn unmittelbar und einfach ist, daß es darum eben so sehr das
reine Nichts ist, daß der Unterschied derselben ist, aber eben so sehr
sich aufhebt und nicht ist. Das Resultat behauptet also den Unterschied
des Seyns und des Nichts eben so sehr, aber als einen nur gemeinten.

Man meint, das Seyn sey vielmehr das schlechthin Andere, als das Nichts
ist, und es ist nichts klarer, als ihr absoluter Unterschied, und es
scheint nichts leichter, als ihn angeben zu können. Es ist aber eben so
leicht, sich zu überzeugen, daß dieß unmöglich, daß er unsagbar ist.
Die, welche auf dem Unterschiede von Seyn und Nichts beharren wollen,
mögen sich auffordern, anzugeben, worin er besteht. Hätte Seyn und
Nichts irgend eine Bestimmtheit, wodurch sie sich unterschieden, so
wären sie, wie erinnert worden, bestimmtes Seyn und bestimmtes Nichts,
nicht das reine Seyn und das reine Nichts, wie sie es hier noch sind.
Ihr Unterschied ist daher völlig leer, jedes der beiden ist auf gleiche
Weise das Unbestimmte; er besteht daher nicht an ihnen selbst, sondern
nur in einem Dritten, im Meinen. Aber das Meinen ist eine Form des
Subjektiven, das nicht in diese Reihe der Darstellung gehört. Das
Dritte aber, worin Seyn und Nichts ihr Bestehen haben, muß auch hier
vorkommen; und es ist vorgekommen, es ist das Werden. In ihm sind sie
als unterschiedene; Werden ist nur, insofern sie unterschieden sind.
Dieß Dritte ist ein Anderes als sie; —sie bestehen nur in einem
Anderen, dieß heißt gleichfalls, sie bestehen nicht für sich. Das
Werden ist das Bestehen des Seyns so sehr als des Nichtseyns; oder ihr
Bestehen ist nur ihr Seyn in Einem; gerade dieß ihr Bestehen ist es,
was ihren Unterschied eben so sehr aufhebt.

Die Aufforderung, den Unterschied von Seyn und Nichts anzugeben,
schließt auch die in sich, zu sagen, was denn Seyn und was Nichts ist.
Die sich dagegen sträuben, das eine wie das andere nur als ein
Übergehen in einander zu erkennen, und vom Seyn und vom Nichts dieß
oder das behaupten, mögen angeben, von was sie sprechen, d. i. eine
Definition vom Seyn und Nichts aufstellen, und aufzeigen, daß sie
richtig ist. Ohne dieser ersten Forderung der alten Wissenschaft genügt
zu haben, deren logische Regeln sie sonst gelten lassen und anwenden,
sind alle jene Behauptungen über das Seyn und Nichts nur
Versicherungen, wissenschaftliche Ungültigkeiten. Wenn man sonst gesagt
hat, die Existenz, insofern man diese zunächst für gleichbedeutend mit
Seyn hält, sey die Ergänzung zur Möglichkeit, so ist damit eine andere
Bestimmung, die Möglichkeit, vorausgesetzt, das Seyn nicht in seiner
Unmittelbarkeit, sogar als nicht selbstständig, als bedingt
ausgesprochen. Für das Seyn, welches vermittelt ist, werden wir den
Ausdruck: Existenz, aufbehalten. Aber man stellt sich wohl das Seyn
vor—etwa unter dem Bilde des reinen Lichts, als die Klarheit
ungetrübten Sehens, das Nichts aber als die reine Nacht, und knüpft
ihren Unterschied an diese wohlbekannte sinnliche Verschiedenheit. In
der That aber, wenn man auch dieß Sehen sich genauer vorstellt, so kann
man leicht gewahr werden, daß man in der absoluten Klarheit so viel und
so wenig sieht, als in der absoluten Finsterniß, daß das eine Sehen so
gut als das andere, reines Sehen, Sehen von Nichts ist. Reines Licht
und reine Finsterniß sind zwei Leeren, welche dasselbe sind. Erst in
dem bestimmten Lichte—und das Licht wird durch die Finsterniß
bestimmt,—also im getrübten Lichte, ebenso erst in der bestimmten
Finsterniß,—und die Finsterniß wird durch das Licht bestimmt,—in der
erhellten Finsterniß kann etwas unterschieden werden, weil erst das
getrübte Licht und die erhellte Finsterniß den Unterschied an ihnen
selbst haben, und damit bestimmtes Seyn, Daseyn, sind.

Anmerkung 3.

Die Einheit, deren Momente, Seyn und Nichts, als untrennbare sind, ist
von ihnen selbst zugleich verschieden, so ein Drittes gegen sie,
welches in seiner eigenthümlichsten Form das Werden ist. Übergehen ist
dasselbe als Werden, nur daß in jenem die beiden, von deren Einem zum
anderen übergegangen wird, mehr als außereinander ruhend und das
Übergehen als zwischen ihnen geschehend vorgestellt wird. Wo und Wie
nun vom Seyn oder Nichts die Rede wird, muß dieses Dritte vorhanden
seyn; denn jene bestehen nicht für sich, sondern sind nur im Werden, in
diesem Dritten. Aber dieses Dritte hat vielfache empirische Gestalten,
welche von der Abstraktion bei Seite gestellt oder vernachläßigt
werden, um jene ihre Produkte, das Seyn und das Nichts, jedes für sich
festzuhalten und sie gegen das Übergehen geschützt zu zeigen. Gegen
solches einfaches Verhalten der Abstraktion ist ebenso einfach nur an
die empirische Existenz zu erinnern, in der jene Abstraktion selbst nur
Etwas ist, ein Daseyn hat. Oder es sind sonst Reflexionsformen, durch
welche die Trennung der Untrennbaren fixirt werden soll. An solcher
Bestimmung ist an und für sich das Gegentheil ihrer selbst vorhanden,
und ohne auf die Natur der Sache zurückzugehen und an diese zu
appelliren, ist jene Reflexionsbestimmung an ihr selbst dadurch zu
konfondiren, daß sie genommen wird, wie sie sich giebt, und ihr Anderes
an ihr selbst aufgezeigt wird. Es würde eine vergebliche Mühe seyn,
alle Wendungen und Einfälle der Reflexion und ihres Raisonnements
gleichsam einfangen zu wollen, um ihr die Auswege und Absprünge, womit
sie sich ihren Widerspruch gegen sich selbst verdeckt, zu benehmen und
unmöglich zu machen. Darum enthalte ich mich auch, gegen vielfache sich
so nennende Einwürfe und Widerlegungen, welche dagegen, daß weder Seyn
noch Nichts etwas Wahrhaftes, sondern nur das Werden ihre Wahrheit ist,
aufgebracht worden sind, Rücksicht zu nehmen; die Gedanken-Bildung, die
dazu gehört, die Nichtigkeit jener Widerlegungen einzusehen oder
vielmehr solche Einfälle sich selbst zu vertreiben, wird nur durch die
kritische Erkenntniß der Verstandesformen bewirkt; aber die, welche am
ergiebigsten an dergleichen Einwürfen sind, fallen sogleich über die
ersten Sätze mit ihren Reflexionen her, ohne durch das weitere Studium
der Logik sich zum Bewußtseyn über die Natur dieser kruden Reflexionen
zu verhelfen oder verholfen zu haben.

Es sollen einige der Erscheinungen betrachtet werden, die sich daran
ergeben, wenn das Seyn und das Nichts von einander isolirt, und Eins
außer dem Bereiche des Anderen gesetzt wird, so daß hiermit das
Übergehen negirt ist.

Parmenides hielt das Seyn fest und war am konsequentesten, indem er
zugleich vom Nichts sagte, daß es gar nicht ist; nur das Seyn ist. Das
Seyn so ganz für sich ist das Unbestimmte, hat also keine Beziehung auf
Anderes; es scheint daher, daß von diesem Anfang aus nicht weiter
fortgegangen werden könne, nämlich aus ihm selbst, und ein Fortgang nur
dadurch geschehen könne, daß von Außen etwas Fremdes daran geknüpft
würde. Der Fortgang, daß das Seyn dasselbe ist als das Nichts,
erscheint somit als ein zweiter, absoluter Anfang,—ein Übergehen, das
für sich ist, und äußerlich zu dem Seyn hinzuträte. Seyn wäre überhaupt
nicht der absolute Anfang, wenn es eine Bestimmtheit hätte; alsdann
hänge es von einem Andern ab, und wäre nicht unmittelbar, nicht der
Anfang. Ist es aber unbestimmt, und damit wahrer Anfang, so hat es auch
nichts, wodurch es sich zu einem anderen überleitet, es ist zugleich
das Ende. Es kann ebenso wenig etwas aus demselben hervorbrechen, als
etwas in dasselbe einbrechen kann; bei Parmenides wie bei Spinoza soll
von dem Seyn oder der absoluten Substanz nicht fortgegangen werden zu
dem Negativen, Endlichen. Wird nun dennoch fortgegangen, was wie
bemerkt, von dem beziehungs—hiermit fortgangslosen Seyn aus nur auf
äußerliche Weise geschehen kann, so ist dieser Fortgang ein zweiter,
neuer Anfang. So ist Fichte's absolutester, unbedingter Grundsatz: A =
A Setzen; der zweite ist Entgegensetzen; dieser soll zum Theil bedingt,
zum Theil unbedingt (somit der Widerspruch in sich) seyn. Es ist dieß
ein Fortgehen der äußern Reflexion, welches ebensowohl das, womit es
als einem Absoluten anfängt, wieder verneint,—das Entgegensetzen ist
die Negation der ersten Identität,—als es sein zweites Unbedingtes
sogleich ausdrücklich zugleich zu einem Bedingten macht. Wenn aber
überhaupt eine Berechtigung wäre, fortzugehen, d. i. den ersten Anfang
aufzuheben, so müßte es in diesem ersten selbst liegen, daß ein Anderes
sich darauf beziehen könnte; es müßte also ein Bestimmtes seyn. Allein
für ein solches giebt sich das Seyn oder auch die absolute Substanz
nicht aus; im Gegentheil. Es ist das Unmittelbare, das noch schlechthin
Unbestimmte.

Die beredtesten, vielleicht vergessenen Schilderungen über die
Unmöglichkeit, von einem Abstrakten zu einem Ferneren und zu einer
Vereinigung beider zu kommen, macht Jacobi im Interesse seiner Polemik
gegen die kantische Synthesis des Selbstbewußtseyns a priori, in seiner
Abh. über das Unternehmen des Kriticismus, die Vernunft zu Verstande zu
bringen (Jac. Werke III. Bd.). Er stellt (S. 113) die Aufgabe so, daß
in einem Reinen, sey es des Bewußtseyns, des Raums oder der Zeit, das
Entstehen oder Hervorbringen einer Synthesis aufgezeigt werde. "Der
Raum sey Eines, die Zeit sey Eines, das Bewußtseyn sey Eines;—sagt nun
an, wie sich eines von diesen drei Einen in ihm selbst rein
vermannigfaltiget;—jedes ist nur Eines und kein Anderes;—eine
Einerleiheit, eine Der- Die- Das- Selbigkeit! ohne Derheit, Dieheit,
Dasheit; denn diese schlummern, mit den Der, Die, Das noch im
unendlichen = 0 des Unbestimmten, woraus alles und jedes Bestimmte auch
erst hervorgehen soll! Was bringt in jene, drei Unendlichkeiten,
Endlichkeit; was befruchtet Raum und Zeit a priori mit Zahl und Maß,
und verwandelt sie in ein reines Mannigfaltiges; was bringt die reine
Spontaneität (Ich) zur Oscillation? Wie kommt sein reiner Vokal zum
Mitlauter, oder vielmehr wie setzt sein lautloses ununterbrochenes
Blasen, sich selbst unterbrechend, ab, um wenigstens eine Art von
Selbstlaut, einen Accent zu gewinnen?"—Man sieht, Jacobi hat sehr
bestimmt das Unwesen der Abstraktion, es sey nun sogenannter absoluter
d. i. nur abstrakter Raum, oder ebensolche Zeit, oder ebensolches
reines Bewußtseyn, Ich, erkannt; er beharrt darin zu dem Behuf, die
Unmöglichkeit eines Fortgangs zu Anderem, der Bedingung einer
Synthesis, und zur Synthesis selbst zu behaupten. Die Synthesis, welche
das Interesse ausmacht, muß nicht als eine Verknüpfung von äußerlich
schon vorhandenen Bestimmungen genommen werden,—Theils ist es selbst um
die Erzeugung eines Zweiten zu einem Ersten, eines Bestimmten zum
unbestimmten Anfänglichen zu thun; Theils aber um die immanente
Synthesis, Synthesis a priori,—an und für sich seyende Einheit des
Unterschiedenen. Werden ist diese immanente Synthesis des Seyns und
Nichts; aber weil der Synthesis der Sinn von einem äußerlichen
Zusammenbringen äußerlich gegeneinander Vorhandener am nächsten liegt,
ist mit Recht der Name Synthesis, synthetische Einheit außer Gebrauch
gesetzt worden.—Jacobi fragt, wie kommt der reine Vokal des Ich zum
Mitlauter, was bringt Bestimmtheit in die Unbestimmtheit—das was? wäre
leicht beantwortet, und von Kant ist diese Frage auf seine Weise
beantwortet worden; aber die Frage nach dem Wie? heißt: auf welche Art
und Weise, nach welchem Verhältniß und dergleichen, und verlangt so die
Angabe einer besondern Kategorie; aber von Art und Weise,
Verstandes-Kategorien kann hierbei nicht die Rede seyn. Die Frage nach
dem wie? gehört selbst zu den übeln Manieren der Reflexion, welche nach
der Begreiflichkeit frägt, aber dabei ihre festen Kategorien
voraussetzt, und damit zum Voraus gegen die Beantwortung dessen, nach
was sie fragt, sich gewaffnet weiß. Den höheren Sinn einer Frage nach
der Nothwendigkeit der Synthese hat sie bei Jacobi auch nicht, denn er
bleibt, wie gesagt, fest in den Abstraktionen beharren, für die
Behauptung der Unmöglichkeit der Synthese. Insbesondere anschaulich
beschreibt er (S. 147) die Procedur zur Abstraktion des Raumes zu
gelangen. "Ich muß für so lange rein zu vergessen suchen, daß ich je
irgend etwas sah, hörte, rührte und berührte, mich selbst ausdrücklich
nicht ausgenommen. Rein, rein, rein vergessen muß ich alle Bewegung,
und mir gerade dieß Vergessen, weil es das schwerste ist, am
angelegentlichsten seyn lassen. Alles überhaupt muß ich, so wie ich es
weggedacht habe, auch ganz und vollkommen weggeschafft seyn lassen, und
gar nichts übrig behalten, als die mit Gewalt stehen gebliebene
Anschauung allein des unendlichen unveränderlichen Raums. Ich darf mich
daher auch nicht selbst als etwas von ihm Unterschiedenes und
gleichwohl mit ihm Verbundenes, wieder in ihn hineindenken; ich darf
mich nicht von ihm bloß umgeben und durchdringen lassen; sondern ich
muß ganz übergehen in ihn, Eins mit ihm werden, mich in ihn verwandeln;
ich muß von mir selbst nichts übrig lassen, als diese meine Anschauung
selbst, um sie als eine wahrhaft selbstständige, unabhängige, Einig-
und Alleinige Vorstellung zu betrachten."

Bei dieser ganz abstrakten Reinheit der Kontinuität, d. i.
Unbestimmtheit und Leerheit des Vorstellens ist es gleichgültig, diese
Abstraktion Raum zu nennen, oder reines Anschauen, reines Denken;—es
ist alles dasselbe, was der Inder, wenn er äußerlich bewegungslos, und
ebenso in Empfindung, Vorstellung, Phantasie, Begierde u.s.f.
regungslos jahrelang nur auf die Spitze seiner Nase sieht, nur Om, Om,
Om innerlich in sich, oder gar Nichts spricht, —Brahma nennt. Dieses
dumpfe, leere Bewußtseyn ist, als Bewußtseyn aufgefaßt,—das Seyn.

In diesem Leeren, sagt nun Jacobi weiter, widerfahre ihm das Gegentheil
von dem, was kantischer Versicherung gemäß, ihm widerfahren sollte; er
finde sich nicht als ein Vieles und Mannigfaltiges, vielmehr als Eines
ohne alle Vielheit und Mannigfaltigkeit; ja, "ich bin die Unmöglichkeit
selbst, bin die Vernichtung alles Mannigfaltigen und Vielen,—kann aus
meinem reinen, schlechterdings einfachen, unveränderlichen Wesen auch
nicht das Mindeste wieder herstellen oder in mich hinein
gespenstern;—so offenbart sich in dieser Reinheit, alles Außerund
Nebeneinanderseyn, alle hierauf beruhende Mannigfaltigkeit und
Vielheit, als ein rein Unmögliches."

Diese Unmöglichkeit heißt nichts anders als die Tautologie, ich halte
an der abstrakten Einheit fest und schließe alle Vielheit und
Mannigfaltigkeit aus, halte mich im Unterschiedslosen und Unbestimmten,
und sehe weg von allem Unterschiedenen und Bestimmten. Die kantische
Synthesis a priori des Selbstbewußtseyns, das ist, die Thätigkeit
dieser Einheit, sich zu dirimiren und in dieser Diremtion sich selbst
zu erhalten, verdünnt sich Jacobi zu derselben Abstraktion. Jene
"Synthesis an sich", das "ursprüngliche Urtheilen," macht er einseitig
zu "der Kopula an sich;—ein Ist, Ist, Ist, ohne Anfang und Ende und
ohne Was, Wer und Welche; dieses ins Unendliche fortgehende Wiederholen
der Wiederholung ist die alleinige Geschäftigkeit, Funktion und
Produktion der allerreinsten Synthesis; sie selbst ist das bloße,
reine, absolute Wiederholen selbst." Oder in der That, da kein Absatz,
d. i. keine Negation, Unterscheiden darin ist, so ist sie nicht ein
Wiederholen, sondern nur das ununterschiedene einfache Seyn.—Aber ist
dieß denn noch Synthesis, wenn Jacobi gerade das wegläßt, wodurch die
Einheit synthetische Einheit ist?

Zunächst, wenn Jacobi sich so in dem absoluten d. h. abstrakten Raum,
Zeit, auch Bewußtseyn festsetzt, ist zu sagen, daß er sich auf diese
Weise in etwas empirisch-Falsches versetzt und festhält; es giebt d. h.
empirisch vorhanden ist kein Raum und Zeit, die ein unbegrenztes
Räumliches und Zeitliches wären, nicht in ihrer Kontinuität von
mannigfaltig begrenztem Daseyn und Veränderung erfüllt wären, so daß
diese Grenzen und Veränderungen ungetrennt und untrennbar der
Räumlichkeit und Zeitlichkeit angehören; ebenso ist das Bewußtseyn mit
bestimmtem Empfinden, Vorstellen, Begehren u.s.f. erfüllt; es existirt
ungetrennt von irgend einem besonderen Inhalt.—Das empirische Übergehen
versteht sich ohnehin von selbst; das Bewußtseyn kann sich wohl den
leeren Raum, leere Zeit und das leere Bewußtseyn selbst, oder das reine
Seyn, zum Gegenstand und Inhalt machen; aber es bleibt nicht dabei,
sondern geht nicht nur, sondern drängt sich aus solcher Leerheit hinaus
zu einem besseren, d. i. auf irgend eine Weise konkreteren Inhalt, und
so schlecht ein Inhalt sonst sey, so ist er insofern besser und wahrer;
eben ein solcher Inhalt ist ein synthetischer überhaupt; synthetisch in
allgemeinerem Sinne genommen. So bekommt Parmenides mit dem Scheine und
der Meinung, dem Gegentheil des Seyns und der Wahrheit, zu thun; so
Spinoza mit den Attributen, den Modis, der Ausdehnung, Bewegung, dem
Verstande, Willen u.s.f. Die Synthesis enthält und zeigt die Unwahrheit
jener Abstraktionen, in ihr sind sie in Einheit mit ihrem Anderen, also
nicht als für sich bestehende, nicht als absolute, sondern schlechthin
als relative.

Das Aufzeigen der empirischen Nichtigkeit des leeren Raums u.s.f. aber
ist es nicht, um das es zu thun ist. Das Bewußtseyn kann sich
abstrahirend allerdings auch mit jenem Unbestimmten erfüllen, und die
festgehaltenen Abstraktionen sind die Gedanken von reinem Raum, Zeit,
reinen Bewußtseyn, reinem Seyn. Der Gedanke des reinen Raums u.s.f. d.
i. der reine Raum u.s.f. an ihm selbst soll als nichtig aufgezeigt
werden, d. i. daß er als solcher schon sein Gegentheil, daß an ihm
selbst schon sein Gegentheil in ihn eingedrungen, er schon für sich das
Herausgegangenseyn aus sich selbst, Bestimmtheit, sey.

Dieß ergiebt sich aber unmittelbar an ihnen. Sie sind, was Jacobi
reichlich beschreibt, Resultate der Abstraktion, sind ausdrücklich als
Unbestimmte bestimmt, was—um zu seiner einfachsten Form zurückzugehen,
das Seyn ist. Eben diese Unbestimmtheit ist aber das, was die
Bestimmtheit desselben ausmacht; denn die Unbestimmtheit ist der
Bestimmtheit entgegengesetzt; sie ist somit als Entgegengesetztes
selbst das Bestimmte, oder Negative, und zwar das reine, ganz abstrakt
Negative. Diese Unbestimmtheit oder abstrakte Negation, welche so das
Seyn an ihm selbst hat, ist es, was die äußere wie die innere Reflexion
ausspricht, indem sie es dem Nichts gleich setzt, es für ein leeres
Gedankending, für Nichts erklärt.—Oder kann man sich ausdrücken, weil
das Seyn das Bestimmungslose ist, ist es nicht die (affirmative)
Bestimmtheit, die es ist, nicht Seyn, sondern Nichts.

In der reinen Reflexion des Anfangs, wie er in dieser Logik mit dem
Seyn als solchem gemacht wird, ist der Übergang noch verborgen; weil
das Seyn nur als unmittelbar gesetzt ist, bricht das Nichts an ihm nur
unmittelbar hervor. Aber alle folgenden Bestimmungen, wie gleich das
Daseyn, sind konkreter; es ist an diesem das schon gesetzt, was den
Widerspruch jener Abstraktionen und daher ihr Übergehen enthält und
hervorbringt. Beim Seyn als jenem Einfachen, Unmittelbaren wird die
Erinnerung, daß es Resultat der vollkommenen Abstraktion, also schon
von daher abstrakte Negativität, Nichts, ist, hinter der Wissenschaft
zurückgelassen, welchem innerhalb ihrer selbst, ausdrücklich vom Wesen
aus, jene einseitige Unmittelbarkeit als eine Vermittelte darstellen
wird, wo das Seyn als Existenz und das Vermittelnde dieses Seyns, der
Grund, gesetzt ist.

Mit jener Erinnerung läßt sich der Übergang von Seyn in Nichts als
etwas selbst leichtes und triviales so vorstellen oder auch, wie man es
nennt, erklären und begreiflich machen, daß Freilich das Seyn, welches
zum Anfang der Wissenschaft gemacht worden, Nichts sey, denn man könne
von Allem abstrahiren, und wenn von Allem abstrahirt worden, so bleibe
Nichts übrig. Aber, kann man fortfahren, somit sey der Anfang nicht ein
Affirmatives, nicht Seyn, sondern eben Nichts, und Nichts sey dann auch
das Ende, wenigstens sosehr als das unmittelbare Seyn und selbst noch
vielmehr. Das Kürzeste ist solches Raisonniren gewähren zu lassen und
zuzusehen, wie denn die Resultate beschaffen sind, auf welche es pocht.
Daß hiernach das Nichts das Resultat jenes Raisonnements wäre, und nun
der Anfang mit Nichts (wie in chinesischer Philosophie) gemacht werden
sollte, so wäre darum nicht die Hand umzukehren, denn ehe man sie
umkehrte, hätte sich ebenso sehr dieß Nichts in Seyn verkehrt, (s.
oben: B. Nichts). Aber ferner wenn jene Abstraktion von Allem, welches
Alles denn doch Seyendes ist, vorausgesetzt wäre, so ist sie genauer zu
nehmen; das Resultat der Abstraktion von allem Seyenden ist zunächst
abstraktes Seyn, Seyn überhaupt; wie im kosmologischen Beweise vom
Daseyn Gottes aus dem zufälligen Seyn der Welt, über welches sich darin
erhoben wird, noch das Seyn mit hinaufgebracht, das Seyn zum
unendlichen Seyn bestimmt wird. Es kann aber allerdings auch von diesem
reinen Seyn abstrahirt, das Seyn noch zu dem Allem, wovon bereits
abstrahirt worden, geschlagen werden; dann bleibt Nichts. Man kann nun,
wenn man das Denken des Nichts, d.i. sein Umschlagen in Seyn vergessen
will oder nichts davon wüßte, im Style jenes Könnens fortfahren; es
kann nämlich (Gottlob!) auch vom Nichts abstrahirt werden (wie denn
auch die Schöpfung der Welt eine Abstraktion vom Nichts ist) und dann
bleibt nicht Nichts, denn eben von diesem wird abstrahirt, sondern man
ist so wieder im Seyn angekommen.—dieß Können giebt ein äußerliches
Spiel des Abstrahirens, wobei das Abstrahiren selbst nur das einseitige
Thun des Negativen ist. Zunächst liegt in diesem Können selbst, daß ihm
das Seyn so gleichgültig ist als das Nichts, und daß so sehr jedes von
Beiden verschwindet, ebenso sehr jedes auch entsteht; aber ebenso
gleichgültig ist es, ob vom Thun des Nichts, oder dem Nichts
ausgegangen wird; das Thun des Nichts, d. i. das bloße Abstrahiren ist
nicht mehr noch weniger etwas Wahrhaftes als das bloße Nichts.

Die Dialektik, nach welcher Plato das Eine im Parmenides behandelt, ist
gleichfalls mehr für eine Dialektik der äußern Reflexion zu achten. Das
Seyn und das Eine sind beides Eleatische Formen, die Dasselbe sind.
Aber sie sind auch zu unterscheiden, so nimmt sie Plato in jenem
Dialoge. Nachdem er von dem Einen die mancherlei Bestimmungen von
Ganzen und Theilen, in sich selbst, in einem anderen seyn u.s.f. von
Figur, Zeit u.s.f. entfernt, so ist das Resultat, daß dem Einen das
Seyn nicht zukomme, denn anders komme einem Etwas das Seyn nicht zu,
als nach einer jener Weisen (p. 141 e. Vol. III. ed. Steph.). Hierauf
behandelt Plato den Satz: das Eine ist; und es ist bei ihm nachzusehen,
wie von diesem Satze aus der Übergang zu dem Nichtseyn des Einen
bewerkstelligt wird; es geschieht durch die Vergleichung der beiden
Bestimmungen des vorausgesetzten Satzes: das Eine ist; er enthält das
Eine und das Seyn; und das Eine ist enthält mehr, als wenn man nur
sagt: das Eine. Darin daß sie verschieden sind, wird das Moment der
Negation, das der Satz enthält, aufgezeigt. Es erhellt, daß dieser Weg
eine Voraussetzung hat, und eine äußere Reflexion ist.

Wie hier das Eine mit dem Seyn in Verbindung gesetzt ist, wird das
Seyn, welches abstrakt für sich festgehalten werden soll am
einfachsten, ohne sich in das Denken einzulassen, in einer Verbindung
aufgezeigt, die das Gegentheil dessen enthält, was behauptet werden
soll. Das Seyn, wie es unmittelbar ist, genommen gehört einem Subjekte
an, ist ein ausgesprochenes, hat ein empirisches Daseyn überhaupt, und
steht damit im Boden der Schranke und des Negativen. In welchen
Ausdrücken oder Wendungen der Verstand sich fasse, wenn er sich gegen
die Einheit des Seyns und Nichts sträubt, und sich auf das, was
unmittelbar vorhanden sey, beruft, wird er eben in dieser Erfahrung
selbst nichts als bestimmtes Seyn, Seyn mit einer Schranke oder
Negation,—jene Einheit finden, die er verwirft. Die Behauptung des
unmittelbaren Seyns reducirt sich so auf eine empirische Existenz,
deren Aufzeigen sie nicht verwerfen kann, weil es die Unmittelbarkeit
außerhalb des Denkens ist, an die sie sich halten will.

Dasselbe ist der Fall mit dem Nichts, nur auf entgegengesetzte Weise,
und diese Reflexion ist bekannt und oft genug über dasselbe gemacht
worden. Das Nichts zeigt sich in seiner Unmittelbarkeit genommen als
seyend; denn seiner Natur nach ist es dasselbe als das Seyn. Das Nichts
wird gedacht, vorgestellt, es wird von ihm gesprochen; es ist also; das
Nichts hat an dem Denken, Vorstellen, Sprechen, u.s.f. sein Seyn. Dieß
Seyn ist aber ferner, auch von ihm unterschieden; es wird daher gesagt,
daß das Nichts zwar im Denken, Vorstellen ist, aber daß darum nicht es
ist, nicht ihm als solchem das Seyn zukomme, daß nur Denken oder
Vorstellen dieses Seyn ist. Bei diesem Unterscheiden ist eben so sehr
nicht zu läugnen, daß das Nichts in Beziehung auf ein Seyn steht; aber
in der Beziehung, ob sie gleich auch den Unterschied enthält, ist eine
Einheit mit dem Seyn vorhanden. Auf weiche Weise das Nichts
ausgesprochen oder aufgezeigt werde, zeigt es sich in Verbindung oder
wenn man will Berührung mit einem Seyn, ungetrennt von einem Seyn, eben
in einem Daseyn.

Indem aber so das Nichts in einem Daseyn aufgezeigt wird, pflegt noch
dieser Unterschied desselben vom Seyn vorzuschweben, daß das Daseyn des
Nichts durchaus nichts ihm selbst zukommendes sey, daß es nicht das
Seyn für sich selbst an ihm habe, es nicht das Seyn als solches sey;
das Nichts sey nur Abwesenheit des Seyns, die Finsterniß so nur
Abwesenheit des Lichts, die Kälte nur Abwesenheit der Wärme u.s.f.
Finsterniß habe nur Bedeutung in Beziehung auf das Auge, in äußerer
Vergleichung mit dem Positiven, dem Lichte, ebenso Kälte sey nur Etwas
in unserer Empfindung, Licht, Wärme, wie Seyn, hingegen seyen für sich
das Objektive, Reale, Wirksame, von schlechthin anderer Qualität und
Würde, als jene Negativen, als Nichts. Man kann es häufig als eine sehr
wichtige Reflexion und bedeutende Erkenntniß aufgeführt finden, daß
Finsterniß nur Abwesenheit des Lichts, Kälte nur Abwesenheit der Wärme
sey. Über diese scharfsinnige Reflexion kann in diesem Felde von
empirischen Gegenständen empirisch bemerkt werden, daß die Finsterniß
sich im Lichte allerdings wirksam zeigt, indem sie dasselbe zur Farbe
bestimmt und ihm selbst dadurch erst Sichtbarkeit ertheilt, indem wie
früher gesagt, im reinen Lichte ebenso wenig gesehen wird, als in der
reinen Finsterniß. Die Sichtbarkeit ist aber Wirksamkeit im Auge, an
der jenes Negative ebenso viel Antheil hat, als das für das Reale,
Positive geltende Licht; ebenso giebt sich die Kälte dem Wasser,
unserer Empfindung u.s. f. genugsam zu erkennen, und wenn wir ihr
sogenannte objektive Realität absprechen, so ist damit durchaus nichts
gegen sie gewonnen. Aber ferner wäre zu rügen, daß hier gleichfalls,
wie oben, von einem Negativen von bestimmtem Inhalte gesprochen wird,
nicht beim Nichts selbst stehen geblieben wird, dem das Seyn an leerer
Abstraktion nicht nachsteht, noch etwas voraus hat.—Allein Kälte,
Finsterniß und dergleichen bestimmte Negationen sind sogleich für sich
zu nehmen, und es ist zu sehen, was damit in Rücksicht ihrer
allgemeinen Bestimmung, nach der sie hierher gebracht werden, gesetzt
ist. Sie sollen nicht das Nichts überhaupt, sondern das Nichts vom
Licht, Wärme u.s.f. von etwas Bestimmten, einem Inhalte seyn; so sind
sie bestimmte, inhaltige Nichts, wenn man so sagen kann. Aber eine
Bestimmtheit ist, wie noch weiter hin vorkommt, selbst eine Negation;
so sind sie negative Nichts; aber ein negatives Nichts ist etwas
Affirmatives. Das Umschlagen des Nichts durch seine Bestimmtheit (die
vorhin als ein Daseyn im Subjekte, oder in sonst was es sey, erschien)
in ein Affirmatives, erscheint dem Bewußtseyn, das in der
Verstandes-Abstraktion feststeht, als das paradoxeste, so einfach die
Einsicht ist, oder auch wegen ihrer Einfachheit selbst erscheint die
Einsicht, daß die Negation der Negation Positives ist, als etwas
Triviales, auf welches der stolze Verstand daher nicht zu achten
brauche, obgleich die Sache ihre Richtigkeit habe,—und sie hat nicht
nur diese Richtigkeit, sondern um der Allgemeinheit solcher
Bestimmungen willen ihre unendliche Ausdehnung und allgemeine
Anwendung, so daß wohl darauf zu achten wäre.

Noch kann über die Bestimmung des Übergangs von Seyn und Nichts in
einander bemerkt werden, daß derselbe eben so ohne weitere
Reflexionsbestimmung aufzufassen ist. Er ist unmittelbar und ganz
abstrakt, um der Abstraktion der übergehenden Momente willen, d. i.
indem an diesen Momenten noch nicht die Bestimmtheit des anderen
gesetzt ist, vermittelst dessen sie übergingen; das Nichts ist am Seyn
noch nicht gesetzt, ob zwar Seyn wesentlich Nichts ist, und umgekehrt.
Es ist daher unzulässig, weiters bestimmte Vermittelungen hier
anzuwenden, und Seyn und Nichts in irgend einem Verhältnisse zu
fassen,—jenes Übergehen ist noch kein Verhältniß. Es ist also
unstatthaft zu sagen: Das Nichts ist der Grund vom Seyn; oder Seyn ist
der Grund von Nichts;—das Nichts Ursache vom Seyn u.s.f.; oder es kann
nur unter der Bedingung in das Nichts übergegangen werden, daß etwas
ist, oder in das Seyn nur unter der Bedingung des Nichtseyns. Die Art
der Beziehung kann nicht weiter bestimmt seyn, ohne daß zugleich die
bezogenen Seiten weiter bestimmt würden. Der Zusammenhang von Grund und
Folge u.s.f. hat nicht mehr das bloße Seyn und Nichts zu den Seiten,
die er verbindet, sondern ausdrücklich Seyn, das Grund ist, und etwas,
das zwar nur ein gesetztes, nicht Selbstständiges sey, das aber nicht
das abstrakte Nichts ist.

Anmerkung 4.

Es geht aus dem Bisherigen hervor, welche Bewandniß es mit der
Dialektik gegen den Anfang der Welt, auch deren Untergang hat, wodurch
die Ewigkeit der Materie erwiesen werden sollte, d. i. mit der
Dialektik gegen das Werden, Entstehen oder Vergehen überhaupt. —Die
Kantische Antinomie über die Endlichkeit oder Unendlichkeit der Welt in
Raum und Zeit wird unten bei dem Begriffe der quantitativen
Unendlichkeit näher betrachtet werden.—Jene einfache gewöhnliche
Dialektik beruht auf dem Festhalten des Gegensatzes von Seyn und
Nichts. Es wird auf folgende Art bewiesen, daß kein Anfang der Welt
oder von Etwas möglich sey: Es kann nichts anfangen, weder insofern
etwas ist, noch insofern es nicht ist; denn insofern es ist, fängt es
nicht erst an; insofern es aber nicht ist, fängt es auch nicht an.
-Wenn die Welt oder Etwas angefangen haben sollte, so hätte sie im
Nichts angefangen, aber im Nichts oder das Nichts ist nicht Anfang;
denn Anfang schließt ein Seyn in sich, aber das Nichts enthält kein
Seyn. Nichts ist nur Nichts. In einem Grunde, Ursache u.s.w. wenn das
Nichts so bestimmt wird, ist eine Affirmation, Seyn enthalten. —Aus
demselben Grunde kann auch Etwas nicht aufhören. Denn so müßte das Seyn
das Nichts enthalten, Seyn aber ist nur Seyn, nicht das Gegentheil
seiner selbst.

Es erhellt, daß hierin gegen das Werden, oder Anfangen und Aufhören,
diese Einheit des Seyns und Nichts, nichts vorgebracht wird, als sie
assertorisch zu läugnen, und dem Seyn und Nichts, jedem getrennt von
dem andern, Wahrheit zuzuschreiben.—Diese Dialektik ist jedoch
wenigstens konsequenter als das reflektirende Vorstellen. Ihm gilt es
für vollkommene Wahrheit, daß Seyn und Nichts nur getrennt seyen; auf
der anderen Seite aber läßt es ein Anfangen und Aufhören als eben so
wahrhafte Bestimmungen gelten; in diesen aber nimmt es die
Ungetrenntheit des Seyns und Nichts faktisch an.

Bei der Voraussetzung der absoluten Geschiedenheit des Seyns vom
Nichts, ist—was man so oft hört—der Anfang oder das Werden allerdings
etwas Unbegreifliches; denn man macht eine Voraussetzung, welche den
Anfang oder das Werden aufhebt, das man doch wieder zugibt, und dieser
Widerspruch, den man selbst setzt und dessen Auflösung unmöglich macht,
heißt das Unbegreifliche.

Das Angeführte ist auch dieselbe Dialektik, die der Verstand gegen den
Begriff braucht, den die höhere Analysis von den unendlich-kleinen
Größen giebt. Von diesem Begriffe wird weiter unten ausführlicher
gehandelt.—Diese Größen sind als solche, bestimmt worden, die in ihrem
Verschwinden sind, nicht vor ihrem Verschwinden, denn als dann sind sie
endliche Größen;—nicht nach ihrem Verschwinden, denn alsdann sind sie
nichts. Gegen diesen reinen Begriff ist eingewendet und immer
wiederholt worden, daß solche Größen entweder Etwas seyen, oder Nichts;
daß es keinen Mittelzustand (Zustand ist hier ein unpassender,
barbarischer Ausdruck) zwischen Seyn und Nichtseyn gebe.—Es ist hierbei
gleichfalls die absolute Trennung des Seyns und Nichts angenommen.
Dagegen ist aber gezeigt worden, daß Seyn und Nichts in der That
dasselbe sind, oder um in jener Sprache zu sprechen, daß es gar nichts
giebt, das nicht ein Mittelzustand zwischen Seyn und Nichts ist. Die
Mathematik hat ihre glänzendsten Erfolge der Annahme jener Bestimmung,
welcher der Verstand widerspricht, zu danken.

Das angeführte Raisonnement, das die falsche Voraussetzung der
absoluten Getrenntheit des Seyns und Nichtseyns macht, und bei
derselben stehen bleibt, ist nicht Dialektik, sondern Sophisterei zu
nennen. Denn Sophisterei ist ein Raisonnement aus einer grundlosen
Voraussetzung, die man ohne Kritik und unbesonnen gelten läßt;
Dialektik aber nennen wir die höhere vernünftige Bewegung, in welche
solche schlechthin getrennt scheinende, durch sich selbst, durch das,
was sie sind, in einander übergehen, die Voraussetzung sich aufhebt. Es
ist die dialektische immanente Natur des Seyns und Nichts selbst, daß
sie ihre Einheit, das Werden, als ihre Wahrheit zeigen.

2. Momente des Werdens.

Das Werden, Entstehen und Vergehen, ist die Ungetrenntheit des Seyns
und Nichts; nicht die Einheit, welche vom Seyn und Nichts abstrahirt;
sondern als Einheit des Seyns und Nichts ist es diese bestimmte
Einheit, oder in welcher sowohl Seyn als Nichts ist. Aber indem Seyn
und Nichts, jedes ungetrennt von seinem Anderen ist, ist es nicht. Sie
sind also in dieser Einheit, aber als verschwindende, nur als
Aufgehobene. Sie sinken von ihrer zunächst vorgestellten
Selbstständigkeit zu Momenten herab, noch unterschiedenen, aber
zugleich aufgehobenen.

Nach dieser ihrer Unterschiedenheit sie aufgefaßt, ist jedes in
derselben als Einheit mit dem Anderen. Das Werden enthält also Seyn und
Nichts als zwei solche Einheiten, deren jede selbst Einheit des Seyns
und Nichts ist; die eine das Seyn als unmittelbar und als Beziehung auf
das Nichts; die andere das Nichts als unmittelbar und als Beziehung auf
das Seyn; die Bestimmungen sind in ungleichem Werthe in diesen
Einheiten.

Das Werden ist auf diese Weise in gedoppelter Bestimmung; in der einen
ist das Nichts als unmittelbar, d. i. sie ist anfangend vom Nichts, das
sich auf das Seyn bezieht, das heißt, in dasselbe übergeht, in der
anderen ist das Seyn als unmittelbar d. i. sie ist anfangend vom Seyn,
das in das Nichts übergeht,—Entstehen und Vergehen.

Beide sind dasselbe, Werden, und auch als diese so unterschiedenen
Richtungen durchdringen und paralysiren sie sich gegenseitig. Die eine
ist Vergehen; Seyn geht in Nichts über, aber Nichts ist eben so sehr
das Gegentheil seiner selbst, Übergehen in Seyn, Entstehen. Dieß
Entstehen ist die andere Richtung; Nichts geht in Seyn über, aber Seyn
hebt ebenso sehr sich selbst auf und ist vielmehr das Übergehen in
Nichts, ist Vergehen.—Sie heben sich nicht gegenseitig, nicht das eine
äußerlich das andere auf; sondern jedes hebt sich an sich selbst auf
und ist an ihm selbst das Gegentheil seiner.

3. Aufheben des Werdens.

Das Gleichgewicht, worein sich Entstehen und Vergehen setzen, ist
zunächst das Werden selbst. Aber dieses geht eben so in ruhige Einheit
zusammen. Seyn und Nichts sind in ihm nur als verschwindende; aber das
Werden als solches ist nur durch die Unterschiedenheit derselben. Ihr
Verschwinden ist daher das Verschwinden des Werdens, oder Verschwinden
des Verschwindens selbst. Das Werden ist eine haltungslose Unruhe, die
in ein ruhiges Resultat zusammensinkt.

Dieß könnte auch so ausgedrückt werden: Das Werden ist das Verschwinden
von Seyn in Nichts, und von Nichts in Seyn, und das Verschwinden von
Seyn und Nichts überhaupt; aber es beruht zugleich auf dem Unterschiede
derselben. Es widerspricht sich also in sich selbst, weil es solches in
sich vereint, das sich entgegengesetzt ist; eine solche Vereinigung
aber zerstört sich.

Dieß Resultat ist das Verschwundenseyn, aber nicht als Nichts; so wäre
es nur ein Rückfall in die eine der schon aufgehobenen Bestimmungen,
nicht Resultat des Nichts und des Seyns. Es ist die zur ruhigen
Einfachheit gewordene Einheit des Seyns und Nichts. Die ruhige
Einfachheit aber ist Seyn, jedoch ebenso, nicht mehr für sich, sondern
als Bestimmung des Ganzen.

Das Werden so Übergehen in die Einheit des Seyns und Nichts, welche als
seyend ist, oder die Gestalt der einseitigen unmittelbaren Einheit
dieser Momente hat, ist das Daseyn.

Anmerkung.

Aufheben und das Aufgehobene (das Ideelle) ist einer der wichtigsten
Begriffe der Philosophie, eine Grundbestimmung, die schlechthin
allenthalben wiederkehrt, deren Sinn bestimmt aufzufassen und besonders
vom Nichts zu unterscheiden ist.—Was sich aufhebt, wird dadurch nicht
zu Nichts. Nichts ist das Unmittelbare; ein Aufgehobenes dagegen ist
ein Vermitteltes, es ist das Nichtseyende, aber als Resultat, das von
einem Seyn ausgegangen ist; es hat daher die Bestimmtheit aus der es
herkommt, noch an sich.

Aufheben hat in der Sprache den gedoppelten Sinn, daß es so viel als
aufbewahren, erhalten bedeutet, und zugleich so viel als aufhören
lassen, ein Ende machen. Das Aufbewahren selbst schließt schon das
Negative in sich, daß etwas seiner Unmittelbarkeit und damit einem den
äußerlichen Einwirkungen offenen Daseyn entnommen wird, um es zu
erhalten.—So ist das Aufgehobene ein zugleich Aufbewahrtes, das nur
seine Unmittelbarkeit verloren hat, aber darum nicht vernichtet ist.
—Die angegebenen zwei Bestimmungen des Aufhebens können lexikalisch als
zwei Bedeutungen dieses Wortes aufgeführt werden. Auffallend müßte es
aber dabei seyn, daß eine Sprache dazu gekommen ist, ein und dasselbe
Wort für zwei entgegengesetzte Bestimmungen zu gebrauchen. Für das
spekulative Denken ist es erfreulich, in der Sprache Wörter zu finden
welche eine spekulative Bedeutung an ihnen selbst haben; die deutsche
Sprache hat mehrere dergleichen. Der Doppelsinn des lateinischen:
tollere (der durch den ciceronianischen Witz tollendum esse Octavium,
berühmt geworden) geht nicht so weit, die affirmative Bestimmung geht
nur bis zum Emporheben. Etwas ist nur insofern aufgehoben, als es in
die Einheit mit seinem Entgegengesetzten getreten ist; in dieser nähern
Bestimmung als ein reflektirtes kann es passend Moment genannt werden.
Gewicht und Entfernung von einem Punkt heißen beim Hebel, dessen
mechanische Momente, um der Dieselbigkeit ihrer Wirkung willen bei
aller sonstigen Verschiedenheit eines Reellen, wie das ein Gewicht ist,
und eines Ideellen, der bloßen räumlichen Bestimmung, der Linie; s.
Encykl. der philos. Wissenschaft 3te Ausg. § 261. Anm.—Noch öfter wird
die Bemerkung sich aufdringen, daß die philosophische Kunstsprache für
reflektirte Bestimmungen lateinische Ausdrücke gebraucht, entweder weil
die Muttersprache keine Ausdrücke dafür hat, oder wenn sie deren hat,
wie hier, weil ihr Ausdruck mehr an das Unmittelbare, die fremde
Sprache aber mehr an das Reflektirte erinnert.

Der nähere Sinn und Ausdruck, den Seyn und Nichts, indem sie nunmehr
Momente sind, erhalten, hat sich bei der Betrachtung des Daseyns, als
der Einheit, in der sie aufbewahrt sind, zu ergeben. Seyn ist Seyn, und
Nichts ist Nichts nur in ihrer Unterschiedenheit von einander; in ihrer
Wahrheit aber, in ihrer Einheit, sind sie als diese Bestimmungen
verschwunden, und sind nun etwas anderes. Seyn und Nichts sind
dasselbe; darum weil sie dasselbe sind, sind sie nicht mehr Seyn und
Nichts, und haben eine verschiedene Bestimmung; im Werden waren sie
Entstehen und Vergehen; im Daseyn als einer anders bestimmten Einheit
sind sie wieder anders bestimmte Momente. Diese Einheit bleibt nun ihre
Grundlage, aus der sie nicht mehr zur abstrakten Bedeutung von Seyn und
Nichts heraustreten.



Zweites Kapitel. Das Daseyn.


Daseyn ist bestimmtes Seyn; seine Bestimmtheit ist seyende
Bestimmtheit, Qualität. Durch seine Qualität ist Etwas gegen ein
Anderes, ist veränderlich und endlich, nicht nur gegen ein Anderes,
sondern an ihm schlechthin negativ bestimmt. Diese seine Negation dem
endlichen Etwas zunächst gegenüber ist das Unendliche; der abstrakte
Gegensatz, in welchem diese Bestimmungen erscheinen, löst sich in die
gegensatzlose Unendlichkeit, in das Fürsichseyn auf.

Die Abhandlung des Daseyns hat so die drei Abtheilungen:

A. das Daseyn als solches,

B. Etwas und Anderes, die Endlichkeit,

C. die qualitative Unendlichkeit.

A. Daseyn als solches.

An dem Daseyn

a. als solchem, ist zunächst seine Bestimmtheit

b. als Qualität zu unterscheiden. Diese aber ist sowohl in der einen
als in der anderen Bestimmung des Daseyns zu nehmen, als Realität und
als Negation. Aber in diesen Bestimmtheiten ist Daseyn eben so sehr in
sich reflektirt; und als solches gesetzt ist es

c. Etwas, Daseyendes.

a. Daseyn überhaupt.

Aus dem Werden geht das Daseyn hervor. Das Daseyn ist das einfache
Einsseyn des Seyns und Nichts. Es hat um dieser Einfachheit willen, die
Form von einem Unmittelbaren. Seine Vermittelung, das Werden, liegt
hinter ihm; sie hat sich aufgehoben, und das Daseyn erscheint daher als
ein erstes, von dem ausgegangen werde. Es ist zunächst in der
einseitigen Bestimmung des Seyns, die andere, die es enthält, das
Nichts, wird sich gleichfalls an ihm hervorthun, gegen jene.

Es ist nicht bloßes Seyn, sondern Daseyn; etymologisch genommen Seyn an
einem gewissen Orte; aber die Raumvorstellung gehört nicht hierher.
Daseyn ist, nach seinem Werden, überhaupt Seyn mit einem Nichtseyn, so
daß dieß Nichtseyn in einfache Einheit mit dem Seyn aufgenommen ist.
Das Nichtseyn so in das Seyn aufgenommen, daß das konkrete Ganze in der
Form des Seyns, der Unmittelbarkeit ist, macht die Bestimmtheit als
solche aus.

Das Ganze ist gleichfalls in der Form d. i. Bestimmtheit des Seyns,
denn Seyn hat im Werden sich gleichfalls nur ein Moment zu seyn
gezeigt,—ein aufgehobenes, negativ bestimmtes; aber so ist es für uns
in unserer Reflexion, noch nicht gesetzt an ihm selbst. Aber die
Bestimmtheit des Daseyns als solche ist die gesetzte, die auch im
Ausdruck Daseyn liegt.—Beides ist immer sehr wohl von einander zu
unterscheiden; nur das, was gesetzt ist an einem Begriffe, gehört in
die entwickelnde Betrachtung desselben, zu seinem Inhalte. Die noch
nicht an ihm selbst gesetzte Bestimmtheit aber gehört unserer
Reflexion, sie betreffe nun die Natur des Begriffes selbst, oder sie
sey äußere Vergleichung; eine Bestimmtheit der letztern Art bemerklich
zu machen kann nur zur Erläuterung oder Vorausandeutung des Ganges
dienen, der in der Entwickelung selbst sich darstellen wird. Daß das
Ganze, die Einheit des Seyns und des Nichts, in der einseitigen
Bestimmtheit des Seyns sey, ist eine äußerliche Reflexion; in der
Negation aber, im Etwas und Anderen u.s.f. wird sie dazu kommen, als
gesetzte zu seyn.—Es hat hier auf den angegebenen Unterschied
aufmerksam gemacht werden sollen; über alles aber, was die Reflexion
sich erlauben kann zu bemerken, Rechenschaft zu geben, würde in die
Weitläufigkeit führen, das zu anticipiren, was sich an der Sache selbst
ergeben muß. Wenn dergleichen Reflexionen dienen können, die Übersicht
und damit das Verständniß zu erleichtern, so führen sie wohl auch den
Nachtheil herbei, als unberechtigte Behauptungen, Gründe und Grundlagen
für das Weitere auszusehen. Man soll sie daher für nichts mehr nehmen,
als was sie seyn sollen, und sie von dem unterscheiden, was ein Moment
im Fortgange der Sache selbst ist.

Das Daseyn entspricht dem Seyn der vorigen Sphäre; das Seyn jedoch ist
das Unbestimmte, es ergeben sich deswegen keine Bestimmungen an
demselben. Aber das Daseyn ist bestimmtes Seyn, ein konkretes; es thun
sich daher sogleich mehrere Bestimmungen, unterschiedene Verhältnisse
seiner Momente an ihm auf.

b. Qualität.

Um der Unmittelbarkeit willen, in der im Daseyn, Seyn und Nichts, Eins
sind, gehen sie nicht übereinander hinaus; so weit das Daseyn seyend
ist, so weit ist es Nichtseyn, ist es bestimmt. Das Seyn ist nicht das
Allgemeine, die Bestimmtheit nicht das Besondere. Die Bestimmtheit hat
sich noch nicht vom Seyn abgelöst; zwar wird sie sich auch nicht mehr
von ihm ablösen; denn das nunmehr zum Grunde liegende Wahre ist die
Einheit des Nichtseyns mit dem Seyn; auf ihr als dem Grunde ergeben
sich alle fernern Bestimmungen. Aber die Beziehung, in der hier die
Bestimmtheit mit dem Seyn steht, ist die unmittelbare Einheit beider,
so daß noch keine Unterscheidung derselben gesetzt ist.

Die Bestimmtheit so für sich isolirt, als seyende Bestimmtheit, ist die
Qualität;—ein ganz Einfaches, Unmittelbares. Die Bestimmtheit überhaupt
ist das Allgemeinere, das ebenso sehr auch das Quantitative, wie weiter
Bestimmte seyn kann. Um dieser Einfachheit willen ist von der Qualität
als solcher weiter nichts zu sagen.

Aber das Daseyn, in welchem ebenso wohl das Nichts als das Seyn
enthalten, ist selbst der Maßstab für die Einseitigkeit der Qualität
als nur unmittelbarer oder seyender Bestimmtheit. Sie ist ebenso sehr
in der Bestimmung des Nichts zu setzen, womit dann die unmittelbare
oder die seyende Bestimmtheit als eine unterschiedene, reflektirte
gesetzt wird, das Nichts so als das bestimmte einer Bestimmtheit, ist
ebenso ein reflektirtes, eine Verneinung. Die Qualität, so daß sie
unterschieden als seyende gelte, ist die Realität; sie als mit einer
Verneinung behaftet, Negation überhaupt, gleichfalls eine Qualität,
aber die für einen Mangel gilt, sich weiterhin als Grenze, Schranke
bestimmt.

Beide sind ein Daseyn, aber in der Realität als Qualität mit dem
Accente, eine seyende, zu seyn, ist es versteckt, daß sie die
Bestimmtheit, also auch die Negation enthält; die Realität gilt daher
nur als etwas Positives, aus welchem Verneinung, Beschränktheit, Mangel
ausgeschlossen sey. Die Negation als bloßer Mangel genommen, wäre was
Nichts ist; aber sie ist ein Daseyn, eine Qualität nur mit einem
Nichtseyn bestimmt.

Anmerkung.

Realität kann ein vieldeutiges Wort zu seyn scheinen, weil es von
verschiedenen, ja entgegengesetzten Bestimmungen gebraucht wird. Im
philosophischen Sinne wird etwa von bloß empirischer Realität als einem
werthlosen Daseyn gesprochen. Wenn aber von Gedanken, Begriffen,
Theorien gesagt wird, sie haben keine Realität, so heißt dieß, daß
ihnen keine Wirklichkeit zukomme; an sich oder im Begriffe könne die
Idee einer platonischen Republik z.B. wohl wahr seyn. Der Idee wird
hier ihr Werth nicht abgesprochen, und sie neben der Realität auch
belassen. Aber gegen sogenannte bloße Ideen, gegen bloße Begriffe gilt
das Reelle als das allein Wahrhafte.—Der Sinn, in welchem das eine Mal
dem äußerlichen Daseyn die Entscheidung über die Wahrheit eines Inhalts
zugeschrieben wird, ist ebenso einseitig, als wenn die Idee, das Wesen
oder auch die innere Empfindung als gleichgültig gegen das äußerliche
Daseyn vorgestellt und gar für um so vortrefflicher gehalten wird, je
mehr es von der Realität entfernt sey.

Bei dem Ausdrucke: Realität ist der sonstige metaphysische Begriff von
Gott, der vornehmlich dem sogenannten ontologischen Beweise vom Daseyn
Gottes zu Grunde gelegt wurde, zu erwähnen. Gott wurde als der
Inbegriff aller Realitäten bestimmt, und von diesem Inbegriffe gesagt,
daß er keinen Widerspruch in sich enthalte, daß keine der Realitäten
die andere aufhebe; denn eine Realität sey nur als eine Vollkommenheit,
als ein Affirmatives zu nehmen, das keine Negation enthalte. Somit
seyen die Realitäten sich nicht entgegengesetzt und widersprechen sich
nicht.

Bei diesem Begriffe der Realität wird angenommen, daß sie dann noch
bleibe, wenn alle Negation weggedacht werde; damit wird aber alle
Bestimmtheit derselben aufgehoben. Die Realität ist Qualität, Daseyn;
damit enthält sie das Moment des Negativen, und ist allein dadurch das
Bestimmte, das sie ist. Im sogenannten eminenten Sinne oder als
unendliche,—in der gewöhnlichen Bedeutung des Worts,—wie sie genommen
werden soll, wird sie ins Bestimmungslose erweitert, und verliert ihre
Bedeutung. Die Güte Gottes soll nicht Güte im gewöhnlichen, sondern im
eminenten Sinne, nicht verschieden von der Gerechtigkeit, sondern durch
sie temperirt seyn, (ein leibnitzischer Vermittelungs-Ausdruck) so wie
umgekehrt die Gerechtigkeit durch die Güte; so ist weder Güte mehr
Güte, noch Gerechtigkeit mehr Gerechtigkeit. Die Macht solle durch die
Weisheit temperirt seyn, aber so ist sie nicht Macht als solche, denn
sie wäre jener unterworfen,—die Weisheit solle zur Macht erweitert
seyn, aber so verschwindet sie als den Zweck und Maaß bestimmende
Weisheit. Der wahre Begriff des Unendlichen und dessen absolute
Einheit, der sich später ergeben wird, ist nicht als ein Temperiren,
gegenseitiges Beschränken oder Vermischen zu fassen, als welches eine
oberflächliche, in unbestimmtem Nebel gehaltene Beziehung ist, mit der
sich nur begriffloses Vorstellen begnügen kann.—Die Realität, wie sie
in jener Definition Gottes als bestimmte Qualität genommen wird, über
ihre Bestimmtheit hinausgeführt, hört auf Realität zu seyn; sie wird
zum abstrakten Seyn; Gott als das rein Reale in allem Realen, oder als
Inbegriff aller Realitäten, ist dasselbe Bestimmungs- und Gehaltlose,
was das leere Absolute, in dem alles Eins ist.

Wird dagegen die Realität in ihrer Bestimmtheit genommen, so wird, da
sie wesentlich das Moment des Negativen enthält, der Inbegriff aller
Realitäten ebenso sehr zu einem Inbegriffe aller Negationen, dem
Inbegriffe aller Widersprüche, zunächst etwa zur absoluten Macht, in
der alles Bestimmte absorbirt ist, aber da sie selbst nur ist, insofern
sie noch ein von ihr nicht Aufgehobenes sich gegenüber hat, so wird
sie, indem sie zur ausgeführten, schrankenlosen Macht erweitert gedacht
wird, zum abstrakten Nichts. Jenes Reale in allem Realen, das Seyn in
allem Daseyn, welches den Begriff Gottes ausdrücken soll, ist nichts
anderes, als das abstrakte Seyn, dasselbe was das Nichts ist.

Die Bestimmtheit ist die Negation als affirmativ gesetzt, ist der Satz
des Spinoza: Omnis determinatio est negatio, dieser Satz ist von
unendlicher Wichtigkeit; nur ist die Negation als solche die formlose
Abstraktion; der spekulativen Philosophie muß aber nicht Schuld gegeben
werden, daß ihr die Negation oder das Nichts ein Letztes sey; dieß ist
es ihr so wenig als die Realität das Wahrhafte.

Von diesem Satze, daß die Bestimmtheit Negation ist, ist die Einheit
der Spinozistischen Substanz, oder daß nur Eine Substanz ist,—die
nothwendige Konsequenz. Denken und Seyn oder Ausdehnung, die zwei
Bestimmungen, die Spinoza nämlich vor sich hat, mußte er in dieser
Einheit in eins setzen, denn als bestimmte Realitäten, sind sie
Negationen, deren Unendlichkeit ihre Einheit ist; nach Spinozas
Definition, wovon weiter unten, ist die Unendlichkeit von Etwas seine
Affirmation. Er begriff sie daher als Attribute, d. h. als solche, die
nicht ein besonderes Bestehen, ein An-und-für-sich-Seyn haben, sondern
nur als aufgehobene, als Momente sind; oder vielmehr sind sie ihm nicht
einmal Momente, denn die Substanz ist das in ihr selbst ganz
bestimmungslose, und die Attribute sind, wie auch die Modi,
Unterscheidungen, die ein äußerer Verstand macht.—Eben so kann die
Substantialität der Individuen, nicht gegen jenen Satz bestehen. Das
Individuum ist Beziehung auf sich dadurch, daß es allein Anderen
Grenzen setzt; aber diese Grenzen sind damit auch Grenzen seiner
selbst, Beziehungen auf Anderes, es hat sein Daseyn nicht in ihm
selbst. Das Individuum ist wohl mehr als nur das nach allen Seiten
beschränkte, aber dieß Mehr gehört in eine andere Sphäre des Begriffs;
in der Metaphysik des Seyns ist es ein schlechthin bestimmtes; und daß
ein solches, daß das Endliche als solches an und für sich sey, dagegen
macht sich die Bestimmtheit wesentlich als Negation geltend, und reißt
es in dieselbe negative Bewegung des Verstandes, welche alles in der
abstrakten Einheit, der Substanz, verschwinden läßt.

Die Negation steht unmittelbar der Realität gegenüber; weiterhin in der
eigentlichen Sphäre der reflektirten Bestimmungen, wird sie dem
Positiven entgegengesetzt, welches die auf die Negation reflektirende
Realität ist,—die Realität, an der das Negative scheint, das in der
Realität als solcher noch versteckt ist.

Die Qualität ist erst in der Rücksicht vornehmlich Eigenschaft, als sie
in einer äußerlichen Beziehung sich als immanente Bestimmung zeigt.
Unter Eigenschaften z.B. von Kräutern versteht man Bestimmungen, die
einem Etwas nicht nur überhaupt eigen sind, sondern insofern es sich
dadurch in der Beziehung auf andere auf eine eigenthümliche Weise
erhält, die fremden in ihm gesetzten Einwirkungen nicht in sich
gewähren läßt, sondern seine eigene Bestimmungen in dem Anderen,—ob es
dieß zwar nicht von sich abhält, —geltend macht. Die mehr ruhenden
Bestimmtheiten, z.B. Figur, Gestalt, nennt man dagegen nicht wohl
Eigenschaften, auch etwa nicht Qualitäten, insofern sie als
veränderlich, mit dem Seyn nicht identisch vorgestellt werden.

Die Qualirung oder Inqualirung, ein Ausdruck der Jacob-Böhmischen,
einer in die Tiefe aber in eine trübe Tiefe gehenden Philosophie,
bedeutet die Bewegung einer Qualität (der sauren, herben, feurigen u.
s.f.) in ihr selbst, insofern sie in ihrer negativen Natur (in ihrer
Qual) sich aus anderem setzt und befestigt, überhaupt die Unruhe ihrer
an ihr selbst ist, nach der sie nur im Kampfe sich hervorbringt und
erhält.

c. Etwas.

An dem Daseyn ist seine Bestimmtheit als Qualität unterschieden worden;
an dieser als daseyender ist der Unterschied,—der Realität und der
Negation. So sehr nun diese Unterschiede an dem Daseyn vorhanden sind,
so sehr sind sie auch nichtig und aufgehoben. Die Realität enthält
selbst die Negation, ist Daseyn, nicht unbestimmtes, abstraktes Seyn.
Ebenso ist die Negation Daseyn, nicht das abstraktseynsollende Nichts,
sondern hier gesetzt wie es an sich ist, als seyend, dem Daseyn
angehörig. So ist die Qualität überhaupt nicht vom Daseyn getrennt,
welches nur bestimmtes, qualitatives Seyn ist.

Dieses Aufheben der Unterscheidung ist mehr als ein bloßes Zurücknehmen
und äußeres Wieder-Weglassen derselben oder als ein einfaches
Zurückkehren zum einfachen Anfange, dem Daseyn als solchem. Der
Unterschied kann nicht weggelassen werden; denn er ist. Das Faktische,
was also vorhanden ist, ist das Daseyn überhaupt, Unterschied an ihm,
und das Aufheben dieses Unterschiedes; das Daseyn nicht als
unterschiedlos, wie Anfangs, sondern als wieder sich selbst gleich,
durch Aufheben des Unterschieds, die Einfachheit des Daseyns vermittelt
durch dieses Aufheben. Dieß Aufgehobenseyn des Unterschieds ist die
eigne Bestimmtheit des Daseyns; so ist es Insichseyn; das Daseyn ist
Daseyendes, Etwas.

Das Etwas ist die erste Negation der Negation, als einfache seyende
Beziehung auf sich. Daseyn, Leben, Denken u.s.f. bestimmt sich
wesentlich zum Daseyenden, Lebendigen, Denkenden (Ich) u.s.f. Diese
Bestimmung ist von der höchsten Wichtigkeit, um nicht bei dem Daseyn,
Leben, Denken u.s.f. auch nicht bei der Gottheit (statt Gottes), als
Allgemeinheiten stehen zu bleiben. Etwas gilt der Vorstellung mit Recht
als ein Reelles. Jedoch ist Etwas noch eine sehr oberflächliche
Bestimmung; wie Realität und Negation, das Daseyn und dessen
Bestimmtheit zwar nicht mehr die leeren: Seyn und Nichts, aber ganz
abstrakte Bestimmungen sind. Deswegen sind sie auch die gegenläufigsten
Ausdrücke, und die philosophisch nicht gebildete Reflexion gebraucht
sie am meisten, gießt ihre Unterscheidungen darein, und meint daran
etwas recht gut und fest Bestimmtes zu haben. —Das Negative des
Negativen ist als Etwas nur der Anfang des Subjekts;—das Insichseyn nur
erst ganz unbestimmt. Es bestimmt sich fernerhin zunächst als
Fürsichseyendes und sofort bis es erst im Begriff die konkrete
Intensität des Subjekts erhält. Allen diesen Bestimmungen liegt die
negative Einheit mit sich zu Grunde. Aber dabei ist die Negation als
erste, als Negation überhaupt wohl zu unterscheiden von der zweiten,
der Negation der Negation, welche die konkrete, absolute Negativität,
wie jene erste dagegen nur die abstrakte Negativität ist.

Etwas ist seyend als die Negation der Negation; denn diese ist das
Wiederherstellen der einfachen Beziehung auf sich;—aber ebenso ist
damit Etwas, die Vermittelung seiner mit sich selbst. Schon in dem
Einfachen des Etwas, dann noch bestimmter im Fürsichseyn, Subjekt u.s.
f. ist die Vermittelung seiner mit sich selbst vorhanden, bereits auch
im Werden nur die ganz abstrakte Vermittelung; die Vermittelung mit
sich ist im Etwas gesetzt, insofern es als einfaches Identisches
bestimmt ist.—Auf das Vorhandenseyn der Vermittelung überhaupt kann
gegen das Princip der behaupteten bloßen Unmittelbarkeit des Wissens,
von welcher die Vermittelung ausgeschlossen seyn solle, aufmerksam
gemacht werden; aber es bedarf weiterhin nicht besonders auf das Moment
der Vermittelung aufmerksam zu machen; denn es befindet sich überall
und allenthalben, in jedem Begriffe.

Diese Vermittelung mit sich, die Etwas an sich ist, hat nur als
Negation der Negation genommen, keine konkrete Bestimmungen zu ihren
Seiten; so fällt sie in die einfache Einheit zusammen, welche Seyn ist.
Etwas ist, und ist denn auch Daseyendes; es ist an sich ferner auch
Werden, das aber nicht mehr nur Seyn und Nichts zu seinen Momenten hat.
Das eine derselben, das Seyn, ist nun Daseyn und weiter Daseyendes. Das
zweite ist ebenso ein Daseyendes, aber als Negatives des Etwas
bestimmt,—ein Anderes. Das Etwas als Werden ist ein Übergehen, dessen
Momente selbst Etwas sind, und das darum Veränderung ist;—ein bereits
konkret gewordenes Werden.—Das Etwas aber verändert sich zunächst nur
in seinem Begriffe; es ist noch nicht so als vermittelnd und vermittelt
gesetzt; zunächst nur als sich in seiner Beziehung auf sich einfach
erhaltend, und das Negative seiner als ein ebenso qualitatives, nur ein
Anderes überhaupt.

B. Die Endlichkeit.

a. Etwas und Anderes; sie sind zunächst gleichgültig gegeneinander; ein
Anderes ist auch ein unmittelbar Daseyendes, ein Etwas; die Negation
fällt so außer beiden. Etwas ist an sich gegen sein Seyn-für anderes.
Aber die Bestimmtheit gehört auch seinem Ansich an, und ist

b. dessen Bestimmung, welche ebenso sehr in Beschaffenheit übergeht,
die mit jener identisch das immanente und zugleich negirte
Seyn-für-Anders, die Grenze des Etwas ausmacht, welche

c. die immanente Bestimmung des Etwas selbst, und dieses somit das
Endliche ist.

In der ersten Abtheilung, worin das Daseyn überhaupt betrachtet wurde,
hatte dieses als zunächst aufgenommen, die Bestimmung des Seyenden. Die
Momente seiner Entwicklung, Qualität und Etwas, sind darum ebenso
affirmativer Bestimmung. In dieser Abtheilung hingegen entwickelt sich
die negative Bestimmung, die im Daseyn liegt, welche dort nur erst
Negation überhaupt, erste Negation war, nun aber zu dem Puncte des
In-sichseyns des Etwas, zur Negation der Negation bestimmt ist.

a. Etwas und ein Anderes.

1. Etwas und Anderes sind beide erstens Daseyende oder Etwas.

Zweitens ist ebenso jedes ein Anderes. Es ist gleichgültig, welches
zuerst und bloß darum Etwas genannt wird; (im Lateinischen, wenn sie in
einem Satze vorkommen, heißen beide aliud, oder einer den andern, alius
alium; bei einer Gegenseitigkeit ist der Ausdruck: alter alterum
analog.) Wenn wir ein Daseyn A nennen, das andere aber B, so ist
zunächst B als das Andere bestimmt. Aber A ist ebenso sehr das Andere
des B. Beide sind auf gleiche Weise Andere. Um den Unterschied und das
als affirmativ zu nehmende Etwas zu fixiren, dient das Dieses. Aber
Dieses spricht eben es aus, daß dieß Unterscheiden und Herausheben des
einen Etwas ein subjektives, außerhalb des Etwas selbst fallendes
Bezeichnen ist. In dieses äußerliche Monstriren fällt die ganze
Bestimmtheit; selbst der Ausdruck: Dieses enthält keinen Unterschied;
alle und jede Etwas sind gerade so gut Diese, als sie auch Andere sind.
Man meint, durch: Dieses, etwas vollkommen bestimmtes auszudrücken; es
wird übersehen, daß die Sprache, als Werk des Verstandes, nur
Allgemeines ausspricht, außer in dem Namen eines einzelnen
Gegenstandes; der individuelle Name ist aber ein Sinnloses in dem
Sinne, daß er nicht ein Allgemeines ausdrückt, und erscheint als ein
bloß Gesetztes, Willkürliches aus demselben Grunde, wie denn auch
Einzelnamen willkürlich angenommen, gegeben oder ebenso verändert
werden können.

Es erscheint somit das Andersseyn als eine dem so bestimmten Daseyn
fremde Bestimmung, oder das Andere außer dem einen Daseyn; Theils, daß
ein Daseyn erst durch das Vergleichen eines Dritten, Theils, daß es nur
um des Anderen willen, das außer ihm ist, als anderes bestimmt werde,
aber nicht für sich so sey. Zugleich, wie bemerkt worden, bestimmt sich
jedes Daseyn, auch für die Vorstellung, ebenso sehr als ein anderes
Daseyn, so daß nicht ein Daseyn bleibt, das nur als ein Daseyn
bestimmt, das nicht außerhalb eines Daseyns, also nicht selbst ein
Anderes wäre.

Beide sind sowohl als Etwas als auch als Anderes bestimmt, hiermit
dasselbe und es ist noch kein Unterschied derselben vorhanden. Diese
Dieselbigkeit der Bestimmungen fällt aber ebenso nur in die äußere
Reflexion, in die Vergleichung beider; aber wie das Andere zunächst
gesetzt ist, so ist dasselbe für sich zwar in Beziehung auf das Etwas,
aber auch für sich außerhalb desselben.

Drittens ist daher das Andere zu nehmen, als isolirt, in Beziehung auf
sich selbst; abstrakt als das Andere,…… des Plato, der es als eins der
Momente der Totalität, dem Einen entgegensetzt, und dem Anderen auf
diese Weise eine eigne Natur zuschreibt. So ist das Andere allein als
solches gefaßt, nicht das Andere von Etwas, sondern das Andere an ihm
selbst, d. i. das Andere seiner selbst.—Solches seiner Bestimmung nach
Andere ist die physische Natur; sie ist das Andere des Geistes; diese
ihre Bestimmung ist so zunächst eine bloße Relativität, wodurch nicht
eine Qualität der Natur selbst, sondern nur eine ihr äußerliche
Beziehung ausgedrückt wird. Aber indem der Geist das wahrhafte Etwas,
und die Natur daher an ihr selbst nur das ist, was sie gegen den Geist
ist, so ist, insofern sie für sich genommen wird, ihre Qualität eben
dieß, das Andere an ihr selbst, das Außer-sich-seyende (in den
Bestimmungen des Raumes, der Zeit, der Materie) zu seyn.

Das Andere für sich ist das Andere an ihm selbst, hiermit das Andere
seiner selbst, so das Andere des Anderen,—also das in sich schlechthin
Ungleiche, sich Negirende, das sich Verändernde. Aber ebenso bleibt es
identisch mit sich, denn dasjenige, in welches es sich veränderte, ist
das Andere, das sonst weiter keine Bestimmung hat; aber das sich
Verändernde ist auf keine verschiedene Weise, sondern auf dieselbe, ein
Anderes zu seyn, bestimmt, es geht daher in demselben nur mit sich
zusammen. So ist es gesetzt als in sich Reflektirtes mit Aufheben des
Andersseyns; mit sich identisches Etwas, von dem hiermit das
Andersseyn, das zugleich Moment desselben ist, ein Unterschiedenes, ihm
nicht als Etwas selbst zukommendes ist.

2. Etwas erhält sich in seinem Nichtdaseyn; es ist wesentlich Eins mit
ihm, und wesentlich nicht Eins mit ihm.

Es steht also in Beziehung auf sein Andersseyn; es ist nicht rein sein
Andersseyn. Das Andersseyn ist zugleich in ihm enthalten, und zugleich
noch davon getrennt; es ist Seyn-für-Anderes.

Daseyn als solches ist Unmittelbares, Beziehungsloses; oder es ist in
der Bestimmung des Seyns. Aber Daseyn als das Nichtseyn in sich
schließend, ist bestimmtes, in sich verneintes Seyn, und dann zunächst
Anderes,—aber weil es sich in seiner Verneinung zugleich auch erhält,
nur Seyn-für-Anderes.

Es erhält sich in seinem Nichtdaseyn, und ist Seyn; aber nicht Seyn
überhaupt, sondern als Beziehung auf sich gegen seine Beziehung auf
Anderes, als Gleichheit mit sich gegen seine Ungleichheit. Ein solches
Seyn ist Ansichseyn.

Seyn-für-Anderes und Ansichseyn machen die zwei Momente des Etwas aus.
Es sind zwei Paare von Bestimmungen, die hier vorkommen: 1) Etwas und
Anderes. 2) Seyn-für-Anderes, und Ansichseyn. Die erstern enthalten die
Beziehungslosigkeit ihrer Bestimmtheit; Etwas und Anderes fallen
auseinander. Aber ihre Wahrheit ist ihre Beziehung; das
Seyn-für-Anderes und das Ansichseyn sind daher jene Bestimmungen als
Momente Eines und desselben gesetzt, als Bestimmungen, welche
Beziehungen sind und in ihrer Einheit, in der Einheit des Daseyns
bleiben. Jedes selbst enthält damit an ihm zugleich auch sein von ihm
verschiedenes Moment.

Seyn und Nichts in ihrer Einheit, welche Daseyn ist, sind nicht mehr
als Seyn und Nichts;—dieß sind sie nur außer ihrer Einheit; so in ihrer
unruhigen Einheit, im Werden, sind sie Entstehen und Vergehen. —Seyn im
Etwas ist Ansichseyn. Seyn, die Beziehung auf sich, die Gleichheit mit
sich, ist jetzt nicht mehr unmittelbar, sondern Beziehung auf sich nur
als Nichtseyn des Andersseyns, (als in sich reflektirtes Daseyn).—Eben
so ist Nichtseyn als Moment des Etwas in dieser Einheit des Seyns und
Nichtseyns, nicht Nichtdaseyn überhaupt, sondern Anderes, und
bestimmter nach der Unterscheidung des Seyns von ihm zugleich,
Beziehung auf sein Nichtdaseyn, Seyn-für-Anderes.

Somit ist Ansichseyn erstlich negative Beziehung auf das Nichtdaseyn,
es hat das Andersseyn außer ihm und ist demselben entgegen; insofern
Etwas an sich ist, ist es dem Anders-seyn und dem Seyn-für-Anderes
entnommen. Aber zweitens hat es das Nichtseyn auch selbst an ihm; denn
es selbst ist das Nicht-seyn des Seyns-für Anderes.

Das Seyn-für-Anderes aber ist erstlich Negation der einfachen Beziehung
des Seyns auf sich, die zunächst Daseyn und Etwas seyn soll; insofern
Etwas in einem Anderen oder für ein Anderes ist, entbehrt es des
eigenen Seyns. Aber zweitens ist es nicht das Nichtdaseyn als reines
Nichts; es ist Nichtdaseyn, das auf das Ansichseyn als auf sein in sich
reflektirtes Seyn hinweist, so wie umgekehrt das Ansichseyn auf das
Seyn-für-Anderes hinweist.

Beide Momente sind Bestimmungen eines und des selben, nämlich des
Etwas. Ansich ist Etwas, insofern es aus dem Seyn-für-Anderes heraus,
in sich zurückgekehrt ist. Etwas hat aber auch eine Bestimmung oder
Umstand an sich (hier fällt der Accent auf an) oder an ihm, insofern
dieser Umstand äußerlich an ihm, ein Seyn-für-Anderes ist.

Dieß führt zu einer weitern Bestimmung. Ansichseyn und Seyn-für-Anderes
sind zunächst verschieden; aber daß Etwas dasselbe, was es an sich ist,
auch an ihm hat, und umgekehrt, was es als Seyn-für-Anderes ist, auch
an sich ist,—dieß ist die Identität des Ansichseyns und
Seyns-für-Anderes, nach der Bestimmung, daß das Etwas selbst ein und
dasselbe beider Momente ist, sie also ungetrennt in ihm sind.—Es
ergiebt sich formell diese Identität schon in der Sphäre des Daseyns,
aber ausdrücklicher in der Betrachtung des Wesens und dann des
Verhältnisses der Innerlichkeit und Äußerlichkeit, und am bestimmtesten
in der Betrachtung der Idee, als der Einheit des Begriffs und der
Wirklichkeit.—Man meint, mit dem Ansich etwas Hohes zu sagen, wie mit
dem Inneren; was aber Etwas nur ansich ist, ist auch nur an ihm; ansich
ist eine nur abstrakte, damit selbst äußerliche Bestimmung. Die
Ausdrücke: es ist nichts an ihm, oder es ist etwas daran, enthalten,
obgleich etwa dunkel, daß das, was an einem ist, auch zu seinem
Ansichseyn, seinem inneren wahrhaften Werthe gehöre.

Es kann bemerkt werden, daß sich hier der Sinn des Dings-an-sich
ergiebt, das eine sehr einfache Abstraktion ist, aber eine Zeitlang
eine sehr wichtige Bestimmung, gleichsam etwas Vornehmes, so wie, der
Satz, daß wir nicht wissen, was die Dinge an sich sind, eine
vielgeltende Weisheit war.—Die Dinge heißen an-sich, insofern von allem
Seyn-für-Anderes abstrahirt wird, das heißt überhaupt, insofern sie
ohne alle Bestimmung, als Nichtse gedacht werden. In diesem Sinn kann
man freilich nicht wissen, was das Ding-an-sich ist. Denn die Frage:
was? verlangt, daß Bestimmungen angegeben werden; indem aber die Dinge,
von denen sie anzugeben verlangt würde, zugleich Dinge-an-sich seyn
sollen, das heißt eben ohne Bestimmung, so ist in die Frage
gedankenloserweise die Unmöglichkeit der Beantwortung gelegt, oder man
macht nur eine widersinnige Antwort.—Das Ding-an-sich ist dasselbe, was
jenes Absolute, von dem man nichts weiß, als daß Alles eins in ihm ist.
Man weiß daher sehr wohl, was an diesen Dingen-an-sich ist; sie sind
als solche nichts als Wahrheitslose, leere Abstraktionen. Was aber das
Ding-an-sich in Wahrheit ist, was wahrhaft an sich ist, davon ist die
Logik die Darstellung, wobei aber unter Ansich etwas Besseres als die
Abstraktion verstanden wird, nämlich was etwas in seinem Begriffe ist;
dieser aber ist konkret in sich, als Begriff überhaupt begreiflich, und
als bestimmt und Zusammenhang seiner Bestimmungen in sich erkennbar.

Das Ansichseyn hat zunächst das Seyn-für-Anderes zu seinem
gegenüberstehenden Momente; aber es wird demselben auch das Gesetztseyn
gegenübergestellt; in diesem Ausdruck liegt zwar auch das
Seyn-für-Anderes, aber er enthält bestimmt die bereits geschehene
Zurückbeugung dessen, was nicht an sich ist, in das, was sein
Ansichseyn, worin es positiv ist. Das Ansichseyn ist gewöhnlich als
eine abstrakte Weise den Begriff auszudrücken zu nehmen; Setzen fällt
eigentlich erst in die Sphäre des Wesens, der objektiven Reflexion; der
Grund setzt das, was durch ihn begründet wird; die Ursache noch mehr
bringt eine Wirkung hervor, ein Daseyn, dessen Selbstständigkeit
unmittelbar negirt ist und das den Sinn an ihm hat, in einem anderen
seine Sache, sein Seyn zu haben. In der Sphäre des Seyns geht das
Daseyn aus dem Werden nur hervor, oder mit dem Etwas ist ein Anderes,
mit dem Endlichen das Unendliche gesetzt, aber das Endliche bringt das
Unendliche nicht hervor, setzt dasselbe nicht. In der Sphäre des Seyns
ist das Sich-bestimmen des Begriffs selbst nur erst an sich, so heißt
es ein Übergehen; auch die reflektirenden Bestimmungen des Seyns, wie
Etwas und Anderes, oder das Endliche und Unendliche, ob sie gleich
wesentlich auf einander hinweisen, oder als Seyn-für-Anderes sind,
gelten als qualitative für sich bestehend; das Andere ist, das Endliche
gilt ebenso als unmittelbar seyend und für sich feststehend, wie das
Unendliche; ihr Sinn erscheint als vollendet auch ohne ihr Anderes. Das
Positive und Negative hingegen, Ursache und Wirkung, so sehr sie auch
als isolirt seyend genommen werden, haben zugleich keinen Sinn ohne
einander; es ist an ihnen selbst ihr Scheinen in einander, das Scheinen
seines Anderen in jedem, vorhanden.—In den verschiedenen Kreisen der
Bestimmung und besonders im Fortgange der Exposition, oder näher im
Fortgange des Begriffs zu seiner Exposition ist es eine Hauptsache,
dieß immer wohl zu unterscheiden, was noch an sich und was gesetzt ist,
wie die Bestimmungen als im Begriffe und wie sie als gesetzt oder als
seyend-für-Anderes sind. Es ist dieß ein Unterschied, der nur der
dialektischen Entwickelung angehört, den das metaphysische
Philosophiren, worunter auch das kritische gehört, nicht kennt; die
Definitionen der Metaphysik, wie ihre Voraussetzungen, Unterscheidungen
und Folgerungen, wollen nur Seyendes und zwar Ansichseyendes behaupten
und hervorbringen.

Das Seyn-für-Anderes ist in der Einheit des Etwas mit sich, identisch
mit seinem Ansich; das Seyn-für-Anderes ist so am Etwas. Diese in sich
reflektirte Bestimmtheit ist damit wieder einfache seyende, somit
wieder eine Qualität,—die Bestimmung.

b. Bestimmung, Beschaffenheit und Grenze.

Das Ansich, in welches das Etwas aus seinem Seyn-für-Anderes in sich
reflektirt ist, ist nicht mehr abstraktes Ansich, sondern als Negation
seines Seyns-für-Anderes durch dieses vermittelt, welches so sein
Moment ist. Es ist nicht nur die unmittelbare Identität des Etwas mit
sich, sondern die, durch welche das Etwas das, was es an sich ist, auch
an ihm ist; das Seyn-für-Anderes ist an ihm, weil das Ansich das
Aufheben desselben ist, aus demselben in sich ist; aber ebenso sehr
auch schon, weil es abstrakt, also wesentlich mit Negation, mit
Seyn-für-Anderes behaftet ist. Es ist hier nicht nur Qualität und
Realität, seyende Bestimmtheit, sondern an-sich-seyende Bestimmtheit
vorhanden, und die Entwickelung ist, sie als diese in sich reflektirte
Bestimmtheit zu setzen.

1. Die Qualität, die das Ansich im einfachen Etwas wesentlich in
Einheit mit dessen anderen Momente, dem An-ihm-Seyn, ist, kann seine
Bestimmung genannt werden, insofern dieses Wort in genauerer Bedeutung
von Bestimmtheit überhaupt unterschieden wird. Die Bestimmung ist die
affirmative Bestimmtheit, als das Ansichseyn, dem das Etwas in seinem
Daseyn gegen seine Verwicklung mit Anderem, wo von es bestimmt würde,
gemäß bleibt, sich in seiner Gleichheit mit sich erhält, sie in seinem
Seyn-für-Anderes geltend macht. Es erfüllt seine Bestimmung, insofern
die weitere Bestimmtheit, welche zunächst durch sein Verhalten zu
Anderem mannigfaltig erwächst, seinem Ansichseyn gemäß, seine Fülle
wird. Die Bestimmung enthält dieß, daß was Etwas an sich ist, auch an
ihm sey.

Die Bestimmung des Menschen ist die denkende Vernunft: Denken überhaupt
ist seine einfache Bestimmtheit, er ist durch dieselbe von dem Thiere
unterschieden; er ist Denken an sich, insofern dasselbe auch von seinem
Seyn-für-Anderes, seiner eigenen Natürlichkeit und Sinnlichkeit,
wodurch er unmittelbar mit Anderem zusammenhängt, unterschieden ist.
Aber das Denken ist auch an ihm; der Mensch selbst ist Denken, er ist
da als denkend, es ist seine Existenz und Wirklichkeit; und ferner
indem es in seinem Daseyn, und sein Daseyn im Denken ist, ist es
konkret, ist mit Inhalt und Erfüllung zu nehmen, es ist denkende
Vernunft, und so ist es Bestimmung des Menschen. Aber selbst diese
Bestimmung ist wieder nur an sich, als ein Sollen, d. i. sie mit der
Erfüllung, die ihrem Ansich einverleibt ist, in der Form des Ansich
überhaupt, gegen das ihr nicht einverleibte Daseyn, das zugleich noch
als äußerlich gegenüberstehende, unmittelbare Sinnlichkeit und Natur
ist.

2. Die Erfüllung des Ansichseyns mit Bestimmtheit ist auch
unterschieden von der Bestimmtheit, die nur Seyn-für-Anderes ist und
außer der Bestimmung bleibt. Denn im Felde des Qualitativen bleibt den
Unterschieden in ihrem Aufgehobenseyn auch das unmittelbare,
qualitative Seyn gegeneinander. Das, was das Etwas an ihm hat, theilt
sich so, und ist nach dieser Seite äußerliches Daseyn des Etwas, das
auch sein Daseyn ist, aber nicht seinem Ansichseyn angehört.—Die
Bestimmtheit ist so Beschaffenheit.

So oder anders beschaffen, ist Etwas als in äußerem Einfluß und
Verhältnissen begriffen. Diese äußerliche Beziehung, von der die
Beschaffenheit abhängt, und das Bestimmtwerden durch ein Anderes,
erscheint als etwas Zufälliges. Aber es ist Qualität des Etwas, dieser
Äußerlichkeit preisgegeben zu seyn und eine Beschaffenheit zu haben.

Insofern Etwas sich verändert, so fällt die Veränderung in die
Beschaffenheit; sie ist am Etwas das, was ein Anderes wird. Es selbst
erhält sich in der Veränderung, welche nur diese unstäte Oberfläche
seines Andersseyns, nicht seine Bestimmung trifft.

Bestimmung und Beschaffenheit sind so von einander unterschieden; Etwas
ist seiner Bestimmung nach gleichgültig gegen seine Beschaffenheit. Das
aber, was Etwas an ihm hat, ist die sie beide verbindende Mitte dieses
Schlusses. Das Am Etwas seyn zeigte sich aber vielmehr in jene beide
Extreme zu zerfallen. Die einfache Mitte ist die Bestimmtheit als
solche; ihrer Identität gehört sowohl Bestimmung als Beschaffenheit an.
Aber die Bestimmung geht für sich selbst in Beschaffenheit und diese in
jene über. Dieß liegt im Bisherigen; der Zusammenhang ist näher dieser:
Insofern das, was Etwas an sich ist, auch an ihm ist, ist es mit
Seyn-für-Anderes behaftet; die Bestimmung ist damit als solche offen
dem Verhältniß zu Anderem. Die Bestimmtheit ist zugleich Moment,
enthält aber zugleich den qualitativen Unterschied, vom Ansichseyn
verschieden, das Negative des Etwas, ein anderes Daseyn zu seyn. Die so
das Andere in sich fassende Bestimmtheit mit dem Ansichseyn vereinigt
bringt das Andersseyn in das Ansichseyn oder in die Bestimmung hinein,
welche dadurch zur Beschaffenheit herabgesetzt ist. Umgekehrt das
Seyn-für-Anders als Beschaffenheit isolirt und für sich gesetzt ist es
an ihm dasselbe, was das Andere als solches, das Andere an ihm selbst
d. i. seiner selbst ist; so ist es aber sich auf sich beziehendes
Daseyn, so Ansichseyn mit einer Bestimmtheit, also Bestimmung.—Es hängt
hiermit, insofern beide auch außereinander zu halten sind, die
Beschaffenheit, die in einem Äußerlichen, einem Anderen überhaupt
gegründet erscheint, auch von der Bestimmung ab, und das fremde
Bestimmen ist durch die eigene, immanente des Etwas zugleich bestimmt.
Aber ferner gehört die Beschaffenheit zu dem, was das Etwas an sich
ist; mit seiner Beschaffenheit ändert sich Etwas.

Diese Änderung des Etwas ist nicht mehr die erste Veränderung des Etwas
bloß nach seinem Seyn-für-Anderes; jene erste war nur die an sich
seyende, dem innern Begriffe angehörige Veränderung; die Veränderung
ist nunmehr auch die am Etwas gesetzte.—Das Etwas selbst ist weiter
bestimmt, und die Negation als ihm immanent gesetzt, als sein
entwickeltes Insichseyn.

Zunächst ist das Übergehen der Bestimmung und Beschaffenheit ineinander
das Aufheben ihres Unterschiedes, damit ist das Daseyn oder Etwas
überhaupt gesetzt; und, indem es aus jenem Unterschiede resultirt, der
das qualitative Andersseyn ebenso in sich befaßt, sind Zwei Etwas, aber
nicht nur Andere gegen einander überhaupt, so daß diese Negation noch
abstrakt wäre und nur in die Vergleichung fiele, sondern sie ist
nunmehr den Etwas immanent. Sie sind als daseyend gleichgültig
gegeneinander, aber diese ihre Affirmation ist nicht mehr unmittelbare,
jedes bezieht sich auf sich selbst vermittelst des Aufhebens des
Andersseyns, welches in der Bestimmung in das Ansichseyn reflektirt
ist.

Etwas verhält sich so aus sich selbst zum Anderen, weil das Andersseyn
als sein eigenes Moment in ihm gesetzt ist, sein Insichseyn befaßt die
Negation in sich, vermittelst deren überhaupt es nun sein affirmatives
Daseyn hat. Aber von diesem ist das Andere auch qualitativ
unterschieden, es ist hiermit außer dem Etwas gesetzt. Die Negation
seines Anderen ist nur die Qualität des Etwas, denn als dieses Aufheben
seines Anderen ist es Etwas. Damit tritt erst eigentlich das Andere
einem Daseyn selbst gegenüber; dem ersten Etwas ist das Andere nur
äußerlich gegenüber, oder aber indem sie in der That schlechthin, d. i.
ihrem Begriffe nach zusammenhängen, ist ihr Zusammenhang dieser, daß
das Daseyn in Andersseyn, Etwas in Anderes übergegangen, Etwas sosehr
als das Andere, ein Anderes ist. Insofern nun das Insichseyn das
Nichtseyn des Andersseyns, welches in ihm enthalten, aber Zugleich als
seyend unterschieden, ist das Etwas selbst, die Negation, das Aufhören
eines Anderen an ihm; es ist als sich negativ dagegen verhaltend und
sich damit erhaltend gesetzt; —dieß Andere, das Insichseyn des Etwas
als Negation der Negation ist sein Ansichseyn, und zugleich ist dieß
Aufheben als einfache Negation an ihm, nämlich als seine Negation des
ihm äußerlichen anderen Etwas. Es ist Eine Bestimmtheit derselben,
welche sowohl mit dem Insichseyn der Etwas identisch, als Negation der
Negation, als auch indem diese Negationen als andere Etwas
gegeneinander sind, sie aus ihnen selbst zusammenschließt und ebenso
von einander, jedes das Andere negirend, abscheidet,—die Grenze.

3. Seyn-für-Anderes ist unbestimmte, affirmative Gemeinschaft von Etwas
mit seinem Anderen; in der Grenze hebt sich das Nichtseyn-für-Anderes
hervor, die qualitative Negation des Anderen, welches dadurch von dem
in sich reflektirten Etwas abgehalten wird. Die Entwickelung dieses
Begriffs ist zu sehen, welche sich aber vielmehr als Verwicklung und
Widerspruch zeigt. Dieser ist sogleich darin vorhanden, daß die Grenze
als in sich reflektirte Negation des Etwas die Momente des Etwas und
des Anderen in ihr ideell enthält, und diese als unterschiedene Momente
zugleich in der Sphäre des Daseyns als reell, qualitativ unterschieden
gesetzt sind.

à. Etwas also ist unmittelbares sich auf sich beziehendes Daseyn und
hat eine Grenze zunächst als gegen Anderes; sie ist das Nichtseyn des
Anderen, nicht des Etwas selbst; es begrenzt in ihr sein Anderes. —Aber
das Andere ist selbst ein Etwas überhaupt; die Grenze also, welche das
Etwas gegen das Andere hat, ist auch Grenze des Anderen als Etwas,
Grenze desselben, wodurch es das erste Etwas als sein Anderes von sich
abhält, oder ist ein Nichtseyn jenes Etwas; so ist sie nicht nur
Nichtseyn des Andern, sondern des einen wie des anderen Etwas, somit
des Etwas überhaupt.

Aber sie ist wesentlich ebenso das Nichtseyn des Anderen, so ist Etwas
zugleich durch seine Grenze. Indem Etwas begrenzend ist, wird es zwar
dazu herabgesetzt, selbst begrentzt zu seyn; aber seine Grenze ist, als
Aufhören des Anderen an ihm, zugleich selbst nur das Seyn des Etwas;
dieses ist durch sie das, was es ist, hat in ihr seine Qualität.—Dieß
Verhältniß ist die äußere Erscheinung dessen, daß die Grenze einfache
Negation oder die erste Negation, das Andere aber zugleich die Negation
der Negation, das Insichseyn des Etwas, ist.

Etwas ist also als unmittelbares Daseyn die Grenze gegen anderes Etwas,
aber es hat sie an ihm selbst und ist Etwas durch die Vermittelung
derselben, die ebenso sehr sein Nichtseyn ist. Sie ist die
Vermittelung, wodurch Etwas und Anderes sowohl ist, als nicht ist.

ß. Insofern nun Etwas in seiner Grenze ist und nicht ist, und diese
Momente ein unmittelbarer, qualitativer Unterschied sind, so fällt das
Nichtdaseyn und das Daseyn des Etwas außer einander. Etwas hat sein
Daseyn außer (oder wie man es sich auch vorstellt, innerhalb) seiner
Grenze; eben so ist auch das Andere, weil es Etwas ist, außerhalb
derselben. Sie ist die Mitte zwischen beiden, in der sie aufhören. Sie
haben das Daseyn jenseits von einander von ihrer Grenze; die Grenze als
das Nichtseyn eines jeden ist das Andere von beiden.

—Nach dieser Verschiedenheit des Etwas von seiner Grenze, erscheint die
Linie als Linie nur außerhalb ihrer Grenze, des Punktes; die Fläche als
Fläche außerhalb der Linie; der Körper als Körper nur außerhalb seiner
begrenzenden Fläche.—Dieß ist die Seite, von welcher die Grenze
zunächst in die Vorstellung,—das Außersichseyn des Begriffes,—fällt,
als vornehmlich auch in den räumlichen Gegenständen genommen wird.

y. Ferner aber ist das Etwas, wie es außer der Grenze ist, das
unbegrenzte Etwas, nur das Daseyn überhaupt. So ist es nicht von seinem
Anderen unterschieden; es ist nur Daseyn, hat also mit seinem Anderen
dieselbe Bestimmung, jedes ist nur Etwas überhaupt oder jedes ist
Anderes; beide sind so Dasselbe. Aber dieß ihr zunächst unmittelbares
Daseyn ist nun gesetzt mit der Bestimmtheit als Grenze, in welcher
beide sind, was sie sind, unterschieden von einander. Sie ist aber
ebenso ihre gemeinschaftliche Unterschiedenheit, die Einheit und
Unterschiedenheit derselben, wie das Dasein. Diese doppelte Identität
beider, das Daseyn und die Grenze enthält dieß, daß das Etwas sein
Daseyn nur in der Grenze hat, und daß, indem die Grenze und das
unmittelbare Daseyn beide zugleich das Negative von einander sind, das
Etwas, welches nur in seiner Grenze ist, eben so sehr sich von sich
selbst trennt und über sich hinaus auf sein Nichtseyn weißt und dieß
als sein Seyn ausspricht, und so in dasselbe übergeht. Um dieß auf das
vorige Beispiel anzuwenden, so ist die eine Bestimmung, daß Etwas, das
was es ist, nur in seiner Grenze ist;—so ist also der Punkt nicht nur
so Grenze der Linie, daß diese in ihm nur aufhört und sie als Daseyn
außer ihm ist;—die Linie nicht nur so Grenze der Fläche, daß diese in
der Linie nur aufhört, ebenso die Fläche als Grenze des Körpers.
Sondern im Punkte fängt die Linie auch an; er ist ihr absoluter Anfang,
auch insofern sie als nach ihren beiden Seiten unbegrenzt, oder wie man
es ausdrückt, als ins Unendliche verlängert vorgestellt wird, macht der
Punkt ihr Element aus, wie die Linie das Element der Fläche, die Fläche
das des Körpers. Diese Grenzen sind Princip dessen, das sie begrenzen;
wie das Eins, z.B. als Hundertstes, Grenze ist, aber auch Element des
ganzen Hundert.

Die andere Bestimmung ist die Unruhe des Etwas in seiner Grenze, in der
es immanent ist, der Widerspruch zu seyn, der es über sich selbst
hinausschickt. So ist der Punkt, diese Dialektik seiner selbst, zur
Linie zu werden, die Linie die Dialektik, zur Fläche, die Fläche die
zum totalen Raume zu werden. Von Linie, Fläche, und ganzem Raum wird
eine zweite Definition so gegeben, daß durch die Bewegung des Punktes
die Linie, durch die Bewegung der Linie die Fläche entsteht u.s.f.
Diese Bewegung des Punkts, der Linie u.s.f. wird aber als etwas
Zufälliges oder nur so Vorgestelltes angesehen. Dieß ist jedoch
eigentlich darin zurückgenommen, daß die Bestimmungen, aus denen Linie
u.s.f. entstehen sollen, ihre Elemente und Principien seyen, und diese
sind nichts anderes als zugleich ihre Grenzen; das Entstehen wird so
nicht für zufällig oder nur so vorgestellt, betrachtet. Daß Punkt,
Linie, Fläche, für sich, sich widersprechend, Anfänge sind, welche
selbst sich von sich abstossen, und der Punkt somit aus sich durch
seinen Begriff in die Linie übergeht, sich an sich bewegt und sie
entstehen macht, u.s.f.—liegt in dem Begriffe der dem Etwas immanenten
Grenze. Die Anwendung jedoch selbst gehört in die Betrachtung des
Raums; um sie hier anzudeuten, so ist der Punkt die ganz abstrakte
Grenze, aber in einem Daseyn; dieses ist noch ganz unbestimmt genommen,
es ist der sogenannte absolute, d. h. abstrakte Raum, das schlechthin
kontinuirliche Außereinanderseyn. Damit daß die Grenze s nicht
abstrakte Negation, sondern in diesem Daseyn, daß sie räumliche
Bestimmtheit ist, ist der Punkt räumlich, der Widerspruch der
abstrakten Negation und der Kontinuität und damit das Übergehen und
Übergegangenseyn in Linie u.s.f. wie es denn keinen Punkt giebt, wie
auch nicht eine Linie und Fläche.

Etwas mit seiner immanenten Grenze gesetzt als der Widerspruch seiner
selbst, durch den es über sich hinausgewiesen und getrieben wird, ist
das Endliche.

c. Die Endlichkeit.

Das Daseyn ist bestimmt; Etwas hat eine Qualität, und ist in ihr nicht
nur bestimmt, sondern begrenzt; seine Qualität ist seine Grenze, mit
welcher behaftet, es zunächst affirmatives, ruhiges Daseyn bleibt. Aber
diese Negation entwickelt, so daß der Gegensatz seines Daseyns und der
Negation als ihm immanenter Grenze selbst das Insichseyn des Etwas, und
dieses somit nur Werden an ihm selbst sey, macht seine Endlichkeit aus.
Wenn wir von den Dingen sagen, sie sind endlich, so wird darunter
verstanden, daß sie nicht nur eine Bestimmtheit haben, die Qualität
nicht nur als Realität und ansichseyende Bestimmung, daß sie nicht blos
begrenzt sind, sie haben so noch Daseyn außer ihrer Grenze,—sondern daß
vielmehr das Nichtseyn ihre Natur, ihr Seyn, ausmacht. Die endlichen
Dinge sind, aber ihre Beziehung auf sich selbst ist, daß sie als
negativ sich auf sich selbst beziehen, eben in dieser Beziehung auf
sich selbst sich über sich, über ihr Seyn, hinauszuschicken. Sie sind,
aber die Wahrheit dieses Seyns ist ihr Ende. Das Endliche verändert
sich nicht nur, wie Etwas überhaupt, sondern es vergeht, und es ist
nicht bloß möglich, daß es vergeht, so daß es seyn könnte, ohne zu
vergehen. Sondern das Seyn der endlichen Dinge als solches ist, den
Keim des Vergehens als ihr Insichseyn zu haben, die Stunde ihrer Geburt
ist die Stunde ihres Todes.

1. Die Unmittelbarkeit der Endlichkeit.

Der Gedanke an die Endlichkeit der Dinge führt diese Trauer mit sich,
weil sie die auf die Spitze getriebene qualitative Negation ist, in der
Einfachheit solcher Bestimmung ihnen nicht mehr ein affirmatives Seyn
unterschieden von ihrer Bestimmung zum Untergange gelassen ist. Die
Endlichkeit ist um dieser qualitativen Einfachheit der Negation, die
zum abstrakten Gegensatze des Nichts und Vergehens gegen das Seyn
zurückgegangen ist, die hartnäckigste Kategorie des Verstandes; die
Negation überhaupt, Beschaffenheit, Grenze vertragen sich mit ihrem
Anderen, dem Daseyn; auch das abstrakte Nichts wird für sich als
Abstraktion aufgegeben; aber Endlichkeit ist die als an sich fixirte
Negation, und steht daher seinem Affirmativen schroff gegenüber. Das
Endliche läßt sich so in Fluß wohl bringen, es ist selbst dieß, zu
seinem Ende bestimmt zu seyn, aber nur zu seinem Ende;—es ist vielmehr
das Verweigern, sich zu seinem Affirmativen, dem Unendlichen hin
affirmativ bringen, mit ihm sich verbinden zu lassen; es ist also
untrennbar von seinem Nichts gesetzt, und alle Versöhnung mit seinem
Anderen, dem Affirmativen, dadurch abgeschnitten. Die Bestimmung der
endlichen Dinge ist nicht eine weitere als ihr Ende. Der Verstand
verharrt in dieser Trauer der Endlichkeit, indem er das Nichtseyn zur
Bestimmung der Dinge, es zugleich unvergänglich und absolut macht. Ihre
Vergänglichkeit könnte nur in ihrem Anderen, dem Affirmativen,
vergehen; so trennte sich ihre Endlichkeit von ihnen ab; aber sie ist
ihre unveränderliche, d. i. nicht in ihr Anderes d. i. nicht in ihr
Affirmatives übergehende Qualität, so ist sie ewig.

Dieß ist eine sehr wichtige Betrachtung daß aber das Endliche absolut
sey, solchen Standpunkt wird sich freilich irgend eine Philosophie oder
Ansicht oder der Verstand nicht aufbürden lassen wollen; vielmehr ist
das Gegentheil ausdrücklich in der Behauptung des Endlichen vorhanden;
das Endliche ist das Beschränkte, Vergängliche; das Endliche ist nur
das Endliche, nicht das Unvergängliche; dieß liegt unmittelbar in
seiner Bestimmung und Ausdruck. Aber es kommt darauf an, ob in der
Ansicht beim Seyn der Endlichkeit beharrt wird, die Vergänglichkeit
bestehen bleibt, oder ob die Vergänglichkeit und das Vergehen vergeht?
Daß dieß aber nicht geschieht, ist das Faktum eben in derjenigen
Ansicht des Endlichen, welche das Vergehen zum Letzten des Endlichen
macht. Es ist die ausdrückliche Behauptung, daß das Endliche mit dem
Unendlichen unverträglich und unvereinbar sey, das Endliche dem
Unendlichen schlechthin entgegen gesetzt sey. Dem Unendlichen ist Seyn,
absolutes Seyn zugeschrieben; ihm gegenüber bleibt so das Endliche
festgehalten, als das Negative desselben; unvereinbar mit dem
Unendlichen bleibt es absolut auf seiner eigenen Seite; Affirmation
erhielte es von Affirmativen, dem Unendlichen und verginge so; aber
eine Vereinigung mit demselben ist das, was für das Unmögliche erklärt
wird. Soll es nicht beharren dem Unendlichen gegenüber, sondern
vergehen, so ist, wie vorhin gesagt, eben sein Vergehen das Letzte,
nicht das Affirmative, welches nur das Vergeben des Vergehens seyn
würde. Sollte aber das Endliche nicht im Affirmativen vergehen, sondern
sein Ende als das Nichts gefaßt werden, so wären wir wieder bei jenem
ersten, abstrakten Nichts, das selbst längst vergangen ist.

Bei diesem Nichts jedoch, welches nur Nichts seyn soll und dem zugleich
eine Existenz, im Denken, Vorstellen oder Sprechen zugegeben wird,
kommt derselbe Widerspruch vor, als so eben bei dem Endlichen,
angegeben worden, nur daß er dort nur vorkommt, aber in der Endlichkeit
ausdrücklich ist. Dort erscheint er als subjektiv, hier wird behauptet,
das Endliche stehe perennirend dem Unendlichen entgegen, das an sich
Nichtige sey, und es sey als an sich Nichtiges. Dieß ist zum Bewußtseyn
zu bringen; und die Entwickelung des Endlichen zeigt, daß es an ihm als
dieser Widerspruch in sich zusammenfällt, aber ihn dahin wirklich
auflöst, nicht daß es nur vergänglich ist und vergeht, sondern daß das
Vergehen, das Nichts, nicht das Letzte ist, sondern vergeht.

2. Die Schranke und das Sollen.

Dieser Widerspruch ist zwar abstrakt sogleich darin vorhanden, daß das
Etwas endlich ist, oder daß das Endliche ist. Aber Etwas oder das Seyn
ist nicht mehr abstrakt gesetzt, sondern in sich reflektirt, und
entwickelt als Insichseyn, das eine Bestimmung und Beschaffenheit an
ihm hat, und noch bestimmter, daß es eine Grenze an ihm hat, welche als
das dem Etwas immanente und die Qualität seines Insichseyns ausmachend,
die Endlichkeit ist. In diesem Begriffe des endlichen Etwas ist zu
sehen, was für Momente enthalten sind.

Bestimmung und Beschaffenheit ergaben sich als Seiten für die
äußerliche Reflexion; jene enthielt aber schon das Andersseyn als dem
Ansich des Etwas angehörig; die Äußerlichkeit des Andersseyns ist einer
Seits in der eigenen Innerlichkeit des Etwas, andererseits bleibt sie
als Äußerlichkeit unterschieden davon, sie ist noch Äußerlichkeit als
solche, aber an dem Etwas. Indem aber ferner das Andersseyn als Grenze,
selbst als Negation der Negation, bestimmt ist, so ist das dem Etwas
immanente Andersseyn, als die Beziehung der beiden Seiten gesetzt, und
die Einheit des Etwas mit sich, dem sowohl die Bestimmung als die
Beschaffenheit angehört, seine gegen sich selbst gekehrte Beziehung,
die seine immanente Grenze in ihm negirende Beziehung seiner an sich
seyenden Bestimmung darauf. Das mit sich identische Insichseyn bezieht
sich so auf sich selbst als sein eigenes Nichtseyn, aber als Negation
der Negation, als dasselbe negirend, das zugleich Daseyn in ihm behält,
denn es ist die Qualität seines Insichseyns. Die eigene Grenze des
Etwas, so von ihm als ein Negatives, das zugleich wesentlich ist,
gesetzt, ist nicht nur Grenze als solche, sondern Schranke. Aber die
Schranke ist nicht allein das als negirt gesetzte; die Negation ist
zweischneidig, indem das von ihr als negirt Gesetzte, die Grenze ist;
diese nämlich ist überhaupt das Gemeinschaftliche des Etwas und des
Anderen, auch Bestimmtheit des Ansichseyns der Bestimmung als solcher.
Dieses Ansichseyn hiermit ist als die negative Beziehung auf seine von
ihm auch unterschiedene Grenze, auf sich als Schranke, Sollen.

Daß die Grenze, die am Etwas überhaupt ist, Schranke sey, muß es
zugleich in sich selbst über sie hinausgehen, sich an ihm selbst auf
sie als auf ein Nichtseyendes beziehen. Das Daseyn des Etwas liegt
ruhig gleichgültig, gleichsam neben seiner Grenze. Etwas geht aber über
seine Grenze nur hinaus, insofern es deren Aufgehobenseyn, das gegen
sie negative Ansichseyn ist. Und indem sie in der Bestimmung selbst als
Schranke ist, geht Etwas damit über sich selbst hinaus.

Das Sollen enthält also die verdoppelte Bestimmung, einmal sie als an
sich seyende Bestimmung gegen die Negation, das andere Mal aber
dieselbe als ein Nichtseyn, das als Schranke von ihr unterschieden,
aber zugleich selbst ansichseyende Bestimmung ist.

Das Endliche hat sich so als die Beziehung seiner Bestimmung auf seine
Grenze bestimmt; jene ist in dieser Beziehung Sollen, diese ist
Schranke. Beide sind so Momente des Endlichen, somit beide selbst
endlich, sowohl das Sollen, als die Schranke. Aber nur die Schranke ist
als das Endliche gesetzt; das Sollen ist nur an sich, somit für uns,
beschränkt. Durch seine Beziehung auf die ihm selbst schon immanente
Grenze ist es beschränkt, aber diese seine Beschränkung ist in das
Ansichseyn eingehüllt, denn nach seinem Daseyn, d. i. nach seiner
Bestimmtheit gegen die Schranke ist es als das Ansichseyn gesetzt.

Was seyn soll, ist und ist zugleich nicht. Wenn es wäre, so sollte es
nicht bloß seyn. Also das Sollen hat wesentlich eine Schranke. Diese
Schranke ist nicht ein Fremdes; das, was nur seyn soll, ist die
Bestimmung, die nun gesetzt ist, wie sie in der That ist, nämlich
zugleich nur eine Bestimmtheit.

Das An-sich-seyn des Etwas in seiner Bestimmung setzt sich also zum
Sollen herab, dadurch daß dasselbe, was sein Ansichseyn ausmacht, in
einer und derselben Rücksicht als Nichtseyn ist; und zwar so, daß im
Insichseyn, der Negation der Negation, jenes Ansichseyn als die eine
Negation (das Negirende) Einheit mit der anderen ist, die zugleich als
qualitativ andere, Grenze ist, wodurch jene Einheit als Beziehung auf
sie ist. Die Schranke des Endlichen ist nicht ein Äußeres, sondern
seine eigene Bestimmung ist auch seine Schranke; und diese ist sowohl
sie selbst als auch Sollen; sie ist das Gemeinschaftliche beider, oder
vielmehr das, worin beide identisch sind.

Als Sollen geht nun aber ferner das Endliche über seine Schranke
hinaus; dieselbe Bestimmtheit, welche seine Negation ist, ist auch
aufgehoben, und ist so sein Ansichseyn; seine Grenze ist auch nicht
seine Grenze.

Als Sollen ist somit Etwas über seine Schranke erhaben, umgekehrt hat
es aber nur als Sollen seine Schranke. Beides ist untrennbar. Etwas hat
insofern eine Schranke, als es in seiner Bestimmung die Negation hat,
und die Bestimmung ist auch das Aufgehobenseyn der Schranke.

Anmerkung.

Das Sollen hat neuerlich eine große Rolle in der Philosophie,
vornehmlich in Beziehung auf Moralität, und metaphysisch überhaupt auch
als der letzte und absolute Begriff von der Identität des Ansichseyns
oder der Beziehung auf sich selbst und der Bestimmtheit oder der Grenze
gespielt.

Du kannst, weil du sollst,—dieser Ausdruck, der viel sagen sollte,
liegt im Begriffe des Sollens. Denn das Sollen ist das Hinausseyn über
die Schranke; die Grenze ist in demselben aufgehoben, das Ansichseyn
des Sollens ist so identische Beziehung auf sich, somit die Abstraktion
des Könnens.—Aber umgekehrt ist es eben so richtig: Du kannst nicht,
eben weil du sollst. Denn im Sollen liegt ebenso sehr die Schranke als
Schranke; jener Formalismus der Möglichkeit hat an ihr eine Realität,
ein qualitatives Andersseyn, sich gegenüber, und die Beziehung beider
auf einander ist der Widerspruch, somit das Nicht-Können oder vielmehr
die Unmöglichkeit.

Im Sollen beginnt das Hinausgehen über die Endlichkeit, die
Unendlichkeit. Das Sollen ist dasjenige, was sich in weiterer
Entwickelung, nach jener Unmöglichkeit als der Progreß ins Unendliche
darstellt.

In Ansehung der Form der Schranke und des Sollens können zwei
Vorurtheile näher gerügt werden. Es pflegt zuerst viel auf die
Schranken des Denkens, der Vernunft u.s.f. gehalten zu werden, und es
wird behauptet, es könne über die Schranke nicht hinausgegangen werden.
In dieser Behauptung liegt die Bewußtlosigkeit, daß darin selbst, daß
etwas als Schranke bestimmt ist, darüber bereits hinausgegangen ist.
Denn eine Bestimmtheit, Grenze, ist als Schranke nur bestimmt, im
Gegensatz gegen sein Anderes überhaupt, also gegen sein Unbeschränktes;
das Andere einer Schranke ist eben das Hinaus über dieselbe. Der Stein,
das Metall ist nicht über seine Schranke hinaus, darum weil sie für ihn
nicht Schranke ist. Wenn jedoch bei solchen allgemeinen Sätzen des
verständigen Denkens, daß über die Schranke nicht hinausgegangen werden
könne, das Denken sich nicht anwenden will, um zu sehen, was im
Begriffe liegt, so kann an die Wirklichkeit verwiesen werden, wo denn
solche Sätze sich als das Unwirklichste zeigen. Dadurch eben, daß das
Denken etwas Höheres, als die Wirklichkeit seyn, von ihr sich entfernt
in höheren Regionen halten soll, dasselbe also selbst als ein Sollen
bestimmt ist, geht es einer Seits nicht zum Begriffe fort, und
geschieht ihm andererseits, daß es sich ebenso unwahr gegen die
Wirklichkeit als gegen den Begriff verhält.—Weil der Stein nicht denkt,
nicht einmal empfindet, ist seine Beschränktheit für ihn keine
Schranke, d. h. in ihm nicht eine Negation für die Empfindung,
Vorstellung, Denken u.s.f. die er nicht hat. Aber auch selbst der Stein
ist als Etwas in seine Bestimmung oder sein Ansichseyn und sein Daseyn
unterschieden, und insofern geht auch er über seine Schranke hinaus;
der Begriff der er an sich ist, enthält die Identität mit seinem
Anderen. Ist er eine säurungsfähige Basis, so ist er oxidirbar,
neutralisirbar u.s.f. In der Oxidation, Neutralisation u.s.f. hebt sich
seine Schranke, nur als Basis da zu seyn, auf; er geht darüber hinaus;
sowie die Säure ihre Schranke als Säure zu seyn aufhebt, und es ist in
ihr wie in der kaustischen Basis sosehr das Sollen, über ihre Schranke
hinauszugehen, vorhanden, daß sie nur mit Gewalt als—wasserlose, d. i.
rein nicht neutrale—Säure und kaustische Basis festgehalten werden
können.

Enthält aber eine Existenz den Begriff nicht bloß als abstraktes
Ansichseyn, sondern als für sich seyende Totalität, als Trieb, als
Leben, Empfindung, Vorstellen u.s.f., so vollbringt sie selbst aus ihr
dieß, über die Schranke hinaus zu seyn und hinaus zu gehen. Die Pflanze
geht über die Schranke, als Keim zu seyn, ebenso über die, als Blüthe,
als Frucht, als Blatt zu seyn, hinaus; der Keim wird entfaltete
Pflanze, die Blüthe verblüht u.s.f. Das Empfindende in der Schranke des
Hungers, Durstes u.s.f. ist der Trieb über diese Schranke hinauszugehen
und vollführt dieß Hinausgehen. Es empfindet Schmerz, und das Vorrecht
empfindender Natur ist Schmerz zu empfinden; es ist eine Negation in
seinem Selbst, und sie ist als eine Schranke in seinem Gefühle
bestimmt, eben weil das Empfindende das Gefühl seiner Selbst hat,
welches die Totalität ist, das über jene Bestimmtheit hinaus ist. Wäre
es nicht darüber hinaus, so empfände es dieselbe nicht als seine
Negation und hätte keinen Schmerz.—Die Vernunft aber, das Denken,
sollte nicht über die Schranke hinausgehen können,—sie, die das
Allgemeine, das für sich über die, d. i. über alle Besonderheit hinaus
ist, nur das Hinausgehen über die Schranke ist.—Freilich ist nicht
jedes Hinausgehen und Hinausseyn über die Schranke eine wahrhafte
Befreiung von derselben, wahrhafte Affirmation; schon das Sollen selbst
ist ein solches unvollkommenes Hinausgehen, und die Abstraktion
überhaupt. Aber das Hinweisen auf das ganz abstrakte Allgemeine reicht
aus gegen die ebenso abstrakte Versicherung, es könne nicht über die
Schranke hinausgegangen werden, oder schon das Hinweisen auf das
Unendliche überhaupt gegen die Versicherung, daß nicht über das
Endliche hinausgegangen werden könne.

Es kann hierbei ein sinnreich scheinender Einfall Leibnitzens erwähnt
werden,—wenn ein Magnet Bewußtseyn hätte, so würde derselbe seine
Richtung nach Norden für eine Bestimmung seines Willens, ein Gesetz
seiner Freyheit ansehen. Vielmehr wenn er Bewußtseyn damit Willen und
Freiheit hätte, wäre er denkend, somit würde der Raum für ihn als
allgemeiner alle Richtung enthaltender, und damit die eine Richtung
nach Norden vielmehr als eine Schranke für seine Freyheit seyn, so sehr
als es für den Menschen eine Schranke auf einer Stelle festgehalten zu
werden, für die Pflanze aber nicht ist.

Das Sollen andererseits ist das Hinausgehen über die Schranke, aber ein
selbst nur endliches Hinausgehen. Es hat daher seine Stelle und sein
Gelten im Felde der Endlichkeit, wo es das Ansichseyn gegen das
Beschränkte festhält und es als die Regel und das Wesentliche gegen das
Nichtige behauptet. Die Pflicht ist ein Sollen gegen den besonderen
Willen, gegen die selbstsüchtige Begierde und das willkürliche
Interesse gekehrt; dem Willen, insofern er in seiner Beweglichkeit sich
vom Wahrhaften isoliren kann, wird dieses als ein Sollen vorgehalten.
Diejenigen, welche das Sollen der Moral so hoch halten, und darin, daß
das Sollen nicht als Letztes und Wahrhaftes anerkannt wird, meinen, daß
die Moralität zerstört werden solle, sowie die Raisonneurs, deren
Verstand sich die unaufhörliche Befriedigung giebt, gegen Alles, was da
ist, ein Sollen und somit ein Besser-wissen vorbringen zu können, die
sich das Sollen darum ebenso wenig wollen rauben lassen, sehen nicht,
daß für die Endlichkeit ihrer Kreise das Sollen vollkommen anerkannt
wird.—Aber in der Wirklichkeit selbst steht es nicht so traurig um
Vernünftigkeit und Gesetz, daß sie nur seyn sollten, dabei bleibt nur
das Abstraktum des Ansichseyns,—so wenig als daß das Sollen an ihm
selbst perennirend und, was dasselbe ist, die Endlichkeit absolut wäre.
Die Kantische und Fichtesche Philosophie giebt als den höchsten Punkt
der Auflösung der Widersprüche der Vernunft das Sollen an, was aber
vielmehr nur der Standpunkt des Beharrens in der Endlichkeit und damit
im Widerspruche, ist.

3. Übergang des Endlichen in das Unendliche.

Das Sollen für sich enthält die Schranke, und die Schranke das Sollen.
Ihre Beziehung auf einander ist das Endliche selbst, das sie beide in
seinem Insichseyn enthält. Diese Momente seiner Bestimmung sind sich
qualitativ entgegengesetzt; die Schranke ist bestimmt als das Negative
des Sollens, und das Sollen ebenso als das Negative der Schranke. Das
Endliche ist so der Widerspruch seiner in sich; es hebt sich auf,
vergeht. Aber dieß sein Resultat, das Negative überhaupt, ist à) seine
Bestimmung selbst; denn es ist das Negative des Negativen. So ist das
Endliche in dem Vergehen nicht vergangen; es ist zunächst nur ein
anderes Endliches geworden, welches aber ebenso das Vergehen als
Übergehen in ein anderes Endliches ist, und so fort, etwa ins
Unendliche. Aber ß) näher dieß Resultat betrachtet, so hat das Endliche
in seinem Vergehen, dieser Negation seiner selbst, sein Ansichseyn
erreicht, es ist darin mit sich selbst zusammengegangen. Jedes seiner
Momente enthält eben dieß Resultat; das Sollen geht über die Schranke,
d. i. über sich selbst hinaus; über es hinaus aber oder sein Anderes
ist nur die Schranke selbst. Die Schranke aber weist über sich selbst
unmittelbar hinaus zu seinem Anderen, welches das Sollen ist; dieses
aber ist dieselbe Entzweiung des Ansichseyns und des Daseyns wie die
Schranke, ist dasselbe; über sich hinaus geht sie daher ebenso nur mit
sich zusammen. Diese Identität mit sich, die Negation der Negation, ist
affirmatives Seyn, so das Andere des Endlichen, als welches die erste
Negation zu seiner Bestimmtheit haben soll;—jenes Andere ist das
Unendliche.

C. Die Unendlichkeit.

Das Unendliche in seinem einfachen Begriff kann zunächst als eine neue
Definition des Absoluten angesehen werden; es ist als die
bestimmungslose Beziehung auf sich gesetzt als Seyn und Werden. Die
Formen des Daseyns fallen aus in der Reihe der Bestimmungen, die für
Definitionen des Absoluten angesehen werden können, da die Formen jener
Sphäre für sich unmittelbar nur als Bestimmtheiten, als endliche
überhaupt, gesetzt sind. Das Unendliche aber gilt schlechthin für
absolut, da es ausdrücklich als Negation des Endlichen bestimmt ist,
hiermit auf die Beschränktheit, deren das Seyn und Werden, wenn sie
auch an ihnen keine Beschränktheit haben oder zeigen, doch etwa fähig
seyn könnten, im Unendlichen ausdrücklich Beziehung genommen und eine
solche an ihm negirt ist.

Damit aber selbst ist das Unendliche nicht schon in der That der
Beschränktheit und Endlichkeit entnommen; die Hauptsache ist, den
wahrhaften Begriff der Unendlichkeit von der schlechten Unendlichkeit,
das Unendliche der Vernunft von dem Unendlichen des Verstandes zu
unterscheiden; doch Letzteres ist das verendlichte Unendliche, und es
wird sich ergeben, daß eben indem das Unendliche vom Endlichen rein und
entfernt gehalten werden soll, es nur verendlicht wird.

Das Unendliche ist

a. in einfacher Bestimmung das Affirmative als Negation des Endlichen;

b. es ist aber damit in Wechselbestimmung mit dem Endlichen, und ist
das abstrakte, einseitige Unendliche;

c. das Sich-aufheben dieses Unendlichen, wie des Endlichen als Ein
Proceß,—ist das wahrhafte Unendliche.

a. Das Unendliche überhaupt.

Das Unendliche ist die Negation der Negation, das Affirmative, das
Seyn, das sich aus der Beschränktheit wieder hergestellt hat. Das
Unendliche ist, und in intensiverem Sinn als das erste unmittelbare
Seyn; es ist das wahrhafte Seyn; die Erhebung aus der Schranke. Bei dem
Namen des Unendlichen geht dem Gemüth und dem Geiste sein Licht auf,
denn er ist darin nicht nur abstrakt bei sich, sondern erhebt sich zu
sich selbst, zum Lichte seines Denkens, seiner Allgemeinheit, seiner
Freiheit.

Zuerst hat sich für den Begriff des Unendlichen ergeben, daß das Daseyn
in seinem Ansichseyn sich als Endliches bestimmt, und über die Schranke
hinausgeht. Es ist die Natur des Endlichen selbst, über sich
hinauszugehen, seine Negation zu negiren und unendlich zu werden. Das
Unendliche steht somit nicht als ein für sich Fertiges über dem
Endlichen, so daß das Endliche außer oder unter jenem sein Bleiben
hätte und behielte. Noch gehen wir nur als eine subjektive Vernunft
über das Endliche ins Unendliche hinaus. Wie wenn man sagt, daß das
Unendliche der Vernunftbegriff sey, und wir uns durch die Vernunft über
das Zeitliche erheben, so läßt man dieß ganz unbeschadet des Endlichen
geschehen, welches jene ihm äußerlich bleibende Erhebung nichts angeht.
Insofern aber das Endliche selbst in die Unendlichkeit erhoben wird,
ist es eben so wenig eine fremde Gewalt, welche ihm dieß anthut,
sondern es ist dieß seine Natur, sich auf sich als Schranke, sowohl als
Schranke als solche, wie als Sollen, zu beziehen, und über dieselbe
hinauszugehen, oder vielmehr als Beziehung auf sich sie negirt zu haben
und über sie hinaus zu seyn. Nicht im Aufheben der Endlichkeit
überhaupt wird die Unendlichkeit überhaupt, sondern das Endliche ist
nur dieß, selbst durch seine Natur dazu zu werden. Die Unendlichkeit
ist seine affirmative Bestimmung, das was es wahrhaft an sich ist.

So ist das Endliche im Unendlichen verschwunden, und was ist, ist nur
das Unendliche.

b. Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen.

Das Unendliche ist; in dieser Unmittelbarkeit ist es zugleich die
Negation eines Andern, des Endlichen. So als seyend und zugleich als
Nichtseyn eines Andern ist es in die Kategorie des Etwas als eines
bestimmten überhaupt, näher weil es das in sich-reflektirte,
vermittelst des Aufhebens der Bestimmtheit überhaupt resultirende
Daseyn, hiermit als das von seiner Bestimmtheit unterschiedene Daseyn
gesetzt ist,—in die Kategorie des Etwas mit einer Grenze,
zurückgefallen. Das Endliche steht nach dieser Bestimmtheit dem
Unendlichen als reales Daseyn gegenüber; so stehen sie in qualitativer
Beziehung als außer einander bleibende; das unmittelbare Seyn des
Unendlichen erweckt das Seyn seiner Negation, des Endlichen wieder, das
zunächst im Unendlichen verschwunden schien.

Aber das Unendliche und Endliche sind nicht nur in diesen Kategorien
der Beziehung; die beiden Seiten sind weiter bestimmt, als bloß Andere
gegeneinander zu seyn. Die Endliche ist nämlich die als Schranke
gesetzte Schranke, es ist das Daseyn mit der Bestimmung gesetzt in sein
Ansichseyn überzugehen, unendlich zu werden. Die Unendlichkeit ist das
Nichts des Endlichen, dessen Ansichseyn und Sollen, aber dieses
zugleich als in sich reflektirt, das ausgeführte Sollen, nur sich auf
sich beziehendes ganz affirmatives Seyn. In der Unendlichkeit ist die
Befriedigung vorhanden, daß alle Bestimmtheit, Veränderung, alle
Schranke und mit ihr das Sollen selbst verschwunden, als aufgehoben,
das Nichts des Endlichen gesetzt ist. Als diese Negation des Endlichen
ist das Ansichseyn bestimmt, welches so als Negation der Negation in
sich affirmativ ist. Diese Affirmation jedoch ist als qualitativ
unmittelbare Beziehung auf sich; Seyn; hierdurch ist das Unendliche auf
die Kategorie zurückgeführt, daß es das Endliche als ein Anderes sich
gegenüber hat; seine negative Natur ist als die seyende, hiermit erste
und unmittelbare Negation gesetzt. Das Unendliche ist auf diese Weise
mit dem Gegensatze gegen das Endliche behaftet, welches, als Anderes,
das bestimmte, reale Daseyn zugleich bleibt, obschon es in seinem
Ansichseyn, dem Unendlichen, zugleich als aufgehoben gesetzt ist;
dieses ist das Nicht-endliche; —ein Seyn in der Bestimmtheit der
Negation. Gegen das Endliche, den Kreis der seyenden Bestimmtheiten,
der Realitäten, ist das Unendliche das unbestimmte Leere, das Jenseits
des Endlichen, welches sein Ansichseyn nicht an seinem Daseyn, das ein
bestimmtes ist, hat.

So das Unendliche gegen das Endliche in qualitativer Beziehung von
Anderen zu einander gesetzt, ist es das Schlecht-Unendliche, das
Unendliche des Verstandes zu nennen, dem es für die höchste, für die
absolute Wahrheit gilt; ihn zum Bewußtseyn darüber zu bringen, daß,
indem er seine Befriedigung in der Versöhnung der Wahrheit erreicht zu
haben meint, er in dem unversöhnten, unaufgelösten, absoluten
Widerspruche sich befindet, müßten die Widersprüche bewirken, in die er
nach allen Seiten verfällt, so wie er sich auf die Anwendung und
Explikation dieser seiner Kategorien einläßt.

Dieser Widerspruch ist sogleich darin vorhanden, daß dem Unendlichen
das Endliche als Daseyn gegenüber bleibt; es sind damit zwei
Bestimmtheiten; es giebt zwei Welten, eine unendliche und eine
endliche, und in ihrer Beziehung ist das Unendliche nur Grenze des
Endlichen, und ist damit nur ein bestimmtes, selbst endliches
Unendliches.

Dieser Widerspruch entwickelt seinen Inhalt zu ausdrücklicheren
Formen.—Das Endliche ist das reale Daseyn, welches so verbleibt, auch
indem zu seinem Nichtseyn, dem Unendlichen, übergegangen wird;— dieses
hat, wie gezeigt, nur die erste, unmittelbare Negation zu seiner
Bestimmtheit gegen das Endliche, so wie dieses gegen jene Negation, als
Negirtes nur die Bedeutung eines Anderen hat, und daher noch Etwas ist.
Wenn somit der sich aus dieser endlichen Welt erhebende Verstand zu
seinem Höchsten, dem Unendlichen, aufsteigt, so bleibt ihm diese
endliche Welt als ein Diesseits stehen, so daß das Unendliche nur über
dem Endlichen gesetzt, von diesem abgesondert und eben damit das
Endliche von dem Unendlichen abgesondert wird;—beide an einen
verschiedenen Platz gestellt,—das Endliche als das hiesige Daseyn, das
Unendliche aber, zwar das Ansich des Endlichen, doch als ein Jenseits
in die trübe, unerreichbare Ferne, außerhalb welcher jenes sich befinde
und dableibe.

So abgesondert sind sie ebenso wesentlich eben durch die sie
abscheidende Negation auf einander bezogen. Diese sie, die in sich
reflektirten Etwas, beziehende Negation ist die gegenseitige Grenze des
einen gegen das Andere; und zwar so, daß jedes derselben, sie nicht
bloß gegen das Andere an ihm hat, sondern die Negation ist ihr
Ansichseyn, jedes hat die Grenze so an ihm selbst für sich, in seiner
Absonderung von dem Anderen. Die Grenze ist aber als die erste
Negation, so sind beide begrenzte, endliche an sich selbst. Jedoch ist
jedes auch als sich auf sich affirmativ beziehend die Negation seiner
Grenze; so stößt es sie als sein Nichtseyn unmittelbar von sich ab, und
qualitativ davon getrennt, setzt es sie als ein anderes Seyn außer ihm,
das Endliche sein Nichtseyn als dieß Unendliche, dieses ebenso das
Endliche. Daß von dem Endlichen zum Unendlichen nothwendig d. h. durch
die Bestimmung des Endlichen übergegangen und es als zum Ansichseyn
erhoben werde, wird leicht zugegeben, indem das Endliche zwar als
bestehendes Daseyn aber zugleich auch als das an sich nichtige also
sich nach seiner Bestimmung auflösende bestimmt ist, das Unendliche
aber zwar als mit Negation und Grenze behaftet, bestimmt ist, aber
zugleich auch als das Ansichseyende, so daß diese Abstraktion der sich
auf sich beziehenden Affirmation seine Bestimmung ausmache, nach dieser
hiermit das endliche Daseyn nicht in ihr liege. Aber es ist gezeigt
worden, daß das Unendliche selbst nur vermittelst der Negation, als
Negation der Negation, zum affirmativen Seyn resultirt, und daß diese
seine Affirmation als nur einfaches, qualitatives Seyn genommen, die in
ihm enthaltene Negation, zur einfachen unmittelbaren Negation, und
damit zur Bestimmtheit und Grenze herabsetzt, welches dann ebenso als
widersprechend seinem Ansichseyn, aus ihm ausgeschlossen, als nicht das
Seinige, vielmehr seinem Ansichseyn entgegengesetzte, das Endliche,
gesetzt wird. Indem so jedes, an ihm selbst und aus seiner Bestimmung
das Setzen seines Anderen ist, sind sie untrennbar. Aber diese ihre
Einheit ist in dem qualitativen Andersseyn derselben verborgen, sie ist
die innerliche, die nur zu Grunde liegt.

Dadurch ist die Weise der Erscheinung dieser Einheit bestimmt; im
Daseyn gesetzt ist sie als ein Umschlagen oder Übergehen des Endlichen
zum Unendlichen, und umgekehrt; so daß das Unendliche an dem Endlichen,
und das Endliche an dem Unendlichen, das Andere an dem Anderen, nur
hervortrete, das heißt, jedes ein eigenes unmittelbares Entstehen an
dem Anderen und ihre Beziehung nur eine äußerliche sey.

Der Proceß ihres Übergehens hat folgende, ausführliche Gestalt. Es wird
über das Endliche hinausgegangen in das Unendliche. Dieß Hinausgehen
erscheint als ein äußerliches Thun. In diesem dem Endlichen jenseitigen
Leeren was entsteht? Was ist das Positive darin? Um der Untrennbarkeit
des Unendlichen und Endlichen willen, (oder weil dieß auf seiner Seite
stehende Unendliche selbst beschränkt ist), entsteht die Grenze; das
Unendliche ist verschwunden, sein Anderes, das Endliche, ist
eingetreten. Aber dieß Eintreten des Endlichen, erscheint als ein dem
Unendlichen äußerliches Geschehen, und die neue Grenze als ein solches,
das nicht aus dem Unendlichen selbst entstehe, sondern ebenso
vorgefunden werde. Es ist damit der Rückfall in die vorherige,
vergebens aufgehobene Bestimmung vorhanden. Diese neue Grenze aber ist
selbst nur ein solches, das aufzuheben, oder über das hinaus zu gehen
ist. Somit ist wieder das Leere, das Nichts entstanden, in welchem
ebenso jene Bestimmtheit, eine neue Grenze, angetroffen wird,—und
sofort ins Unendliche.

Es ist die Wechselbestimmung des Endlichen und Unendlichen vorhanden;
das Endliche ist endlich nur in der Beziehung auf das Sollen oder auf
das Unendliche, und das Unendliche ist nur unendlich in Beziehung auf
das Endliche. Sie sind untrennbar und zugleich schlechthin Andere
gegeneinander; jedes hat das Andere seiner an ihm selbst; so ist jedes
die Einheit seiner und seines Anderen, und ist in seiner Bestimmtheit
Daseyn, das nicht zu seyn, was es selbst und was sein Anderes ist.

Diese sich selbst und seine Negation negirende Wechselbestimmung ist
es, welche als der Progreß ins Unendliche auftritt, der in so vielen
Gestalten und Anwendungen als ein Letztes gilt, über das nicht mehr
hinausgegangen wird, sondern angekommen bei jenem: Und so fort ins
Unendliche, pflegt der Gedanke sein Ende erreicht zu haben.—Dieser
Progreß tritt allenthalben ein, wo relative Bestimmungen bis zu ihrer
Entgegensetzung getrieben sind, so daß sie in untrennbarer Einheit
sind, und doch jeder gegen die andere ein selbstständiges Daseyn
zugeschrieben wird. Dieser Progreß ist daher der Widerspruch, der nicht
aufgelöst ist, sondern immer nur als vorhanden ausgesprochen wird.

Es ist ein abstraktes Hinausgehen vorhanden, das unvollständig bleibt,
indem über dieß Hinausgehen nicht selbst hinausgegangen wird. Es ist
das Unendliche vorhanden; über dasselbe wird allerdings hinausgegangen,
denn es wird eine neue Grenze gesetzt, aber damit eben wird vielmehr
nur zum Endlichen zurückgekehrt. Diese schlechte Unendlichkeit ist an
sich dasselbe, was das perennirende Sollen, sie ist zwar die Negation
des Endlichen, aber sie vermag sich nicht in Wahrheit davon zu
befreien; dieß tritt an ihr selbst wieder hervor, als ihr Anderes, weil
dieß Unendliche nur ist als in Beziehung auf das ihm andere Endliche.
Der Progreß ins Unendliche ist daher nur die sich wiederholende
Einerleiheit, eine und dieselbe langweilige Abwechslung dieses
Endlichen und Unendlichen.

Die Unendlichkeit des unendlichen Progresses bleibt mit dem Endlichen
als solchem behaftet, ist dadurch begrenzt, und selbst endlich. Somit
wäre es aber in der That als die Einheit des Endlichen und Unendlichen
gesetzt. Aber auf diese Einheit wird nicht reflektirt. Sie ist es
jedoch nur, welche im Endlichen das Unendliche, und im Unendlichen das
Endliche hervorruft, sie ist so zu sagen die Triebfeder des unendlichen
Progresses. Er ist das Äußere jener Einheit, bei welchem die
Vorstellung stehen bleibt, bei jener perennirenden Wiederholung eines
und desselben Abwechselns, der leeren Unruhe des Weitergehens über die
Grenze hinaus zur Unendlichkeit, das in diesem Unendlichen eine neue
Grenze findet, auf derselben aber sich so wenig halten kann, als in dem
Unendlichen. Dieses Unendliche hat die feste Determination eines
Jenseits, das nicht erreicht werden kann, darum weil es nicht erreicht
werden soll, weil von der Bestimmtheit des Jenseits, der seyenden
Negation nicht abgelassen wird. Er hat nach dieser Bestimmung das
Endliche als ein Diesseits sich gegenüber, das sich eben so wenig ins
Unendliche erheben kann, darum weil es diese Determination eines
Andern, hiermit eines perennirenden, sich in seinem Jenseits wieder und
zwar als davon verschieden, erzeugenden Daseyns hat.

c. Die affirmative Unendlichkeit.

In dem aufgezeigten herüber- und hinübergehenden Wechselbestimmen des
Endlichen und Unendlichen ist die Wahrheit derselben an sich schon
vorhanden, und es bedarf nur des Aufnehmens dessen, was vorhanden ist.
Dieß Herüber- und Hinübergehen macht die äußere Realisation des
Begriffes aus; es ist in ihr das, aber äußerlich, außer einander
fallend, gesetzt, was der Begriff enthält; es bedarf nur der
Vergleichung dieser verschiedenen Momente, in welcher die Einheit sich
ergiebt, die den Begriff selbst giebt;—die Einheit des Unendlichen und
Endlichen, ist, wie schon oft bemerkt, hier aber vornehmlich in
Erinnerung zu bringen ist, der schiefe Ausdruck für die Einheit, wie
sie selbst wahrhaft ist; aber auch das Entfernen dieser schiefen
Bestimmung muß in jener vor uns liegenden Äußerung des Begriffes
vorhanden seyn.

Nach ihrer nächsten, nur unmittelbaren Bestimmung genommen, so ist das
Unendliche nur als das Hinausgehen über das Endliche; es ist seiner
Bestimmung nach die Negation des Endlichen; so ist das Endliche nur als
das, worüber hinausgegangen werden muß, die Negation seiner an ihm
selbst, welche die Unendlichkeit ist. In jedem liegt hiermit die
Bestimmtheit des Andern, die nach der Meinung des unendlichen
Progresses von einander ausgeschlossen seyn sollen und nur abwechselnd
auf einander folgen; es kann keines gesetzt und gefaßt werden ohne das
Andere, das Unendliche nicht ohne das Endliche, dieses nicht ohne das
Unendliche. Wenn gesagt wird, was das Unendliche ist, nämlich die
Negation des Endlichen, so wird das Endliche selbst mit ausgesprochen;
es kann zur Bestimmung des Unendlichen nicht entbehrt werden. Man
bedarf nur zu wissen, was man sagt, um die Bestimmung des Endlichen im
Unendlichen zu finden. Vom Endlichen seinerseits wird sogleich
zugegeben, daß es das Nichtige ist, aber eben seine Nichtigkeit ist die
Unendlichkeit, von der es ebenso untrennbar ist.—In diesem Auffassen
können sie nach ihrer Beziehung auf ihr Anderes genommen zu seyn
scheinen. Werden sie hiermit beziehungslos genommen, so daß sie nur
durch das: Und verbunden seyen, so stehen sie als selbstständig, jedes
nur an ihm selbst seyend, einander gegenüber. Es ist zu sehen, wie sie
in solcher Weise beschaffen sind. Das Unendliche so gestellt ist Eines
der beiden; aber als nur Eines der beiden ist es selbst endlich, es ist
nicht das Ganze, sondern nur die Eine Seite; es hat an dem
gegenüberstehenden seine Grenze; es ist so das endliche Unendliche. Es
sind nur zwei Endliche vorhanden. Eben darin, daß es so vom Endlichen
abgesondert, damit als Einseitiges gestellt wird, liegt seine
Endlichkeit, also seine Einheit mit dem Endlichen.—Das Endliche
seinerseits als für sich vom Unendlichen entfernt gestellt, ist diese
Beziehung auf sich, in der seine Relativität, Abhängigkeit, seine
Vergänglichkeit entfernt ist; es ist dieselbe Selbstständigkeit und
Affirmation seiner, welche das Unendliche seyn soll.

Beide Betrachtungsweisen, die zunächst eine verschiedene Bestimmtheit
zu ihrem Ausgangspunkte zu haben scheinen, in sofern die erstere nur
als Beziehung des Unendlichen und Endlichen auf einander, eines jeden
auf sein Anderes, und die zweite sie in ihrer völligen Absonderung von
einander halten soll, geben ein und dasselbe Resultat; das Unendliche
und Endliche nach der Beziehung beider auf einander, die ihnen
äußerlich wäre, aber die ihnen wesentlich, ohne die keines ist, was es
ist, enthält so sein Anderes in seiner eigenen Bestimmung, ebenso sehr
als jedes für sich genommen, an ihm selbst betrachtet, sein Anderes in
ihm als sein eigenes Moment liegen hat.

Dieß giebt denn die—verrufene—Einheit des Endlichen und Unendlichen,
—die Einheit, die selbst das Unendliche ist, welches sich selbst und
die Endlichkeit in sich begreift,—also das Unendliche in einem anderen
Sinne als in dem, wornach das Endliche von ihm abgetrennt und auf die
andere Seite gestellt ist. Indem sie nun auch unterschieden werden
müssen, ist jedes, wie vorhin gezeigt, selbst an ihm die Einheit
beider; so ergeben sich zwei solche Einheiten. Das Gemeinschaftliche,
die Einheit beider Bestimmtheiten, setzt als Einheit sie zunächst als
negirte, da jedes das seyn soll, was es ist in ihrer Unterschiedenheit;
in ihrer Einheit verlieren sie also ihre qualitative Natur;—eine
wichtige Reflexion gegen die Vorstellung, die sich nicht davon
losmachen will, in der Einheit des Unendlichen und Endlichen sie nach
der Qualität, welche sie als außereinander genommen haben sollen,
festzuhalten, und daher in jener Einheit nichts als den Widerspruch,
nicht auch die Auflösung desselben durch die Negation der qualitativen
Bestimmtheit beider sieht; so wird die zunächst einfache, allgemeine
Einheit des Unendlichen und Endlichen verfälscht.

Ferner aber, indem sie nun auch als unterschieden zu nehmen sind, so
ist die Einheit des Unendlichen, die jedes dieser Momente selbst ist,
in jedem derselben auf verschiedene Weise bestimmt. Das seiner
Bestimmung nach Unendliche hat die von ihm unterschiedene Endlichkeit
an ihm, jenes ist das Ansich in dieser Einheit, und dieses ist nur
Bestimmtheit, Grenze an ihm, allein es ist eine Grenze, welche das
schlechthin Andere desselben, sein Gegentheil ist; seine Bestimmung,
welche das An-sich-seyn als solches ist, wird durch den Beischlag einer
Qualität solcher Art verdorben; es ist so ein verendlichtes
Unendliches. Auf gleiche Weise, indem das Endliche als solches nur das
Nicht-ansichseyn ist, aber nach jener Einheit gleichfalls sein
Gegentheil an ihm hat, wird es über seinen Werth und zwar so zu sagen
unendlich erhoben; es wird als das verunendlichte Endliche gesetzt.

Auf gleiche Weise wie vorhin die einfache, so wird vom Verstande auch
die gedoppelte Einheit des Unendlichen und Endlichen verfälscht. Dieß
geschieht hier ebenso dadurch, daß in der einen der beiden Einheiten,
das Unendliche als nicht negirtes, vielmehr als das An-sich-seyn
angenommen wird, an welches also nicht die Bestimmtheit und Schranke
gesetzt werden soll; es werde dadurch das An-sich-seyn herabgesetzt und
verdorben. Umgekehrt wird das Endliche gleichfalls als das nicht
negirte, obgleich an sich Nichtige, festgehalten, so daß es in seiner
Verbindung mit dem Unendlichen zu dem, was es nicht sey, erhoben, und
dadurch gegen seine nicht verschwundene, vielmehr perennirende
Bestimmung verunendlicht werde.

Die Verfälschung, die der Verstand mit dem Endlichen und Unendlichen
vornimmt, ihre Beziehung aufeinander als qualitative Verschiedenheit
festzuhalten, sie in ihrer Bestimmung als getrennt und zwar absolut
getrennt zu behaupten, gründet sich auf das Vergessen dessen, was für
ihn selbst der Begriff dieser Momente ist. Nach diesem ist die Einheit
des Endlichen und Unendlichen nicht ein äußerliches Zusammenbringen
derselben, noch eine ungehörige, ihrer Bestimmung zuwiderlaufende
Verbindung, in welcher an sich getrennte und entgegengesetzte,
gegeneinander Selbstständige, Seyende, somit unverträgliche verknüpft
würden, sondern jedes ist an ihm selbst diese Einheit, und dieß nur als
Aufheben seiner selbst worin keines vor dem andern einen Vorzug des
Ansichseyns und affirmativen Daseyns hätte. Wie früher gezeigt, ist die
Endlichkeit nur als Hinausgehen über sich; es ist also in ihr die
Unendlichkeit, das Andere ihrer selbst, enthalten. Eben so ist die
Unendlichkeit nur als Hinausgehen über das Endliche; sie enthält also
wesentlich ihr Anderes, und ist somit an ihr das Andere ihrer selbst.
Das Endliche wird nicht vom Unendlichen als einer außer ihm vorhandenen
Macht aufgehoben, sondern es ist seine Unendlichkeit, sich selbst
aufzuheben.

Dieß Aufheben ist somit nicht die Veränderung oder das Andersseyn
überhaupt, nicht das Aufheben von Etwas. Das, worin sich das Endliche
aufhebt, ist das Unendliche als das Negiren der Endlichkeit; aber diese
ist längst selbst nur das Daseyn als ein Nichtseyn bestimmt. Es ist
also nur die Negation, die sich in der Negation aufhebt. So ist ihrer
Seits die Unendlichkeit als das Negative der Endlichkeit und damit der
Bestimmtheit überhaupt, als das leere Jenseits, bestimmt; sein
Sich-aufheben im Endlichen ist ein Zurückkehren aus der leeren Flucht,
Negation des Jenseits, das ein Negatives an ihm selbst ist.

Was also vorhanden ist, ist in beiden dieselbe Negation der Negation.
Aber diese ist an sich Beziehung auf sich selbst, die Affirmation aber
als Rückkehr zu sich selbst, d. i. durch die Vermittelung, welche die
Negation der Negation ist. Diese Bestimmungen sind es, die wesentlich
ins Auge zu fassen sind; das zweite aber ist, daß sie im unendlichen
Progresse auch gesetzt sind, und wie sie in ihm gesetzt sind,—nämlich
noch nicht in ihrer letzten Wahrheit.

Es werden darin erstens beide, sowohl das Unendliche als das Endliche
negirt,—es wird über beide auf gleiche Weise hinausgegangen; zweitens
werden sie auch als unterschiedene, jedes nach dem Andern, als für sich
Positive gesetzt. Wir fassen so diese zwei Bestimmungen vergleichend
heraus, wie wir in der Vergleichung, einem äußeren Vergleichen, die
zwei Betrachtungsweisen, des Endlichen und Unendlichen in ihrer
Beziehung, und ihrer jedes für sich genommen, getrennt haben. Aber der
unendliche Progreß spricht mehr aus, es ist in ihm auch der
Zusammenhang der auch Unterschiedenen gesetzt, jedoch zunächst nur noch
als Übergang und Abwechslung; es ist nur in einer einfachen Reflexion
von uns zu sehen, was in der That darin vorhanden ist.

Zunächst kann die Negation des Endlichen und Unendlichen, die im
unendlichen Progresse gesetzt ist, als einfach, somit als auseinander,
nur aufeinander folgend genommen werden. Vom Endlichen angefangen, so
wird über die Grenze hinausgegangen, das Endliche negirt. Nun ist also
das Jenseits desselben, das Unendliche, vorhanden, aber in diesem
entsteht wieder die Grenze; so ist das Hinausgehen über das Unendliche
vorhanden. Dieß zweifache Aufheben ist jedoch Theils überhaupt nur als
ein äußerliches Geschehen und Abwechseln der Momente, Theils noch nicht
als Eine Einheit gesetzt; jedes dieser Hinaus ist ein eigener Ansatz,
ein neuer Akt, so daß sie so auseinander fallen.—Es ist aber auch
ferner im unendlichen Progresse deren Beziehung vorhanden. Es ist
erstlich das Endliche; dann wird darüber hinausgegangen, dieß Negative
oder Jenseits des Endlichen ist das Unendliche; drittens wird über
diese Negation wieder hinausgegangen, es entsteht eine neue Grenze,
wieder ein Endliches. —Dieß ist die vollständige, sich selbst
schließende Bewegung, die bei dem angekommen, das den Anfang machte; es
entsteht dasselbe, von dem ausgegangen worden war, d. i. das Endliche
ist wiederhergestellt; dasselbe ist also mit sich selbst
zusammengegangen, hat nur sich in seinem Jenseits wiedergefunden.

Dasselbe ist der Fall in Ansehung des Unendlichen. Im Unendlichen, dem
Jenseits der Grenze entsteht nur eine neue, welche dasselbe Schicksal
hat, als Endliches negirt werden zu müssen. Was so wieder vorhanden
ist, ist dasselbe Unendliche, das vorhin in der neuen Grenze
verschwand; das Unendliche ist daher durch sein Aufheben, durch die
neue Grenze hindurch, nicht weiter hinausgeschoben, weder von dem
Endlichen entfernt worden, denn dieses ist nur dieß, in das Unendliche
überzugehen,—noch von sich selbst, denn es ist bei sich angekommen.

So ist beides, das Endliche und das Unendliche, diese Bewegung, zu sich
durch seine Negation zurückzukehren; sie sind nur als Vermittelung in
sich, und das Affirmative beider enthält die Negation beider, und ist
die Negation der Negation.—Sie sind so Resultat, hiermit nicht das, was
sie in der Bestimmung ihres Anfangs sind; —nicht das Endliche ein
Daseyn seinerseits und das Unendliche ein Daseyn, oder Ansichseyn
jenseits des Daseyns, d. i. des als endlich bestimmten. Gegen die
Einheit des Endlichen und Unendlichen sträubt sich der Verstand nur
darum so sehr, weil er die Schranke und das Endliche wie das Ansichseyn
als perennirend voraussetzt; damit übersieht er die Negation beider,
die im unendlichen Progresse faktisch vorhanden ist, wie ebenso, daß
sie darin nur als Momente eines Ganzen vorkommen und daß sie nur
vermittelst ihres Gegentheils aber wesentlich ebenso vermittelst des
Aufhebens ihres Gegentheils hervortreten.

Wenn zunächst die Rückkehr in sich, ebenso wohl als Rückkehr des
Endlichen zu sich, wie als die des Unendlichen zu sich betrachtet
wurde, so zeigt sich in diesem Resultate selbst eine Unrichtigkeit, die
mit der so eben gerügten Schiefheit zusammenhängt; das Endliche ist das
eine Mal, das Unendliche das Andere Mal als Ausgangspunkt genommen, und
nur dadurch entstehen zwei Resultate. Es ist aber völlig gleichgültig,
welches als Anfang genommen werde; damit fällt der Unterschied für sich
hinweg, der die Zweiheit der Resultate hervorbrachte. Dieß ist in der
nach beiden Seiten unbegrenzten Linie des unendlichen Progresses
gleichfalls gesetzt, worin jedes der Momente mit gleichem abwechselnden
Vorkommen vorhanden, und es ganz äußerlich ist, in welche Stelle
gegriffen und als Anfang genommen werde.—Sie sind in demselben
unterschieden, aber auf gleiche Weise das eine nur das Moment des
andern. Indem sie beide, das Endliche und das Unendliche selbst Momente
des Processes sind, sind sie gemeinschaftlich das Endliche, und indem
sie ebenso gemeinschaftlich in ihm und im Resultate negirt sind, so
heißt dieses Resultat als Negation jener Endlichkeit beider mit
Wahrheit das Unendliche. Ihr Unterschied ist so der Doppelsinn, den
beide haben. Das Endliche hat den Doppelsinn, erstens nur das Endliche
gegen das Unendliche zu seyn, das ihm gegenübersteht, und zweitens das
Endliche und das ihm gegenüberstehende Unendliche zugleich zu seyn.
Auch das Unendliche hat den Doppelsinn, eines jener beiden Momente zu
seyn, so ist es das Schlechtunendliche, und das Unendliche zu seyn, in
welchem jene beide, es selbst und sein anderes, nur Momente sind. Wie
also das Unendliche in der That vorhanden ist, ist der Proceß zu seyn,
in welchem es sich herabsetzt, nur eine seiner Bestimmungen, dem
Endlichen gegenüber und damit selbst nur eines der Endlichen zu seyn,
und diesen Unterschied seiner von sich selbst zur Affirmation seiner
aufzuheben und durch diese Vermittelung als wahrhaft Unendliches zu
seyn.

Diese Bestimmung des wahrhaft Unendlichen kann nicht in die schon
gerügte Formel einer Einheit des Endlichen und Unendlichen gefaßt
werden; die Einheit ist abstrakte bewegungslose Sichselbstgleichheit,
und die Momente sind ebenso als unbewegte Seyende. Das Unendliche aber
ist, wie seine beiden Momente, vielmehr wesentlich nur als Werden, aber
das nun in seinen Momenten weiter bestimmte Werden. Dieses hat zunächst
das abstrakte Seyn und Nichts zu seinen Bestimmungen; als Veränderung
Daseyende, Etwas und Anderes; nun als Unendliches, Endliches und
Unendliches, selbst als Werdende.

Dieses Unendliche als In-sich-Zurückgekehrtseyn, Beziehung seiner auf
sich selbst, ist Seyn aber nicht bestimmungsloses, abstraktes Seyn,
denn es ist gesetzt als negirend die Negation; es ist somit auch
Daseyn, denn es enthält die Negation überhaupt, somit die Bestimmtheit.
Es ist, und ist da, präsent, gegenwärtig. Nur das Schlecht-Unendliche
ist das Jenseits, weil es nur die Negation des als real gesetzten
Endlichen ist,—so ist es die abstrakte, erste Negation; nur als negativ
bestimmt, hat es nicht die Affirmation des Daseyns in ihm; festgehalten
als nur Negatives soll es sogar nicht da, soll unerreichbar seyn. Diese
Unerreichbarkeit ist aber nicht seine Hoheit, sondern sein Mangel,
welcher seinen letzten Grund darin hat, daß das Endliche als solches
als seyend festgehalten wird. Das Unwahre ist das Unerreichbare; und es
ist einzusehen, daß solches Unendliche das Unwahre ist.—Das Bild des
Progresses ins Unendliche ist die gerade Linie, an deren beiden Grenzen
nur, das Unendliche und immer nur ist, wo sie,—und sie ist Daseyn—nicht
ist, und die zu diesem ihrem Nichtdaseyn, d. i. ins Unbestimmte hinaus
geht; als wahrhafte Unendlichkeit, in sich zurückgebogen, wird deren
Bild der Kreis, die sich erreicht habende Linie, die geschlossen und
ganz gegenwärtig ist, ohne Anfangspunkt und Ende.

Die wahrhafte Unendlichkeit so überhaupt als Daseyn, das als affirmativ
gegen die abstrakte Negation gesetzt ist, ist die Realität in höherem
Sinn,—als die früher einfach bestimmte; sie hat hier einen konkreten
Inhalt erhalten. Das Endliche ist nicht das Reale, sondern das
Unendliche. So wird die Realität weiter als das Wesen, der Begriff, die
Idee u.s.f. bestimmt. Es ist jedoch überflüssig, solche frühere,
abstraktere Kategorien, wie die Realität, bei dem Konkreteren zu
wiederholen und sie für konkretere Bestimmungen, als jene an ihnen
selbst sind, zu gebrauchen. Solches Wiederholen, wie zu sagen, daß das
Wesen oder daß die Idee das Reale sey, hat seine Veranlassung darin,
daß dem ungebildeten Denken die abstraktesten Kategorien, wie Seyn,
Daseyn, Realität Endlichkeit, die geläufigsten sind.

Hier hat die Zurückrufung der Kategorie der Realität ihre bestimmtere
Veranlassung, indem die Negation, gegen welche sie das Affirmative ist,
hier die Negation der Negation, damit ist sie selbst jener Realität,
die das endliche Daseyn ist, gegenüber gesetzt.—Die Negation ist so als
Idealität bestimmt; das Ideelle[7] ist das Endliche, wie es im
wahrhaften Unendlichen ist,—als eine Bestimmung, Inhalt, der
unterschieden, aber nicht selbstständig seyend, sondern als Moment ist.
Die Idealität hat diese konkretere Bedeutung, welche durch Negation des
endlichen Daseyns nicht vollständig ausgedruckt ist.—In Beziehung auf
Realität und Idealität wird aber der Gegensatz des Endlichen und
Unendlichen so gefaßt, daß das Endliche für das Reale gilt, das
Unendliche aber für das Ideelle gilt; wie auch weiterhin der Begriff
als ein Ideelles und zwar als ein nur Ideelles, das Daseyn überhaupt
dagegen als das Reale betrachtet wird. Auf solche Weise hilft es
freilich nichts für die angegebene konkrete Bestimmung der Negation den
eigenen Ausdruck des Ideellen zu haben; es wird in jenem Gegensatze
wieder zu der Einseitigkeit des abstrakten Negativen, die dem
Schlechtunendlichen zukommt, zurückgegangen und bei dem affirmativen
Daseyn des Endlichen beharrt.

 [7] Das Ideale hat eine weiter bestimmte Bedeutung (des Schönen und
 was dahin zieht), als das Ideelle; hierher gehört jene noch nicht; es
 wird hier deswegen der Ausdruck: ideell, gebraucht. Bei der Realität
 findet dieser Unterschied im Sprachgebrauch wohl nicht Statt; das
 Reelle und Reale wird ungefähr gleichbedeutend gesagt; die Schattirung
 beider Ausdrücke etwa gegeneinander hat kein Interesse.


Der Übergang.

Die Idealität kann die Qualität der Unendlichkeit genannt werden; aber
sie ist wesentlich der Proceß des Werdens und damit ein Übergang, wie
des Werdens in Daseyn, der nun anzugeben ist. Als Aufheben der
Endlichkeit, d. i. der Endlichkeit als solcher und ebenso sehr der ihr
nur gegenüberstehenden, nur negativen Unendlichkeit ist diese Rückkehr
in sich, Beziehung auf sich selbst, Seyn. Da in diesem Seyn Negation
ist, ist es Daseyn, aber da sie ferner wesentlich Negation der
Negation, die sich auf sich beziehende Negation ist, ist sie das
Daseyn, welches Fürsichseyn genannt wird.

Anmerkung 1.

Das Unendliche,—nach dem gewöhnlichen Sinne der schlechten
Unendlichkeit,—und der Progreß ins Unendliche, wie das Sollen, sind der
Ausdruck eines Widerspruchs, der sich selbst für die Auflösung und für
das Letzte giebt. Dieß Unendliche ist eine erste Erhebung des
sinnlichen Vorstellens über das Endliche in den Gedanken, der aber nur
den Inhalt von Nichts, dem ausdrücklich als Nichtseyend gesetzten,
hat,—eine Flucht über das Beschränkte, die sich nicht in sich sammelt,
und das Negative nicht zum Positiven zurückzubringen weiß. Diese
unvollendete Reflexion hat die beiden Bestimmungen des wahrhaft
Unendlichen: den Gegensatz des Endlichen und Unendlichen, und die
Einheit des Endlichen und Unendlichen, vollständig vor sich, aber
bringt diese beiden Gedanken nicht zusammen; der eine führt untrennbar
den anderen herbei, aber sie läßt sie nur abwechseln. Die Darstellung
dieser Abwechslung, der unendliche Progreß, tritt allenthalben ein, wo
in dem Widerspruche der Einheit zweier Bestimmungen und des Gegensatzes
derselben verharrt wird. Das Endliche ist das Aufheben seiner selbst,
es schließt seine Negation, die Unendlichkeit in sich;—die Einheit
beider,—es wird hinaus über das Endliche zum Unendlichen als dem
Jenseits desselben gegangen, —Trennung beider; aber über das Unendliche
hinaus ist ein anderes Endliches,—das Hinaus, das Unendliche, enthält
die Endlichkeit, —Einheit beider; aber dieß Endliche ist auch ein
Negatives des Unendlichen;—Trennung beider, u.s.f.—So ist im
Kausalitätsverhältniß Ursache und Wirkung untrennbar; eine Ursache, die
keine Wirkung haben sollte, ist nicht Ursache, wie die Wirkung, die
keine Ursache hätte, nicht mehr Wirkung. Dieß Verhältniß giebt daher
den unendlichen Progreß von Ursachen und Wirkungen; Etwas ist als
Ursache bestimmt, aber sie hat als ein endliches (—und endlich ist sie
eben eigentlich wegen ihrer Trennung von der Wirkung) selbst eine
Ursache, d. h. sie ist auch Wirkung; somit ist dasselbe, was als
Ursache bestimmt wurde, auch als Wirkung bestimmt;—Einheit der Ursache
und der Wirkung;—das nun als Wirkung Bestimmte hat von neuem eine
Ursache, d. i. die Ursache ist von ihrer Wirkung zu trennen, und als
ein verschiedenes Etwas zu setzen;—diese neue Ursache ist aber selbst
nur eine Wirkung—Einheit der Ursache und Wirkung;—sie hat ein Anderes
zu ihrer Ursache;—Trennung beider Bestimmungen u.s.f. ins Unendliche.

Dem Progreß kann so die eigenthümlichere Form gegeben werden; es wird
die Behauptung gemacht, das Endliche und Unendliche sind Eine Einheit;
diese falsche Behauptung muß durch die entgegengesetzte berichtigt
werden: sie sind schlechthin verschieden und sich entgegengesetzt;
diese ist wieder dahin zu berichtigen, daß sie untrennbar sind, in der
einen Bestimmung die andere liegt, durch die Behauptung ihrer Einheit
und so fort ins Unendliche.—Es ist eine leichte Forderung, welche um
die Natur des Unendlichen einzusehen, gemacht wird, das Bewußtseyn zu
haben, daß der unendliche Progreß, das entwickelte Unendliche des
Verstandes, die Beschaffenheit hat, die Abwechslung der beiden
Bestimmungen, der Einheit und der Trennung beider Momente zu seyn, und
dann das fernere Bewußtseyn zu haben, daß diese Einheit und diese
Trennung selbst untrennbar sind.

Die Auflösung dieses Widerspruchs ist nicht die Anerkennung der
gleichen Richtigkeit, und der gleichen Unrichtigkeit beider
Behauptungen;—dieß ist nur eine andere Gestalt des bleibenden
Widerspruchs,—sondern die Idealität beider, als in welcher sie in ihrem
Unterschiede, als gegenseitige Negationen, nur Momente sind; jene
eintönige Abwechslung ist faktisch sowohl die Negation der Einheit als
der Trennung derselben. In ihr ist ebenso faktisch das oben Aufgezeigte
vorhanden, daß das Endliche über sich hinaus in das Unendliche fällt,
aber ebenso über dasselbe hinaus sich selbst wieder erzeugt findet,
hiermit darin nur mit sich zusammengeht, wie das Unendliche
gleichfalls; so daß dieselbe Negation der Negation sich zur Affirmation
resultirt, welches Resultat sich damit als ihre Wahrheit und
Ursprünglichkeit erweist. In diesem Seyn hiermit als der Idealität der
Unterschiedenen ist der Widerspruch nicht abstrakt verschwunden,
sondern aufgelöst und versöhnt, und die Gedanken sind nicht nur
vollständig, sondern sie sind auch zusammengebracht. Die Natur des
spekulativen Denkens zeigt sich hieran als einem ausgeführten Beispiele
in ihrer bestimmten Weise, sie besteht allein in dem Auffassen der
entgegengesetzten Momente in ihrer Einheit. Indem jedes und zwar
faktisch sich an ihm zeigt, sein Gegentheil an ihm selbst zu haben, und
in diesem mit sich zusammenzugehen, so ist die affirmative Wahrheit
diese sich in sich bewegende Einheit, das Zusammenfassen beider
Gedanken, ihre Unendlichkeit,—die Beziehung auf sich selbst, nicht die
unmittelbare, sondern die unendliche.

Das Wesen der Philosophie ist häufig von solchen, die mit dem Denken
schon vertrauter sind, in die Aufgabe gesetzt worden, zu beantworten,
wie das Unendliche aus sich heraus und zur Endlichkeit komme?—Dieß,
meint man, sey nicht begreiflich zu machen. Das Unendliche, bei dessen
Begriff wir angekommen sind, wird sich im Fortgange dieser Darstellung
weiter bestimmen, und an ihm in aller Mannigfaltigkeit der Formen das
Geforderte zeigen, wie es, wenn man sich so ausdrücken will, zur
Endlichkeit komme. Hier betrachten wir diese Frage nur in ihrer
Unmittelbarkeit, und in Rücksicht des vorhin betrachteten Sinnes, den
das Unendliche zu haben pflegt.

Von der Beantwortung dieser Frage soll es überhaupt abhängen, ob es
eine Philosophie gebe, und indem man es hierauf noch ankommen lassen zu
wollen vorgiebt, glaubt man zugleich an der Frage selbst eine Art von
Vexirfrage, einen unüberwindlichen Talisman, zu besitzen, durch den man
gegen die Beantwortung und damit gegen die Philosophie und das Ankommen
bei derselben fest und gesichert sey. Auch bei anderen Gegenständen
setzt es eine Bildung voraus, fragen zu verstehen, noch mehr aber bei
philosophischen Gegenständen, um eine andere Antwort zu erhalten, als
die, daß die Frage nichts tauge.—Es pflegt bei solchen Fragen die
Billigkeit in Anspruch genommen zu werden, daß es auf die Worte nicht
ankomme, sondern in einer oder anderen Weise des Ausdrucks verständlich
sey, worauf es ankomme? Ausdrücke sinnlicher Vorstellung, wie
herausgehen und dergleichen, die bei der Frage gebraucht werden,
erwecken den Verdacht, daß sie aus dem Boden des gewöhnlichen
Vorstellens stamme, und für die Beantwortung auch Vorstellungen, die im
gemeinen Leben gangbar sind, und die Gestalt eines sinnlichen
Gleichnisses erwartet werden.

Wenn statt des Unendlichen das Seyn überhaupt genommen wird, so scheint
das Bestimmen des Seyns, eine Negation oder Endlichkeit an ihm,
leichter begreiflich. Seyn ist zwar selbst das Unbestimmte, aber es ist
nicht unmittelbar an ihm ausgedrückt, daß es das Gegentheil des
Bestimmten sey. Das Unendliche hingegen enthält dieß ausgedrückt; es
ist das Nicht-Endliche. Die Einheit des Endlichen und Unendlichen
scheint somit unmittelbar ausgeschlossen; die unvollendete Reflexion
ist darum am hartnäckigsten gegen diese Einheit.

Es ist aber gezeigt worden, und es erhellt, ohne weiter in die
Bestimmung des Endlichen und Unendlichen einzugehen, unmittelbar, daß
das Unendliche in dem Sinne, ( in dem es von jenem Reflektiren genommen
wird,—nämlich als dem Endlichen gegenüberstehend,—darum weil es ihm
gegenübersteht, an ihm sein Anderes hat, daher schon begrenzt, und
selbst endlich, das Schlechtunendliche ist. Die Antwort auf die Frage,
wie das Unendliche endlich werde, ist somit diese, daß es nicht ein
Unendliches gibt, das vorerst unendlich ist, und das nachher erst
endlich zu werden, zur Endlichkeit herauszugehen nöthig habe, sondern
es ist für sich selbst schon eben so sehr endlich als unendlich. Indem
die Frage annimmt, daß das Unendliche einer Seits für sich, und daß das
Endliche, das aus ihm heraus in die Trennung gegangen, oder wo es
hergekommen seyn möchte, abgesondert von ihm, wahrhaft real sey,—so
wäre vielmehr zu sagen, diese Trennung sey unbegreiflich. Weder solches
Endliches, noch solches Unendliches hat Wahrheit; das Unwahre aber ist
unbegreiflich. Man muß aber ebenso sagen, sie seyen begreiflich; die
Betrachtung derselben, auch wie sie in der Vorstellung sind, daß in dem
einen die Bestimmung des anderen liegt, die einfache Einsicht in diese
ihre Untrennbarkeit haben, heißt sie begreifen; diese Untrennbarkeit
ist ihr Begriff.—In der Selbstständigkeit jenes Unendlichen und
Endlichen dagegen stellt jene Frage einen unwahren Inhalt auf, und
enthält in sich schon eine unwahre Beziehung desselben. Darum ist nicht
auf sie zu antworten, sondern vielmehr sind die falschen
Voraussetzungen, die sie enthält, d. i. die Frage selbst zu negiren.
Durch die Frage nach der Wahrheit jenes Unendlichen und Endlichen wird
der Standpunkt verändert, und diese Veränderung wird die Verlegenheit,
welche die erste Frage hervorbringen sollte, auf sie zurückbringen;
jene unsre Frage ist der Reflexion, aus der die erste Frage stammt,
neu, da solches Reflektiren nicht das spekulative Interesse enthält,
welches, für sich und ehe es Bestimmungen bezieht, darauf geht, zu
erkennen, ob dieselben, wie sie vorausgesetzt werden, etwas Wahres
seyen. Insofern aber die Unwahrheit jenes abstrakten Unendlichen, und
des eben so auf seiner Seite stehen bleiben sollenden Endlichen erkannt
ist, so ist über das Herausgehen des Endlichen aus dem Unendlichen zu
sagen, das Unendliche gehe zur Endlichkeit heraus, darum weil es keine
Wahrheit, kein Bestehen an ihm, wie es als abstrakte Einheit gefaßt
ist, hat; so umgekehrt geht das Endliche aus demselben Grunde seiner
Nichtigkeit in das Unendliche hinein. oder vielmehr ist zu sagen, daß
das Unendliche ewig zur Endlichkeit herausgegangen, daß es schlechthin
nicht ist, so wenig als das reine Seyn, allein für sich, ohne sein
Anderes an ihm selbst zu haben.

Jene Frage, wie das Unendliche zum Endlichen herausgehe, kann noch die
weitere Voraussetzung enthalten, daß das Unendliche an sich das
Endliche in sich schliesse, somit an sich die Einheit seiner selbst und
seines Anderen sey, so daß die Schwierigkeit sich wesentlich auf das
Trennen bezieht, als welches der vorausgesetzten Einheit beider
entgegensteht. In dieser Voraussetzung hat der Gegensatz, an welchem
festgehalten s wird, nur eine andere Gestalt; die Einheit und das
Unterscheiden werden von einander getrennt und isolirt. Wenn aber jene
nicht als die abstrakte unbestimmte Einheit, sondern schon wie in jener
Voraussetzung als die bestimmte Einheit des Endlichen und Unendlichen
genommen wird, so ist die Unterscheidung beider bereits darin auch
vorhanden,—eine Unterscheidung, die so zugleich nicht ein Loslassen
derselben zu getrennter Selbstständigkeit ist, sondern sie als ideelle
in der Einheit läßt. Diese Einheit des Unendlichen und Endlichen und
deren Unterscheidung sind dasselbe Untrennbare als die Endlichkeit und
Unendlichkeit.

Anmerkung 2.

Der Satz, daß das Endliche ideell ist, macht den Idealismus aus. Der
Idealismus der Philosophie besteht in nichts anderem, als darin, das
Endliche nicht als ein wahrhaft Seyendes anzuerkennen. Jede Philosophie
ist wesentlich Idealismus, oder hat denselben wenigstens zu ihrem
Princip, und die Frage ist dann nur, inwiefern dasselbe wirklich
durchgeführt ist. Die Philosophie ist es so sehr als die Religion; denn
die Religion anerkennt die Endlichkeit ebenso wenig als ein wahrhaftes
Seyn, als ein Letztes, Absolutes, oder als ein Nicht-Gesetztes,
Unerschaffenes, Ewiges. Der Gegensatz von idealistischer und
realistischer Philosophie ist daher ohne Bedeutung. Eine Philosophie,
welche dem endlichen Daseyn als solchem wahrhaftes, letztes, absolutes
Seyn zuschriebe, verdiente den Namen Philosophie nicht; Principien
älterer oder neuerer Philosophien, das Wasser, oder die Materie oder
die Atome sind Gedanken, Allgemeine, Ideelle, nicht Dinge, wie sie sich
unmittelbar vorfinden, d. h. in sinnlicher Einzelnheit, selbst jenes
thaletische Wasser nicht; denn, obgleich auch das empirische Wasser,
ist es außerdem zugleich das Ansich oder Wesen aller anderen Dinge; und
diese sind nicht selbstständige, in sich gegründete, sondern aus einem
Anderen, dem Wasser, gesetzte, d. i. ideelle. Indem vorhin das Princip,
das Allgemeine, das Ideelle genannt worden, wie noch mehr der Begriff,
die Idee, der Geist, Ideelles zu nennen ist, und dann wiederum die
einzelnen sinnlichen Dinge als ideell im Princip, im Begriffe, noch
mehr im Geiste, als aufgehoben sind, so ist dabei auf dieselbe
Doppelseite vorläufig aufmerksam zu machen, die bei dem Unendlichen
sich gezeigt hat, nämlich daß das eine Mal das Ideelle das Konkrete,
Wahrhaftseyende ist, das andere Mal aber ebenso sehr seine Momente das
Ideelle, in ihm Aufgehobene sind, in der That aber nur das Eine
konkrete Ganze ist, von dem die Momente untrennbar sind.

Bei dem Ideellen wird vornehmlich die Form der Vorstellung gemeint, und
das was in meiner Vorstellung überhaupt, oder im Begriffe, in der Idee,
in der Einbildung u.s.f. ist, ideell genannt, so daß Ideelles überhaupt
auch für Einbildungen gilt,—Vorstellungen, die nicht nur vom Reellen
unterschieden, sondern wesentlich nicht reell seyn sollen. In der That
ist der Geist der eigentliche Idealiste überhaupt; in ihm, schon wie er
empfindend, vorstellend, noch mehr, insofern er denkend und begreifend
ist, ist der Inhalt nicht als sogenanntes reales Daseyn; in der
Einfachheit des Ich ist solches äußerliches Seyn nur aufgehoben, es ist
für mich, es ist ideell in mir. Dieser subjektive Idealismus, er sey
als der bewußtlose Idealismus des Bewußtseyns überhaupt oder bewußt als
Princip ausgesprochen und aufgestellt, geht nur auf die Form der
Vorstellung, nach der ein Inhalt der Meinige ist; diese Form wird im
systematischen Idealismus der Subjektivität als die einzig wahrhafte,
die ausschließende gegen die Form der Objektivität oder Realität, des
äußerlichen Daseyns jenes Inhalts behauptet. Solcher Idealismus ist
formell, indem er den Inhalt des Vorstellens oder Denkens nicht
beachtet, welcher im Vorstellen oder Denken dabei ganz in seiner
Endlichkeit bleiben kann. Es ist mit solchem Idealismus nichts
verloren, ebenso wohl weil die Realität solchen endlichen Inhalts, das
mit Endlichkeit erfüllte Daseyn, erhalten ist, als, insofern davon
abstrahirt wird, an sich an solchem Inhalt nichts gelegen seyn soll;
und es ist nichts mit ihm gewonnen, eben weil nichts verloren ist, weil
Ich die Vorstellung, der Geist mit demselben Inhalt der Endlichkeit
erfüllt bleibt. Der Gegensatz der Form von Subjektivität und
Objektivität ist allerdings eine der Endlichkeiten; aber der Inhalt,
wie er in die Empfindung, Anschauung oder auch in das abstraktere
Element der Vorstellung, des Denkens, aufgenommen wird, enthält die
Endlichkeiten in Fülle, welche mit dem Ausschließen jener nur einen
Weise der Endlichkeit, der Form von Subjektivem und objektivem, noch
gar nicht weggebracht, noch weniger von selbst weggefallen sind.



Drittes Kapitel. Das Fürsichseyn.


Im Fürsichseyn ist das qualitative Seyn vollendet; es ist das
unendliche Seyn. Das Seyn des Anfangs ist bestimmungslos. Das Daseyn
ist das aufgehobene, aber nur unmittelbar aufgehobene Seyn; es enthält
so zunächst nur die erste, selbst unmittelbare Negation; das Seyn ist
zwar gleichfalls erhalten, und beide im Daseyn in einfacher Einheit
vereint, aber eben darum an sich einander noch ungleich, und ihre
Einheit noch nicht gesetzt. Das Daseyn ist darum die Sphäre der
Differenz, des Dualismus, das Feld der Endlichkeit. Die Bestimmtheit
ist Bestimmtheit als solche; ein relatives, nicht absolutes
Bestimmtseyn. Im Fürsichseyn ist der Unterschied zwischen dem Seyn und
der Bestimmtheit oder Negation gesetzt und ausgeglichen; Qualität,
Andersseyn, Grenze, wie Realität, Ansichseyn, Sollen u.s.f.—sind die
unvollkommenen Einbildungen der Negation in das Seyn, als in welchen
die Differenz beider noch zu Grunde liegt. Indem aber in der
Endlichkeit die Negation in die Unendlichkeit, in die gesetzte Negation
der Negation, übergegangen, ist sie einfache Beziehung auf sich, also
an ihr selbst die Ausgleichung mit dem Seyn;—absolutes Bestimmtseyn.

Das Fürsichseyn ist erstens unmittelbar Fürsichseyendes, Eins.

Zweitens geht das Eins in die Vielheit der Eins über,—Repulsion;
welches Andersseyn des Eins sich in der Idealität desselben aufhebt,
Attraktion.

Drittens die Wechselbestimmung der Repulsion und Attraktion, in welcher
sie in das Gleichgewicht zusammensinken, und die Qualität, die sich im
Fürsichseyn auf ihre Spitze trieb, in Quantität übergeht.

A. Das Fürsichseyn als solches.

Der allgemeine Begriff des Fürsichseyns hat sich ergeben. Es käme nur
darauf an, nachzuweisen, daß jenem Begriffe die Vorstellung entspricht,
die wir mit dem Ausdrucke: Fürsichseyn verbinden, um berechtigt zu
seyn, denselben für jenen Begriff zu gebrauchen. Und so scheint es
wohl; wir sagen, daß etwas für sich ist, insofern als es das
Andersseyn, seine Beziehung und Gemeinschaft mit Anderem aufhebt, sie
zurück-gestoßen, davon abstrahirt hat. Das Andere ist in ihm nur als
ein Aufgehobenes, als sein Moment; das Fürsichseyn besteht darin, über
die Schranke, über sein Andersseyn so hinausgegangen zu seyn, daß es
als diese Negation die unendliche Rückkehr in sich ist.—Das Bewußtseyn
enthält schon als solches an sich die Bestimmung des Fürsichseyns,
indem es einen Gegenstand, den es empfindet, anschaut u.s.f. sich
vorstellt, d. i. dessen Inhalt in ihm hat, der auf die Weise als
Ideelles ist; es ist in seinem Anschauen selbst, überhaupt in seiner
Verwicklung mit dem Negativen seiner, mit dem Anderen, bei sich selbst.
Das Fürsichseyn ist das polemische, negative Verhalten, gegen das
begrenzende Andere, und durch diese Negation desselben
In-sich-reflektirtseyn, ob schon neben dieser Rückkehr des Bewußtseyns
in sich, und der Idealität des Gegenstandes, auch noch die Realität
desselben erhalten ist, indem er zugleich als ein äußeres Daseyn gewußt
wird. Das Bewußtseyn ist so erscheinend, oder der Dualismus, einer
Seits von einem ihm andern, äußerlichen Gegenstande zu wissen, und
andererseits, für-sich zu seyn, denselben in ihm ideell zu haben, nicht
nur bei solchem Andern, sondern darin auch bei sich selbst zu seyn. Das
Selbstbewußtseyn dagegen ist das Fürsichseyn als vollbracht und
gesetzt; jene Seite der Beziehung auf ein Anderes, einen äußern
Gegenstand ist entfernt. Das Selbstbewußtseyn ist so das nächste
Beispiel der Präsenz der Unendlichkeit;—einer freilich immer abstrakten
Unendlichkeit, die jedoch zugleich von ganz anders konkreter Bestimmung
ist, als das Fürsichseyn überhaupt, dessen Unendlichkeit noch ganz nur
qualitative Bestimmtheit hat.

a. Daseyn und Fürsichseyn.

Das Fürsichseyn ist, wie schon erinnert ist, die in das einfache Seyn
zusammengesunkene Unendlichkeit; es ist Daseyn, insofern die negative
Natur der Unendlichkeit, welche Negation der Negation ist, in der
nunmehr gesetzten Form der Unmittelbarkeit des Seyns, nur als Negation
überhaupt, als einfache qualitative Bestimmtheit ist. Das Seyn in
solcher Bestimmtheit, in der es Daseyn ist, ist aber sogleich vom
Fürsichseyn selbst auch unterschieden, welches nur Fürsichseyn,
insofern seine Bestimmtheit jene unendliche ist; jedoch ist das Daseyn
zugleich Moment des Fürsichseyns selbst; denn dieses enthält allerdings
auch das mit der Negation behaftete Seyn. So ist die Bestimmtheit,
welche am Daseyn als solchem ein Anderes und Seyn-für-Anderes ist, in
die unendliche Einheit des Fürsichseyns zurückgebogen, und das Moment
des Daseyns ist im Fürsichseyn als Seyn-für-Eines vorhanden.

b. Seyn-für-eines.

Dieß Moment drückt aus, wie das Endliche in seiner Einheit mit dem
Unendlichen oder als Ideelles ist. Das Fürsichseyn hat die Negation
nicht an ihm als eine Bestimmtheit oder Grenze, und damit auch nicht
als Beziehung auf ein von ihm anderes Daseyn. Indem nun dieß Moment als
Seyn-für-Eines bezeichnet worden, ist noch nichts vorhanden, für
welches es wäre,—das Eine nicht, dessen Moment es wäre. Es ist in der
That dergleichen noch nicht im Fürsichseyn fixirt; das für welches
Etwas (—und ist hier kein Etwas—) wäre, was die andere Seite überhaupt
seyn sollte, ist gleicherweise Moment, selbst nur Seyn-für-Eines, noch
nicht Eines.—Somit ist noch eine Ununterschiedenheit zweier Seiten, die
im Seyn-für-eines vorschweben können, vorhanden; nur Ein
Seyn-für-Anderes, und weil es nur Ein Seyn-für-Anderes ist, ist dieses
auch nur Seyn-für-Eines; es ist nur die Eine ldealität dessen, für
welches oder in welchem eine Bestimmung als Moment und dessen, was
Moment in ihm seyn sollte. So machen Für-eines-seyn und das Fürsichseyn
keine wahrhaften Bestimmtheiten gegeneinander aus. Insofern der
Unterschied auf einen Augenblick angenommen und hier von einem
Fürsichseyenden gesprochen wird, so ist es das Fürsichseyende, als
Aufgehobenseyn des Andersseyns, selbst, welches sich auf sich als auf
das aufgehobene Andere bezieht, also für-Eines ist; es bezieht sich in
seinem Andern nur auf sich. Das Ideelle ist nothwendig für-Eines, aber
es ist nicht für ein Anderes; das Eine, für welches es ist, ist nur es
selbst.—Ich also, der Geist überhaupt, oder Gott, sind Ideelle, weil
sie unendlich sind; aber sie sind ideell nicht, als für-sich-seyende,
verschieden von dem, das für-Eines ist. Denn so wären sie nur
unmittelbare, oder näher Daseyn und ein Seyn-für-Anderes, weil das,
welches für sie wäre, nicht sie selbst, sondern ein Anderes wäre, wenn
das Moment, für-eines zu seyn, nicht ihnen zukommen sollte. Gott ist
daher für sich, insofern er selbst das ist, das für ihn ist.

Für-sich-seyn und Für-Eines-seyn sind also nicht verschiedene
Bedeutungen der Idealität, sondern sind wesentliche, untrennbare
Momente derselben.

Anmerkung.

Der zunächst als sonderbar erscheinende Ausdruck unserer Sprache für
die Frage nach der Qualität, was für ein Ding etwas sey, hebt das hier
betrachtete Moment in seiner Reflexion-in-sich heraus. Dieser Ausdruck
ist in seinem Ursprung idealistisch, indem er nicht fragt, was dieß
Ding A für ein anderes Ding B sey, nicht was dieser Mensch für einen
anderen Menschen sey;—sondern was dieß für ein Ding, für ein Mensch ist
so daß dieß Seyn-für-Eines zugleich zurückgenommen ist in dieß Ding, in
diesen Menschen selbst, daß dasjenige, welches ist, und das für welches
es ist, ein und dasselbe ist,—eine Identität, als welche auch die
Idealität betrachtet werden muß.

Die Idealität kommt zunächst den aufgehobenen Bestimmungen zu, als
unterschieden von dem, worin sie aufgehoben sind, das dagegen als das
Reelle genommen werden kann. So aber ist das Ideelle wieder eins der
Momente und das Reale das andere; die Idealität aber ist dieß, daß
beide Bestimmungen gleicherweise nur für Eines sind, und nur für Eines
gelten, welche Eine Idealität somit ununterschieden Realität ist. In
diesem Sinn ist das Selbstbewußtseyn, der Geist, Gott, das Ideelle, als
unendliche Beziehung rein auf sich,—Ich-ist für Ich, beide sind
dasselbe, Ich ist zweimal genannt, aber so von den Zweien ist jedes nur
für-Eines, ideell; der Geist ist nur für den Geist, Gott nur für Gott,
und nur diese Einheit ist Gott, Gott als Geist. —Das Selbstbewußtseyn
aber tritt als Bewußtseyn in den Unterschied seiner und eines Anderen,
oder seiner Idealität, in der es vorstellend ist, und seiner Realität,
indem seine Vorstellung einen bestimmten Inhalt hat, der noch die Seite
hat, als das unaufgehobene Negative, als Daseyn, gewußt zu werden.
Jedoch den Gedanken, Geist, Gott nur ein Ideelles zu nennen, setzt den
Standpunkt voraus, auf welchem das endliche Daseyn als das Reale gilt,
und das Ideelle oder das Seyn-für-Eines nur einen einseitigen Sinn hat.

In einer vorherg. Anm. ist das Princip des Idealismus angegeben und
gesagt worden, daß es bei einer Philosophie alsdann näher darauf
ankomme, in wiefern das Princip durchgeführt ist. Über die Art dieser
Durchführung kann in Beziehung auf die Kategorie, bei der wir stehen,
noch eine weitere Bemerkung gemacht werden. Diese Durchführung hängt
zunächst davon ab,—ob neben dem Fürsichseyn nicht noch das endliche
Daseyn selbstständig bestehen bleibt, außerdem aber ob in dem
Unendlichen schon selbst das Moment: für-Eines, ein Verhalten des
Ideellen zu sich als Ideellem, gesetzt sey. So ist das eleatische Seyn
oder die Spinozische Substanz nur die abstrakte Negation aller
Bestimmtheit, ohne daß in ihr selbst die Idealität gesetzt wäre;—bei
Spinoza ist, wie weiter unten erwähnt werden wird, die Unendlichkeit
nur die absolute Affirmation eines Dings, somit nur die unbewegte
Einheit, die Substanz kommt daher nicht einmal zur Bestimmung des
Fürsichseyns, vielweniger des Subjekts und des Geistes. Der Idealismus
des edeln Malebranche ist in sich explicirter; er enthält folgende
Grundgedanken: da Gott alle ewige Wahrheiten, die Ideen, und
Vollkommenheiten aller Dinge in sich schließt, so daß sie nur die
seinigen sind, so sehen wir sie nur in ihm; Gott erweckt in uns unsere
Empfindungen von den Gegenständen durch eine Aktion, die nichts
Sinnliches hat, wobei wir uns einbilden, daß wir vom Gegenstande nicht
nur dessen Idee die dessen Wesen vorstellt, sondern auch die Empfindung
von dem Daseyn desselben erlangen ( De la recherche de la Verité,
Eclairc. sur la nature des idées etc.). Wie also die ewigen Wahrheiten
und Ideen (Wesenheiten) der Dinge, so ist ihr Daseyn, in Gott, ideell,
nicht ein wirkliches Daseyn; obgleich als unsere Gegenstände, sind sie
nur für Eines. Dieß Moment des explicirten und konkreten Idealismus,
das im Spinozismus mangelt, ist hier vorhanden, indem die absolute
Idealität als Wissen bestimmt ist. So rein und tief dieser Idealismus
ist, so enthalten jene Verhältnisse Theils noch viel für den Gedanken
Unbestimmtes, Theils aber ist deren Inhalt sogleich ganz konkret (die
Sünde und die Erlösung u.s.f. treten sogleich in sie ein); die logische
Bestimmung der Unendlichkeit, die dessen Grundlage seyn müßte, ist
nicht für sich ausgeführt, und so jener erhabene und erfüllte
Idealismus wohl das Produkt eines reinen spekulativen Geistes, aber
noch nicht eines reinen spekulativen, allein wahrhaft begründenden,
Denkens. Der leibnitzische Idealismus liegt mehr innerhalb der Grenze
des abstrakten Begriffes.—Das leibnitzische vorstellende Wesen, die
Monade, ist wesentlich Ideelles. Das Vorstellen ist ein Fürsichseyn, in
welchem die Bestimmtheiten nicht Grenzen und damit nicht ein Daseyn,
sondern nur Momente sind. Vorstellen ist zwar gleichfalls eine
konkretere Bestimmung, aber hat hier keine weitere Bedeutung, als die
der Idealität; denn auch das Bewußtseynslose überhaupt ist bei Leibnitz
Vorstellendes, Percipirendes. Es ist in diesem Systeme also das
Andersseyn aufgehoben; Geist und Körper, oder die Monaden überhaupt
sind nicht Andere für einander, sie begrenzen sich nicht, haben keine
Einwirkung aufeinander; es fallen überhaupt alle Verhältnisse weg,
welchen ein Daseyn zum Grunde liegt. Die Mannigfaltigkeit ist nur eine
ideelle und innere, die Monade bleibt darin nur auf sich selbst
bezogen, die Veränderungen entwickeln sich innerhalb ihrer, und sind
keine Beziehungen derselben auf andere. Was nach der realen Bestimmung
als da seyende Beziehung der Monaden aufeinander genommen wird, ist ein
unabhängiges nur simultanes Werden, in das Fürsichseyn einer jeden
eingeschlossen.—Daß es mehrere Monaden giebt, daß sie damit auch als
Andere bestimmt werden, geht die Monaden selbst nichts an; es ist dieß
die außer ihnen fallende Reflexion eines Dritten; sie sind nicht an
ihnen selbst Andere gegeneinander; das Fürsichseyn ist rein ohne das
Daneben eines Daseyns gehalten.—Allein hierin liegt zugleich das
Unvollendete dieses Systems. Die Monaden sind nur an sich, oder in
Gott, als der Monade der Monaden, oder auch im Systeme, so
Vorstellende. Das Andersseyn ist gleichfalls vorhanden; es falle wohin
es wolle, in die Vorstellung selbst, oder wie das Dritte bestimmt
werde, welches sie als Andere, als Viele, betrachtet. Die Vielheit
ihres Daseyns ist nur ausgeschlossen und zwar nur momentan, die Monaden
nur durch die Abstraktion als solche gesetzt, welche Nicht-Andere
seyen. Wenn es ein Drittes ist, welches ihr Andersseyn setzt, so ist es
auch ein Drittes, welches ihr Andersseyn aufhebt; aber diese ganze
Bewegung, welche sie zu ideellen macht, fällt außer ihnen. Indem aber
daran erinnert werden kann, daß diese Bewegung des Gedankens selbst
doch nur innerhalb einer vorstellenden Monade falle, so ist zugleich zu
erinnern, daß eben der Inhalt solchen Denkens in sich selbst sich
äußerlich ist. Es wird von der Einheit der absoluten Idealität (der
Monade der Monaden) unmittelbar, unbegriffen (—durch die Vorstellung
des Erschaffens) zur Kategorie der abstrakten (beziehungslosen)
Vielheit des Daseyns übergegangen, und von dieser ebenso abstrakt
zurück zu jener Einheit. Die Idealität, das Vorstellen überhaupt,
bleibt etwas formelles, wie gleichfalls das zum Bewußtseyn gesteigerte
Vorstellen.

Wie in dem oben angeführten Einfalle Leibnitzens von der Magnetnadel,
die wenn sie ein Bewußtseyn hätte, ihre Richtung nach Norden für eine
Bestimmung ihrer Freiheit ansehen würde, das Bewußtseyn nur als
einseitige Form, welche gegen ihre Bestimmung und Inhalt gleichgültig
sey, gedacht wird, so ist die Idealität in den Monaden eine der
Vielheit äußerlich bleibende Form. Die Idealität soll ihnen immanent,
ihre Natur Vorstellen seyn; aber ihr Verhalten ist einer Seits ihre
Harmonie, die nicht in ihr Daseyn fällt, sie ist daher prästabilirt;
anderer Seits ist dieses ihr Daseyn nicht als Seyn-für-Anderes, noch
weiter als Idealität gefaßt, sondern nur als abstrakte Vielheit
bestimmt; die Idealität der Vielheit und die weitere Bestimmung
derselben zur Harmonie wird nicht dieser Vielheit selbst immanent und
angehörig.

Anderer Idealismus, wie zum Beispiel der kantische und fichte'sche,
kommt nicht über das Sollen oder den unendlichen Progreß hinaus, und
bleibt im Dualismus des Daseyns und des Fürsichseyns. In diesen
Systemen tritt das Ding-an-sich oder der unendliche Anstoß zwar
unmittelbar in das Ich und wird nur ein für dasselbe; aber er geht von
einem freien Andersseyn aus, das als negatives Ansichseyn perennirt.
Das Ich wird daher wohl als das Ideelle, als fürsichseyend, als
unendliche Beziehung auf sich bestimmt; aber das Für-Eines-seyn ist
nicht vollendet zum Verschwinden jenes Jenseitigen oder der Richtung
nach dem Jenseits.

c. Eins.

Das Fürsichseyn ist die einfache Einheit seiner selbst und seines
Moments, des Seyns für-Eines. Es ist nur Eine Bestimmung vorhanden, die
Beziehung-auf-sich-selbst des Aufhebens. Die Momente des Fürsichseyns
sind in Unterschiedslosigkeit zusammengesunken, welche Unmittelbarkeit
oder Seyn ist, aber eine Unmittelbarkeit, die sich auf das Negiren
gründet, das als ihre Bestimmung gesetzt ist. Das Fürsichseyn ist so,
Fürsichseyendes, und indem in dieser Unmittelbarkeit seine innere
Bedeutung verschwindet, die ganz abstrakte Grenze seiner selbst,—das
Eins.

Es kann zum Voraus auf die Schwierigkeit, welche in der nachfolgenden
Darstellung der Entwickelung des Eins liegt, und auf den Grund dieser
Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden. Die Momente, welche den
Begriff des Eins als Fürsichseyns ausmachen, treten darin auseinander;
sie sind 1) Negation überhaupt, 2) Zwei Negationen 3) somit Zweier, die
dasselbe sind, 4) die schlechthin entgegengesetzt sind; 5) Beziehung
auf sich, Identität als solche, 6) negative Beziehung und doch auf sich
selbst. Diese Momente treten hier dadurch auseinander, daß die Form der
Unmittelbarkeit, des Seyns, am Fürsichseyn als Fürsichseyendem
hereinkommt; durch diese Unmittelbarkeit wird jedes Moment als eine
eigene, seyende Bestimmung gesetzt; und doch sind sie ebenso
untrennbar. Somit muß von jeder Bestimmung ebenso ihr Gegentheil gesagt
werden; dieser Widerspruch ist es, der, bei der abstrakten
Beschaffenheit der Momente, die Schwierigkeit ausmacht.

B. Eins und Vieles.

Das Eins ist die einfache Beziehung des Fürsichseyns auf sich selbst,
in der seine Momente in sich zusammengefallen sind, in der es daher die
Form der Unmittelbarkeit hat und seine Momente daher nun daseyende
werden.

Als Beziehung des Negativen auf sich, ist das Eins Bestimmen,—und als
Beziehung auf sich, ist es unendliches Selbstbestimmen. Aber um der
nunmehrigen Unmittelbarkeit willen, sind diese Unterschiede nicht mehr
nur als Momente Einer und derselben Selbstbestimmung, sondern zugleich
als Seyende gesetzt. Die Idealität des Fürsichseyns als Totalität
schlägt so fürs erste in die Realität um, und zwar in die festeste,
abstrakteste, als Eins. Das Fürsichseyn ist im Eins die gesetzte
Einheit des Seyns und Daseyns, als die absolute Vereinigung

der Beziehung auf Anderes und der Beziehung auf sich; aber dann tritt
auch die Bestimmtheit des Seyns, gegen die Bestimmung der unendlichen
Negation, gegen die Selbstbestimmung ein, so daß was Eins an sich ist,
es nun nur an ihm ist, und damit das Negative ein als von ihm
unterschiedenes Anderes. Was sich als von ihm unterschieden vorhanden
zeigt, ist sein eigenes Selbstbestimmen; dessen Einheit mit sich so als
unterschieden von sich ist zur Beziehung herabgesetzt, und als negative
Einheit Negation seiner selbst als eines Anderen, Ausschließen des Eins
als eines Anderen aus sich, dem Eins.

a. Das Eins an ihm selbst.

An ihm selbst ist das Eins überhaupt; dieß sein Seyn ist kein Daseyn,
keine Bestimmung als Beziehung auf Anderes, keine Beschaffenheit, es
ist dieß, diesen Kreis von Kategorien negirt zu haben. Das Eins ist
somit keines Anderswerdens fähig; es ist unveränderlich.

Es ist unbestimmt, jedoch nicht mehr wie das Seyn; seine Unbestimmtheit
ist die Bestimmtheit, welche Beziehung auf sich selbst ist, absolutes
Bestimmtseyn; gesetztes Insichseyn. Als nach seinem Begriffe sich auf
sich beziehende Negation hat es den Unterschied in ihm,—eine Richtung
von sich ab hinaus auf Anderes, die aber unmittelbar umgewendet, weil
nach diesem Momente des Selbstbestimmens kein Anderes ist, auf das sie
gehe, und die in sich zurückgekehrt ist.

In dieser einfachen Unmittelbarkeit ist die Vermittelung des Daseyns
und der Idealität selbst, und damit alle Verschiedenheit und
Mannigfaltigkeit verschwunden. Es ist nichts in ihm; dieß Nichts, die
Abstraktion der Beziehung auf sich selbst, ist hier unterschieden von
dem Insichseyn selbst, es ist ein Gesetztes, weil dieß Insichseyn nicht
mehr das einfache des Etwas ist, sondern-die Bestimmung hat, als
Vermittelung konkret zu seyn; als abstrakt aber ist es zwar identisch
mit Eins, aber verschieden von dessen Bestimmung. So dieß Nichts
gesetzt, als in Einem ist das Nichts als Leeres.—Das Leere ist so die
Qualität des Eins in seiner Unmittelbarkeit.

b. Das Eins und das Leere.

Das Eins ist das Leere als die abstrakte Beziehung der Negation auf
sich selbst. Aber von der einfachen Unmittelbarkeit, dem auch
affirmativen Seyn des Eins, ist das Leeres als das Nichts schlechthin
verschieden, und indem sie in Einer Beziehung, des Eins selbst nämlich,
stehen, ist ihre Verschiedenheit gesetzt; verschieden aber vom Seyenden
ist das Nichts als Leeres außer dem seyenden Eins.

Das Fürsichseyn, indem es sich auf diese Weise als das Eins und das
Leere bestimmt, hat wieder ein Daseyn erlangt.—Das Eins und das Leere
haben die negative Beziehung auf sich zu ihrem gemeinschaftlichen,
einfachen Boden. Die Momente des Fürsichseyns treten aus dieser
Einheit, werden sich Äußerliche, indem durch die einfache Einheit der
Momente die Bestimmung des Seyns hereinkommt, so setzt sie sich selbst
zu einer Seite, damit zum Daseyn herab, und darin stellt sich ihre
andere Bestimmung, die Negation überhaupt, gleichfalls als Daseyn des
Nichts, als das Leere, gegenüber.

Anmerkung.

Das Eins in dieser Form von Daseyn ist die Stufe der Kategorie, die bei
den Alten, als das atomistische Princip vorgekommen ist, nach welchem
das Wesen der Dinge ist, das Atome und das Leere, (…..) Die Abstraktion
zu dieser Form gediehen, hat eine größere Bestimmtheit gewonnen, als
das Seyn des Parmenides und das Werden des Heraklits. So hoch sie sich
stellt, indem sie diese einfache Bestimmtheit des Eins und des Leeren
zum Princip aller Dinge macht, die unendliche Mannigfaltigkeit der Welt
auf diesen einfachen Gegensatz zurückführt, und sie aus ihm zu erkennen
sich erkühnt, ebenso leicht ist es für das vorstellende Reflektiren,
sich hier Atome und daneben das Leere vorzustellen. Es ist daher kein
Wunder, daß das atomistische Princip sich jederzeit erhalten hat; das
gleich triviale und äußerliche Verhältniß der Zusammensetzung, das noch
hinzukommen muß, um zum Scheine eines Konkreten und einer
Mannigfaltigkeit zu gelangen, ist eben so populär als die Atome selbst
und das Leere. Das Eins und das Leere ist das Fürsichseyn, das höchste
qualitative Insichseyn zur völligen Äußerlichkeit herabgesunken; die
Unmittelbarkeit oder das Seyn des Eins, weil es die Negation alles
Andersseyns ist, ist gesetzt nicht mehr bestimmbar und veränderlich zu
seyn, für dessen absolute Sprödigkeit bleibt also alle Bestimmung,
Mannigfaltigkeit, Verknüpfung schlechthin äußerliche Beziehung.

In dieser Äußerlichkeit ist jedoch das atomistische Princip nicht bei
den ersten Denkern desselben geblieben, sondern es hatte außer seiner
Abstraktion auch eine spekulative Bestimmung darin, daß das Leere als
der Quell der Bewegung erkannt worden ist; was eine ganz andere
Beziehung des Atomen und des Leeren ist, als das bloße Nebeneinander
und die Gleichgültigkeit dieser beiden Bestimmungen gegeneinander. Daß
das Leere der Quell der Bewegung ist, hat nicht den geringfügigen Sinn,
daß sich Etwas nur in ein Leeres hineinbewegen könne, und nicht in
einen schon erfüllten Raum, denn in einem solchen fände es keinen Platz
mehr offen; in welchem Verstande das Leere nur die Voraussetzung oder
Bedingung, nicht der Grund der Bewegung wäre, so wie auch die Bewegung
selbst als vorhanden vorausgesetzt, und das Wesentliche, ein Grund
derselben, vergessen ist. Die Ansicht, daß das Leere den Grund der
Bewegung ausmache, enthält den tiefern Gedanken, daß im Negativen
überhaupt, der Grund des Werdens, der Unruhe der Selbstbewegung liegt;
in welchem Sinne aber das Negative als die wahrhafte Negativität des
Unendlichen zu nehmen ist.—Das Leere ist Grund der Bewegung nur als die
negative Beziehung des Eins auf sein Negatives, auf das Eins, d. i. auf
sich selbst, das jedoch als Daseyendes gesetzt ist.

Sonst aber sind weitere Bestimmungen der Alten über eine Gestalt,
Stellung der Atome, die Richtung ihrer Bewegung willkürlich und
äußerlich genug; und stehen dabei in direktem Widerspruch mit der
Grundbestimmung des Atomen. An den Atomen, dem Princip der höchsten
Äußerlichkeit und damit der höchsten Begrifflosigkeit, leidet die
Physik in den Molecules, Partikeln ebenso sehr als die
Staatswissenschaft, die von dem einzelnen Willen der Individuen
ausgeht.

c. Viele Eins. Repulsion.

Das Eins und das Leere macht das Fürsichseyn in seinem nächsten Daseyn
aus. Jedes dieser Momente hat zu seiner Bestimmung die Negation, und
ist zugleich als ein Daseyn gesetzt. Nach jener ist das Eins und das
Leere die Beziehung der Negation auf die Negation als eines Andern auf
sein Anderes; das Eins ist die Negation in der Bestimmung des Seyns,
das Leere die Negation in der Bestimmung des Nichtseyns. Aber das Eins
ist wesentlich nur Beziehung auf sich als beziehende Negation d. h. ist
selbst dasjenige, was das Leere außer ihm seyn soll. Beide sind aber
auch gesetzt als ein affirmatives Daseyn, das eine als das Fürsichseyn
als solches, das andere als unbestimmtes Daseyn überhaupt, und sich
aufeinander als auf ein anderes Daseyn beziehend. Das Fürsichseyn des
Eins ist jedoch wesentlich die Idealität des Daseyns und des Anderen;
es bezieht sich nicht als auf ein Anderes, sondern nur auf sich. Indem
aber das Fürsichseyn als Eins, als für sich Seyendes, als unmittelbar
vorhandenes fixirt ist, ist seine negative Beziehung auf sich zugleich
Beziehung auf ein Seyendes; und da sie eben so sehr negativ ist, bleibt
das, worauf es sich bezieht, als ein Daseyn und ein Anderes bestimmt;
als wesentlich Beziehung auf sich selbst, ist das Andere nicht die
unbestimmte Negation, als Leeres, sondern ist gleichfalls Eins. Das
Eins ist somit Werden zu vielen Eins.

Eigentlich ist dieß aber nicht sowohl ein Werden; denn Werden ist ein
Übergehen von Seyn in Nichts; Eins hingegen wird nur zu Eins. Eins, das
Bezogene enthält das Negative als Beziehung, hat dasselbe also an ihm
selbst. Statt des Werdens ist also erstens die eigene immanente
Beziehung des Eins vorhanden; und zweitens insofern sie negativ und das
Eins seyendes zugleich ist, so stößt das Eins sich selbst von sich ab.
Die negative Beziehung des Eins auf sich ist Repulsion.

Diese Repulsion, so als das Setzen der vielen Eins aber durch Eins
selbst ist das eigne Außersichkommen des Eins, aber zu solchen außer
ihm, die selbst nur Eins sind. Es ist dieß die Repulsion dem Begriffe
nach, die an sich seyende. Die zweite Repulsion ist davon
unterschieden, und ist die der Vorstellung der äußern Reflexion
zunächst vorschwebende, als nicht das Erzeugen der Eins, sondern nur
als gegenseitiges Abhalten vorausgesetzter, schon vorhandener Eins. Es
ist dann zu sehen, wie jene an sich seyende Repulsion zur zweiten, der
äußerlichen, sich bestimmt.

Zunächst ist festzusetzen, welche Bestimmungen die vielen Eins als
solche haben. Das Werden zu Vielen oder Producirtwerden der Vielen,
verschwindet unmittelbar als Gesetztwerden; die Producirten sind Eins,
nicht für Anderes, sondern beziehen sich unendlich auf sich selbst. Das
Eins stößt nur sich von sich selbst ab, wird also nicht, sondern es ist
schon; das als das Repellirte vorgestellt wird, ist gleichfalls ein
Eins, ein Seyendes; Repelliren und Repellirt-werden kommt beiden auf
gleiche Weise zu, und macht keinen Unterschied.

Die Eins sind so vorausgesetzte gegeneinander;—gesetzte durch die
Repulsion des Eins von sich selbst; voraus, gesetzt als nicht gesetzt;
ihr Gesetztseyn ist aufgehoben, sie sind Seyende gegeneinander, als
sich nur auf sich beziehende.

Die Vielheit erscheint somit nicht als ein Andersseyn, sondern als eine
dein Eins vollkommen äußere Bestimmung. Eins, indem es sich selbst
repellirt, bleibt Beziehung auf sich wie das, das zunächst als
repellirt genommen wird. Daß die Eins andere gegeneinander, in die
Bestimmtheit der Vielheit zusammengefaßt sind, geht also die Eins
nichts an. Wäre die Vielheit eine Beziehung der Eins selbst
aufeinander, so begrenzten sie einander und hätten ein Seyn-für-Anderes
affirmativ an ihnen. Ihre Beziehung,—und diese haben sie durch ihre an
sich seyende Einheit,—wie sie hier gesetzt ist, ist als keine bestimmt;
sie ist wieder das vorhingesetzte Leere. Es ist ihre aber ihnen
äußerliche Grenze, in der sie nicht für einander seyn sollen. Die
Grenze ist das, worin die Begrenzten eben so sehr sind als nicht sind;
aber das Leere ist als das reine Nichtseyn bestimmt, und nur dieß macht
ihre Grenze aus.

Die Repulsion des Eins von sich selbst ist die Explikation dessen, was
das Eins an sich ist; die Unendlichkeit aber als auseinander gelegt ist
hier die außer sich gekommene Unendlichkeit; außer sich gekommen ist
sie durch die Unmittelbarkeit des Unendlichen, des Eins. Sie ist ein
ebenso einfaches Beziehen des Eins auf Eins, als vielmehr die absolute
Beziehungslosigkeit der Eins; jenes nach der einfachen affirmativen
Beziehung des Eins auf sich, dieses nach eben derselben als negativen.
Oder die Vielheit des Eins ist das eigene Setzen des Eins; das Eins ist
nichts als die negative Beziehung des Eins auf sich, und diese
Beziehung, also das Eins selbst, ist das viele Eins. Aber ebenso ist
die Vielheit dem Eins schlechthin äußerlich; denn das Eins ist eben das
Aufheben des Andersseyns, die Repulsion ist seine Beziehung auf sich,
und einfache Gleichheit mit sich selbst. Die Vielheit der Eins ist die
Unendlichkeit, als unbefangen sich hervorbringender Widerspruch.

Anmerkung.

Es ist vorhin des leibnitzischen Idealismus erwähnt worden. Es kann
hier hinzugesetzt werden, daß derselbe von der vorstellenden Monade
aus, die als Fürsichseyende bestimmt ist, nur bis zu der so eben
betrachteten Repulsion fortging, und zwar nur zu der Vielheit als
solcher, in der die Eins jedes nur für sich, gleichgültig gegen das
Daseyn und Für-sich-seyn anderer ist, oder überhaupt Andere gar nicht
für das Eins sind. Die Monade ist für sich die ganze abgeschlossene
Welt; es bedarf keine der andern; aber diese innere Mannigfaltigkeit,
die sie in ihrem Vorstellen hat, ändert in ihrer Bestimmung, für sich
zu seyn, nichts. Der Leibnitzische Idealismus nimmt die Vielheit
unmittelbar als eine gegebene auf, und begreift sie nicht als eine
Repulsion der Monade; er hat daher die Vielheit nur nach der Seite
ihrer abstrakten Äußerlichkeit. Die Atomistik hat den Begriff der
Idealität nicht; sie faßt das Eins nicht als ein solches, das in ihm
selbst die beiden Momente des Fürsichseyns und des Für-es-seyns
enthält, also als ideelles, sondern nur als einfach, trocken
Für-sich-seyendes. Aber sie geht über die bloß gleichgültige Vielheit
hinaus; die Atomen kommen in eine weitere Bestimmung gegeneinander,
wenn auch eigentlich auf inkonsequente Weise; da hingegen in jener
gleichgültigen Unabhängigkeit der Monaden, die Vielheit als starre
Grundbestimmung bleibt, so daß ihre Beziehung nur in die Monade der
Monaden, oder in den betrachtenden Philosophen fällt.

C. Repulsion und Attraktion.

a. Ausschließen des Eins.

Die vielen Eins sind Seyende; ihr Daseyn oder Beziehung aufeinander ist
Nicht-Beziehung, sie ist ihnen äußerlich;—das abstrakte Leere. Aber sie
selbst sind diese negative Beziehung auf sich nun als auf seyende
Andere;—der aufgezeigte Widerspruch, die Unendlichkeit, gesetzt in
Unmittelbarkeit des Seyns. Hiermit findet nun die Repulsion das
unmittelbar vor, was von ihr repellirt ist. Sie ist in dieser
Bestimmung Ausschließen; das Eins repellirt nur die Vielen von ihm
unerzeugten, nichtgesetzten Eins von sich. dieß Repelliren ist,
gegenseitig oder allseitig,—relativ, durch das Seyn der Eins
beschränkt.

Die Vielheit ist zunächst nicht gesetztes Andersseyn; die Grenze nur
das Leere, nur das, worin die Eins nicht sind. Aber sie sind auch in
der Grenze; sie sind im Leeren, oder ihre Repulsion ist ihre gemeinsame
Beziehung. Diese gegenseitige Repulsion ist das gesetzte Daseyn der
vielen Eins; sie ist nicht ihr Fürsichseyn, nach dem sie nur in einem
Dritten als Vieles unterschieden wären, sondern ihr eigenes sie
erhaltendes Unterscheiden.—Sie negiren sich gegenseitig, setzen
einander als solche, die nur für-Eines sind. Aber sie negiren eben so
sehr zugleich dieß, nur für-Eines zu seyn; sie repelliren diese ihre
Idealität und sind.—So sind die Momente getrennt, die in der Idealität
schlechthin vereinigt sind. Das Eins ist in seinem Fürsichseyn auch
für-Eines, aber dieß Eine, für welches es ist, ist es selbst; sein
Unterscheiden von sich ist unmittelbar aufgehoben. Aber in der Vielheit
hat das unterschiedne Eins ein Seyn; das Seyn-für-Eines, wie es in dem
Ausschließen bestimmt ist, ist daher ein Seyn-für-Anderes. Jedes wird
so von einem Andern repellirt, aufgehoben und zu einem gemacht, das
nicht für sich, sondern für-eines und zwar ein anderes Eins ist.

Das Fürsichseyn der vielen Eins zeigt sich hiernach als ihre
Selbsterhaltung, durch die Vermittelung ihrer Repulsion gegeneinander,
in der sie sich gegenseitig aufheben, und die anderen als ein bloßes
Seyn-für-Anderes setzen; aber zugleich besteht sie darin, diese
Idealität zu repelliren, und die Eins zu setzen, nicht für-ein-Anderes
zu seyn. Diese Selbsterhaltung der Eins durch ihre negative Beziehung
auf einander ist aber vielmehr ihre Auflösung.

Die Eins sind nicht nur, sondern sie erhalten sich durch ihr
gegenseitiges Ausschließen. Erstens ist nun das, wodurch sie den festen
Halt ihrer Verschiedenheit gegen ihr Negirtwerden haben sollten, ihr
Seyn, und zwar ihr Ansichseyn gegen ihre Beziehung auf-Anderes; dieß
Ansichseyn ist, daß sie Eins sind. Aber dieß sind Alle; sie sind in
ihrem Ansichseyn dasselbe, statt darin den festen Punkt ihrer
Verschiedenheit zu haben. Zweitens ihr Daseyn und ihr Verhalten zu
einander, d. i. ihr Sich selbst als Eins setzen, ist das gegenseitige
Negiren; dieß ist aber gleichfalls eine und dieselbe Bestimmung Aller,
durch welche sie sich also vielmehr als identisch setzen; wie dadurch,
daß sie an sich dasselbe sind, ihre als durch Andere zu setzende
Idealität ihre eigene ist, welche sie also ebenso wenig repelliren.—Sie
sind hiermit ihrem Seyn und Setzen nach nur Eine affirmative Einheit.

Diese Betrachtung der Eins, daß sie nach ihren beiden Bestimmungen
sowohl, insofern sie sind, als insofern sie sich aufeinander beziehen,
sich nur als ein und dasselbe und ihre Ununterscheidbarkeit zeigen, ist
unsere Vergleichung.—Es ist aber auch zu sehen, was in ihrer Beziehung
aufeinander selbst gesetzt an ihnen ist.—Sie sind, dieß ist in dieser
Beziehung vorausgesetzt,—und sind nur insofern sie sich gegenseitig
negiren, und diese ihre Idealität, ihr Negirtseyn zugleich von sich
selbst abhalten, d. i. das gegenseitige Negiren negiren. Aber sie sind
nur insofern sie negiren, so wird, indem dieß ihr Negiren negirt wird,
ihr Seyn negirt. Zwar indem sie sind, würden sie durch dieß Negiren
nicht negirt, es ist nur ein Äußerliches für sie; dieß Negiren des
Anderen prallt an ihnen ab, und trifft nur berührend ihre Oberfläche.
Allein nur durch das Negiren der Anderen kehren sie in sich selbst
zurück; sie sind nur als diese Vermittelung, diese ihre Rückkehr ist
ihre Selbsterhaltung und ihr Fürsichseyn. Indem ihr Negiren nichts
effektuirt, durch den Widerstand, den die Seyenden als solche oder als
negirend leisten, so kehren sie nicht in sich zurück, erhalten sich
nicht und sind nicht.

Vorhin wurde die Betrachtung gemacht, daß die Eins dasselbe, jedes
derselben Eins ist, wie das Andere. Dieß ist nicht nur unser Beziehen,
ein äußerliches Zusammenbringen; sondern die Repulsion ist selbst
Beziehen; das die Eins ausschließende Eins bezieht sich selbst auf sie,
die Eins, d. h. auf sich selbst. Das negative Verhalten der Eins zu
einander ist somit nur ein Mit-sich-zusammengehen. Diese Identität, in
welche ihr Repelliren übergeht, ist das Aufheben ihrer Verschiedenheit
und Äußerlichkeit, die sie vielmehr gegeneinander als Ausschließende
behaupten sollten.

Dieß sich in-Ein-Eines-setzen der vielen Eins ist die Attraktion.

Anmerkung.

Die Selbstständigkeit auf die Spitze des fürsichseyenden Eins
getrieben, ist die abstrakte, formelle Selbstständigkeit, die sich
selbst zerstört; der höchste, hartnäckigste Irrthum, der sich für die
höchste Wahrheit nimmt;—in konkreteren Formen als abstrakte Freiheit,
als reines Ich, und dann weiter als das Böse erscheinend. Es ist die
Freiheit, die sich so vergreift, ihr Wesen in diese Abstraktion zu
setzen, und in diesem Bei-sich-seyn sich schmeichelt, sich rein zu
gewinnen. Diese Selbstständigkeit ist bestimmter der Irrthum, das als
negativ anzusehen und sich gegen das als negativ zu verhalten, was ihr
eignes Wesen ist. Sie ist so das negative Verhalten gegen sich selbst,
welches, indem es sein eigenes Seyn gewinnen will, dasselbe zerstört,
und dieß sein Thun ist nur die Manifestation der Nichtigkeit dieses
Thuns. Die Versöhnung ist die Anerkennung dessen, gegen welches das
negative Verhalten geht, vielmehr als seines Wesens, und ist nur als
Ablassen von der Negativität seines Fürsichseyns, statt an ihm
festzuhalten.

Es ist ein alter Satz, daß das Eine Vieles und insbesondere: daß das
Viele Eines ist. Es ist hierüber die Bemerkung zu wiederholen, daß die
Wahrheit des Eins und des Vielen in Sätzen ausgedrückt in einer
unangemessenen Form erscheint, daß diese Wahrheit nur als ein Werden,
als ein Proceß, Repulsion und Attraktion, nicht als das Seyn, wie es in
einem Satze als ruhige Einheit gesetzt ist, zu fassen und auszudrücken
ist. Es ist oben der Dialektik Plato's im Parmenides über die Ableitung
des Vielen aus dem Eins, nämlich aus dem Satze: Eines ist, erwähnt und
erinnert worden. Die innere Dialektik des Begriffes ist angegeben
worden; am leichtesten ist die Dialektik des Satzes, daß Vieles Eines
ist, als äußerliche Reflexion zu fassen; und äußerlich darf sie hier
seyn, insofern auch der Gegenstand, die Vielen, das einander Äußerliche
ist. Diese Vergleichung der Vielen miteinander ergiebt sogleich, daß
eines schlechthin nur bestimmt ist wie das Andere; jedes ist Eins,
jedes ist Eins der Vielen, ist ausschließend die Anderen;—so daß sie
schlechthin nur dasselbe sind, schlechthin nur Eine Bestimmung
vorhanden ist. Es ist dieß das Faktum, und es ist nur darum zu thun,
dieß einfache Faktum aufzufassen. Die Hartnäckigkeit des Verstandes
weigert sich nur darum gegen dieses Auffassen, weil ihm auch der
Unterschied, und zwar mit Recht, vorschwebt; aber dieser bleibt um
jenes Faktums willen so wenig aus, als gewiß jenes Faktum ungeachtet
des Unterschiedes existirt. Man könnte den Verstand damit für das
schlichte Auffassen des Faktums der Einheit gleichsam trösten, daß der
Unterschied auch wieder eintreten werde.

b. Das Eine Eins der Attraktion.

Die Repulsion ist die Selbstzersplitterung des Eins zunächst in Viele,
deren negatives Verhalten unmächtig ist, weil sie einander als Seyende
voraussetzen; sie ist nur das Sollen der Idealität; diese aber wird
realisirt in der Attraktion. Die Repulsion geht in Attraktion über, die
vielen Eins in Ein Eins. Beide, Repulsion und Attraktion, sind

zunächst unterschieden, jene als die Realität der Eins, diese als deren
gesetzte Idealität. Die Attraktion bezieht sich auf diese Weise auf die
Repulsion, daß sie diese zur Voraussetzung hat. Die Repulsion liefert
die Materie für die Attraktion. Wenn keine Eins wären, so wäre nichts
zu attrahiren; die Vorstellung fortdauernder Attraktion, der Konsumtion
der Eins, setzt ein ebenso fortdauerndes Erzeugen der Eins voraus; die
sinnliche Vorstellung der räumlichen Attraktion läßt den Strom der
attrahirt-werdenden Eins fortdauern; an die Stelle der Atome, die in
dem attrahirenden Punkte verschwinden, tritt eine andere Menge, und
wenn man will, ins Unendliche, aus dem Leeren hervor. Wenn die
Attraktion vollführt, d. i. die Vielen auf den Punkt Eines Eins
gebracht, vorgestellt würden, so wäre nur ein träges Eins, kein
Attrahiren mehr vorhanden. Die in der Attraktion daseyende Idealität
hat auch noch die Bestimmung der Negation ihrer selbst, die vielen
Eins, auf die sie die Beziehung ist, an ihr, und die Attraktion ist
untrennbar von der Repulsion.

Das Attrahiren kommt zunächst jedem der vielen als unmittelbar
vorhandenen Eins auf gleiche Weise zu; keins hat einen Vorzug vor dem
andern; so wäre ein Gleichgewicht im Attrahiren, eigentlich ein
Gleichgewicht der Attraktion und der Repulsion selbst vorhanden, und
eine träge Ruhe ohne daseyende Idealität. Aber es kann hier nicht von
einem Vorzuge eines solchen Eins vor dem andern, was einen bestimmten
Unterschied zwischen ihnen voraussetzte, die Rede seyn, vielmehr ist
die Attraktion das Setzen der vorhandenen Ununterschiedenheit der Eins.
Erst die Attraktion selbst ist das Setzen eines von den anderen
unterschiedenen Eins; sie sind nur die unmittelbaren durch die
Repulsion sich erhalten sollenden Eins; durch ihre gesetzte Negation
aber geht das Eins der Attraktion hervor, das daher als das
Vermittelte, das als Eins gesetzte Eins, bestimmt ist. Die ersten als
unmittelbare kehren in ihrer Idealität nicht in sich zurück, sondern
haben dieselbe an einem andern.

Das Eine Eins aber ist die realisirte, an dem Eins gesetzte Idealität;
es ist attrahirend durch die Vermittelung der Repulsion; es enthält
diese Vermittelung in sich selbst als seine Bestimmung. Es verschlingt
so die attrahirten Eins nicht in sich als in einen Punkt, d. h. es hebt
sie nicht abstrakt auf. Indem es die Repulsion in seiner Bestimmung
enthält, erhält diese die Eins als Viele zugleich in ihm; es bringt, so
zu sagen, durch sein Attrahiren etwas vor sich, gewinnt einen Umfang
oder Erfüllung. Es ist so in ihm Einheit der Repulsion und Attraktion
überhaupt.

c. Die Beziehung der Repulsion und Attraktion.

Der Unterschied von Einem und Vielen hat sich zum Unterschiede ihrer
Beziehung auf einander bestimmt, welche in zwei Beziehungen, die
Repulsion und die Attraktion, zerlegt ist, deren jede zunächst
selbstständig außer der anderen steht, so daß sie jedoch wesentlich
zusammenhängen. Die noch unbestimmte Einheit derselben hat sich näher
zu ergeben.

Die Repulsion, als die Grundbestimmung des Eins erscheint zuerst und
als unmittelbar, wie ihre zwar von ihr erzeugten jedoch zugleich als
unmittelbar gesetzten Eins, und hiermit gleichgültig gegen die
Attraktion, welche an sie als so vorausgesetzte äußerlich hinzukommt.
Dagegen wird die Attraktion nicht von der Repulsion vorausgesetzt, so
daß an deren Setzen und Seyn jene keinen Antheil haben soll d. i. daß
die Repulsion nicht an ihr schon die Negation ihrer selbst, die Eins
nicht schon an ihnen Negirte wären. Auf solche Weise haben wir die
Repulsion abstrakt für sich, wie gleichfalls die Attraktion gegen die
Eins als Seyende die Seite eines unmittelbaren Daseyns hat, und von
sich aus als ein Anderes an sie kommt.

Nehmen wir demnach die bloße Repulsion so für sich, so ist sie die
Zerstreuung der vielen Eins ins unbestimmte, außerhalb der Sphäre der
Repulsion selbst; denn sie ist dieß, die Beziehung der Vielen
aufeinander zu negiren; die Beziehungslosigkeit ist ihre, sie abstrakt
genommen, Bestimmung. Die Repulsion ist aber nicht bloß das Leere, die
Eins als beziehungslos sind nicht repellirend, nicht ausschließend, was
ihre Bestimmung ausmacht. Repulsion ist, obgleich negative, doch
wesentlich Beziehung; das gegenseitige Abhalten und Fliehen ist nicht
die Befreiung von dem, was abgehalten und geflohen, das ausschließende
steht mit dem noch in Verbindung, was von ihm ausgeschlossen wird. dieß
Moment der Beziehung aber ist die Attraktion, somit in der Repulsion
selbst; sie ist das Negiren jener abstrakten Repulsion, nach welcher
die Eins nur sich auf sich beziehende Seyende, nicht ausschließende
wären.

Indem aber von der Repulsion der daseyenden Eins ausgegangen worden,
hiermit auch die Attraktion als äußerlich an sie tretend gesetzt ist,
so sind bei ihrer Untrennbarkeit beide noch als verschiedene
Bestimmungen auseinander gehalten; es hat sich jedoch ergeben, daß
nicht bloß die Repulsion von der Attraktion vorausgesetzt wird, sondern
auch ebenso sehr die Rückbeziehung der Repulsion auf die Attraktion
Statt findet, und jene an dieser ebenso sehr ihre Voraussetzung hat.

Nach dieser Bestimmung sind sie untrennbar, und zugleich als Sollen und
Schranke jede gegen die andere bestimmt. Ihr Sollen ist ihre abstrakte
Bestimmtheit als an sich seyender, die aber damit schlechthin über sich
hinausgewiesen ist, und auf die andere sich bezieht, und so jede
vermittelst der andern als andern ist; ihre Selbstständigkeit besteht
darin, daß sie in dieser Vermittelung als ein anderes Bestimmen für
einander gesetzt sind.—Die Repulsion als das Setzen der Vielen, die
Attraktion als das Setzen des Eins, diese zugleich als Negation der
Vielen, und jene als Negation der Idealität derselben im Eins, daß auch
die Attraktion nur vermittelst der Repulsion Attraktion, wie die
Repulsion vermittelst der Attraktion Repulsion ist. Daß aber darin die
Vermittelung durch Anderes mit sich, in der That vielmehr negirt, und
jede dieser Bestimmungen Vermittelung ihrer mit sich selbst ist, dieß
ergiebt sich aus deren nähern Betrachtung und führt sie zu der Einheit
ihres Begriffes zurück.

Zuerst daß jede sich selbst voraussetzt, in ihrer Voraussetzung nur
sich auf sich bezieht, dieß ist in dem Verhalten der erst noch
relativen Repulsion und Attraktion schon vorhanden.

Die relative Repulsion ist das gegenseitige Abhalten der vorhandenen
vielen Eins, die sich als unmittelbare vorfinden sollen. Aber daß viele
Eins seyen, ist die Repulsion selbst; die Voraussetzung, die sie hätte,
ist nur ihr eigenes Setzen. Ferner die Bestimmung des Seyns, die den
Eins außerdem, daß sie gesetzte sind, zukäme,—wodurch sie voraus wären,
gehört gleichfalls der Repulsion an. Das Repelliren ist das, wodurch
die Eins sich als Eins manifestiren und erhalten, wodurch sie als
solche sind. Ihr Seyn ist die Repulsion selbst; sie ist so nicht ein
relatives gegen ein anderes Daseyn, sondern verhält sich durchaus nur
zu sich selbst.

Die Attraktion ist das Setzen des Eins als solchen, des reellen Eins,
gegen welches die Vielen in ihrem Daseyn als nur ideell und
verschwindend bestimmt werden. So setzt sogleich die Attraktion sich
voraus, in der Bestimmung nämlich der anderen Eins, ideell zu seyn,
welche sonst für sich seyende und für Andere, also auch für irgend ein
Attrahirendes, repellirende seyn sollen. Gegen diese
Repulsionsbestimmung erhalten sie die Idealität nicht erst durch
Relation auf die Attraktion; sondern sie ist vorausgesetzt, ist die an
sich seyende Idealität der Eins, indem sie als Eins,—das als
attrahirend vorgestellte mit eingeschlossen, ununterschieden von
einander, ein und dasselbe sind.

Dieses Sich-selbst-voraussetzen der beiden Bestimmungen jeder für sich
ist ferner dieß, daß jede die andere als Moment in sich enthält. Das
Sich-Voraussetzen überhaupt ist in Einem sich als das Negative seiner
setzen,—Repulsion, und was darin vorausgesetzt wird, ist dasselbe als
das Voraussetzende,—Attraktion. Daß jede an sich nur Moment ist, ist
das Übergehen jeder aus sich selbst in die andere, sich an ihr selbst
zu negiren und sich als das Andere ihrer selbst zu setzen. Indem das
Eins als solches das Außersichkommen, es selbst nur dieß ist, sich als
sein Anderes, als das Viele zu setzen und das Viele nur ebenso dieß in
sich zusammenfallen und sich als sein Anderes, als das Eins zu setzen,
und eben darin nur sich auf sich zu beziehen, jedes in seinem Andern
sich zu kontinuiren,—so ist hiermit schon an sich das Außersichkommen
(die Repulsion) und das sich-als-Eines-Setzen (die Attraktion)
ungetrennt vorhanden. Gesetzt aber ist es an der relativen Repulsion
und Attraktion d. i. welche unmittelbare, daseyende Eins voraussetzt,
daß jede diese Negation ihrer an ihr selbst, und damit auch die
Kontinuität ihrer in ihre andere ist. Die Repulsion daseyender Eins ist
die Selbsterhaltung des Eins durch die gegenseitige Abhaltung der
andern, so daß 1) die anderen Eins an ihm negirt werden, dieß ist die
Seite seines Daseyns oder seines Seyns-für-Anderes; diese ist aber
somit Attraktion, als die Idealität der Eins;—und daß 2) das Eins an
sich sey, ohne die Beziehung auf die andere; aber nicht nur ist das
Ansich überhaupt längst in das Fürsichseyn übergegangen, sondern an
sich, seiner Bestimmung nach, ist das Eins jenes Werden zu Vielen.—Die
Attraktion daseyender Eins ist die Idealität derselben, und das Setzen
des Eins, worin sie somit als Negiren und Hervorbringen des Eins sich
selbst aufhebt, als Setzen des Eins das Negative ihrer selbst an ihr,
Repulsion ist.

Damit ist die Entwickelung des Fürsichseyns vollendet und zu ihrem
Resultate gekommenen. Das Eins als sich unendlich d. i. als gesetzte
Negation der Negation auf sich selbst beziehend ist die Vermittelung,
daß es sich als sein absolutes (d. i. abstraktes) Andersseyn (die
Vielen) von sich abstößt und indem es sich auf dieß sein Nichtseyn,
negativ, es aufhebend, bezieht, eben darin nur die

Beziehung auf sich selbst ist; und Eins ist nur dieses Werden, in
welchem die Bestimmung, daß es anfängt, d. i. als unmittelbares,
Seyendes gesetzt, und gleichfalls als Resultat sich zum Eins, d. i. zum
ebenso unmittelbaren, ausschließenden Eins wiederhergestellt hätte,
verschwunden; der Proceß, der es ist, setzt und enthält es allenthalben
nur als ein Aufgehobenes. Das Aufheben zunächst nur zu relativem
Aufheben, der Beziehung auf anderes Daseyendes, die damit selbst eine
differente Repulsion und Attraktion ist, bestimmt, erweist sich ebenso
in die unendliche Beziehung der Vermittelung durch die Negation der
äußerlichen Beziehungen von Unmittelbaren und Daseyenden, überzugehen
und zum Resultate eben jenes Werden zu haben, das in der
Haltungslosigkeit seiner Momente das Zusammensinken, oder vielmehr das
Mit-Sich-Zusaummengehen in die einfache Unmittelbarkeit ist. Dieses
Seyn nach der Bestimmung, die es nunmehr erhalten, ist die Quantität.

Übersehen wir kurz die Momente dieses Überganges der Qualität in die
Quantität, so hat das Qualitative zu seiner Grundbestimmung das Seyn
und die Unmittelbarkeit, in welcher die Grenze und die Bestimmtheit mit
dem Seyn des Etwas so identisch ist, daß das Etwas mit ihrer
Veränderung selbst verschwindet; so gesetzt ist es als Endliches
bestimmt. Um der Unmittelbarkeit dieser Einheit willen, worin der
Unterschied verschwunden ist, der aber an sich darin, in der Einheit
des Seyns und Nichts, vorhanden ist, fällt er als Andersseyn überhaupt,
außer jener Einheit. Diese Beziehung auf Anderes widerspricht der
Unmittelbarkeit, in der die qualitative Bestimmtheit Beziehung auf sich
ist. Dieß Andersseyn hebt sich in der Unendlichkeit des Fürsichseyns
auf, welches den Unterschied, den es in der Negation der Negation an
und in ihm selbst hat, zum Eins und Vielen und zu deren Beziehungen
realisirt, und das Qualitative zur wahrhaften, d. i. nicht mehr
unmittelbaren, sondern als übereinstimmend mit sich gesetzten Einheit
erhoben hat.

Diese Einheit ist somit à) Seyn, nur als affirmatives d. i. durch die
Negation der Negation mit sich vermittelte Unmittelbarkeit, das Seyn
ist gesetzt als die durch seine Bestimmtheiten, Grenze u.s.f.
hindurchgehende Einheit, die in ihm als aufgehobene gesetzt sind;—ß)
Daseyn; es ist nach solcher Bestimmung die Negation oder Bestimmtheit
als Moment des affirmativen Seyns, doch ist sie nicht mehr die
unmittelbare, sondern die in sich reflektirte, sich nicht auf anderes,
sondern auf sich sich beziehende; das Schlechthin—das
An-sich-Bestimmtseyn,—das Eins; das Andersseyn als solches ist selbst
Fürsichseyn;—ç) Fürsichseyn, als jenes durch die Bestimmtheit hindurch
sich kontinuirende Seyn, in welchem das Eins und An-sich-Bestimmtseyn
selbst als Aufgehobenes gesetzt ist. Das Eins ist zugleich als über
sich hinausgegangen und als Einheit bestimmt, das Eins damit, die
schlechthin bestimmte Grenze, als die Grenze, die keine ist, die am
Seyn aber ihm gleichgültig ist, gesetzt.

Anmerkung.

Attraktion und Repulsion pflegen bekanntlich als Kräfte angesehen zu
werden. Diese ihre Bestimmung und die damit zusammenhängende
Verhältnisse sind mit den Begriffen, die sich für sie ergeben haben, zu
vergleichen.—In jener Vorstellung werden sie als selbstständig
betrachtet, so daß sie sich nicht durch ihre Natur auf einander
beziehen, d. h. daß nicht jede nur ein in ihre entgegengesetzte
übergehendes Moment seyn, sondern fest der andern gegenüber beharren
soll. Sie werden ferner vorgestellt, als in einem Dritten, der Materie,
zusammenkommend; so jedoch, daß dieß In-Eins-Werden nicht als ihre
Wahrheit gilt, sondern jede vielmehr ein Erstes und
An-und-fürsich-Seyendes, die Materie aber oder Bestimmungen derselben
durch sie gesetzt und hervorgebracht seyen. Wenn gesagt wird, daß die
Materie die Kräfte in sich habe, so ist unter dieser ihrer Einheit eine
Verknüpfung verstanden, wobei sie zugleich als in sich seyende frei von
einander vorausgesetzt werden.

Kant hat bekanntlich die Materie aus der Repulsivund AttraktivKraft
konstruirt oder wenigstens, wie er sich ausdrückt, die metaphysischen
Elemente dieser Konstruction aufgestellt.—Es wird nicht ohne Interesse
seyn, diese Konstruction näher zu beleuchten. Diese metaphysische
Darstellung eines Gegenstandes, der nicht nur selbst, sondern in seinen
Bestimmungen, nur der Erfahrung anzugehören schien, ist eines Theils
dadurch merkwürdig, daß sie als ein Versuch des Begriffs wenigstens den
Anstoß zur neueren Naturphilosophie gegeben hat,—der Philosophie,
welche die Natur nicht als ein der Wahrnehmung sinnlich Gegebenes zum
Grunde der Wissenschaft macht, sondern ihre Bestimmungen aus dem
absoluten Begriffe erkennt; andern Theils auch, weil bei jener
Kantischen Konstruktion noch häufig stehen geblieben und sie für einen
philosophischen Anfang und Grundlage der Physik gehalten wird.

Eine solche Existenz, wie die sinnliche Materie, ist zwar nicht ein
Gegenstand der Logik, eben so wenig als der Raum und Raumbestimmungen.
Aber auch der Attraktiv- und Repulsiv-Kraft, sofern sie als Kräfte der
sinnlichen Materie angesehen werden, liegen die hier betrachteten
reinen Bestimmungen vom Eins und Vielen, und deren Beziehungen
aufeinander, die ich Repulsion und Attraktion, weil diese Namen am
nächsten liegen, genannt habe, zu Grunde.

Kants Verfahren in der Deduktion der Materie aus diesen Kräften, das er
eine Konstruktion nennt, verdient, näher betrachtet, diesen Namen
nicht, wenn nicht anders jede Art voll Reflexion, selbst die
analysirende, eine Konstruktion genannt wird, wie denn freilich spätere
Naturphilosophen auch das flachste Raisonnement und das grundloseste
Gebräue einer willkürlichen Einbildungskraft und gedankenlosen
Reflexion,—das besonders die sogenannten Faktoren der Attraktivkraft
und Repulsivkraft gebrauchte und allenthalben vorbrachte,—ein
Konstruiren genannt haben.

Kants Verfahren ist nämlich Im Grunde analytisch, nicht konstruirend.
Er setzt die Vorstellung der Materie voraus, und fragt nun, welche
Kräfte dazu gehören, um ihre vorausgesetzten Bestimmungen zu erhalten.
So fordert er also eines Theils die Attraktivkraft darum, weil durch
die Repulsion allein, ohne Attraktion, eigentlich keine Materie daseyn
könnte. (Anfangsgr. der Naturwissensch. S. 53f.) Die Repulsion andern
Theils, leitet er gleichfalls aus der Materie ab, und giebt als Grund
derselben an, weil wir uns die Materie undurchdringlich vorstellen,
indem diese nämlich dem Sinne des Gefühls, durch den sie sich uns
offenbare, sich unter dieser Bestimmung präsentirt. Die Repulsion werde
daher ferner sogleich im Begriffe der Materie gedacht, weil sie damit
unmittelbar gegeben sey; die Attraktion dagegen werde derselben durch
Schlüsse beigefügt. Auch diesen Schlüssen aber liegt das so eben
Gesagte zu Grunde, daß eine Materie, die bloß Repulsivkraft hätte, das,
was wir uns unter Materie vorstellen, nicht erschöpfte.—Dieß ist, wie
erhellt, das Verfahren des über die Erfahrung reflektirenden Erkennens,
das zuerst in der Erscheinung Bestimmungen wahrnimmt, diese nun zu
Grunde legt, und für das sogenannte Erklären derselben entsprechende
Grundstoffe oder Kräfte annimmt, welche jene Bestimmungen der
Erscheinung hervorbringen sollen.

In Ansehung des angeführten Unterschieds, wie die Repulsivkraft und wie
die Attraktivkraft von dem Erkennen in der Materie gefunden werde,
bemerkt Kant weiter, daß die Attraktivkraft zwar eben sowohl zum
Begriffe der Materie gehöre, ob sie gleich nicht darin enthalten sey.
Kant zeichnet diesen letztern Ausdruck aus. Es ist aber nicht
abzusehen, welcher Unterschied darin liegen soll; denn eine Bestimmung,
die zum Begriffe einer Sache gehört, muß wahrhaftig darin enthalten
seyn.

Was die Schwierigkeit macht und diese leere Ausflucht herbeiführt,
besteht darin, daß Kant zum Begriffe der Materie von vorn herein
einseitig nur die Bestimmung der Undurchdringlichkeit rechnet, die wir
durch das Gefühl wahrnehmen sollen, weswegen die Repulsivkraft, als das
Abhalten eines Anderen von sich, unmittelbar gegeben sey. Wenn aber
ferner die Materie ohne Attraktivkraft nicht soll daseyn können, so
liegt für diese Behauptung eine aus der Wahrnehmung genommene
Vorstellung der Materie zu Grunde; die Bestimmung der Attraktion muß
also gleichfalls in der Wahrnehmung anzutreffen seyn. Es ist auch wohl
wahrzunehmen, daß die Materie außer ihrem Fürsichseyn, welches das
Seyn-fur-Anderes aufhebt, (den Widerstand leistet), auch eine Beziehung
des Fürsichseyenden aufeinander, räumliche Ausdehnung und Zusammenhalt,
und in Starrheit, Festigkeit einen sehr festen Zusammenhalt hat. Die
erklärende Physik erfordert zum Zerreißen u.s.f. eines Körpers eine
Kraft, welche starker sey, als die Attraktion der Theile desselben
gegeneinander. Aus dieser Wahrnehmung kann die Reflexion eben so
unmittelbar die Attraktivkraft ableiten, oder sie als gegeben annehmen,
als sie es mit der Repulsivkraft that. In der That, wenn die kantischen
Schlüsse, aus denen die Attraktivkraft abgeleitet werden soll,
betrachtet werden (der Beweis des Lehrsatzes: daß die Möglichkeit der
Materie eine Anziehungskraft als zweite Grundkraft erfordere a. a. O.),
so enthalten sie nichts, als daß durch die bloße Repulsion die Materie
nicht räumlich seyn würde. Indem die Materie, als Raum erfüllend
vorausgesetzt ist, ist ihr die Kontinuität zugeschrieben, als deren
Grund die Anziehungskraft angenommen wird.

Wenn nun solche sogenannte Konstruktion der Materie höchstens ein
analytisches Verdienst hätte, das noch durch die unreine Darstellung
geschmälert würde, so ist der Grundgedanke immer sehr zu schätzen, die
Materie aus diesen zwei entgegengesetzten Bestimmungen als ihren
Grundkräften zu erkennen. Es ist Kant vornehmlich um die Verbannung der
gemein-mechanischen Vorstellungsweise zu thun, die bei der einen
Bestimmung, der Undurchdringlichkeit, der für-sich-seyenden
Punktualität, stehen bleibt, und die entgegengesetzte Bestimmung, die
Beziehung der Materie in sich oder mehrerer Materien, die wieder als
besondere Eins angesehen werden, aufeinander, zu etwas Äußerlichem
macht;—die Vorstellungsweise, welche, wie Kant sagt, sonst keine
bewegenden Kräfte, als nur durch Druck und Stoß, also nur durch
Einwirkung von Aussen, einräumen will. Diese Äußerlichkeit des
Erkennens setzt die Bewegung immer schon als der Materie äußerlich
vorhanden voraus, und denkt nicht daran, sie als etwas Innerliches zu
fassen, und sie selbst in der Materie zu begreifen, welche eben damit
für sich als bewegungslos und als träge angenommen wird. Dieser
Standpunkt hat nur die gemeine Mechanik, nicht die immanente und freie
Bewegung vor sich.—Indem Kant jene Äußerlichkeit zwar insofern aufhebt,
als er die Attraktion, die Beziehung der Materien auf einander,
insofern diese als von einander getrennt angenommen werden, oder der
Materie überhaupt in ihrem Außersichseyn, zu einer Kraft der Materie
selbst macht, so bleiben jedoch auf der anderen Seite seine beiden
Grundkräfte, innerhalb der Materie, äußerliche und für sich
selbstständige gegen einander.

So nichtig der selbstständige Unterschied dieser beiden Kräfte, der
ihnen vom Standpunkte jenes Erkennens beigelegt wird, war, ebenso
nichtig muß sich jeder andere Unterschied, der in Ansehung ihrer
Inhaltsbestimmung als etwas Festseyn-Sollendes gemacht wird, zeigen,
weil sie, wie sie oben in ihrer Wahrheit betrachtet wurden, nur Momente
sind, die in einander übergehen.—Ich betrachte diese fernern
Unterschiedsbestimmunge, wie sie Kant angiebt.

Er bestimmt nämlich die Attraktivkraft als eine durchdringende Kraft,
wodurch eine Materie auf die Theile der anderen auch über die Fläche
der Berührung hinaus unmittelbar wirken könne, die Repulsivkraft
dagegen als eine Flächenkraft, dadurch Materien nur in der
gemeinschaftlichen Fläche der Berührung auf einander wirken können. Der
Grund, der angeführt wird, daß die letztere nur eine Flächenkraft seyn
soll, ist folgender: "Die einander berührenden Theile begrenzen einer
den Wirkungsraum des andern, und die repulsive Kraft könne keinen
entferntern Theil bewegen, ohne vermittelst der dazwischen liegenden;
eine quer durch diese gehende unmittelbare Wirkung einer Materie auf
eine andere durch Ausdehnungskräfte (das heißt hier Repulsivkräfte) sey
unmöglich." (s. ebendas. Erklär. u. Zusätze S. 67.)

Es ist sogleich zu erinnern, daß, indem nähere oder entferntere Theile
der Materie angenommen werden, in Rücksicht auf die Attraktion
gleichfalls der Unterschied entstünde, daß ein Atom zwar auf ein
anderes einwirkte, aber ein drittes Entfernteres, zwischen welchem und
dem ersten Attrahirenden das Andere sich befände, zunächst in die
Anziehungssphäre des dazwischen liegenden ihm Nähern träte, das Erste
also nicht eine unmittelbare einfache Wirkung auf das Dritte ausüben
würde; woraus sich eben so ein vermitteltes Wirken für die
Attractivkraft, als für die Repulsivkraft ergehe; ferner müßte das
wahre Durchdringen der Attraktivkraft allein darin bestehen, daß alle
Theile der Materie an und für sich attrahirend wären, nicht aber eine
gewisse Menge passiv und nur Ein Atom aktiv sich verhielte.
—Unmittelbar oder in Rücksicht auf die Repulsivkraft selbst aber ist zu
bemerken, daß in der angeführten Stelle sich berührende Theile, also
eine Gediegenheit und Kontinuität einer fertigen Materie vorkommt,
welche durch sich hindurch ein Repelliren nicht gestatte. Diese
Gediegenheit der Materie aber, in welcher Theile sich berühren, nicht
mehr durch das Leere getrennt sind, setzt das Aufgehobenseyn der
Repulsivkraft bereits voraus; sich berührende Theile sind nach der hier
herrschenden sinnlichen Vorstellung der Repulsion als solche zu nehmen,
die sich nicht repelliren. Es folgt also ganz tautologisch, daß da, wo
das Nichtseyn der Repulsion angenommen ist, keine Repulsion Statt
finden kann. Daraus aber folgt nichts weiter für eine Bestimmung der
Repulsivkraft.—Wird aber darauf reflektirt, daß berührende Theile sich
nur insofern berühren, als sie sich noch außereinander halten, so ist
eben damit die Repulsivkraft nicht bloß auf der Oberfläche der Materie,
sondern innerhalb der Sphäre, welche nur Sphäre der Attraktion seyn
sollte.

Weiter nimmt Kant die Bestimmung an, daß "durch die Anziehungskraft die
Materie einen Raum nur einnehme, ohne ihn zu erfüllen;" (ebendas.)
"weil die Materie durch die Anziehungskraft den Raum nicht erfülle, so
könne diese durch den leeren Raum wirken, indem ihr keine Materie, die
dazwischen läge, Grenzen setze."—Jener Unterschied ist ungefähr wie der
obige beschaffen, wo eine Bestimmung zum Begriffe einer Sache gehören,
aber nicht darin enthalten seyn sollte, so soll hier die Materie einen
Raum nur einnehmen, ihn aber nicht erfüllen. Alsdenn ist es die
Repulsion, wenn wir bei ihrer ersten Bestimmung stehen bleiben, durch
welche sich die Eins abstossen und nur negativ, das heißt hier, durch
den leeren Raum, sich aufeinander beziehen. Hier aber ist es die
Attraktivkraft, welche den Raum leer erhält; sie erfüllt den Raum durch
ihre Beziehung der Atome nicht, das heißt, sie erhält die Atome in
einer negativen Beziehung auf einander.—Wir sehen, daß hier Kant
bewußtlos das begegnet, was in der Natur der Sache liegt, daß er der
Attraktivkraft gerade das zuschreibt, was er der ersten Bestimmung
nach, der entgegengesetzten Kraft zuschrieb. Unter dem Geschäfte der
Festsetzung des Unterschiedes beider Kräfte, war es geschehen, daß eine
in die andere übergegangen war.—So soll dagegen durch die Repulsion die
Materie einen Raum erfüllen, somit durch sie der leere Raum, den die
Attraktivkraft läßt, verschwinden, In der That hebt sie somit, indem
sie den leeren Raum aufhebt, die negative Beziehung der Atome oder
Eins, d. h. die Repulsion derselben, auf; d. i. die Repulsion ist als
das Gegentheil ihrer selbst bestimmt.

Zu dieser Verwischung der Unterschiede kommt noch die Verwirrung hinzu,
daß, wie anfangs bemerkt worden, die Kantische Darstellung der
entgegengesetzten Kräfte analytisch ist, und in dem ganzen Vortrage,
die Materie, die erst aus ihren Elementen hergeleitet werden soll,
bereits als fertig und konstituirt vorkommt. In der Definition der
Flächen- und der durchdringenden Kraft werden beide als bewegende
Kräfte angenommen, dadurch Materien auf die eine oder die andere Weise
sollen wirken können.—Sie sind also hier als Kräfte dargestellt, nicht
durch welche die Materie erst zu Stande käme, sondern wodurch sie,
schon fertig, nur bewegt würde. Insofern aber von Kräften die Rede ist,
wodurch verschiedene Materien auf einander einwirken und sich bewegen,
so ist dieß etwas ganz anderes, als die Bestimmung und Beziehung, die
sie als die Momente der Materie haben sollten.

Denselben Gegensatz, als Attraktiv- und Repulsivkraft machen in
weiterer Bestimmung Centripetal- und Centrifugalkraft. Diese scheinen
einen wesentlichen Unterschied zu gewähren, indem in ihrer Sphäre Ein
Eins, ein Centrum, feststeht, gegen das sich die anderen Eins als nicht
fürsichseyende verhalten, der Unterschied der Kräfte daher an diesen
vorausgesetzten Unterschied Eines centralen Eins und der anderen als
gegen dasselbe nicht feststehend angeknüpft werden kann. Insofern sie
aber zur Erklärung gebraucht werden—zu welchem Behuf man sie, wie auch
sonst die Repulsiv- und Attraktivkraft, in entgegengesetztem
quantitativem Verhältniß annimmt, so daß die eine zunehme, wie die
andere abnehme, so soll die Erscheinung der Bewegung, für deren
Erklärung sie angenommen sind, und deren Ungleichheit erst aus ihnen
resultiren. Man braucht aber nur die nächste beste Darstellung einer
Erscheinung, z.B. die ungleiche Geschwindigkeit, die ein Planet in
seiner Bahn um seinen Centralkörper hat, aus dem Gegensatze jener
Kräfte, vor sich nehmen, so erkennt man bald die Verwirrung, die darin
herrscht, und die Unmöglichkeit, die Größen derselben auseinander zu
bringen, so daß immer eben so diejenige als zunehmend anzunehmen ist,
welche in der Erklärung als abnehmend angenommen wird, und umgekehrt;
was, um anschaulich gemacht zu werden, einer weitläufigern Exposition
bedürfte, als hier gegeben werden könnte; aber das Nöthige kommt
späterhin beim umgekehrten Verhältniß vor.



Zweiter Abschnitt. Die Größe (Quantität).


Der Unterschied der Quantität von der Qualität ist angegeben worden.
Die Qualität ist die erste, unmittelbare Bestimmtheit, die Quantität
die Bestimmtheit, die dem Seyn gleichgültig geworden, eine Grenze, die
eben so sehr keine ist; das Fürsichseyn, das schlechthin identisch mit
dem Seyn-für-Anderes,—die Repulsion der vielen Eins, die unmittelbar
Nicht-Repulsion, Kontinuität derselben ist.

Weil das Fürsichseyende nun so gesetzt ist, sein Anderes nicht
auszuschließen, sondern sich in dasselbe vielmehr affirmativ
fortzusetzen, so ist das Andersseyn, insofern das Daseyn an dieser
Kontinuität wieder hervortritt, und die Bestimmtheit desselben zugleich
nicht mehr als in einfacher Beziehung auf sich, nicht mehr unmittelbare
Bestimmtheit des daseyenden Etwas, sondern ist gesetzt, sich als
repellirend von sich, die Beziehung auf sich als Bestimmtheit vielmehr
in einem anderen Daseyn (einem für-sich-seyenden) zu haben, und indem
sie zugleich als gleichgültige in sich reflektirte, beziehungslose
Grenzen sind, so ist die Bestimmtheit überhaupt außer sich, ein sich
schlechthin Äußerliches und Etwas ebenso Äußerliches; solche Grenze,
die Gleichgültigkeit derselben an ihr selbst und des Etwas gegen sie,
macht die quantitative Bestimmtheit desselben aus.

Zunächst ist die reine Quantität von ihr als bestimmter Quantität, vom
Quantum, zu unterscheiden. Als jene ist sie erstens das in sich
zurückgekehrte, reale Fürsichseyn, das noch keine Bestimmtheit an ihm
hat; als gediegene sich in sich kontinuirende unendliche Einheit.

Diese geht zweitens zu der Bestimmtheit fort, die an ihr gesetzt wird,
als solche, die zugleich keine, nur äußerliche ist. Sie wird Quantum.
Das Quantum ist die gleichgültige Bestimmtheit, d. h. die über sich
hinausgehende, sich selbst negirende; es verfällt als dieß Andersseyn
des Andersseyn in den unendlichen Progreß. Das unendliche Quantum aber
ist die aufgehobene gleichgültige Bestimmtheit, es ist die
Wiederherstellung der Qualität.

Drittens, das Quantum in qualitativer Form ist das quantitative
Verhältniß. Das Quantum geht nur überhaupt über sich hinaus; im
Verhältnisse aber geht es so über s sich in sein Andersseyn hinaus, daß
dieses, in welchem es seine Bestimmung hat, zugleich gesetzt, ein
anderes Quantum ist; somit sein In-sich-zurückgekehrtseyn und die
Beziehung auf sich als in seinem Andersseyn vorhanden ist.

Diesem Verhältnisse liegt noch die Äußerlichkeit des Quantums zu
Grunde, es sind gleichgültige Quanta, die sich zu einander verhalten,
d. i. ihre Beziehung auf sich selbst in solchem Außersichseyn haben;
—das Verhältniß ist damit nur formelle Einheit der Qualität und
Quantität. Die Dialektik desselben ist sein Übergang in ihre absolute
Einheit, in das Maaß.

Anmerkung.

Am Etwas ist seine Grenze als Qualität wesentlich seine Bestimmtheit.
Wenn wir aber unter Grenze die quantitative Grenze verstehen, und z. B.
ein Acker diese seine Grenze verändert, so bleibt er Acker vor wie
nach. Wenn hingegen seine qualitative Grenze verändert wird, so ist
dieß seine Bestimmtheit, wodurch er Acker ist, und er wird Wiese, Wald
u.s.f.-Ein Roth, das intensiver oder schwächer ist, ist immer Roth;
wenn es aber seine Qualität änderte, so hörte es auf Roth zu seyn, es
würde Blau u.s.f.—Die Bestimmung der Größe als Quantum, wie sie sich
oben ergeben hat, daß ein Seyn als Bleibendes zu Grunde liegt, das
gegen die Bestimmtheit, die es hat, gleichgültig ist, ergiebt sich an
jedem anderen Beispiel.

Unter dem Ausdruck Größe wird das Quantum, wie an den angegebenen
Beispielen, verstanden, nicht die Quantität, weswegen wesentlich dieser
Name aus der fremden Sprache gebraucht werden muß.

Die Definition, welche in der Mathematik von der Größe gegeben wird,
betrifft gleichfalls das Quantum. Gewöhnlich wird eine Größe definirt,
als etwas, das sich vermehren oder vermindern läßt. Vermehren aber
heißt, etwas mehr groß, vermindern weniger groß machen. Es liegt darin
ein Unterschied der Größe überhaupt von ihr selbst, und die Größe wäre
also das, dessen Größe sich verändern läßt. Die Definition zeigt sich
insofern als ungeschickt, als in ihr diejenige Bestimmung selbst
gebraucht wird, welche definirt werden sollte. Insofern in ihr nicht
dieselbe Bestimmung zu gebrauchen ist, ist das Mehr und Weniger in
einen Zusatz als Affirmation und zwar nach der Natur des Quantums als
eine gleichfalls äußerliche, und in ein Wegnehmen, als eine ebenso
äußerliche Negation, aufzulösen. Zu dieser äußerlichen Weise sowohl der
Realität als der Negation bestimmt sich überhaupt die Natur der
Veränderung am Quantum. Daher ist in jenem unvollkommenen Ausdruck das
Hauptmoment nicht zu verkennen, worauf es ankommt; nämlich die
Gleichgültigkeit der Veränderung, so daß in ihrem Begriff selbst ihr
eigenes Mehr Minder liegt, ihre Gleichgültigkeit gegen sich selbst.



Erstes Kapitel. Die Quantität.


A. Die reine Quantität.

Die Quantität ist das aufgehobene Fürsichseyn; das repellirende Eins,
das sich gegen das ausgeschlossene Eins nur negativ verhielt, in die
Beziehung mit demselben übergegangen, verhält sich identisch zu dem
Andern, und hat damit seine Bestimmung verloren; das Fürsichseyn ist in
Attraktion übergegangen. Die absolute Sprödigkeit des repellirenden
Eins ist in diese Einheit zerflossen, welche aber als dieß Eins
enthaltend, durch die innwohnende Repulsion zugleich bestimmt, als
Einheit des Außersichseyns Einheit mit sich selbst ist. Die Attraktion
ist auf diese Weise als das Moment der Kontinuität in der Quantität.

Die Kontinuität ist also einfache, sich selbst gleiche Beziehung auf
sich, die durch keine Grenze und Ausschließung unterbrochen ist, aber
nicht unmittelbare Einheit, sondern Einheit der fürsichseyenden Eins.
Es ist darin das Außereinander der Vielheit noch enthalten, aber
zugleich als ein nicht unterschiedenes, Ununterbrochenes. Die Vielheit
ist in der Kontinuität so gesetzt, wie sie an sich ist; die Vielen sind
Eins was Andere, jedes dem anderen gleich, und die Vielheit daher
einfache, unterschiedslose Gleichheit. Die Kontinuität ist dieses
Moment der Sichselbstgleichheit des Außereinanderseyns, das
Sich-Fortsetzen der unterschiedenen Eins in ihre von ihnen
Unterschiedene.

Unmittelbar hat daher die Größe in der Kontinuität das Moment der
Diskretion,—die Repulsion, wie sie nur Moment in der Quantität ist.
—Die Stätigkeit ist Sichselbstgleichheit aber des Vielen, das jedoch
nicht zum Ausschließenden wird; die Repulsion dehnt erst die
Sichselbstgleichheit zur Kontinuität aus. Die Diskretion ist daher
ihrer Seits zusammenfliessende Diskretion, deren Eins nicht das Leere,
das Negative, zu ihrer Beziehung haben, sondern ihre eigne Stätigkeit,
und diese Gleichheit mit sich selbst im Vielen nicht unterbrechen.

Die Quantität ist die Einheit dieser Momente, der Kontinuität und
Diskretion, aber sie ist dieß zunächst in der Form des einen derselben,
der Kontinuität, als Resultat der Dialektik des Fürsichseyns, das in
die Form sich-selbst-gleicher Unmittelbarkeit zusammengefallen ist. Die
Quantität ist als solche dieß einfache Resultat, insofern es seine
Momente noch nicht entwickelt und an ihm gesetzt hat.—Sie enthält sie
zunächst, als das Fürsichseyn gesetzt, wie es in Wahrheit ist. Es war
seiner Bestimmung nach das sich aufhebende Beziehen auf sich selbst,
perennirendes Außersichkommen. Aber das Abgestoßene ist es selbst; die
Repulsion ist daher das erzeugende Fortfließen seiner selbst. Um der
Dieselbigkeit willen des Abgestoßenen ist dieß Discerniren,
ununterbrochene Kontinuität; und um des Außersichkommens willen, ist
diese Kontinuität, ohne unterbrochen zu seyn, zugleich Vielheit, die
eben so unmittelbar in ihrer Gleichheit mit sich selbst bleibt.

Anmerkung 1.

Die reine Quantität hat noch keine Grenze, oder ist noch nicht Quantum;
auch insofern sie Quantum wird, wird sie durch die Grenze nicht
beschränkt, sie besteht vielmehr eben darin, durch die Grenze nicht
beschränkt zu seyn, das Fürsichseyn als ein Aufgehobenes in sich zu
haben. Daß die Diskretion Moment in ihr ist, kann so ausgedrückt
werden, daß die Quantität schlechthin in ihr allenthalben die reale
Möglichkeit des Eins ist, aber umgekehrt, daß das Eins eben so
schlechthin nur als kontinuirliches ist.

Der begrifflosen Vorstellung wird die Kontinuität leicht zur
Zusammensetzung, nämlich einer äußerlichen Beziehung der Eins
aufeinander, worin das Eins in seiner absoluten Sprödigkeit und
Ausschließung erhalten bleibt. Es hat sich aber am Eins gezeigt, daß es
an und für sich selbst, in die Attraktion, in seine Idealität übergeht,
und daß daher die Kontinuität ihm nicht äußerlich ist, sondern ihm
selbst angehört, und in seinem Wesen gegründet ist. Diese Äußerlichkeit
der Kontinuität für die Eins ist es überhaupt, an der die Atomistik
hängen bleibt, und die zu verlassen die Schwierigkeit für das
Vorstellen macht.—Die Mathematik dagegen verwirft eine Metaphysik,
welche die Zeit aus Zeitpunkten, den Raum überhaupt oder zunächst die
Linie aus Raumpunkten, die Fläche aus Linien, den ganzen Raum aus
Flächen bestehen lassen wollte; sie läßt solche unkontinuirliche Eins
nicht gelten. Wenn sie auch z.B. die Größe einer Fläche so bestimmt,
daß sie als die Summe von unendlich vielen Linien vorgestellt wird,
gilt diese Diskretion nur als momentane Vorstellung, und in der
unendlichen Vielheit der Linien, da der Raum, den sie ausmachen sollen,
doch ein beschränkter ist, liegt schon das Aufgehobenseyn ihrer
Diskretion.

Den Begriff der reinen Quantität gegen die bloße Vorstellung hat
Spinoza, dem es vorzüglich auf denselben ankam, im Sinne, indem er
(Eth. P. I. Prop. XV. Schol.) auf folgende Weise von der Quantität
spricht:

"Quantitas duobus modis a nobis concipitur, abstracte scilicet sive
superficialiter, prout nempe ipsam imaginamur; vei ut substantia, quod
a solo intellectu fit. Si itaque ad quantitatem attendimus, prout in
imaginatione est, quod saepe et facilius a nobis fit, reperietur
finita, divisibilis et ex partibus conflata, si autem ad ipsam, prout
in intellecu est, attendimus, et eam, quatenus substantia est,
concipimus, quod difficillime fit,—infinita, unic et indivisibilis
reperietur. Quod omnibus, qui inter imaginationem et intellectum
distiuguere sciverint, satis manifestum erit." Bestimmtere Beispiele
der reinen Quantität, wenn man deren verlangt, hat man an Raum und
Zeit, auch der Materie überhaupt, Licht u.s.f. selbst Ich, nur ist
unter Quantität, wie schon bemerkt, nicht das Quantum zu verstehen.
Raum, Zeit u.s.f. sind Ausdehnungen, Vielheiten, die ein
Außer-sich-gehen, ein Strömen sind, das aber nicht ins
Entgegengesetzte, in die Qualität oder das Eins übergeht, sondern als
Außersichkommen ein perennirendes Selbstproduciren ihrer Einheit sind.
Der Raum ist dieß absolute Außersichseyn, das eben so sehr schlechthin
ununterbrochen, ein Anders- und Wieder-Andersseyn, das identisch mit
sich ist; die Zeit ein absolutes Außersichkommen, ein Erzeugen des
Eins, Zeitpunktes, des Jetzt, das unmittelbar das Zunichtewerden
desselben und stätig wieder das Zunichtewerden dieses Vergebens ist, so
daß dieß sich Erzeugen des Nichtseyns eben so sehr einfache Gleichheit
und Identität mit sich ist.

Was die Materie als Quantität betrifft, so befindet sich unter den
sieben Propositionen, die von der ersten Dissertation Leibnitzens
aufbewahrt sind, (l. Seite des I. Th. seiner Werke) eine hierüber, die
zweite, die so lautet: Non omnino improbabile est, materiam et
quantitatem esse realiter idem.—In der That sind diese Begriffe auch
nicht weiter verschieden, als darin, daß die Quantität die reine
Denkbestimmung, die Materie aber dieselbe in äußerlicher Existenz ist.
—Auch dem Ich kommt die Bestimmung der reinen Quantität zu, als es ein
absolutes Anderswerden, eine unendliche Entfernung oder allseitige
Repulsion zur negativen Freiheit des Fürsichseyns ist, aber welche
schlechthin einfache Kontinuität bleibt,—die Kontinuität der
Allgemeinheit, oder des Beisichseyns, die durch die unendlich
mannigfaltigen Grenzen, den Inhalt der Empfindungen, Anschauungen u.s.
f. nicht unterbrochen wird.-Welche sich dagegen sträuben, die Vielheit
als einfache Einheit zu fassen, und außer dem Begriffe, daß von den
Vielen jedes dasselbe ist, was das Andere, nämlich eins der
Vielen,—indem nämlich hier nicht von weiter bestimmtem Vielem, von
Grünem, Rothem u.s.f. sondern von dem Vielen an-und-für-sich
betrachtet, die Rede ist,—auch eine Vorstellung von dieser Einheit
verlangen, die finden dergleichen hinlänglich an jenen Stätigkeiten,
die den deducirten Begriff der Quantität in einfacher Anschauung als
vorhanden geben.

Anmerkung 2.

In die Natur der Quantität, diese einfache Einheit der Diskretion und
der Kontinuität zu seyn, fällt der Streit oder die Antinomie der
unendlichen Theilbarkeit des Raumes, der Zeit, der Materie u.s.f.

Diese Antinomie besteht allein, darin daß die Diskretion eben so sehr
als die Kontinuität behauptet werden muß. Die einseitige Behauptung der
Diskretion giebt das unendliche oder absolute Getheiltseyn, somit ein
Untheilbares zum Princip; die einseitige Behauptung der Kontinuität
dagegen die unendliche Theilbarkeit.

Die kantische Kritik der reinen Vernunft stellt bekanntlich vier
(kosmologische) Antinomien auf, worunter die zweite den Gegensatz
betrifft, den die Momente der Quantität ausmachen.

Diese kantischen Antinomien bleiben immer ein wichtiger Theil der
kritischen Philosophie; sie sind es vornehmlich, die den Sturz der
vorhergehenden Metaphysik bewirkten, und als ein Hauptübergang in die
neuere Philosophie angesehen werden können, indem sie insbesondere die
Überzeugung von der Nichtigkeit der Kategorien der Endlichkeit von
Seite des Inhalts herbeiführen halfen,—was ein richtigerer Weg ist, als
der formelle eines subjektiven Idealismus, nach welchem nur dieß ihr
Mangel seyn soll, subjektiv zu seyn, nicht das, was sie an ihnen selbst
sind. Bei ihrem grossen Verdienst aber ist diese Darstellung sehr
unvollkommen; Theils in sich selbst gehindert und verschroben, Theils
schief in Ansehung ihres Resultats, welches voraussetzt, daß das
Erkennen keine anderen Formen des Denkens habe, als endliche
Kategorien.—In beider Rücksicht verdienen diese Antinomien eine
genauere Kritik, die sowohl ihren Standpunkt und Methode näher
beleuchten, als auch den Hauptpunkt, worauf es ankommt, von der
unnützen Form, in die er hineingezwängt ist, befreien wird.

Zunächst bemerke ich, daß Kant seinen vier kosmologischen Antinomien
durch das Eintheilungsprincip, das er von seinem Schema der Kategorien
hernahm, einen Schein von Vollständigkeit geben wollte. Allein die
tiefere Einsicht in die antinomische oder wahrhafter in die
dialektische Natur der Vernunft zeigt überhaupt jeden Begriff als
Einheit entgegengesetzter Momente auf, denen man also die Form
antinomischer Behauptungen geben könnte. Werden, Daseyn u.s.f. und
jeder andere Begriff könnte so seine besondere Antinomie liefern, und
also so viele Antinomien aufgestellt werden, als sich Begriffe
ergeben.—Der alte Skepticismus hat sich die Mühe nicht verdrießen
lassen, in allen Begriffen, die er in den Wissenschaften vorfand,
diesen Widerspruch oder die Antinomie aufzuzeigen.

Ferner hat Kant die Antinomie nicht in den Begriffen selbst, sondern in
der schon konkreten Form kosmologischer Bestimmungen aufgefaßt. Um die
Antinomie rein zu haben und sie in ihrem einfachen Begriffe zu
behandeln, mußten die Denkbestimmungen nicht in ihrer Anwendung und
Vermischung mit der Vorstellung der Welt, des Raums, der Zeit, der
Materie u.s.f. genommen, sondern ohne diesen konkreten Stoff, der keine
Kraft noch Gewalt dabei hat, rein für sich betrachtet werden, indem sie
allein das Wesen und den Grund der Antinomien ausmachen.

Kant giebt diesen Begriff von den Antinomien, daß sie "nicht
sophistische Künsteleien seyen, sondern Widersprüche, auf welche die
Vernunft nothwendig stoßen (nach kantischem Ausdrucke) müsse;"—was eine
wichtige Ansicht ist.—"Von dem natürlichen Scheine der Antinomien werde
die Vernunft, wenn sie seinen Grund einsieht, zwar nicht mehr
hintergegangen, aber immer noch getäuscht."—Die kritische Auflösung
nämlich durch die sogenannte transcendentale Idealität der Welt der
Wahrnehmung hat kein anderes Resultat, als daß sie den sogenannten
Widerstreit zu etwas Subjektivem macht, worin er freilich noch immer
derselbe Schein, d. h. so unaufgelöst bleibt als vorher. Ihre wahrhafte
Auflösung kann nur darin bestehen, daß zwei Bestimmungen, indem sie
entgegengesetzt und einem und demselben Begriffe nothwendig sind, nicht
in ihrer Einseitigkeit, jede für sich, gelten können, sondern daß sie
ihre Wahrheit nur in ihrem Aufgehobenseyn, in der Einheit ihres
Begriffes haben.

Die Kantischen Antinomien näher betrachtet, enthalten nichts anders,
als die ganz einfache kategorische Behauptung eines jeden der zwei
entgegengesetzten Momente einer Bestimmung, für sich isolirt von der
andern. Aber dabei ist diese einfache kategorische oder eigentlich
assertorische Behauptung in ein schiefes, verdrehtes Gerüste von
Raisonnement eingehüllt, wodurch ein Schein von Beweisen
hervorgebracht, und das bloß Assertorische der Behauptung versteckt und
unkenntlich gemacht werden soll; wie sich dieß bei der nähern
Betrachtung derselben zeigen wird.

Die Antinomie, die hierher gehört, betrifft die sogenannte unendliche
Theilbarkeit der Materie, und beruht auf dem Gegensatze der Momente der
Kontinuität und Diskretion, welche der Begriff der Quantität in sich
enthält.

Die Thesis derselben nach kantischer Darstellung lautet so:

Eine jede zusammengesetzte Substanz in der Welt besteht aus einfachen
Theilen, und es existirt überall nichts als das Einfache, oder was aus
diesem zusammengesetzt ist.

Es wird hier dem Einfachen, dem Atomen, das Zusammengesetzte
gegenübergestellt, was gegen das Stätige oder Kontinuirliche eine sehr
zurückstehende Bestimmung ist.—Das Substrat, das diesen Abstraktionen
gegeben ist, nämlich Substanzen der Welt, heißt hier weiter nichts, als
die Dinge, wie sie sinnlich wahrnehmbar sind, und hat auf das
Antinomische selbst keinen Einfluß, es konnte eben so gut auch Raum
oder Zeit genommen werden.—Indem nun die Thesis nur von Zusammensetzung
statt von Kontinuität lautet, so ist sie eigentlich sogleich ein
analytischer oder tautologischer Satz. Daß das Zusammengesetzte nicht
an und für sich Eines, sondern nur ein äußerlich Verknüpftes ist, und
aus Anderem besteht, ist seine unmittelbare Bestimmung. Das Andere aber
des Zusammengesetzten ist das Einfache. Es ist daher tautologisch, zu
sagen, daß das Zusammengesetzte aus Einfachem besteht.—Wenn einmal
gefragt wird, aus was Etwas bestehe, so wird die Angabe eines Anderen
verlangt, dessen Verbindung jenes Etwas ausmache. Läßt man die Dinte
wieder aus Dinte bestehen, so ist der Sinn der Frage nach dem Bestehen
aus Anderem verfehlt, sie ist nicht beantwortet und wiederholt sich
nur. Eine weitere Frage ist dann, ob das, wovon die Rede ist, aus etwas
bestehen soll, oder nicht. Aber das Zusammengesetzte ist schlechthin
ein solches, das ein Verbundenes seyn, und aus Anderem bestehen soll.
—Wird das Einfache, welches das Andere des Zusammengesetzten sey, nur
für ein relativ-Einfaches genommen, das für sich wieder zusammengesetzt
sey, so bleibt die Frage vor wie nach. Der Vorstellung schwebt etwa nur
dieß oder jenes Zusammengesetzte vor, von dem auch dieß oder jenes
Etwas als sein Einfaches angegeben würde, was für sich ein
Zusammengesetztes wäre. Aber hier ist von dem Zusammengesetzten als
solchem die Rede.

Was nun den kantischen Beweis der Thesis betrifft, so macht er, wie
alle kantischen Beweise der übrigen antinomischen Sätze, den Umweg, der
sich als sehr überflüssig zeigen wird, apogogisch zu seyn.

"Nehmet an, (beginnt er,) die zusammengesetzten Substanzen beständen
nicht aus einfachen Theilen; so würde, wenn alle Zusammensetzung in
Gedanken aufgehoben würde, kein zusammengesetzter Theil und da es (nach
der so eben gemachten Annahme) keine einfache Theile giebt, auch kein
einfacher, mithin gar nichts übrig bleiben, folglich keine Substanz
seyn gegeben worden."-Diese Folgerung ist ganz richtig: wenn es nichts
als Zusammengesetztes giebt, und man denkt sich alles Zusammengesetzte
weg, so hat man gar nichts übrig;—man wird dieß zugeben, aber dieser
tautologische Überfluß konnte wegbleiben, und der Beweis sogleich mit
dem anfangen, was darauf folgt, nämlich: "Entweder läßt sich unmöglich
alle Zusammensetzung in Gedanken aufheben, oder es muß nach deren
Aufhebung etwas ohne Zusammensetzung bestehendes, d. i. das Einfache,
übrig bleiben."

"Im erstern Fall aber würde das Zusammengesetze wiederum nicht aus
Substanzen bestehen (weil bei diesen die Zusammensetzung nur eine
zufällige Relation der Substanzen[8] ist, ohne welche diese als für
sich beharrliche Wesen, bestehen müssen.)—Da nun dieser Fall der
Voraussetzung widerspricht, so bleibt nur der zweite übrig: daß nämlich
das substantielle Zusammengesetzte in der Welt aus einfachen Theilen
bestehe."

 [8] Zum Überfluß des Beweisens selbst kommt hier noch der Überfluß der
 Sprache,—weil bei diesen (den Substanzen nämlich) die Zusammensetzung
 nur eine zufällige Relation der Substanzen ist.


Derjenige Grund ist nebenher in eine Parenthese gelegt, der die
Hauptsache ausmacht, gegen welche alles bisherige völlig überflüssig
ist. Das Dilemma ist dieses: Entweder ist das Zusammengesetzte das
Bleibende, oder nicht, sondern das Einfache. Wäre das Erstere, nämlich
das Zusammengesetze, das Bleibende, so wäre das Bleibende nicht die
Substanzen, denn diesen ist die Zusammensetzung nur zufällige Relation;
aber Substanzen sind das Bleibende, also ist das, was bleibt, das
Einfache.

Es erhellt, daß ohne den apogogischen Umweg an die Thesis: Die
zusammengesetze Substanz besteht aus einfachen Theilen, unmittelbar
jener Grund als Beweis angeschlossen werden konnte, weil die
Zusammensetzung bloß eine zufällige Relation der Substanzen ist, welche
ihnen also äußerlich ist, und die Substanzen selbst nichts angeht.—Hat
es mit der Zufälligkeit der Zusammensetzung seine Richtigkeit, so ist
das Wesen Freilich das Einfache. Diese Zufälligkeit aber, auf welche es
allein ankommt, wird nicht bewiesen, sondern geradezu, und zwar im
Vorbeigehen in Parenthese angenommen, als etwas das sich von selbst
versteht oder eine Nebensache ist. Es versteht sich zwar allerdings von
selbst, daß die Zusammensetzung die Bestimmung der Zufälligkeit und
Äußerlichkeit ist; aber wenn es sich nur um ein zufälliges Zusammen
handeln sollte statt der Kontinuität, so war es nicht der Mühe werth,
darüber eine Antinomie aufzustellen, oder vielmehr es ließ sich gar
keine aufstellen; die Behauptung der Einfachheit der Theile ist
alsdenn, wie erinnert, nur tautologisch.

In dem apogogischen Umwege sehen wir somit die Behauptung selbst
vorkommen, die aus ihm resultiren soll. Kürzer läßt sich daher der
Beweis so fassen:

Man nehme an, die Substanzen bestünden nicht aus einfachen Theilen,
sondern seyen nur zusammengesetzt. Nun aber kann man alle
Zusammensetzung in Gedanken aufheben, (denn sie ist nur eine zufällige
Relation;) also blieben nach deren Aufhebung keine Substanzen übrig,
wenn sie nicht aus einfachen Theilen bestünden. Substanzen aber müssen
wir haben, denn wir haben sie angenommen; es soll uns nicht alles
verschwinden, sondern Etwas übrig bleiben, denn wir haben ein solches
Beharrliches, das wir Substanz nannten, vorausgesetzt; dieß Etwas muß
also einfach seyn.

Es gehört noch zum Ganzen, den Schlußsatz zu betrachten; er lautet
folgendermaßen:

"Hieraus folgt unmittelbar, daß die Dinge der Welt insgesammt einfache
Wesen seyn, daß die Zusammensetzung nur ein äußerer Zustand derselben
sey, und daß die Vernunft die Elementarsubstanzen als einfache Wesen
denken müsse."

Hier sehen wir die Äußerlichkeit d. i. Zufälligkeit der Zusammensetzung
als Folge aufgeführt, nachdem sie vor her im Beweise parenthetisch
eingeführt und in ihm gebraucht worden war.

Kant protestirt sehr, daß er bei den widerstreitenden Sätzen der
Antinomie nicht Blendwerke suche, um etwa (wie man zu sagen pflege)
einen Advokatenbeweis zu führen. Der betrachtete Beweis ist nicht so
sehr eines Blendwerks zu beschuldigen, als einer unnützen gequälten
Geschrobenheit, die nur dazu dient, die äußere Gestalt eines Beweises
hervorzubringen, und es nicht in seiner ganzen Durchsichtigkeit zu
lassen, daß das was als Folgerung hervortreten sollte, in Parenthese
der Angel des Beweises ist, daß überhaupt kein Beweis, sondern nur eine
Voraussetzung vorhanden ist.

Die Antithesis lautet:

Kein zusammengesetztes Ding in der Welt besteht aus einfachen Theilen,
und es existirt überall nichts Einfaches in derselben.

Der Beweis ist gleichfalls apogogisch gewendet, und auf eine andere
Weise eben so tadelhaft als der vorige.

"Setzet, heißt es, ein zusammengesetztes Ding, als Substanz, bestehe
aus einfachen Theilen. Weil alles äußere Verhältniß, mithin auch alle
Zusammensetzung aus Substanzen nur im Raume möglich ist, so muß, aus so
vielen Theilen das Zusammengesetzte bestehet, aus so vielen Theilen
auch der Raum bestehen, den es einnimmt. Nun besteht der Raum nicht aus
einfachen Theilen, sondern aus Räumen. Also muß jeder Theil des
Zusammengesetzten einen Raum einnehmen."

"Die schlechthin ersten Theile aber alles Zusammengesetzten sind
einfach." "Also nimmt das Einfache einen Raum ein."

"Da nun alles Reale, was einen Raum einnimmt, ein außerhalb einander
befindliches Mannigfaltiges in sich fasset, mithin zusammengesetzt ist,
und zwar aus Substanzen, so würde das Einfache ein substantielles
Zusammengesetztes seyn. Welches sich widerspricht."

Dieser Beweis kann ein ganzes Nest (um einen sonst vorkommenden
Kantischen Ausdruck zu gebrauchen) von fehlerhaftem Verfahren genannt
werden.

Zunächst ist die apogogische Wendung ein grundloser Schein. Denn die
Annahme, daß alles Substanzielle räumlich sey, der Raum aber nicht aus
einfachen Theilen bestehe, ist eine direkte Behauptung, die zum
unmittelbaren Grund des zu Beweisenden gemacht und mit der das ganze
Beweisen fertig ist.

Alsdann fängt dieser apogogische Beweis mit dem Satze an: "daß alle
Zusammensetzung aus Substanzen, ein äußeres Verhältniß sey," vergißt
ihn aber sonderbar genug sogleich wieder. Es wird nämlich
fortgeschlossen, daß die Zusammensetzung nur im Raume möglich sey, der
Raum bestehe aber nicht aus einfachen Theilen, das Reale, das einen
Raum einnehme, sey mithin zusammengesetzt. Wenn einmal die
Zusammensetzung als ein äußerliches Verhältniß angenommen ist, so ist
die Räumlichkeit selbst, als in der allein die Zusammensetzung möglich
seyn soll, eben darum ein äußerliches Verhältniß für die Substanzen,
das sie nichts angeht und ihre Natur nicht berührt, so wenig als das
übrige, was man aus der Bestimmung der Räumlichkeit noch folgern kann.
Aus jenem Grunde eben sollten die Substanzen nicht in den Raum gesetzt
worden seyn.

Ferner ist vorausgesetzt, daß der Raum, in den die Substanzen hier
versetzt werden, nicht aus einfachen Theilen bestehe; weil er eine
Anschauung, nämlich, nach Kantischer Bestimmung, eine Vorstellung, die
nur durch einen einzigen Gegenstand gegeben werden könne, und kein
sogenannter diskursiver Begriff sey.—Bekanntlich hat sich aus dieser
kantischen Unterscheidung von Anschauung und von Begriff viel Unfug mit
dem Anschauen entwickelt, und um das Begreifen zu ersparen, ist der
Werth und das Gebiet derselben auf alles Erkennen ausgedehnt worden.
Hierher gehört nur, daß der Raum, wie auch die Anschauung selbst,
zugleich begriffen werden muß, wenn man nämlich überhaupt begreifen
will. Damit entstände die Frage, ob der Raum nicht, wenn er auch als
Anschauung einfache Kontinuität wäre, nach seinem Begriffe als aus
einfachen Theilen bestehend, gefaßt werden müsse, oder der Raum träte
in dieselbe Antinomie ein, in welche nur die Substanz versetzt wurde.
In der That wenn die Antinomie abstrakt gefaßt wird, betrifft sie, wie
erinnert, die Quantität überhaupt und somit Raum und Zeit eben so sehr.

Weil aber einmal im Beweise angenommen ist, daß der Raum nicht aus
einfachen Theilen bestehe, so dieß hätte Grund seyn sollen, das
Einfache nicht in dieß Element zu versetzen, welches der Bestimmung des
Einfachen nicht angemessen ist.—Hierbei kommt aber auch die Kontinuität
des Raumes mit der Zusammensetzung in Kollision; es werden beide mit
einander verwechselt, die erstere an die Stelle der letztern
untergeschoben, (was im Schlusse eine Quaternio Terminorum giebt). Es
ist bei Kant die ausdrückliche Bestimmung des Raums, daß er ein einiger
ist, und die Theile desselben nur auf Einschränkungen beruhen, so daß
sie nicht vor dem einigen allbefassenden Raume gleichsam als dessen
Bestandtheile, daraus seine Zusammensetzung möglich sey, vorhergehen".
(Kr. d. r. Vern. 2te Ausg. S. 39). Hier ist die Kontinuität sehr
richtig und bestimmt vom Raume gegen die Zusammensetzung aus
Bestandtheilen angegeben. In der Argumentation dagegen soll das
Versetzen der Substanzen in den Raum ein "außerhalb einander
befindliches Mannigfaltiges" und zwar "mithin ein Zusammengesetztes"
mit sich führen. Wogegen, wie angeführt, die Art, wie im Raume eine
Mannigfaltigkeit sich findet, ausdrücklich die Zusammensetzung und der
Einigkeit desselben vorhergehende Bestandtheile ausschließen soll.

In der Anmerkung zu dem Beweis der Antithesis wird noch ausdrücklich
die sonstige Grundvorstellung der kritischen Philosophie
herbeigebracht, daß wir von Körpern nur als Erscheinungen einen Begriff
haben, als solche aber setzen sie den Raum, als die Bedingung der
Möglichkeit aller äußern Erscheinung nothwendig voraus. Wenn hiermit
unter den Substanzen nur Körper gemeint sind, wie wir sie sehen, fühlen
schmecken u. s. f., so ist von dem, was sie in ihrem Begriffe sind,
eigentlich nicht die Rede; es handelt sich nur vom sinnlich
Wahrgenommenen. Der Beweis der Antithesis war also kurz zu fassen. Die
ganze Erfahrung unseres Sehens, Fühlens, u.s.f.. zeigt uns nur
Zusammengesetztes; auch die besten Mikroskope und die feinsten Messer
haben uns noch auf nichts einfaches stoßen lassen. Also soll auch die
Vernunft nicht auf etwas einfaches stoßen wollen.

Wenn wir hiermit den Gegensatz dieser Thesis und Antithesis genauer
ansehen, und ihre Beweise von allem unnützen Überfluß und
Verschrobenheit befreien, so enthält der Beweis der Antithesis, —durch
die Versetzung der Substanzen in den Raum,—die assertorische Annahme
der Kontinuität, so wie der Beweis der Thesis,—durch die Annahme der
Zusammensetzung, als der Art der Beziehung des Substantiellen,—die
assertorische Annahme der Zufälligkeit dieser Beziehung, und damit die
Annahme der Substanzen als absolute Eins. Die ganze Antinomie reducirt
sich also auf die Trennung und direkte Behauptung der beiden Momente
der Quantität und zwar derselben als schlechthin getrennter. Nach der
bloßen Diskretion genommen sind die Substanz, Materie, Raum, Zeit
u.s.f. schlechthin getheilt, das Eins ist ihr Princip. Nach der
Kontinuität ist dieses Eins nur ein aufgehobenes; das Theilen bleibt
Theilbarkeit, es bleibt die Möglichkeit zu theilen, als Möglichkeit,
ohne wirklich auf das Atome zu kommen. Bleiben wir nun auch bei der
Bestimmung stehen, die in dem Gesagten von diesen Gegensätzen gegeben
ist, so liegt in der Kontinuität selbst das Moment des Atomen, da sie
schlechthin als die Möglichkeit des Theilens ist, so wie jenes
Getheiltseyn, die Diskretion auch allen Unterschied der Eins
aufhebt,—denn die einfachen Eins ist eines was das andere ist,—somit
ebenso ihre Gleichheit und damit ihre Kontinuität enthält. Indem jede
der beiden entgegengesetzten Seiten an ihr selbst ihre andere enthält,
und keine ohne die andere gedacht werden kann, so folgt daraus, daß
keine dieser Bestimmungen, allein genommen, Wahrheit hat, sondern nur
ihre Einheit. Dieß ist die wahrhafte dialektische Betrachtung
derselben, so wie das wahrhafte Resultat.

Unendlich sinnreicher und tiefer, als die betrachtete kantische
Antinomie sind die dialektischen Beispiele der alten eleatischen Schule
besonders die Bewegung betreffend, die sich gleichfalls auf den Begriff
der Quantität gründen, und in ihm ihre Auflösung haben. Es würde zu
weitläufig seyn, sie hier noch zu betrachten, sie betreffen die
Begriffe von Raum und Zeit, und können bei diesen und in der Geschichte
der Philosophie abgehandelt werden. Sie machen der Vernunft ihrer
Erfinder die höchste Ehre; sie haben das reine Seyn des Parmenides zum
Resultate indem sie die Auflösung alles bestimmten Seyns in sich selbst
aufzeigen, und sind somit an ihnen selbst das Fließen des Heraklit Sie
sind darum auch einer gründlichern Betrachtung würdig, als der
gewöhnlichen Erklärung, daß es eben Sophismen seyen; welche Assertion
sich an das empirische Wahrnehmen nach dem, dem gemeinen
Menschenverstande einleuchtenden, Vorgange des Diogenes hält, der, als
ein Dialektiker den Widerspruch, den die Bewegung enthält, aufzeigte,
seine Vernunft weiter nicht angestrengt haben, sondern durch ein
stummes Hin- und Hergehen auf den Augenschein verwiesen haben
soll,—eine Assertion und Widerlegung, die freilich leichter zu machen
ist, als sich in die Gedanken einzulassen, und die Verwicklungen, in
welche der Gedanke und zwar der nicht weithergehohlte, sondern im
gewöhnlichen Bewußtseyn selbst sich formirende, hineinführt,
festzuhalten und durch den Gedanken selbst aufzulösen.

Die Auflösung, die Aristoteles von diesen dialektischen Gestaltungen
macht, ist hoch zu rühmen und in seinen wahrhaft spekulativen Begriffen
von Raum, Zeit und Bewegung enthalten. Er setzt der unendlichen
Theilbarkeit (was, da sie vorgestellt wird, als ob sie bewerkstelligt
werde, mit dem unendlichen Getheiltseyn, den Atomen, dasselbe ist), als
worauf die berühmtesten jener Beweise beruhen, die Kontinuität, welche
ebenso wohl auf die Zeit, als den Raum geht, entgegen, so daß die
unendliche, d. h. abstrakte Vielheit nur an sich, der Möglichkeit nach,
in der Kontinuität enthalten sey. Das Wirkliche gegen die abstrakte
Vielheit, wie gegen die abstrakte Kontinuität ist das Konkrete
derselben, die Zeit und der Raum selbst, wie gegen diese wieder die
Bewegung und die Materie. Nur an sich oder nur der Möglichkeit nach ist
das Abstrakte; es ist nur als Moment eines Reellen. Bayle, der in
seinem Diktionnaire, Art. Zenon, die von Aristoteles gemachte Auflösung
der zenonischen Dialektik, " pitoyable " findet, versteht nicht was es
heißt, daß die Materie nur der Möglichkeit nach ins Unendliche theilbar
sey; er erwiedert, wenn die Materie ins Unendliche theilbar sey, so
enthalte sie wirklich eine unendliche Menge von Theilen, dieß sey also
nicht ein Unendliches en puissance, sondern ein Unendliches, das reell
und aktuell existire.—Vielmehr ist schon die Theilbarkeit selbst nur
eine Möglichkeit, nicht ein Existiren der Theile, und die Vielheit
überhaupt in der Kontinuität nur als Moment, als Aufgehobenes gesetzt.
—Scharfsinniger Verstand, an dem Aristoteles wohl auch unübertroffen
ist, reicht nicht hin dessen spekulative Begriffe zu fassen und zu
beurtheilen, so wenig als die angeführte Plumpheit sinnlicher
Vorstellung, Argumentationen des Zeno zu widerlegen; jener Verstand ist
in dem Irrthume, solche Gedankendinge, Abstraktionen, wie unendliche
Menge von Theilen, für Etwas, für ein Wahres und Wirkliches zu halten;
dieses sinnliche Bewußtseyn aber läßt sich nicht über das Empirische
hinaus zu Gedanken bringen.

Die kantische Auflösung der Antinomie besteht gleichfalls allein darin,
daß die Vernunft die sinnliche Wahrnehmung nicht überfliegen, und die
Erscheinung, wie sie ist, nehmen solle. Diese Auflösung läßt den Inhalt
der Antinomie selbst auf der Seite liegen, sie erreicht die Natur des
Begriffes ihrer Bestimmungen nicht, deren jede, für sich isolirt,
nichtig und an ihr selbst nur das Übergehen in ihre Andere ist, und die
Quantität als ihre Einheit und darin ihre Wahrheit hat.

B. Kontinuirliche und diskrete Größe.

Die Quantität enthält die beiden Momente der Kontinuität und der
Diskretion. Sie ist in beiden als ihren Bestimmungen zu setzen.—Sie ist
schon sogleich unmittelbare Einheit derselben, d. h. sie ist zunächst
selbst nur in der einen ihrer Bestimmungen, der Kontinuität, gesetzt,
und ist so kontinuirliche Größe.

Oder die Kontinuität ist zwar eins der Momente der Quantität, die erst
mit dem andern, der Diskretion, vollendet ist. Aber die Quantität ist
konkrete Einheit nur, insofern sie die Einheit unterschiedener Momente
ist. Diese sind daher auch als unterschieden zu nehmen, jedoch nicht in
Attraktion und Repulsion wieder aufzulösen, sondern nach ihrer Wahrheit
jede in ihrer Einheit mit der anderen d. h. das Ganze bleibend. Die
Kontinuität ist nur die zusammenhängende, gediegene Einheit, als
Einheit des Diskreten, so gesetzt ist sie nicht mehr nur Moment,
sondern ganze Quantität; kontinuirliche Größe.

2. Die unmittelbare Quantität ist kontinuirliche Größe. Aber die
Quantität ist überhaupt nicht ein unmittelbares; die Unmittelbarkeit
ist eine Bestimmtheit, deren Aufgehobenseyn sie selbst ist. Sie ist
also in der ihr immanenten Bestimmtheit zu setzen, diese ist das Eins.
Die Quantität ist diskrete Größe.

Die Diskretion ist, wie die Kontinuität, Moment der Quantität, aber ist
selbst auch die ganze Quantität, eben weil sie Moment in ihr, dem
Ganzen ist, also als unterschieden nicht aus demselben, nicht aus ihrer
Einheit mit dem anderen Momente heraustritt.—Die Quantität ist
Außereinanderseyn an sich, und die kontinuirliche Größe ist dieß
Außereinanderseyn, als sich ohne Negation fortsetzend, als ein in sich
selbst gleicher Zusammenhang. Die diskrete Größe aber ist dieß
Außereinander als nicht kontinuirlich, als unterbrochen. Mit dieser
Menge von Eins ist jedoch nicht die Menge des Atomen und das Leere, die
Repulsion überhaupt, wieder vorhanden. Weil die diskrete Größe
Quantität ist, ist ihre Diskretion selbst kontinuirlich. Diese
Kontinuität am Diskreten besteht darin, daß die Eins das einander
Gleiche sind, oder daß sie dieselbe Einheit haben. Die diskrete Größe
ist also das Außereinander des vielen Eins, als des Gleichen, nicht das
viele Eins überhaupt, sondern als das Viele einer Einheit gesetzt.

Anmerkung.

In gewöhnlichen Vorstellungen von kontinuirlicher und diskreter Größe
wird es übersehen, daß jede dieser Größen beide Momente, sowohl die
Kontinuität als die Diskretion, an ihr hat, und ihr Unterschied nur
dadurch konstituirt wird, welches von beiden Momenten die gesetzte
Bestimmtheit und welche nur die an-sich-seyende ist. Raum, Zeit,
Materie u.s.f. sind stätige Größen, indem sie Repulsionen von sich
selbst, ein strömendes Außersichkommen sind, das zugleich nicht ein
Übergehen oder Verhalten zu einem qualitativ-Andern ist. Sie haben die
absolute Möglichkeit, daß das Eins allenthalben an ihnen gesetzt werde;
nicht als die leere Möglichkeit eines bloßen Andersseyns (wie man sagt,
es wäre möglich, daß an der Stelle dieses Steines ein Baum stünde)
sondern sie enthalten das Princip des Eins an ihnen selbst, es ist die
eine der Bestimmungen, von denen sie konstituirt sind.

Umgekehrt ist an der diskreten Größe die Kontinuität nicht zu
übersehen; dieß Moment ist, wie gezeigt, das Eins als Einheit.

Die kontinuirliche und diskrete Größe können als Arten der Quantität
betrachtet werden, aber insofern die Größe nicht unter irgend einer
äußerlichen Bestimmtheit gesetzt ist, sondern unter den Bestimmtheiten
ihrer eigenen Momente; der gewöhnliche Übergang von Gattung zu Art läßt
an jene nach irgend einem ihr äußerlichen Eintheilungsgrunde äußerliche
Bestimmungen kommen. Dabei sind die kontinuirliche und diskrete Größe
noch keine Quanta; sie sind nur die Quantität selbst in einer jeden
ihrer beiden Formen. Sie werden etwa Größen genannt, insofern sie mit
dem Quantum dieß überhaupt gemein haben, eine Bestimmtheit an der
Quantität zu seyn.

C. Begrenzung der Quantität.

Die diskrete Größe hat erstlich das Eins zum Princip und ist zweitens
Vielheit der Eins, drittens ist sie wesentlich stätig, sie ist das Eins
zugleich als Aufgehobenes, als Einheit, das Sich-kontinuiren als
solches in der Diskretion der Eins. Sie ist daher als Eine Größe
gesetzt, und die Bestimmtheit derselben ist das Eins, das an diesem
Gesetztseyn und Daseyn ausschließendes Eins, Grenze an der Einheit ist.
Die diskrete Größe als solche soll unmittelbar nicht begrenzt seyn;
aber als unterschieden von der kontinuirlichen ist sie als ein Daseyn
und ein Etwas, dessen Bestimmtheit das Eins und als in einem Daseyn
auch erste Negation und Grenze ist.

Diese Grenze, außer dem, daß sie auf die Einheit bezogen und die
Negation an derselben ist, ist als Eins auch auf sich bezogen; so ist
sie umschließende, befassende Grenze. Die Grenze unterscheidet sich
hier nicht zuerst von dem Etwas ihres Daseyns, sondern ist als Eins
unmittelbar dieser negative Punkt selbst. Aber das Seyn, das hier
begrenzt ist, ist wesentlich als Kontinuität, vermöge der es über die
Grenze und dieß Eins hinausgeht, und gleichgültig dagegen ist. Die
reale diskrete Quantität ist so eine Quantität, oder Quantum,—die
Quantität als ein Daseyn und Etwas.

Indem das Eins, welches Grenze ist, die vielen Eins der diskreten
Quantität in sich befaßt, setzt sie dieselben ebenso wohl als in ihm
aufgehobene; sie ist Grenze an der Kontinuität überhaupt als solcher,
und damit ist hier der Unterschied von kontinuirlicher und diskreter
Größe gleichgültig; oder richtiger, sie ist Grenze an der Kontinuität
der einen sosehr als der andern; beide gehen darein über, Quanta zu
seyn.



Zweites Kapitel. Quantum.


Das Quantum, zunächst Quantität mit einer Bestimmtheit oder Grenze
überhaupt,—ist in seiner vollkommenen Bestimmtheit die Zahl. Das
Quantum unterscheidet sich

zweitens zunächst in extensives, an dem die Grenze als Beschränkung der
daseyenden Vielheit ist, alsdann indem dieses Daseyn ins Fürsichseyn
übergeht,—in intensives Quantum, Grad, welches als fürsich und darin
als gleichgültige Grenze ebenso unmittelbar außersich, seine
Bestimmtheit an einem anderen hat. Als dieser gesetzte Widerspruch, so
einfach in sich bestimmt zu seyn und seine Bestimmtheit außer sich zu
haben und für sie außer sich zu weisen, geht das Quantum

drittens, als das an sich selbst äußerliche Gesetzte in die
quantitative Unendlichkeit über.

A. Die Zahl.

Die Quantität ist Quantum, oder hat eine Grenze; sowohl als
kontinuirliche wie als diskrete Größe. Der Unterschied dieser Arten hat
hier zunächst keine Bedeutung.

Die Quantität ist als das aufgehobene Fürsichseyn schon an und für sich
selbst gegen ihre Grenze gleichgültig. Aber damit ist ihr ebenso die
Grenze, oder ein Quantum zu seyn, nicht gleichgültig; denn sie enthält
das Eins, das absolute Bestimmtseyn, in sich als ihr eigenes Moment,
das also als gesetzt an ihrer Kontinuität oder Einheit ihre Grenze ist,
die aber als Eins, zu dein sie überhaupt geworden, bleibt.

Dieß Eins ist also das Princip des Quantums, aber das Eins als der
Quantität. Dadurch ist es erstlich kontinuirlich, es ist Einheit;
zweitens ist es diskret, an sich seyende (wie in der kontinuirlichen)
oder gesetzte (wie in der diskreten Größe) Vielheit der Eins, welche
die Gleichheit miteinander, jene Kontinuität, dieselbe Einheit haben.
Drittens ist die ß Eins auch Negation der vielen Eins als einfache
Grenze, ein Ausschließen seines Andersseyns aus sich, eine Bestimmung
seiner gegen andere Quanta. Das Eins ist insofern sich à) auf sich
beziehende, (ß) umschließende, und (ç) Anderes ausschließende Grenze.

Das Quantum in diesen Bestimmungen vollständig gesetzt, ist die Zahl.
Das vollständige Gesetztseyn liegt in dem Daseyn der Grenze als
Vielheit und damit ihrem Unterschiedenseyn von der Einheit. Die Zahl
erscheint, deswegen als diskrete Größe, aber sie hat an der Einheit
ebenso die Kontinuität. Sie ist darum auch das Quantum in vollkommener
Bestimmtheit; indem in ihr die Grenze als bestimmte Vielheit, die das
Eins, das schlechthin bestimmte, zu seinem Principe hat. Die
Kontinuität, als in der das Eins nur an sich, als Aufgehobenes
ist,—gesetzt als Einheit,—ist die Form der Unbestimmtheit.

Das Quantum nur als solches ist begrenzt überhaupt, seine Grenze ist
abstrakte, einfache Bestimmtheit desselben. Indem es aber Zahl ist, ist
diese Grenze als in sich selbst mannigfaltig gesetzt. Sie enthält die
vielen Eins, die ihr Daseyn ausmachen, enthält sie aber nicht auf
unbestimmte Weise, sondern die Bestimmtheit der Grenze fällt in sie;
die Grenze schließt anderes Daseyn, d. i. andere Viele aus, und die von
ihr umschlossenen Eins sind eine bestimmte Menge, —die Anzahl, zu
welcher als der Diskretion, wie sie in der Zahl ist, das andere die
Einheit, die Kontinuität derselben, ist. Anzahl und Einheit machen die
Momente der Zahl aus.

Von der Anzahl ist noch näher zu sehen, wie die vielen Eins, aus denen
sie besteht, in der Grenze sind; von der Anzahl ist der Ausdruck
richtig, daß sie aus den Vielen besteht, denn die Eins sind in ihr
nicht als aufgehoben, sondern sind in ihr, nur mit der ausschließenden
Grenze gesetzt, gegen welche sie gleichgültig sind. Aber diese ist es
nicht gegen sie. Beim Daseyn hatte sich zunächst das Verhältniß der
Grenze zu demselben so gestellt, daß das Daseyn als das affirmative
diesseits seiner Grenze bestehen blieb, und diese, die Negation,
außerhalb an seinem Rande sich befand; ebenso erscheint an den vielen
Eins das Abbrechen derselben und das Ausschließen anderer Eins als eine
Bestimmung, die außerhalb der umschlossenen Eins fällt. Aber es hat
sich dort ergeben, daß die Grenze das Daseyn durchdringt, soweit geht
als dieses, und daß Etwas dadurch seiner Bestimmung nach begrenzt, d.
i. endlich ist.—So stellt man im Quantitativen der Zahl etwa Hundert so
vor, daß das hundertste Eins allein die Vielen so begrenze, daß sie
Hundert seyen. Einer Seits ist dieß richtig; anderer Seits aber hat
unter den hundert Eins keines einen Vorzug, da sie nur gleich sind;
jedes ist ebenso das Hundertste; sie gehören also alle der Grenze an,
wodurch die Zahl Hundert ist; diese kann für ihre Bestimmtheit keines
entbehren; die anderen machen somit gegen das hundertste Eins kein
Daseyn aus, das außerhalb der Grenze oder nur innerhalb ihrer,
überhaupt verschieden von ihr wäre. Die Anzahl ist daher nicht eine
Vielheit gegen das umschließende, begrenzende Eins, sondern macht
selbst diese Begrenzung aus, welche ein bestimmtes Quantum ist; die
Vielen machen eine Zahl, Ein Zwei, Ein Zehn, Ein Hundert u.s.f. aus.

Das begrenzende Eins ist nun das Bestimmtseyn gegen Anderes,
Unterscheidung der Zahl von andern. Aber diese Unterscheidung wird
nicht qualitative Bestimmtheit, sondern bleibt quantitativ, fällt nur
in die vergleichende äußerliche Reflexion; die Zahl bleibt als Eins in
sich zurückgekehrt, und gleichgültig gegen Andere. Diese
Gleichgültigkeit der Zahl gegen Andere ist wesentliche Bestimmung
derselben; sie macht ihr An-sich-bestimmtseyn, aber zugleich ihre
eigene Äußerlichkeit aus.—Sie ist so ein numerisches Eins, als das
absolut bestimmte, das zugleich die Form der einfachen Unmittelbarkeit
hat, und dem daher die Beziehung auf anderes völlig äußerlich ist. Als
Eins, das Zahl ist, hat es ferner die Bestimmtheit, insofern sie
Beziehung auf Anderes ist, als seine Momente in ihm selbst, in seinem
Unterschiede der Einheit und der Anzahl, und die Anzahl ist selbst
Vielheit der Eins d. i. es ist in ihm selbst diese absolute
Äußerlichkeit.—Dieser Widerspruch der Zahl oder des Quantums überhaupt
in sich ist die Qualität des Quantums, in deren weitern Bestimmungen
sich dieser Widerspruch entwickelt.

Anmerkung 1.

Die Raumgröße und Zahlgröße pflegen so als zwei Arten betrachtet zu
werden, daß die Raumgröße für sich so sehr bestimmte Größe als die
Zahlgröße wäre; ihr Unterschied bestünde nur in den verschiedenen
Bestimmungen der Kontinuität und Diskretion; als Quantum aber stünden
sie auf derselben Stufe. Die Geometrie hat im Allgemeinen in der
Raumgröße die kontinuirliche, und die Arithmetik in der Zahlgröße die
diskrete Größe zum Gegenstande. Aber mit dieser Ungleichheit des
Gegenstandes haben sie auch nicht eine gleiche Weise und Vollkommenheit
der Begrenzung oder des Bestimmtseyns. Die Raumgröße hat nur die
Begrenzung überhaupt; insofern sie als ein schlechthin bestimmtes
Quantum betrachtet werden soll, hat sie die Zahl nöthig. Die Geometrie
als solche mißt die Raumfiguren nicht, ist nicht Meßkunst; sondern
vergleicht sie nur. Auch bei ihren Definitionen sind die Bestimmungen
zum Theil von der Gleichheit der Seiten, Winkel, der gleichen
Entfernung hergenommen. So bedarf der Kreis, weil er allein auf die
Gleichheit der Entfernung aller in ihm möglichen Punkte von einem
Mittelpunkte beruht, zu seiner Bestimmung keiner Zahl. Diese auf
Gleichheit oder Ungleichheit beruhenden Bestimmungen sind ächt
geometrisch. Aber sie reichen nicht aus, und zu andern z. B. Dreieck,
Viereck, ist die Zahl erforderlich, die in ihrem Princip, dem Eins das
Für-sich-bestimmtseyn, nicht das Bestimmtseyn durch Hülfe eines Andern,
also nicht durch Vergleichung enthält. Die Raumgröße hat zwar an dem
Punkte die dem Eins entsprechende Bestimmtheit; der Punkt aber wird,
insofern er außer sich kommt, ein Anderes, er wird zur Linie; weil er
wesentlich nur als Eins des Raumes ist, wird er in der Beziehung, zu
einer Kontinuität, in der die Punktualität, das Für-sich-Bestimmtseyn,
das Eins, aufgehoben ist. Insofern das Für-sich-Bestimmtseyn im
Außersichseyn sich erhalten soll, muß die Linie als eine Menge von Eins
vorgestellt werden, und die Grenze, die Bestimmung der vielen Eins, in
sich bekommen, d. h. die Größe der Linie—eben so der anderen
Raum-Bestimmungen—muß als Zahl genommen werden.

Die Arithmetik betrachtet die Zahl und deren Figuren, oder vielmehr
betrachtet sie nicht, sondern operirt mit denselben. Denn die Zahl ist
die gleichgültige Bestimmtheit, träge; sie muß von außen bethätigt und
in Beziehung gebracht werden. Die Beziehungsweisen sind die
Rechnungsarten. Sie werden in der Arithmetik nach einander aufgeführt,
und es erhellt, daß eine von der andern abhängt. Der Faden, der ihren
Fortgang leitet, wird jedoch in der Arithmetik nicht herausgehoben.

Aus der Begriffsbestimmung der Zahl selbst aber ergiebt sich leicht die
systematische Zusammenstellung, auf welche der Vortrag dieser Elemente
in den Lehrbüchern einen gerechten Anspruch hat. Diese leitenden
Bestimmungen sollen hier kurz bemerklich gemacht werden.

Die Zahl ist um ihres Principes, des Eins, willen ein äußerlich
Zusammengefaßtes überhaupt, eine schlechthin analytische Figur, die
keinen inneren Zusammenhang enthält. Weil sie so nur ein äußerlich
Erzeugtes ist, ist alles Rechnen das Hervorbringen von Zahlen, ein
Zählen oder bestimmter: Zusammenzählen. Eine Verschiedenheit dieses
äußerlichen Hervorbringens, das nur iminer dasselbe thut, kann allein
in einem Unterschiede der Zahlen gegeneinander, die zusammengezählt
werden sollen, liegen; solcher Unterschied muß selbst anderswoher und
aus äußerlicher Bestimmung genommen werden.

Der qualitative Unterschied, der die Bestimmtheit der Zahl ausmacht,
ist der, den wir gesehen, der Einheit und der Anzahl; auf diesen
reducirt sich daher alle Begriffsbestimmtheit, die in den
Rechnungsarten vorkommen kann. Der Unterschied aber, der den Zahlen als
Quantis zukommt, ist die äußerliche Identität und der äußerliche
Unterschied, die Gleichheit und Ungleichheit, welches
Reflexionsmomente, und unter den Bestimmungen des Wesens beim
Unterschiede, abzuhandeln sind.

Ferner ist noch vorauszuschicken, daß Zahlen im Allgemeinen auf zwei
Weisen hervorgebracht werden können, entweder durch Zusammenfassen oder
durch Trennen bereits zusammengefaßter;—indem beides bei einer auf
dieselbe Weise bestimmten Art von Zählen Statt findet, so entspricht
einem Zusammenfassen von Zahlen, was man positive Rechnungsart, ein
Trennen, was man negative Rechnungsart nennen kann; die Bestimmung der
Rechnungsart selbst, ist von diesem Gegensatze unabhängig.

Nach diesen Bemerkungen folgt hiermit die Angabe der Rechnungsweisen.
Das erste Erzeugen der Zahl ist das Zusammenfassen von Vielen als
solchen, d. i. deren jedes nur als Eins gesetzt ist,—das Numeriren. Da
die Eins äußerliche gegeneinander sind, stellen sie sich unter einem
sinnlichen Bilde dar, und die Operation, durch welche die Zahl erzeugt
wird, ist ein Abzählen an den Fingern, an Punkten u.s.f. Was Vier, Fünf
u.s.f. ist, kann nur gewiesen werden. Das Abbrechen, wie viel zugefaßt
werden soll, ist, indem die Grenze äußerlich ist, etwas Zufälliges,
Beliebiges.—Der Unterschied von Anzahl und Einheit, der im Fortgange
der Rechnungsarten eintritt, begründet ein System, dyadisches,
dekadisches u.s.f.—von Zahlen; ein solches beruht im Ganzen auf der
Beliebigkeit, welche Anzahl konstant wieder als Einheit genommen werden
soll.

Die durch das Numeriren entstandenen Zahlen werden wieder numerirt; und
indem sie so unmittelbar gesetzt sind, sind sie noch ohne alle
Beziehung auf einander bestimmt, gleichgültig gegen Gleichheit und
Ungleichheit, von zufälliger Grösse gegen einander,—daher ungleiche
überhaupt;—Addiren.—Daß 7 und 5 Zwölfe ausmacht, erfährt man dadurch,
daß zu den 7 noch 5 Eins an den Fingern oder sonst hinzunumerirt
werden,—wovon das Resultat nachher im Gedächtnisse, auswendig, behalten
wird; denn Innerliches ist nichts dabei. Ebenso daß 7 x 5 = 35 ist,
weiß man durch das Abzählen an den Fingern u.s.f., daß zu einem Sieben
noch eins hinzu numerirt, dieß fünf Mal bewerkstelligt, und das
Resultat gleichfalls auswendig behalten wird. Die Mühe dieses
Numerirens, der Erfindung der Summen, Produkte, ist durch die fertigen
Eins und Eins oder Eins mal Eins, die man nur auswendig zu lernen hat,
abgethan.

Kant hat (in der Einleitung zur Kritik der reinen Vernunft V.) den
Satz: 7 + 5 = 12, als einen synthetischen Satz betrachtet. "Man
sollte," sagt er, "anfänglich zwar denken, (gewiß!) er sey ein bloß
analytischer Satz, der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf
nach dem Satz des Widerspruchs erfolge." Der Begriff der Summe heißt
weiter nichts, als die abstrakte Bestimmung, daß diese zwei Zahlen
zusammengefaßt werden sollen, und zwar als Zahlen auf eine äußerliche,
d. i. begrifflose Weise,—daß von Sieben weiter numerirt werden soll,
bis die hinzuzufügenden Eins, deren Anzahl auf Fünf bestimmt ist,
erschöpft worden; das Resultat führt den sonst bekannten Nahmen Zwölfe.
"Allein," fährt Kant fort, "wenn man es näher betrachtet, so findet
man, daß der Begriff der Summe von 7 + 5 nichts weiter enthalte, als
die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar
nicht gedacht wird, welches diese einzige Zahl sey, die beide
zusammenfaßt;"—"ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen
Summe noch so sehr zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölfe
nicht antreffen." Mit dem Denken der Summe, Zergliederung des Begriffs,
hat der Übergang von jener Aufgabe zu dem Resultat allerdings nichts
[zu] thun; "man muß über diese Begriffe hinausgehen und die Anschauung,
fünf Finger u.s.f. zu Hülfe nehmen und so die Einheiten der in der
Anschauung gegebenen Fünf zu dem Begriffe von Sieben hinzuthun," fügt
er hinzu. Fünf ist allerdings in der Anschauung gegeben, d. h. ein ganz
äußerliches Zusammengefügtseyn des beliebig wiederholten Gedankens,
Eins; aber Sieben ist ebenso wenig ein Begriff; es sind keine Begriffe
vorhanden, über die man hinausgeht. Die Summe von 5 und 7 heißt die
begrifflose Verbindung beider Zahlen, das so begrifflos fortgesetzte
Numeriren von Sieben an, bis die Fünfe erschöpft sind, kann man ein
Zusammenfügen, ein Synthesiren, gerade wie das Numeriren von Eins an,
nennen—ein Synthesiren, das aber gänzlich analytischer Natur ist, indem
der Zusammenhang ein ganz gemachter, nichts darin ist noch hineinkommt,
was nicht ganz äußerlich vorliegt. Das Postulat 5 zu 7 zu addiren
verhält sich zu dem Postulate, überhaupt zu numeriren, wie das Postulat
eine gerade Linie zu verlängern, zu dem, eine gerade Linie zu ziehen.

So leer als der Ausdruck Synthesiren ist, ist die Bestimmung, daß es a
priori geschehe. Zählen ist allerdings keine Empfindungsbestimmung, die
für das a posteriori nach der kantischen Bestimmung von Anschauung
allein übrig bleibt, und Zählen ist wohl eine Beschäftigung auf dem
Boden des abstrakten Anschauens, d. i. welches durch die Kategorie des
Eins bestimmt und wobei von allen anderen Empfindungsbestimmungen,
ebenso sehr als auch von Begriffen abstrahirt ist. Das a priori ist
überhaupt etwas nur Vages; die Gefühlsbestimmung hat als Trieb, Sinn
u.s.f. ebenso sehr das Moment der Aprioritaet in ihr, als Raum und Zeit
als existirend, Zeitliches und Räumliches, a posteriori bestimmt ist.

Im Zusammenhange hiermit kann hinzugefügt werden, daß Kants Behauptung
von der synthetischen Beschaffenheit der Grundsätze der reinen
Geometrie ebenso wenig etwas Gründliches enthält. Indem er angiebt, daß
mehrere wirklich analytisch seyen, so ist allein der Grundsatz, daß die
gerade Linie zwischen zwei Punkten die kürzeste ist, für jene
Vorstellung angeführt. "Mein Begriff vom Geraden enthalte nämlich
nichts von Größe, sondern nur eine Qualität; der Begriff des Kürzesten
komme also gänzlich hinzu, und könne durch keine Zergliederung aus dem
Begriffe der geraden Linie gezogen werden; Anschauung müsse also hier
zu Hülfe genommen werden, vermittelst deren allein die Synthesis
möglich sey."—Es handelt sich aber auch hier nicht von einem Begriffe
des Geraden überhaupt, sondern von gerader Linie, und dieselbe ist
bereits ein Räumliches, Angeschautes. Die Bestimmung (oder wenn man
will, der Begriff) der geraden Linie ist doch wohl keine anderes als
daß sie die schlechthin einfache Linie ist, d. i. in dem
Außersichkommen (der sogenannten Bewegung des Punktes) schlechthin sich
auf sich bezieht, in deren Ausdehnung keine Art von Verschiedenheit der
Bestimmung, keine Beziehung auf einen anderen Punkt, oder Linie
außerhalb ihrer gesetzt ist, hält;—die schlechthin in sich einfache
Richtung. Diese Einfachheit ist allerdings ihre Qualität, und wenn die
gerade Linie schwer analytisch zu definiren scheinen sollte, so wäre es
nur um der Bestimmung der Einfachheit oder Beziehung auf sich selbst
willen, und bloß weil die Reflexion beim Bestimmen zunächst vornehmlich
eine Mehrheit, ein Bestimmen durch andere, vor sich hat; es ist aber
für sich schlechthin nichts Schweres, diese Bestimmung der Einfachheit
der Ausdehnung in sich, ihrer Bestimmungslosigkeit durch Anderes, zu
fassen;—Euklids Definition enthält nichts Anderes als diese
Einfachheit.—Der Übergang nun aber dieser Qualität zur quantitativen
Bestimmung (des Kürzesten), welcher das Synthetische ausmachen sollte,
ist ganz nur analytisch. Die Linie ist als räumlich, Quantität
überhaupt; das Einfachste, vom Quantum gesagt, ist das Wenigste, und
dieß von einer Linie gesagt, ist das Kürzeste. Die Geometrie kann diese
Bestimmungen als Corollarium zur Definition aufnehmen; aber Archimedes
in seinen Büchern über Kugel und Cylinder (s. Haubers Übers. S. ) hat
am zweckmäßigsten gethan, jene Bestimmung der geraden Linie als
Grundsatz hinzustellen, in ebenso richtigem Sinne, als Euklides die
Bestimmung, die Parallellinien betreffend, unter die Grundsätze
gestellt hat, da die Entwickelung dieser Bestimmung, um zu einer
Definition zu werden, gleichfalls nicht der Räumlichkeit unmittelbar
angehörige, sondern abstraktere qualitative Bestimmungen, wie vorhin
Einfachheit, Gleichheit der Richtung und dergleichen erfordert hätte.
Diese Alten haben auch ihren Wissenschaften plastischen Charakter
gegeben, ihre Darstellung streng in der Eigenthümlichkeit ihres Stoffes
gehalten, daher das ausgeschlossen, was für denselben heterogener Art
gewesen wäre.

Der Begriff, den Kant in den synthetischen Urtheilen a priori
aufgestellt hat,—der Begriff von Unterschiedenem, das ebenso untrennbar
ist, einem Identischen, das an ihm selbst ungetrennt Unterschied ist,
gehört zu dem Grossen und Unsterblichen seiner Philosophie. Im
Anschauen ist dieser Begriffe da er der Begriff selbst und Alles an
sich der Begriff ist, freilich gleichfalls vorhanden; aber die
Bestimmungen, die in jenen Beispielen herausgenommen sind, stellen ihn
nicht dar; vielmehr ist die Zahl und das Zählen eine Identität und
Hervorbringen einer Identität, die schlechthin nur äußerlich, nur
oberflächliche Synthese ist, eine Einheit von Eins, solchen, die
vielmehr als an ihnen nicht identisch mit einander, sondern äußerliche,
für sich getrennte, gesetzt sind; in der geraden Linie hat die
Bestimmung, die kleinste zwischen zwei Punkten zu seyn, vielmehr nur
das Moment des abstrakt Identischen, ohne Unterschied an ihm selbst, zu
Grunde zu liegen.

Ich kehre von dieser Unterbrechung zum Addiren selbst zurück. Die ihm
entsprechende, negative Rechnungsart, das Subtrahiren, ist das ebenso
ganz analytische Trennen in Zahlen, die wie im Addiren, nur als
Ungleiche überhaupt gegeneinander bestimmt sind.

2. Die nächste Bestimmung ist die Gleichheit der Zahlen, die numerirt
werden sollen. Durch diese Gleichheit sind sie eine Einheit, und es
tritt hiermit an der Zahl der Unterschied von Einheit und Anzahl ein.
Die Multiplikation ist die Aufgabe, eine Anzahl von Einheiten, die
selbst eine Anzahl sind, zusammenzuzählen. Es ist dabei gleichgültig,
welche von den beiden Zahlen als Einheit und welche als Anzahl
angegeben, ob viermal drei, wo Vier die Anzahl, und drei die Einheit
ist, oder umgekehrt dreimal vier, gesagt wird.—Es ist oben schon
angegeben, daß das ursprüngliche Finden des Produkts durch das einfache
Numeriren, d. i. das Abzählen an den Fingern u.s.f. bewerkstelligt
wird; das spätere unmittelbare Angebenkönnen des Produkts beruht auf
der Sammlung jener Produkte, dem Einmaleins, und dem Auswendig-Wissen
desselben.

Die Division ist die negative Rechnungsart nach derselben Bestimmung
des Unterschieds. Es ist ebenso gleichgültig, welcher von beiden
Faktoren, der Divisor oder der Quotient, als Einheit oder als Anzahl
bestimmt wird. Der Divisor wird als Einheit und der Quotient als Anzahl
bestimmt, wenn die Aufgabe der Division ausgesprochen wird, daß man
sehen wolle, wie oft (Anzahl) eine Zahl (Einheit) in einer gegebenen
enthalten sey; umgekehrt wird der Divisor als Anzahl und der Quotient
als Einheit genommen, wenn gesagt wird, man soll eine Zahl in eine
gegebene Anzahl gleicher Theile theilen und die Grösse solchen Theils
(der Einheit) finden.

3. Die beiden Zahlen, welche als Einheit und Anzahl gegeneinander
bestimmt sind, sind als Zahl noch unmittelbar gegeneinander, und daher
überhaupt ungleich. Die weitere Gleichheit ist die der Einheit und der
Anzahl selbst; so ist der Fortgang zur Gleichheit der Bestimmungen, die
in der Bestimmung der Zahl liegen, vollendet. Das Zählen, nach dieser
vollständigen Gleichheit ist das Potenziren, (die negative Rechnungsart
das Wurzelausziehen)—und zwar zunächst das Erheben einer Zahl ins
Quadrat,—das vollkommene Bestimmtseyn des Numerirens in sich selbst, wo
1) die vielen Zahlen, die addirt werden, dieselben sind, und 2) deren
Vielheit oder Anzahl selbst dieselbe ist mit der Zahl, die vielmal
gesetzt wird, die Einheit ist. Es sind sonst keine Bestimmungen in dem
Begriffe der Zahl, die einen Unterschied darbieten könnten; noch kann
ein weiteres Ausgleichen des Unterschiedes, der in in der Zahl liegt,
Statt finden. Erhebung in höhere Potenzen als in das Quadrat, ist eine
formelle Fortsetzung Theils—bei den geraden Exponenten,—nur eine
Wiederholung des Quadrirens, Theils bei den ungeraden Potenzen—tritt
wieder die Ungleichheit ein; bei der nämlich formellen Gleichheit (z.B.
zunächst beim Kubus) des neuen Faktors mit der Anzahl sowohl als mit
der Einheit, ist er als Einheit, gegen die Anzahl (das Quadrat, 3 gegen
3. 3) ein Ungleiches; noch mehr beim Kubus von Vier, wo die Anzahl, 3,
nach der die Zahl, die die Einheit ist, mit sich multiplicirt werden
soll, von dieser selbst verschieden ist.—Es sind an sich diese
Bestimmungen als der wesentliche Unterschied des Begriffs, die Anzahl
und die Einheit, vorhanden, welche für das vollständige
In-sich-Zurückgehen des Außer-sich-gehens auszugleichen sind. In dem so
eben Dargestellten liegt weiter der Grund, warum Theils die Auflösung
der höheren Gleichungen in der Zurückführung auf die quadratische
bestehen muß, Theils warum die Gleichungen von ungeraden Exponenten
sich nur formell bestimmen, und gerade wenn die Wurzeln rational sind,
diese sich nicht anders als durch einen imaginären Ausdruck, d. h. der
das Gegentheil dessen ist, was die Wurzeln sind und ausdrücken, finden
lassen.—Das Quadrat der Arithmetik enthält nach dem Angegebenen, allein
das Schlechthin-Bestimmtseyn in sich; weswegen die Gleichungen mit
weitern formellen Potenzen darauf zurückgeführt werden müssen, gerade
wie das rechtwinklichte Dreieck in der Geometrie das
Schlechthin-in-sich-Bestimmtseyn enthält, das im pythagoräischen
Lehrsatz exponirt ist, weswegen auch darauf für die totale Bestimmung
alle anderen geometrischen Figurationen reducirt werden müssen.

Ein nach einem logisch gebildetem Urtheile fortschreitender Unterricht
handelt die Lehre von den Potenzen vor der Lehre über die Proportionen
ab; diese schließen sich zwar an den Unterschied von Einheit und Anzahl
an, der die Bestimmung der zweiten Rechnungsart ausmacht, aber sie
treten aus dem Eins des unmittelbaren Quantums, in welchem Einheit und
Anzahl nur Momente sind, heraus; die Fortbestimmung nach demselben
bleibt ihm selbst auch noch äußerlich. Die Zahl im Verhältnisse ist
nicht mehr als unmittelbares Quantum; es hat seine Bestimmtheit dann
als Vermittelung; das quantitative Verhältniß wird im Nachfolgenden
betrachtet.

Von der angegebenen Fortbestimmung der Rechnungsarten kann gesagt
werden, daß sie keine Philosophie über dieselben, keine Darlegung etwa
ihrer innern Bedeutung sey, weil sie in der That nicht eine immanente
Entwickelung des Begriffes ist. Aber die Philosophie muß dieß zu
unterscheiden wissen, was seiner Natur nach ein sich selbst äußerlicher
Stoff ist, daß dann an einem solchen der Fortgang des Begriffs nur auf
äußerliche Weise geschehen, und dessen Momente auch nur in der
eigenthümlichen Form ihrer Äußerlichkeit, wie hier Gleichheit und
Ungleichheit, seyn können. Die Unterscheidung der Sphären, in welche
eine bestimmte Form des Begriffs gehört, d. h. als Existenz vorhanden
ist, ist ein wesentliches Erforderniß zum Philosophiren über reale
Gegenstände, um nicht das Äußerliche und Zufällige durch Ideen in
seiner Eigenthümlichkeit zu stören, wie diese Ideen durch die
Unangemessenheit des Stoffes zu entstellen und formell zu machen. Jene
Äußerlichkeit aber, in welcher die Begriffsmomente an jenem äußerlichen
Stoffe, der Zahl, erscheinen, ist hier die angemessene Form; indem sie
den Gegenstand in seinem Verstande darstellen, auch da sie keine
spekulative Anforderung enthalten und daher leicht erscheinen,
verdienen sie in den Lehrbüchern der Elemente angewendet zu werden.

Anmerkung 2.

Bekanntlich hat Pythagoras Vernunftverhältnisse oder Philosopheme in
Zahlen dargestellt, auch in neueren Zeiten ist von ihnen und Formen
ihrer Beziehungen, wie Potenzen u.s.f. in der Philosophie Gebrauch
gemacht worden, um die Gedanken darnach zu reguliren oder damit
auszudrücken.—In pädagogischer Rücksicht ist die Zahl für den
geeignetsten Gegenstand des innern Anschauens, und die rechnende
Beschäftigung mit Verhältnissen derselben für die Thätigkeit des
Geistes gehalten worden, worin er seine eigensten Verhältnisse und
überhaupt die Grundverhältnisse des Wesens zur Anschauung bringe.
—Wiefern der Zahl dieser hohe Werth beikommen könne, geht aus ihrem
Begriffe hervor, wie er sich ergeben hat.

Die Zahl sahen wir als die absolute Bestimmtheit der Quantität, und ihr
Element als den gleichgültig gewordenen Unterschied;—die Bestimmtheit
an sich, die zugleich völlig nur äußerlich gesetzt ist. Die Arithmetik
ist analytische Wissenschaft, weil alle Verknüpfungen und Unterschiede,
die an ihrem Gegenstande vorkommen, nicht in ihm selbst liegen, sondern
ihm völlig äußerlich angethan sind. Sie hat keinen konkreten
Gegenstand, welcher innere Verhältnisse an sich hätte, die zunächst für
das Wissen verborgen, nicht in der unmittelbaren Vorstellung von ihm
gegeben, sondern erst durch die Bemühung des Erkennens herauszubringen
wären. Sie enthält nicht nur den Begriff und damit die Aufgabe für das
begreifende Denken nicht, sondern ist das Gegentheil desselben. Um der
Gleichgültigkeit des Verknüpften gegen die Verknüpfung, der die
Nothwendigkeit fehlt, willen, befindet sich das Denken hier in einer
Thätigkeit, die zugleich die äußerste Entäußerung seiner selbst ist, in
der gewaltsamen Thätigkeit, sich in der Gedankenlosigkeit zu bewegen
und das keiner Nothwendigkeit Fähige zu verknüpfen. Der Gegenstand ist
der abstrakte Gedanke der Äußerlichkeit selbst.

Als dieser Gedanke der Äußerlichkeit ist die Zahl zugleich die
Abstraktion von der sinnlichen Mannigfaltigkeit; sie hat von dem
Sinnlichen nichts als die abstrakte Bestimmung der Äußerlichkeit selbst
behalten; hierdurch ist dieses in ihr dem Gedanken am nächsten
gebracht; sie ist der reine Gedanke der eignen Entäußerung des
Gedankens.

Der Geist, der sich über die sinnliche Welt erhebt, und sein Wesen
erkennt, indem er ein Element für seine reine Vorstellung, für den
Ausdruck seines Wesens sucht, kann daher, ehe er den Gedanken selbst
als dieß Element faßt, und für dessen Darstellung den rein geistigen
Ausdruck gewinnt, darauf verfallen, die Zahl, diese innerliche,
abstrakte Äußerlichkeit zu wählen. Darum sehen wir in der Geschichte
der Wissenschaft früh die Zahl zum Ausdruck von Philosophemen gebraucht
werden. Sie macht die letzte Stufe der Unvollkommenheit aus, das
Allgemeine mit Sinnlichem behaftet zu fassen. Die Alten haben das
bestimmte Bewußtseyn darüber gehabt, daß die Zahl zwischen dem
Sinnlichen und dem Gedanken in der Mitte stehe. Aristoteles führt es
von Plato an (Metaphys. I,5) daß derselbe sage, daß außer dem
Sinnlichen und den Ideen die mathematischen Bestimmungen der Dinge
dazwischen stehen, von dem Sinnlichen dadurch unterschieden sey, daß
sie unsichtbar (ewig) und unbewegt seyen, von den Ideen aber, daß sie
ein Vieles und ein Ähnliches seyen, die Idee aber schlechthin nur
identisch mit sich und in sich Eines sey.—Eine ausführlichere gründlich
gedachte Reflexion hierüber von Moderatus aus Cadix wird in Malchi Vita
Pythagorae ed. Ritterhus. p. 30f. angeführt; daß die Pythagoräer auf
die Zahlen gefallen seyen, schreibt er dem zu, daß sie noch nicht
vermocht haben, die Grundideen und ersten Principien deutlich in der
Vernunft zu fassen, weil diese Principien schwer zu denken und schwer
auszusprechen seyen; die Zahlen dienen zur Bezeichnung gut beim
Unterrichte; sie haben darin unter anderem die Geometer nachgeahmt,
welche das Körperliche nicht in Gedanken ausdrücken können, die Figuren
gebrauchen, und sagen, dieß sey ein Dreieck, wobei sie aber wollen, daß
nicht die in die Augen fallende Zeichnung für das Dreieck genommen,
sondern damit nur der Gedanke desselben vorgestellt sey. So haben die
Pythagoräer den Gedanken der Einheit, der Dieselbigkeit und Gleichheit
und den Grund der Übereinstimmung, des Zusammenhangs und der Erhaltung
von Allem, des mit sich selbst Identischen, als Eins ausgesprochen
u.s.f.—Es ist überflüssig zu bemerken, daß die Pythagoräer von dem
Zahlenauch zum Gedanken-Ausdruck, zu den ausdrücklichen Kategorien des
Gleichen und Ungleichen, der Grenze und der Unendlichkeit übergegangen
sind, es wird schon in Ansehung jener Zahlausdrücke (ebend. in den Anm.
zu p. 31 l.s. aus einem Leben des Pythagoras bei Photius p. 772)
angeführt, daß die Pythagoräer zwischen der Monas und dem Eins
unterschieden haben; die Monas haben sie als den Gedanken genommen, das
Eins aber als die Zahl; ebenso die Zwei für das Arithmetische, die Dyas
(denn so soll es daselbst wohl heißen) für den Gedanken des
Unbestimmten. —Diese Alten sahen vors Erste das Ungenügende der
Zahlformen für Gedankenbestimmungen sehr richtig ein, und ebenso
richtig forderten sie ferner stattjenes ersten Nothbehelfs für Gedanken
den eigenthümlichen Ausdruck; um wie viel weiter waren sie in ihrem
Nachdenken gekommen, als die, welche heutigestages wieder Zahlen selbst
und Zahlbestimmungen, wie Potenzen, dann das Unendlichgroße,
Unendlichkleine, Eins dividirt durch das Unendliche und sonstige solche
Bestimmungen, die selbst auch oft ein verkehrter mathematischer
Formalismus sind, an die Stelle von Gedankenbestimmungen zu setzen und
zu jener unvermögenden Kindheit zurückzukehren, für etwas Löbliches, ja
Gründliches und Tiefes halten.

Wenn vorhin der Ausdruck angeführt worden, daß die Zahl zwischen dem
Sinnlichen und dem Gedanken stehe, indem sie zugleich von jenem dieß
habe, das Viele, das Außereinander, an ihr zu seyn, so ist zu bemerken,
daß dieses Viele selbst, das in den Gedanken aufgenommene Sinnliche,
die ihm angehörige Kategorie des an ihm selbst Äußerlichen ist. Die
weiteren, konkreten, wahren Gedanken, das Lebendigste, Beweglichste,
nur im Beziehen Begriffene, in dieses Element des Außersichseyns selbst
versetzt, werden zu todten, bewegungslosen Bestimmungen. Je reicher an
Bestimmtheit und damit an Beziehung die Gedanken werden, desto
verworrener einer Seits und desto willkürlicher und sinnleerer anderer
Seits wird ihre Darstellung in solchen Formen, als die Zahlen sind. Das
Eins, das Zwei, das Drei, das Vier, Henas oder Monas, Dyas, Trias,
Tetraktys, liegen noch den ganz einfachen abstrakten Begriffen nahe;
aber wenn Zahlen zu konkreten Verhältnissen übergehen sollen, so ist es
vergeblich, sie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen,

Wenn nun aber die Denkbestimmungen durch Eins, Zwei, Drei, Vier für die
Bewegung des Begriffs, als durch welche er allein Begriff ist,
bezeichnet werden, so ist dieß das Härteste, was dem Denken zugemuthet
wird. Es bewegt sich im Elemente seines Gegentheils, der
Beziehungslosigkeit; sein Geschäfte ist die Arbeit der Verrücktheit.
Daß z.B. Eins Drei, und Drei Eins ist, zu begreifen, ist darum diese
harte Zumuthung, weil das Eins das Beziehungslose ist, also nicht an
ihm selbst die Bestimmung zeigt, wodurch es in sein Entgegengesetztes
übergeht, sondern vielmehr dieß ist, eine solche Beziehung schlechthin
auszuschließen und zu verweigern. Umgekehrt benutzt dieß der Verstand
gegen die spekulative Wahrheit (wie z.B. gegen die in der Lehre, welche
die der Dreieinigkeit genannt wird, niedergelegte) und zählt die
Bestimmungen derselben, welche Eine Einheit ausmachen, um sie als
klaren Widersinn aufzuzeigen,—d. h. er selbst begeht den Widersinn,
das, was schlechthin Beziehung ist, zum Beziehungslosen zu machen. Bei
dem Namen Dreieinigkeit ist freilich nicht darauf gerechnet worden, daß
vom Verstand das Eins und die Zahl als die wesentliche Bestimmtheit des
Inhalts betrachtet werden würde. Jener Name drückt die Verachtung gegen
den Verstand aus, der aber seine Eitelkeit, am Eins und der Zahl als
solcher zu halten, festgestellt und sie gegen die Vernunft gestellt
hat.

Zahlen, geometrische Figuren, wie dieß viel vom Kreis, Dreieck u.s.f.
geschen ist, als bloße Symbole (des Kreises, z.B. von der Ewigkeit, des
Dreiecks von der Dreieinigkeit) zu nehmen ist—einer Seits etwas
Unverfängliches; aber thöricht ist es anderer Seits, zu meinen, daß
dadurch mehr ausgedrückt sey, als der Gedanke zu fassen und
auszudrücken vermöge. Wenn in solchen Symbolen, wie in andern, die von
der Phantasie in den Mythologien der Völker und in der Dichtkunst
überhaupt erzeugt werden, gegen welche die phantasielosen geometrischen
Figuren ohnehin dürftig sind, wie auch in diesen eine tiefe Weisheit,
tiefe Bedeutung liegen soll, so ist es eben dem Denken allein darum zu
thun, die Weisheit, die nur darin liegt, und nicht nur in Symbolen,
sondern in der Natur und im Geiste, heraus zu Tage zu fördern; in
Symbolen ist die Wahrheit durch das sinnliche Element noch getrübt und
verhüllt; ganz offenbar wird sie allein dem Bewußtseyn in der Form des
Gedanken; die Bedeutung ist nur der Gedanke selbst.

Aber mathematische Kategorien herbeizunehmen, um daraus für die Methode
oder den Inhalt philosophischer Wissenschaft etwas bestimmen zu wollen,
zeigt sich wesentlich dadurch als etwas Verkehrtes, daß insofern
mathematische Formeln Gedanken und Begriffsunterschiede bedeuten, diese
ihre Bedeutung sich vielmehr zuerst in der Philosophie anzugeben, zu
bestimmen und zu rechtfertigen hat. In ihren konkreten Wissenschaften
hat diese das Logische aus der Logik, nicht aus der Mathematik zu
nehmen; es kann nur ein Nothbehelf der philosophischen Unvermögenheit
seyn, zu den Gestaltungen, die das Logische in anderen Wissenschaften
annimmt, und deren viele nur Ahnungen, andere auch Verkümmerungen
desselben sind, für das Logische der Philosophie seine Zuflucht zu
nehmen. Die bloße Anwendung solcher entlehnten Formeln ist ohnehin ein
äußerliches Verhalten; der Anwendung selbst müßte ein Bewußtseyn über
ihren Werth wie über ihre Bedeutung vorangehen; ein solches Bewußtseyn
aber giebt nur die denkende Betrachtung, nicht die Autorität derselben
aus der Mathematik. Solches Bewußtseyn über sie ist die Logik selbst,
und dieß Bewußtseyn streift ihre partikulare Form ab, macht diese
überflüssig und unnütz, berichtigt sie und verschafft ihnen allein ihre
Berechtigung, Sinn und Werth.

Was es mit dem Gebrauche der Zahl und des Rechnens auf sich hat,
insofern er eine pädagogische Hauptgrundlage ausmachen soll, geht aus
dem Bisherigen von selbst hervor. Die Zahl ist ein unsinnlicher
Gegenstand, und die Beschäftigung mit ihr und ihren Verbindungen, ein
unsinnliches Geschäft; der Geist wird somit dadurch zur Reflexion in
sich und einer innerlichen abstrakten Arbeit angehalten, was eine
große, jedoch einseitige Wichtigkeit hat. Denn auf der anderen Seite,
da der Zahl nur der äußerliche, gedankenlose Unterschied zu Grunde
liegt, wird jenes Geschäfte ein gedankenloses, mechanisches. Die
Kraftanstrengung besteht vornehmlich darin, Begriffloses festzuhalten,
und begrifflos es zu verbinden. Der Inhalt ist das leere Eins; der
gediegene Gehalt des sittlichen und geistigen Lebens und der
individuellen Gestaltungen desselben, mit welchem als der edelsten
Nahrung die Erziehung den jugendlichen Geist großziehen soll, sollte
von dem inhaltslosen Eins verdrängt werden; die Wirkung, wenn jene
Übungen zur Hauptsache und Hauptbeschäftigung gemacht werden, kann
keine andere seyn, als den Geist nach Form und Inhalt auszuhöhlen und
abzustumpfen. Weil das Rechnen ein so sehr äußerliches, somit
mechanisches Geschäft ist, haben sich Maschinen verfertigen lassen,
welche die arithmetischen Operationen aufs vollkommenste vollführen.
Wenn man über die Natur des Rechnens nur diesen Umstand allein kennte,
so läge darin die Entscheidung, was es mit dem Einfalle für eine
Bewandniß hatte, das Rechnen zum Hauptbildungsmittel des Geistes zu
machen, und ihn auf die Folter, sich zur Maschine zu vervollkommnen, zu
legen.

B. Extensives und intensives Quantum.

a. Unterschied derselben.

1. Das Quantum hat, wie sich vorhin ergeben, seine Bestimmtheit als
Grenze in der Anzahl. Es ist ein in sich Diskretes, ein Vieles, das
nicht ein Seyn hat, welches verschieden wäre von seiner Grenze und sie
außer ihm hätte. Das Quantum so mit seiner Grenze, die ein Vielfaches
an ihr selbst ist, ist extensive Größe.

Die extensive Größe ist von der kontinuirlichen zu unterscheiden; jener
steht direkt nicht die diskrete, sondern die intensive gegenüber.
Extensive und intensive Größe sind Bestimmtheiten der quantitativen
Grenze selbst, das Quantum aber ist identisch mit seiner Grenze;
kontinuirliche und diskrete Größe sind dagegen Bestimmungen der Größe
an sich, d. i. der Quantität als solcher, insofern beim Quantum von der
Grenze abstrahirt wird.—Die extensive Größe hat das Moment der
Kontinuität an ihr selbst und in ihrer Grenze, indem ihr Vieles
überhaupt Kontinuirliches ist; die Grenze als Negation erscheint
insofern an dieser Gleichheit der Vielen, als Begrenzung der Einheit.
Die kontinuirliche Größe ist die sich fortsetzende Quantität ohne
Rücksicht auf eine Grenze, und insofern sie mit einer solchen
vorgesstellt wird, ist diese eine Begrenzung überhaupt, ohne daß die
Diskretion an ihr gesetzt sey. Das Quantum nur als kontinuirliche Größe
ist noch nicht wahrhaft für sich bestimmt, weil sie des Eins, worin das
Für-sich-bestimmtseyn liegt, und der Zahl entbehrt. Eben so ist die
diskrete Größe unmittelbar nur unterschiedenes Vieles überhaupt, das,
insofern es als solches eine Grenze haben sollte, nur eine Menge, d. h.
ein unbestimmt Begrenztes wäre; daß es als bestimmtes Quantum sey, dazu
gehört das Zusammenfassen des Vielen in Eins, wodurch sie mit der
Grenze identisch gesetzt werden. Jede, die kontinuirliche und diskrete
Größe, als Quantum überhaupt hat nur eine der beiden Seiten an ihr
gesetzt, wodurch es vollkommen bestimmt und als Zahl ist. Diese ist
unmittelbar extensives Quantum,—die einfache Bestimmtheit, die
wesentlich als Anzahl, jedoch als Anzahl einer und derselben Einheit
ist; es ist von der Zahl nur dadurch unterschieden, daß ausdrücklich
die Bestimmtheit als Vielheit in dieser gesetzt ist.

2. Die Bestimmtheit jedoch, wie groß etwas ist, durch die Zahl, bedarf
nicht des Unterschiedes von etwas Anderem Großem, so daß zur
Bestimmtheit dieses Großen es selbst und ein Anderes Großes gehörte,
indem die Bestimmtheit der Größe überhaupt für-sich-bestimmte,
gleichgültige, einfach auf sich bezogene Grenze ist; und in der Zahl
ist sie gesetzt als eingeschlossen in das für-sich-seyende Eins, und
hat die Äußerlichkeit, die Beziehung-auf-Anderes innerhalb ihrer
selbst. Dieses Viele der Grenze selbst ferner, ist wie das Viele
überhaupt, nicht ein in sich Ungleiches, sondern ein Kontinuirliches
jedes der Vielen ist was das Andere ist; es als vieles
Außereinanderseyendes oder Diskretes macht daher die Bestimmtheit als
solche nicht aus. dieß Viele fällt also für sich selbst in seine
Kontinuität zusammen und wird einfache Einheit.—Die Anzahl ist nur
Moment der Zahl; aber macht nicht als eine Menge von numerischen Eins
die Bestimmtheit der Zahl aus, sondern diese Eins als gleichgültige,
sich Äußerliche, sind im Zurückgekehrtseyn der Zahl in sich aufgehoben;
die Äußerlichkeit, welche die Eins der Vielheit ausmachte, verschwindet
in dem Eins, als Beziehung der Zahl auf sich selbst.

Die Grenze des Quantums, das als extensives seine daseyende
Bestimmtheit als die sich selbst äußerliche Anzahl hatte, geht also in
einfache Bestimmtheit über. In dieser einfachen Bestimmung der Grenze
ist es intensive Größe; und die Grenze oder Bestimmtheit, die mit dem
Quantum identisch ist, ist nun auch so als Einfaches gesetzt, —der
Grad.

Der Grad ist also bestimmte Größe, Quantum, aber nicht zugleich Menge,
oder Mehreres innerhalb seiner selbst; er ist nur eine Mehrheit; die
Mehrheit ist das Mehrere in die einfache Bestimmung zusammengenommen,
das Daseyn in das Fürsichseyn zurückgegangen. Seine Bestimmtheit muß
zwar durch eine Zahl ausgedrückt werden als dem vollkommenen
Bestimmtseyn des Quantums, aber ist nicht als Anzahl, sondern einfach,
nur Ein Grad. Wenn von 10, 20 Graden gesprochen wird, ist das Quantum,
das so viele Grade hat, der zehente, zwanzigste Grad, nicht die Anzahl
und Summe derselben; so wäre es ein extensives; sondern es ist nur
Einer, der zehnte, zwanzigste Grad. Er enthält die Bestimmtheit, welche
in der Anzahl zehn, zwanzig liegt, aber enthält sie nicht als Mehrere,
sondern ist die Zahl als aufgehobene Anzahl, als einfache Bestimmtheit.

3. In der Zahl ist das Quantum in seiner vollständigen Bestimmtheit
gesetzt; als intensives Quantum aber als in ihrem Fürsichseyn, ist es
gesetzt, wie es seinem Begriffe nach oder an sich ist. Die Form nämlich
der Beziehung auf sich, welche es im Grade hat, ist zugleich das
Sich-Äußerlichseyn desselben. Die Zahl ist als extensives Quantum
numerische Vielheit, und hat so die Äußerlichkeit innerhalb ihrer.
Diese, als Vieles überhaupt, fällt in die Ununterschiedenheit zusammen,
und hebt sich auf in dem Eins der Zahl, ihrer Beziehung auf sich
selbst. Das Quantum hat aber seine Bestimmtheit als Anzahl; es enthält,
wie vorhin gezeigt worden, sie, ob sie gleich nicht mehr an ihm gesetzt
ist. Der Grad also, der als in sich selbst einfach dieß äußerliche
Andersseyn nicht mehr in ihm hat, hat es außer ihm, und bezieht sich
darauf als auf seine Bestimmtheit. Eine ihm äußerliche Vielheit macht
die Bestimmtheit der einfachen Grenze, welche er für sich ist, aus.

Daß die Anzahl, insofern sie sich innerhalb der Zahl im extensiven
Quantum befinden sollte, sich darin aufhob, bestimmt sich somit dahin,
daß sie außerhalb derselben gesetzt ist. Indem die Zahl als Eins, in
sich reflektirte Beziehung auf sich selbst gesetzt ist, schheßt sie die
Gleichgültigkeit und Äußerlichkeit der Anzahl aus sich aus, und ist
Beziehung auf sich als Beziehung durch sich selbst auf ein Äußerliches.

Hierin hat das Quantum die seinem Begriffe gemäße Realität. Die
Gleichgültigkeit der Bestimmtheit macht seine Qualität aus; d. i. die
Bestimmtheit, die an ihr selbst als die sich äußerliche Bestimmtheit
ist.—Sonach ist der Grad einfache Größenbestimmtheit unter einer
Mehrheit solcher Intensitäten, die verschieden, jede nur einfache
Beziehung auf sich selbst, zugleich aber in wesentlicher Beziehung auf
einander sind, so daß jede in dieser Kontinuität mit den anderen ihre
Bestimmtheit hat. Diese Beziehung des Grades durch sich selbst auf sein
Anderes, macht das Auf- und Absteigen an der Skale der Grade zu einem
stätigen Fortgang, einem Fließen, das eine ununterbrochene, untheilbare
Veränderung ist; jedes der Mehrern, die darin unterschieden werden, ist
nicht getrennt von den Anderen, sondern hat sein Bestimmtseyn nur in
diesen. Als sich auf sich beziehende Größebestimmung ist jeder der
Grade gleichgültig gegen die andern; aber er ist eben so sehr an sich
auf diese Äußerlichkeit bezogen, er ist nur vermittelst derselben, was
er ist, seine Beziehung auf sich ist in einem die nicht gleichgültige
Beziehung auf das Äußerliche, hat in dieser seine Qualität.

b. Identität der extensiven und intensiven Größe.

Der Grad ist nicht innerhalb seiner ein sich Äußerliches. Allein er ist
nicht das unbestimmte Eins, das Princip der Zahl überhaupt, das nicht
Anzahl ist, als nur die negative, keine Anzahl zu sein. Die intensive
Größe ist zunächst ein einfaches Eins der Mehrern; es sind mehrere
Grade; bestimmt sind sie aber nicht, weder als einfaches Eins, noch als
Mehrere, sondern nur in der Beziehung dieses Außersichseyns, oder in
der Identität des Eins und der Mehrheit. Wenn also die Mehreren als
solche zwar außer dem einfachen Grade sind, so besteht in seiner
Beziehung auf sie seine Bestimmtheit; er enthält also die Anzahl. Wie
zwanzig als extensive Größe die zwanzig Eins als diskrete in sich
enthält, so enthält der bestimmte Grad sie als Kontinuität, welche
diese bestimmte Mehrheit einfach ist; er ist der zwanzigste Grad; und
ist der zwanzigste Grad nur vermittelst dieser Anzahl, die als solche
außer ihm ist.

Die Bestimmtheit der intensiven Größe ist daher von doppelter Seite zu
betrachten. Sie ist bestimmt durch andere intensive Quanta, und ist in
Kontinuität mit ihrem Andersseyn, so daß in dieser Beziehung auf
dasselbe ihre Bestimmtheit besteht. Insofern sie nun erstens die
einfache Bestimmtheit ist, ist sie bestimmt gegen andere Grade; sie
schließt dieselben aus sich aus, und hat ihre Bestimmtheit in diesem
Ausschließen. Aber zweitens ist sie an ihr selbst bestimmt; sie ist
dieß in der Anzahl, als in ihrer Anzahl, nicht in ihr als
ausgeschlossener, oder nicht in der Anzahl anderer Grade. Der
zwanzigste Grad enthält die zwanzig an ihm selbst; er ist nicht nur
bestimmt als unterschieden vom neunzehnten, ein und zwanzigsten u.s.f.
sondern seine Bestimmtheit ist seine Anzahl. Aber insofern die Anzahl
die seinige ist, und die Bestimmtheit ist zugleich wesentlich als
Anzahl, so ist er extensives Quantum.

Extensive und intensive Größe sind also eine und dieselbe Bestimmtheit
des Quantums; sie sind nur dadurch unterschieden, daß die eine die
Anzahl als innerhalb ihrer, die andere dasselbe, die Anzahl als außer
ihr hat. Die extensive Größe geht in intensive Größe über, weil ihr
Vieles an und für sich in die Einheit zusammenfällt, außer welcher das
Viele tritt. Aber umgekehrt hat dieses Einfache seine Bestimmtheit nur
an der Anzahl und zwar als seiner; als gleichgültig gegen die anders
bestimmten Intensitäten hat es die Äußerlichkeit der Anzahl an ihm
selbst; so ist die intensive Größe eben so wesentlich extensive Größe.

Mit dieser Identität tritt das qualitative Etwas ein; denn sie ist sich
durch die Negation ihrer Unterschiede auf sich beziehende Einheit,
diese Unterschiede aber machen die daseyende Größe-Bestimmtheit aus;
diese negative Identität ist also Etwas, und zwar das gegen seine
quantitative Bestimmtheit gleichgültig ist. Etwas ist ein Quantum, aber
nun ist das qualitative Daseyn, wie es an sich ist, als gleichgültig
dagegen gesetzt. Es konnte vom Quantum, der Zahl als solcher u.s.f.
ohne ein Etwas, das deren Substrat wäre, gesprochen werden. Aber nun
tritt Etwas diesen seinen Bestimmungen, durch deren Negation init sich
vermittelt, als für sich daseyend gegenüber, und, indem es ein Quantum
hat, als dasselbe, welches ein extensives und intensives Quantum habe.
Seine Eine Bestimmtheit, die es als Quantum hat, ist in den
unterschiedenen Momenten der Einheit und der Anzahl gesetzt; sie ist
nicht nur an sich Eine und dieselbe, sondern ihr Setzen in diesen
Unterschieden, als extensives und intensives Quantum, ist das
Zurückgehen in diese Einheit, die als negative das gegen sie
gleichgültig gesetzte Etwas ist.

Anmerkung 1.

In der gewöhnlichen Vorstellung pflegen extensives und intensives
Quantum so als Arten von Größen unterschieden zu werden, als ob es
Gegenstände gäbe, die nur intensive, andere, die nur extensive Größe
hätten. Ferner ist die Vorstellung einer philosophischen
Naturwissenschaft hinzugekommen, welche das Mehrere, das Extensive, z.
B. in der Grundbestimmung der Materie, einen Raum zu erfüllen, so wie
in anderen Begriffen, in ein Intensives verwandelte, in dem Sinne, daß
das Intensive, als das Dynamische die wahrhafte Bestimmung sey, und
z.B. die Dichtigkeit oder specifische Raumerfüllung wesentlich nicht
als eine gewisse Menge und Anzahl materieller Theile in einem Quantum
Raum, sondern als ein gewisser Grad der raumerfüllenden Kraft der
Materie gefaßt werden müsse.

Es sind hierbei zweierlei Bestimmungen zu unterscheiden. Bei dem, was
man die Umwandlung der mechanischen Betrachtungsweise in die dynamische
genannt hat, kommt der Begriff von außereinander bestehenden
selbstständigen Theilen, die nur äußerlich in ein Ganzes verbunden
sind, und der davon verschiedene Begriff von Kraft vor. Was in der
Raumerfüllung einer Seits nur als eine Menge einander äußerlichen Atome
angesehen wird, wird anderer Seits als die Äußerung einer zu Grunde
liegenden einfachen Kraft betrachtet.—Diese Verhältnisse voll Ganzen
und Theilen, der Kraft und ihrer Äußerung, die hier einander gegenüber
treten, gehören aber noch nicht hierher, sondern werden weiterhin
betrachtet werden. Soviel läßt sich sogleich erinnern, daß das
Verhältniß von Kraft und ihrer Äußerung, das dem Intensiven entspricht,
zwar zunächst das wahrhaftere ist gegen das Verhältniß von Ganzen und
Theilen; aber daß darum die Kraft nicht weniger einseitig als das
Intensive, und die Äußerung, die Äußerlichkeit des Extensiven, ebenso
untrennbar von der Kraft ist, so daß ein und derselbe Inhalt ebenso
sehr in beiden Formen, des Intensiven und des Extensiven, vorhanden
ist.

Die andere Bestimmtheit, die dabei vorkommt, ist die quantitative als
solche, die als extensives Quantum aufgehoben und in den Grad, als die
wahrhaft seyn sollende Bestimmung, verwandelt wird; es ist aber gezeigt
worden, daß dieser ebenso die erstere enthält, so daß die eine Form für
die andere wesentlich ist, somit jedes Daseyn seine Größebestimmung
eben so sehr als extensives wie als intensives Quantum darstellt.

Als Beispiel hiervon dient daher alles, insofern es in einer
Größebestimmung erscheint. Selbst die Zahl hat diese gedoppelte Form
nothwendig unmittelbar an ihr. Sie ist eine Anzahl, insofern ist sie
extensive Größe; aber sie ist auch Eins, ein Zehen, ein Hundert;
insofern steht sie auf dem Übergange zur intensiven Größe, indem in
dieser Einheit das Vielfache in Einfaches zusammengeht. Eins ist
extensive Größe an sich, es kann als eine beliebige Anzahl von Theilen
vorgestellt werden. So das Zehnte, das Hundertste ist dieß Einfache,
Intensive, das seine Bestimmtheit an dem außer ihm fallenden Mehrern d.
i. am Extensiven hat. Die Zahl ist Zehen, Hundert, und zugleich die
Zehnte, Hundertste im Zahlensystem; beides ist dieselbe Bestimmtheit.

Das Eins im Kreise heißt Grad, weil der Theil des Kreises wesentlich
seine Bestimmtheit in dem Mehrern außer ihm hat, als eines nur einer
geschlossenen Anzahl solcher Eins bestimmt ist. Der Grad des Kreises
ist als bloße Raumgröße nur eine gewöhnliche Zahl; als Grad angesehen
ist er die intensive Größe, die einen Sinn nur hat, als bestimmt durch
die Anzahl von Graden, in die der Kreis getheilt ist, wie die Zahl
überhaupt ihren Sinn nur hat in der Zahlenreihe.

Die Größe eines konkretern Gegenstandes stellt ihre gedoppelte Seite,
extensiv und intensiv zu seyn, an den gedoppelten Bestimmungen seines
Daseyns dar, in deren einer er als ein Äußerliches, in der andern aber
als ein Innerliches erscheint. So ist z.B. eine Masse als Gewicht, ein
extensiv-Großes, insofern sie eine Anzahl von Pfunden, Centnern u.s.f.
ausmacht; ein intensiv-Großes, insofern sie einen gewissen Druck
ausübt; die Größe des Drucks ist ein Einfaches, ein Grad, der seine
Bestimmtheit an einer Scale von Graden des Druckes hat. Als drückend
erscheint die Masse als ein In-sich-seyn, als Subjekt, dem der
intensive Größenunterschied zukommt.—Umgekehrt was diesen Grad des
Drucks ausübt, ist vermögend, eine gewisse Anzahl von Pfunden u.s.f.
von der Stelle zu bewegen, und mißt seine Größe hieran.

Oder die Wärme hat einen Grad; der Wärmegrad, er sey der l0te, 20ste
u.s.f. ist eine einfache Empfindung, ein Subjektives. Aber dieser Grad
ist eben so sehr vorhanden als extensive Größe, als die Ausdehnung
einer Flüssigkeit, des Quecksilbers im Thermometer, der Luft oder des
Thons u.s.f. Ein höherer Grad der Temperatur drückt sich aus als eine
längere Quecksilbersäule, oder als ein schmälerer Thoncylinder; er
erwärmt einen größern Raum auf dieselbe Weise als ein geringerer Grad
nur den kleinern Raum.

Der höhere Ton ist als der intensivere, zugleich eine größere Menge von
Schwingungen, oder ein lauterer Ton, dem ein höherer Grad zugeschrieben
wird, macht sich in einem größern Raume hörbar.—Mit der intensivern
Farbe läßt sich eine größere Fläche, als mit einer schwächern, auf
gleiche Weise färben; oder das Hellere, eine andere Art von Intensität,
ist weiter sichtbar als das weniger Helle u.s.f.

Eben so im Geistigen ist die hohe Intensität des Charakters, Talents,
Genies, von eben so weitgreifendem Daseyn, ausgedehnter Wirkung und
vielseitiger Berührung. Der tiefste Begriff hat die allgemeinste
Bedeutung und Anwendung.

Anmerkung 2.

Kant hat einen eigenthümlichen Gebrauch von der Anwendung der
Bestimmtheit des intensiven Quantums auf eine metaphysische Bestimmung
der Seele gemacht. In der Kritik der metaphysischen Sätze von der
Seele, die er Paralogismen der reinen Vernunft nennt, kommt er auf die
Betrachtung des Schlusses von der Einfachheit der Seele auf die
Beharrlichkeit derselben. Er setzt diesem Schlusse entgegen, (Kr. d. r.
Vern. S. 414), "daß, wenn wir gleich der Seele diese einfache Natur
einräumen, da sie nämlich kein Mannigfaltiges außer einander, mithin
keine extensive Größe enthält, man ihr doch so wenig wie irgend einem
Existirenden, intensive Größe, d. i. einen Grad der Realität in
Ansehung aller ihrer Vermögen, ja überhaupt alles dessen, was das
Daseyn ausmacht, abläugnen könne, welcher durch alle unendlich viele
kleinere Grade abnehmen, und so die vorgebliche Substanz obgleich nicht
durch Vertheilung, doch durch allmälige Nachlassung (remissio) ihrer
Kräfte, in nichts verwandelt werden könne; denn selbst das Bewußtseyn
hatjederzeit einen Grad, der immer noch vermindert werden kann,
folglich auch das Vermögen sich seiner bewußt zu seyn, und so alle
übrige Vermögen."—Die Seele wird in der rationellen Psychologie, wie
diese abstrakte Metaphysik war, nicht als Geist, sondern als ein nur
unmittelbar Seyendes, als Seelending betrachtet. So hat Kant das Recht,
die Kategorie des Quantums, "wie auf irgend ein Existirendes" und
insofern dieß Seyende als einfach bestimmt ist, die des intensiven
Quantums auf dasselbe anzuwenden. Dem Geiste kommt allerdings Seyn zu,
aber von ganz anderer Intensität, als die des intensiven Quantums ist,
vielmehr einer solchen Intensität, in welcher die Form des nur
unmittelbaren Seyns und alle Kategorie desselben als aufgehoben sind.
Es war nicht nur die Entfernung der Kategorie des extensiven Quantums
zuzugeben, sondern die des Quantums überhaupt zu entfernen. Ein
Weiteres aber ist noch, zu erkennen, wie in der ewigen Natur des
Geistes Daseyn, Bewußtseyn, Endlichkeit ist und daraus hervorgeht, ohne
daß er dadurch ein Ding würde.

c. Die Veränderung des Quantums.

Der Unterschied des extensiven und intensiven Quantums ist der
Bestimmtheit des Quantums als solcher gleichgültig. Aber überhaupt ist
das Quantum die als aufgehoben gesetzte Bestimmtheit, die gleichgültige
Grenze, die Bestimmtheit, welche eben so sehr die Negation ihrer selbst
ist. In der extensiven Größe ist dieser Unterschied entwickelt, aber
die intensive Größe ist das Daseyn dieser Äußerlichkeit, die das
Quantum in sich ist. Er ist als sein Widerspruch in sich selbst
gesetzt, die einfache sich auf sich beziehende Bestimmtheit zu seyn,
welche die Negation ihrer selbst ist, ihre Bestimmtheit nicht an ihr,
sondern in einem anderen Quantum zu haben.

Ein Quantum ist also seiner Qualität nach in absoluter Kontinuität mit
seiner Äußerlichkeit, mit seinem Andersseyn, gesetzt. Es kann daher
nicht nur über jede Größebestimmtheit hinausgegangen, sie kann nicht
nur verändert werden, sondern es ist dieß gesetzt, daß sie sich
verändern muß. Die Größebestimmung kontinuirt sich so in ihr
Andersseyn, daß sie ihr Seyn nur in dieser Kontinuität mit einem
anderen hat; sie ist nicht eine seyende, sondern eine werdende Grenze.

Das Eins ist unendlich oder die sich auf sich beziehende Negation,
daher die Repulsion seiner von sich selbst. Das Quantum ist gleichfalls
unendlich, gesetzt als die sich auf sich beziehende Negativität; es
repellirt sich von sich selbst. Aber es ist ein bestimmtes Eins, das
Eins welches in Daseyn und in die Grenze übergegangen ist, also die
Repulsion der Bestimmtheit von sich selbst, nicht das Erzeugen des sich
selbst Gleichen, wie die Repulsion des Eins, sondern seines
Andersseyns, es ist nun an ihm selbst gesetzt, über sich hinaus zu
schicken, und ein Anderes zu werden. Es besteht darin, sich zu
vermehren oder zu verhindern; es ist die Äußerlichkeit der Bestimmtheit
an ihm selbst.

Das Quantum schickt sich also selbst über sich hinaus; dieß Andere, zu
dem es wird, ist zunächst selbst ein Quantum; aber ebenso als eine
nicht seyende, sondern sich über sich selbst hinaustreibende Grenze.
Die in diesem Hinausgehen wieder entstandene Grenze ist also
schlechthin nur eine solche, die sich wieder aufhebt und zu einer
fernern schickt, und so fort ins Unendliche.

C. Die quantitative Unendlichkeit.

a. Begriff derselben.

Das Quantum verändert sich und wird ein anderes Quantum; die weitere
Bestimmung dieser Veränderung, daß sie ins Unendliche fortgeht, liegt
darin, daß das Quantum als an ihm selbst sich widersprechend gestellt
ist.—Das Quantum wird ein Anderes; es kontinuirt sich aber in sein
Andersseyn; das Andere ist also auch ein Quantum. Aber dieses ist das
Andere nicht nur eines Quantums, sondern des Quantums selbst, das
Negative seiner als eines Begrenzten, somit seine Unbegrenztheit,
Unendlichkeit. Das Quantum ist ein Sollen; es enthält,
Für-sich-bestimmt zu seyn, und dieses Für-sich-bestimmtseyn ist
vielmehr das Bestimmtseyn in einem Anderen; und umgekehrt ist es das
aufgehobene Bestimmtseyn in einem Andern, ist gleichgültiges
Bestehen-für-sich.

Die Endlichkeit und Unendlichkeit erhalten dadurch sogleich jede an ihr
selbst eine gedoppelte, und zwar entgegengesetzte Bedeutung. Endlich
ist das Quantum erstens als Begrenztes überhaupt, zweitens, als das
Hinausschicken über sich selbst, als das Bestimmtseyn in einem Anderen.
Die Unendlichkeit desselben aber ist erstens sein Nichtbegrenztseyn;
zweitens sein Zurückgekehrtseyn-in-sich, das gleichgültige Fürsichseyn.
Vergleichen wir sogleich diese Momente mit einander, so ergiebt sich,
daß die Bestimmung der Endlichkeit des Quantums, das Hinausschicken
über sich zu einem Anderen, in dem seine Bestimmung liege, ebenso
Bestimmung des Unendlichen ist; die Negation der Grenze ist dasselbe
Hinaus über die Bestimmtheit, so daß das Quantum in dieser Negation,
dem Unendlichen, seine letzte Bestimmtheit habe. Das andere Moment der
Unendlichkeit ist das gegen die Grenze gleichgültige Fürsichseyn; das
Quantum selbst aber ist so das Begrenzte, daß es das für sich
Gleichgültige gegen seine Grenze, damit gegen andere Quanta und sein
Hinaus, ist. Die Endlichkeit und die (von ihr getrennt seyn sollende,
schlechte) Unendlichkeit haben beim Quantum jede das Moment der anderen
bereits an ihr.

Das qualitative und quantitative Unendliche unterscheiden sich dadurch,
daß im ersten der Gegensatz des Endlichen und Unendlichen qualitativ
ist, und der Übergang des Endlichen in das Unendliche, oder die
Beziehung beider auf einander nur im Ansich, in ihrem Begriffe liegt.
Die qualitative Bestimmtheit ist als unmittelbar, und bezieht sich auf
das Andersseyn wesentlich als auf ein ihr anderes Seyn, sie ist nicht
gesetzt, ihre Negation, ihr Anderes an ihr selbst zu haben. Die Größe
hingegen ist, als solche, aufgehobene Bestimmtheit; sie ist gesetzt,
ungleich mit sich und gleichgültig gegen sich selbst, daher das
Veränderliche zu seyn. Das qualitative Endliche und Unendliche stehen
sich daher absolut d. h. abstrakt gegeneinander über; ihre Einheit ist,
die zu Grunde liegende innerliche Beziehung; das Endliche kontinuirt
sich daher nur an sich, aber nicht an ihm, in sein Anderes. Hingegen
das quantitative Endliche bezieht sich an ihm selbst in sein
Unendliches, an dem es seine absolute Bestimmtheit habe. Diese ihre
Beziehung stellt zunächst der quantitativ-unendliche Progreß dar.

b. Der quantitative unendliche Progreß.

Der Progreß ins Unendliche ist überhaupt der Ausdruck des Widerspruchs,
hier desjenigen, den das quantitativ-Endliche oder das Quantum
überhaupt enthält. Er ist die Wechselbestimmung des Endlichen und
Unendlichen, die in der qualitativen Sphäre betrachtet worden ist, mit
dem Unterschiede, daß wie so eben erinnert, im Quantitativen sich die
Grenze an ihr selbst in ihr Jenseits fortschickt und fortsetzt, somit
umgekehrt auch das quantitativ-Unendliche gesetzt ist, das Quantum an
ihm selbst zu haben, denn das Quantum ist in seinem Außersichseyn
zugleich es selbst; seine Äußerlichkeit gehört seiner Bestimmung an.

Der unendliche Progreß ist nun nur der Ausdruck dieses Widerspruchs,
nicht die Auflösung desselben, aber um der Kontinuität willen der einen
Bestimmtheit in ihre andere führt er eine scheinbare Auflösung in einer
Vereinigung beider herbei. Wie er zunächst gesetzt ist, ist er die
Aufgabe des Unendlichen, nicht die Erreichung desselben; das
perennirende Erzeugen desselben, ohne über das Quantum selbst
hinauszukommen, und ohne daß das Unendliche ein Positives und
Gegenwärtiges würde. Das Quantum hat es in seinem Begriffe ein Jenseits
seiner zu haben. Dieß Jenseits ist erstlich das abstrakte Moment des
Nichtseyns des Quantums; dieses löst sich an sich selbst auf; so
bezieht es sich auf sein Jenseits als auf seine Unendlichkeit, nach dem
qualitativen Momente des Gegensatzes. Aber zweitens steht das Quantum
in Kontinuität mit diesem Jenseits; das Quantum besteht eben darin, das
Andere seiner selbst, sich selbst äußerlich zu seyn; also ist dieß
Äußerliche eben so sehr nicht ein Anderes als das Quantum; das Jenseits
oder das Unendliche ist also selbst ein Quantum. Das Jenseits ist auf
diese Weise aus seiner Flucht zurückgerufen, und das Unendliche
erreicht. Aber weil dieß zum Diesseits gewordene wieder ein Quantum
ist, ist nur wieder eine neue Grenze gesetzt worden; diese, als
Quantum, ist auch wieder von sich selbst geflohen, ist als solches über
sich hinaus, und hat sich in sein Nichtseyn, in sein Jenseits von sich
selbst repellirt, das ebenso perennirend zum Quantum wird, als dieses
sich von sich selbst zum Jenseits abstößt.

Die Kontinuität des Quantums in sein Anderes bringt die Verbindung
beider in dem Ausdruck eines Unendlich-Großen oder Unendlich-Kleinen
hervor. Da beide die Bestimmung des Quantums noch an ihnen haben,
bleiben sie veränderliche und die absolute Bestimmtheit, die ein
Für-sichseyn wäre, ist also nicht erreicht. Dieß Außersichseyn der
Bestimmung ist in dem gedoppelten Unendlichen, das sich nach dem Mehr
und Weniger entgegengesetzt ist, dem Unendlich-großen und Kleinen,
gesetzt. An jedem selbst ist das Quantum im perennirenden Gegensatze
gegen sein Jenseits erhalten. Das Große noch so sehr erweitert,
schwindet zur Unbeträchtlichkeit zusammen; indem es sich auf das
Unendliche als auf sein Nichtseyn bezieht, ist der Gegensatz
qualitativ; das erweiterte Quantum hat daher dem Unendlichen nichts
abgewonnen; dieses ist vor wie nach das Nichtseyn desselben. Oder, die
Vergrößerung des Quantums ist keine Näherung zum Unendlichen, denn der
Unterschied des Quantums und seiner Unendlichkeit hat wesentlich auch
das Moment ein nicht quantitativer Unterschied zu seyn. Es ist nur der
ins Engere gebrachte Ausdruck des Widerspruchs; es soll ein Großes d.
i. ein Quantum, und unendlich, d. i. kein Quantum seyn.—Eben so das
Unendlichkleine ist als Kleines ein Quantum und bleibt daher absolut d.
h. qualitativ zu groß für das Unendliche, und ist diesem
entgegengesetzt. Es bleibt in beiden der Widerspruch des unendlichen
Progresses erhalten der in ihnen sein Ziel gefunden haben sollte.

Diese Unendlichkeit, welche als das Jenseits des Endlichen beharrlich
bestimmt ist, ist als die schlechte quantitative Unendlichkeit zu
bezeichnen. Sie ist wie die qualitative schlechte Unendlichkeit, das
perennirende Herüber- und Hinübergehen von dem einen Gliede des
bleibenden Widerspruchs zum andern, von der Grenze zu ihrem Nichtseyn,
von diesem aufs neue zurück zu ebenderselben, zur Grenze. Im Progresse
des Quantitativen ist das, zu dem fortgegangen wird, zwar nicht ein
abstrakt Anderes überhaupt, sondern ein als verschieden gesetztes
Quantum; aber es bleibt auf gleiche Weise im Gegensatze gegen seine
Negation. Der Progreß ist daher gleichfalls nicht ein Fortgehen und
Weiterkommen, sondern ein Wiederholen von einem und eben demselben,
Setzen, Aufheben, und Wiedersetzen und Wiederaufheben; eine Ohnmacht
des Negativen, dem das, was es aufhebt, durch sein Aufheben selbst als
ein Kontinuirliches wiederkehrt. Es sind zwei so zusammengeknüpft, daß
sie sich schlechthin fliehen; und indem sie sich fliehen, können sie
sich nicht trennen, sondern sind in ihrer gegenseitigen Flucht
verknüpft.

Anmerkung 1.

Die schlechte Unendlichkeit pflegt vornehmlich in der Form des
Progresses des Quantitativen ins Unendliche,—dieß fortgehende
Überfliegen der Grenze, das die Ohnmacht ist, sie aufzuheben, und der
perennirende Rückfall in dieselbe,—für etwas Erhabenes und für eine Art
von Gottesdienst gehalten zu werden, so wie derselbe in der Philosophie
als ein Letztes angesehen worden ist. Dieser Progreß hat vielfach zu
Tiraden gedient, die als erhabene Produktionen bewundert worden sind.
In der That aber macht diese moderne Erhabenheit nicht den Gegenstand
groß, welcher vielmehr entflieht, sondern nur das Subjekt, das so große
Quantitäten in sich verschlingt. Die Dürftigkeit dieser subjektiv
bleibenden Erhebung, die an der Leiter des Quantitativen hinaufsteigt,
thut sich selbst damit kund, daß sie in vergeblicher Arbeit dem
unendlichen Ziele nicht näher zu kommen eingesteht, welches zu
erreichen freilich ganz anders anzugreifen ist.

Bei folgenden Tiraden dieser Art ist zugleich ausgedrückt, in was
solche Erhebung übergeht und aufhört. Kant z.B. führt es als erhaben
auf, (Kr. d. prakt. V. Schl.)

"wenn das Subjekt mit dem Gedanken sich über den Platz erhebt, den es
in der Sinnenwelt einnimmt, und die Verknüpfung ins unendlich Große
erweitert, eine Verknüpfung mit Sternen über Sternen, mit Welten über
Welten, Systemen über Systemen, überdem noch in grenzenlose Zeiten
ihrer periodischen Bewegung, deren Anfang und Fortdauer.—Das Vorstellen
erliegt diesem Fortgehen ins Unermeßlich-Ferne, wo die fernste Welt
immer noch eine fernere hat, die so weit zurückgeführte Vergangenheit
noch eine weitere hinter sich, die noch so weit hinausgeführte Zukunft
immer noch eine andere vor sich; der Gedanke erliegt dieser Vorstellung
des Unermeßlichen; wie ein Traum, daß einer einen langen Gang immer
weiter und unabsehbar weiter fortgehe, ohne ein Ende abzusehen, mit
Fallen oder mit Schwindel endet."

Diese Darstellung, außerdem daß sie den Inhalt des quantitativen
Erhebens in einen Reichthum der Schilderung zusammendrängt, verdient
wegen der Wahrhaftigkeit vornehmlich Lob, mit der sie es angiebt, wie
es dieser Erhebung am Ende ergeht: der Gedanke erliegt, das Ende ist
Fallen und Schwindel. Was den Gedanken erliegen macht, und das Fallen
desselben und den Schwindel hervorbringt, ist nichts anderes, als die
Langeweile der Wiederholung, welche eine Grenze verschwinden und wieder
auftreten und wieder verschwinden, so immer das eine um das andere, und
eins im andern, in dem Jenseits das Diesseits, in dem Diesseits das
Jenseits perennierend entstehen und vergehen läßt, und nur das Gefühl
der Ohnmacht dieses Unendlichen oder dieses Sollens giebt, das über das
Endliche Meister werden will und nicht kann.

Auch die hallersche, von Kant sogenannte schauderhafte Beschreibung der
Ewigkeit pflegt besonders bewundert zu werden, aber oft gerade nicht
wegen derjenigen Seite, die das wahrhafte Verdienst derselben ausmacht:

"Ich häuffe ungeheure Zahlen,
Gebürge Millionen auf,
Ich setze Zeit auf Zeit, und Welt auf Welt zu Hauf
Und wenn ich von der grausen Höh
Mit Schwindeln wieder nach dir seh,
Ist alle Macht der Zahl, vermehrt zu tausendmalen,
Noch nicht ein Theil von dir."
"Ich zieh sie ab, und du liegst ganz vor mir."


Wenn auf jenes Aufbürgen und Aufthürmen von Zahlen und Welten als auf
eine Beschreibung der Ewigkeit der Werth gelegt wird, so wird
übersehen, daß der Dichter selbst dieses sogenannte schauderhafte
Hinausgehen für etwas Vergebliches und Hohles erklärt, und daß er damit
schließt, daß nur durch das Aufgeben dieses leeren unendlichen
Progresses das wahrhafte Unendliche selbst zur Gegenwart vor ihn komme.

Es hat Astronomen gegeben, die sich auf das Erhabene ihrer Wissenschaft
gern darum viel zu Gute thaten, weil sie mit einer unermeßlichen Menge
von Sternen, mit so unermeßlichen Räumen und Zeiten zu thun habe, in
denen Entfernungen und Perioden, die für sich schon groß sind, zu
Einheiten dienen, welche noch so vielmal genommen, sich wieder zur
Unbedeutenheit verkürzen. Das schaale Erstaunen, dem sie sich dabei
überlassen, die abgeschmackten Hoffnungen, erst noch in jenem Leben von
einem Sterne zum anderen zu reisen und ins Unermeßliche fort
dergleichen neue Kenntnisse zu erwerben, gaben sie für ein Hauptmoment
der Vortreflichkeit ihrer Wissenschaft aus, —welche bewundernswürdig
ist, nicht um solcher quantitativen Unendlichkeit willen, sondern im
Gegentheil um der Maaßverhältnisse und der Gesetze willen, welche die
Vernunft in diesen Gegenständen erkennt, und die das vernünftige
Unendliche gegen jene unvernünftige Unendlichkeit sind.

Der Unendlichkeit, die sich auf die äußere sinnliche Anschauung
bezieht, setzt Kant die andere Unendlichkeit gegenüber, wenn

"das Individuum auf sein unsichtbares Ich zurückgeht, und die absolute
Freiheit seines Willens als ein reines Ich allen Schrecken des
Schicksals und der Thyrannei entgegenstellt, von seinen nächsten
Umgebungen anfangend, sie für sich verschwinden, eben so das, was als
dauernd erscheint, Welten über Welten in Trümmer zusammenstürzen läßt,
und einsam sich als sich selbst gleich erkennt."

Ich in dieser Einsamkeit mit sich ist zwar das erreichte Jenseits, es
ist zu sich selbst gekommen, ist bei sich, diesseits; im reinen
Selbstbewußtseyn ist die absolute Negativität zur Affirmation und
Gegenwart gebracht, welche in jenem Fortgehen über das sinnliche
Quantum nur flieht. Aber indem dieß reine Ich in seiner Abstraktion und
Inhaltslosigkeit sich fixirt, hat es das Daseyn überhaupt, die Fülle
des natürlichen und geistigen Universums, als ein Jenseits sich
gegenüber. Es stellt sich derselbe Widerspruch dar, der dem unendlichen
Progresse zu Grunde liegt; nämlich ein Zurückgekehrtseyn in sich, das
unmittelbar zugleich Außersichseyn, Beziehung auf sein Anderes als auf
sein Nichtseyn, ist; welche Beziehung eine Sehnsucht bleibt, weil Ich
sich seine gehaltlose und unhaltbare Leere einer Seits, und die in der
Negation doch präsent bleibende Fülle als sein Jenseits fixirt hat.

Kant fügt diesen beiden Erhabenheiten die Bemerkung bei, "daß
Bewunderung (für die erstere, äußerliche) und Achtung (für die zweite,
innerliche) Erhabenheit, zwar zur Nachforschung reizen, aber den Mangel
derselben nicht ersetzen können".—Er erklärt damit jene Erhebungen als
unbefriedigend für die Vernunft, welche bei ihnen und den damit
verbundenen Empfindungen nicht stehen bleiben, und das Jenseits und
Leere nicht für das Letzte gelten lassen kann.

Als ein Letztes aber ist der unendliche Progreß vornehmlich in seiner
Anwendung auf die Moralität genommen worden. Der so eben angeführte
zweite Gegensatz des Endlichen und Unendlichen, als der mannigfaltigen
Welt und des in seine Freiheit erhobenen Ichs, ist zunächst qualitativ.
Das Selbstbestimmen des Ich geht zugleich darauf, die Natur zu
bestimmen und sich von ihr zu befreien; so bezieht es sich durch sich
selbst auf sein Anderes, welches als äußerliches Daseyn ein
Vielfältiges und auch Quantitatives ist. Die Beziehung auf ein
Quantitatives wird selbst quantitativ; die negative Beziehung des Ich
darauf, die Macht des Ich über das Nicht-Ich, über die Sinnlichkeit und
äußere Natur, wird daher so vorgestellt, daß die Moralität immer
größer, die Macht der Sinnlichkeit aber immer kleiner werden könne und
solle. Die völlige Angemessenheit aber des Willens zum moralischen
Gesetze wird in den ins Unendliche gehenden Progreß verlegt, das heißt,
als ein absolutes unerreichbares Jenseits vorgestellt, und eben dieß
solle der wahre Anker und der rechte Trost seyn, daß es ein
Unerreichbares ist; denn die Moralität soll als Kampf seyn; dieser aber
ist nur unter der Unangemessenheit des Willens zum Gesetze, dieses
damit schlechthin ein Jenseits für ihn.

In diesem Gegensatze werden Ich und Nicht-Ich oder der reine Wille und
das moralische Gesetz, und die Natur und Sinnlichkeit des Willens als
vollkommen selbstständig und gleichgültig gegeneinander vorausgesetzt.
Der reine Wille hat sein eigenthümliches Gesetz, das in wesentlicher
Beziehung auf die Sinnlichkeit steht; und die Natur und Sinnlichkeit
hat ihrer Seits Gesetze, die weder aus dem Willen genommen und ihm
entsprechend sind, noch auch nur, wenn gleich verschieden davon, an
sich eine wesentliche Beziehung auf ihn hätten, sondern sie sind
überhaupt für sich bestimmt, in sich fertig und geschlossen. Zugleich
sind beide aber Momente eines und desselben einfachen Wesens, des Ich;
der Wille ist als das Negative gegen die Natur bestimmt, so daß er nur
ist, insofern ein solches von ihm verschiedenes ist, das von ihm
aufgehoben werde, von dem er aber hierin berührt und selbst afficirt
ist. Der Natur und ihr als Sinnlichkeit des Menschen ist als einem
selbstständigen System von Gesetzen das Beschränken durch ein anderes
gleichgültig; sie erhält sich in diesem Begrenztwerden, tritt
selbstständig in die Beziehung ein, und begrenzt den Willen des
Gesetzes eben so sehr, als er sie begrenzt.—Es ist Ein Act, daß der
Wille sich bestimmt und das Andersseyn einer Natur aufhebt, und daß
dieß Andersseyn als daseyend gesetzt ist, sich in sein Aufgehobenwerden
kontinuirt, und nicht aufgehoben ist. Der Widerspruch, der hierin
liegt, wird im unendlichen Progresse nicht aufgelöst, sondern im
Gegentheil als unaufgelöst und unauflösbar dargestellt und behauptet;
der Kampf der Moralität und der Sinnlichkeit wird vorgestellt, als das
an und für sich seyende, absolute Verhältniß.

Die Ohnmacht über den qualitativen Gegensatz des Endlichen und
Unendlichen Meister zu werden und die Idee des wahrhaften Willens, die
substantielle Freiheit, zu fassen, nimmt zur Größe ihre Zuflucht, um
sie als die Mittlerin zu gebrauchen, weil sie das aufgehobene
Qualitative, der gleichgültig gewordene Unterschied, ist. Allein indem
beide Glieder des Gegensatzes als qualitativ verschieden zu Grunde
liegen bleiben, so wird vielmehr dadurch, daß sie sich in ihrer
gegenseitigen Beziehung als Quanta verhalten, jedes sogleich als gegen
diese Veränderung gleichgültig gesetzt. Die Natur wird durch Ich, die
Sinnlichkeit durch den Willen des Guten bestimmt, die durch denselben
an ihr hervorgebrachte Veränderung ist nur ein quantitativer
Unterschied, ein solcher, der sie als das bestehen läßt, was sie ist.

In der abstraktern Darstellung der kantischen Philosophie oder
wenigstens ihrer Principien, nämlich in der fichteschen
Wissenschaftslehre, macht der unendliche Progreß auf dieselbe Weise die
Grundlage und das Letzte aus. Auf den ersten Grundsatz dieser
Darstellung, Ich=Ich, folgt ein zweiter davon unabhängiger, die
Entgegensetzung des Nicht-Ich; die Beziehung beider wird sogleich auch
als quantitativer Unterschied angenommen, daß Nicht-Ich zum Theil durch
Ich bestimmt werde, zum Theil auch nicht. Das Nicht-Ich kontinuirt sich
auf diese Weise in sein Nichtseyn so, daß es seinem Nichtseyn
entgegengesetzt bleibt, als ein nicht Aufgehobenes. Nachdem daher die
Widersprüche, die darin liegen, im System entwickelt worden sind, so
ist das schließliche Resultat dasjenige Verhältniß, welches der Anfang
war; das Nicht-Ich bleibt ein unendlicher Anstoß, ein absolut-Anderes;
die letzte Beziehung seiner und des Ich aufeinander ist der unendliche
Progreß, Sehnsucht und Streben,—derselbe Widerspruch, mit welchem
angefangen wurde.

Weil das Quantitative die als aufgehoben gesetzte Bestimmtheit ist, so
glaubte man für die Einheit des Absoluten, für die Eine
Substantialität, Viel oder vielmehr Alles gewonnen zu haben, indem man
den Gegensatz überhaupt zu einem nur quantitativen Unterschiede
herabsetzte. Aller Gegensatz ist nur quantitativ, war einige Zeit ein
Hauptsatz neuerer Philosophie; die entgegengesetzten Bestimmungen haben
dasselbe Wesen, denselben Inhalt, sie sind reale Seiten des
Gegensatzes, insofern jede derselben seine beiden Bestimmungen, beide
Faktoren, in ihr hat, nur daß auf der einen Seite der eine Faktor, auf
der anderen der andere überwiegend, in der einen Seite der eine Faktor,
eine Materie oder Thätigkeit, in größerer Menge oder in stärkerem Grade
vorhanden sey, als in der andern. Insofern verschiedene Stoffe oder
Thätigkeiten vorausgesetzt werden, bestätigt und vollendet der
quantitative Unterschied vielmehr deren Äußerlichkeit und
Gleichgültigkeit gegeneinander und gegen ihre Einheit. Der Unterschied
der absoluten Einheit soll nur quantitativ seyn; das Quantitative ist
zwar die aufgehobene unmittelbare Bestimmtheit, aber die nur
unvollkommene, erst die erste Negation, nicht die unendliche, nicht die
Negation der Negation.—Indem Seyn und Denken als quantitative
Bestimmungen der absoluten Substanz vorgestellt werden, werden auch
sie, als Quanta, wie in untergeordneter Sphäre, der Kohlenstoff,
Stickstoff u.s.f. sich vollkommen äußerlich und beziehungslos. Es ist
ein Drittes, eine äußerliche Reflexion, welche von ihrem Unterschiede
abstrahirt, und ihre innere, nur ansichseyende, nicht ebenso
für-sich-seyende, Einheit erkennt. Diese Einheit, wird dann in der That
nur als erste unmittelbare vorgestellt, oder nur als Seyn, welches in
seinem quantitativen Unterschiede sich gleich bleibt, aber nicht sich
durch sich selbst gleich setzt; es ist somit nicht begriffen, als
Negation der Negation, als unendliche Einheit. Nur im qualitativen
Gegensatze geht die gesetzte Unendlichkeit, das Fürsichseyn, hervor,
und die quantitative Bestimmung selbst geht, wie sich sogleich näher
ergeben wird, in das Qualitative über.

Anmerkung 2.

Es ist oben erinnert worden, daß die kantischen Antinomien
Darstellungen des Gegensatzes des Endlichen und Unendlichen, in einer
konkreteren Gestalt, auf speciellere Substrate der Vorstellung
angewendet, sind. Die daselbst betrachtete Antinomie enthielt den
Gegensatz der qualitativen Endlichkeit und Unendlichkeit. In einer
andern, der ersten der vier kosmologischen Antinomien, ist es mehr die
quantitative Grenze, die in ihrem Widerstreite betrachtet wird. Ich
will die Untersuchung dieser Antinomie daher hier anstellen.

Sie betrifft die Begrenztheit oder Unbegrenztheit der Welt in Zeit und
Raum.—Es konnte eben so gut dieser Gegensatz auch in Rücksicht auf Zeit
und Raum selbst betrachtet werden, denn ob Zeit und Raum Verhältnisse
der Dinge selbst, oder aber nur Formen der Anschauung sind, ändert
nichts für das Antinomische der Begrenztheit oder Unbegrenztheit in
ihnen.

Die nähere Auseinanderlegung dieser Antinomie wird gleichfalls zeigen,
daß die beiden Sätze und eben so ihre Beweise, die wie bei der oben
betrachteten apogogisch geführt sind, auf nichts, als auf die zwei
einfachen, entgegengesetzten Behauptungen hinauslaufen: es ist eine
Grenze, und: es muß über die Grenze hinausgegangen werden.

Die Thesis ist:

"Die Welt hat einen Anfang in der Zeit, und ist dem Raume nach auch in
Grenzen eingeschlossen."

Der eine Theil des Beweises, die Zeit betreffend, nimmt das Gegentheil
an, "die Welt habe der Zeit nach keinen Anfang, so ist bis zu jedem
gegebenen Zeitpunkt eine Ewigkeit abgelaufen, und mithin eine
unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Welt
verflossen. Nun besteht aber eben darin die Unendlichkeit einer Reihe,
daß sie durch successive Synthesis niemals vollendet seyn kann. Also
ist eine unendliche verflossene Weltreihe unmöglich, mithin ein Anfang
der Welt eine nothwendige Bedingung ihres Daseyns; welches zu erweisen
war."

Der andere Theil des Beweises, der den Raum betrifft, wird auf die Zeit
zurückgeführt. Das Zusammenfassen der Theile einer im Raume unendlichen
Welt erforderte eine unendliche Zeit, welche als abgelaufen angesehen
werden müßte, insofern die Welt im Raume nicht als ein Werdendes,
sondern als ein vollendetes Gegebenes anzusehen ist. Von der Zeit aber
wurde im ersten Theile des Beweises gezeigt, daß eine unendliche Zeit
als abgelaufen anzunehmen unmöglich sey.

Man sieht aber sogleich, daß es unnöthig war, den Beweis apagogisch zu
machen, oder überhaupt einen Beweis zu führen, indem in ihm selbst
unmittelbar die Behauptung dessen zu Grunde liegt, was bewiesen werden
sollte. Es wird nämlich irgend ein oder jeder gegebene Zeitpunkt
angenommen, bis zu welchem eine Ewigkeit (—Ewigkeit hat hier nur den
geringen Sinii einer schlecht-unendlichen Zeit) abgelaufen sey. Ein
gegebener Zeitpunkt heißt nun nichts Anders, als eine bestimmte Grenze
in der Zeit. Im Beweise wird also eine Grenze der Zeit als wirklich
vorausgesetzt; sie ist aber eben das, was bewiesen werden sollte. Denn
die Thesis besteht darin, daß die Welt einen Anfang in der Zeit habe.

Nur der Unterschied findet Statt, daß die angenommene Zeitgrenze ein
Jetzt, als Ende der vorher verflossenen, die zu beweisende aber Jetzt
als Anfang einer Zukunft ist. Allein dieser Unterschied ist
unwesentlich. Jetzt wird als der Punkt angenommen, in welchem eine
unendliche Reihe auf einander folgender Zustände der Dinge in der Zeit
verflossen seyn soll, also als Ende, als qualitative Grenze. Würde dieß
Jetzt nur als quantitative Grenze betrachtet, welche fließend und über
die nicht nur hinaus zu gehen sondern die vielmehr nur dieß sey, über
sich hinauszugehen, so wäre die unendliche Zeitreihe in ihr nicht
verflossen, sondern führe fort zu fließen, und das Raisonnement des
Beweises fiele weg. Dagegen ist der Zeitpunkt als qualitative Grenze
für die Vergangenheit angenommen, aber ist so zugleich Anfang für die
Zukunft,—denn an sich ist jeder Zeitpunkt die Beziehung der
Vergangenheit und der Zukunft,—auch ist er absoluter d. h. abstrakter
Anfang für dieselbe, d. i. das, was bewiesen werden sollte. Es thut
nichts zur Sache, daß vor seiner Zukunft und diesem ihrem Anfange schon
eine Vergangenheit ist; indem dieser Zeitpunkt qualitative Grenze
ist,—und als qualitative ihn anzunehmen, liegt in der Bestimmung des
Vollendeten, Abgelaufenen, also sich nicht Kontinuirenden,—so ist die
Zeit in ihm abgebrochen, und jene Vergangenheit, ohne Beziehung auf
diejenige Zeit, welche nur Zukunft in Rücksicht auf diese Vergangenheit
genannt werden konnte, und daher ohne solche Beziehung nur Zeit
überhaupt ist, die einen absoluten Anfang hat. Stünde sie aber,—(wie
sie es denn tut—) durch das Jetzt, den gegebenen Zeitpunkt, in einer
Beziehung auf die Vergangenheit, wäre sie somit als Zukunft bestimmt,
so wäre auch dieser Zeitpunkt von der anderen Seite keine Grenze, die
unendliche Zeitreihe kontinuirte sich in dem, was Zukunft hieß, und
wäre nicht, wie angenommen worden, vollendet.

In Wahrheit ist die Zeit reine Quantität; der im Beweise gebrauchte
Zeitpunkt, in welchem sie unterbrochen seyn sollte, ist vielmehr nur
das sich selbst aufhebende Fürsichseyn des Jetzt. Der Beweis leistet
nichts, als daß er die in der Thesis behauptete absolute Grenze der
Zeit als einen gegebenen Zeitpunkt vorstellig macht und ihn als
vollendeten, d. i. abstrakten Punkt, geradezu annimmt,—eine populare
Bestimmung, welche das sinnliche Vorstellen leicht als eine Grenze
passiren, somit im Beweise dieß als Annahme gelten läßt, was vorher als
das zu Beweisende aufgestellt wurde.

Die Antithesis heißt:

"Die Welt hat keinen Anfang und keine Grenzen im Raume, sondern ist
sowohl in Ansehung der Zeit als des Raumes unendlich."

Der Beweis setzt gleichfalls das Gegentheil:

"Die Welt habe einen Anfang. Da der Anfang ein Daseyn ist, wovor eine
Zeit vorhergeht, darin das Ding nicht ist, so muß eine Zeit
vorhergegangen seyn, darin die Welt nicht war, d. i. eine leere Zeit.
Nun ist aber in einer leeren Zeit kein Entstehen irgend eines Dings
möglich; weil kein Theil einer solchen Zeit vor einem anderen irgend
eine unterscheidende Bedingung des Daseyns vor der des Nichtdaseyns an
sich hat. Also kann zwar in der Welt manche Reihe der Dinge anfangen,
die Welt selbst aber keinen Anfang nehmen, und ist in Ansehung der
vergangenen Zeit unendlich."

Dieser apogogische Beweis enthält, wie die andern, die direkte und
unbewiesene Behauptung dessen, was er beweisen sollte. Er nimmt
neihlich zuerst ein Jenseits des weltlichen Daseyns, eine leere Zeit,
an; aber kontinuirt alsdann auch das weltliche Daseyn ebenso sehr über
sich hinaus in diese leere Zeit hinein, hebt diese dadurch auf, und
setzt somit das Daseyn ins Unendliche fort. Die Welt ist ein Daseyn;
der Beweis setzt voraus, daß dieß Daseyn entstehe, und das Entstehen
eine in der Zeit vorhergehende Bedingung habe. Darin aber eben besteht
die Antithesis selbst, daß es kein unbedingtes Daseyn, keine absolute
Grenze gebe, sondern das weltliche Daseyn immer eine vorhergehende
Bedingung fordere. Das zu Erweisende findet sich somit als Annahme in
dem Beweise.—Die Bedingung wird dann ferner in der leeren Zeit gesucht,
was so viel heißt, als daß sie als zeitlich und somit als Daseyn, und
Beschränktes angenommen wird. Überhaupt also ist die Annahme gemacht,
daß die Welt als Daseyn ein anderes bedingtes Daseyn in der Zeit
voraussetze und hiermit sofort ins Unendliche.

Der Beweis in Ansehung der Unendlichkeit der Welt im Raume ist
dasselbe. Apogogischer Weise wird die räumliche Endlichkeit der Welt
gesetzt; "diese befände sich somit in einem leeren unbegrenzten Raume,
und hätte ein Verhältniß zu ihm; ein solches Verhältniß der Welt zu
keinem Gegenstande aber ist Nichts."

Was bewiesen werden sollte, ist hier ebenso im Beweise direkt
vorausgesetzt. Es wird direkt angenommen, daß die begrenzte räumliche
Welt sich in einem leeren Raume befinden und ein Verhältniß zu ihm
haben sollte, das heißt, daß über sie hinausgegangen werden
müsse,—einer Seits in das Leere, in das Jenseits und Nichtseyn
derselben, anderer Seits aber daß sie damit im Verhältniß stehe, d. i.
sich darein hinein kontinuire, das Jenseits hiermit mit weltlichem
Daseyn erfüllt vorzustellen sey. Die Unendlichkeit der Welt im Raume,
die in der Antithesis behauptet wird, ist nichts anderes, als einer
Seits der leere Raum, anderer Seits das Verhältniß der Welt zu ihm, das
heißt Kontinuität derselben in ihm, oder die Erfüllung desselben;
welcher Widerspruch, der Raum zugleich als leer und zugleich als
erfüllt, der unendliche Progreß des Daseyns im Raume ist. Dieser
Widerspruch selbst, das Verhältniß der Welt zum leeren Raume, ist im
Beweise direkt zur Grundlage gemacht.

Die Thesis und Antithesis und die Beweise derselben stellen daher
nichts dar, als die entgegengesetzten Behauptungen, daß eine Grenze
ist, und daß die Grenze eben so sehr nur eine aufgehobene ist; daß die
Grenze ein Jenseits hat, mit dem sie aber in Beziehung steht, wohin
über sie hinauszugehen ist, worin aber wieder eine solche Grenze
entsteht, die keine ist.

Die Auflösung dieser Antinomien ist, wie die der obigen,
transcendental, das heißt, sie besteht in der Behauptung der Idealität
des Raums und der Zeit, als Formen der Anschauung, in dem Sinne, daß
die Welt an ihr selbst nicht im Widerspruch mit sich, nicht ein sich
Aufhebendes, sondern nur das Bewußtseyn in seinem Anschauen und in der
Beziehung der Anschauung auf Verstand und Vernunft, ein sich selbst
widersprechendes Wesen sey. Es ist dieß eine zu große Zärtlichkeit für
die Welt, von ihr den Widerspruch zu entfernen, ihn dagegen in den
Geist, in die Vernunft, zu verlegen und darin unaufgelöst bestehen zu
lassen. In der That ist es der Geist, der so stark ist, den Widerspruch
ertragen zu können, aber er ist es auch, der ihn aufzulösen weiß. Die
sogenannte Welt aber (sie heiße objektive, reale Welt, oder nach dem
transcendentalen Idealismus subjektives Anschauen, und durch die
Verstandes-Kategorie bestimmte Sinnlichkeit), entbehrt darum des
Widerspruchs nicht und nirgends, vermag ihn aber nicht zu ertragen und
ist darum dem Entstehen und Vergehen preisgegeben.

c. Die Unendlichkeit des Quantums.

Das unendliche Quantum, als Unendlichgroßes oder Unendlichkleines, ist
selbst an sich der unendliche Progreß; es ist Quantum als ein Großes
oder Kleines, und ist zugleich Nichtseyn des Quantums. Das
Unendlichgroße und Unendlichkleine sind daher Bilder der Vorstellung,
die bei näherer Betrachtung sich als nichtiger Nebel und Schatten
zeigen. Im unendlichen Progreß aber ist dieser Widerspruch explicite
vorhanden, und damit das, was die Natur des Quantums ist, das als
intensive Größe seine Realität erreicht hat, und in seinem Daseyn nun
gesetzt, wie es in seinem Begriffe ist. Diese Identität ist es, die zu
betrachten ist.

Das Quantum als Grad ist einfach, auf sich bezogen und als an ihm
selbst bestimmt. Indem durch diese Einfachheit das Andersseyn und die
Bestimmtheit an ihm aufgehoben ist, ist diese ihm äußerlich; es hat
seine Bestimmtheit außer ihm. Dieß sein Außersichseyn ist zunächst das
abstrakte Nichtseyn des Quantums überhaupt, die schlechte
Unendlichkeit. Aber ferner ist dieß Nichtseyn auch ein Großes, das
Quantum kontinuirt sich in sein Nichtseyn, denn es hat eben seine
Bestimmtheit in seiner Äußerlichkeit; diese seine Äußerlichkeit ist
daher eben so sehr selbst Quantum; jenes sein Nichtseyn, die
Unendlichkeit, wird so begrenzt, d. h. dieß Jenseits wird aufgehoben,
dieses ist selbst als Quantum bestimmt, das hiermit in seiner Negation
bei sich selbst ist.

Dieß ist aber das, was das Quantum als solches an sich ist. Denn es ist
eben es selbst durch sein Äußerlichseyn; die Äußerlichkeit macht das
aus, wodurch es Quantum, bei sich selbst, ist. Es ist also im
unendlichen Progresse der Begriff des Quantums gesetzt.

Nehmen wir ihn zunächst in seinen abstrakten Bestimmungen wie sie
vorliegen, so ist in ihm das Aufheben des Quantums, aber eben so sehr
seines Jenseits, also die Negation des Quantums sowohl, als die
Negation dieser Negation vorhanden. Seine Wahrheit ist ihre Einheit,
worin sie, aber als Momente, sind.—Sie ist die Auflösung des
Widerspruchs, dessen Ausdruck er ist, und ihr nächster Sinn somit die
Wiederherstellung des Begriffs der Größe, daß sie gleichgültige oder
äußerliche Grenze ist. Im unendlichen Progresse als solchem pflegt nur
darauf reflektirt zu werden, daß jedes Quantum, es sey noch so groß
oder klein, verschwinden, daß über dasselbe muß hinausgegangen werden
können; aber nicht darauf, daß dieß sein Aufheben, das Jenseits, das
schlecht-Unendliche selbst auch verschwindet.

Schon das erste Aufheben, die Negation der Qualität überhaupt, wodurch
das Quantum gesetzt wird, ist an sich das Aufheben der Negation,—das
Quantum ist aufgehobene qualitative Grenze, somit aufgehobene
Negation,—aber es ist zugleich nur an sich dieß; gesetzt ist es als ein
Daseyn, und dann ist seine Negation als das Unendliche fixirt, als das
Jenseits des Quantums, welches als ein Diesseits steht, als ein
Unmittelbares; so ist das Unendliche nur als erste Negation bestimmt,
und so erscheint es im unendlichen Progresse. Es ist gezeigt worden,
daß aber in diesem mehr vorhanden ist, die Negation der Negation, oder
das, was das Unendliche in Wahrheit ist. Es ist dieß vorhin so
angesehen worden, daß der Begriff des Quantums damit wieder hergestellt
ist; diese Wiederherstellung heißt zunächst, daß sein Daseyn seine
nähere Bestimmung erhalten hat; es ist nämlich das nach seinem Begriff
bestimmte Quantum entstanden, was verschieden ist, von dem
unmittelbaren Quantum, die Äußerlichkeit ist nun das Gegentheil ihrer
selbst, als Moment der Größe selbst gesetzt,—das Quantum so, daß es
vermittelst seines Nichtseyns, der Unendlichkeit, in einem anderen
Quantum seine Bestimmtheit habe, d. i. qualitativ das ist, was es ist.
Jedoch gehört diese Vergleichung des Begriffs des Quantums mit seinem
Daseyn mehr unserer Reflexion, einem Verhältniß, das hier noch nicht
vorhanden ist, an. Die zunächst liegende Bestimmung ist, daß das
Quantum zur Qualität zurückgekehrt, nunmehr qualitativ bestimmt ist.
Denn seine Eigenthümlichkeit, Qualität, ist die Äußerlichkeit,
Gleichgültigkeit der Bestimmtheit; und es ist nun gesetzt, als in
seiner Äußerlichkeit vielmehr es selbst zu seyn, darin sich auf sich
selbst zu beziehen, in einfacher Einheit mit sich, d. i. qualitativ
bestimmt zu seyn.—dieß Qualitative ist noch näher bestimmt, nämlich als
Fürsichseyn; denn die Beziehung auf sich selbst, zu der es gekommen,
ist aus der Vermittelung, der Negation der Negation, hervorgegangen.
Das Quantum hat die Unendlichkeit, das Fürsichbestimmtseyn nicht mehr
außer ihm, sondern an ihm selbst.

Das Unendliche, welches im unendlichen Progresse nur die leere
Bedeutung eines Nichtsseyns, eines unerreichten, aber gesuchten
Jenseits hat, ist in der That nicht anderes als die Qualität. Das
Quantum geht als gleichgültige Grenze über sich hinaus ins Unendliche;
es sucht damit nichts Anderes, als das Fürsichbestimmtseyn, das
qualitative Moment, das aber so nur ein Sollen ist. Seine
Gleichgültigkeit gegen die Grenze, damit sein Mangel an fürsichseyender
Bestimmtheit und sein Hinausgehen über sich ist, was das Quantum zum
Quantum macht; jenes sein Hinausgehen soll negirt werden und im
Unendlichen sich seine absolute Bestimmtheit finden.

Ganz überhaupt: das Quantum ist die aufgehobene Qualität; aber das
Quantum ist unendlich, geht über sich hinaus, es ist die Negation
seiner; dieß sein Hinausgehen ist also an sich die Negation der
negirten Qualität, die Wiederherstellung derselben; und gesetzt ist
dieß, daß die Äußerlichkeit, welche als Jenseits erschien, als das
eigene Moment des Quantums bestimmt ist.

Das Quantum ist hiermit gesetzt als von sich repellirt, womit also zwei
Quanta sind, diejedoch aufgehoben, nur als Momente einer Einheit sind,
und diese Einheit ist die Bestimmtheit des Quantums.—Dieses so in
seiner Äußerlichkeit als gleichgültige Grenze auf sich bezogen, hiermit
qualitativ gesetzt, ist das quantitative Verhältniß.—Im Verhältnisse
ist das Quantum sich äußerlich, von sich selbst verschieden; diese
seine Äußerlichkeit ist die Beziehung eines Quantums auf ein anderes
Quantum, deren jedes nur gilt in dieser seiner Beziehung auf sein
Anderes; und diese Beziehunng macht die Bestimmtheit des Quantums aus,
das als solche Einheit ist.

Es hat darin nicht eine gleichgültige, sondern qualitative Bestimmung;
ist in dieser seiner Äußerlichkeit in sich zurückgekehrt, ist in
derselben, das was es ist.

Anmerkung 1. Die Begriffsbestimmtheit des mathematischen Unendlichen.

Das mathematische Unendliche ist eines Theils interessant durch die
Erweiterung der Mathematik und die großen Resultate, welche seine
Einführung in dieselbe hervorgebracht hat; andern Theils aber ist es
dadurch merkwürdig, daß es dieser Wissenschaft noch nicht gelungen ist,
sich über den Gebrauch desselben durch den Begriff (Begriff im
eigentlichen Sinne genommen) zu rechtfertigen. Die Rechtfertigungen
beruhen am Ende auf der Richtigkeit der mit Hülfe jener Bestimmung sich
ergebenden Resultate, welche aus sonstigen Gründen erwiesen ist; nicht
aber auf der Klarheit des Gegenstandes und der Operation, durch welche
die Resultate herausgebracht werden, sogar daß die Operation vielmehr
selbst als unrichtig zugegeben wird.

Dieß ist schon ein Mißstand an und für sich; ein solches Verfahren ist
unwissenschaftlich. Es führt aber auch den Nachtheil mit sich, daß die
Mathematik, indem sie die Natur dieses ihres Instruments nicht kennt,
weil sie mit der Metaphysik und Kritik desselben nicht fertig ist, den
Umfang seiner Anwendung nicht bestimmen, und von Misbräuchen desselben
sich nicht sichern konnte.

In philosophischer Rücksicht aber ist das mathematische Unendliche
darum wichtig, weil ihm in der That der Begriff des wahrhaften
Unendlichen zu Grunde liegt und es viel höher steht, als das gewöhnlich
sogenannte metaphysische Unendliche, von dem aus die Einwürfe gegen
ersteres gemacht werden. Gegen diese Einwürfe weiß sich die
Wissenschaft der Mathematik häufig nur dadurch zu retten, daß sie die
Kompetenz der Metaphysik verwirft, indem sie behauptet, mit dieser
Wissenschaft nichts zu schaffen und sich um deren Begriffe nicht zu
bekümmern zu haben, wenn sie nur auf ihrem eigenen Boden konsequent
verfahre. Sie habe nicht zu betrachten, was an sich, sondern was auf
ihrem Felde das Wahre sey. Die Metaphysik weiß die glänzenden Resultate
des Gebrauchs des mathematischen Unendlichen bei ihrem Widerspruche
gegen dasselbe nicht zu läugnen oder umzustoßen, und die Mathematik
weiß mit der Metaphysik ihres eigenen Begriffs und daher auch mit der
Ableitung der Verfahrensweisen, die der Gebrauch des Unendlichen nöthig
macht, nicht ins Reine zu kommen.

Wenn es die einzige Schwierigkeit des Begriffs überhaupt wäre, von der
die Mathematik gedrückt würde, so könnte sie diesen ohne Umstände auf
der Seite liegen lassen, insofern nämlich der Begriff mehr ist, als nur
die Angabe der wesentlichen Bestimmtheiten, d. i. der
Verstandesbestimmungen einer Sache, und an der Schärfe dieser
Bestimmtheiten hat sie es nicht fehlen lassen; denn sie ist nicht eine
Wissenschaft, die es mit den Begriffen ihrer Gegenstände zu thun, und
durch die Entwickelung des Begriffs, wenn auch nur durch Raisonnement,
ihren Inhalt zu erzeugen hätte. Allein bei der Methode ihres
Unendlichen findet sie den Hauptwiderspruch an der eigenthümlichen
Methode selbst, auf welcher sie überhaupt als Wissenschaft beruht. Denn
die Rechnung des Unendlichen erlaubt und erfordert Verfahrungsweisen,
welche die Mathematik bei Operationen mit endlichen Größen durchaus
verwerfen muß, und zugleich behandelt sie ihre unendlichen Größen, wie
endliche Quanta, und will auf jene dieselben Verfahrungsweisen
anwenden, welche bei diesen gelten; es ist eine Hauptseite der
Ausbildung dieser Wissenschaft, für die transcendenten Bestimmungen und
deren Behandlung, die Form des gewöhnlichen Kalkuls gewonnen zu haben.

Die Mathematik zeigt bei diesem Widerstreite ihrer Operationen, daß
Resultate, die sie dadurch findet, ganz mit denen übereinstimmen,
welche durch die eigentlich mathematische, die geometrische und
analytische, Methode gefunden werden. Aber Theils betrifft dieß nicht
alle Resultate, und der Zweck der Einführung des Unendlichen ist nicht
allein, den gewöhnlichen Weg abzukürzen, sondern zu Resultaten zu
gelangen, die durch diesen nicht geleistet werden können. Theils
rechtfertigt der Erfolg die Manier des Wegs nicht für sich. Diese
Manier aber der Rechnung des Unendlichen zeigt sich durch den Schein
der Ungenauigkeit gedrückt, den sie sich giebt, indem sie endliche
Größen um eine unendlich kleine Größe das eine Mal vermehrt, diese in
der fernern Operation zum Theil beibehält, aber einen Theil derselben
auch vernachlässigt. Dieß Verfahren enthält die Sonderbarkeit, daß der
eingestandenen Ungenauigkeit unerachtet, ein Resultat herauskommt, das
nicht nur ziemlich und so nahe, daß der Unterschied außer Acht gelassen
werden könnte, sondern vollkommen genau ist. In der Operation selbst
aber, die dem Resultate vorher geht, kann die Vorstellung nicht
entbehrt werden, daß Einiges nicht gleich Null, aber so unbeträchtlich
sey, um außer Acht gelassen werden zu können. Allein bei dem, was unter
mathematischer Bestimmtheit zu verstehen ist, fällt aller Unterschied
einer größern oder geringern Genauigkeit gänzlich hinweg, wie in der
Philosophie nicht von größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeit,
sondern von der Wahrheit allein die Rede seyn kann. Wenn die Methode
und der Gebrauch des Unendlichen durch den Erfolg gerechtfertigt wird,
so ist es nicht so überflüssig dessen ungeachtet die Rechtfertigung
derselben zu fordern, als es bei der Nase überflüssig scheint, nach dem
Erweise des Rechts, sich ihrer zu bedienen, zu fragen. Denn es ist bei
der mathematischen als einer wissenschaftlichen Erkenntniß wesentlich
um den Beweis zu thun, und auch in Ansehung der Resultate ist es der
Fall, daß die streng mathematische Methode nicht zu allen den Beleg des
Erfolgs liefert, der aber ohnehin nur ein äußerlicher Beleg ist.

Es ist der Mühe werth, den mathematischen Begriff des Unendlichen und
die merkwürdigsten Versuche näher zu betrachten, welche die Absicht
haben, den Gebrauch desselben zu rechtfertigen und die Schwierigkeit,
von der sich die Methode gedrückt fühlt, zu beseitigen. Die Betrachtung
dieser Rechtfertigungen und Bestimmungen des mathematischen
Unendlichen, welche ich in dieser Anmerkung weitläufiger anstellen
will, wird zugleich das beste Licht auf die Natur des wahren Begriffes
selbst werfen, und zeigen, wie er ihnen vorgeschwebt und zu Grunde
gelegen hat.

Die gewöhnliche Bestimmung des mathematischen Unendlichen ist, daß es
eine Größe sey, über welche es,—wenn sie als das Unendlichgroße—keine
größere oder,—wenn sie als das Unendlichkleine bestimmt ist—kleinere
mehr gebe, oder die, in jenem Falle, größer, in diesem Falle kleiner
sey, als jede beliebige Größe.—In dieser Definition ist freilich der
wahre Begriff nicht ausgedrückt, vielmehr nur, wie schon bemerkt,
derselbe Widerspruch, der im unendlichen Progresse ist; aber sehen wir,
was an sich darin enthalten ist. Eine Größe wird in der Mathematik
definirt, daß sie etwas sey, das vermehrt und vermindert werden könne;
überhaupt also eine gleichgültige Grenze. Indem nun das Unendlich Große
oder Kleine ein solches ist, das nicht mehr vermehrt oder vermindert
werden könne, so ist es in der That kein Quantum als solches mehr.

Diese Konsequenz ist nothwendig und unmittelbar. Aber die Reflexion,
daß das Quantum,—und ich nenne in dieser Anmerkung Quantum überhaupt,
wie es ist, das endliche Quantum,—aufgehoben ist, ist es, welche nicht
gemacht zu werden pflegt und die für das gewöhnliche Begreifen die
Schwierigkeit ausmacht, indem das Quantum, indem es unendlich ist, als
ein Aufgehobenes, als ein solches zu denken gefordert wird, das nicht
ein Quantum ist, und dessen quantitative Bestimmtheit doch bleibt.

Um das anzuführen, wie Kant jene Bestimmung beurtheilt,[9] so findet er
sie nicht übereinstimmend mit dem, was man unter einem unendlichen
Ganzen verstehe. "Nach dem gewöhnlichen Begriffe sey eine Größe
unendlich, über die keine größere (d. i. über die darin enthaltene
Menge einer gegebenen Einheit) möglich ist; es sey aber keine Menge die
größte, weil noch immer eine oder mehrere Einheiten hinzugefügt werden
können.—Durch ein unendliches Ganzes dagegen werde nicht vorgestellt,
wie groß es sey, mithin sey sein Begriff nicht der Begriff eines
Maximums (oder Minimums), sondern es werde dadurch nur sein Verhältniß
zu einer beliebig anzunehmenden Einheit gedacht, in Ansehung deren
dasselbe größer ist, als alle Zahl. Je nachdem diese Einheit größer
oder kleiner angenommen würde, würde das Unendliche größer oder kleiner
seyn; allein die Unendlichkeit, da sie bloß in dem Verhältnisse zu
dieser gegebenen Einheit bestehe, würde immer dieselbe bleiben,
obgleich Freilich die absolute Größe des Ganzen dadurch gar nicht
erkannt würde."

 [9] In der Anmerkung zur Thesis der ersten kosmologischen Antinomie,
 in der Kritik der reinen Vernunft.


Kant tadelt es, wenn unendliche Ganze als ein Maximum, als eine
vollendete Menge einer gegebenen Einheit angesehen werden. Das Maximum
oder Minimum als solches erscheint noch immer als ein Quantum, eine
Menge. Solche Vorstellung kann die von Kant angeführte Konsequenz nicht
ablehnen, die auf ein größeres oder kleineres Unendliches führt.
Überhaupt indem das Unendliche als Quantum vorgestellt wird, gilt noch
für dasselbe der Unterschied eines Größern oder Kleinern. Allein diese
Kritik trifft nicht den Begriff des wahrhaften mathematischen
Unendlichen, der unendlichen Differenz, denn diese ist kein endliches
Quantum mehr.

Kants Begriff der Unendlichkeit dagegen, den er den wahren
transcendentalen nennt, ist, "daß die successive Synthesis der Einheit
in Durchmessung eines Quantums niemals vollendet seyn könne." Es ist
ein Quantum überhaupt als gegeben vorausgesetzt; dieß solle durch das
Synthesiren der Einheit zu einer Anzahl, einem bestimmt anzugebenden
Quantum gemacht werden, aber dieß Synthesiren niemals vollendet werden
können. Hiermit ist wie erhellt, nichts als der Progreß ins Unendliche
ausgesprochen, nur transcendental, d. i. eigentlich subjektiv und
psychologisch vorgestellt. An sich soll zwar das Quantum vollendet
seyn, aber transcendentaler Weise, nämlich im Subjekte, welches ihm ein
Verhältniß zu einer Einheit giebt, entstehe nur eine solche Bestimmung
des Quantums, die unvollendet und schlechthin mit einem Jenseits
behaftet sey. Es wird also hier überhaupt beim Widerspruche, den die
Größe enthält, stehen geblieben, aber vertheilt an das Objekt und das
Subjekt, so daß jenem die Begrenztheit, diesem aber das Hinausgehen
über jede von ihm aufgefaßte Bestimmtheit, in das schlechte Unendliche
zukommt.

Es ist dagegen vorhin gesagt worden, daß die Bestimmung des
mathematischen Unendlichen und zwar wie es in der höhern Analysis
gebraucht wird, dem Begriffe des wahrhaften Unendlichen entspricht; die
Zusammenstellung beider Bestimmungen soll nun in ausführlicher
Entwickelung vorgenommen werden.—Was zuerst das wahrhafte unendliche
Quantum betrifft, so bestimmte es sich als an ihm selbst unendlich; es
ist dieß, indem, wie sich ergeben hat, das endliche Quantum oder das
Quantum überhaupt, und sein Jenseits, das schlechte Unendliche, auf
gleiche Weise aufgehoben sind. Das aufgehobene Quantum ist damit in die
Einfachheit und in die Beziehung auf sich selbst zurückgegangen, aber
nicht nur wie das extensive, indem es in intensives Quantum überging,
das seine Bestimmtheit nur an sich an einer äußern Vielfachheit hat,
gegen die es jedoch gleichgültig und wovon es verschieden seyn soll.
Das unendliche Quantum enthält vielmehr erstens die Äußerlichkeit und
zweitens die Negation derselben an ihm selbst; so ist es nicht mehr
irgend ein endliches Quantum, nicht eine Größebestimmtheit, die ein
Daseyn als Quantum hätte, sondern es ist einfach, und daher nur als
Moment; es ist eine Größebestimmtheit in qualitativer Form; seine
Unendlichkeit ist, als eine qualitative Bestimmtheit zu seyn.—So als
Moment ist es in wesentlicher Einheit mit seinem Andern, nur als
bestimmt durch dieses sein Anderes, d. i. es hat nur Bedeutung in
Beziehung auf ein im Verhältniß mit ihm Stehendes. Außer diesem
Verhältnisse ist es Null; —da gerade das Quantum als solches gegen das
Verhältniß gleichgültig, in ihm doch eine unmittelbare ruhende
Bestimmung seyn soll. In dem Verhältnisse als nur Moment ist es nicht
ein für sich Gleichgültiges; es ist, in der Unendlichkeit als
Fürsichseyn, indem es zugleich eine quantitative Bestimmtheit ist, nur
als ein Für-Eines.

Der Begriff des Unendlichen, wie er sich hier abstrakt exponirt hat,
wird sich zeigen, dem mathematischen Unendlichen zu Grunde liegen, und
er selbst wird deutlicher werden, indem wir die verschiedenen Stufen
des Ausdrucks des Quantums als eines Verhältniß-Moments betrachten, von
der untersten an, wo es noch zugleich Quantum als solches ist, bis zu
der höhern, wo es die Bedeutung und den Ausdruck eigentlicher
unendlicher Größe erhält.

Nehmen wir also zuerst das Quantum in dem Verhältnisse, wie es eine
gebrochene Zahl ist. Solcher Bruch 2/7 z.B. ist nicht ein Quantum wie
1, 2, 3 u.s.f., zwar eine gewöhnliche endliche Zahl, jedoch nicht eine
unmittelbare, wie die ganzen Zahlen, sondern als Bruch mittelbar
bestimmt durch zwei andere Zahlen, die Anzahl und Einheit gegeneinander
sind, wobei auch die Einheit eine bestimmte Anzahl ist. Aber von dieser
nähern Bestimmung derselben gegeneinander abstrahirt, und sie bloß nach
dem, was ihnen in der qualitativen Beziehung, in der sie hier sind, als
Quantis widerfährt, betrachtet, so sind 2 und 7 sonst gleichgültige
Quanta; indem sie aber hier nur als Momente, eines des andern, und
damit eines Dritten (des Quantums, das der Exponent heißt) auftreten,
so gelten sie sogleich nicht als 2 und 7, sondern nur nach ihrer
Bestimmtheit gegeneinander. Statt ihrer kann darum eben so gut 4 und
14, oder 6 und 21 u.s.f. ins Unendliche gesetzt werden. Hiermit fangen
sie also an, einen qualitativen Charakter zu haben. Gälten sie als
bloße Quanta, so ist 2 und 7, schlechthin das eine nur 2, das andere
nur 7; 4, 14, 6, 21 u.s.f. sind schlechthin etwas Anderes als jene
Zahlen, und können insofern sie nur unmittelbare Quanta wären, die
einen nicht an die Stelle der anderen gesetzt werden. Insofern aber und
nicht nach der Bestimmtheit, solche Quanta zu seyn, gelten, so ist ihre
gleichgültige Grenze aufgehoben; sie haben somit, nach dieser Seite,
das Moment der Unendlichkeit an ihnen, indem sie nicht bloß eben nicht
mehr sie sind, sondern ihre quantitative Bestimmtheit, aber als eine an
sich seyende qualitative,—nämlich nach dem, was sie im Verhältnisse
gelten,—bleibt. Es können unendlich viele andere an ihre Stelle gesetzt
werden, so daß der Werth des Bruches durch, die Bestimmtheit, welche
das Verhältniß hat, sich nicht ändert.

Die Darstellung, welche die Unendlichkeit an einem Zahlenbruche hat,
ist aber darum noch unvollkommen, weil die beiden Seiten des Bruchs, 2
und 7, aus dem Verhältnisse genommen werden können, und gewöhnliche
gleichgültige Quanta sind; die Beziehung derselben, im Verhältnisse und
Momente zu seyn, ist ihnen etwas Äußerliches und Gleichgültiges. Ebenso
ist ihre Beziehung selbst ein gewöhnliches Quantum, der Exponent des
Verhältnisses.

Die Buchstaben, mit denen in der allgemeinen Arithmetik operirt wird,
die nächste Allgemeinheit, in welche die Zahlen erhoben werden, haben
die Eigenschaft nicht, daß sie von einem bestimmten Zahlenwerth sind;
sie sind nur allgemeine Zeichen und unbestimmte Möglichkeiten jedes
bestimmten Werthes. Der Bruch a/b scheint daher ein passenderer
Ausdruck des Unendlichen zu seyn, weil a und b aus ihrer Beziehung
aufeinander genommen, unbestimmt bleiben, und auch getrennt keinen
besonderen eigenthümlichen Werth haben.—Allein diese Buchstaben sind
zwar als unbestimmte Größen gesetzt; ihr Sinn aber ist, daß sie irgend
ein endliches Quantum seyen. Da sie also zwar die allgemeine
Vorstellung, aber nur von der bestimmten Zahl sind, so ist es ihnen
ebenfalls gleichgültig, im Verhältnisse zu seyn, und außer demselben
behalten sie diesen Werth.

Betrachten wir noch näher, was im Verhältnisse vorhanden ist, so hat es
die beiden Bestimmungen an ihm, erstlich ein Quantum zu seyn, dieses
aber ist zweitens nicht als ein unmittelbares, sondern das den
qualitativen Gegensatz an ihm hat; es bleibt in demselben zugleich
jenes bestimmte, gleichgültige Quantum dadurch, daß es aus seinem
Andersseyn, dem Gegensatze, in sich zurückgekehrt, somit auch ein
Unendliches ist. Diese beiden Bestimmungen stellen sich in der
folgenden bekannten Form, in ihrem Unterschiede von einander entwickelt
dar.

Der Bruch 2/7 kann ausgedrückt werden als 0,285714…als 1 + a + a[hoch2]
+ a[hoch3] u.s.f. So ist er als eine unendliche Reihe; der Bruch selbst
heißt die Summe oder der endliche Ausdruck derselben. Vergleichen wir
die beiden Ausdrücke, so stellt der eine, die unendliche Reihe, ihn
nicht mehr als Verhältniß, sondern nach der Seite dar, daß er ein
Quantum ist als eine Menge von solchen, die zu einander hinzukommen,
als eine Anzahl.—Daß die Größen, die ihn als Anzahl ausmachen sollen,
wieder aus Decimalbrüchen, also selbst aus Verhältnissen bestehen,
darauf kommt es hier nicht an; denn dieser Umstand betrifft die
besondere Art der Einheit dieser Größen, nicht sie, insofern sie die
Anzahl constituiren; wie auch eine aus mehreren Ziffern bestehende
ganze Zahl des Decimalsystems wesentlich als eine Anzahl gilt, und
nicht darauf gesehen wird, daß sie aus Produkten einer Zahl und der
Zahl Zehen und deren Potenzen besteht. So wie es hier auch nicht darauf
ankommt, daß es andere Brüche giebt als der z. B. genommene 2/7, die zu
Dezimalbrüchen gemacht, nicht eine unendliche Reihe geben; jeder aber
kann für ein Zahlensystem von anderer Einheit als eine solche
ausgedrückt werden.

Indem nun in der unendlichen Reihe, die den Bruch als Anzahl darstellen
soll, die Seite, daß er Verhältniß ist, verschwindet, so verschwindet
auch die Seite, nach welcher er, wie vorhin gezeigt, die Unendlichkeit
an ihm hatte. Diese aber ist auf eine andere Weise hereingekommen; die
Reihe ist nämlich selbst unendlich.

Von welcher Art nun die Unendlichkeit der Reihe sey, erhellt von
selbst; es ist die schlechte Unendlichkeit des Progresses. Die Reihe
enthält und stellt den Widerspruch dar, etwas, das ein Verhältniß ist
und qualitative Natur in ihm hat, als ein Verhältnißloses, als ein
bloßes Quantum, als Anzahl, darzustellen. Die Folge davon ist, daß an
der Anzahl, die in der Reihe ausgedrückt ist, immer etwas fehlt, so daß
über das, was gesetzt ist, immer hinausgegangen werden muß, um die
geforderte Bestimmtheit zu erreichen. Das Gesetz des Fortgangs ist
bekannt, es liegt in der Bestimmung des Quantums, die im Bruche
enthalten ist, und in der Natur der Form, in der sie ausgedrückt werden
soll. Die Anzahl kann wohl durch Fortsetzung der Reihe so genau gemacht
werden, als man nöthig hat; aber immer bleibt die Darstellung durch sie
nur ein Sollen; sie ist mit einem Jenseits behaftet, das nicht
aufgehoben werden kann, weil ein auf qualitativer Bestimmtheit
beruhendes als Anzahl auszudrücken der bleibende Widerspruch ist.

In dieser unendlichen Reihe ist jene Ungenauigkeit wirklich vorhanden,
von der am wahrhaften mathematischen Unendlichen nur der Schein
vorkommt. Diese beiden Arten des mathematischen Unendlichen sind so
wenig zu verwechseln, als die beiden Arten des philosophischen
Unendlichen. Bei der Darstellung des wahrhaften mathematischen
Unendlichen ist anfangs die Form der Reihe gebraucht oder auch
neuerlich wieder hervorgerufen worden. Aber sie ist für dasselbe nicht
nothwendig; im Gegentheil ist das Unendliche der unendlichen Reihe
wesentlich von jenem unterschieden, wie die Folge zeigen soll. Diese
vielmehr steht sogar dem Ausdrucke des Bruches nach.

Die unendliche Reihe enthält nämlich die schlechte Unendlichkeit, weil
das, was die Reihe ausdrücken soll, ein Sollen bleibt; und was sie
ausdrückt, mit einem Jenseits, das nicht verschwindet, behaftet und
verschieden von dem ist, was ausgedrückt werden soll. Sie ist unendlich
nicht um der Glieder willen, die gesetzt sind, sondern darum, weil sie
unvollständig sind, weil das Andere, das zu ihnen wesentlich gehört,
jenseits ihrer ist; was in ihr da ist, der gesetzten Glieder mögen so
viele seyn als wollen, ist nur ein Endliches, im eigentlichen Sinne,
gesetzt als Endliches, d. i. als solches, das nicht ist, was es seyn
soll. Dagegen ist aber das, was der endliche Ausdruck, oder die Summe
solcher Reihe genannt wird, ohne Mangel; er enthält den Werth, den die
Reihe nur sucht, vollständig; das Jenseits ist aus der Flucht
zurückgerufen; was er ist, und was er seyn soll, ist nicht getrennt,
sondern ist dasselbe.

Das beide Unterscheidende liegt näher sogleich darin, daß in der
unendlichen Reihe das Negative außerhalb ihrer Glieder ist, welche
Gegenwart haben, indem sie nur als Theile der Anzahl gelten. In dem
endlichen Ausdrucke dagegen, der ein Verhältniß ist, ist das Negative
immanent, als das Bestimmtseyn der Seiten des Verhältnisses
durcheinander, welches ein in sich Zurückgekehrtseyn, sich auf sich
beziehende Einheit, als Negation der Negation (beide Seiten des
Verhältnisses sind nur als Momente), ist, hiermit die Bestimmung der
Unendlichkeit in sich hat.—Zu der That ist also die gewöhnlich
sogenannte Summe, das 2/7 oder 1/1-a', ein Verhältniß; und dieser
sogenannte endliche Ausdruck ist der wahrhaft unendliche Ausdruck. Die
unendliche Reihe dagegen ist in Wahrheit Summe; ihr Zweck ist, das was
an sich Verhältniß ist, in der Form einer Summe darzustellen, und die
vorhandenen Glieder der Reihe sind nicht als Glieder eines
Verhältnisses, sondern eines Aggregats. Sie ist ferner vielmehr der
endliche Ausdruck; denn sie ist das unvollkommene Aggregat, und bleibt
wesentlich ein Mangelhaftes. Sie ist nach dem, was in ihr da ist, ein
bestimmtes Quantum, zugleich aber ein geringeres, als sie seyn soll;
alsdann auch das, was ihr fehlt, ist ein bestimmtes Quantum; dieser
fehlende Theil ist in der That das, was das Unendliche an der Reihe
heißt, nach der nur formellen Seite, daß er ein Fehlendes, ein
Nichtseyn ist; nach seinem Inhalte ist er ein endliches Quantum. Das
was in der Reihe da ist, zusammen mit dem was ihr fehlt, macht erst das
aus, was der Bruch ist, das bestimmte Quantum, das sie gleichfalls seyn
soll, aber zu seyn nicht vermag. —Das Wort: Unendlich, pflegt, auch in
der unendlichen Reihe, in der Meinung etwas Hohes und Hehres zu seyn;
es ist dieß eine Art von Aberglauben, der Aberglaube des Verstands; man
hat gesehen, wie es sich vielmehr auf die Bestimmung der
Mangelhaftigkeit reducirt.

Daß es, kann noch bemerkt werden, unendliche Reihen giebt, die nicht
summirbar sind, ist in Bezug auf die Form von Reihe überhaupt ein
äußerlicher und zufälliger Umstand. Sie enthalten eine höhere Art der
Unendlichkeit, als die summirbaren; nämlich eine Incommensurabilität,
oder die Unmöglichkeit, das darin enthaltene quantitative Verhältniß
als ein Quantum, sey es auch als Bruch, darzustellen; die Form der
Reihe aber als solche, die sie haben, enthält dieselbe Bestimmung der
schlechten Unendlichkeit, welche in der summirbaren Reihe ist.

Die so eben am Bruche und an seiner Reihe bemerkte Verkehrung in
Ansehung des Ausdrucks findet auch Statt, insofern das mathematische
Unendliche nämlich nicht das so eben genannte sondern das wahrhafte,
das relative Unendliche,—das gewöhnliche metaphysische dagegen,
worunter das abstrakte, schlechte Unendliche verstanden wird, das
absolute genannt worden ist. In der That ist vielmehr dieses
metaphysische nur das relative, weil die Negation, die es ausdrückt,
nur so im Gegensatze einer Grenze ist, daß diese außer ihm bestehen
bleibt, und von ihm nicht aufgehoben wird; das mathematische Unendliche
hingegen hat die endliche Grenze wahrhaft in sich aufgehoben, weil das
Jenseits derselben mit ihr vereinigt ist.

In dem Sinne, in welchem aufgezeigt worden, daß die sogenannte Summe
oder der endliche Ausdruck einer unendlichen Reihe, vielmehr als der
unendliche anzusehen ist, ist es vornehmlich, daß Spinoza den Begriff
der wahren Unendlichkeit gegen den der schlechten aufstellt und durch
Beispiele erläutert. Sein Begriff gewinnt am neisten Licht, indem ich
das, was er hierüber sagt, an diese Entwickelung anschließe.

Er definirt zunächst das Unendliche als die absolute Affirmation der
Existenz irgend einer Natur, das Endliche im Gegentheil als
Bestimmtheit, als Verneinung. Die absolute Affirmation einer Existenz
ist nämlich als ihre Beziehung auf sich selbst zu nehmen, nicht dadurch
zu seyn, daß ein Anderes ist; das Endliche hingegen ist die Verneinung,
ein Aufhören als Beziehung auf ein Anderes, das außer ihm anfängt. Die
absolute Affirmation einer Existenz erschöpft nun zwar den Begriff der
Unendlichkeit nicht; dieser enthält, daß die Unendlichkeit Affirmation
ist, nicht als unmittelbare, sondern nur als wiederhergestellte durch
die Reflexion des Anderen in sich selbst, oder als Negation des
Negativen. Aber bei Spinoza hat die Substanz und deren absolute Einheit
die Form von unbewegter d. i. nicht sich mit sich selbst vermittelnder
Einheit, von einer Starrheit, worin der Begriff der negativen Einheit
des Selbst, die Subjektivität, sich noch nicht findet.

Das mathematische Beispiel, womit er das wahre Unendliche (Epist.
XXIX.) erläutert, ist ein Raum zwischen zwei ungleichen Kreisen, deren
einer innerhalb des andern, ohne ihn zu berühren, fällt, und die nicht
koncentrisch sind. Er machte, wie es scheint, sich viel aus dieser
Figur und dem Begriffe als deren Beispiel er sie gebrauchte, daß er sie
zum Motto seiner Ethik machte.—"Die Mathematiker, sagt er, schließen,
daß die Ungleichheiten, die in einem solchen Raume möglich sind,
unendlich sind, nicht aus der unendlichen Menge der Theile, denn seine
Größe ist bestimmt und begrenzt, und ich kann größere und kleinere
solche Räume setzen, sondern weil die Natur der Sache jede Bestimmtheit
übertrift."—Man sieht, Spinoza verwirftjene Vorstellung vom
Unendlichen, nach welcher es als Menge oder als Reihe vorgestellt wird,
die nicht vollendet ist, und erinnert, daß hier an dem Raume des
Beispiels das Unendliche nichtjenseits, sondern gegenwärtig und
vollständig ist; dieser Raum ist ein Begrenztes, aber darum ein
Unendliches, "weil die Natur der Sache jede Bestimmtheit übersteigt,"
weil die darin enthaltene Größenbestimmung zugleich nicht als ein
Quantum darstellbar ist, oder nach obigem kantischen Ausdruck das
Synthesiren nicht zu einem—diskreten—Quantum vollendet werden kann.—Wie
überhaupt der Gegensatz von kontinuirlichem und diskretem Quantum auf
das Unendliche führt, soll in einer spätern Anmerkung auseinander
gesetzt werden.—Jenes Unendliche einer Reihe nennt Spinoza das
Unendliche der Imagination; das Unendliche hingegen als Beziehung auf
sich selbst, das Unendliche des Denkens oder infinitum actu. Es ist
nämlich actu, es ist wirklich unendlich, weil es in sich vollendet und
gegenwärtig ist. So ist die Reihe, 0,285714… oder 1 + a + a[hoch 2] +
a[hoch 3]… das Unendliche bloß der Einbildung oder des Meinens; denn es
hat keine Wirklichkeit, es fehlt ihm schlechthin etwas; hingegen 2/7
oder 1/1-a ist das wirklich, nicht nur was die Reihe in ihren
vorhandenen Gliedern ist, sondern noch das dazu, was ihr mangelt, was
sie nur seyn soll. Das 2/7 oder 1/1-a ist gleichfalls eine endliche
Größe, wie der zwischen den zwei Kreisen eingeschlossene Raum Spinoza's
und dessen Ungleichheiten; und kann wie dieser Raum größer oder kleiner
gemacht werden. Aber es kommt damit nicht die Ungereimtheit eines
größern oder kleinern Unendlichen heraus; denn dieß Quantum des Ganzen,
geht das Verhältniß seiner Momente, die Natur der Sache d. h. die
qualitative Größenbestimmung, nichts an; das was in der unendlichen
Reihe da ist, ist ebenso ein endliches Quantum, aber außerdem noch ein
Mangelhaftes.—Die Einbildung dagegen bleibt beim Quantum als solchem
stehen, und reflektirt nicht auf die qualitative Beziehung, welche den
Grund der vorhandenen Inkommensurabilität ausmacht.

Die Inkommensurabilität, welche in dem Beispiel Spinoza's liegt,
schließt überhaupt die Funktionen krummer Linien in sich, und führt
näher auf das Unendliche, das die Mathematik bei solchen Funktionen,
überhaupt bei den Funktionen veränderlicher Größen eingeführt hat, und
welches das wahrhafte mathematische, quantitative Unendliche ist, das
auch Spinoza sich dachte. Diese Bestimmung soll nun hier näher erörtert
werden.

Was vors erste die für so wichtig geltende Kategorie der
Veränderlichkeit betrifft, unter welche die in jenen Funktionen
bezogenen Größen gefaßt werden, so sollen sie zunächst veränderlich
nicht in dem Sinne seyn, wie im Bruche 2/7 die beiden Zahlen 2 und 7,
indem eben so sehr 4 und 14, 6 und 21 und so fort ins Unendliche andere
Zahlen an ihre Stelle gesetzt werden können, ohne den im Bruche
gesetzten Werth zu ändern. So kann noch mehr in a/b an die Stelle von a
und b jede beliebige Zahl gesetzt werden, ohne das zu ändern was a/b
ausdrücken soll. In dem Sinne nur, daß auch an die Stelle von x und y
einer Funktion eine unendliche d. h. unerschöpfliche Menge von Zahlen
gesetzt werden könne, sind a und b so sehr veränderliche Größe als
jene, x und y. Der Ausdruck: veränderliche Größen, ist darum sehr vage,
und unglücklich gewählt für Größebestimmungen, die ihr Interesse und
Behandlungsart in etwas in etwas ganz Anderem liegen haben, als in
ihrer bloßen Veränderlichkeit.

Um es deutlich zu machen, worin die wahrhafte Bestimmung der Momente
einer Funktion liegt, mit denen sich das Interesse der höhern Analysis
beschäftigt, müssen wir die bemerklich gemachten Stufen noch einmal
durchlaufen. In 2/7 oder a/b sind 2 und 7 jedes für sich, bestimmte
Quanta und die Beziehung ist ihnen nicht wesentlich; a und b soll
gleichfalls solche Quanta vorstellen, die auch außer dem Verhältnisse
bleiben, was sie sind. Ferner ist auch 2/7 und a/b ein fixes Quantum,
ein Quotient; das Verhältniß macht eine Anzahl aus, deren Einheit der
Nenner, und die Anzahl dieser Einheiten der Zähler—oder umgekehrt
ausdrückt; wenn auch 4 und 14 u.s.f. an die Stelle von 2 und 7 treten,
bleibt das Verhältniß auch als Quantum dasselbe. Dieß verändert sich
nun aber wesentlich in der Funktion y[hoch 2]/x = p z.B.; hier haben x
und y zwar den Sinn, bestimmte Quanta seyn zu können; aber nicht x und
y, sondern nur x und y[hoch 2] haben einen bestimmten Quotienten.

Dadurch sind diese Seiten des Verhältnisses, x und y, erstens nicht nur
keine bestimmten Quanta, sondern zweitens ihr Verhältniß ist nicht ein
fixes Quantum, (noch ist dabei ein solches wie bei a und b gemeint),
nicht ein fester Quotient, sondern er ist als Quantum schlechthin
veränderlich. Dieß aber ist allein darin enthalten, daß x nicht zu y
ein Verhältniß hat, sondern zum Quadrate von y. Das Verhältniß einer
Größe zur Potenz ist nicht ein Quantum, sondern wesentlich qualitatives
Verhältniß; das Potenzenverhältniß ist der Umstand, der als
Grundbestimmung anzusehen ist.—In der Function der geraden Linie y = a
x aber, ist x/y = a ein gewöhnlicher Bruch und Quotient; diese Funktion
ist daher nur formell eine Funktion von veränderlichen Größen, oder x
und y sind hier was a und b in a/b, sie sind nicht in derjenigen
Bestimmung, in welcher die Differential- und Integralrechnung sie
betrachtet.—Wegen der besondern Natur der veränderlichen Größen in
dieser Betrachtungsweise, wäre es zweckmäßig gewesen, für sie sowohl
einen besonderen Namen, als andere Bezeichnungen einzuführen, als die
gewöhnlichen der unbekannten Größen in jeder endlichen, bestimmten oder
unbestimmten Gleichung; um ihrer wesentlichen Verschiedenheit willen
von solchen bloß unbekannten Größen, die an sich vollkommen bestimmte
Quanta, oder ein bestimmter Umfang von bestimmten Quantis sind.—Es ist
auch nur der Mangel des Bewußtseyns, über die Eigenthümlichkeit dessen,
was das Interesse der höheren Analysis ausmacht und das Bedürfniß und
die Erfindung des Differential-Kalkuls herbeigeführt hat, daß
Funktionen des ersten Grades wie die Gleichung der geraden Linie in die
Behandlung dieses Kalkuls für sich mit hereingenommen werden; seinen
Antheil an solchem Formalismus hat ferner der Mißverstand, der die an
sich richtige Forderung der Verallgemeinerung einer Methode dadurch zu
erfüllen meint, daß die specifische Bestimmtheit, auf

die sich das Bedürfniß gründet, weggelassen wird, daß es dafür gilt,
als ob es sich in diesem Felde nur um veränderliche Größen überhaupt
handle. Es wäre wohl viel Formalismus in den Betrachtungen dieser
Gegenstände wie in der Behandlung erspart worden, wenn man eingesehen
hätte, daß derselbe nicht veränderliche Größen als solche, sondern
Potenzenbestimmungen betreffe.

Aber es ist noch eine weitere Stufe, auf der das mathematische
Unendliche in seiner Eigenthümlichkeit hervortritt. In einer Gleichung,
worin x und y zunächst als durch ein Potenzenverhältniß bestimmt,
gesetzt sind, sollen x und y als solche noch Quanta bedeuten; diese
Bedeutung nun geht vollends in den sogenannten unendlich kleinen
Differenzen gänzlich verloren. d x, d y sind keine Quanta mehr, noch
sollen sie solche bedeuten, sondern haben allein in ihrer Beziehung
eine Bedeutung, einen Sinn blos als Momente. Sie sind nicht mehr Etwas,
das Etwas als Quantum genommen, nicht endliche Differenzen; aber auch
nicht Nichts, nicht die bestimmungslose Null. Außer ihrem Verhältnisse
sind sie reine Nullen, aber sie sollen nur als Momente des
Verhältnisses, als Bestimmungen des Differential-Koefficienten d x/ d y
genommen werden.

In diesem Begriff des Unendlichen ist das Quantum wahrhaft zu einem
qualitativen Daseyn vollendet; es ist als wirklich unendlich gesetzt;
es ist nicht nur als dieses oder jenes Quantum aufgehoben, sondern als
Quantum überhaupt. Es bleibt aber die Quantitätsbestimmtheit als
Element von Quantis, Princip, oder sie wie man auch gesagt hat, in
ihrem ersten Begriffe.

Gegen diesen Begriff ist aller Angriff gerichtet, der auf die
Grundbestimmung der Mathematik dieses Unendlichen, der Differentialund
Integralrechnung, gemacht worden ist. Unrichtige Vorstellungen der
Mathematiker selbst veranlaßten es, wenn er nicht anerkannt worden ist;
vornehmlich aber ist die Unvermögenheit, den Gegenstand als Begriff zu
rechtfertigen, Schuld an diesen Anfechtungen. Den Begriff kann aber die
Mathematik, wie oben erinnert worden, hier nicht umgehen; denn als
Mathematik des Unendlichen schränkt sie sich nicht auf die endliche
Bestimmtheit ihrer Gegenstände ein,—wie in der reinen Mathematik der
Raum und die Zahl und deren Bestimmungen nur nach ihrer Endlichkeit
betrachtet und auf einander bezogen werden—; sondern sie versetzt eine
von daher aufgenommene und von ihr behandelte Bestimmung in Identität
mit ihrer entgegengesetzten, wie sie z.B. eine krumme Linie zu einer
geraden, den Kreis zu einem Polygon u.s.f. macht. Die Operationen, die
sie sich als Differential- und Integralrechnung erlaubt, sind daher der
Natur bloß endlicher Bestimmungen und deren Beziehungen gänzlich
widersprechend und hätten darum ihre Rechtfertigung allein in dem
Begriff.

Wenn die Mathematik des Unendlichen daran festhielt, daß jene
Quantitäts-Bestimmungen verschwindende Größen d. h. solche, die nicht
mehr irgend ein Quantum, aber auch nicht Nichts, sondern noch eine
Bestimmtheit gegen Anderes sind, so schien nichts klarer, als daß es
keinen solchen Mittelzustand, wie man es nannte, zwischen Seyn und
Nichts gebe.—Was es mit diesem Einwurfe und sogenannten Mittelzustande
auf sich habe, ist oben bereits bei der Kategorie des Werdens, Anmerk.
4. gezeigt. Allerdings ist die Einheit des Seyns und Nichts kein
Zustand; ein Zustand wäre eine Bestimmung des Seyns und Nichts, worein
diese Momente nur etwa zufälligerweise gleichsam als in eine Krankheit
oder äußerliche Affektion durch ein irrthümliches Denken gerathen
sollten; sondern diese Mitte und Einheit, das Verschwinden oder eben so
das Werden, ist vielmehr allein ihre Wahrheit.

Was unendlich sey, ist ferner gesagt worden, sey nicht vergleichbar als
ein Größeres oder Kleineres; es könne daher nicht ein Verhältniß von
Unendlichen zu Unendlichen, noch Ordnungen oder Dignitäten des
Unendlichen geben, als welche Unterschiede der unendlichen Differenzen
in der Wissenschaft derselben vorkommen.—Es liegt bei diesem schon
erwähnten Einwurfe immer die Vorstellung zu Grunde, daß hier von
Quantis die Rede seyn solle, die als Quanta verglichen werden; daß
Bestimmungen, die keine Quanta mehr sind, kein Verhältniß mehr zu
einander haben. Vielmehr ist aber das, was nur im Verhältniß ist, kein
Quantum; das Quantum ist eine solche Bestimmung, die außer ihrem
Verhältniß ein vollkommen gleichgültiges Daseyn haben, der ihr
Unterschied von einem anderen gleichgültig seyn soll, da hingegen das
qualitative nur das ist, was es in seinem Unterschiede von dnem Anderen
ist. Jene unendlichen Größen sind daher nicht nur vergleichbar, sondern
sind nur als Momente der Vergleichung, des Verhältnisses.

Ich führe die wichtigsten Bestimmungen an, welche in der Mathematik
über dieß Unendliche gegeben worden sind; es wird daraus erhellen, daß
denselben der Gedanke der Sache, übereinstimmend mit dem hier
entwickelten Begriffe, zu Grunde liegt, daß ihre Urheber ihn aber als
Begriff nicht ergründeten und bei der Anwendung wieder Auskunftsmittel
nöthig hatten, welche ihrer besseren Sache widersprechen.

Der Gedanke kann nicht richtiger bestimmt werden, als Newton ihn
gegeben hat. Ich trenne dabei die Bestimmungen ab, die der Vorstellung
der Bewegung und der Geschwindigkeit angehören, (von welcher er
vornehmlich den Namen Fluxionen nahm), weil der Gedanke hierin nicht in
der gehörigen Abstraktion, sondern konkret, vermischt mit
außerwesentlichen Formen erscheint. Diese Fluxionen erklärt Newton
(Princ. mathem. phil. nat. L. 1. Lemma XI. Schol.) dahin, daß er nicht
untheilbare—eine Form, deren sich frühere Mathematiker, Cavalleri und
andere, bedienten, und welche den Begriff eines an sich bestimmten
Quantums enthält,—verstehe, sondern verschwindende Theilbare. Ferner
nicht Summen und Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die Grenzen
(limites) der Summen, und Verhältnisse. Es werde die Einwendung
gemacht, daß verschwindende Größen kein letztes Verhältniß haben, weil
es, ehe sie verschwunden, nicht das Letzte, und wenn sie verschwunden,
keines mehr ist. Aber unter dem Verhältnisse verschwindender Größen sey
das Verhältniß zu verstehen, nicht eh sie verschwinden, und nicht
nachher, sondern mit dem sie verschwinden ( quacum evanescunt ). Eben
so ist das erste Verhältniß werdender Größen, das mit dem sie werden.

Nach dem damaligen Stande der wissenschaftlichen Methode wurde nur
erklärt, was unter einem Ausdrucke zu verstehen sey; daß aber dieß oder
jenes darunter zu verstehen sey, ist eigentlich eine subjektive
Zumuthung oder auch eine historische Forderung, wobei nicht gezeigt
wird, daß ein solcher Begriff an und für sich nothwendig ist und innere
Wahrheit hat. Allein das Angeführte zeigt, daß der von Newton
aufgestellte Begriff dem entspricht, wie die unendliche Größe sich in
der obigen Darstellung aus der Reflexion des Quantums in sich ergab. Es
sind Größen verstanden, in ihrem Verschwinden, d. h. die nicht mehr
Quanta sind; ferner nicht Verhältnisse bestimmter Theile, sondern die
Grenzen des Verhältnisses. Es sollen also sowohl die Quanta für sich,
die Seiten des Verhältnisses, als damit auch das Verhältniß, insofern
es ein Quantum wäre, verschwinden; die Grenze des Größen-Verhältnisses
ist, worin es ist und nicht ist; dieß heißt genauer, worin das Quantum
verschwunden, und damit das Verhältniß nur als qualitatives
Quantitäts-Verhältniß, und die Seiten desselben ebenso als qualitative
Quantitäts-Momente erhalten sind.—Newton fügt hinzu, daß daraus, daß es
letzte Verhältnisse der verschwindenden Größen gebe, nicht zu schließen
sey, daß es letzte Größen, Untheilbare, gebe. Dieß wäre nämlich wieder
ein Absprung von dem abstrakten Verhältnisse auf solche Seiten
desselben, welche für sich außer ihrer Beziehung einen Werth haben
sollten, als Untheilbare, als etwas, das ein Eins, ein Verhältnißloses
seyn würde.

Gegen jenen Mißverstand erinnert er noch, daß die letzten Verhältnisse
nicht Verhältnisse letzter Größen seyen, sondern Grenzen, denen die
Verhältnisse der ohne Grenze abnehmenden Größen näher sind als jeder
gegebene d. h. endliche Unterschied, welche Grenze sie aber nicht
überschreiten, so daß sie Nichts würden.—Unter letzten Größen hätten
nämlich, wie gesagt, Untheilbare oder Eins verstanden werden können. In
der Bestimmung des letzten Verhältnisses aber ist sowohl die
Vorstellung des gleichgültigen Eins, des verhältnißlosen, als auch des
endlichen Quantums entfernt. Es bedürfte aber weder des Abnehmens ohne
Grenze, in das Newton das Quantum versetzt und das nur den Progreß ins
Unendliche ausdrückt, noch der Bestimmung der Theilbarkeit, welche hier
keine unmittelbare Bedeutung mehr hat, wenn die geforderte Bestimmung
sich zum Begriffe einer Größebestimmung, die rein nur Moment des
Verhältnisses ist, fortgebildet hätte.

In Rücksicht der Erhaltung des Verhältnisses im Verschwinden der
Quantorum findet sich (anderwärts, wie bei Carnot, Réflexions sur la
Métaphysique du Calcul Infinitésimal.) der Ausdruck, daß vermöge des
Gesetzes der Stätigkeit die verschwindenden Größen noch das Verhältniß,
aus dem sie herkommen, ehe sie verschwinden, behalten. —Diese
Vorstellung drückt die wahre Natur der Sache aus, insofern nicht die
Stätigkeit des Quantums verstanden wird, die es im unendlichen Progreß
hat, sich in sein Verschwinden so zu kontinuiren, daß im Jenseits
seiner wieder nur ein endliches Quantum, ein neues Glied der Reihe
entsteht; ein stätiger Fortgang wird aber immer so vorgestellt, daß die
Werthe durchloffen werden, welche noch endliche Quanta sind.

In demjenigen Übergange dagegen, welcher in das wahrhafte Unendliche
gemacht wird, ist das Verhältniß das stätige; es ist so sehr stätig und
sich erhaltend, daß er vielmehr allein darin besteht, das Verhältniß
rein herauszuheben, und die verhältnißlose Bestimmung, d. i. daß ein
Quantum, welches Seite des Verhältnisses ist, auch außer dieser
Beziehung gesetzt, noch Quantum ist, verschwinden zu machen. —Diese
Reinigung des quantitativen Verhältnisses ist insofern nichts anders,
als wenn ein empirisches Daseyn begriffen wird. Dieß wird hierdurch so
über sich selbst erhoben, daß sein Begriff dieselben Bestimmungen
enthält, als es selbst, aber in ihrer Wesentlichkeit und in die Einheit
des Begriffes gefaßt, worin sie ihr gleichgültiges, begriffloses
Bestehen verloren haben.

Gleich interessant ist die andere Form der newtonischen Darstellung der
in Rede stehenden Größen, nämlich als erzeugender Größen oder
Principien. Eine erzeugte Größe (genita) ist ein Produkt oder Quotient,
Wurzeln, Rechtecke, Quadrate, auch Seiten von Rechtecken,
Quadraten;—überhaupt eine endliche Größe.—"Sie als veränderlich
betrachtet, wie sie in fortdauernder Bewegung und Fließen zu- oder
abnehmend ist, so verstehe er ihre momentanen Inkremente oder
Dekremente unter dem Namen von Momenten. Diese sollen aber nicht für
Theilchen von bestimmter Größe genommen werden ( particulae finitae ).
Solche seyen nicht selbst Momente, sondern aus Momenten erzeugte
Größen; es seyen vielmehr die werdenden Principien oder Anfänge
endlicher Größen zu verstehen."—Das Quantum wird hier von sich selbst
unterschieden, wie es als ein Produkt oder Daseyendes, und wie es in
seinem Werden, in seinem Anfange und Princip, das heißt, wie es in
seinem Begriffe, oder was hier dasselbe ist, in seiner qualitativen
Bestimmnng ist; in der letztern sind die quantitativen Unterschiede,
die unendlichen Inkremente oder Dekremente, nur Momente; erst das
Gewordene ist das in die Gleichgültigkeit des Daseyns und in die
Äußerlichkeit übergegangene, das Quantum.—Wenn aber diese in Ansehung
der Inkremente oder Dekremente angeführten Bestimmungen des
Unendlichen, von der Philosophie des wahrhaften Begriffs anerkannt
werden müssen, so ist auch sogleich zu bemerken, daß die Formen selbst
von Inkrementen u.s.f. innerhalb der Kategorie des unmittelbaren
Quantums und des erwähnten stätigen Fortgangs fallen, und vielmehr sind
die Vorstellungen von Inkrement, Zuwachs, Zunahme des x um d x oder i
u.s.f. als das in den Methoden vorhandene Grundübel anzusehen;—als das
bleibende Hinderniß, aus der Vorstellung des gewöhnlichen Quantums die
Bestimmung des qualitativen Quantitätsmoments rein herauszuheben.

Gegen die angegebenen Bestimmungen steht die Vorstellung von
unendlich-kleinen Größen, die auch im Inkrement oder Dekrement selbst
steckt, weit zurück. Nach derselben sollen sie von der Beschaffenheit
seyn, daß nicht nur sie gegen endliche Größen, sondern auch deren
höhere Ordnungen gegen die niedrigere, oder auch die Produkte aus
mehrern gegen eine einzelne zu vernachlässigen seyen. —bei Leibnitz
hebt sich die Forderung dieser Vernachlässigung, welche die
vorhergehenden Erfinder von Methoden, die sich auf diese Größe bezogen,
gleichfalls eintreten lassen, auffallender hervor. Sie ist es
vornehmlich, die diesem Kalkul beim Gewinne der Bequemlichkeit den
Schein von Ungenauigkeit und ausdrücklicher Unrichtigkeit in dem Wege
seiner Operation giebt.—Wolf hat sie in seiner Weise, die Sachen
populär zu machen, d. h. den Begriff zu verunreinigen und unrichtige
sinnliche Vorstellungen an dessen Stelle zu setzen, verständlich zu
machen gesucht. Er vergleicht nämlich die Vernachlässigung der
unendlichen Differenzen höherer Ordnungen gegen niedrigere, mit dem
Verfahren eines Geometers, der bei der Messung der Höhe eines Berges um
nicht weniger genau gewesen sey, wenn der Wind indeß ein Sandkörnchen
von der Spitze weggeweht habe, oder mit der Vernachlässigung der Höhen
der Häuser, Thürme bei der Berechnung der Mondfinsternisse (Element.
Mathes. univ. Tom. I. El. Analys. math. P. II. C. I. s. Schol.).

Wenn die Billigkeit des gemeinen Menschenverstandes eine solche
Ungenauigkeit erlaubt, so haben dagegen alle Geometer diese Vorstellung
verworfen. Es dringt sich von selbst auf, daß in der Wissenschaft der
Mathematik von einer solchen empirischen Genauigkeit ganz und gar nicht
die Rede ist, daß das mathematische Messen durch Operationen des
Kalkuls oder durch Konstruktionen und Beweise der Geometrie, gänzlich
vom Feldmessen, vom Messen empirischer Linien, Figuren u.s.f.
unterschieden ist. Ohnehin zeigen, wie oben angeführt, die Analytiker
durch die Vergleichung des Resultats, wie es auf streng geometrischem
Wege und wie es nach der Methode der unendlichen Differenzen erhalten
wird, daß das eine dasselbe ist als das andere, und daß ein Mehr oder
Weniger von Genauigkeit ganz und gar nicht Statt findet. Und es
versteht sich von selbst, daß ein absolut genaues Resultat nicht aus
einem Verfahren herkommen könne, das ungenau wäre. Jedoch kann wieder
auf der anderen Seite das Verfahren selbst, jener Vernachlässigung aus
dem Grunde der Unbedeutenheit, des Protestirens gegen die angeführte
Rechtfertigungsweise unerachtet, nicht entbehren. Und dieß ist die
Schwierigkeit, um welche die Bemühungen der Analytiker gehen, das
hierin liegende Widersinnige begreiflich zu machen, und es zu
entfernen.

Es ist in dieser Rücksicht vornehmlich Eulers Vorstellung anzuführen.
Indem er die allgemeine Newtonische Definition zu Grunde legt, dringt
er darauf, daß die Differentialrechnung die Verhältnisse der Inkremente
einer Größe betrachte, daß aber die unendliche Differenz als solche
ganz als Null zu betrachten sey, (Institut. Calc. different. P. I. C.
III.).—Wie dieß zu verstehen ist, liegt im Vorhergehenden; die
unendliche Differenz ist Null nur des Quantums, nicht eine qualitative
Null, sondern als Null des Quantums vielmehr reines Moment nur des
Verhältnisses. Sie ist nicht ein Unterschied um eine Größe; aber darum
ist es einer Seits überhaupt schief, jene Momente, welche
unendlich-kleine Größen heißen, auch als Inkremente oder Dekremente,
und als Differenzen auszusprechen. Dieser Bestimmung liegt zu Grunde,
daß zu der zuerst vorhandenen endlichen Größe etwas hinzukomme oder
davon abgezogen werde, eine Subtraktion oder Addition, eine
arithmetische, äußerliche Operation vorgehe. Der Übergang von der
Funktion der veränderlichen Größe in ihr Differential ist aber
anzusehen, daß er von ganz anderer Natur ist, nämlich wie erörtert
worden, daß er als Zurückführung der endlichen Funktion auf das
qualitative Verhältniß ihrer Quantitätsbestimmungen zu betrachten
ist.—Anderer Seits fällt die schiefe Seite für sich auf, wenn gesagt
wird, daß die Inkremente für sich Nullen seyen, daß nur ihre
Verhältnisse betrachtet werden; denn eine Null hat überhaupt keine
Bestimmtheit mehr. Diese Vorstellung kommt also zwar bis zum Negativen
des Quantums und spricht es bestimmt aus, aber faßt dieß Negative nicht
zugleich in seiner positiven Bedeutung, von qualitativen
Quantitätsbestimmungen, die, wenn sie aus dem Verhältnisse gerissen und
als Quanta genommen werden wollten, nur Nullen wären.—Lagrange (
Théorie des fonct. analyt. Introd. ) urtheilt über die Vorstellung der
Grenzen oder letzten Verhältnisse, daß wenn man gleich sehr gut das
Verhältniß zweier Größen sich vorstellen könne, so lange sie endlich
bleiben, so gebe dieß Verhältniß dem Verstande keinen deutlichen und
bestimmten Begriff, sobald seine Glieder zugleich Null werden.—In der
That muß der Verstand über diese bloß negative Seite, daß die
Verhältnißglieder Nullen als Quanta sind, hinausgehen, und sie positiv,
als qualitative Momente auffassen.—Was aber Euler (am angeführten Ort
§. 84 ff.) weiter in Betreff der gegebenen Bestimmung hinzufügt, um zu
zeigen, daß zwei sogenannte unendlich kleine Größen, welche nichts
anders als Nullen seyn sollen, doch ein Verhältniß zu einander haben
und deßwegen auch nicht das Zeichen der Null, sondern andere Zeichen
für sie im Gebrauch seyen, kann nicht für genügend angesehen werden. Er
will dieß durch den Unterschied des arithmetischen und geometrischen
Verhältnisses begründen; bei jenem sehen wir auf die Differenz, bei
diesem auf den Quotienten, obgleich das erstere zwischen zwei Nullen
gleich sey, so sey es deßwegen doch das geometrische nicht; wenn 2:1 =
0:0, so müsse wegen der Natur der Proportion, da das erste Glied
doppelt so groß sey als das zweite, auch das dritte Glied doppelt so
groß als das vierte seyn; O:O soll also nach der Proportion als das
Verhältniß von 2:1 genommen werden.—Auch nach der gemeinen Arithmetik
seyn n.O = O; es sey also n:1 = O:O.—Allein eben dadurch, daß 2:1 oder
n:1 ein Verhältniß von Quantis ist, entspricht ihm nicht ein Verhältniß
noch eine Bezeichnung von O:O.

Ich enthalte mich, die Anführungen zu vermehren, indem die betrachteten
zur Genüge gezeigt haben, daß in ihnen wohl der wahrhafte Begriff des
Unendlichen liegt, daß er aber nicht in seiner Bestimmtheit
herausgehoben und gefaßt worden ist. Indem daher zur Operation selbst
fortgegangen wird, so kann es nicht geschehen, daß in ihr die wahrhafte
Begriffsbestimmung sich geltend mache; die endliche
Quantitätsbestimmtheit kehrt vielmehr zurück und die Operation kann der
Vorstellung eines bloß relativ-kleinen nicht entbehren. Der Kalkul
macht es nothwendig, die sogenannten unendlichen Größen den
gewöhnlichen arithmetischen Operationen des Addirens u.s.f., welche
sich auf die Natur endlicher Größen gründen, zu unterwerfen, und sie
somit als endliche Größen für einen Augenblick gelten zu lassen und als
solche zu behandeln. Der Kalkul hätte sich darüber zu rechtfertigen,
daß er sie das eine Mal in diese Sphäre herabzieht und sie als
Inkremente oder Differenzen behandelt, und daß er auf der anderen Seite
sie als Quanta vernachlässigt, nachdem er so eben Formen und Gesetze
der endlichen Größen auf sie angewendet hatte.

Über die Versuche der Geometer, diese Schwierigkeiten zu beseitigen,
führe ich noch das Hauptsächlichste an.

Die ältern Analytiker machten sich hierüber weniger Skrupel; aber die
Bemühungen der Neueren gingen vornehmlich dahin, den Kalkul des
Unendlichen zur Evidenz der eigentlich geometrischen Methode
zurückzubringen und in ihr die Strenge der Beweise der Alten (-
Ausdrücke von Lagrange—) in der Mathematik zu erreichen. Allein da das
Princip der Analysis des Unendlichen höherer Natur, als das Princip der
Mathematik endlicher Größen ist, so mußte jene von selbst sogleich auf
jene Art von Evidenz Verzicht thun, wie die Philosophie auch auf
diejenige Deutlichkeit keinen Anspruch machen kann, die die
Wissenschaften des Sinnlichen, z.B. Naturgeschichte hat, und wie Essen
und Trinken für ein verständlicheres Geschäfte gilt, als Denken und
Begreifen. Es wird sich demnach nur um die Bemühung handeln, die
Strenge der Beweise der Alten zu erreichen.

Mehrere haben versucht, den Begriff des Unendlichen ganz zu entbehren,
und ohne ihn das zu leisten, was an den Gebrauch desselben gebunden
schien.—Lagrange spricht z.B. von der Methode, die Landen erfunden hat,
und sagt von ihr, daß sie rein analytisch sey und die unendlich kleinen
Differenzen nicht gebrauche, sondern zuerst verschiedene Werthe der
veränderlichen Größen einführe, und sie in der Folge gleichsetze. Er
urtheilt übrigens, daß darin die der Differentialrechnung eignen
Vorzüge, Einfachheit der Methode und Leichtigkeit der Operationen
verloren gehe.—Es ist dieß wohl ein Verfahren, das mit demjenigen etwas
Entsprechendes hat, von welchem Descartes Tangentenmethode ausgeht, die
weiterhin noch näher zu erwähnen ist. Soviel, kann hier bemerkt werden,
erhellt sogleich im Allgemeinen, daß das Verfahren überhaupt,
verschiedene Werthe der veränderlichen Größen anzunehmen, und sie
nachher gleichzusetzen, einem anderen Kreise mathematischer Behandlung
angehört, als die Methode des Differential-Kalkuls selbst und die
späterhin näher zu erörternde Eigenthümiichkeit des einfachen
Verhältnisses, auf welches sich die wirkliche konkrete Bestimmung
desselben zurückführt, nämlich der abgeleiteten Funktion zu der
ursprünglichen, nicht herausgehoben wird.

Die Ältern unter den Neuern, wie z.B. Fermat, Barrow und andere, die
sich zuerst des Unendlich-Kleinen in derjenigen Anwendung bedienten,
welche später zur Differential- und Integralrechnung ausgebildet wurde,
und dann auch Leibnitz und die Folgenden, auch Euler, haben immer
unverhohlen, die Produkte von unendlichen Differenzen, so wie ihre
höhern Potenzen nur aus dem Grunde weglassen zu dürfen geglaubt, weil
sie relativ gegen die niedrige Ordnung verschwinden. Hierauf beruht bei
ihnen allein der Fundamentalsatz, nämlich die Bestimmung dessen, was
das Differential eines Produkts oder einer Potenz sey, denn hierauf
reducirt sich die ganze theoretische Lehre. Das Übrige ist Theils
Mechanismus der Entwickelung, Theils aber Anwendung, in welche jedoch,
was weiterhin zu betrachten ist, in der That auch das höhere oder
vielmehr einzige Interesse fällt.—In Rücksicht auf das Gegenwärtige ist
hier nur das Elementarische anzuführen, daß aus dem gleichen Grunde der
Unbedeutenheit als der Hauptsatz, die Curven betreffend, angenommen
wird, daß die Elemente der Curven, nämlich die Inkremente der Abscisse
und der Ordinate, das Verhältniß der Subtangente und der Ordinate zu
einander haben; für die Absicht, ähnliche Dreiecke zu erhalten, wird
der Bogen, der die dritte Seite eines Dreiecks zu den beiden
Inkrementen, des mit Recht vormals sogenannten charakteristischen
Dreiecks, ausmacht, als eine gerade Linie, als Theil der Tangente, und
damit das eine der Inkremente bis an die Tangente reichend angesehen.
Diese Annahmen erheben jene Bestimmungen einer Seits über die Natur
endlicher Größen; anderer Seits aber wird ein Verfahren auf die nun
unendlich genannten Momente angewendet, das nur von endlichen Größen
gilt, und bei dem nichts aus Rücksicht der Unbedeutenheit
vernachiässigt werden darf. Die Schwierigkeit, von der die Methode
gedrückt wird, bleibt bei solcher Verfahrungsweise in ihrer ganzen
Stärke.

Es ist hier eine merkwürdige Procedur Newtons anzuführen; (Princ. Math.
phil. nat. Lib. II. Lemma II. Propos. VII.)—die Erfindung eines
sinnreichen Kunststücks, uni das arithmetisch unrichtige Weglassen der
produkte unendlicher Differenzen oder höherer Ordnungen derselben bei
dem Finden der Differentialien, zu beseitigen. Er findet das
Differential des Produkts,—woraus sich dann die Differentialien der
Quotienten, Potenzen u.s.f. leicht herleiten, —auf folgende Art. Das
Produkt, wenn x, y, jedes um die Hälfte seiner unendlichen Differenz
kleiner genommen wird, geht über in x y—xdy/2—ydx/2 + dxdy/4; aber wenn
man x und y um ebenso viel zunehmen läßt, in x y + xdy/2 + ydx/2 +
dxdy/4. Von diesem zweiten Produkt nun das erste abgezogen, bleibt y d
x + x d y als Überschuß, und dieß sey der Überschuß des Wachsthums um
ein ganzes dx und dy, denn um dieses Wachsthum sind beide Produkte
unterschieden; es ist also das Differential von xy.—Man sieht in diesem
Verfahren fällt das Glied, welches die Hauptschwierigkeit ausmacht, das
Produkt der beiden unendlichen Differenzen, dxdy, durch sich selbst
hinweg. Aber des newtonischen Namens unerachtet muß es gesagt werden
dürfen, daß solche, obgleich sehr elementarische Operation, unrichtig
ist; es ist unrichtig, daß (x + dx/2) (y + dy/2)—(x—dx/2) (y—dy/2) = (x
+ dx) (y + dy)—xy. Es kann nur das Bedürfniß seyn, den Fluxionen-Kalkul
bei seiner Wichtigkeit zu begründen, was einen Newton dahin bringen
konnte, die Täuschung solchen Beweisens sich zu machen.

Andere Formen, die Newton bei der Ableitung des Differentials
gebraucht, sind an konkrete auf Bewegung sich beziehende Bedeutungen
der Elemente und deren Potenzen gebunden.—Beim Gebrauche der
Reihenform, der sonst seine Methode auszeichnet, liegt es zu nahe zu
sagen, daß man es immer in seiner Macht habe, durch das Hinzufügen
weiterer Glieder die Größe so genau zu nehmen, als man nöthig habe, und
daß die weggelassenen relativ unbedeutend, überhaupt das Resultat nur
eine Näherung sey, als daß er nicht auch hier mit diesem Grunde sich
begnügt hätte, wie er bei seiner Methode der Auflösung der Gleichungen
höherer Grade durch Näherung die höheren Potenzen, die bei der
Substitution jedes gefundenen noch ungenauen Werthes in die gegebene
Gleichung entstehen, aus dem rohen Grunde ihrer Kleinigkeit wegläßt; s.
Lagrange Equations Numériques p. 125.

Der Fehler, in welchen Newton bei der Auflösung eines Problems durch
das Weglassen wesentlicher höherer Potenzen verfiel, der seinen Gegnern
die Gelegenheit eines Triumphs ihrer Methode über die seinige gab, und
von welchem Lagrange in seiner neuerlichen Untersuchung desselben
(Théorie des fonct. analyt. 3me P. Ch. IV.) den wahren Ursprung
aufgezeigt hat, beweist das Formelle und die Unsicherheit, die im
Gebrauche jenes Instruments noch vorhanden war. Lagrange zeigt, daß
Newton dadurch in den Fehler fiel, weil er das Glied der Reihe
vernachlässigte, das die Potenz enthielt, auf welche es in der
bestimmten Aufgabe ankam. Newton hatte sich an jenes formelle
oberflächliche Princip, Glieder wegen ihrer relativen Kleinheit
wegzulassen, gehalten.—Es ist nämlich bekannt, daß in der Mechanik den
Gliedern der Reihe, in der die Funktion einer Bewegung entwickelt wird,
eine bestimmte Bedeutung gegeben wird, so daß sich das erste Glied oder
die erste Funktion auf das Moment der Geschwindigkeit, die zweite auf
die beschleunigende Kraft, und die dritte auf den Widerstand von
Kräften beziehe. Die Glieder der Reihe sind hiermit hier nicht nur als
Theile einer Summe anzusehen, sondern als qualitative Momente eines
Ganzen des Begriffs. Hiedurch erhält das Weglassen der übrigen Glieder,
die der schlechtunendlichen Reihe angehören, eine gänzlich verschiedene
Bedeutung, von dem Weglassen aus dem Grunde der relativen Kleinheit
derselben.[10] Die newtonsche Auflösung enthielt jenen Fehler, nicht
weil in ihr Glieder der Reihe, nur als Theile einer Summe, sondern weil
das Glied, das die qualitative Bestimmung, auf die es ankam, enthält,
nicht berücksichtigt wurde.

 [10] In einfacher Weise finden sich bei Lagrange in der Anwendung der
 Theorie der Funktionen auf die Mechanik, in dem Kapitel von der
 geradlinigten Bewegung, beide Rücksichten neben einander gestellt
 (Théorie des fonct. 3me P. Ch. I. art. 4.). Der durchloffene Raum als
 Funktion der verflossenen Zeit betrachtet, giebt die Gleichung x = ft;
 diese als f (t + ë) entwickelt giebt


ft + ëft + [ë'[hoch 2]]/2. f"t + u.s.w.


Also der während der Zeit durchloffene Raum stellt sich in der Formel
dar, ëft + [ë[hoch 2]]/2. f't + [ë[hoch 3]]/2.3. f"t + u.s.w. Die
Bewegung, vermittelst der dieser Raum durchloffen wird, ist also, wird
gesagt, d. h. weil die analytische Entwickelung mehrere und zwar
unendlich viele Glieder giebt,—zusammengesetzt aus verschiedenen
partiellen Bewegungen, deren der Zeit entsprechende Räume seyn werden
ëft, [ë[hoch 2]]/2. f"t, [ë[hoch 3]]/[2.3]. f"t, u.s.w. die erste
partielle Bewegung ist, in bekannter Bewegung die formell=gleichförmige
mit einer durch f't bestimmten Geschwindigkeit, die zweite die
gleichförmig beschleunigte, die von einer dem f't propertionirten
beschleunigenden Kraft herkommt. "Da nun die übrigen Glieder sich auf
keine einfache bekannte Bewegung beziehen, so ist nicht nöthig, sie
besonders in Rücksicht zu nehmen, und wir werden zeigen, daß man von
ihnen in der Bestimmung der Bewegung zu Anfang des Zeitpunkts
abstrahiren kann." Dieß wird nun gezeigt, aber freilich nur durch die
Vergleichung jener Reihe, deren Glieder alle zur Bestimmung der Größe
des in der Zeit durchloffenen Raumes gehörten, mit der art. 3 für die
Bewegung des Falls angegebenen Gleichung x = at + bt[hoch 2], als in
welcher nur diese zwei Glieder vorkommen. Aber diese Gleichung hat
selbst nur diese Gestalt, durch die Voraussetzung der Erklärung, die
den durch analytische Entwicklung entstehenden Gliedern gegeben wird,
erhalten; diese Voraussetzung ist, daß die gleichförmig beschleunigte
Bewegung zusammengesetzt sey, aus einer formell-gleichförmigen mit der
im vorhergehenden Zeittheile erlangten Geschwindigkeit fortgesetzten
Bewegung, und einem Zuwachse, (dem a in s = at[hoch 2] d.i. dem
empirischen Koefficienten), welcher der Kraft der Schwere zugeschrieben
wird,—einem Unterschiede, der keineswegs in der Natur der Sache irgend
eine Existenz oder Grund hat, sondern nur der fälschlich physikalisch
gemachte Ausdruck dessen ist, was bei einer angenommenen analytischen
Behandlung herauskommt.


In diesem Beispiele ist der qualitative Sinn dasjenige, wovon das
Verfahren abhängig gemacht ist. Im Zusammenhange hiermit kann sogleich
die allgemeine Behauptung aufgestellt werden, daß die ganze
Schwierigkeit des Princips beseitigt seyn würde, wenn statt des
Formalismus, die Bestimmung des Differentials nur in die ihm den Namen
gebende Aufgabe, den Unterschied überhaupt einer Funktion von ihrer
Veränderung, nachdem ihre veränderliche Größe einen Zuwachs erhalten,
zu stellen, die qualitative Bedeutung des Princips angegeben, und die
Operation hiervon abhängig gemacht wäre. In diesem Sinne zeigt sich das
Differential von x[hoch n], durch das erste Glied der Reihe, die durch
die Entwickelung von (x + dx)[hoch n] sich ergiebt, gänzlich erschöpft.
Daß die übrigen Glieder nicht berücksichtigt werden, kommt so nicht von
ihrer relativen Kleinheit her;—es wird dabei nicht eine Ungenauigkeit,
ein Fehler oder Irrthum vorausgesetzt, der durch einen anderen Irrthum
ausgeglichen und verbessert würde; eine Ansicht, von welcher aus Carnot
vornehmlich die gewöhnliche Methode der Infinitesimalrechnung
rechtfertigt. Indem es sich nicht um eine Summe, sondern um ein
Verhältniß handelt, so ist das Differential vollkommen durch das erste
Glied gefunden; und wo es fernerer Glieder, der Differentiale höherer
Ordnungen bedarf, so liegt in ihrer Bestimmung nicht die Fortsetzung
einer Reihe als Summe, sondern die Wiederholung eines und desselben
Verhältnisses, das man allein will, und das somit im ersten Glied
bereits vollkommen bestimmt ist. Das Bedürfniß der Form einer Reihe des
Summirens derselben und was damit zusammenhängt, muß dann ganz von
jenem Interesse des Verhältnisses getrennt werden.

Die Erläuterungen, welche Carnot über die Methode der unendlichen
Größen giebt, enthalten das Geläutertste und aufs Klarste exponirt, was
in den oben angeführten Vorstellungen vorkam. Aber bei dem Übergange
zur Operation selbst treten mehr oder weniger die gewöhnlichen
Vorstellungen, von der unendlichen Kleinheit der weggelassenen Glieder
gegen die andern ein. Er rechtfertigt die Methode vielmehr durch die
Thatsache, daß die Resultate richtig werden, und durch den Nutzen, den
die Einführung unvollkommner Gleichungen, wie er sie nennt, d. h.
solcher, in denen eine solche arithmetisch unrichtige Weglassung
geschehen ist, für die Vereinfachung und Abkürzung des Kalkuls habe,
als durch die Natur der Sache selbst.

Lagrange hat bekanntlich die ursprüngliche Methode Newtons, die Methode
der Reihen, wieder aufgenommen, um der Schwierigkeiten, welche die
Vorstellung des Unendlich-Kleinen, so wie derjenigen, welche die
Methode der ersten und letzten Verhältnisse und Grenzen mit sich führt,
überhoben zu seyn. Es ist von seinem Funktionen-Kalkul, dessen sonstige
Vorzüge in Rücksicht auf Präcision, Abstraktion und Allgemeinheit
anerkannt genug sind, als hierher gehörig nur dieß anzuführen, daß er
auf dem Fundamentalsatze beruht, daß die Differenz, ohne daß sie Null
werde, so klein angenommen werden könne, daß jedes Glied der Reihe die
Summe aller folgenden an Größe übertreffe.—Es wird auch in dieser
Methode von den Kategorien vom Zuwachs und von der Differenz der
Funktion angefangen, deren veränderliche Größe den Zuwachs erhalte,
womit die lästige Reihe hereinkommt, von der ursprünglichen Funktion;
so wie im Verfolg die wegzulassenden Glieder der Reihe nur in der
Rücksicht, daß sie eine Summe constituiren, in Betracht kommen, und der
Grund, sie wegzulassen, in das Relative ihres Quantums gesetzt wird.
Die Weglassung ist also hier auch nicht für das Allgemeine auf den
Gesichtspunkt zurückgeführt, der Theils in einigen Anwendungen
vorkommt, worin, wie vorhin erinnert, die Glieder der Reihe eine
bestimmte qualitative Bedeutung haben sollen und Glieder außer Acht
gelassen werden, nicht darum weil sie unbedeutend an Größe sind,
sondern weil sie unbedeutend der Qualität nach sind; Theils aber fällt
dann die Weglassung selbst in dem wesentlichen Gesichtspunkte hinweg,
der sich für den sogenannten Differential-Koefficienten erst in der
sogenannten Anwendung des Kalkuls bei Lagrange bestimmt heraushebt, was
in der folgenden Anmerkung ausführlicher auseinandergesetzt werden
wird.

Der qualitative Charakter überhaupt, der hier an der in Rede stehenden
Größenform in demjenigen, was dabei das Unendlichkleine genannt wird,
nachgewiesen worden ist, findet sich am unmittelbarsten in der
Kategorie der Grenze des Verhältnisses, die oben angeführt worden, und
deren Durchführung im Kalkul zu einer eigenthümlichen Methode
gestempelt worden ist. Was Lagrange von dieser Methode urtheilt, daß
sie der Leichtigkeit in der Anwendung entbehre, und der Ausdruck Grenze
keine bestimmte Idee darbiete, davon wollen wir das Zweite hier
aufnehmen, und näher sehen, was über ihre analytische Bedeutung
aufgestellt wird. In der Vorstellung der Grenze liegt nämlich wohl die
angegebene wahrhafte Kategorie der qualitativen Verhältnißbestimmung
der veränderlichen Größen, denn die Formen, die von ihnen eintreten, dx
und dy, sollen schlechthin nur als Momente von dy/dx genommen, und
dx/dy selbst als ein einziges untheilbares Zeichen angesehen werden.
Daß hiermit für den Mechanismus des Kalkuls besonders in seiner
Anwendung der Vortheil verloren geht, den er davon zieht, daß die
Seiten des Differential-Koefficienten von einander abgesondert werden,
ist hier bei Seite zu setzen. Jene Grenze soll nun Grenze von einer
gegebenen Funktion seyn;—sie soll einen gewissen Werth in Beziehung auf
dieselbe angeben, der sich durch die Weise der Ableitung bestimmt. Mit
der bloßen Kategorie der Grenze aber wären wir nicht weiter, als mit
dem, um das es in dieser Anm. zu thun gewesen ist, nämlich aufzuzeigen,
daß das Unendlichkleine, das in der Differentialrechnung als dx und dy
vorkommt, nicht bloß den negativen, leeren Sinn einer nicht endlichen,
nicht gegebenen Größe habe, wie wenn man sagt, eine unendliche Menge,
ins unendliche fort und dergleichen, sondern den bestimmten Sinn der
qualitativen Bestimmtheit des Quantitativen, eines Verhältnißmoments
als eines solchen. Diese Kategorie hat jedoch so noch kein Verhältniß
zu dem, was eine gegebene Funktion ist, und greift für sich nicht in
die Behandlung einer solchen und in einen Gebrauch, der an ihr von
jener Bestimmung zu machen wäre, ein; so würde auch die Vorstellung der
Grenze, zurückgehalten in dieser von ihr nachgewiesenen Bestimmtheit,
zu nichts führen. Aber der Ausdruck Grenze enthält es schon selbst, daß
sie Grenze von Etwas sey, d. h. einen gewissen Werth ausdrücke, der in
der Funktion veränderlicher Größe liegt; und es ist zu sehen, wie dieß
konkrete Benehmen mit ihr beschaffen ist.—Sie soll die Grenze des
Verhältnisses seyn, welches die zwei Inkremente zu einander haben, um
welche die zwei veränderlichen Größen, die in einer Gleichung verbunden
sind, deren die eine als eine Funktion der andern angesehen wird, als
zunehmend angenommen worden;—der Zuwachs wird hier unbestimmt überhaupt
genommen und insofern von dem Unendlichkleinen kein Gebrauch gemacht.
Aber zunächst führt der Weg, diese Grenze zu finden, dieselben
Inkonsequenzen herbei, die in den übrigen Methoden liegen. Dieser Weg
ist nämlich folgender. Wenn y = fx, soll fx, wenn y in y + k übergeht,
sich in fx + ph + qh[hoch 2] + rh[hoch 3] u.s.f. verändert, hiermit ist
k = ph + qh[hoch 2] u.s.f. und k/h = p + qh + rh[hoch 2] u.s.f. Wenn
nun k und h verschwinden, so verschwindet das zweite Glied außer p,
welches p nun die Grenze des Verhältnisses der beiden Zuwächse sey. Man
sieht, daß h als Quantum = 0 gesetzt wird, aber daß darum k/h nicht
zugleich = 0 seyn, sondern noch ein Verhältniß bleiben soll. Den
Vortheil, die Inkonsequenz, die hierin liegt, abzulehnen, soll nun die
Vorstellung der Grenze gewähren; p soll zugleich nicht das wirkliche
Verhältniß, das = 0/0 wäre, sondern nur der bestimmte Werth seyn, dem
sich das Verhältniß unendlich d.i. so nähern könne, daß der Unterschied
kleiner als jeder gegebene werden könne. Der bestimmtere Sinn der
Näherung in Rücksicht dessen, was sich eigentlich einander nähern soll,
wird unten betrachtet werden. —Daß aber ein quantitativer Unterschied,
der die Bestimmung hat, kleiner als jeder gegebene seyn zu können nicht
nur, sondern seyn zu sollen, kein quantitativer Unterschied mehr ist,
dieß ist für sich klar, so evident als irgend etwas in der Mathematik
evident seyn kann; damit aber ist über dy/dx = 0/0 nicht hinausgekommen
worden. Wenn dagegen dy/dx = p d.i. als ein bestimmtes quantitatives
Verhältniß, angenommen wird, wie dieß in der That der Fall ist, so
kommt umgekehrt die Voraussetzung, welche h = 0 gesetzt hat, in
Verlegenheit, eine Voraussetzung, durch welche allein k/h = p gefunden
wird. Giebt man aber zu, daß k/h = 0 ist, und mit h = 0 wird in der
That von selbst auch k = 0; denn der Zuwachs k zu y findet nur unter
der Bedingung statt, daß der Zuwachs h ist; so wäre zu sagen, was denn
p seyn solle, welches ein ganz bestimmter quantitativer Werth ist.
Hierauf giebt sich sogleich die einfache, trockne Antwort von selbst,
daß es ein Koefficient ist und aus welcher Ableitung er entsteht,—die
auf gewisse bestimmte Weise abgeleitete erste Funktion einer
ursprünglichen Funktion. Begnügte man sich damit, wie denn in der That
Lagrange sich der Sache nach damit begnügt hat, so wäre der allgemeine
Theil der Wissenschaft des Differential-Kalkuls und unmittelbar diese
seine Form selbst, welche die Theorie der Grenzen heißt, von den
Zuwächsen, dann deren unendlicher oder beliebiger Kleinheit, von der
Schwierigkeit, außer dem ersten Gliede oder vielmehr nur dem
Coefficienten des ersten Gliedes die weitern Glieder einer Reihe, als
welche durch die Einführung jener Zuwächse unabwendbar sich einfinden,
wieder wegzubringen, befreit; außerdem aber auch von dem weitern, was
damit zusammenhängt, von den formellen Kategorien vor allem des
Unendlichen, der unendlichen Annäherung, und der weitern hier ebenso
leeren Kategorien von kontinuirlicher Größe,[11] und welche man sonst,
wie Bestreben, Werden, Gelegenheit einer Veränderung für nöthig
erachtet, gereinigt. Aber dann würde gefordert zu zeigen, was denn p,
außer der, für die Theorie ganz genügenden trocknen Bestimmung, daß es
weiter nichts als eine aus der Entwickelung eines Binomiums abgeleitete
Funktion ist, noch für eine Bedeutung und Werth, d. i. welchen
Zusammenhang und Gebrauch für weiteres mathematisches Bedürfniß habe;
hiervon soll die zweite Anmerkung handeln.—Es folgt aber zunächst hier
noch die Auseinandersetzung der Verwirrung, welche durch den
angeführten, in den Darstellungen so geläufigen Gebrauch der
Vorstellung von Annäherung in das Auffassen der eigentlichen,
qualitativen Bestimmtheit des Verhältnisses, um das es zunächst zu thun
war, gebracht worden ist.

 [11] Die Kategorie von der kontinuirlichen oder fließenden Größe
 stellt sich mit der Betrachtung der äußerlichen und empirischen
 Veränderung der Größen, die durch eine Gleichung in die Beziehung, daß
 die Eine eine Funktion der Andern ist, gebracht sind, ein; da aber der
 wissenschaftliche Gegenstand der Differentialrechnung ein gewisses
 (durch den Differential-Koefficienten gewöhnlich ausgedrücktes)
 Verhältniß, welche Bestimmtheit ebensowohl Gesetz genannt werden kann,
 ist, so ist für diese specifische Bestimmtheit die bloße Kontinuität
 Theils schon eine fremdartige Seite, Theils aber auf allen Fall die
 abstrakte und hier leere Kategorie, da über das Gesetz der Kontinuität
 gar nichts damit ausgedrückt ist.—Auf welche formelle Definitionen
 dabei vollends verfallen wird, ist aus meines verehrten Hrn. Collegen,
 Prof. Dirksen, scharfsinniger allgemeinen Darstellung der
 Grundbestimmungen, die für die Deduktion des Differential-Kalkuls
 gebraucht werden, welche sich an die Kritik einiger neueren Werke über
 diese Wissenschaft anschließt und sich in den Jahrb. f. wissensch.
 Kritik, 1827 Nr. 153 ff., befindet, zu ersehen, es wird daselbst S.
 1251 sogar die Definition angeführt: "Eine stätige oder kontinuirliche
 Größe, Kontinuum, ist jede Größe, welche man sich im Zustande des
 Werdens gedenkt, so daß dieses Werden nicht sprungweise, sondern durch
 ununterbrochenen Fortgang geschieht." Das ist doch wohl tautologisch
 dasselbe, was das definitum ist.


Es ist gezeigt worden, daß die sogenannten unendlichen Differenzen das
Verschwinden der Seiten des Verhältnisses als Quantorum ausdrücken, und
daß das, was übrig bleibt, ihr Quantitätsverhältniß ist, rein insofern
es auf qualitative Weise bestimmt ist; das qualitative Verhältniß geht
hierin so wenig verloren, daß es vielmehr dasjenige ist, was eben durch
die Verwandlung endlicher Größen in unendliche resultirt. Hierin
besteht, wie wir gesehen, die ganze Natur der Sache.—So verschwinden im
letzten Verhältnisse z.B. die Quanta der Abscisse und Ordinate; aber
die Seiten dieses Verhältnisses bleiben wesentlich die eine, Element
der Ordinate, die andere Element der Abscisse. Indem die
Vorstellungsweise gebraucht wird, daß man die eine Ordinate sich der
anderen unendlich nähern läßt, so geht die vorher unterschiedene
Ordinate in die andere Ordinate, und die vorher unterschiedene Abscisse
in die andere Abscisse über; aber wesentlich geht nicht die Ordinate in
die Abscisse, oder die Abscisse in die Ordinate über. Das Element der
Ordinate,—um bei diesem Beispiele von veränderlichen Größen stehen zu
bleiben, ist nicht als der Unterschied einer Ordinate von einer anderen
Ordinate zu nehmen, sondern ist vielmehr als der Unterschied oder die
qualitative Größenbestimmung gegen das Element der Abscisse; das
Princip der einen veränderlichen Größe gegen das der andern steht im
Verhältnisse miteinander. Der Unterschied, indem er nicht mehr
Unterschied endlicher Größen ist, hat aufgehört, ein Vielfaches
innerhalb seiner selbst zu seyn; er ist in die einfache Intensität
zusammengesunken, in die Bestimmtheit eines qualitativen
Verhältnißmoments gegen das andere.

Diese Beschaffenheit der Sache wird aber dadurch verdunkelt, daß das,
was so eben Element z.B. der Ordinate genannt worden, so als Differenz
oder Inkrement gefaßt wird, daß es nur der Unterschied des Quantums
einer Ordinate zwischen dem Quantum einer andern Ordinate sey. Die
Grenze hat hiermit hier nicht den Sinn des Verhältnisses; sie gilt nur
als der letzte Werth, dem sich eine andere Größe von gleicher Art
beständig so nähere, daß sie von ihm, so wenig als man will,
unterschieden seyn könne, und daß das letzte Verhältniß, ein Verhältniß
der Gleichheit sey. So ist die unendliche Differenz das Schweben eines
Unterschieds eines Quantums von einem Quantum, und die qualitative
Natur, nach welcher dx wesentlich nicht eine Verhältnißbestimmung gegen
x, sondern gegen dy ist, tritt in der Vorstellung zurück. Man läßt
dx[hoch 2] gegen dx verschwinden, aber noch vielmehr verschwindet dx
gegen x, dieß heißt aber wahrhaftig: es hat nur ein Verhältniß zu
dy.—Es ist den Geometern in solchen Darstellungen immer vorzüglich
darum zu thun, die Annäherung einer Größe an ihre Grenze begreiflich zu
machen, und sich an diese Seite des Unterschiedes des Quantums vom
Quantum, wie er kein Unterschied und doch noch ein Unterschied ist, zu
halten. Aber die Annäherung ist ohnehin für sich eine nichts sagende
und nichts begreiflich machende Kategorie; dx hat die Annäherung
bereits im Rücken, es ist nicht nahe noch ein Näheres; und unendlich
nahe heißt selbst die Negation des Naheseyns und des Annäherns.

Indem es nun damit geschehen ist, daß die Inkremente oder unendlichen
Differenzen nur nach der Seite des Quantums, das in ihnen verschwindet,
und nur als Grenze desselben betrachtet worden sind, so sind sie so als
verhältnißlose Momente gefaßt. Es würde die unstatthafte Vorstellung
daraus folgen, daß es erlaubt sey, in dem letzten Verhältnisse etwa
Abscisse und Ordinate, oder auch Sinus, Cosinus, Tangente, Sinus versus
und was alles noch, einander gleich zu setzen.—Diese Vorstellung
scheint zunächst darin obzuwalten, wenn ein Bogen als eine Tangente
behandelt wird; denn auch der Bogen ist wohl inkommensurabel mft der
geraden Linie, und sein Element zunächst von anderer Qualität als das
Element der geraden Linie. Es scheint noch widersinniger und
unerlaubter, als die Verwechslung der Abscisse, Ordinate, des Sinus
versus, Cosinus u.s.f. wenn quadrata rotundis, wenn ein ob zwar
unendlich kleiner Theil des Bogens, für ein Stück der Tangente,
genommen, und somit als gerade Linie behandelt wird. —Allein diese
Behandlung ist von der gerügten Verwechslung wesentlich zu
unterscheiden; sie hat ihre Rechtfertigung darin, daß in dem Dreieck,
weilches das Element eines Bogens und die Elemente seiner Abscisse und
der Ordinate zu seinen Seiten hat, das Verhältniß dasselbe ist, als
wenn jenes Element des Bogens das Element einer geraden Linie, der
Tangente wäre; die Winkel, welche das wesentliche Verhältniß
konstituiren, d. i. dasjenige, das diesen Elementen bleibt, indem von
den ihnen zugehörigen endlichen Größen abstrahirt wird, sind die
nämlichen.—Man kann sich hierüber auch ausdrücken, gerade Linien, als
unendlichklein, seyen in krumme Linien übergegangen, und das Verhältniß
ihrer in ihrer Unendlichkeit sey ein Kurvenverhältniß. Da nach ihrer
Definition die gerade Linie der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist,
so gründet sich ihr Unterschied von krummer Linie auf die Bestimmung
von Menge, auf die geringere Menge des Unterscheidbaren auf diesem
Wege, was also eine Bestimmung von Quantum Ist. Aber diese Bestimmung
verschwindet in ihr, sie als intensive Größe, als unendliches Moment,
als Element genommen; somit auch ihr Unterschied von der krummen Linie,
der bloß auf dem Quantumsunterschiede beruhte.—Also als unendlich
behält gerade Linie und Bogen kein quantitatives Verhältniß und damit,
auf den Grund der angenommenen Definition, auch keine qualitative
Verschiedenheit mehr gegeneinander, sondern geht jene vielmehr in diese
über.

Verwandt, jedoch zugleich verschieden, von der Gleichsetzung
heterogener Bestimmungen ist die für sich unbestimmte und völlig
gleichgültige Annahme, daß unendlich kleine Theile desselben Ganzen
einander gleich seyen; jedoch angewandt auf einen in sich heterogenen
d. i. mit wesentlicher Ungleichförmigkeit der Größebestimmung
behafteten Gegenstand, bringt sie die eigenthüniliche Verkehrung
hervor, die in dem Satze der höhern Mechanik enthalten ist, daß in
gleichen und zwar unendlichkleinen Zeiten unendlichkleine Theile einer
Kurve in gleichförmiger Bewegung durchloffen werden, indem dieß von
einer Bewegung behauptet wird, in der in gleichen endlichen d. i.
existirenden Zeittheilen endliche, d. i. existirende ungleiche Theile
der Kurve durchloffen werden, d. i. also von einer Bewegung, die als
existirend ungleichförmig ist und so angenommen wird. Dieser Satz ist
der Ausdruck desjenigen in Worten, was ein analytisches Glied, das sich
in der oben auch angeführten Entwickelung der Formel von
ungleichförmiger übrigens einem Gesetze gemäßen Bewegung ergiebt,
bedeuten soll. Ältere Mathematiker suchten Ergebnisse der neu
erfundenen Infinitesimal-Rechnung, die ohnehin immer mit konkreten
Gegenständen zu thun hatte, in Worte und Sätze auszudrücken und sie in
geometrischen Verzeichnungen darzustellen, wesentlich um sie für die
Lehrsätze nach gewöhnlicher Beweise-Art zu gebrauchen. Die Glieder
einer mathematischen Formel, in welche die analytische Behandlung die
Größe des Gegenstands z.B. der Bewegung zerlegte, erhielten dort eine
gegenständliche Bedeutung, z.B. der Geschwindigkeit, beschleunigende
Kraft u.s.f. sie sollten nach solcher Bedeutung richtige Sätze,
physikalische Gesetze geben und nach der analytischen Verbindung auch
ihre objektiven Verknüpfungen und Verhältnisse bestimmt seyn, wie z.B.
eben daß in einer gleichförmig beschleunigten Bewegung eine besondere
den Zeiten proportionale Geschwindigkeit existire, außerdem aber ein
Zuwachs von der Kraft der Schwere her, immer hinzukomme. Solche Sätze
werden in der modernen, analytischen Gestalt der Mechanik durchaus als
Ergebnisse des Kalkuls aufgeführt unbekümmert darum, ob sie einen
reellen Sinn d. i. dem eine Existenz entspräche, für sich an ihnen
selbst hätten, und um einen Beweis eines solchen; die Schwierigkeit,
den Zusammenhang solcher Bestimmungen, wenn sie im ausgesprochenen
reellen Sinn genommen werden, z.B. den Übergang von jener
schlechtgleichförmigen Geschwindigkeit zu einer gleichförmigen
beschleunigten, begreifflich zu machen, gilt dafür, durch die
analytische Behandlung ganz beseitigt zu seyn, als in welcher solcher
Zusammenhang einfache Folge der nunmehrigen festen Autorität der
Operationen des Kalkuls ist. Es wird für einen Triumph der Wissenschaft
ausgegeben, durch den bloßen Kalkul über die Erfahrung hinaus Gesetze,
d. i. Sätze der Existenz, die keine Existenz haben, zu finden. Aber in
der erstern noch naiven Zeit des Infinitesimal-Kalkuls sollte von jenen
Bestimmungen und Sätzen, in geometrischen Verzeichnungen vorgestellt,
ein reeller Sinn für sich angegeben und plausibel gemacht, und sie in
solchem Sinne zum Beweise von den Hauptsätzen, um die es zu thun war,
angewendet werden, (—man sehe den newtonischen Beweis von seinem
Fundamentalsatze der Theorie der Gravitation in den Princ. mathem.
philosophiae naturalis lib. I. Sect. II. Prop. I. verglichen mit
Schuberts Astronomie (erster Ausg. III. B. §. 20), wo zugestanden wird,
daß es sich nicht genau so, d. i. in dem Punkte, welcher der Nerv des
Beweises ist, sich nicht so verhalte, wie Newton annimmt—).

Es wird nicht geläugnet werden können, daß man sich in diesem Felde
vieles als Beweis, vornehmlich unter der Beihülfe des Nebels des
Unendlich-Kleinen hat gefallen lassen, aus keinem andern Grunde als
dem, daß das, was herauskam, immer schon vorher bekannt war, und der
Beweis, der so eingerichtet wurde, daß es herauskam, wenigstens den
Schein eines Gerüstes von Beweis zu Stande brachte;—einen Schein, den
man dem bloßen Glauben oder dem Wissen aus Erfahrung immer noch vorzog.
Ich aber trage kein Bedenken, diese Manier für nicht mehr als eine
bloße Taschenspielerei und Charlatanerie des Beweisens anzusehen, und
hierunter selbst newtonische Beweise zu rechnen, ins Besondere die zu
dem so eben angeführten gehörigen, wegen welcher man Newton bis an den
Himmel und über Keppler erhoben hat, das was dieser bloß durch
Erfahrung gefunden, mathematisch dargethan zu haben.

Das leere Gerüste solcher Beweise wurde errichtet, um physische Gesetze
zu beweisen. Aber die Mathematik vermag überhaupt nicht
Größenbestimmungen der Physik zu beweisen, insofern sie Gesetze sind,
welche die qualitative Natur der Momente zum Grunde haben; aus dem
einfachen Grunde, weil diese Wissenschaft nicht Philosophie ist, nicht
vom Begriffe ausgeht, und das Qualitative daher, insofern es nicht
lemmatischerweise aus der Erfahrung aufgenommen wird, außer ihrer
Sphäre liegt. Die Behauptung der Ehre der Mathematik, daß alle in ihr
vorkommenden Sätze streng bewiesen seyn sollen, ließ sie ihre Grenze
oft vergessen; so schien es gegen ihre Ehre, für Erfahrungssätze
einfach die Erfahrung als Quelle und als einzigen Beweis anzuerkennen;
später ist das Bewußtseyn hierüber gebildeter geworden; eh dieses aber
über den Unterschied sich nicht klar wird, was mathematisch beweisbar
ist und was nur anderwärts genommen werden kann, wie darüber was nur
Glieder analytischer Entwickelung und was physikalische Existenzen
sind, kann die Wissenschaftlichkeit sich nicht zu strenger und reiner
Haltung herausbilden.—Jenem Gerüste newtonischen Beweisens aber wird
ohne Zweifel noch dasselbe Recht widerfahren, das einem anderen
grundlosen newtonischen Kunstgebäude aus optischen Experimenten und
damit verbundenem Schließen angethan worden ist. Die angewandte
Mathematik ist noch voll von einem gleichen Gebräue aus Erfahrung und
Reflexion, aber wie vonjener Optik seit geraumer Zeit bereits ein Theil
nach dem andern anfing in der Wissenschaft faktisch ignorirt zu werden
mit der Inkonsequenz jedoch, das Übrige obgleich damit Widersprechende
noch gewähren zu lassen, —so ist es auch Faktum, daß bereits ein Theil
jener trügerischen Beweise, von selbst in Vergessenheit gerathen oder
durch andere ersetzt worden ist.

Anmerkung 2.Der Zweck des Differentialkalkuls aus seiner Anwendung
abgeleitet.

In der vorigen Anmerkung ist Theils die Begriffsbestimmtheit des
Unendlich-Kleinen, das in dem Differential-Kalkul gebraucht wird,
Theils die Grundlage seiner Einführung in denselben betrachtet worden;
Beides sind abstrakte und darum an sich auch leichte Bestimmungen; die
sogenannte Anwendung aber bietet größere Schwierigkeiten sowohl als
auch die interessantere Seite dar; die Elemente dieser konkreten Seite
sollen der Gegenstand dieser Anmerkung seyn.—Die ganze Methode der
Differentialrechnung ist in dem Satze, daß dx[hoch n] = nx[hoch n 1]dx,
oder f(x+i)-fx/i = P, d.i. gleich dem Koefficienten des ersten Gliedes
des nach den Potenzen von dx oder i entwickelten Binomiums x + d, x +
i, absolvirt. Man bedarf weiter nichts zu erlernen; die Ableitung der
nächsten Formen, des Differentials eines Produkts, einer
Exponentialgröße und sofort ergiebt sich daraus mechanisch; in wenig
Zeit, vielleicht in einer halben Stunde—mit dem Finden der
Differentiale ist das umgekehrte, das Finden der ursprünglichen
Funktion aus jenen, die Integration gleichfalls gegeben,—kann man die
ganze Theorie inne haben. Was allein länger aufhält, ist die Bemühung
es einzusehn, begreifflich zu machen, daß nachdem der eine Umstand der
Aufgabe, das Finden jenes Koefficienten, auf analytische d. i. ganz
arithmetische Weise, durch die Entwickelung der Funktion der
veränderlichen Größe, nachdem diese durch einen Zuwachs die Form eines
Binomiums erhalten, so leicht bewerkstelligt worden, es auch mit dem
andern Umstand, nämlich mit dem Weglassen der übrigen Glieder der
entstehenden Reihe außer den ersten, seine Richtigkeit habe. Wäre es
der Fall, daß man jenen Koefficienten allein nöthig hätte, so wäre mit
der Bestimmung desselben Alles, was die Theorie betrifft, —wie gesagt
in weniger als einer halben Stunde abgethan, und das Weglassen der
weitern Glieder der Reihe machte so wenig eine Schwierigkeit, daß
vielmehr von ihnen, als Gliedern der Reihe (als zweiten, dritten u.s.f.
Funktionen ist ihre Bestimmung schon mit der Bestimmung des ersten
gleichfalls absolvirt), gar nicht die Rede wäre, da es um sie ganz und
gar nicht zu thun ist.

Es kann die Bemerkung vorangeschickt werden, daß man es der Methode des
Differentialkalkuls wohl sogleich ansieht, daß sie nicht für sich
selbst erfunden und aufgestellt worden ist; sie ist nicht nur nicht für
sich begründet, als eine andere Weise analytischen Verfahrens, sondern
die Gewaltsamkeit, Glieder, die sich aus Entwickelung einer Funktion
ergeben, indem doch das Ganze dieser Entwickelung vollständig zur Sache
zu gehören angenommen ist,—weil die Sache als der Unterschied

der entwickelten Funktion einer veränderlichen Größe, nachdem dieser
die Gestalt eines Binomiums gegeben worden, von der ursprünglichen,
angesehen wird,—geradezu wegzulassen, widerspricht vielmehr durchaus
allen mathematischen Grundsätzen. Das Bedürfniß solcher
Verfahrungsweise, wie die ihr an ihr selbst mangelnde Berechtigung,
weist sogleich darauf hin, daß anderswo der Ursprung und die Grundlage
sich befinden müsse. Es geschieht auch sonst in den Wissenschaften, daß
das, was als das Elementarische vornehin gestellt ist und woraus die
Sätze der Wissenschaft abgeleitet werden sollen, nicht einleuchtend
ist, und daß es sich ausweist, vielmehr in dem Nachfolgenden seine
Veranlassung und seine Begründung zu haben. Der Hergang in der
Geschichte des Differential-Kalkuls thut dar, daß er in den
verschiedenen sogenannten Tangential-Methoden vornehmlich, die Sache
gleichsam als in Kunststücken, den Anfang genommen hat; die Art des
Verfahrens, nachdem es auch auf weitere Gegenstande ausgedehnt worden,
ist spater zum Bewußtseyn und in abstrakte Formeln gebracht worden,
welche nun auch zu Principien zu erheben versucht wurde.

Als die Begriffsbestimmtheit des sogenannten Unendlich-Kleinen ist die
qualitative Quantitäts-Bestimmtheit solcher, die zunächst als Quanta im
Verhältniß zu einander gesetzt sind, aufgezeigt worden, woran sich die
empirische Untersuchung knüpfte, jene Begriffs-Bestimmtheit in den
Beschreibungen oder Definitionen nachzuweisen, die sich von dem
Unendlich-Kleinen, insofern es als unendliche Differenz und dergleichen
genommen ist, vorfinden.—Dieß ist nur im Interesse der abstrakten
Begriffsbestimmtheit als solcher geschehen; die weitere Frage wäre, wie
von ihr der Übergang zur mathematischen Gestaltung und Anwendung
beschaffen wäre. Zu dem Ende ist zuerst das Theoretische, die
Begriffsbestimmtheit, noch weiter vorzunehmen, welche sich an ihr
selbst nicht ganz unfruchtbar zeigen wird; alsdenn ist das Verhältniß
derselben zur Anwendung zu betrachten, und bei beidem nachzuweisen, so
weit es hier angeht, daß die allgeineinen Folgerungen zugleich
demjenigen, um was es in der Differentialrechnung zu thun ist, und der
Art, wie sie es bewerkstelligt, angemessen sind.

Zunächst ist daran zu erinnern, daß die Form, welche die in Rede
stehende Begriffsbestimmtheit im Mathematischen hat, bereits beiläufig
angegeben ist. Die qualitative Bestimmtheit des Quantitativen ist
zuerst im quantitativen Verhältniß überhaupt aufgewiesen, es ist aber
auch schon bei der Nachweisung der unterschiedenen sogenannten
Rechnungsarten (s. d. betreff. Anm.) anticipirt worden, daß das nachher
an seiner eigenthümlichen Stelle noch zu betrachtende
Potenzenverhältniß es ist, worin die Zahl durch Gleichsetzung ihrer
Begriffsmomente, der Einheit und der Anzahl als zu sich selbst
zurückgekehrte gesetzt ist, und damit das Moment der Unendlichkeit, des
Fürsichseyns, d. i. des Bestimmtseyns durch sich selbst, an ihr erhält.
Die ausdrückliche qualitative Größenbestimmtheit bezieht sich somit,
wie gleichfalls schon erinnert, wesentlich auf Potenzenbestimmungen,
und da die Differentialrechnung das Specifische hat, mit qualitativen
Größenformen zu operiren, so muß ihr eigenthümlicher mathematischer
Gegenstand die Behandlung von Potenzenformen seyn, und die sämmtlichen
Aufgaben und deren Auflösungen, zu deren Behuf die Differentialrechnung
gebraucht wird, zeigen es, daß das Interesse allein in der Behandlung
von Potenzenbestimmungen als solchen liegt.

So wichtig diese Grundlage ist, und sogleich an die Spitze etwas
Bestimmtes stellt, statt der bloß formellen Kategorien von
veränderlichen, kontinuirlichen oder unendlichen Größen und
dergleichen, oder auch nur von Funktionen uberhaupt, so ist sie noch zu
allgemein; andere Operationen haben gleichfalls damit zu thun; schon
das Erheben in die Potenz und Wurzelausziehen, dann die Behandlung der
Exponentialgrößen und Logarithmen, Reihen, die Gleichungen höherer
Ordnungen haben ihr Interesse und ihre Bemühung allein mit
Verhältnissen, die auf Potenzen beruhen. Ohne Zweifel müssen sie
zusammen ein System der Potenzenbehandlung ausmachen; aber welches
unter den verschiedenen Verhältnissen, worein Potenzenbestimmungen
gesetzt werden können, dasjenige sey, das der eigentliche Gegenstand
und das Interesse für die Differentialrechnung ist, dieß ist aus dieser
selbst, d. i. aus den sogenannten Anwendungen derselben zu entnehmen.
Diese sind in der That die Sache selbst, das wirkliche Verfahren in der
mathematischen Auflösung eines gewissen Kreises von Problemen; dieß
Verfahren ist früher gewesen, als die Theorie oder der allgemeine
Theil, und Anwendung ist dasselbe später genannt worden nur in
Beziehung auf die nachher erschaffene Theorie, welche die allgemeine
Methode des Verfahrens Theils aufstellen, Theils ihr aber Principien,
d. i. Rechtfertigung geben wollte. Welche vergebliche Bemühung es
gewesen ist, für die bisherige Auffassungsweise des Verfahrens
Principien aufzufinden, welche den Widerspruch, der dabei zum Vorschein
kommt, wirklich lösten, statt ihn nur durch die Unbedeutenheit des nach
dem mathematischen Verfahren nothwendigen hier aber wegzulassenden,
oder durch die auf dasselbe hinauslaufende Möglichkeit der unendlichen
oder beliebigen Annäherung und dergleichen zu entschuldigen oder zu
verstecken, ist in voriger Anmerkung gezeigt worden. Wenn aus dem
wirklichen Theile der Mathematik, der die Differentialrechnung genannt
wird, das Allgemeine des Verfahrens anders abstrahirt würde, als bisher
geschehen ist, so würden sich jene Principien und die Bemühung mit
denselben auch als entbehrlich zeigen, wie sie an ihnen selbst sich als
etwas Schiefes und im Widerspruche Bleibendes ausweisen.

Wenn wir diesem Eigenthümlichen durch einfaches Aufnehmen des in diesem
Theile der Mathematik Vorhandenen nachforschen, so finden wir als
Gegenstand à) Gleichungen, in welchen eine beliebige Anzahl von Größen
(wir können hier überhaupt bei zwei stehen bleiben) zu einem Ganzen der
Bestimmtheit so verbunden sind, daß diese erstens ihre Bestimmtheit in
empirischen Größen, als festen Grenzen und dann in der Art der
Verbindung mit denselben, so wie ihrer Verbindung untereinander, haben;
wie dieß überhaupt in einer Gleichung der Fall ist; indem aber nur Eine
Gleichung für beide Größen (und ebenso relativ wohl mehrere Gleichungen
für mehrere Größen, aber immer weniger, als die Anzahl der Größen ist—)
vorhanden ist, gehören diese Gleichungen zu den unbestimmten; und daß
zweitens eine Seite, wie diese Größen hier ihre Bestimmtheit haben,
darin liegt, daß sie (wenigstens eine derselben) in einer höhern, als
die erste Potenz, in der Gleichung vorhanden sind.

Hierüber sind zunächst einige Bemerkungen zu machen, für's Erste, daß
die Größen nach der ersten der angegebenen Bestimmungen ganz nur den
Charakter solcher veränderlichen Größen haben, wie sie in den Aufgaben
der unbestimmten Analysis vorkommen. Ihr Werth ist unbestimmt, aber so
daß wenn anderswoher ein vollkommen bestimmter Werth, d. i. ein
Zahlenwerth für die eine kommt, auch die andere bestimmt, so die eine,
eine Funktion der andern, ist. Die Kategorien von veränderlichen
Größen, Funktionen und dergleichen sind darum für die specifische
Größebestimmtheit, die hier in Rede steht, nur formell, wie vorhin
gesagt worden ist, weil sie von einer Allgemeinheit sind, in welcher
dasjenige Specifische, worauf das ganze Interesse des
Differentialkalkuls geht, noch nicht enthalten ist, noch daraus durch
Analyse explicirt werden kann; sie sind für sich einfache,
unbedeutende, leichte Bestimmungen, die nur erst schwierig gemacht
werden, insofern das in sie gelegt werden soll, damit es dann aus ihnen
abgeleitet werden könne, was nicht in ihnen liegt, nämlich die
specifische Bestimmung der Differentialrechnung. —Was alsdenn die
sogenannte Konstante betrifft, so kann über sie bemerkt werden, daß sie
zunächst als eine gleichgültige empirische Größe ist, bestimmend für
die veränderlichen Größen bloß in Ansehung ihres empirischen Quantums,
als Grenze ihres Minimums und Maximums; die Art der Verbindung aber der
Konstanten mit den veränderlichen Größen ist selbst eines der Momente
für die Natur der besonderen Funktion, welche diese Größen sind.
Umgekehrt sind aber auch die Konstanten selbst Funktionen; insofern
z.B. eine gerade Linie den Sinn hat, Parameter einer Parabel zu seyn,
so ist dieser ihr Sinn dieß, daß sie die Funktion y[hoch 2]/x ist; wie
in der Entwickelung des Binomiums überhaupt, die Konstante, welche der
Koefficient des ersten Entwickelungsgliedes ist, die Summe der Wurzeln,
der des zweiten, die Summe der Produkte derselben zu zwei und zwei
u.s.f. also diese Konstanten hier überhaupt Funktionen der Wurzeln
sind; wo in der Integralrechnung die Konstante aus der gegebenen Formel
bestimmt wird, wird sie insofern als eine Funktion von dieser
behandelt. Jene Koefficienten werden wir dann weiter in einer anderen
Bestimmung als Funktionen betrachten, deren Bedeutung im Konkreten es
ist, worauf das ganze Interesse geht.

Das Eigenthümliche nun aber, wodurch die Betrachtung der veränderlichen
Größen sich in der Differentialrechnung von ihrer Beschaffenheit in den
unbestimmten Aufgaben unterscheidet, ist in das Angegebene zu setzen,
daß wenigstens eine jener Größen oder auch alle sich in einer höhern
Potenz als die erste befinde, wobei wieder gleichgültig ist, ob
sämmtliche von derselben höhern oder von ungleichen Potenzen sind; ihre
specifische Unbestimmtheit, die sie hier haben, liegt allein darin, daß
sie in solchem Potenzenverhältnisse Funktionen von einander sind.
Dadurch ist die Veränderung der veränderlichen Größen qualitativ
determinirt, damit kontinuirlich, und diese Kontinuität, die für sich
wieder nur die formelle Kategorie überhaupt einer Identität, einer sich
in der Veränderung erhaltenden, gleichbleibenden Bestimmtheit ist, hat
hier ihren determinirten Sinn und zwar allein in dem
Potenzenverhältnisse, als welches kein Quantum zu seinem Exponenten
hat, und die nicht quantitative, bleibende Bestimmtheit des
Verhältnisses der veränderlichen Größen ausmacht. Daher ist gegen einen
andern Formalismus die Bemerkung zu machen, daß die erste Potenz nur
Potenz im Verhältniß zu höhern ist; für sich ist x nur irgend ein
unbestimmtes Quantum. So hat es keinen Sinn, für sich die Gleichungen y
= ax + b, der geraden Linie oder s = ct die der schlechtgleichförmigen
Geschwindigkeit zu differentiren; wenn aus y = ax, oder auch aus y = ax
+ b, a = dy/dx, oder ds/dt = c aus s = ct wird, so ist ebenso sehr a =
y/x, die Bestimmung der Tangente oder s/t = c. die der schlechten
Geschwindigkeit. Letztere wird als dy/dx exponirt im Zusammenhange
dessen, was für die Entwickelung der gleichförmig beschleunigten
Bewegung ausgegeben wird; aber daß ein Moment von einfacher,
schlechtgleichförmiger, d. i. nicht durch die höhere Potenz eines der
Momente der Bewegung bestimmter Geschwindigkeit, im Systeme solcher
Bewegung vorkomme, ist, wie früher bemerkt, selbst eine leere, allein
in der Routine der Methode gegründete Annahme. Indem die Methode von
der Vorstellung des Zuwachses, den die veränderliche Größe erleiden
solle, ausgeht, so kann Freilich auch eine solche, die nur eine
Funktion von erster Potenz ist, auch einen Zuwachs erleiden; wenn nun
hierauf, um das Differential zu finden, der Unterschied der hierdurch
entstandenen zweiten Gleichung von der gegebenen genommen werden soll,
so zeigt sich das Leere der Operation, daß, wie bemerkt, die Gleichung
vor und nach derselben, für die sogenannten Zuwächse dieselbe ist als
für die veränderlichen Größen selbst.

ß) Durch das Gesagte ist die Natur der zu behandelnden Gleichung
bestimmt, und es ist nun anzugeben, auf welches Interesse sich die
Behandlung derselben gerichtet findet. Diese Betrachtung kann nur
bekannte Resultate, wie sie der Form nach in der Lagrange'schen
Auffassung insbesondere vorhanden sind, geben; aber ich habe die
Exposition so ganz elementarisch angestellt, um die damit vermischten
heterogenen Bestimmungen zu entfernen.—Als die Grundlage der Behandlung
der Gleichung von angegebener Art zeigt sich, daß die Potenz innerhalb
ihrer selbst als ein Verhältniß, als ein System von
Verhältnißbestimmungen, gefaßt wird. Die Potenz ist oben als die Zahl
angegeben worden, insofern sie dazu gekommen ist, daß ihre Veränderung
durch sie selbst bestimmt, ihre Momente, Einheit und Anzahl identisch
ist, wie früher nachgewiesen, vollkommen zunächst im Quadrat,
formeller, was hier keinen Unterschied macht, in den höhern Potenzen.
Die Potenz nun, da sie als Zahl—wenn man den Ausdruck Größe als den
allgemeinern vorzieht, so ist sie an sich immer die Zahl,—eine Menge
ist, auch als Summe dargestellt, kann zunächst innerhalb ihrer in eine
beliebige Menge von Zahlen zerlegt werden, die ohne alle weitere
Bestimmung gegen einander und gegen ihre Summe sind, als nur daß sie
zusammen dieser gleich sind. Aber die Potenz kann auch in eine Summe
von solchen Unterschieden discernirt werden, die durch die Form der
Potenz bestimmt sind. Wird die Potenz als Summe genommen, so ist auch
die Grundzahl derselben, die Wurzel als Summe gefaßt, und beliebig nach
mannigfaltiger Zerlegung, welche Mannigfaltigkeit aber das
gleichgültige empirisch-Quantitative ist. Die Summe als welche die
Wurzel seyn soll, auf ihre einfache Bestimmtheit, d. i. ihre wahrhafte
Allgemeinheit zurückgeführt, ist das Binomium; alle weitere Vermehrung
der Glieder ist eine bloße Wiederholung derselben Bestimmung und daher
etwas Leeres.[12] Worauf es ankommt, ist allein die, hiermit
qualitative Bestimmtheit der Glieder, welche sich durch die Potenzirung
der als Summe angenommenen Wurzel ergiebt, welche Bestimmtheit allein
in der Veränderung, die das Potenziren ist, liegt. Diese Glieder sind
somit ganz Funktionen der Potenzirung und der Potenz. Jene Darstellung
nun der Zahl, als Summe einer Menge von solchen Gliedern, welche
Funktionen der Potenzirung sind, alsdenn das Interesse, die Form
solcher Funktionen, und ferner diese Summe aus der Menge solcher
Glieder, zu finden, insofern dieses Finden allein von jener Form
abhängen muß,—dieß macht bekanntlich die besondere Lehre von den Reihen
aus. Aber hierbei haben wir wesentlich das fernere Interesse zu
unterscheiden, nämlich das Verhältniß der zu Grunde liegenden Größe
selbst, deren Bestimmtheit, insofern sie ein Komplex d. i. hier eine
Gleichung, ist, eine Potenz in sich schließt, —zu den Funktionen ihrer
Potenzirung. Dieß Verhältniß, ganz abstrahirt von dem vorhin genannten
Interesse der Summe wird sich als der Gesichtspunkt zeigen, der sich
als der einzige, den die Differentialrechnung sich vorsetzt, aus der
wirklichen Wissenschaft ergiebt.

 [12] Es gehört nur zum Formalismus derjenigen Allgemeinheit, auf
 welche die Analysis nothwendigen Anspruch macht, wenn statt (a +
 b)[hoch n] für die Potenzenentwicklung zu nehmen, (a + b + c +
 d…)[hoch n] gesagt wird, wie dieß auch in vielen andern Fällen gethan
 wird; es ist solche Form, so zu sagen, nur für eine Koketterie des
 Scheins der Allgemeinheit zu halten; in dem Binomium ist die Sache
 erschöpft; es wird durch dessen Entwickelung das Gesetz gefunden, und
 das Gesetz ist die wahrhafte Allgemeinheit, nicht die äußerliche nur
 leere Wiederholung des Gesetzes, welche allein es ist, die durch jenes
 a + b + c + d… hervorgebracht wird.


Es ist jedoch vorher noch eine Bestimmung zu dem Gesagten hinzuzufügen,
oder vielmehr eine, die darin liegt, zu entfernen. Es wurde nämlich
gesagt, daß die veränderliche Größe, in deren Bestimmung die Potenz
eintritt, angesehen werde, innerhalb ihrer selbst als Summe und zwar
als ein System von Gliedern, insofern diese Funktionen der Potenzirung
sind, womit auch die Wurzel als eine Summe, und in der einfach
bestimmten Form als Binomium betrachtet werde; x[hoch n] = (y + z)[hoch
n] = (y + ny[hoch n-1] z +….) Diese Darstellung ging für die
Entwickelung der Potenz, d. i. für das Erlangen ihrer
Potenzirungsfunktionen, von der Summe als solcher aus; es ist jedoch
hier nicht um eine Summe als solche noch um die daraus entspringende
Reihe zu thun, sondern von der Summe ist nur die Beziehung aufzunehmen.
Die Beziehung als solche der Größen ist das was einer Seits übrig
bleibt, nachdem von dem plus einer Summa als solcher abstrahirt wird,
und was anderer Seits für das Finden der EntwicklungsFunktionen der
Potenz erforderlich ist. Solche Beziehung aber ist schon darin
bestimmt, daß hier der Gegenstand eine Gleichung, y[hoch m] = ax[hoch
n] auch schon ein Komplex von mehrern (veränderlichen) Größen ist, der
eine Potenzenbestimmung derselben enthält. In diesem Komplex ist jede
dieser Größen schlechthin als in der Beziehung auf die andere mit der
Bedeutung, könnte man sagen, eines plus an ihr selbst,—als Funktion der
andern Größen gesetzt; ihr Charakter, Funktionen von einander zu seyn,
giebt ihnen diese Bestimmung des plus, eben damit aber eines ganz
unbestimmten, nicht eines Zuwachses, Inkrements und dergleichen. Doch
diesen abstrakten Gesichtspunkt konnten wir auch auf der Seite lassen;
es kann ganz einfach dabei stehen geblieben werden, daß nachdem die
veränderlichen Größen in der Gleichung als Funktionen von einander, so
daß diese Bestimmtheit ein Verhältniß von Potenzen enthält, gegeben
sind, nun auch die Funktionen der Potenzirung einer jeden mit einander
verglichen werden,—welche zweiten Funktionen durch gar nichts Anderes
weiter als durch die Potenzirung selbst bestimmt sind. Es kann zunächst
für ein Belieben oder eine Möglichkeit ausgegeben werden, eine
Gleichung von den Potenzen ihrer veränderlichen Größen auf ein
Verhältniß ihrer Entwickelungsfunktionen zu setzen; ein weiterer Zweck,
Nutzen, Gebrauch hat erst das Dienliche solcher Umgestaltung davon
anzugeben; durch ihre Nützlichkeit allein ist jene Umstellung veranlaßt
worden. Wenn vorhin von der Darstellung dieser Potenzirungsbestimungen
an einer Größe, die als Summe in sich different genommen werde,
ausgegangen worden, so diente dieß nur Theils zur Angabe von welcher
Art solche Funktionen seyen, Theils liegt darin die Weise sie zu
finden.

Wir befinden uns hiermit bei der gewöhnlichen analytischen
Entwickelung, die für den Zweck der Differentialrechnung so gefaßt
wird, daß der veränderlichen Größe ein Zuwachs, dx, i gegeben und nun
die Potenz des Binomiums durch die Gliederreihe, die ihm angehört,
explicirt wird. Der sogenannte Zuwachs aber soll nicht ein Quantum, nur
eine Form seyn, deren ganzer Werth ist, zur Entwickelung behülflich zu
seyn; was man eingestandenermaßen, am bestimmtesten von Euler und
Lagrange, und in der früher erwähnten Vorstellung der Grenze, will,
sind nur die sich ergebende Potenzenbestimmungen der veränderlichen
Größen, die sogenannten Koefficienten zwar des Zuwachses und der
Potenzen desselben, nach denen die Reihe sich ordnet und zu denen die
unterschiedenen Koefficienten gehören. Es kann hierzu etwa bemerkt
werden, daß indem nur um der Entwickelung willen ein Zuwachs angenommen
ist, der ohne Quantum sey, es am geschicktesten gewesen wäre, (das
Eins) dafür zu nehmen, indem derselbe in der Entwickelung immer nur als
Faktor vorkommt, womit eben der Faktor Eins den Zweck erfüllt, daß
keine quantitative Bestimmtheit und Veränderung durch den Zuwachs
gesetzt werden solle; dagegen dx mit der falschen Vorstellung von einer
quantitativen Differenz, und andere Zeichen, wie i, mit dem hier
unnützen Scheine von Allgemeinheit behafftet, immer das Aussehen und
die Prätension von einem Quantum und dessen Potenzen haben; welche
Prätension dann die Mühe herbeibringt, sie dessenungeachtet
wegzubringen und wegzulassen. Um die Form einer nach Potenzen
entwickelten Reihe zu behalten, könnten die Exponentenbezeichnungen als
indices ebenso gut dem Eins angefügt werden. Aber es muß ohnehin von
der Reihe und von der Bestimmung der Koefficienten nach der Stelle, die
sie in der Reihe haben, abstrahirt werden, das Verhältniß zwischen
allen ist dasselbe; die zweite Funktion wird ganz ebenso aus der
ersten, als diese aus der ursprünglichen abgeleitet, und für die als
die zweite gezählte ist die erste abgeleitete wieder ursprüngliche
Funktion. Wesentlich aber geht das Interesse nicht auf die Reihe,
sondern ganz allein auf die sich aus der Entwickelung ergebende
Potenzenbestimmung in ihrem Verhältniß zu der für sie unmittelbaren
Größe. Anstatt also jene als den Koefficienten des ersten Gliedes der
Entwickelung zu bestimmen, da ein Glied als das erste in Beziehung auf
die andern in der Reihe folgenden bezeichnet wird, eine solche Potenz
als eines Zuwachses aber, wie die Reihe selbst hierher nicht gehören,
wäre der bloße Ausdruck abgeleitete Potenzenfunktion oder wie vorhin
gesagt wurde, eine Funktion des Potenzirens der Größe vorzuziehen,
wobei als bekannt vorausgesetzt wird, auf welche Weise die Ableitung
als innerhalb einer Potenz eingeschlossene Entwickelung genommen wird.

Wenn nun der eigentliche mathematische Anfang in diesem Theile der
Analytik nichts weiter ist, als das Finden der durch die
Potenzen-Entwickelung bestimmten Funktion, so ist die weitere Frage,
was mit dem damit erhaltenen Verhältnisse anzufangen ist, wo es eine
Anwendung und Gebrauch hat, oder in der That, für welchen Zweck solche
Funktionen gesucht werden. Durch das Finden von Verhältnissen, an
konkreten Gegenständen, welche sich auf jene abstrakte analytische
zurückführen lassen, hat die Differentialrechnung ihr großes Interesse
erhalten.

Über die Anwendbarkeit aber ergiebt sich zunächst aus der Natur der
Sache, ohne noch aus den Fällen der Anwendung selbst zu schließen,
vermöge der aufgezeigten Gestalt der Potenzenmomente, von selbst
Folgendes. Die Entwickelung der Potenzengrößen, wodurch sich die
Funktionen ihrer Potenzirung ergeben, enthält, von näherer Bestimmung
abstrahirt, zunächst überhaupt die Herabsetzung der Größe auf die
nächst niedrigere Potenz. Die Anwendbarkeit dieser Operation findet
also bei solchen Gegenständen statt, bei welchen gleichfalls ein
solcher Unterschied von Potenzenbestimmungen vorhanden ist. Wenn wir
nun auf die Raumbestimmtheit reflektiren, so finden wir, daß sie die
drei Dimensionen enthält, die wir, um sie von den abstrakten
Unterschieden der Höhe, Länge und Breite zu unterscheiden, als die
konkreten bezeichnen können, nämlich die Linie, die Fläche und den
totalen Raum; und indem sie in ihren einfachsten Formen und in
Beziehung auf Selbstbestimmung und damit auf analytische Dimensionen
genommen werden, haben wir die gerade Linie, die ebene Fläche und
dieselbe als Quadrat, und den Kubus. Die gerade Linie hat ein
empirisches Quantum, aber mit der Ebene tritt das Qualitative, die
Potenzenbestimmung ein; nähere Modificationen, z.B. daß dieß gleich
auch mit den ebenen Kurven geschieht, können wir, insofern es zunächst
um den Unterschied bloß im Allgemeinen zu thun ist, unerörtert lassen.
Hiermit entsteht auch das Bedürfniß, von einer höheren
Potenzenbestimmung zu einer niedrigern und umgekehrt überzugehen, indem
z.B. lineare Bestimmungen aus gegebenen Gleichungen der Fläche u.s.f.
oder umgekehrt abgeleitet werden sollen. —Die Bewegung ferner, als an
der das Größenverhältniß des durchloffenen Raumes und der dazu
gehörigen verflossenen Zeit zu betrachten ist, zeigt sich in den
verschiedenen Bestimmungen einer schlechtgleichförmigen, einer
gleichförmig beschleunigten, einer abwechselnd gleichförmig
beschleunigten und gleichförmig retardirten, —in sich zurückkehrenden
Bewegung; indem diese unterschiedenen Arten der Bewegung nach dem
Größenverhältnisse ihrer Momente, des Raums und der Zeit, ausgedrückt
werden, ergeben sich für sie Gleichungen aus unterschiedenen
Potenzenbestimmungen, und insofern es Bedürfniß seyn kann, eine Art der
Bewegung oder auch der Raumgrößen, an welche eine Art gebunden ist, aus
einer anderen Art derselben zu bestimmen, führt die Operation
gleichfalls das Übergehen von einer Potenzenfunktion zu einer höhern
oder medrigern herbei.—Die Beispiele dieser zwei Gegenstände mögen für
den Zweck, zu dem sie angeführt sind, genügen.

Der Anschein von Zufälligkeit, welchen die Differentialrechnung in
ihren Anwendungen präsentirt, würde schon vereinfacht werden, durch das
Bewußtseyn über die Natur der Gebiete, in welchem die Anwendung statt
finden kann, und über das eigenthümliche Bedürfniß und die Bedingung
dieser Anwendung. Nun aber kommt es weiter innerhalb dieser Gebiete
selbst darauf an, zu wissen, zwischen welchen Theilen der Gegenstände
der mathematischen Aufgabe ein solches Verhältniß statt finde, als
durch den Differentialkalkul eigenthümlich gesetzt wird. Es muß gleich
vorläufig bemerkt werden, daß hierbei zweierlei Verhältnisse zu
beachten sind. Die Operation des Depotenzirens einer Gleichung, sie
nach den abgeleiteten Funktionen ihrer veränderlichen Größen
betrachtet, giebt ein Resultat, welches an ihm selbst wahrhaft nicht
mehr eine Gleichung, sondern ein Verhältniß ist; dieses Verhältniß ist
der Gegenstand der eigentlichen Differentialrechnung. Eben damit auch
ist zweitens das Verhältniß vorhanden von der höhern Potenzenbestimmung
(der ursprünglichen Gleichung) selbst zu der niedrigern (dem
Abgeleiteten). Dieß zweite Verhältniß haben wir hier zunächst bei Seite
zu lassen; es wird sich als der eigenthüniliche Gegenstand der
Integralrechnung zeigen.

Betrachten wir zunächst das erste Verhältniß, und nehmen zu der aus der
sogenannten Anwendung zu entnehmenden Bestimmung des Moments, worin das
Interesse der Operation liegt, das einfachste Beispiel an den Kurven
vor, die durch eine Gleichung der zweiten Potenz bestimmt sind.
Bekanntlich ist unmittelbar durch die Gleichung das Verhältniß der
Koordinaten gegeben in einer Potenzenbestimmung. Folgen von der
Grundbestimmung sind die Bestimmungen der mit den Koordinaten
zusammenhängenden anderen geraden Linien, der Tangente, Subtangente,
Normale u.s.f. Die Gleichungen aber zwischen diesen Linien und den
Koordinaten sind lineare Gleichungen; die Ganzen, als deren Theile
diese Linien bestimmt sind, sind rechtwinklichte Dreiecke von geraden
Linien. Der Übergang von der Grundgleichung, welche die
Potenzenbestimmung enthält, zu jenen linearen Gleichungen enthält nun
den angegebenen Übergang von der ursprünglichen Funktion, d. i. welche
eine Gleichung ist, zu der abgeleiteten, welche ein Verhältniß ist, und
zwar zwischen gewissen in der Kurve enthaltenen Linien. Der
Zusammenhang zwischen dem Verhältnisse dieser Linien und der Gleichung
der Curve ist es, um dessen Finden es sich handelt.

Es ist nicht ohne Interesse, von dem Historischen hierüber so viel zu
bemerken, daß die ersten Entdecker ihren Fund nur auf eine ganz
empirische Weise anzugeben wissen, ohne eine Rechenschaft von der
völlig äußerlich gebliebenen Operation geben zu können. Ich begnüge
mich hierüber mit der Anführung Barrow's, des Lehrers Newtons. In
seinen lect. Opt. et Geom., worin er Probleme der höhern Geometrie nach
der Methode der Untheilbaren behandelt, die sich zunächst von dem
Eigenthümlichen der Differentialrechnung unterscheidet, giebt er auch,
"weil seine Freunde in ihn gedrungen," (lect. X.) sein Verfahren, die
Tangente zu bestimmen, an. Man muß bei ihm selbst nachlesen, wie diese
Angabe beschaffen ist, um sich eine gehörige Vorstellung zu machen, wie
das Verfahren ganz als äußerliche Regel angegeben ist,—in demselben
Style, wie vormals in den arithmetischen Schulbüchern die Regel de tri
oder noch besser die sogenannte Neunerprobe der Rechnungsarten
vorgetragen worden ist. Er macht die Verzeichnung der Linienchen, die
man nachher die Inkremente im charakteristischen Dreieck einer Kurve
genannt hat, und giebt nun die Vorschrift als eine bloße Regel, die
Glieder als überflüssig wegzuwerfen, die in Folge der Entwickelung der
Gleichungen, als Potenzen jener Inkremente oder Produkte zum Vorschein
kommen, ( etenim isti termini nihilum valebunt ); ebenso seyen die
Glieder, die nur aus der ursprünglichen Gleichung bestimmte Größen
enthalten, wegzuwerfen (das nachherige Abziehen der ursprünglichen
Gleichung von der mit den Inkrementen gebildeten) und zuletzt für das
Inkrement der Ordinate die Ordinate selbst und für das Inkrement der
Abscisse die Subtangente zu substituiren. Man kann, wenn es so zu reden
erlaubt ist, das Verfahren nicht schulmeistermässiger angeben;—die
letztere Substitution ist die für die Tangentenbestimmung in der
gewöhnlichen Differentialmethode zur Grundlage gemachte Annahme der
Proportionalität der Inkremente der Ordinate und Abscisse mit der
Ordinate und Subtangente; in Barrows Regel erscheint diese Annahme in
ihrer ganz naiven Nacktheit. Eine einfache Weise, die Subtangente zu
bestimmen, war gefunden; die Manieren Robervals und Fermats laufen auf
Ähnliches hinaus,—die Methode, die größten und kleinsten Werthe zu
finden, von der der Letztere ausging, beruht auf denselben Grundlagen
und demselben Verfahren. Es war eine mathematische Sucht jener Zeiten,
sogenannte Methoden, d. i. Regeln jener Art zu finden, dabei aus ihnen
auch ein Geheimniß zu machen, was nicht nur leicht, sondern selbst in
einer Rücksicht nöthig war, aus demselben Grunde, als es leicht
war,—nämlich weil die Erfinder nur eine empirische äußerliche Regel,
keine Methode, d. i. nichts aus anerkannten Principien Abgeleitetes,
gefunden hatten. Solche sogenannte Methoden hat Leibnitz von seiner
Zeit, und Newton ebenfalls von derselben und unmittelbarer von seinem
Lehrer aufgenommen; sie haben durch die Verallgemeinerung ihrer Form
und Anwendbarkeit den Wissenschaften neue Bahnen gebrochen, aber damit
zugleich das Bedürfniß gehabt, das Verfahren aus der Gestalt bloß
äußerlicher Regeln zu reißen, und demselben die erforderliche
Berechtigung zu verschaffen gesucht.

Analysiren wir die Methode näher, so ist der wahrhafte Vorgang dieser.
Es werden erstlich die Potenzenbestimmungen (versteht sich der
veränderlichen Größen), welche die Gleichung enthält, auf ihre ersten
Funktionen herabgesetzt. Damit aber wird der Werth der Glieder der
Gleichung verändert; es bleibt daher keine Gleichung mehr, sondern es
ist nur ein Verhältniß entstanden zwischen der ersten Funktion der
einen veränderlichen Größe zu der ersten Funktion der andern; statt px
= y[hoch 2] hat man p : 2y oder statt 2 ax—x[hoch 2] = y[hoch 2] hat
man a—x : y, was nachher als das Verhältniß dy/dx bezeichnet zu werden
pflegte. Die Gleichung ist Gleichung der Curve, dieß Verhältniß, das
ganz von derselben abhängig, aus derselben (oben nach einer bloßen
Regel) abgeleitet ist, ist dagegen ein lineares, mit welchem gewisse
Linien in Proportion sind; p : 2y oder a—x : y sind selbst Verhältnisse
aus geraden Linien der Kurve, den Koordinaten und den Parameters; aber
damit weiß man noch nichts. Das Interesse ist, von andern an der Kurve
vorkommenden Linien zu wissen, daß ihnen jenes Verhältniß zukommt, die
Gleichheit zweier Verhältnisse zu finden.—Es ist also zweitens die
Frage, welches die geraden, durch die Natur der Kurve bestimmten Linien
sind, welche in solchem Verhältnisse stehen?—dieß aber ist es, was
schon früher bekannt war, daß nämlich solches auf jenem Wege erhaltenes
Verhältniß das Verhältniß der Ordinate zur Subtangente ist. dieß hatten
die Alten auf sinnreichem geometrischen Wege gefunden; was die neuern
Erfinder entdeckt haben, ist das empirische Verfahren, die Gleichung
der Kurve so zuzurichten, daß jenes erste Verhältniß geliefert wird,
von dem bereits bekannt war, daß es einem Verhältnisse gleich ist,
welches die Linie enthält, hier die Subtangente, um deren Bestimmung es
zu thun ist. Theils ist nun jene Zurichtung der Gleichung methodisch
gefaßt und gemacht worden,—die Differentation,—Theils aber sind die
imaginären Inkremente der Koordinaten und das imaginäre hieraus und
einem ebensolchen Inkremente der Tangente gebildete, charakteristische
Dreieck erfunden worden, damit die Proportionalität des durch die
Depotenzirung der Gleichung gefundenen Verhältnisses mit dem
Verhältnisse der Ordinate und der Subtangente nicht als etwas empirisch
nur aus der alten Bekanntschaft Aufgenommenes, sondern als ein
Erwiesenes dargestellt werde. Die alte Bekanntschaft jedoch erweist
sich überhaupt und am unverkennbarsten in der angeführten Form von
Regeln als die einzige Veranlassung und respektive Berechtigung der
Annahme des charakteristischen Dreiecks und jener Proportionalität.

Lagrange hat nun diese Simulation verworfen, und den
ächtwissenschaftlichen Weg eingeschlagen; seiner Methode ist die
Einsicht zu verdanken, worauf es ankommt, indem sie darin besteht, die
beiden Übergänge, die für die Auflösung der Aufgabe zu machen sind, zu
trennen und jede dieser Seiten für sich zu behandeln und zu erweisen.
Der eine Theil dieser Auflösung,—indem wir für die nähere Angabe des
Ganges bei dem Beispiele der elementarischen Aufgabe, die Subtangente
zu finden, bleiben,—der theoretische oder allgemeine Theil, nämlich das
Finden der ersten Funktion aus der gegebenen Kurvengleichung, wird für
sich regulirt; derselbe giebt ein lineares Verhältniß, also von geraden
Linien, die in dem Systeme der Kurvenbestimmung vorkommen. Der andere
Theil der Auflösung ist nun die Findung derjenigen Linien an der Kurve,
welche in jenem Verhältnisse stehen. Dieß wird nun auf die direkte
Weise (Théorie des Fonct. Anal. II. P. II. Chap.) bewerkstelligt, d. i.
ohne das charakteristische Dreieck, nämlich ohne unendlichkleine Bogen,
Ordinaten und Abscissen anzunehmen und diesen die Bestimmungen von dy
und dx, d. i. von den Seiten jenes Verhältnisses und zugleich
unmittelbar die Bedeutung der Gleichheit desselben mit der Ordinate und
Subtangente selbst zu geben. Eine Linie (wie auch ein Punkt) hat allein
ihre Bestimmung, insofern sie die Seite eines Dreiecks ausmacht, wie
auch die Bestimmmung eines Punkts nur in einem solchen liegt. Dieß ist,
um es ini Vorbeigehen zu erwähnen, der Fundamentalsatz der analytischen
Geometrie, welcher die Coordinaten, wie, was dasselbe ist, in der
Mechanik das Parallelogramm der Kräfte herbeiführt, das eben darum der
vielen Bemühung um einen Beweis ganz unbedürftig ist.—Die Subtangente
wird nun als die Seite eines Dreiecks gesetzt, dessen weitere Seiten
die Ordinate und die darauf sich beziehende Tangente ist. Letztere hat
als gerade Linie zu einer Gleichung p = aq, (+ b hinzuzufügen ist für
die Bestimmung unnütz und wird nur um der beliebten Allgemeinheit
hinzugesetzt);—die Determination des Verhältnisses p/q fällt in a, den
Koefficienten von q, der die respective erste Funktion der Gleichung
ist, überhaupt aber nur als a = p/q betrachtet zu werden braucht als,
wie gesagt, die wesentliche Determination der geraden Linie, die als
Tangente an die Kurve applicirt ist. Indem nun ferner die erste
Funktion der Kurvengleichung genommen wird, ist sie ebenso die
Determination einer geraden Linie; indem ferner die eine Koordinate p
der ersten geraden Linie und y, die Ordinate der Kurve, als dieselben
genommen werden, daß also der Punkt, in welchem jene als Tangente
angenommene erste gerade die Kurve berührt, gleichfalls der
Anfangspunkt der durch die erste Funktion der Kurve bestimmten geraden
Linie ist, so kommt es darauf an, zu zeigen, daß diese zweite gerade
Linie mit der ersten zusammenfällt, d. h. Tangente ist; algebraisch
ausgedrückt, daß indem y = fx und p = Fq ist, und nun y = p, also fx =
Fq angenommen wird, auch f'x = F'q. Daß nun die als Tangente applicirte
gerade, und jene aus der Gleichung durch deren erste Funktion
determinirte gerade Linie zusammenfallen, daß die letztere also
Tangente ist; dieß wird mit Zuhilfnahme des Increments i der Abscisse
und des durch die Entwickelung der Funktion bestimmten Increments der
Ordinate gezeigt. Hier kommt denn also gleichfalls das berüchtigte
Increment herein; aber wie es zu dem so eben angegebenen Behufe
eingeführt wird, und die Entwickelung der Funktion nach demselben, muß
von dem früher erwähnten Gebrauch des Inkrements für das Finden der
Differentialgleichung und für das charakteristische Dreieck, wohl
unterschieden werden. Der hier gemachte Gebrauch ist berechtigt und
nothwendig; er fällt in den Umkreis der Geometrie, indem es zur
geometrischen Bestimmung einer Tangente als solcher gehört, daß
zwischen ihr und der Kurve, mit der sie einen Punkt gemeinschaftlich
hat, keine andere gerade Linie, die gleichfalls in diesen Punkt fiele,
durchgehen könne. Denn mit dieser Bestimmung ist die Qualität der
Tangente oder Nicht-Tangente auf den Größenunterschied zurückgeführt,
und diejenige Linie ist die Tangente, auf welche die größere
Kleinheit—schlechthin in Ansehung der Determination, auf welche es
ankommt, falle. Diese scheinbar nur relative Kleinheit enthält durchaus
nichts Empirisches, d. i. von einem Quantum als solchem Abhängiges, sie
ist qualitativ durch die Natur der Formel gesetzt, wenn der Unterschied
des Moments, von dem die zu vergleichende Größe abhängt, ein
Potenzenunterschied ist; indem derselbe auf i und i[hoch 2]
hinauskommt, und i, das zuletzt doch eine Zahl bedeuten soll, dann als
ein Bruch vorzustellen ist, so ist i[hoch 2] an und für sich kleiner
als i, so daß selbst die Vorstellung von einer beliebigen Größe, in der
man i nehmen könne, hier überflüssig und sogar nicht an ihrem Orte ist.
Ebendamit hat der Erweis der größern Kleinheit nichts mit einem
Unendlich-Kleinen zu thun, das hiermit hier keineswegs hereinzukommen
hat.

Wäre es auch nur um der Schönheit und des heutigstags mehr vergessen,
aber wohlverdienten Ruhmes willen, daß ich noch Descartes
Tangentenmethode anführen will; sie hat übrigens auch eine Beziehung
auf die Natur der Gleichungen, über welche dann noch eine fernere
Bemerkung zu machen ist. Descartes trägt diese selbstständige Methode,
worin die geforderte lineare Bestimmung gleichfalls aus derselben
abgeleiteten Funktion gefunden wird, in seiner, sonst auch so fruchtbar
gewordenen Geometrie (liv. II. p. 357 ss. Oeuvres compl. ed. Cousin
Tom. V.) vor, indem er in derselben die große Grundlage von der Natur
der Gleichungen und deren geometrischer Konstruktion und der damit
sosehr erweiterten Analysis auf die Geometrie überhaupt, gelehrt hat.
Das Problem hat bei ihm die Form der Aufgabe, gerade Linien senkrecht
auf beliebige Orte einer Kurve zu ziehen, als wodurch Subtangente
u.s.f. bestimmt wird; man begreift die Befriedigung, die er daselbst
über seine Entdeckung, die einen Gegenstand von allgemeinem
wissenschaftlichen Interesse der damaligen Zeit betraf, und die sosehr
geometrisch ist und dadurch so hoch über den oben erwähnten bloßen
Regelmethoden seiner Nebenbuhler stand, ausdrückt: j'ose dire que c'est
ceci le problème le plus utile et le plus général, non seulement que je
sache, mais même que j'aie jamais desire de savoir en géometrie.—Er
legt für die Auflösung die analytische Gleichung des rechtwinklichten
Dreiecks zu Grund, das durch die Ordinate des Punkts der Kurve, auf
welcher die im Probleme verlangte gerade Linie senkrecht seyn soll,
dann durch diese selbst, die Normale, und drittens durch den Theil der
Achse, der durch die Ordinate und Normale abgeschnitten wird, durch die
Subnormale, gebildet wird. Aus der bekannten Gleichung einer Kurve wird
nun in jene Gleichung des Dreiecks der Werth es sey der Ordinate oder
der Abscisse substituirt, so hat man eine Gleichung des zweiten Grades
(und Descartes zeigt, wie auch Kurven, deren Gleichungen höhere Grade
enthalten, sich hierauf zurückführen), in welcher nur noch die eine der
veränderlichen Größen und zwar im Quadrat und in der ersten Potenz
vorkommt;—eine quadratische Gleichung, welche zunächst als eine
sogenannte unreine erscheint. Nun macht Descartes die Reflexion, daß
wenn der auf der Kurve angenommene Punkt als Durchschnittspunkt
derselben und eines Kreises vorgestellt wird, dieser Kreis die Kurve
noch in einem anderen Punkte schneiden wird, und alsdenn sich für die
zwei damit entstehenden und ungleichen x, zwei Gleichungen mit
denselben Konstanten und von derselben Form ergeben;—oder aber nur Eine
Gleichung mit ungleichen Werthen von x. Die Gleichung wird aber nur
Eine, für das Eine Dreieck, in welchem die Hypotenuse auf die Kurve
senkrecht, Normale, ist, was so vorgestellt wird, daß man die beiden
Durchschnittspunkte der Kurve durch den Kreis, zusammenfallen, diesen
also die Kurve berühren lasse. Damit aber fällt auch der Umstand der
ungleichen Wurzeln des x oder y der quadratischen Gleichung hinweg. Bei
einer quadratischen Gleichung von zwei gleichen Wurzeln nun aber ist
der Koefficient des Gliedes, das die Unbekannte in der ersten Potenz
enthält, das Doppelte der nur Einen Wurzel; dieß nun giebt eine
Gleichung, durch welche die verlangten Bestimmungen gefunden sind.
Dieser Gang ist für den genialen Griff eines ächt analytischen Kopfes
anzusehen, wogegen die ganz assertorisch angenommene Proportionalität
der Subtangente und der Ordinate mit den unendlich klein seyn sollenden
sogenannten Inkrementen der Abscisse und der Ordinate ganz zurücksteht.

Die auf die angegebene Weise erhaltene Endgleichung, welche den
Koefficienten des zweiten Gliedes der quadratischen Gleichung
gleichsetzt der doppelten Wurzel oder Unbekannten, ist dieselbe, welche
durch das Verfahren des Differentialkalkuls gefunden wird. x[hoch
2]—ax—b = 0 differentiirt giebt die neue Gleichung 2x—a = 0; oder
x[hoch 3]—px—q = 0 giebt 3x[hoch 2]—p = 0. Es bietet sich hierbei aber
die Bemerkung an, daß es sich keineswegs von selbst versteht, daß
solche abgeleitete Gleichung auch

richtig ist. Bei einer Gleichung mit zwei veränderlichen Größen, die
darum, daß sie veränderliche sind, den Charakter unbekannte Größen zu
seyn nicht verlieren, kommt, wie oben betrachtet wurde, nur ein
Verhältniß heraus, aus dem angegebenen einfachen Grunde, weil durch das
Substituiren der Funktionen der Potenzirung an die Stelle der Potenzen
selbst der Werth der beiden Glieder der Gleichung verändert wird, und
es für sich selbst noch unbekannt ist, ob auch zwischen ihnen bei so
veränderten Werthen noch eine Gleichung Statt finde. Die Gleichung
dy/dx = P drückt gar nichts weiter aus, als daß P ein Verhältniß ist,
und es ist dem dy/dx sonst kein reeller Sinn zuzuschreiben. Von diesem
Verhältniß = P ist es aber ebenso noch unbekannt, welchem andere
Verhältnisse es gleich sey; solche Gleichung, die Proportionalität,
giebt demselben erst einen Werth und Bedeutung.—Wie angegeben wurde,
daß man diese Bedeutung, was die Anwendung hieß, anderswoher, empirisch
aufnahm, so muß bei den hier in Rede stehenden durch Differentation
abgeleiteten Gleichungen anderswoher gewußt werden, ob sie gleiche
Wurzeln haben, um zu wissen, ob die erhaltene Gleichung noch richtig
sey. Dieser Umstand wird aber in den Lehrbüchern nicht ausdrücklich
bemerklich gemacht; er wird wohl dadurch beseitigt, daß eine Gleichung
mit einer unbekannten, auf Null gebracht, sogleich y gesetzt wird,
wodurch dann bei der Differentation allerdings ein dy/dx, nur ein
Verhältniß herauskommt. Der Funktionen-Kalkul soll es allerdings mit
Funktionen der Potenzirung oder die Differentialrechnung mit
Differentialien zu thun haben, aber daraus folgt für sich noch
keineswegs, daß die Größen, deren Differentialien oder Funktionen der
Potenzirung genommen werden, selbst auch nur Funktionen anderer Größen
seyn sollen. In dem theoretischen Theile, der Anweisung, die
Differentiale, d. i. die Funktionen der Potenzirung abzuleiten, wird
ohnehin noch nicht daran gedacht, daß die Größen, die nach solcher
Ableitung zu behandeln gelehrt wird, selbst Funktionen anderer Größen
seyn sollen.

Noch kann in Ansehung des Weglassens der Konstante bei dem
Differentiiren bemerklich gemacht werden, daß dasselbe hier den Sinn
hat, daß die Konstante für die Bestimmung der Wurzeln im Falle ihrer
Gleichheit gleichgültig ist, als welche Bestimmung durch den
Koefficienten des zweiten Gliedes der Gleichung erschöpft ist. Wie im
angeführten Beispiele von Descartes die Konstante das Quadrat der
Wurzeln selbst ist, also diese aus der Konstante ebenso wie aus den
Koefficienten, bestimmt werden kann; indem sie überhaupt, wie die
Koefficienten, Funktion der Wurzeln der Gleichung ist. In der
gewöhnlichen Darstellung erfolgt das Wegfallen der sogenannten nur
durch + und—mit den übrigen Gliedern verbundenen Konstanten durch den
bloßen Mechanismus des Verfahrens, daß um das Differential eines
zusammengesetzten Ausdrucks zu finden, nur den veränderlichen Größen
ein Zuwachs gegeben, und der hierdurch formirte Ausdruck von dem
ursprünglichen abgezogen wird. Der Sinn der Konstanten und ihres
Weglassens inwiefern sie selbst Funktionen sind und nach dieser
Bestimmung dienen oder nicht, kommt nicht zur Sprache.

Mit dem Weglassen der Konstanten, hängt eine ähnliche Bemerkung
zusammen, die über die Namen von Differentation und Integration,
gemacht werden kann, als früher über den endlichen und unendlichen
Ausdruck gemacht wurde, daß nämlich in ihrer Bestimmung vielmehr das
Gegentheil von dem liegt, was der Ausdruck besagt. Differentiiren
bezeichnet das Setzen von Differenzen; durch das Differentiiren aber
wird eine Gleichung vielmehr auf weniger Dimensionen herabgebracht,
durch das Weglassen der Konstante wird ein Moment der Bestimmtheit
hinweggenommen; wie bemerkt, werden die Wurzeln der veränderlichen
Größe auf eine Gleichheit gesetzt, die Differenz also derselben
aufgehoben. In der Integration hingegen soll die Konstante wieder
hinzugesetzt werden; die Gleichung wird dadurch allerdings, aber in dem
Sinne integrirt, daß die vorher aufgehobene Differenz der Wurzeln
wieder hergestellt, das Gleichgesetzte wieder differentiirt wird. —Der
gewöhnliche Ausdruck trägt dazu bei, die wesentliche Natur der Sache in
Schatten zu setzen und Alles auf den untergeordneten, ja der Hauptsache
fremdartigen Gesichtspunkt Theils der unendlich kleinen Differenz, des
Increments und dergleichen, Theils der bloßen Differenz überhaupt
zwischen der gegebenen und der abgeleiteten Funktion, ohne deren
specifischen, d. i. den qualitativen Unterschied zu bezeichnen, zu
stellen.

Ein anderes Hauptgebiet, in welchem von dem Differentialkalkul Gebrauch
gemacht wird, ist die Mechanik; von den unterschiedenen
Potenzen-Funktionen, die sich bei den elementarischen Gleichungen ihres
Gegenstandes, der Bewegung ergeben, sind deren Bedeutungen bereits
beiläufig erwähnt; ich will dieselben hier direkt aufnehmen. Die
Gleichung, nämlich der mathematische Ausdruck, der
schlechtgleichförmigen Bewegung c = s/t oder s = ct, in welcher die
durch offenen Räume den verflossenen Zeiten nach einer empirischen
Einheit c, der Größe der Geschwindigkeit, proportionirt sind, bietet
für die Differentation keinen Sinn dar; der Koefficient c ist bereits
vollkommen bestimmt und bekannt, und es kann keine weitere
Potenzenentwicklung Statt finden.—Wie s = at[hoch 2], die Gleichung der
Bewegung des Falles, analysirt wird, ist früher schon erinnert; —das
erste Glied der Analyse ds/dt = 2 at wird in die Sprache und resp. in
die Existenz so übersetzt, es solle ein Glied einer Summe (- welche
Vorstellung wir längst entfernt haben), der eine Theil der Bewegung
seyn und zwar solle dieser der Kraft der Trägheit, d. i. einer
schlechtgleichförmigen Geschwindigkeit so zukommen, daß in den
unendlich-kleinen Zeittheilen die Bewegung gleichförmig, in den
endlichen Zeittheilen d. h. in der That existirenden aber
ungleichförmig sey. Freilich ist fs = 2at; und die Bedeutung voll a und
von t für sich bekannt, so wie daß hiermit die Bestimmung von
gleichförmiger Geschwindigkeit einer Bewegung gesetzt ist; da a =
s/[t[hoch 2]] ist 2 at = 2s/t überhaupt; damit aber weiß man im
geringsten nichts weiter; nur die fälschliche Annahme, daß 2at ein
Theil der Bewegung als einer Summe sey, giebt den fälschlichen Schein
eines physikalischen Satzes. Der Faktor selbst, a, die empirische
Einheit—ein Quantum als solches—wird der Schwere zugeschrieben; wenn
die Kategorie der Kraft der Schwere gebraucht wird, so ist vielmehr zu
sagen, daß eben das Ganze s = at[hoch 2] die Wirkung oder besser das
Gesetz der Schwere ist.—Gleichmäßig ist der aus ds/dt = 2at abgeleitete
Satz, daß wenn die Schwere aufhörte zu wirken, der Körper mit der am
Ende seines Falles erlangten Geschwindigkeit den doppelten Raum von
dem, welchen er durchloffen hat, in einer der Dauer seines Falles
gleichen Zeit zurücklegen würde.—Es liegt hierin auch eine für sich
schiefe Metaphysik; das Ende des Falles, oder das Ende eines
Zeittheils, in welchem der Körper gefallen, ist immer selbst noch ein
Zeittheil; wäre es kein Zeittheil, so wäre Ruhe und damit keine
Geschwindigkeit angenommen, die Geschwindigkeit kann nur nach dem Raume
angesetzt werden, welcher in einem Zeittheil, nicht an seinem Ende,
durchloffen worden ist.—Wenn nun aber vollends in andern physikalischen
Gebieten, wo gar keine Bewegung vorhanden ist, wie z.B. im Verhalten
des Lichts (außer dem, was seine Fortpflanzung im Raume genannt wird)
und Größenbestimmungen an den Farben, eine Anwendung der
Differentialrechnung gemacht wird und die erste Funktion von einer
quadratischen Funktion hier auch Geschwindigkeit genannt wird, so ist
dieß für einen noch unstatthafteren Formalismus der Erdichtung von
Existenz anzusehen. -Bewegung, welche durch die Gleichung s = at[hoch
2] vorgestellt wird, finden wir, sagt Lagrange in der Erfahrung vom
Falle der Körper; die einfachste Bewegung derselben würde die seyn,
deren Gleichung s = ct[hoch 3] wäre, aber die Natur zeige keine
Bewegung dieser Art; wir wüßten nicht was der Koefficient c bedeuten
könnte. Wenn dem wohl so ist, so giebt es dagegen eine Bewegung, deren
Gleichung s[hoch 3] = at[hoch 2] ist,—das kepplerische Gesetz der
Bewegung der Körper des Sonnensystems; was hier die erste abgeleitete
Funktion 2at/[3s [hoch 2]] u.s.f. bedeuten soll, und die fernere
direkte Behandlung dieser Gleichung durch die Differentation, die
Entwicklung der Gesetze und Bestimmungen jener absoluten Bewegung von
diesem Ausgangspunkte aus, müßte dagegen wohl als eine interessante
Aufgabe erscheinen, in welcher die Analysis im würdigsten Glanze sich
zeigen würde.

Für sich bietet so die Anwendung des Differential-Kalkuls auf die
elementarischen Gleichungen der Bewegung kein reelles Interesse dar;
das formelle Interesse kommt von dem allgemeinen Mechanismus des
Kalkuls. Eine andre Bedeutung aber erhält die Zerlegung der Bewegung in
Beziehung auf die Bestimmung ihrer Trajektorie; wenn dieses eine Kurve
ist und ihre Gleichung höhere Potenzen enthält, bedarf es der Übergänge
von geradlinigten Funktionen als Funktionen der Potenzirnng, zu den
Potenzen selbst, und indem jene aus der ursprünglichen Gleichung der
Bewegung, welche den Faktor der Zeit enthält, mit Elimination der Zeit
zu gewinnen sind, ist dieser zugleich auf die niedrigern
Entwicklungsfunktionen herabzusetzen, aus welchen jene Gleichungen
linearer Bestimmungen erhalten werden können. Diese Seite führt auf das
Interesse des andern Theils der Differentialrechnung.

Das Bisherige hat den Zweck gehabt, die einfache specifische Bestimmung
des Differential-Kalkuls herauszuheben und festzustellen, und dieselbe
in einigen der elementarischen Beispiele nachzuweisen. Diese Bestimmung
hat sich ergeben darin zu bestehen, daß aus einer Gleichung von
Potenzenfunktionen der Koefficient des Entwicklungsgliedes, die
sogenannte erste Funktion gefunden, und das Verhältniß, welches diese
ist, in Momenten des konkreten Gegenstands aufgewiesen werde, durch
welche so erhaltene Gleichung zwischen den beiden Verhältnissen diese
Momente selbst bestimmt sind. Es ist ebenso von dem Princip der
Integralrechnung kurz zu betrachten, was sich aus dessen Anwendung, für
die specifische konkrete Bestimmnng derselben ergiebt. Die Ansicht
dieses Kalkuls ist dadurch schon vereinfacht und richtiger bestimmt
worden, daß er nicht mehr als Summationsmethode genommen wird, wie er
im Gegensatz gegen das Differentiiren, wo der Zuwachs als das
wesentliche Ingrediens gilt, genannt wurde, und womit er in
wesentlichem Zusammenhang mit der Form der Reihe erschien.—Die Aufgabe
dieses Kalkuls ist zunächst ebenso die theoretische oder vielmehr
formelle, als die der Differentialrechnung, bekanntlich aber die
umgekehrte von dieser;—es wird hier von einer Funktion ausgegangen, die
als abgeleitete, als der Koefficient des nächsten aus der Entwicklung
einer aber noch unbekannten Gleichung entsprungenen Gliedes betrachtet
wird, und aus ihr soll die ursprüngliche Potenzen-Funktion gefunden
werden; die in der natürlichen Ordnung der Entwicklung als ursprünglich
anzusehende wird hier abgeleitet und die früher als abgeleitet
betrachtete ist hier die gegebene oder überhaupt die anfangende. Das
Formelle dieser Operation scheint nun aber bereits durch den
Differential-Kalkul geleistet zu seyn; indem darin überhaupt der
Übergang und das Verhältniß von der ursprünglichen zu der
Entwicklungsfunktion festgestellt ist. Wenn hierbei Theils schon um die
Funktion, von der auszugehen ist, anzusetzen, Theils aber den Übergang
von ihr zu der ursprünglichen zu bewerkstelligen, nothwendig in vielen
Fällen zu der Form der Reihe die Zuflucht genommen werden muß, so ist
zunächst festzuhalten, daß diese Form als solche mit dem
eigenthümlichen Prinzip des Integrirens unmittelbar nichts zu thun hat.

Der andere Theil nun aber der Aufgabe des Kalkuls erscheint in
Rücksicht auf die formelle Operation die Anwendung derselben. Diese ist
nun selbst die Aufgabe, nämlich die Bedeutung in dem oben angegebenen
Sinne zu kennen, welche die ursprüngliche Funktion von der gegebenen
als ersten Funktion betrachteten eines besondern Gegenstandes hat. An
sich könnte auch diese Lehre bereits in der Differentialrechnung ganz
abgethan zu seyn scheinen; allein es tritt ein weiterer Umstand ein,
der die Sache nicht so einfach seyn läßt. Indem nämlich in diesem
Kalkul sich ergeben, daß durch die erste Funktion der Gleichung einer
Kurve das Verhältniß, welches ein lineares ist, erhalten worden, so
weiß man damit auch, daß die Integration dieses Verhältnisses die
Gleichung der Kurve im Verhältnisse der Abscisse und Ordinate giebt;
oder wenn die Gleichung für die Ebene einer Kurve gegeben wäre, so
würde die Differentialrechnung über die Bedeutung der ersten Funktion
solcher Gleichung bereits gelehrt haben sollen, daß diese Funktion die
Ordinate als Funktion der Abscisse, hiermit die Gleichung der Kurve
darstellte.

Nun kömmt es aber darauf an, welches von den Bestimmungsmomenten des
Gegenstandes in der Gleichung selbst gegeben ist; denn nur von dem
Gegebenen kann die analytische Behandlung den Ausgang nehmen und von da
zu den übrigen Bestimmungen des Gegenstands übergehen. Es ist z. B.
nicht die Gleichung eines Flächenraums der Kurve, noch etwa des durch
ihre Umdrehung entstehenden Körpers, noch auch eines Bogens derselben,
sondern nur das Verhältniß der Abscisse und Ordinate in der Gleichung
der Kurve selbst gegeben. Die Übergänge von jenen Bestimmungen zu
dieser Gleichung selbst können daher nicht schon in der
Differentialrechnung behandelt werden; es wird für die Integralrechnung
aufgespart, diese Verhältnisse zu finden.

Ferner aber ist gezeigt worden, daß die Differentiirung der Gleichung
von mehreren veränderlichen Größen, die Entwicklungspotenz oder
Differential-Koefficienten, nicht als eine Gleichung, sondern nur als
ein Verhältniß giebt; die Aufgabe ist dann für dieß Verhältniß, welches
die abgeleitete Funktion ist, ein zweites in den Momenten des
Gegenstandes anzugeben, das jenem gleich sey. Dagegen ist das Object
der Integralrechnung das Verhältniß selbst der ursprünglichen zu der
abgeleiteten, hier gegeben seyn sollenden Funktion, und die Aufgabe
ist, die Bedeutung der zu findenden ursprünglichen Funktion in dem
Gegenstande der gegebenen ersten Funktion anzugeben, oder vielmehr
indem diese Bedeutung z.B. die Ebene einer Kurve oder die zu
rectificirende, als geradlinigt vorgestellte Kurve u.s.f. schon als das
Problem ausgesprochen ist, zu zeigen, daß solche Bestimmung durch eine
ursprüngliche Funktion gefunden werde und welches das Moment des
Gegenstandes sey, welches hierfür zur Ausgangs- (der abgeleiteten)
Funktion, angenommen werden müsse.

Die gewöhnliche Methode nun, welche die Vorstellung der Differenz als
des Unendlichkleinen gebraucht, macht sich die Sache leicht; für die
Quadratur der Kurven also nimmt sie ein unendlich kleines Rektangel,
ein Produkt der Ordinate in das Element d. i. das Unendlichkleine der
Abscisse, für das Trapez, das zu einer seiner Seiten den
unendlichkleinen, jenem unendlichkleinen der Abscisse
gegenüberstehenden Bogen habe; das Produkt wird nun in dem Sinne
integrirt, daß das Integral die Summe der unendlich vielen Trapeze, die
Ebene, deren Bestimmung verlangt wird, nämlich die endliche Größe jenes
Elements der Ebene gebe. Ebenso formirt sie aus den Unendlichkleinen
des Bogens, und der dazu gehörigen Ordinate und Abscisse ein
rechtwincklichtes Dreieck, in welchem das Quadrat jenes Bogens gleich
sey der Summe der Quadrate der beiden andern Unendlichkleinen, deren
Integration den Bogen als einen endlichen giebt.

Dieß Verfahren hat die allgemeine Entdeckung, welche diesem Gebiete der
Analysis zu Grunde liegt, zu seiner Voraussetzung, hier in der Weise,
daß die quadrirte Kurve, der rectificirte Bogen u.s.f. zu einer
gewissen durch die Gleichung der Kurve gegebenen Funktion, in dem
Verhältniß der sogenannten ursprünglichen Funktion zu der abgeleiteten
steht. Es handelt sich darum zu wissen, wenn ein gewisser Theil eines
mathematischen Gegenstandes (z.B. einer Kurve) als die abgeleitete
Funktion angenommen werde, welcher andere Theil desselben durch die
entsprechende ursprüngliche Funktion ausgedrückt ist. Man weiß, daß
wenn die durch die Gleichung der Kurve gegebene Funktion der Ordinate
als abgeleitete Funktion genommen wird, die relativ ursprüngliche
Funktion der Größenausdruck der von dieser Ordinate abgeschnittenen
Area der Kurve ist, daß wenn eine gewisse Tangentenbestimmung als
abgeleitete Funktion angesehen wird, die ursprüngliche Funktion
derselben die Größe des zu dieser Tangentenbestimmung gehörigen Bogens
ausdrückt, u. s. f. daß nun aber diese Verhältnisse, das eine einer
ursprünglichen Funktion zu der abgeleiteten, das andere von den Größen
zweier Theile oder Umstände des mathematischen Gegenstandes, eine
Proportion bilden, dieß zu erkennen und zu beweisen, erspart sich die
Methode, die das Unendlichkleine und die mechanische Operation mit
demselben gebraucht. Das eigenthümliche Verdienst des Scharfsinns ist,
aus den anderwärts her bereits bekannten Resultaten herausgefunden zu
haben, daß gewisse und welche Seiten eines mathematischen Gegenstandes,
in dem Verhältnisse von ursprünglicher und von abgeleiteter Funktion
stehen.

Von diesen beiden Funktionen ist die abgeleitete, oder wie sie bestimmt
worden ist, die Funktion der Potenzirung, hier in diesem Kalkul die
gegebene, relativ gegen die ursprüngliche, als welche erst aus jener
durch die Integration, gefunden werden soll. Allein sie ist nicht
unmittelbar gegeben, noch ist es für sich schon gegeben, welcher Theil
oder Bestimmung des mathematischen Gegenstands als die abgeleitete
Funktion angesehen werden soll, um durch Zurückführung derselben auf
die ursprüngliche den andern Theil oder Bestimmung zu finden, deren
Größe das Problem verlangt. Die gewöhnliche Methode, die, wie gesagt,
sogleich gewisse Theile des Gegenstandes als unendlich klein, in der
Form abgeleiteter Funktionen, vorstellt, welche sich aus der
ursprünglich gegebenen Gleichung des Gegenstandes überhaupt durch die
Differentiirung bestimmen lassen, (—wie für die Rektifikation einer
Kurve, die unendlichkleinen Abscissen und Ordinaten), nimmt dafür
solche, welche sich mit dem Gegenstande des Problems, (in dem
Beispiele, dem Bogen) der ebenso als unendlichklein vorgestellt wird,
in eine Verbindung bringen lassen, die in der Elementar-Mathematik
festgestellt ist, und wodurch, wenn jene Theile bekannt sind, auch
dieser bestimmt ist, dessen Größe zu finden aufgegeben ist; so werden
für die Rektifikation die angegebenen drei Unendlichkleinen in die
Verbindung der Gleichung des rechtwinklichten Dreiecks gebracht, für
die Quadratur die Ordinate mit der unendlichkleinen Abscisse in die
Verbindung eines Produkts, indem eine Ebene überhaupt arithmetisch als
Produkt von Linien angenommen ist. Der Übergang von solchem sogenannten
Elemente der Ebene, des Bogens u.s.f. zur Größe der Ebene, des Bogens
u.s.f. selbst, gilt dann nur als das Aufsteigen von dem unendlichen
Ausdruck zum endlichen, oder zur Summe der unendlich vielen Elemente,
aus denen die verlangte Größe bestehen soll.

Es kann daher nur oberflächlich gesagt werden, daß die Integralrechnung
bloß das umgekehrte, überhaupt jedoch schwierigere Problem der
Differentialrechnung sey; das reelle Interesse der Integralrechnung
geht vielmehr ausschließlich auf das Verhältniß der ursprünglichen und
der abgeleiteten Funktion in den konkreten Gegenständen, zu einander.

Lagrange ist ebenso wenig in diesem Theile des Kalkuls darauf
eingegangen, die Schwierigkeit der Probleme auf die glatte Weise jener
direkten Annahmen abzuthun. Es wird zur Erläuterung der Natur der Sache
beitragen, gleichfalls das Nähere seines Verfahrens aus einigen wenigen
Beispielen anzugeben. Dasselbe macht es sich eben zur Aufgabe, für sich
zu beweisen, daß zwischen besondern Bestimmungen eines mathematischen
Ganzen z.B. einer Kurve, ein Verhältniß von der ursprünglichen zu der
abgeleiteten Funktion Statt finde. Dieß kann nun aber in diesem Felde
vermöge der Natur des Verhältnisses selbst, welches am mathematischen
Gegenstande, krumme mit geraden Linien, lineare Dimensionen und
Funktionen derselben mit Ebenen-Flächen-Dimensionen und deren Funktion
u.s.f. also qualitativ verschiedene in Beziehung bringt, nicht auf
direkte Weise bewerkstelligt werden, die Bestimmung läßt sich so nur
als die Mitte zwischen einem Größern und Kleinern auffassen. Hiermit
tritt von selbst wohl wieder die Form eines Zuwachses mit Plus und
Minus ein, und das rüstige: Développons, ist an seiner Stelle; aber wie
die Zuwächse hier nur arithmetische, endliche Bedeutung haben, davon
ist vorhin gesprochen worden. Aus der Entwicklung jener Bedingung, daß
die zu bestimmende Größe größer als die eine leicht bestimmbare Grenze
und kleiner als die andere sey, wird dann z.B. hergeleitet, daß die
Funktion der Ordinate die abgeleitete erste Funktion zu der Funktion
der Area ist.

Die Rektifikation der Kurven, wie sie von Lagrange aufgezeigt wird,
indem er von dem archimedischen Princip ausgeht, hat das Interesse, die
Übersetzung der archimedischen Methode in das Princip der neuern
Analysis einzusehen,

was einen Blick in das Innere und in den wahrhaften Sinn des auf die
andere Art mechanisch betriebenen Geschäftes thun läßt. Die
Verfahrungsweise ist der so eben angegebenen nothwendig analog; das
archimedische Princip, daß der Bogen einer Kurve größer ist, als seine
Chorde und kleiner als die Summe zweier an den Endpunkten des Bogens,
gezogenen Tangenten, insoweit sie zwischen diesen Punkten und ihrem
Durchschnittspunkt enthalten sind, giebt keine direkte Gleichung. Die
Übertragung jener archimedischen Grundbestimmung in die moderne
analytische Form ist die Erfindung eines Ausdrucks, der für sich eine
einfache Grundgleichung sey, während jene Form nur die Forderung
aufstellt, zwischen einem zu Großen und zu Kleinen, die sich jedesmal
bestimmt haben, ins Unendliche fortzugehen, welches Fortgehen wieder
immer nur ein neues zu Großes und ein neues zu Kleines jedoch in immer
engern Grenzen giebt. Vermittelst des Formalismus des Unendlichkleinen
wird sogleich die Gleichung dz[hoch 2] = dx[hoch 2] + dy[hoch 2]
angesetzt. Die lagrangesche Exposition ausgehend von der angegebenen
Grundlage zeigt hingegen auf, daß die Größe des Bogens die
ursprüngliche Funktion ist zu einer abgeleiteten, von der das
eigenthümliche Glied selbst eine Funktion aus dem Verhältnisse einer
abgeleiteten zu der ursprünglichen der Ordinate ist.

Weil in dem archimedischen Verfahren, wie dann später in der
kepplerschen Behandlung stereometrischer Gegenstände, die Vorstellung
vom Unendlichkleinen vorkommt, so ist dieß so oft als eine Autorität
für den Gebrauch, der von dieser Vorstellung in dem Differentialkalkul
gemacht wird, angeführt worden, ohne daß das Eigenthümliche und
Unterscheidende herausgehoben worden wäre. Das Unendlichkleine bedeutet
zunächst die Negation des Quantums als eines solchen, d. i. eines
sogenannten endlichen Ausdrucks, der vollendeten Bestimmtheit, wie sie
das Quantum als solches hat. Ebenso ist in den darauf folgenden
berühmten Methoden des Valerius, Cavalleri u. a., die sich auf die
Betrachtung der Verhältnisse geometrischer Gegenstände gründen, die
Grundbestimmung, daß das Quantum als solches der Bestimmungen, welche
nur im Verhältnisse zunächst betrachtet werden, für diesen Behuf auf
die Seite gestellt und sie hiernach als ein Nicht-Großes sollen
genommen werden. Aber Theils ist hiermit das Affirmative überhaupt,
welches hinter der bloß negativen Bestimmung liegt, nicht erkannt und
herausgehoben, welches sich oben abstrakt als die qualitative
Größebestimmtheit, und diese bestimmter in dem Potenzenverhältnisse
liegend, sich ergeben hat;—Theils aber, indem dieß Verhältniß selbst
wieder eine Menge näher bestimmter Verhältnisse in sich begreift, wie
das einer Potenz und deren Entwicklungsfunktion, so haben sie auch
wieder auf die allgemeine und negative Bestimmung desselben
Unendlichkleinen gegründet und daraus abgeleitet werden sollen. In der
eben ausgehobenen lagrangeschen Exposition ist das bestimmte
Affirmative, das in der archimedischen Entwicklungsweise der Aufgabe
liegt, gefunden und damit dem mit einem unbegrenzten Herausgehen
behafteten Verfahren seine richtige Grenze gegeben worden. Das Große
der modernen Erfindung für sich und ihre Fähigkeit vorher intraktable
Probleme zu lösen, und die früher lösbaren auf eine einfache Weise zu
behandeln, ist allein in die Entdeckung des Verhältnisses der
ursprünglichen zu den sogenannten abgeleiteten und der Theile, welche
an dem mathematischen Ganzen in solchem Verhältnisse stehen, zu setzen.
Die gemachten Anführungen mögen für den Zweck genügen, das
Eigenthümliche des Verhältnisses von Größen herauszuheben, welches der
Gegenstand der in Rede stehenden besondern Art des Kalkuls ist. Diese
Anführungen konnten sich auf einfache Probleme und deren
Auflösungsweisen beschränken; und weder wäre es für die
Begriffsbestimmung, um die es hier allein zu thun war, zweckmäßig
gewesen, noch hätte es in dem Vermögen des Verfassers gestanden, den
gesammten Umfang der sogenannten Anwendung der Differential- und
Integralrechnung vorzunehmen und die Induktion, daß das aufgezeigte
Princip derselben zu Grunde liege, durch die Zurückführung aller ihrer
Probleme und deren Lösungen darauf, zu vervollständigen. Das
Beigebrachte hat aber hinreichend gezeigt, daß wie jede besondere
Rechnungsweise eine besondere Bestimmtheit oder Verhältniß der Größe zu
ihrem Gegenstande hat, und ein solches das Addiren, Multipliciren, das
Erheben in Potenzen und Ausziehen der Wurzeln, die Rechnung mit
Logarithmen, Reihen u.s.f., konstituirt, ebenso der Differential- und
Integralkalkul; für das diesem Kalkul Angehörige möchte der Name des
Verhältnisses einer Potenzenfunktion und der Funktion ihrer Entwicklung
oder Potenzirung der passendste seyn, weil er der Einsicht der Natur
der Sache am nächsten liegt. Nur wie die Operationen nach den andern
Größenverhältnissen, wie Addiren u.s.f. bei diesem Kalkul überhaupt
gleichfalls gebraucht werden, werden auch die Logarithmen—Kreisund
Reihen-Verhältnisse angewendet, insbesondere um Ausdrücke zum Behuf der
erforderlichen Operationen des Ableitens der ursprünglichen aus den
Entwicklungsfunktionen traktabler zu machen. Mit der Reiheform hat die
Differential- und Integralrechnung wohl das nähere Interesse
geineinschaftlich, die Entwicklungsfunktionen, welche bei den Reihen
die Koefficienten der Glieder heissen, zu bestimmen; aber indem das
Interesse jenes Kalkuls nur auf das Verhältniß der ursprünglichen
Funktion zu dem nächsten Koefficienten ihrer Entwicklung geht, will die
Reihe in der nach Potenzen, die mit jenen Koefficienten versehen sind,
geordneten Menge von Gliedern eine Summe darstellen. Das Unendliche,
das bei der unendlichen Reihe vorkommt, der unbestimmte Ausdruck des
Negativen des Quantums überhaupt, hat mit der affirmativen Bestimmung,
welche im Unendlichen jenes Kalkuls liegt, nichts gemein. Ebenso ist
das Unendlichkleine, als der Zuwachs, vermittelst dessen die
Entwicklung in die Form der Reihe fällt, nur ein äußeres Mittel für die
Entwickelung, und seine sogenannte Unendlichkeit ohne alle andere
Bedeutung, als die, sonst gar keine zu haben, als die jenes Mittels;
die Reihe, da sie in der That es nicht ist, die verlangt wird, führt
ein Zuviel herbei, welches wieder wegzubringen, die überflüssige Mühe
macht. Von dieser Mühe ist die Methode Lagrange's, der die Form der
Reihe vorzugsweise wieder aufgenommen hat, gleichfalls gedrückt;
obgleich sie es ist, durch welche in dem, was die Anwendung genannt
wird, die wahre Eigenthümlichkeit sich heraushebt, indem ohne die
Formen von dx, dy u. s.f. in die Gegenstände hinein zu zwängen, direkt
derjenige Theil nachgewiesen wird, dem an ihnen die Bestimmtheit der
abgeleiteten (- Entwickelungs—) Funktion zukommt, und es sich damit
zeigt, daß die Form der Reihe hier nicht das ist, um das es sich
handelt.[13]

 [13] In der obenangeführten Kritik (Jahrb. für wissensch. Krit. II. B.
 1827. Nr. 155. 6. folg.) finden sich interessante Äußerungen eines
 gründlichen Gelehrten des Faches, Um. Spehr's, aus seinen neuen
 Principien des Fluentenkalkuls, Braunschw. 1826. angeführt, die
 nämlich einen Umstand betreffen, der wesentlich zu den Dunkelheiten
 und dem Unwissenschaftlichen in der Differentialrechnung beitrage, und
 stimmen mit dem überein, was über das allgemeine Verhältniß der
 Theorie dieses Kalkuls gesagt worden ist: "man hat" heißt es daselbst,
 "rein arithmetische Untersuchungen, welche freilich von allen
 ähnlichen zunächst auf die Differentialrechnung Bezug haben, nicht von
 der eigentlichen Diff.-Rechnung gesondert, ja diese Untersuchungen
 wohl gar, wie Lagrange, für die Sache selbst gehalten, während man
 diese nur als Anwendung jener ansah. Diese arithmetischen
 Untersuchungen begreifen die Regeln der Differentation, die Ableitung
 des taylorschen Lehrsatzes u.s.w. ja selbst die verschiedenen
 Integrationsmethoden in sich. Es ist ganz umgekehrt der Fall, jene
 Anwendungen sind es gerade, welche den Gegenstand der eigentlichen
 Differential-Rechnung ausmachen, und alle jene arithmetischen
 Entwicklungen und Operationen setzt sie aus der Analysis voraus."—Es
 ist aufgezeigt worden, wie bei Lagrange die Trennung der sogenannten
 Anwendung von dem Verfahren des allgemeinen Theils, das von den Reihen
 ausgeht, eben dazu dient, die eigenthümliche Sache der
 Differ.-Rechnung für sich zum Vorschein zu bringen. Aber bei der
 interessanten Einsicht des Hrn. Vfs., daß eben die sogenannten
 Anwendungen es sind, welche den Gegenstand der eigentlichen
 Differ.-Rechnung ausmachen, ist es zu verwundern, wie derselbe sich in
 die (ebendas. angeführte) formelle Metaphysik von kontinuirlicher
 Größe, Werden, Fließen u.s.f. hat einlassen und solchen Ballast noch
 mit neuem gar hat vermehren wollen; formell sind diese Bestimmungen,
 indem sie nur allgemeine Kategorien sind, welche eben das Specifische
 der Sache nicht angeben, die aus den konkreten Lehren, den
 Anwendungen, zu erkennen und zu abstrahiren war.


Anmerkung 3. Noch andere mit der qualitativen Größenbestimmtheit
zusammenhängende Formen.

Das Unendlichkleine der Differentialrechnung ist in seinem affirmativen
Sinn als die qualitative Größenbestimmtheit, und von dieser näher
aufgezeigt worden, daß sie in diesem Kalkul als Potenzenbestimmtheit
nicht nur überhaupt, sondern als die besondere des Verhältnisses einer
Potenzenfunktion zu der Entwicklungspotenz vorhanden ist. Die
qualitative Bestimmtheit ist aber auch noch in weiterer, so zu sagen,
schwächerer Form vorhanden, und diese, wie auch der damit
zusammenhängende Gebrauch des Unendlichkleinen und dessen Sinn in
diesem Gebrauche, soll noch in dieser Anmerkung betrachtet werden.

Es ist, indem wir vom Vorhergehenden ausgehen, in dieser Rücksicht
zuerst daran zu erinnern, daß die unterschiedenen Potenzenbestimmungen
von der analytischen Seite zunächst so hervortreten, daß sie nur
formell, und ganz homogen darin sind, daß sie Zahlengrößen bedeuten,
die als solche jene qualitative Verschiedenheit gegeneinander nicht
haben. Aber in der Anwendung auf räumliche Gegenstände zeigt sich das
analytische Verhältniß ganz in seiner qualitativen Bestimmtheit, als
das Übergehen von linearen zu Flächenbestimmungen, von geradlinigten zu
krummlinigten u.s.f. Diese Anwendung bringt es ferner mit sich, daß die
räumlichen ihrer Natur nach in Form von kontinuirlichen Größen
gegebenen Gegenstände in diskreter Weise gefaßt werden, die Fläche also
als eine Menge von Linien, die Linie als eine Menge von Punkten u.s.f.
Diese Auflösung hat das einzige Interesse, die Punkte, in welche die
Linie, die Linien, in welche die Fläche u.s.f. aufgelöst ist, selbst zu
bestimmen, um von solcher Bestimmung aus analytisch, d. h. eigentlich
arithmetisch fortgehen zu können; diese Ausgangspunkte sind für die zu
findenden Größebestimmungen die Elemente, aus welchen die Funktion und
Gleichung für das Konkrete, die kontinuirliche Größe, abgeleitet werden
soll. Für die Probleme, wo sich nornehmlich das Interesse zeigt, dieß
Verfahren zu gebrauchen, wird im Elemente für den Ausgang ein für sich
selbst Bestimmtes verlangt, gegen den Gang, der indirekt ist, indem er
im Gegentheil nur mit Grenzen beginnen kann, zwischen welchen das
Fürsichbestimmte liege, auf das als sein Ziel er losgehe. Das Resultat
läuft in beiden Methoden dann auf dasselbe hinaus, wenn sich nur das
Gesetz des weitern Fortbestimmens finden läßt, ohne die geforderte
vollkommene d. h. sogenannte endliche Bestimmung erlangen zu können.
Kepplern wird die Ehre zugeschrieben, zuerst den Gedanken jener
Umkehrung des Ganges gehabt und das Diskrete zum Ausgangspunkte gemacht
zu haben. Seine Erklärung, wie er den ersten Satz in Archimed's
Kreismessung verstehe, drückt dieß auf eine einfache Weise aus. Der
erste Satz Archimed's ist bekanntlich, daß der Kreis einem
rechtwinklichten Dreieck gleich ist, dessen eine Kathete dem
Halbmesser, die andere dem Umfange des Kreises gleich ist. Indem
Keppler den Sinn dieses Satzes so nimmt, daß die Peripherie des Kreises
ebenso viele Theile als Punkte, d. i. unendlich viele habe, deren jeder
als die Grundlinie eines gleichschenklichten Dreiecks betrachtet werden
könne, u.s.f., so spricht er die Auflösung des Kontinuirlichen in die
Form des Diskreten aus. Der Ausdruck des Unendlichen, der hierbei
vorkommt, ist noch weit entfernt von der Bestimmung, die er in dem
Differentialkalkul haben soll.—Wenn nun für solche diskrete eine
Bestimmtheit, Funktion gefunden ist, so sollen sie ferner
zusammengefaßt werden, wesentlich als Elemente des Kontinuirlichen
seyn. Da aber eine Summe von Punkten keine Linie, eine Summe von Linien
keine Fläche giebt, werden die Punkte schon sogleich als lineare
genommen, wie die Linien als flächenhafte. Weil jedoch zugleich jene
Lineare noch keine Linien seyn sollen, was sie seyn würden, wenn sie
als Quantum genommen würden, so werden sie als unendlich klein
vorgestellt. Das Diskrete ist nur eines äußerlichen Zusammenfassens
fähig, in welchem die Momente den Sinn von diskretem Eins behalten; der
analytische Übergang von denselben geschieht nur zu ihrer Summe, er ist
nicht zugleich der geometrische von dem Punkte in die Linie, oder von
der Linie in die Fläche u.s.f.; dem Elemente, das als Punkt oder als
Linie seine Bestimmung hat, wird daher zugleich auch mit jenem die
lineare, dieser die Flächenqualität gegeben, damit die Summe als von
kleinen Linien eine Linie, als von kleinen Flächen eine Fläche werde.

Das Bedürfniß, dieß Moment des qualitativen Übergangs zu erhalten und
dafür zu dem Unendlich-kleinen die Zuflucht zu nehmen, muß als die
Quelle aller der Vorstellungen angesehen werden, welche, indem sie jene
Schwierigkeit ausgleichen sollen, an ihnen selbst die größte
Schwierigkeit sind. Diese Nothhülfe entbehrlich zu machen, müßte
gezeigt werden können, daß in dem analytischen Verfahren selbst,
welches als ein bloßes Summiren erscheint, in der That schon ein
Multipliciren enthalten ist. Aber in dieser Rücksicht tritt eine neue
Annahme, welche die Grundlage in dieser Anwendung arithmetischer
Verhältnisse auf geometrische Figurationen ausmacht, ein, nämlich daß
das arithmetische Multipliciren auch für die geometrische Bestimmung
ein Übergang in eine höhere Dimension,—die arithmetische Multiplikation
von Größen, die ihrer räumlichen Bestimmungen nach Linien sind,
zugleich eine Produktion des Linearen zur Flächenbestimmung sey; 3mal 4
lineare Fuße giebt 12 lineare Fuße, aber 3 lineare Fuße, mal 4 linearen
Fußen giebt 12 Flächenfuße und zwar Quadratfuße, indem die Einheit in
beiden als diskreten Größen dieselbe ist. Die Multiplikation von Linien
mit Linien bietet sich zunächst als etwas Widersinniges dar, insofern
die Multiplikation überhaupt Zahlen betrifft, d. i. eine Veränderung
von solchen ist, welche mit dem, in das sie übergehen, mit dem Produkte
ganz homogen sind, und nur die Größe verändern. Dagegen ist das, was
Multipliciren der Linie als solcher mit Linie hieße,—es ist, ductus
lineae in lineam, wie plani in planum genannt worden, es ist auch
ductus puncti in lineam—eine Veränderung nicht bloß der Größe, sondern
ihrer als qualitativer Bestimmung der Räumlichkeit, als einer
Dimension; das Übergehen der Linie in Fläche ist als Außersichkommen
derselben zu fassen, wie das Außersichkommen des Punktes die Linie, der
Fläche ein ganzer Raum ist. Es ist dieß dasselbe, was so vorgestellt
wird, daß die Bewegung des Punktes die Linie u.s.f. sey; aber die
Bewegung schließt die Zeitbestimmung ein, und erscheint so in jener
Vorstellung mehr nur als eine zufällige, äußerliche Veränderung des
Zustands; es ist aber die Begriffsbestimmtheit, die als Außersichkommen
ausgedrückt worden, zu nehmen,—die qualitative Veränderung, und welche
arithmetisch ein Multipliciren, der Einheit (als des Punktes u.s.f.) in
die Anzahl (in die Linie u.s.f.) ist.—Es kann hiezu noch bemerkt
werden, daß bei dem Außersichkommen der Fläche, was als ein
Multipliciren von Fläche in Fläche erscheinen würde, sich der Schein
eines Unterschiedes des arithmetischen und geometrischen Producirens so
ergiebt, daß das Außersichkommen der Fläche, als ductus plani in planum
arithmetisch eine Multiplikation der zweiten Dimensionsbestimmung mit
solcher, hiermit ein Product von vier Dimensionen gäbe, das aber durch
die geometrische Bestimmung auf drei herabgesetzt wird. Wenn auf der
einen Seite die Zahl darum, weil sie das Eins zu ihrem Princip hat, die
feste Bestimmung für das äußerliche Quantitative giebt, so sehr ist ihr
Produciren formell; 3. 3 als Zahlbestimmung genommen sich selbst
producirend ist 3. 3. 3. 3; aber dieselbe Größe als Flächenbestimmung
sich producirend wird bei 3. 3. 3 zurückgehalten, weil der Raum als ein
Hinausgehen vom Punkte, der nur abstrakten Grenze, aus vorgestellt,
seine wahrhafte Grenze, als konkrete Bestimmtheit von der Linie aus in
der dritten Dimension hat. Der angeführte Unterschied könnte sich in
Rücksicht der freien Bewegung, worin die eine die räumliche Seite,
unter der geometrischen Bestimmung (im kepplerischen Gesetze s[hoch 3]
: t[hoch 2]), die andere, die zeitliche Seite unter der arithmetischen
steht, von Wirksamkeit zeigen.

Wie das Qualitative, das hier betrachtet wird, von dem Gegenstande der
vor. Anm. verschieden ist, kann nun ohne weitere Bemerkung von selbst
erhellen. In dieser lag das Qualitative in der Potenzenbestimmtheit;
hier ist dasselbe, wie das Unendlichkleine, nur als Faktor arithmetisch
gegen das Produkt, oder als Punkt gegen die Linie, Linie gegen Fläche
u.s.f. Der qualitative Übergang nun, der von dem Diskreten, als in
welches die kontinuirliche Größe aufgelöst vorgestellt wird, zu dem
Kontinuirlichen zu machen ist, wird als ein Summiren bewerkstelligt.

Daß aber die angebliche bloße Summation in der That eine
Multiplikation, also den Übergang von der linearen in die
Flächenbestimmung in sich selbst enthält, erscheint am einfachsten in
der Art, wie zum Beispiel gezeigt wird, daß der Flächeninhalt eines
Trapezes gleich sey dem Produkt der Summe der beiden gegenüberstehenden
parallelen Linien in die halbe Höhe. Diese Höhe wird nur als die Anzahl
von einer Menge diskreter Größen vorgestellt, welche summirt werden
sollen.

Diese Größen sind Linien, die parallel zwischen jenen zwei begrenzenden
Parallelen liegen; es sind deren unendlich viele; denn sie sollen die
Fläche ausmachen, sind aber Linien, welche also um ein Flächenhaftes zu
seyn, zugleich mit der Negation gesetzt werden müssen. Um der
Schwierigkeit zu entgehen, daß eine Summe von Linien eine Fläche geben
sollte, werden Linien sogleich als Flächen aber gleichfalls als
unendlich dünne angenommen, denn ihre Determination haben sie allein in
dem Linearen der parallelen Grenzen des Trapezes. Als parallel und
durch das andre Paar der geradlinigten Seiten des Trapezes begrenzt,
können sie als die Glieder einer arithmetischen Progression vorgestellt
werden, deren Differenz dieselbe überhaupt ist, aber nicht bestimmt zu
werden braucht, und deren erstes und letztes Glied jene beiden
Parallelen sind; die Summe solcher Reihe ist bekanntlich das Produkt
jener Parallelen in die halbe Anzahl der Glieder. Dieß letzte Quantum
ist nur ganz relativ auf die Vorstellung von den unendlich vielen
Linien Anzahl genannt; es ist die Größebestimmtheit überhaupt eines
Kontinuirlichen,—der Höhe. Es ist deutlich, daß was Summe heißt,
zugleich ein ductus lineae in lineam, Multipliciren von Linearem mit
Linearem, nach obiger Bestimmung ein Hervorgehen von Flächenhaftem ist.
In dem einfachsten Falle nun eines Rektangels überhaupt a b ist jeder
der beiden Faktoren eine einfache Größe, aber schon in dem weitern
selbst elementarischen Beispiele vom Trapez ist nur der eine Faktor das
Einfache der halben Höhe, der andere dagegen wird durch eine
Progression bestimmt; er ist gleichfalls ein Lineares, dessen
Größebestimmtheit aber verwickelter ist; insofern sie nur durch eine
Reihe ausgedrückt werden kann, so heißt analytisch, d. h. arithmetisch
das Interesse, sie zu summiren; das geometrische Moment darin aber ist
die Multiplikation, das Qualitative des Übergangs aus der Dimension der
Linie in die Fläche; der eine Faktor ist diskret nur für die
arithmetische Bestimmung des andern genommen worden, und ist für sich,
wie dieser, die Größe eines Linearen.

Das Verfahren, Flächen als Summen von Linien vorzustellen, wird aber
auch häufig gebraucht, wo nicht eine Multiplikation als solche zu
Behufe des Resultates Statt hat. Dieß geschieht, wo es nicht darum zu
thun ist, die Größe in der Gleichung als Quantum anzugeben, sondern in
einer Proportion. Es ist z.B. eine bekannte Art zu zeigen, daß eine
Kreisfläche sich zur Fläche einer Ellipse, deren große Achse der
Diameter jenes Kreises ist, verhalte wie die große zur kleinen Achse,
indem jede dieser Flächen als die Summe der ihr zugehörigen Ordinaten
genommen wird; jede Ordinate der Ellipse verhält sich zu der
entsprechenden des Kreises wie die kleine zur großen Achse, also wird
geschlossen, verhalten auch die Summen der Ordinaten d. i. die Flächen
ebenso. Diejenigen, welche dabei die Vorstellung der Fläche als eine
Summe von Linien vermeiden wollen, machen die Ordinaten mit der
gewöhnlichen ganz überflüssigen Aushülfe zu Trapezen von unendlich
kleiner Breite; da die Gleichung nur eine Proportion ist, kommt nur das
Eine der zwei linearen Elemente der Fläche in Vergleichung. Das andere,
die Abscissenachse, ist in Ellipse und Kreis als gleich, als Faktor
arithmetischer Größebestimmung also gleich = 1 angenommen, und die
Proportion daher ganz nur von dem Verhältniß des einen bestimmenden
Moments abhängig. Zur Vorstellung der Fläche sind die zwei Dimensionen
nothwendig; aber die Größebestimmung, wie sie in jener Proportion
angegeben werden soll, geht nur auf das eine Moment allein; der
Vorstellung damit nachgeben oder aufhelfen, daß die Vorstellung von
Summe zu diesem einen Momente hinzugefügt wird, ist eigentlich eine
Verkennung dessen, worauf es hier für die mathematische Bestimmtheit
ankömmt.

Was hier auseinandergesetzt worden, enthält auch das Kriterium für die
früher erwähnte Methode der Untheilbaren des Cavalleri, die damit
ebenso gerechtfertigt ist, und der Zuflucht zu dem Unendlichkleinen
nicht bedarf. Diese Untheilbaren sind Linien, indem er eine Fläche,
oder Quadrate, Kreisflächen, indem er eine Pyramide oder Konus u.s.f.
betrachtet; die als bestimmt angenommene Grundlinie, Grundfläche nennt
er die Regel; es ist die Konstante, in Beziehung auf eine Reihe das
erste oder letzte Glied derselben; mit ihr werden jene Untheilbaren
parallel, also in gleicher Bestimmung in Rücksicht der Figur
betrachtet, Der allgemeine Grundsatz Cavalleri's ist nun, (Exerc.
Geometr. VI.—das spätere Werk-Exerc. I. p. 6.), daß alle sowohl ebene,
als körperliche Figuren im Verhältnisse aller ihrer Indivisibilien
sind, diese kollektive und wenn etwa ein gemeinschaftliches Verhältniß
in solchen Statt findet, distributive mit einander verglichen."—Er
vergleicht zu diesem Behufe in den Figuren von gleicher Grundlinie und
Höhe gemacht, die Verhältnisse von den Linien, die parallel mit jener
und in gleicher Entfernung mit ihr gezogen werden; alle solche Linien
einer Figur haben eine und dieselbe Bestimmung, und machen deren ganzen
Inhalt aus. Auf solche Weise beweist Cavalleri z.B. auch den
elementarischen Satz, daß Parallelogramme von gleicher Höhe im
Verhältnisse ihrer Grundlinie sind; jede zwei Linien, in gleicher
Entfernung von der Grundlinie und mit ihr parallel, in beiden Figuren
gezogen, sind in demselben Verhältnisse der Grundlinien, also die
ganzen Figuren. In der That machen die Linien nicht den Inhalt der
Figur als kontinuirlicher aus, aber den Inhalt, insofern er
arithmetisch bestimmt werden soll; das Lineare ist sein Element, durch
welches allein die Bestimmtheit desselben gefaßt werden muß.

Wir werden hierbei darauf geführt, auf den Unterschied zu reflektiren,
der in Ansehung dessen Statt findet, worein die Bestimmtheit einer
Figur fällt, nämlich entweder ist sie beschaffen, wie hier die Höhe der
Figur, oder ist sie äußere Grenze. Insofern sie als äußere Grenze ist,
giebt man zu, daß der Gleichheit oder dem Verhältnisse der Grenze die
Kontinuität der Figur so zu sagen folgt; z.B. die Gleichheit der
Figuren, die sich decken, beruht darauf, daß die begrenzenden Linien
sich decken. Bei Parallelogrammen aber von gleicher Höhe und Grundlinie
ist nur die letztere Bestimmtheit eine äußere Grenze; die Höhe, nicht
die Paralleleität überhaupt, auf welcher die zweite Hauptbestimmung der
Figuren, ihr Verhältniß, beruht, führt ein zweites Princip der
Bestimmung zu den äußern Grenzen herbei. Der euklidische Beweis von der
Gleichheit der Parallelogramme, die gleiche Höhe und Grundlinie haben,
führt sie auf Dreiecke zurück, auf äußerlich begrenzte Kontinuirliche;
in Cavalleri's Beweis, zunächst über die Proportionalität von
Parallelogrammen, ist die Grenze Größebestimmtheit als solche
überhaupt, welche als an jedem Paare von Linien, die mit gleichem
Abstand in beiden Figuren gezogen werden, genommen, explicirt wird,
Diese gleichen oder in gleichem Verhältniß mit der Grundlinie stehenden
Linien, kollektiv genommen, geben die in gleichem Verhältnisse
stehenden Figuren. Die Vorstellung eines Aggregats von Linien geht
gegen die Kontinuität der Figur; allein die Betrachtung der Linien
erschöpft die Bestimmtheit, auf welche es ankommt, vollkommen Cavalleri
giebt häufige Antwort auf die Schwierigkeit, als ob die Vorstellung von
den Untheilbaren es mit sich führe, daß der Anzahl nach unendliche
Linien oder Ebenen verglichen werden sollen, (Geom. Lib. II. Prop. 1.
Schol.); er macht den richtigen Unterschied, daß er nicht die Anzahl
derselben, welche wir nicht kennen,—d. i. vielmehr die, wie bemerkt
worden, eine zu Hülfe genommene leere Vorstellung ist,—sondern nur die
Größe, d. i. die quantitative Bestimmtheit als solche, welche dem von
diesen Linien eingenommenen Raume gleich ist, vergleiche; weil dieser
in Grenzen eingeschlossen ist, ist auch jene seine Größe in dieselben
Grenzen eingeschlossen; das Kontinuirliche ist nichts anderes, als die
Untheilbaren selbst, sagt er; wäre es etwas außer diesen, so wäre es
nicht vergleichbar; es würde aber ungereimt seyn, zu sagen, begrenzte
Kontinuirliche seyen nicht miteinander vergleichbar.

Man sieht, daß Cavalleri dasjenige, was zur äußerlichen Existenz des
Kontinuirlichen gehört, von demjenigen unterscheiden will, worin dessen
Bestimmtheit fällt und das für die Vergleichung und zum Behufe von
Theoremen über dasselbe allein herauszuheben ist. Die Kategorien, die
er dabei gebraucht, daß das Kontinuirliche aus den Untheilbaren
zusammengesetzt sey oder bestehe und dergleichen, sind freilich nicht
genügend, weil dabei die Anschauung des Kontinuirlichen oder, wie
vorhin gesagt, dessen äußerliche Existenz, zugleich in Anspruch
genommen wird; statt zu sagen, "daß das Kontinuirliche nichts anderes
ist, als die Untheilbaren selbst," würde es richtiger und damit auch
sogleich für sich klar heißen, daß die Größebestimmtheit des
Kontinuirlichen keine andere ist, als die der Untheilbaren selbst.
—Cavalleri macht sich nichts aus der schlechten Folgerung, daß es
größere und kleinere Unendliche gebe, welche aus der Vorstellung, daß
die Untheilbaren das Kontinuirliche ausmachen, von der Schule gezogen
werde, und drückt weiterhin (Geom. Lib. VII. Praef.) das bestimmtere
Bewußtseyn aus, daß er durch seine Beweisart keineswegs zur Vorstellung
der Zusammensetzung des Kontinuirlichen aus dem Untheilbaren genöthigt
sey; die Kontinuirlichen folgen nur der Proportion der Untheilbaren. Er
habe die Aggregate der Untheilbaren nicht so genommen, wie sie in die
Bestimmung der Unendlichkeit, um einer unendlichen Menge von Linien
oder Ebenen willen, zu verfallen scheinen, sondern insofern sie eine
bestimmte Beschaffenheit und Natur der Begrenztheit an ihnen haben. Um
denn aber doch diesen Stein des Anstoßes zu entfernen, läßt er sich die
Mühe nicht verdrießen, noch in dem eigens dafür hinzugefügten siebenten
Buche, die Hauptsätze seiner Geometrie auf eine Art zu beweisen, welche
von der Einmischung der Unendlichkeit frei bleibe.—Diese Manier
reducirt die Beweise auf die vorhin angeführte, gewöhnliche Form des
Deckens der Figuren, d. i. wie bemerkt worden, der Vorstellung der
Bestimmtheit als äußerer Raumgrenze.

Über diese Form des Deckens kann zunächst noch diese Bemerkung gemacht
werden, daß sie überhaupt eine so zu sagen kindliche Hülfe für die
sinnliche Anschauung ist. In den elementarischen Sätzen über die
Dreiecke werden zwei solche neben einander vorgestellt, und indem von
ihren je sechs Stücken gewisse drei als gleich groß mit den
entsprechenden drei des andern Dreiecks angenommen werden, so wird
gezeigt, daß solche Dreiecke einander kongruent seyen, d. i. jedes auch
die übrigen drei Stücke gleich groß mit denen des andern habe, —weil
sie vermöge der Gleichheit nach jenen drei ersten einander decken. Die
Sache abstrakter gefaßt, so ist eben um dieser Gleichheit jeden Paars
der in beiden einander entsprechenden Stücke, nur Ein Dreieck
vorhanden; in diesem sind drei Stücke als bereits bestimmt angenommen,
woraus denn die Bestimmtheit auch der drei übrigen Stücke folgt. Die
Bestimmtheit wird auf diese Weise als in drei Stücken vollendet
aufgezeigt; für die Bestimmtheit als solche sind somit die drei übrigen
Stücke ein Überfluß, der Überfluß der sinnlichen Existenz, d. i. der
Anschauung der Kontinuität. In solcher Form ausgesprochen, tritt hier
die qualitative Bestimmtheit im Unterschiede von dem hervor, was in der
Anschauung vorliegt, dem Ganzen als einem in sich kontinuirlichen; das
Decken läßt diesen Unterschied nicht zum Bewußtseyn kommen.

Mit den Parallellinien und bei den Parallelogrammen tritt, wie bemerkt
worden, ein neuer Umstand, Theils die Gleichheit nur der Winkel Theils
die Höhe der Figuren ein, von welcher letztern deren äußere Grenzen,
die Seiten der Parallelogramme, unterschieden sind. Hierbei kommt die
Zweideutigkeit zum Vorschein, inwiefern bei diesen Figuren außer der
Bestimmtheit der einen Seite, der Grundlinie, welche als äußere Grenze
ist, für die andere Bestimmtheit, die andere äußere Grenze, nämlich die
andere Seite des Parallelogramms, oder aber die Höhe zu nehmen ist. Bei
zwei solchen Figuren von einerlei Grundlinie und Höhe, wovon das eine
rechtwinklich ist, das andere sehr spitze, damit zu den
gegenüberstehenden sehr stumpfe Winkel hat, kann der Anschauung
letzteres leicht größer scheinen, als das erstere, insofern sie die
vorliegende große Seite desselben als bestimmend nimmt, und nach der
Vorstellungsweise Cavalleri's die Ebenen nach einer Menge von
parallelen Linien, durch welche sie durchschnitten werden können,
vergleicht; die größere Seite könnte als eine Möglichkeit von mehrern
Linien, als die senkrechte Seite des Rechtecks giebt, angesehen werden.
Solche Vorstellung giebtjedoch keinen Einwurf gegen Cavalleri's Methode
an die Hand; denn die in beiden Parallelogrammen für die Vergleichung
vorgestellte Menge von parallelen Linien setzt die Gleichheit ihrer
Entfernung von einander oder von der Grundlinie zugleich voraus, woraus
folgt, daß die Höhe, und nicht die andere Seite des Parallelogramms,
das andere bestimmende Moment ist. Dieß ändert sich aber ferner, wenn
zwei Parallelogramme mit einander verglichen werden, die von gleicher
Höhe und Grundlinie sind, aber nicht in Einer Ebene liegen, und zu
einer dritten Ebene verschiedene Winkel machen; hier sind die
parallelen Durchschnitte, die entstehen, wenn man sich die dritte Ebene
durch sie gelegt und sich parallel mit sich fortbewegend vorstellt,
nicht mehr gleich weit von einander entfernt, und jene zwei Ebenen sind
einander ungleich. Cavalleri macht sehr sorgfältig auf diesen
Unterschied, den er als einen Unterschied von transitus rectus und
transitus obliquus der Untheilbaren bestimmt, (gleich in Exercit. I. n.
XII. ff. wie schon in der Geometr. I. II.) auf merksam, und schneidet
damit oberflächlichen Mißverstand ab, der nach dieser Seite entstehen
könnte. Ich erinnere mich, daß Barrow in seinem obenangeführten Werke
(Lect. Geom. II. p. 21), indem er die Methode der Untheilbaren
gleichfalls gebraucht, jedoch sie bereits mit der von ihm aus auf
seinen Schüler Newton und die sonstigen mathematischen Zeitgenossen,
darunter auch Leibnitz, übergegangenen Annahme der Gleichsetzbarkeit
eines krummlinigten Dreiecks, wie das sogenannte charakteristische ist,
mit einem geradlinigten, insofern beide unendlich d. h. sehr klein
seyen, versetzt und verunreinigt hat, —einen eben dahin gehenden
Einwurf Tacquet's, eines damaligen in neuen Methoden gleichfalls
thätigen, scharfsinnigen Geometers, anführte. Die von diesem gemachte
Schwierigkeit bezieht sich ebenfalls darauf, welche Linie und zwar bei
Berechnung konischer und sphärischer Oberflächen als Grundmoment der
Bestimmung für die auf Anwendung des Diskreten gestützte Betrachtung
genommen werden solle. Tacquet wende gegen die Methode der Untheilbaren
ein, daß wenn die Oberfläche eines rechtwinklichten Kegels berechnet
werden solle, so werde nach jener atomistischen Methode das Dreieck des
Kegels als zusammengesetzt aus den geraden, mit der Grundlinie
parallelen auf die Achse senkrechten Linien vorgestellt, welche
zugleich die Radien der Kreise sind, aus denen die Oberfläche des
Kegels bestehe. Wenn nun diese Oberfläche als Summe der Peripherien,
und diese Summe aus der Anzahl ihrer Radien, d. i. der Größe der Achse,
der Höhe des Kegels, bestimmt werde, so sey solches Resultat mit der
sonst von Archimed gelehrten und bewiesenen Wahrheit im Widerspruch.
Barrow zeigt nun dagegen, daß für die Bestimmung der Oberfläche nicht
die Achse, sondern die Seite des Dreiecks des Kegels als diejenige
Linie genommen werden müsse, deren Umdrehung die Oberfläche erzeuge,
und welche daher, und nicht die Achse, als die Größebestimmtheit für
die Menge der Peripherien angenommen werden müsse.

Dergleichen Einwürfe oder Unsicherheiten haben ihre Quelle allein in
der gebrauchten unbestimmten Vorstellung der unendlichen Menge von
Punkten, aus denen die Linie, oder von Linien, aus denen die Fläche u.
s.f. bestehend angesehen wird; durch diese Vorstellung wird die
wesentliche Größebestimmtheit der Linien oder Flächen in Schatten
gestellt.—Es ist die Absicht dieser Anmerkungen gewesen, die
affirmativen Bestimmungen, die bei dem verschiedenen Gebrauch, der von
dem Unendlich-kleinen in der Mathematik gemacht wird, so zu sagen im
Hintergrunde bleiben, aufzuweisen und sie aus der Nebulosität
hervorzuheben, in welche sie durch jene bloß negativ gehaltene
Kategorie gehüllt werden. Bei der unendlichen Reihe, wie in der
archimedischen Kreismessung bedeutet das Unendliche nichts weiter, als
daß das Gesetz der Fortbestimmung bekannt ist, aber der sogenannte
endliche Ausdruck, d. i. der arithmetische, nicht gegeben, die
Zurückführung des Bogens auf die gerade Linie nicht bewerkstelligt
werden kann; diese Inkommensurabilität ist die qualitative
Verschiedenheit derselben. Die qualitative Verschiedenheit des
Diskreten mit dem Kontinuirlichen überhaupt, enthält gleichfalls eine
negative Bestimmung, welche sie als inkommensurabel erscheinen läßt,
und das Unendliche herbeiführt, in dem Sinne, daß das als diskret zu
nehmende Kontinuirliche nun kein Quantum nach seiner kontinuirlichen
Bestimmtheit mehr haben soll. Das Kontinuirliche, das arithmetisch als
Produkt zu nehmen ist, ist damit diskret an ihm selbst gesetzt, nämlich
in die Elemente, die seine Faktoren sind, zerlegt; in diesen liegt
seine Größebestimmtheit; sie sind als ebendamit, daß sie diese Faktoren
oder Elemente sind, von einer niedrigern Dimension, und insofern die
Potenzenbestimmtheit eintritt, von einer niedrigern Potenz als die
Größe, deren Elemente oder Faktoren sie sind. Arithmetisch erscheint
dieser Unterschied als ein bloß quantitativer, der Wurzel und der
Potenz oder welcher Potenzenbestimmtheit es sey; jedoch wenn der
Ausdruck nur auf das Quantitative als solches geht, z.B. a : a[hoch 2]
oder d.a[hoch 2] = 2a : a[hoch 2] = 2 : a, oder für das Gesetz des
Falles, t : at[hoch 2] so giebt er die nichtssagenden Verhältnisse von
1 : a, 2 : a, 1: at; die Seiten müßten gegen ihre bloß quantitative
Bestimmung durch die unterschiedene qualitative Bedeutung auseinander
gehalten werden, wie s : at[hoch]2; wodurch die Größe als eine Qualität
ausgesprochen wird, als Funktion der Größe einer andern Qualität.
Hierbei steht dann bloß die quantitative Bestimmtheit vor dem
Bewußtseyn, mit der nach ihrer Art ohne Schwierigkeit operirt wird, und
man kann kein Arges daran haben, die Größe einer Linie mit der Größe
einer andern Linie zu multipliciren; aber die Multiplikation dieser
selben Größen giebt zugleich die qualitative Veränderung des Überganges
von Linie in Fläche; insofern tritt eine negative Bestimmung ein; sie
ist es, welche die Schwierigkeit veranlaßt, die durch die Einsicht in
ihre Eigenthümlichkeit und in die einfache Natur der Sache gelöst, aber
durch die Hilfe des Unendlichen, wodurch sie beseitigt werden soll,
vielmehr nur in Verworrenheit gesetzt und ganz unaufgelöst erhalten
wird.



Drittes Kapitel. Das quantitative Verhältniß.


Die Unendlichkeit des Quantums ist dahin bestimmt worden, daß sie das
negative Jenseits desselben ist, das es aber an ihm selbst hat. Dieß
Jenseits ist das Qualitative überhaupt. Das unendliche Quantum ist als
die Einheit beider Momente, der quantitativen und der qualitativen
Bestimmtheit, zunächst Verhältniß.

Im Verhältnisse hat das Quantum nicht mehr eine nur gleichgültige
Bestimmtheit, sondern ist qualitativ bestimmt als schlechthin bezogen
auf sein Jenseits. Es kontinuirt sich in sein Jenseits; dieses ist
zunächst ein anderes Quantum überhaupt. Aber wesentlich sind sie nicht
als äußerliche Quanta auf einander bezogen, sondern jedes hat seine
Bestimmtheit in dieser Beziehung auf das Andere. Sie sind so in diesem
ihrem Andersseyn in sich zurückgekehrt; was jedes ist, ist es in dem
Andern; das andere macht die Bestimmtheit eines jeden aus. —Das
Hinausgehen des Quantums über sich hat also jetzt diesen Sinn, weder
daß es sich nur in ein Anderes noch in sein abstraktes Anderes, in sein
negatives Jenseits veränderte, sondern darin zu seiner Bestimmtheit
gelangt ist; es findet sich selbst in seinem Jenseits, welches ein
anderes Quantum ist. Die Qualität des Quantums, seine
Begriffsbestimmtheit, ist seine Äußerlichkeit überhaupt, und im
Verhältniß ist es nun so gesetzt, in seiner Äußerlichkeit, an einem
andern Quantum, seine Bestimmtheit zu haben, in seinem Jenseits das zu
seyn, was es ist.

Es sind Quanta, welche die Beziehung, die sich ergab, auf einander
haben. Diese Beziehung ist selbst auch eine Größe; das Quantum ist
nicht nur im Verhältniß, sondern es selbst ist als Verhältniß gesetzt;
es ist ein Quantum überhaupt, das jene qualitative Bestimmtheit
innerhalb seiner hat. So als Verhältniß drückt es sich als in sich
geschlossene Totalität und seine Gleichgültigkeit gegen die Grenze aus,
dadurch daß es die Äußerlichkeit seines Bestimmtseyns innerhalb seiner
selbst hat, und in ihr nur auf sich bezogen, somit an ihm selbst
unendlich ist.

Das Verhältniß überhaupt ist

1. das direkte Verhältniß. In demselben tritt das Qualitative noch
nicht als solches für sich heraus; es ist noch in keiner weitern Weise,
als der des Quantums, daß dieses in seiner Äußerlichkeit selbst seine
Bestimmtheit zu haben gesetzt ist.—Das quantitative Verhältniß ist an
sich der Widerspruch der Äußerlichkeit und der Beziehung auf sich
selbst, des Bestehens der Quantorum und der Negation derselben;—er hebt
sich auf, indem zunächst

2. im indirekten Verhältnisse, die Negation des einen Quantums als
solche mit in der Veränderung des andern, und die Veränderlichkeit des
direkten Verhältnisses selbst, gesetzt wird;

3. im Potenzenverhältniß aber macht sich die in ihrem Unterschiede sich
auf sich beziehende Einheit als einfache Selbstproduktion des Quantums
geltend; dieß Qualitative selbst endlich in einfacher Bestimmung und
identisch mit dem Quantum gesetzt, wird das Maaß.

—Über die Natur der folgenden Verhältnisse ist Vieles in den
vorhergehenden Anmerkungen, welche das Unendliche der Quantität, d. i.
das qualitative Moment an derselben, betreffen, anticipirt worden; es
bleibt daher nur der abstrakte Begriff dieser Verhältnisse auseinander
zu setzen.

A. Das direkte Verhältniß.

1. Im Verhältnisse, welches als unmittelbar das direkte ist, liegt die
Bestimmtheit des einen Quantums gegenseitig in der Bestimmtheit des
andern. Es ist nur Eine Bestimmtheit oder Grenze beider, die selbst
Quantum ist, der Exponent des Verhältnisses.

2. Der Exponent ist irgend ein Quantum, aber in seiner Äußerlichkeit an
ihm selbst sich auf sich beziehendes, qualitativ bestimmtes Quantum ist
er nur, insofern er den Unterschied seiner, sein Jenseits und
Andersseyn an ihm selbst hat. Dieser Unterschied des Quantums an ihm
selbst aber ist der Unterschied der Einheit und der Anzahl; die
Einheit—das Fürsich-bestimmtseyn; die Anzahl—das gleichgültige Hin- und
Hergehen an der Bestimmtheit, die äußere Gleichgültigkeit des Quantums.
Einheit und Anzahl waren zuerst die Momente des Quantums; jetzt im
Verhältnisse, dem insofern realisirten Quantum, erscheint jedes seiner
Momente als ein eignes Quantum, und als Bestimmungen seines Daseyns,
als Begrenzungen gegen die sonst nur äußerliche, gleichgültige
Größebestimmtheit.

Der Exponent ist dieser Unterschied als einfache Bestimmtheit d. h. er
hat unmittelbar die Bedeutung beider Bestimmungen an ihm selbst. Er ist
erstens Quantum; so ist er die Anzahl; wenn die eine Seite des
Verhältnisses, welche als Einheit genommen wird, als numerisches Eins
ausgedrückt ist, und sie gilt nur für solches, so ist die andere, die
Anzahl, das Quantum des Exponenten selbst. Zweitens ist er die einfache
Bestimmtheit als das Qualitative der Seiten des Verhältnisses; wenn das
Quantum der einen bestimmt ist, ist auch das andere durch den
Exponenten bestimmt, und es ist völlig gleichgültig, wie das erste
bestimmt wird; es hat als für sich bestimmtes Quantum keine Bedeutung
mehr, sondern kann ebenso gut jedes Andere seyn, ohne die Bestimmtheit
des Verhältnisses zu ändern, die allein auf dem Exponenten beruht. Das
eine, welches als Einheit genommen ist, bleibt, wie groß es werde,
immer Einheit, und das andere, wie groß es ebenso dabei werde, muß
dieselbe Anzahl jener Einheit bleiben.

3. Hiernach machen beide eigentlich nur Ein Quantum aus, das eine hat
gegen das andere, nur den Werth der Einheit, nicht einer Anzahl; das
andre nur den der Anzahl; nach ihrer Begriffsbestimmtheit sind sie
selbst somit nicht vollständige Quanta. Diese Unvollständigkeit aber
ist eine Negation an ihnen und dieß nicht nach ihrer Veränderlichkeit
überhaupt, nach der das Eine (und jedes ist Eines der beiden) alle
mögliche Größe annehmen kann, sondern nach der Bestimmung, daß wenn das
eine verändert wird, das andere um ebenso viel vermehrt oder vermindert
wird; dieß heißt, wie gezeigt, nur das Eine, die Einheit, wird als
Quantum verändert, die andere Seite, die Anzahl, bleibt dasselbe
Quantum von Einheiten, aber auch jene bleibt ebenso nur als Einheit
geltend, sie werde als Quantum verändert wie sie wolle. Jede Seite ist
so nur eines der beiden Momente des Quantums, und die
Selbstständigkeit, die zu dessen Eigenthümlichkeit gehört, ist an sich
negirt; in diesem qualitativen Zusammenhange sind sie als negative
gegen einander zu setzen.

Der Exponent soll das vollständige Quantum seyn, indem die Bestimmung
der beiden Seiten in ihm zusammenläuft; er hat aber in der That als
Quotient selbst nur den Werth der Anzahl, oder der Einheit. Es ist
keine Bestimmung vorhanden, welche der Seiten des Verhältnisses als die
Einheit oder als die Anzahl genommen werden müße; die eine, das Quantum
B an dem Quantum A als der Einheit gemessen, so ist der Quotient C die
Anzahl solcher Einheiten; aber A selbst als Anzahl genommen, ist der
Quotient C die Einheit, welche zu der Anzahl A für das Quantum B
erfordert wird; dieser Quotient ist als Exponent somit nicht als das
gesetzt, was er seyn soll,—das Bestimmende des Verhältnisses, oder als
seine qualitative Einheit. Als diese ist er nur gesetzt, insofern er
den Werth hat, die Einheit der beiden Momente, der Einheit und der
Anzahl, zu seyn. Indem diese Seiten zwar als Quanta, wie sie in dem
expliciten Quantum, dem Verhältnisse, seyn sollen, vorhanden sind, aber
zugleich nur in dem Wertbe, den sie als dessen Seiten haben sollen,
unvollständige Quanta zu seyn und nur als eines jener qualitativen
Momente zu gelten, so sind sie mit dieser ihrer Negation zu setzen;
womit ein seiner Bestimmung entsprechenderes reelleres Verhältniß
entsteht, worin der Exponent die Bedeutung des Produkts derselben hat;
nach dieser Bestimmtheit ist es das umgekehrte Verhältniß.

B. Das umgekehrte Verhältniß.

1. Das Verhältniß, wie es sich nun ergeben, ist das aufgehobene direkte
Verhältniß; es war das unmittelbare, somit noch nicht wahrhaft
bestimmte; nunmehr ist die Bestimmtheit so hinzugekommen, daß der
Exponent als Produkt, Einheit der Einheit und der Anzahl, gilt. Nach
der Unmittelbarkeit konnte er gleichgültig ebensowohl als Einheit wie
als Anzahl genommen werden, wie vorhin gezeigt worden; womit er auch
nur als Quantum überhaupt und damit vorzugsweise als Anzahl war; die
eine Seite war die Einheit, und als Eins zu nehmen, zu welcher die
andere eine fixe Anzahl sey, die zugleich der Exponent ist; dessen
Qualität war somit nur dieß, daß dieß Quantum als festes genommen oder
vielmehr das Feste nur den Sinn des Quantums hat.

In dem umgekehrten Verhältnisse nun ist der Exponent gleichfalls als
Quantum ein unmittelbares, und irgend eines als festes angenommen. Aber
dieß Quantum ist nicht fixe Anzahl zu dem Eins des andern Quantums im
Verhältnisse; dieses im vorhergehenden feste Verhältniß ist nun
vielmehr als veränderlich gesetzt; wenn zum Eins der einen Seite ein
anderes Quantum genommen wird, so bleibt nun die andere nicht mehr
dieselbe Anzahl von Einheiten der ersten. Im direkten Verhältnisse ist
diese Einheit nur das gemeinschaftliche beider Seiten; sie als solche
kontinuirt sich in die andere Seite, in die Anzahl; die Anzahl selbst
für sich, oder der Exponent, ist gegen die Einheit gleichgültig.

Wie nunmehr aber die Bestimmtheit des Verhältnisses ist, wird die
Anzahl als solche gegen das Eins, zu dem sie die andere Seite des
Verhältnisses ausmacht, verändert; je nachdem zum Eins ein anderes
Quantum genommen wird, wird sie eine andere. Der Exponent ist daher
zwar auch nur ein unmittelbares nur beliebig als fest angenommenes
Quantum, aber er erhält sich nicht als solches in der Seite des
Verhältnisses, sondern diese und damit das direkte Verhältniß der
Seiten ist veränderlich. Hiermit ist, in dem nunmehrigen Verhältnisse,
der Exponent, als das bestimmende Quantum, negativ gegen sich als
Quantum des Verhältnisses, hiermit als qualitativ als Grenze gesetzt,
daß also das Qualitative für sich im Unterschied gegen das Quantitative
hervortritt.—In dem direkten Verhältnisse ist die Veränderung der
beiden Seiten nur die Eine Veränderung des Quantums, als welches die
Einheit, die das Gemeinschaftliche ist, genommen wird, um so viel also
die eine Seite vergrößert oder vermindert wird, um so viel auch die
andere; das Verhältniß selbst ist gegen diese Veränderung gleichgültig,
sie ist ihm äußerlich. Im indirekten Verhältnisse aber ist die
Veränderung, obgleich nach dem gleichgültigen quantitativen Momente
auch beliebig, innerhalb des Verhältnisses gehalten, und auch dieß
beliebige quantitative Hinausgehen durch die negative Bestimmtheit des
Exponenten, als durch eine Grenze, beschränkt.

2. Diese qualitative Natur des indirekten Verhältnisses ist noch näher,
nämlich in ihrer Realisation zu betrachten, und die Verwicklung des
Affirmativen mit dem Negativen, die darin enthalten ist, auseinander zu
setzen.—Es ist das Quantum gesetzt, als qualitativ das Quantum d. i.
sich selbst bestimmend, als Grenze seiner an ihm sich darstellend. Es
ist hiermit erstens eine unmittelbare Größe als einfache Bestimmtheit,
das Ganze als seyendes, affirmatives Quantum. Aber zweitens ist diese
unmittelbare Bestimmtheit zugleich Grenze; dafür ist es in zwei Quanta
unterschieden, die zunächst andere gegeneinander sind; aber als deren
qualitative Bestimmtheit, und zwar dieselbe als vollständig ist es die
Einheit der Einheit und der Anzahl, Produkt, dessen Faktoren sie sind.
So ist der Exponent ihres Verhältnisses eines Theils in ihnen identisch
mit sich, und das Affirmative derselben, wonach sie Quanta sind; andern
Theils ist er als die an ihnen gesetzte Negation die Einheit an ihnen,
nach der zunächst jedes, ein unmittelbares, begrenztes Quantum
überhaupt, zugleich so ein begrenztes ist, daß es nur an sich identisch
mit seinem Andern ist. Drittens ist er als die einfache Bestimmtheit,
die negative Einheit dieser seiner Unterscheidung in die zwei Quanta
und die Grenze ihres gegenseitigen Begrenzens.

Nach diesen Bestimmungen begrenzen sich die beiden Momente innerhalb
des Exponenten und sind das eine das Negative des andern, da er ihre
bestimmte Einheit ist; das eine wird um so vielmal kleiner, als das
andere größer wird, jedes hat insofern seine Größe, als es die des
andern an ihm hat, als dem andern mangelt. Jede kontinuirt sich auf
diese Weise negativ in die andere; soviel sie an Anzahl ist, hebt sie
an der andern als Anzahl auf, und ist, was sie ist, nur durch die
Negation oder Grenze, die an ihr von der andern gesetzt wird. Jede
enthält auf diese Weise auch die andere, und ist an ihr gemessen, denn
jede soll nur das Quantum seyn, das die andere nicht ist; für den Werth
jeder ist die Größe der andern unentbehrlich und damit untrennbar von
ihr.

Diese Kontinuität jeder in der Andern macht das Moment der Einheit aus,
wodurch sie im Verhältnisse sind;—der Einen Bestimmtheit, der einfachen
Grenze, die der Exponent ist. Diese Einheit, das Ganze, macht das
Ansichseyn einer jeden aus, von dem ihre vorhandene Größe unterschieden
ist, nach welcher jedes nur ist, insofern sie der andern von ihrem
gemeinsamen Ansichseyn, dem Ganzen, entzieht. Aber sie kann nur so
viel, als sie diesem Ansichseyn gleich macht, der andern entziehen, sie
hat an dem Exponent ihr Maximum, der nach der angegebenen zweiten
Bestimmung die Grenze ihrer gegenseitigen Begrenzung ist. Und indem
jede nur insofern Moment des Verhältnisses ist, als sie die andere
begrenzt und damit von der andern begrenzt wird, so verliert sie diese
ihre Bestimmung, indem sie sich ihrem Ansichseyn gleich macht; die
andere Größe wird nicht nur darin Null, sondern sie selbst
verschwindet, da sie nicht bloßes Quantum, sondern was sie als solches
ist, nur als solches Verhältnißmoment seyn soll. So ist jede Seite der
Widerspruch der Bestimmung, als ihres Ansichseyns, d. i. der Einheit
des Ganzen, das der Exponent ist, und der Bestimmung, als
Verhältnißmomentes; dieser Widerspruch ist wieder die Unendlichkeit, in
einer neuen eigenthümlichen Form.

Der Exponent ist Grenze der Seiten seines Verhältnisses, innerhalb
deren sie gegeneinander zu- und abnehmen, dem sie nach der affirmativen
Bestimmtheit, die er als Quantum ist, nicht gleich werden können. So
als Grenze ihres gegenseitigen Begrenzens ist er à) ihr Jenseits, deni
sie sich unendlich nähern, aber das sie nicht erreichen können. Diese
Unendlichkeit, als in der sie sich ihm nähern, ist die schlechte des
unendlichen Progresses; sie ist selbst endlich, hat in ihrem
Gegentheil, in der Endlichkeit jeder Seite und des Exponenten selbst,
ihre Schranke, und ist daher nur Näherung. Aber ß) die schlechte
Unendlichkeit ist hier zugleich gesetzt, als das was sie in Wahrheit
ist, nämlich nur das negative Moment überhaupt, nach welchem der
Exponent gegen die unterschiedenen Quanta des Verhältnisses die
einfache Grenze als das Ansichseyn ist, auf das ihre Endlichkeit, als
das schlechthin Veränderliche, bezogen wird, aber schlechthin von ihnen
verschieden, als ihre Negation, bleibt. Dieß Unendliche, dem sich
dieselben nur annähern können, ist dann gleichfalls als affirmatives
Diesseits vorhanden und gegenwärtig; das simple Quantum des Exponenten.
Darin ist das Jenseits, mit dem die Seiten des Verhältnisses behaftet
sind, erreicht; es ist an sich die Einheit beider oder damit an sich
die andre Seite einer jeden; denn jede hat nur so viel Werth, als die
andere nicht hat, ihre ganze Bestimmtheit liegt so in der andern, und
dieß ihr Ansichseyn ist als affirmative Unendlichkeit einfach der
Exponent.

3. Hiermit aber hat sich der Übergang des umgekehrten Verhältnisses in
eine andere Bestimmung ergeben, als es zunächst hatte. Diese bestand
darin, daß ein Quantum als unmittelbares zugleich auf ein anderes die
Beziehung hat, um so viel größer zu seyn, als dieses kleiner ist, durch
negatives Verhalten gegen das andere zu seyn, was es ist; ebenso ist
eine dritte Größe die gemeinsame Schranke dieses ihres Größerwerdens.
Diese Veränderung ist hier, im Gegensatze gegen das Qualitative als
feste Grenze, ihre Eigenthünilichkeit; sie haben die Bestimmung von
veränderlichen Größen, für welche jenes Feste ein unendliches Jenseits
ist.

Die Bestimmungen aber, die sich gezeigt und die wir zusammen zu fassen
haben, sind, nicht nur, daß dieß unendliche Jenseits zugleich als ein
gegenwärtiges und irgend ein endliches Quantum ist, sondern daß seine
Festigkeit, wodurch es solches unendliches Jenseits gegen das
Quantitative ist, und die das Qualitative des Seyns nur als abstrakte
Beziehung auf sich selbst ist, sich als Vermittelung seiner in seinem
Andern, den Endlichen des Verhältnisses, mit sich selbst, entwickelt
hat. Das Allgemeine hiervon liegt darin, daß überhaupt das Ganze als
Exponent die Grenze des gegenseitigen Begrenzens der beiden Glieder,
also die Negation der Negation, somit die Unendlichkeit, affirmatives
Verhalten zu sich selbst, gesetzt ist. Das Bestimmtere ist, daß an sich
der Exponent schon als Produkt die Einheit der Einheit und der Anzahl,
jedes der beiden Glieder aber nur das eine dieser beiden Momente ist,
wodurch er sie also in sich schließt und in ihnen an sich sich auf sich
bezieht. Aber der Unterschied ist im umgekehrten Verhältnisse zur
Äußerlichkeit des quantitativen Seyns entwickelt, und das Qualitative
nicht bloß das Feste, noch nur die Momente unmittelbar in sich
einschließend, sondern in dem außersichseyenden Andersseyn sich mit
sich zusammenschließend vorhanden. Diese Bestimmung ist es, die sich
als Resultat in den Momenten, die sich gezeigt, heraushebt. Der
Exponent ergiebt sich nämlich als das Ansichseyn, dessen Momente in
Quantis und in deren Veränderlichkeit überhaupt realisirt ist; die
Gleichgültigkeit ihrer Größen in ihrer Veränderung stellt sich als
unendlicher Progreß dar; was dem zu Grunde liegt, ist, daß in ihrer
Gleichgültigkeit dieß ihre Bestimmtheit ist, ihren Werth in dem Werthe
des andern zu haben, somit à) nach der affirmativen Seite ihres
Quantums an sich das Ganze des Exponenten zu seyn. Ebenso haben sie ß)
für ihr negatives Moment, für ihr gegenseitiges Begrenzen die Größe des
Exponenten, ihre Grenze ist die seinige. Daß sie keine andere immanente
Grenze, eine feste Unmittelbarkeit, mehr haben, ist in dem unendlichen
Progresse ihres Daseyns und ihrer Begrenzung, in der Negation jedes
besondern Werthes, gesetzt. Diese ist hiernach die Negation des
Außersichseyns des Exponenten, das in ihnen dargestellt ist, und
dieser, d. i. zugleich selbst ein Quantum überhaupt, und in Quanta auch
ausgelegt, ist damit gesetzt, als das in der Negation ihres
gleichgültigen Bestehens sich Erhaltende, mit sich Zusammengehende, so
das Bestimmende solchen Hinausgehens über sich, zu seyn.

Das Verhältniß ist hiermit zum Potenzenverhältniß bestimmt.

C. Potenzverhältniß.

1. Das Quantum in seinem Andersseyn sich identisch mit sich setzend,
sein Hinausgehen über sich selbst bestimmend, ist zum Fürsichseyn
gekommen. So qualitative Totalität, indem sie sich als entwickelt
setzt, hat sie zu ihren Momenten die Begriffsbestimmungen der Zahl, die
Einheit und die Anzahl; die letztere ist noch im umgekehrten
Verhältnisse eine nicht durch die erstere selbst als solche, sondern
anderswoher, durch ein Drittes bestimmte Menge; nun ist sie nur durch
jene bestimmt gesetzt. Dieß ist der Fall im Potenzenverhältnisse, wo
die Einheit, welche Anzahl an ihr selbst ist, zugleich die Anzahl gegen
sich als Einheit ist. Das Andersseyn, die Anzahl der Einheiten, ist die
Einheit selbst. Die Potenz ist eine Menge von Einheiten, deren jede
diese Menge selbst ist. Das Quantum als gleichgültige Bestimmtheit
verändert sich; aber insofern diese Verändernng ein Erheben in die
Potenz ist, ist dieß sein Andersseyn rein durch sich selbst
begrenzt.—Das Quantum ist so in der Potenz als in sich selbst
zurückgekehrt gesetzt; es ist unmittelbar es selbst und auch sein
Andersseyn.

Der Exponent dieses Verhältnisses ist nicht mehr ein unmittelbares
Quantum, wie im direkten, und auch im umgekehrten Verhältnisse. Er ist
im Potenzenverhältniß ganz qualitativer Natur, diese einfache
Bestimmtheit, daß die Anzahl die Einheit selbst, das Quantum in seinem
Andersseyn mit sich selbst identisch ist. Darin liegt zugleich die
Seite seiner quantitativen Natur, daß die Grenze oder Negation nicht
als unmittelbar seyendes, sondern das Daseyn als in sein Andersseyn
kontinuirt gesetzt ist; denn die Wahrheit der Qualität ist eben dieß,
Quantität, die unmittdbare Bestimmtheit als aufgehobene, zu seyn.

2. Das Potenzenverhältniß erscheint zunächst als eine äußere
Veränderung, in welche irgend ein Quantum versetzt wird; es hat aber
die engere Beziehung auf den Begriff des Quantums, daß dieses in dem
Daseyn, zu welchem es in jenem Verhältnisse fortgebildet ist, denselben
erreicht, ihn auf vollständige Weise realisirt hat; dieß Verhältniß ist
die Darstellung dessen, was das Quantum an sich ist, und drückt dessen
Bestimmtheit oder Qualität aus, wodurch es sich von anderem
unterscheidet. Das Quantum ist die gleichgültige, als aufgehoben
gesetzte Bestimmtheit, das heißt, die Bestimmtheit als Grenze, welche
ebenso sehr keine ist, in ihr Andersseyn sich kontinuirt, in ihm sich
also identisch mit sich bleibt; so ist es im Potenzenverhältniß
gesetzt; sein Andersseyn, Hinausgehen über sich in ein anders Quantum,
als durch es selbst bestimmt.

Vergleichen wir den Fortgang dieser Realisirung in den bisherigen
Verhältnissen, so ist die Qualität des Quantums, als Unterschied seiner
von sich selbst gesetzt zu seyn, überhaupt dieß, Verhältniß zu seyn.
Als direktes Verhältniß ist es als solcher gesetzte Unterschied nur
erst überhaupt oder unmittelbar, so daß seine Beziehung auf sich
selbst, die es gegen seine Unterschiede, als der Exponent hat, nur als
die Festigkeit einer Anzahl der Einheit gilt. Im umgekehrten Verhältniß
ist das Quantum in negativer Bestimmung ein Verhalten seiner zu sich
selbst,—zu sich als seiner Negation, in der es aber seinen Werth hat;
als affirmative Beziehung auf sich ist es ein Exponent, der als Quantum
nur an sich das Bestimmende seiner Momente ist. Im Potenzenverhältniß
aber ist es in dem Unterschied als seiner von sich selbst vorhanden.
Die Äußerlichkeit der Bestimmtheit ist die Qualität des Quantums, diese
Äußerlichkeit ist so nun seinem Begriffe gemäß als sein eigenes
Bestimmen, als seine Beziehung auf sich selbst, seine Qualität,
gesetzt.

3. Damit aber, daß das Quantum gesetzt ist, wie es seinem Begriffe
gemäß ist, ist es in eine andere Bestimmung übergegangen; oder wie es
auch ausgedrückt werden kann, daß seine Bestimmung nun auch als die
Bestimmtheit, das Ansichseyn auch als Daseyn ist. Es ist als Quantum,
insofern die Äußerlichkeit oder Gleichgültigkeit des Bestimmtseyns
(—daß es das ist, wie man sagt, was vergrößert oder vermindert werden
kann) nur einfach oder unmittelbar gilt und gesetzt ist; es ist zu
seinem Andern, der Qualität, geworden, insofern jene Äußerlichkeit nun
als vermittelt durch es selbst, so als ein Moment gesetzt ist, daß es
eben in ihr sich auf sich selbst bezieht, Seyn als Qualität ist.

Zunächst erscheint also die Quantität als solche der Qualität
gegenüber; aber die Quantität ist selbst eine Qualität, sich auf sich
beziehende Bestimmtheit überhaupt, unterschieden von der ihr andern
Bestimmtheit, von der Qualität als solcher. Allein sie ist nicht nur
eine Qualität, sondern die Wahrheit der Qualität selbst ist die
Quantität; jene hat sich als in diese übergehend gezeigt. Die Quantität
ist dagegen in ihrer Wahrheit die in sich selbst zurückgekehrte, nicht
gleichgültige Äußerlichkeit. So ist sie die Qualität selbst, so daß
außer dieser Bestimmung nicht die Qualität als solche noch etwas
wäre.—Daß die Totalität gesetzt sey, dazu gehört der gedoppelte
Übergang, nicht nur der der einen Bestimmtheit in ihre andere, sondern
ebenso der Übergang dieser andern, ihr Rückgang, in die erste. Durch
den ersten ist nur erst an sich die Identität beider vorhanden;—die
Qualität ist in der Quantität enthalten, die aber damit noch eine
einseitige Bestimmtheit ist. Daß diese umgekehrt ebenso in der ersten
enthalten, sie ebenso nur als aufgehobene ist, ergiebt sich im zweiten
Übergang,—der Rückkehr in das erste; diese Bemerkung über die
Nothwendigkeit des doppelten Übergangs ist von großer Wichtigkeit für
das Ganze der wissenschaftlichen Methode.

Das Quantum nunmehr als gleichgültige oder äußerliche Bestimmung, so
daß es ebenso als solche aufgehoben, und die Qualität und das ist,
wodurch etwas das ist, was es ist, ist die Wahrheit des Quantums, Maaß
zu seyn.

Anmerkung.

Es ist oben, in den Anmerkungen über das Quantitativ-Unendliche
auseinander gesetzt worden, daß dieses so wie die Schwierigkeiten, die
sich darüber ergeben, in dem qualitativen Momente, das sich im
Quantitativen hervorthut, ihren Ursprung haben, und wie das Qualitative
des Potenzenverhältnisses insbesondere, in die mannigfaltigen
Entwickelungen und Verwickelungen ausgeht; als der Grundmangel, der die
Auffassung des Begriffes verhindert, wurde auf gezeigt, daß bei dem
Unendlichen nur nach der negativen Bestimmung, die Negation des
Quantums zu seyn, stehen geblieben und nicht zu der einfachen
Bestimmung, dem Affirmativen, daß dieses das Qualitative ist,
fortgegangen wird.—Hier bleibt nur übrig, noch eine Bemerkung über die
in der Philosophie geschehene Einmischung von Formen des Quantitativen
in die reinen qualitativen Formen des Denkens, zu machen. Besonders ist
es das Potenzenverhältniß, welches in neuerer Zeit auf
Begriffsbestimmungen angewendet worden ist. Der Begriff in seiner
Unmittelbarkeit wurde die erste Potenz, in seinem Andersseyn oder der
Differenz, dem Daseyn seiner Momente, die zweite, und in seiner
Rückkehr in sich oder als Totalität die dritte Potenz genannt.
—Hiergegen fällt sogleich auf, daß die Potenz so gebraucht eine
Kategorie ist, die dem Quantum wesentlich angehört;—es ist bei diesen
Potenzen nicht an die potentia,… des Aristoteles gedacht. So drückt das
Potenzenverhältniß die Bestimmtheit aus, wie dieselbe als der
Unterschied, wie er im besondern Begriffe des Quantums ist, zu seiner
Wahrheit gelangt, aber nicht wie derselbe am Begriffe als solchem ist.
Das Quantum enthält die Negativität, welche zur Natur des Begriffs
gehört, noch gar nicht in dessen eigenthümlicher Bestimmung gesetzt;
Unterschiede, die dem Quantum zukommen, sind oberflächliche
Bestimmungen für den Begriff selbst; sie sind noch weit entfernt,
bestimmt zu seyn, wie sie es im Begriffe sind. Es ist in der Kindheit
des Philosophirens, daß wie von Pythagoras Zahlen—und erste, zweite
Potenz u.s.f. haben insofern vor Zahlen nichts voraus,—zur Bezeichnung
allgemeiner, wesentlicher Unterschiede gebraucht worden sind. Es war
dieß eine Vorstufe des reinen denkenden Erfassens; nach Pythagoras erst
sind die Gedankenbestimmungen selbst erfunden, d. i. für sich zum
Bewußtseyn gebracht worden. Aber von solchen weg zu Zahlenbestimmungen
zurückzugehen, gehört einem sich unvermögend fühlenden Denken an, das
nun im Gegensatze gegen vorhandene philosophische Bildung, die an
Gedankenbestimmungen gewohnt ist, selbst das Lächerliche hinzufügt,
jene Schwäche für etwas Neues, Vornehmes und für einen Fortschritt
geltend machen zu wollen.

Insofern der Potenzen-Ausdruck nur als Symbol gebraucht wird, so ist
dagegen so wenig zu sagen, als gegen die Zahlen oder Symbole anderer
Art für Begriffe; aber zugleich ebenso viel, als gegen alle Symbolik
überhaupt, in welcher reine Begriffs- oder philosophische Bestimmungen
dargestellt werden sollen. Die Philosophie bedarf solche Hülfe nicht,
weder aus der sinnlichen Welt, noch aus der vorstellenden
Einbildungskraft, auch nicht aus Sphären ihres eigenthümlichen Bodens,
welche untergeordnet sind, deren Bestimmungen daher nicht für höhere
Kreise und für das Ganze passen. Das Letztere geschieht, wenn überhaupt
Kategorien des Endlichen auf das Unendliche angewendet werden; die
geläufigen Bestimmungen von Kraft, oder Substantialität, Ursache und
Wirkung u.s.f. sind gleichfalls nur Symbole für den Ausdruck z.B.
lebendiger oder geistiger Verhältnisse, d. i. unwahre Bestimmungen für
dieselben, so noch mehr die Potenzen des Quantums und gezählte
Potenzen, für dergleichen und für spekulative Verhältnisse
überhaupt.—Wenn Zahlen, Potenzen, das Mathematisch-Unendliche und
dergleichen nicht als Symbole, sondern als Formen für philosophische
Bestimmungen, und damit selbst als philosophische Formen sollen
gebraucht werden, so müßte vor Allem ihre philosophische Bedeutung, d.
i. ihre Begriffsbestimmtheit aufgezeigt werden. Geschieht dieß, so sind
sie selbst überflüssige Bezeichnungen; die Begriffsbestimmtheit
bezeichnet sich selbst, und ihre Bezeichnung ist allein die richtige
und passende. Der Gebrauch jener Formen ist darum weiter nichts, als
ein bequemes Mittel, es zu ersparen, die Begriffsbestimmungen zu
fassen, anzugeben und zu rechtfertigen.



Dritter Abschnitt. Das Maaß.


Im Maaße sind, abstrakt ausgedrückt, Qualität und Quantität vereinigt.
Das Seyn als solches ist unmittelbare Gleichheit der Bestimmtheit mit
sich selbst. Diese Unmittelbarkeit der Bestimmtheit hat sich
aufgehoben. Die Quantität ist das so in sich zurückgekehrte Seyn, daß
es einfache Gleichheit mit sich als Gleichgültigkeit gegen die
Bestimmtheit ist. Aber diese Gleichgültigkeit ist nur die
Äußerlichkeit, nicht an sich selbst, sondern in Anderem die
Bestimmtheit zu haben. Das Dritte ist nun die sich auf sich selbst
beziehende Äußerlichkeit; als Beziehung auf sich ist es zugleich
aufgehobene Äußerlichkeit, und hat an ihr selbst den Unterschied von
sich,—der als Äußerlichkeit das quantitative, als in sich
zurückgenommene, das qualitative Moment ist.

Indem die Modalität, unter den Kategorien des transcendentalen
Idealismus, nach der Quantität und Qualität, auf Einschiebung der
Relation, aufgeführt wird, so kann derselben hier erwähnt werden. Diese
Kategorie hat daselbst die Bedeutung, die Beziehung des Gegenstandes
auf das Denken zu seyn. Im Sinne jenes Idealismus ist das Denken
überhaupt dem Ding-an-sich wesentlich äußerlich. Insofern die andern
Kategorien nur die transcendentale Bestimmung haben, dem Bewußtseyn,
aber als das Objektive desselben, anzugehören, so enthält die
Modalität, als die Kategorie der Beziehung auf das Subjekt, insofern
relativ die Bestimmung der Reflexion in sich; d.h. die Objektivität,
welche den andern Kategorien zukomme, mangelt denen der Modalität;
diese vermehren, nach Kants Ausdruck, den Begriffe als Bestimmung des
Objekts nicht im mindesten, sondern drücken nur das Verhältniß zum
Erkenntnißvermögen aus, (Kr. d. rein. Vern. 2te Aufl. s. S. 99,
266).—Die Kategorien, die Kant unter der Modalität zusammenfaßt,
Möglichkeit, Wirklichkeit und Nothwendigkeit, werden in der Folge an
ihrer Stelle vorkommen; Kant hat die unendlich wichtige Form der
Triplicität, so sehr sie bei ihm nur erst als ein formeller Lichtfunken
erschienen, nicht auf die Gattungen seiner Kategorien (Quantität,
Qualität u.s.f.) wie auch diesen Namen, nur auf deren Arten angewendet;
daher hat er nicht auf das Dritte der Qualität und Quantität kommen
können.

Bei Spinoza ist der Modus nach Substanz und Attribut gleichfalls das
Dritte; er erklärt ihn für die Affektionen der Substanz, oder für
dasjenige, was in einem Andern ist, durch welches es auch begriffen
wird. Dieses Dritte ist nach diesem Begriffe nur die Äußerlichkeit als
solche; wie sonst erinnert worden, daß bei Spinoza überhaupt der
starren Substantialität die Rückkehr in sich selbst fehlt.

Die hier gemachte Bemerkung dehnt sich allgemeiner auf die Systeme des
Pantheismus aus, welche der Gedanke etwas ausgebildet hat. Das Seyn,
das Eine, die Substanz, das Unendliche, das Wesen ist das Erste; gegen
dieses Abstraktum kann das Zweite, alle Bestimmtheit, überhaupt als das
nur Endliche, nur Accidentelle, Vergängliche, Außer- und Unwesentliche
u.s.f., ebenso abstrakt zusammengefaßt werden wie in dem ganz formalen
Denken gewöhnlich und zunächst geschieht. Aber es drängt sich zu sehr
der Zusammenhang dieses Zweiten mit dem Ersten auf, um es nicht
zugleich in einer Einheit mit demselben zu fassen, wie das Attribut bei
Spinoza die ganze Substanz ist, aber von dem Verstand, selbst einer
Beschränkung oder Modus, gefaßt; der Modus aber, das Nichtsubstantielle
überhaupt, das nur aus einem Andern gefaßt werden kann, macht so das
andere Extrem zu der Substanz, das Dritte überhaupt, aus. Der indische
Pantheismus hat in seiner ungeheuern Phantasterei gleichfalls, abstrakt
genommen, diese Ausbildung erhalten, die sich durch ihr Maßloses
hindurch als ein mässigender Faden zu einigem Interesse zieht, daß
Brahm, das Eine des abstrakten Denkens durch die Gestaltung in Wischnu
besonders in der Form Krischnas, zu dem Dritten, Siwa, fortgeht. Die
Bestimmung dieses Dritten ist der Modus, Veränderung, Entstehen und
Vergehen, das Feld der Äußerlichkeit überhaupt. Wenn diese indische
Dreiheit zu einer Vergleichung nut der christlichen verleitet hat, so
ist in ihnen zwar ein gemeinsames Element der Begriffsbestimmung zu
erkennen, aber über den Unterschied ist wesentlich ein bestimmteres
Bewußtseyn zu fassen; derselbe ist nicht nur unendlich, sondern die
wahrhafte Unendlichkeit macht den Unterschied selbst aus. Jenes dritte
Princip ist seiner Bestimmung nach das Auseinanderfahren der
substantiellen Einheit, in ihr Gegegentheil, nicht die Rückkehr
derselben zu sich, —das Geistlose vielmehr, nicht der Geist. In der
wahrhaften Dreiheit, ist nicht nur Einheit, sondern Einigkeit, der
Schluß zur inhaltsvollen und wirklichen Einheit, die in ihrer ganz
konkreten Bestimmung der Geist ist, gebracht. Jenes Princip des Modus
und der Veränderung schließt wohl die Einheit nicht überhaupt aus; wie
nämlich im Spinozismus eben der Modus als solcher das Unwahre und nur
die Substanz das wahrhafte ist, Alles auf diese zurückgeführt werden
soll, welches dann ein Versenken alles Inhalts in die Leerheit, in nur
formelle, inhaltslose Einheit ist, so ist auch Siwa wieder das große
Ganze, von Brahm nicht unterschiedene, Brahm selbst; d. h. der
Unterschied und die Bestimmtheit verschwindet nur wieder, aber wird
nicht aufbewahrt, nicht aufgehoben, und die Einheit wird nicht zur
konkreten Einheit, die Entzweiung nicht zur Versöhnung zurückgeführt.
Das höchste Ziel für den in die Sphäre des Entstehens und Vergehens,
der Modalität überhaupt versetzten Menschen ist die Versenkung in die
Bewußtlosigkeit, die Einheit mit Brahm, die Vernichtung; dasselbe ist
das buddhistische Nirvana, Nieban u.s.f.

Wenn nun der Modus überhaupt die abstrakte Äußerlichkeit, die
Gleichgültigkeit gegen die qualitativen wie gegen die quantitativen
Bestimmungen ist, und es im Wesen auf das Äußerliche, Unwesentliche
nicht ankommen soll, so wird auch wieder in Vielem zugestanden, daß
alles auf die Art und Weise ankomme; der Modus wird damit selbst für
wesentlich zum Substantiellen einer Sache gehörig erklärt; in welcher
sehr unbestimmten Beziehung wenigstens dieß liegt, daß dieß Äußerliche
nicht so abstrakt das Äußerliche sey.

Hier hat der Modus die bestimmte Bedeutung das Maaß zu seyn. Der
Spinozistische Modus, wie das indische Princip der Veränderung ist das
Maaßlose. Das griechische selbst noch unbestimmte Bewußtseyn, daß Alles
ein Maaß hat, so daß selbst Parmenides nach dem abstrakten Seyn die
Nothwendigkeit, als die alte Grenze, die Allem gesetzt ist, eingeführt,
ist der Anfang eines viel höhern Begriffs als die Substanz und der
Unterschied des Modus von derselben enthält.-Das entwickeltere,
reflektirtere Maaß ist die Nothwendigkeit; das Schicksal, die Nemesis,
schränkt sich im Allgemeinen auf die Bestimmtheit des Maaßes ein, daß
was sich vermesse, zu groß, zu hoch mache, auf das andere Extrem der
Herabsetzung zur Nichtigkeit reducirt, und damit die Mitte des Maaßes,
die Mittelmäßigkeit, hergestellt werde.—Das Absolute, Gott ist das Maaß
aller Dinge, ist nicht stärker pantheistisch als die Definition: das
Absolute, Gott ist das Seyn, aber unendlich wahrhafter.—Das Maaß ist
zwar äußerliche Art und Weise, ein Mehr oder Weniger, welches aber
zugleich ebenso in sich reflektirt, nicht bloß gleichgültige und
äußerliche, sondern an sich seyende Bestimmtheit ist; es ist so die
konkrete Wahrheit des Seyns; in dem Maaße haben darum die Völker etwas
Unantastbares, Heiliges verehrt.

Es liegt in dem Maaße bereits die Idee des Wesens, nämlich in der
Unmittelbarkeit des Bestimmtseyns identisch mit sich zu seyn, so daß
jene Unmittelbarkeit durch diese Identität-mit-sich zu einem
Vermittelten herabgesetzt ist, wie diese ebenso nur durch diese
Äußerlichkeit vermittelt aber die Vermittelung mit sich ist;—die
Reflexion, deren Bestimmungen sind, aber in dieseni Seyn schlechthin
nur als Momente ihrer negativen Einheit. Im Maaße ist das Qualitative
quantitativ; die Bestimmtheit oder der Unterschied ist als
gleichgültig, damit ist es ein Unterschied, der keiner ist; er ist
aufgehoben; diese Quantitativität macht als Rückkehr in sich, worin sie
als das Qualitative ist, das An- und Fürsichseyn aus, welches das Wesen
ist. Aber das Maaß ist erst an sich oder im Begriffe das Wesen; dieser
Begriff des Maaßes ist noch nicht gesetzt. Das Maaß noch als solches
ist selbst die seyende Einheit des Qualitativen und Quantitativen;
seine Momente sind als ein Daseyn, eine Qualität und Quanta derselben,
die nur erst an sich untrennbar, aber noch nicht die Bedeutung dieser
reflektirten Bestimmung haben. Die Entwicklung des Maaßes, enthält die
Unterscheidung dieser Momente, aber zugleich die Beziehung derselben,
so daß die Identität, welche sie an sich sind, als ihre Beziehung
aufeinander wird, d. i. gesetzt wird. Die Bedeutung dieser Entwickelung
ist die Realisation des Maaßes, in der es sich zu sich selbst ins
Verhältniß, und damit zugleich als Moment setzt; durch diese
Vermittelung wird es als Aufgehobenes bestimmt; seine Unmittelbarkeit
wie die seiner Momente verschwindet, sie sind als reflektirte; so als
das hervorgetreten, was es seinem Begriffe nach ist, ist es in das
Wesen übergegangen.

Das Maaß ist zunächst unmittelbare Einheit des Qualitativen und
Quantitativen, so daß

erstens ein Quantum ist, das qualitative Bedeutung hat, und als Maaß
ist. Dessen Fortbestimmung ist, daß an ihm, dem an sich bestimmten,
—der Unterschied seiner Momente, des qualitativen und quantitativen
Bestimmtseyns, hervortritt. Diese Momente bestimmen sich weiter selbst
zu Ganzen des Maaßes, welche insofern als Selbstständige sind; indem
sie sich wesentlich aufeinander beziehen, wird das Maaß

zweitens Verhältniß von specifischen Quantis, als selbstständigen
Maaßen. Ihre Selbstständigkeit beruht aber wesentlich zugleich auf dem
quantitativen Verhältnisse und dem Größenunterschiede; so wird ihre
Selbstständigkeit ein Übergehen in einander. Das Maaß geht damit im
Maaßlosen zu Grunde.—Dieß Jenseits des Maaßes ist aber die Negativität
desselben nur an sich selbst; es ist dadurch

drittens die Indifferenz der Maaßbestimmungen, und als reell mit der in
ihr enthaltenen Negativität das Maaß gesetzt, als umgekehrtes
Verhältniß von Maaßen, welche als selbstständige Qualitäten wesentlich
nur auf ihrer Quantität und auf ihrer negativen Beziehung aufeinander
beruhen, und damit sich erweisen, nur Momente ihrer wahrhaft
selbstständigen Einheit zu seyn, welche ihre Reflexion-in-sich und das
Setzen derselben, das Wesen, ist.

Die Entwickelung des Maaßes, die im Folgenden versucht worden, ist eine
der schwierigsten Materien; indem sie von dem unmittelbaren,
äußerlichen Maaße anfängt, hätte sie einer Seits zu der abstrakten
Fortbestimmung des Quantitativen (einer Mathematik der Natur)
fortzugehen, anderer Seits den Zusammenhang dieser Maaßbestimmung mit
den Qualitäten der natürlichen Dinge anzuzeigen, wenigstens im
Allgemeinen; denn die bestimmte Nachweisung des aus dem Begriffe des
konkreten Gegenstandes hervorgehenden Zusammenhangs des Qualitativen
und Quantitativen gehört in die besondere Wissenschaft des Konkreten;
wovon Beispiele in der Encykl. der philos. Wissensch. 3te Aufl. §. 267
u. 270 Anm. das Gesetz des Falles und das der freien himmlischen
Bewegung betreffend, nachzusehen sind. Es mag hierbei dieß überhaupt
bemerkt werden, daß die verschiedenen Formen, in welchen sich das Maaß
realisirt, auch verschiedenen Sphären der natürlichen Realität
angehören. Die vollständige, abstrakte Gleichgültigkeit des
entwickelten Maaßes d. i. der Gesetze desselben kann nur in der Sphäre
des Mechanismus Statt haben, als in welchem das konkrete Körperliche
nur die selbst abstrakte Materie ist; die qualitativen Unterschiede
derselben haben wesentlich das Quantitative zu ihrer Bestimmtheit; Raum
und Zeit sind die reinen Äußerlichkeiten selbst, und die Menge der
Materien, Massen, Intensität des Gewichts, sind ebenso äußerliche
Bestimmungen, die an dem Quantitativen ihre eigenthümliche Bestimmtheit
haben. Dagegen wird solche Größebestimmtheit des abstrakt Materiellen
schon durch die Mehrheit und damit einen Konflikt von Qualitäten, im
Physikalischen, noch mehr aber im Organischen gestört. Aber es tritt
hier nicht bloß der Konflikt von Qualitäten als solchen ein, sondern
das Maaß wird hier höhern Verhältnissen untergeordnet, und die
immanente Entwicklung des Maaßes vielmehr auf die einfache Form des
unmittelbaren Maaßes reducirt. Die Glieder des animalischen Organismus
haben ein Maaß, welches als ein einfaches Quantum im Verhältniß zu
andern Quantis der andern Glieder steht; die Proportionen des
menschlichen Körpers sind die festen Verhältnisse von solchen Quantis;
die Naturwissenschaft hat noch weithin, von dem Zusammenhange solcher
Größen mit den organischen Funktionen, von denen sie ganz abhängig
sind, etwas einzusehen. Aber von der Herabsetzung eines immanenten
Maaßes zu einer bloß äußerlich determinirten Größe ist die Bewegung das
nächste Beispiel. An den Himmelskörpern ist sie die freie nur durch den
Begriff bestimmte Bewegung, deren Größen hiermit ebenso nur von
demselben abhängen (s. oben), aber von dem Organischen wird sie zur
willkürlichen oder mechanisch-regelmäßigen, d. h. überhaupt abstrakten
formellen Bewegung herunter gesetzt.

Noch weniger aber findet im Reich des Geistes eine eigenthümliche,
freie Entwicklung des Maaßes Statt. Man sieht z.B. wohl ein, daß eine
republikanische Verfassung, wie die atheniensische oder eine durch
Demokratie versetzte aristokratische nur bei einer gewissen Größe des
Staats Platz haben kann; daß in der entwickelten bürgerlichen
Gesellschaft die Mengen von Individuen, welche den verschiedenen
Gewerben angehören, in einem Verhältnisse mit einander stehen; aber
dieß giebt weder Gesetze von Maaßen noch eigenthümliche Formen
desselben. Im Geistigen als solchen kommen Unterschiede von Intensität
des Charakters, Stärke der Einbildungskraft, der Empfindungen, der
Vorstellungen u.s.f. vor; aber über dieß Unbestimmte der Stärke oder
Schwäche geht die Bestimmung nicht hinaus. Wie matt und völlig leer die
sogenannten Gesetze ausfallen, die über das Verhältniß von Stärke und
Schwäche der Empfindungen, Vorstellungen u.s.f. aufgestellt werden,
wird man inne, wenn man die Psychologien nachsieht, welche sich mit
dergleichen bemühen.



Erstes Kapitel. Die specifische Quantität.


Die qualitative Quantität ist zunächst ein unmittelbares specifisches
Quantum; das

zweitens, als sich zu Anderem verhaltend, ein quantitatives
Specificiren, ein Aheben des gleichgültigen Quantums wird. Dieses Maaß,
ist insofern eine Regel und enthält die beiden Momente des Maaßes
unterschieden, nämlich die ansichseyende quantitative Bestimmtheit, und
das äußerliche Quantum. In diesem Unterschiede werden aber diese beiden
Seiten zu Qualitäten, und die Regel zu einem Verhältnisse derselben;
das Maaß stellt sich daher dar

drittens als Verhältniß von Qualitäten, die zunächst Ein Maaß haben;
das sich aber ferner so zu einem Unterschiede von Maaßen in sich
specificirt.

A. Das specifische Quantum.

1. Das Maaß ist die einfache Beziehung des Quantums auf sich, seine
eigene Bestimmtheit an sich selbst; so ist das Quantum qualitativ.
Zunächst ist es als unmittelbares Maaß, ein unmittelbares, daher als
irgend ein bestimmtes, Quantum; ebenso unmittelbar ist die ihm
zugehörige Qualität, sie ist irgend eine bestimmte Qualität.—Das
Quantum als diese nicht mehr gleichgültige Grenze sondern auf sich
beziehende Äußerlichkeit, ist so selbst die Qualität, und unterschieden
von dieser geht es nich über sie hinaus, so wie diese nicht über
dasselbe hinausgeht. Es ist in die einfache Gleichheit mit sich
zurückgekehrte Bestimmtheit; eins mit dem bestimmten Daseyn, so wie
dieses mit seinem Quantum.

Wenn man aus der erhaltenen Bestimmung einen Satz machen will, so kann
man sich ausdrücken: Alles, was da ist, hat ein Maaß. Alles Daseyn hat
eine Größe, und diese Größe gehört zur Natur von Etwas selbst; sie
macht seine bestimmte Natur und sein Insichseyn aus. Etwas ist gegen
diese Größe nicht gleichgültig, so daß wenn sie geändert würde, es
bliebe was es ist, sondern die Änderung derselben änderte seine
Qualität. Das Quantum hat als Maaß aufgehört Grenze zu seyn, die keine
ist; es ist nunmehr die Bestimmung der Sache, so daß diese, über dieß
Quantum vermehrt oder vermindert, zu Grunde ginge. —Ein Maaß, als
Maaßstab im gewöhnlichen Sinne, ist ein Quantum, das als die an sich
bestimmte Einheit gegen äußerliche Anzahl willkürlich angenommen wird.
Eine solche Einheit kann zwar auch in der That an sich bestimmte
Einheit seyn, wie Fuß und dergleichen ursprüngliche Maaße; insofern sie
aber als Maaßstab zugleich für andere Dinge gebraucht wird, ist sie für
diese nur äußerliches, nicht ihr ursprüngliches Maaß.—So mag der
Erddurchmesser, oder die Pendellänge, als specifisches Quantum für sich
genommen werden. Aber es ist willkürlich, den wievielsten Theil des
Erddurchmessers oder der Pendellänge und unter welchem Breitengrade man
diese nehmen wolle, um sie als Maaßstab zu gebrauchen. Noch mehr aber
ist für andere Dinge ein solcher Maaßstab etwas Äußerliches. Diese
haben das allgemeine specifische Quantum wieder auf besondere Art
specificirt, und sind dadurch zu besondern Dingen gemacht. Es ist daher
thöricht, von einem natürlichen Maaßstab der Dinge zu sprechen. Ohnehin
soll ein allgemeiner Maaßstab nur für die äußerliche Vergleichung
dienen; in diesem oberflächlichsten Sinne, in welchem er als
allgemeines Maaß genommen wird, ist es völlig gleichgültig, was dafür
gebraucht wird. Es soll nicht ein Grundmaaß in dem Sinne seyn, daß die
Naturmaaße der besondern Dinge daran dargestellt und daraus nach einer
Regel, als Specifikationen Eines allgemeinen Maaßes, des Maaßes ihres
allgemeinen Körpers, erkannt würden. Ohne diesen Sinn aber hat ein
absoluter Maaßstab nur das Interesse und die Bedeutung eines
Gemeinschaftlichen, und ein solches ist nicht an sich, sondern durch
Übereinkommen ein Allgemeines.

Das unmittelbare Maaß ist eine einfache Größenbestimmung; wie z.B. die
Größe der organischen Wesen, ihrer Gliedmaßen und so fort. Aber jedes
Existirende hat eine Größe, um das zu seyn, was es ist, und überhaupt
um Daseyn zu haben.—Als Quantum ist es gleichgültige Größe, äußerlicher
Bestimmung offen und des Auf- und Abgehens am Mehr und Weniger fähig.
Aber als Maaß ist es zugleich von sich selbst als Quantum, als solcher
gleichgültiger Bestimmung, verschieden und eine Beschränkung jenes
gleichgültigen Hin- und Hergehens an einer Grenze.

Indem die Quantitätsbestimmtheit so an dem Daseyn die gedoppelte ist,
das eine Mal die, an welche die Qualität gebunden ist, das andere Mal
aber die, an der unbeschadet jener hin- und hergegangen werden kann, so
geschieht das Untergehen von Etwas, das ein Maaß hat, darin daß sein
Quantum verändert wird. Dieß Untergehen erscheint eines Theils als
unerwartet, insofern an dem Quantum, ohne das Maaß und die Qualität zu
verändern, geändert werden kann, andern Theils aber wird es zu einem
als ganz Begreiflichen gemacht, nämlich durch die Allmähligkeit. Zu
dieser Kategorie wird so leicht gegriffen, um das Vergehen von einer
Qualität oder von Etwas vorstellig zu machen oder zu erklären, indem
man so dem Verschwinden beinahe mit den Augen zusehen zu können
scheint, weil das Quantum die als äußerliche, ihrer Natur nach
veränderliche Grenze gesetzt ist, hiermit die Veränderung, als nur des
Quantums, sich von selbst versteht. In der That aber wird nichts
dadurch erklärt; die Veränderung ist zugleich wesentlich der Übergang
einer Qualität in eine andere, oder der abstraktere von einem Daseyn in
ein Nichtdaseyn; darin liegt eine andere Bestimmung als in der
Allmähligkeit, welche nur eine Verminderung oder Vermehrung, und das
einseitige Festhalten an der Größe ist.

2. Daß aber eine als bloß quantitativ erscheinende Veränderung auch in
eine qualitative umschlägt, auf diesen Zusammenhang sind schon die
Alten aufmerksam gewesen, und haben die der Unkenntniß desselben
entstehenden Kollisionen in populären Beispielen vorgestellt; unter den
Namen des Kahlen, des Haufens sind hierher gehörige Elenchen bekannt,
d. i. nach des Aristoteles Erklärung, Weisen, wodurch man genöthigt
wird, das Gegentheil von dem zu sagen, was man vorher behauptet hatte.
Man fragte: macht das Ausraufen Eines Haares vom Kopfe oder einem
Pferdeschweife kam, oder hört ein Haufe auf ein Haufe zu seyn, wenn ein
Korn weggenommen wird. Dieß kann man unbedenklich zugeben, indem solche
Wegnahme nur einen und zwar selbst ganz unbedeutenden quantitativen
Unterschied ausmacht; so wird Ein Haar, Ein Korn weggenommen, und dieß
so wiederholt, daß jedesmal nach dem, was zugegeben worden, nur Eines
weggenommen wird; zuletzt zeigt sich die qualitative Veränderung, daß
der Kopf, der Schweiff kahl, der Haufe verschwunden ist. Man vergaß bei
jenem Zugeben nicht nur die Wiederhohlung, sondern daß sich die für
sich unbedeutenden Quantitäten (wie die für sich unbedeutenden Ausgaben
von einem Vermögen) summiren, und die Summe das qualitativ Ganze
ausmacht, so daß am Ende dieses verschwunden, der Kopf kahl, der Beutel
leer ist.

Die Verlegenheit, der Widerspruch, welcher als Resultat herauskommt,
ist nicht etwas Sophistisches im gebräuchlichen Sinne des Worts, als ob
solcher Widerspruch eine falsche Vorspiegelung wäre. Das Falsche ist,
was der angenommene Andere, d. h. unser gewöhnliches Bewußtseyn begeht,
eine Quantität nur für eine gleichgültige Grenze d. h. sie eben im
bestimmten Sinne einer Quantität zu nehmen. Diese Annahme wird durch
die Wahrheit, zu der sie geführt wird, Moment des Maaßes zu seyn und
mit der Qualität zusammenzuhängen, konfondirt; was widerlegt wird, ist
das einseitige Festhalten an der abstrakten Quantumsbestimmtheit.—Jene
Wendungen sind darum auch kein leerer oder pedantischer Spaß, sondern
in sich richtig und Erzeugnisse eines Bewußtseyns, das ein Interesse an
den Erscheinungen hat, die im Denken vorkommen.

Das Quantum, indem es als eine gleichgültige Grenze genommen wird, ist
die Seite, an der ein Daseyn unverdächtig angegriffen und zu Grunde
gerichtet wird. Es ist die List des Begriffes ein Daseyn an dieser
Seite zu fassen, von der seine Qualität nicht ins Spiel zu kommen
scheint,—und zwar so sehr', daß die Vergrößerung eines Staats, eines
Vermögens u.s.f. welche das Unglück des Staats, des Besitzers
herbeiführt, sogar als dessen Glück zunächst erscheint.

3. Das Maaß ist in seiner Unmittelbarkeit eine gewöhnliche Qualität von
einer bestimmten ihr zugehörigen Größe. Von der Seite nun, nach welcher
das Quantum gleichgültige Grenze ist, an der ohne die Qualität zu
ändern hin- und hergegangen werden kann, ist seine andere Seite, nach
welcher es qualitativ, specifisch ist, auch unterschieden. Beides sind
Größebestimmungen Eines und desselben; aber nach der Unmittelbarkeit,
in der zuerst das Maaß ist, ist ferner dieser Unterschied als ein
unmittelbarer zu nehmen, beide Seiten haben hiernach auch eine
verschiedene Existenz. Die Existenz des Maaßes, welche die an sich
bestimmte Größe ist, ist dann in ihrem Verhalten zu der Existenz der
veränderlichen, äußerlichen Seite, ein Aufheben ihrer Gleichgültigkeit,
ein Specificiren desselben.

B. Specificirendes Maaß.

Dasselbe ist

erstlich eine Regel, ein Maaß äußerlich gegen das bloße Quantum;

zweitens specifische Quantität, welche das äußerliche Quantum bestimmt;

drittens verhalten sich beide Seiten als Qualitäten von specifischer
Quantitätsbestimmtheit gegeneinander, als Ein Maaß.

a. Die Regel.

Die Regel oder der Maaßstab, von dem schon gesprochen worden, ist
zunächst als eine an sich bestimmte Größe, welche Einheit gegen ein
Quantum ist, das eine besondere Existenz ist, an einem andern Etwas,
als das Etwas der Regel ist, existirt,—an ihr gemessen, d. i. als
Anzahl jener Einheit bestimmt wird. Diese Vergleichung ist ein
äußerliches Thun, jene Einheit selbst eine willkürliche Größe, die
ebenso wieder als Anzahl (der Fuß als eine Anzahl von Zollen) gesetzt
werden kann. Aber das Maaß ist nicht nur äußerliche Regel, sondern als
specifisches ist es dieß, sich an sich selbst zu seinem Andern zu
verhalten, das ein Quantum ist.

b. Das specificirende Maaß.

Das Maaß ist specifisches Bestimmen der äußerlichen Größe, d. i. der
gleichgültigen, die nun voi einer andern Existenz überhaupt an dem
Etwas des Maaßes gesetzt wird, welches zwar selbst Quantum, aber im
Unterschiede von solchem das Qualitative, bestimmend das bloß
gleichgültige, äußerliche Quantum, ist. Das Etwas hat diese Seite des
Seyns-für-Anderes an ihm, der das gleichgültige Vermehrt- und
Vermindertwerden, zukommt. Jenes immanente Messende ist eine Qualität
des Etwas, dem dieselbe Qualität all einem andern Etwas gegenübersteht;
aber an diesem zunächst relativ mit maaßlosem Quantum überhaupt gegen
jene, die als messend bestimmt ist.

An Etwas, insofern es ein Maaß in sich ist, kommt äußerlich eine
Veränderung der Größe seiner Qualität; es nimmt davon nicht die
arithmetische Menge an. Sein Maaß reagirt dagegen, verhält sich als ein
Intensives gegen die Menge, und nimmt sie auf eine eigenthümliche Weise
auf; es verändert die äußerlich gesetzte Veränderung, macht aus diesem
Quantum ein Anderes, und zeigt sich durch diese Specifikation als
Fürsichseyn in dieser Äußerlichkeit.—Diese specifisch-aufgenommene
Menge ist selbst ein Quantum, auch abhängig von der andern oder ihr als
nur äußerlichen Menge. Die specificirte Menge ist daher auch
veränderlich, aber darum nicht ein Quantum als solches, sondern das
äußere Quantum als auf eine konstante Weise specificirt. Das Maaß hat
so sein Daseyn als ein Verhältniß, und das Specifische desselben ist
überhaupt der Exponent dieses Verhältnisses.

Im intensiven und extensiven Quantum ist es, wie sich bei diesen
Bestimmungen ergab, dasselbe Quantum, welches das einemal in der Form
der Intensität, das anderemal in der Form der Extensität vorhanden ist.
Das zu Grunde liegende Quantum erleidet in diesem Unterschiede keine
Veränderung, dieser ist nur eine äußere Form. In dem specificirenden
Maaße hingegen ist das Quantum das eine Mal in seiner unmittelbaren
Größe, das andere Mal aber wird es durch den Verhältnisexponenten in
einer andern Anzahl genommen.

Der Exponent, der das Specifische ausmacht, kann zunächst ein fixes
Quantum zu seyn scheinen, als Quotient des Verhältnisses zwischen dem
äußerlichen und dem qualitativ bestimmten. Aber so wäre er nichts als
ein äußerliches Quantum; es ist unter dem Exponenten hier nichts
Anderes als das Moment des Qualitativen selbst zu verstehen, welches
das Quantum als solches specificirt. Das eigentlich immanente
Qualitative des Quantums ist, wie sich früher ergeben hat, nur die
Potenz-Bestimmung. Eine solche muß es seyn, welche das Verhältniß
konstituirt, und die hier als die an sich seyende Bestimmung dem
Quantum als der äußerlichen Beschaffenheit gegenübergetreten ist.
Dieses hat zu seinem Princip das numerische Eins, das dessen
An-sich-Bestimmtseyn ausmacht; und die Beziehung des numerischen Eins
ist die äußerliche und die nur durch die Natur des unmittelbaren
Quantums als solchen bestimmte Veränderung besteht für sich in dem
Hinzutreten eines solchen numerischen Eins und wieder eines solchen und
so fort. Wenn so das äußerliche Quantum in arithmetischer Progression
sich verändert, so bringt die specificirende Reaktion der qualitativen
Natur des Maaßes eine andere Reihe hervor, welche sich auf die erste
bezieht, init ihr zu- und abnimmt, aber nicht in einem durch einen
Zahlexponenten bestimmten, sondern einer Zahl inkommensurabeln
Verhältnisse, nach einer Potenzenbestimmung.

Anmerkung.

Um ein Beispiel anzuführen, so ist die Temperatur eine Qualität, an der
diese beiden Seiten, äußerliches und specificirtes Quantum zu seyn,
sich unterscheiden. Als Quantum ist sie äußerliche Temperatur und zwar
auch eines Körpers als allgemeinen Mediums, von der angenommen wird,
daß ihre Veränderung an der Skale der arithmetischen Progression
fortgehe und daß sie gleichförmig zuoder abnehme, wogegen sie von den
verschiedenen in ihr befindlichen besondern Körpern verschieden
aufgenommen wird, indem dieselben durch ihr immanentes Maaß die
äußerlich empfangene Temperatur bestimmen, die Temperatur-Veränderung
derselben nicht der des Mediums oder ihrer untereinander im direkten
Verhältnisse entspricht. Verschiedene Körper in einer und derselben
Temperatur verglichen, geben Verhältnißzahlen ihrer specifischen
Wärmen, ihrer Wärme-Kapacitäten. Aber diese Kapacitäten der Körper
ändern sich in verschiedenen Temperaturen, womit das Eintreten einer
Veränderung der specifischen Gestalt sich verbindet. In der Vermehrung
oder Verminderung der Temperatur zeigt sich somit eine besondere
Specifikation. Das Verhältniß der Temperatur, die als äußerliche
vorgestellt wird, zur Temperatur eines bestimmten Körpers, die zugleich
von jener abhängig ist, hat nicht einen festen Verhältnissexponenten;
die Vermehrung oder Verminderung dieser Wärme geht nicht gleichförmig
mit der Zu- und Abnahme der äußerlichen fort.—Es wird hierbei eine
Temperatur als äußerlich überhaupt angenommen, deren Veränderung bloß
äußerlich oder rein quantitativ sey. Sie ist jedoch selbst Temperatur
der Luft oder sonst specifische Temperatur. Näher betrachtet würde
daher das Verhältniß eigentlich nicht als Verhältniß von einem bloß
quantitativen zu einem qualificirenden, sondern von zwei specifischen
Quantis zu nehmen seyn. Wie sich das specificirende Verhältniß gleich
weiter bestimmen wird, daß die Momente des Maaßes nicht nur in einer
quantitativen und einer das Quantum qualificirenden Seite einer und
derselben Qualität bestehen, sondern im Verhältnisse zweier Qualitäten,
welche an ihnen selbst Maaße sind.

c. Verhältniß beider Seiten als Qualitäten.

l. Die qualitative, an sich bestimmte Seite des Quantums ist nur als
Beziehung auf das äußerlich Quantitative; als Specificiren desselben
ist sie das Aufheben seiner Äußerlichkeit, durch welche das Quantum als
solches ist; sie hat so dasselbe zu ihrer Voraussetzung und fängt von
ihm an. Dieses aber ist von der Qualität selbst auch qualitativ
unterschieden; dieser Unterschied beider ist in der Unmittelbarkeit des
Seyns überhaupt, in welcher das Maaß noch ist, zu setzen, so sind beide
Seiten qualitativ gegeneinander, und jede für sich ein solches Daseyn;
und das eine zunächst nur als formelle, an ihm unbestimmte Quantum ist
das Quantum eines Etwas und seiner Qualität, und wie sich deren
Beziehung auf einander nun zum Maaße überhaupt bestimmt hat,
gleichfalls die specifische Größe dieser Qualitäten. Diese Qualitäten
sind nach der Maaßbestimmung im Verhältniß zu einander; diese ist ihr
Exponent, sie sind aber an sich schon im Fürsichseyn des Maaßes
aufeinander bezogen, das Quantum ist in seinem Doppelseyn als
äußerliches und specifisches, so daß jede der unterschiedenen
Quantitäten diese zweifache Bestimmung an ihr hat und zugleich
schlechthin mit der andern verschränkt ist; eben darin allein sind die
Qualitäten bestimmt. Sie sind so nicht nur für einander seyendes Daseyn
überhaupt, sondern untrennbar gesetzt; und die an sie geknüpfte
Größebestimmtheit ist eine qualitative Einheit,—Eine Maaßbestimmung, in
der sie ihrem Begriffe nach, an sich zusammenhängen. Das Maaß ist so
das immanente quantitative Verhalten zweier Qualitäten zu einander.

2. Im Maaß tritt die wesentliche Bestimmung der veränderlichen Größe
ein, denn es ist das Quantum als aufgehoben, also nicht mehr als das,
was es seyn soll uni Quantum zu seyn, sondern als Quantum und zugleich
als etwas Anderes; dieß Andere ist das Qualitative, und wie bestimmt
worden, nichts anderes als das Potenzenverhältniß desselben. Im
unmittelbaren Maaße ist diese Veränderung noch nicht gesetzt; es ist
nur irgend und zwar ein einzelns Quantum überhaupt, an das eine
Qualität geknüpft ist. Im Specificiren des Maaßes, der vorhergehenden
Bestimmung, als einer Veränderung des bloß äußerlichen Quantums durch
das Qualitative ist Unterschiedenheit beider Größebestimmtheiten und
damit überhaupt die Mehrheit voll Maaßen an einem gemeinschaftlichen
äußerlichen Quantum gesetzt; das Quantum zeigt sich erst als daseyendes
Maaß in solcher Unterschiedenheit seiner von sich selbst, indem es, ein
und dasselbe (z.B. dieselbe Temperatur des Mediums), zugleich als
verschiedenes und zwar quantitatives Daseyn (—in den verschiedenen
Temperaturen der in jenem befindlichen Körper) hervortritt. Diese
Unterschiedenheit des Quantums in den verschiedenen Qualitäten—den
verschiedenen Körpern, —giebt eine weitere, diejenige Form des Maaßes,
in welcher beide Seiten als qualitativ bestimmte Quanta sich zu
einander verhalten, was das realisirte Maaß genannt werden kann.

Die Größe ist als eine Größe überhaupt veränderlich, denn ihre
Bestimmtheit ist als eine Grenze, die zugleich keine ist; die
Veränderung betrifft insofern nur ein besonderes Quantum, an dessen
Stelle ein anderes gesetzt wird; die wahrhafte Veränderung aber ist die
des Quantums als solchen; dieß giebt die, so gefaßt, interessante
Bestimmung der veränderlichen Größe in der höhern Mathematik; wobei
nicht bei dem Formellen der Veränderlichkeit überhaupt stehen zu
bleiben, noch andere als die einfache Bestimmung des Begriffs
herbeizunehmen ist, nach welcher das Andere des Quantums nur das
Qualitative ist. Die wahrhafte Bestimmung also der reellen
veränderlichen Größe ist, daß sie die qualitativ, hiermit, wie zur
Genüge gezeigt worden, die durch ein Potenzenverhältniß bestimmte ist;
in dieser veränderlichen Größe ist es gesetzt, daß das Quantum nicht
als solches gilt, sondern nach seiner ihm andern Bestimmung, der
qualitativen.

Die Seiten dieses Verhaltens haben nach ihrer abstrakten Seite als
Qualitäten überhaupt irgend eine besondere Bedeutung, z.B. Raum und
Zeit. In ihrem Maaßverhältniß als Größebestimmtheiten zunächst
überhaupt genommen, ist die eine davon Anzahl, die in äußerlicher,
arithmetischer Progression auf- und abgeht, die andere eine Anzahl, die
durch jene, welche Einheit für sie ist, specifisch bestimmt wird.
Insofern jede ebenso nur eine besondere Qualität überhaupt wäre, läge
kein Unterschied in ihnen, welche von den beiden, in Rücksicht auf ihre
Größen-Bestimmung als die bloß äußerlich quantitative, und welche als
die in quantitativer Specifikation sich verändernde genommen werde.
Wenn sie sich z.B. als Wurzel und Quadrat verhalten, ist es gleichviel,
an welcher die Vermehrung oder Verminderung als bloß äußerlich, in
arithmetischer Progression fortgehend, und welche dagegen an diesem
Quantum sich specifisch bestimmend angesehen wird.

Aber die Qualitäten sind nicht unbestimmt verschieden gegen einander,
denn in ihnen soll als Momenten des Maaßes die Qualifikation desselben
liegen. Die nächste Bestimmtheit der Qualitäten selbst ist, der einen,
das Extensive, die Äußerlichkeit an ihr selbst zu seyn, der andern, das
Intensive, das Insichseyende oder Negative gegen jene. Von den
quantitativen Momenten kommt hiernach jener die Anzahl, dieser die
Einheit zu, im einfachen direkten Verhältnisse ist jene als der
Dividend, diese als Divisor, im specificirenden Verhältniß jene als die
Potenz oder das Anderswerden, diese als Wurzel zu nehmen. Insofern hier
noch gezählt, d. i. auf das äußerliche Quantum, (das so als die ganz
zufällige, empirischgenannte Größebestimmtheit ist) reflektirt, hiermit
die Veränderung gleichfalls auch als in äußerlicher, arithmetischer
Progression fortgehend genommen wird, so fällt dieß auf die Seite der
Einheit, der intensiven Qualität, die äußerliche, extensive Seite
hingegen ist als in der specificirten Reihe sich verändernd
darzustellen. Aber das direkte Verhältniß (wie die Geschwindigkeit
überhaupt, s/t) ist hier zur formellen, nicht existirenden, sondern nur
der abstrahirenden Reflexion angehörigen Bestimmung herabgesetzt; und
wenn noch im Verhältniß von Wurzel und Quadrat (wie in s = at[hoch 2])
die Wurzel als empirisches Quantum und in arithmetischer Progression
fortgehend, die andere Seite aber als specificirt zu nehmen ist, so ist
die höhere dem Begriffe entsprechendere Realisation der Qualifikation
des Quantitativen diese, daß beide Seiten in höhern
Potenzenbestimmungen (wie s[hoch 3] = at[hoch 2] der Fall ist) sich
verhalten.

Anmerkung.

Das hier Erörterte in Rücksicht des Zusammenhangs der qualitativen
Natur eines Daseyns und seiner Quantitätsbestimmung im Maaße, hat seine
Anwendung in dem schon angedeuteten Beispiel der Bewegung, zunächst daß
in der Geschwindigkeit, als dem direkten Verhältnisse von durchlaufenem
Raume und verflossener Zeit, die Größe der Zeit als Nenner, die Größe
des Raums dagegen als Zähler, angenommen wird. Wenn Geschwindigkeit
überhaupt nur ein Verhältniß vom Raum und der Zeit einer Bewegung ist,
so ist es gleichgültig, welches von beiden Momenten als die Anzahl oder
als die Einheit betrachtet werden soll. Aber Raum, wie in der
specifischen Schwere das Gewicht, ist äußerliches, reales Ganzes
überhaupt, somit Anzahl, die Zeit hingegen, wie das Volumen, ist das
Ideelle, das Negative, die Seite der Einheit.—Wesentlich aber gehört
hierher das wichtigere Verhältniß, daß in der freien Bewegung,—zuerst
der noch bedingten—, des Falls, Zeitund Raum-Quantität, jene als
Wurzel, diese als Quadrat,—oder in der absolutfreien Bewegung der
Himmelskörper die Umlaufszeit und die Entfernung, jene um eine Potenz
tiefer als diese,—jene als Quadrat, diese als Kubus gegen einander
bestimmt seyen. Dergleichen Grundverhältnisse beruhen auf der Natur der
im Verhältniß stehenden Qualitäten, des Raums und der Zeit, und der Art
der Beziehung, in welcher sie stehen, entweder als mechanische Bewegung
d. i. als unfreie, durch den Begriff der Momente nicht bestimmte, oder
als Fall d. i. bedingtfreie, oder als absolutfreie himmlische
Bewegung;— welche Arten der Bewegung ebensowohl als deren Gesetze auf
der Entwicklung des Begriffs ihrer Momente, des Raums und der Zeit,
beruhen, indem diese Qualitäten als solche, an sich d. i. im Begriffe
sich als untrennbar erweisen, und ihr quantitatives Verhältniß das
Fürsichseyn des Maaßes, nur Eine Maaßbestimmung ist.

In Rücksicht auf die absoluten Maaßverhältnisse darf wohl erinnert
werden, daß die Mathematik der Natur, wenn sie des Namens von
Wissenschaft würdig seyn will, wesentlich die Wissenschaft der Maaße
seyn müsse,—eine Wissenschaft für welche empirisch wohl viel, aber
eigentlich wissenschaftlich d. i. philosophisch, noch wenig gethan ist.
Mathematische Principien der Naturphilosophie,—wie Newton sein Werk
genannt hat,—wenn sie diese Bestimmung in einem tiefern Sinn erfüllen
sollten, als er und das ganze bakonische Geschlecht von Philosophie und
Wissenschaft hatte, müßten ganz andere Dinge enthalten, um ein Licht in
diese noch dunkeln aber höchst betrachtungswürdigen Regionen zu
bringen.—Es ist ein großes Verdienst, die empirischen Zahlen der Natur
kennen zu lernen, z.B. Entfernungen der Planeten von einander; aber ein
unendlich größeres, die empirischen Quanta verschwinden zu machen, und
sie in eine allgemeine Form von Quantitätsbestimmungen zu erheben, so
daß sie Momente eines Gesetzes oder Maaßes werden;—unsterbliche
Verdienste, die sich z.B. Galilei in Rücksicht auf den Fall, und
Keppler in Rücksicht auf die Bewegung der himmlischen Körper erworben
hat. Sie haben die Gesetze, die sie gefunden haben, so erwiesen, daß
sie gezeigt haben, daß ihnen der Umfang der Einzelnheiten der
Wahrnehmung entspricht. Es muß aber noch ein höheres Beweisen dieser
Gesetze gefordert werden; nämlich nichts anders als daß ihre
Quantitätsbestimmungen aus den Qualitäten, oder bestimmten Begriffen,
die bezogen sind, (wie Zeit und Raum) erkannt werden. Von dieser Art
des Beweisens findet sich in jenen mathematischen Principien der
Naturphilosophie, so wie in den fernern Arbeiten dieser Art, noch keine
Spur. Es ist oben bei Gelegenheit des Scheins mathematischer Beweise
von Naturverhältnissen, der sich auf den Mißbrauch des Unendlichkleinen
gründet, bemerkt worden, daß der Versuch, solche Beweise eigentlich
mathematisch d. h. weder aus der Empirie noch aus dem Begriffe, zu
führen, ein widersinniges Unternehmen ist. Diese Beweise setzen ihre
Theoreme, eben jene Gesetze, aus der Erfahrung voraus; was sie leisten,
besteht darin, sie auf abstrakte Ausdrücke und bequeme Formeln zu
bringen. Das ganze reelle Verdienst, das Newton im Vorzug gegen Keppler
in Beziehung auf die nämlichen Gegenstände zugeschrieben wird, wird,
das Scheingerüste von Beweisen abgezogen,—ohne Zweifel bei
gereinigterer Reflexion über das, was die Mathematik zu leisten vermag
und was sie geleistet hat, einst mit deutlicher Kenntniß auf jene
Umformung des Ausdrucks[14] und der den Anfängen nach eingeführten
analytischen Behandlung, eingeschränkt werden.

 [14] S Encyklop. der philos. Wissensch. Anm. zu §. 270. über die
 Umformung des kepplerischen s[hoch 3]/t[hoch 2] in [s[hoch 2]./t[hoch
 2] in das newtonische, indem der Theil s/t[hoch 2] die Kraft der
 Schwere genannt worden ist.


C. Das Fürsichseyn im Maaße.

1. In der so eben betrachteten Form des specificirten Maaßes ist das
Quantitative beider Seiten qualitativ bestimmt, (beide im
Potenzen-Verhältniß); sie sind so Momente Einer Maaßbestimmtheit von
qualitativer Natur. Dabei sind aber die Qualitäten nur erst noch als
unmittelbare, nur verschiedene gesetzt, die nicht selbst in jenem
Verhältnisse stehen, in welchem ihre Größebestimmtheiten sind, nämlich
außer solchem Verhältnisse, keinen Sinn noch Daseyn zu haben, was die
Potenzenbestimmtheit der Größe enthält. Das Qualitative verhüllt sich
so, als nicht sich selbst, sondern die Größebestimmtheit specificirend;
nur als an dieser ist es gesetzt, für sich aber unmittelbare Qualität
als solche, die außerhalb dessen, daß die Größe von ihr in Differenz
gesetzt wird, und außer ihrer Beziehung auf ihre andere, noch für sich
bestehendes Daseyn habe. So Raum und Zeit gelten beide außer jener
Specifikation, die ihre Größebestimmtheit in der Bewegung des Falles
oder in der absolutfreien Bewegung erhält, als Raum überhaupt, Zeit
überhaupt, der Raum bestehend für sich außer und ohne die Zeit als
dauernd, und die Zeit als für sich fließend unabhängig vom Raume.

Diese Unmittelbarkeit des Qualitativen gegen seine specifische
Maaßbeziehung ist aber ebenso sehr mit einer quantitativen
Unmittelbarkeit und der Gleichgültigkeit eines Quantitativen an ihm
gegen dieß sein Verhältniß verknüpft; die unmittelbare Qualität hat
auch ein nur unmittelbares Quantum. Daher hat denn das specifische Maaß
auch eine Seite zunächst äußerlicher Veränderung, deren Fortgang bloß
arithmetisch ist, von jenem nicht gestört wird, und in welche die
äußerliche, darum nur empirische Größebestimmtheit fällt. Qualität und
Quantum auch so außer dem specifischen Maaße auftretend, sind zugleich
in der Beziehung auf dieses; die Unmittelbarkeit ist ein Moment von
solchen, die selbst zum Maaße gehören. So sind die unmittelbaren
Qualitäten dem Maaße auch angehörig, gleichfalls in Beziehung, und
stehen nach der Größebestimmtheit in einem Verhältniß, welches als
außerhalb des specificirten, der Potenzbestimmung, selbst nur das
direkte Verhältniß, und unmittelbares Maaß ist. Diese Folgerung und
deren Zusammenhang ist näher anzugeben.

2. Das unmittelbar bestimmte Quantum als solches ist, wenn es auch als
Maaßmoment sonst an sich in einem Begriffszusammenhang begründet ist,
in der Beziehung zu dem specifischen Maaße als ein äußerlich gegebenes.
Die Unmittelbarkeit, die hiermit gesetzt ist, ist aber die Negation der
qualitativen Maaßbestimmung; dieselbe wurde vorhin an den Seiten dieser
Maaßbestimmung aufgezeigt, welche darum als selbstständige Qualitäten
erschienen. Solche Negation und das Zurückkehren zur unmittelbaren
Quantitätsbestimmtheit liegt in dem qualitativbestimmten Verhältnisse
insofern, als das Verhältniß Unterschiedener überhaupt deren Beziehung
als Eine Bestimmtheit enthält, die hiermit hier im Quantitativen,
unterschieden von der Verhältnißbestimmung, ein Quantum ist. Als
Negation der unterschiedenen qualitativbestimmten Seiten ist dieser
Exponent ein Fürsichseyn, das Schlechthin-bestimmtseyn; aber ist
solches Fürsichseyn nur an sich; als Daseyn ein einfaches,
unmittelbares Quantum, Quotient oder Exponent als eines Verhältnisses
der Seiten des Maaßes, dieß Verhältniß als ein direktes genommen; aber
überhaupt die als empirisch erscheinende Einheit in dem Quantitativen
des Maaßes.—Im Falle der Körper stehen die durchloffenen Räume im
Verhältnisse des Quadrats der verflossenen Zeiten; s = at[hoch 2];
—dieß ist das specifisch-bestimmte, ein Potenzenverhälntiß des Raums
und der Zeit, das andere, das direkte Verhältniß, käme dem Raum und der
Zeit, als gegeneinander gleichgültigen Qualitäten, zu, es soll das des
Raumes zu dem ersten Zeitmomente seyn, derselbe Koefficient, a, bleibt
in allen folgenden Zeitpunkten;—die Einheit als ein gewöhnlichts
Quantum fur die übrigens durch das specificirende Maaß bestimmte
Anzahl. Sie gilt zugleich als der Exponent jenes direkten
Verhältnisses, welches der vorgestellten schlechten, d. i. formellen,
nicht durch den Begriffs specifisch bestimmten Geschwindigkeit zukommt.
Solche Geschwindigkeit existirt hier nicht, so wenig als die früher
erwähnte, die dem Körper am Ende eines Zeitmoments zukommen sollte.
Jene wird dem ersten Zeitmomente des Falles zugeschrieben, aber dieser
sogenannte Zeitmoment ist eine selbst nur angenommene Einheit, und hat
als solcher atomer Punkt kein Daseyn; der Anfang der Bewegung,—die
Kleinheit, die für diesen vorgegeben wird, könnte keinen Unterschied
machen,—ist sogleich eine Größe und zwar eine durch das Gesetz des
Falles specificirte Größe. Jenes empirische Quantum wird der Kraft der
Schwere zugeschrieben, so daß diese Kraft selbst keine Beziehung auf
die vorhandene Specifikation, (die Potenzenbestimmtheit), auf das
Eigenthümliche der Maaßbestimmung haben soll. Das unmittelbare Moment,
daß in der Bewegung des Falles auf eine Zeiteinheit (—eine Sekunde und
zwar die sogenannte erste—) die Anzahl von etwa fünfzehn räumlichen
Einheiten, die als Fuße angenommen sind, komme, ist ein unmittelbares
Maaß, wie die Maaßgröße der menschlichen Gliedmaaßen, die Distanzen,
Durchmesser der Planeten u.s.f. Die Bestimmung solchen Maaßes fällt
anderswohin, als innerhalb der qualitativen Maaßbestimmung hier des
Gesetzes des Falles selbst; wovon aber solche Zahlen, das nur
unmittelbar, daher als empirisch erscheinende eines Maaßes, abhängen,
darüber haben uns die konkreten Wissenschaften noch keinen Aufschluß
gegeben. Hier haben wir es nur mit dieser Begriffsbestimmtheit zu thun;
diese ist, daß jener empirische Koefficient das Fürsichseyn in der
Maaßbestimmung ausmacht, aber nur das Moment des Fürsichseyns, insofern
dasselbe an sich und daher als unmittelbares ist. Das andere ist das
Entwickelte dieses Fürsichseyns, die specifische Maaßbestimmtheit der
Seiten.—Die Schwere, im Verhältnisse des Fallens, einer zwar noch halb
bedingten und nur halbfreien Bewegung, ist nach diesem zweiten Momente
als eine Naturkraft anzusehen, so daß durch die Natur der Zeit und des
Raums ihr Verhältniß bestimmt ist, und daher in die Schwere jene
Specifikation, das Potenzenverhältniß, fällt; jenes das einfache
direkte Verhältniß drückt nur ein mechanisches Verhalten der Zeit und
des Raumes aus, die formelle, äußerliche hervorgebrachte und
determinirte Geschwindigkeit.

3. Das Maaß hat sich dahin bestimmt, ein specificirtes Größenverhältniß
zu seyn, das als quantitativ das gewohnliche außerliche Quantum an ihm
hat; dieses aber ist nicht ein Quantum überhaupt, sondern wesentlich
als Bestimmungsmoment des Verhältnisses als solchen; es ist so
Exponent, und als nun unmittelbares Bestimmtseyn ein unveränderlicher
Exponent, somit des schon erwähnten direkten Verhaltnisses derselben
Qualitäten, durch welches zugleich ihr Größenverhältniß zu einander
specifisch bestimmt wird. Dieses direkte Verhältniß ist im gebrauchten
Beispiel des Maaßes der Fallbewegung gleichsam anticipirt und als
vorhanden angenommen; aber wie bemerkt existirt es in dieser Bewegung
noch nicht.—Es macht aber die weitere Bestimmung aus, daß das Maaß nun
auf die Weise realisirt ist, daß seine beiden Seiten Maaße,
unterschieden als unmittelbares, äußerliches, und als in sich
specificirtes, sind, und es die Einheit derselben ist. Als diese
Einheit enthält das Maaß das Verhältniß, in welchem die Größen durch
die Natur der Qualitäten bestimmt und different gesetzt sind, und
dessen Bestimmtheit daher ganz immanent und selbstständig, zugleich in
das Fürsichseyn des unmittelbaren Quantums, den Exponenten eines
direkten Verhältnisses, zusammen gegangen ist; seine Selbstbestimmung
ist darin negirt, indem es in diesem seinem Andern die letzte,
fürsichseyende Bestimmtheit hat; und umgekehrt hat das unmittelbare
Maaß welches an ihm selbst qualitativ seyn soll, an jenem erst in
Wahrheit die qualitative Bestimmtheit. Diese negative Einheit ist
reales Fürsichseyn, die Kategorie eines Etwas, als Einheit von
Qualitäten, die im Maaßverhältnisse sind; —eine volle
Selbstständigkeit. Unmittelbar geben die beiden, welche sich als zwei
verschiedene Verhältnisse ergeben haben, auch ein zweifaches Daseyn,
oder näher solches selbstständige Ganze ist als Fürsichseyendes
überhaupt zugleich ein Abstoßen in sich selbst in unterschiedene
Selbstständige, deren qualitative Natur und Bestehen (Materialität) in
ihrer Maaßbestimmtheit liegt.



Zweites Kapitel. Das reale Maaß.


Das Maaß ist bestimmt zu einer Beziehung von Maaßen, welche die
Qualität unterschiedener selbstständiger Etwas, geläufiger: Dinge
ausmachen. Die so eben betrachteten Maaßverhältnisse gehören abstrakten
Qualitäten, wie dem Raume und der Zeit, an; zu den im bevorstehenden zu
betrachtenden sind specifische Schwere, weiterhin die chemischen
Eigenschaften die Beispiele, welche als Bestimmungen materieller
Existenzen sind. Raum und Zeit sind auch Momente solcher Maaße, die
aber nun weitern Bestimmungen untergeordnet, nicht mehr nur nach ihrer
eigenen Begriffsbestimmung sich zu einander verhalten. Im Klange z.B.
ist die Zeit, in welcher eine Anzahl der Schwingungen erfolgt, das
Räumliche der Länge, Dicke, des schwingenden Körpers, unter den
Bestimmungsmomenten; aber die Größen jener ideellen Momente sind
äußerlich bestimmt, sie zeigen sich nicht mehr in einem Potenzen-,
sondern in gewöhnlichem direkten Verhältnisse gegeneinander, und das
Harmonische reducirt sich auf die ganz äußerliche Einfachheit von
Zahlen, deren Verhältnisse sich am leichtesten auffassen lassen, und
damit eine Befriedigung gewähren, die ganz der Empfindung anheimfällt,
da für den Geist keine Vorstellung, Phantasiebild, Gedanke und
dergleichen ihn Erfüllendes vorhanden ist. Indem die Seiten, welche nun
das Maaßverhältniß ausmachen, selbst Maaße, aber zugleich reelle Etwas
sind, sind ihre Maaße zunächst unmittelbare Maaße und als Verhältnisse
an ihnen, direkte Verhältnisse. Es ist das Verhältniß solcher
Verhältnisse zu einander, welches nun in seiner Fortbestimmung zu
betrachten ist.

Das Maaß, wie es so nunmehr reales ist, ist

erstens ein selbstständiges Maaß einer Körperlichkeit, das sich zu
andern verhält und in diesem Verhalten dieselben, so wie damit die
selbstständige Materialität, specificirt. Diese Specifikation, als ein
äußerliches Beziehen zu vielen Andern überhaupt ist das Hervorbringen
anderer Verhältnisse, somit anderer Maaße, und die specifische
Selbstständigkeit bleibt nicht in einem direkten Verhältnisse,
bestehen, sondern geht in specifische Bestimmtheit, die eine Reihe von
Maaßen ist, über.

Zweitens sind die dadurch entstehenden direkten Verhältnisse, an sich
bestimmte und ausschließende Maaße, (Wahlverwandschaften); indem aber
ihr Unterschied von einander zugleich nur quantitativ ist, so ist ein
Fortgang von Verhältnissen vorhanden, der zum Theil bloß äußerlich
quantitativ ist, aber auch durch qualitative Verhältnisse unterbrochen
wird, und eine Knotenlinie von specifischen Selbstständigen bildet.

Drittens aber tritt in diesem Fortgange für das Maaß die Maaßlosigkeit
überhaupt, und bestimmter die Unendlichkeit des Maaßes ein, in welcher
die sich ausschließenden Selbstständigkeiten Eins mit einander sind,
und das Selbstständige in negative Beziehung zu sich selbst tritt.

A. Das Verhältniß selbstständiger Maaße.

Die Maaße heißen nun nicht mehr bloß unmittelbare, sondern
selbstständige, insofern sie an ihnen selbst zu Verhältnissen von
Maaßen, welche specificirt sind, so in diesem Fürsichseyn Etwas,
physikalische, zunächst materielle Dinge sind. Das Ganze, welches ein
Verhältniß solcher Maaße ist, ist aber

a. zunächst selbst unmittelbar; so sind die beiden Seiten, welche als
solche selbstständige Maaße bestimmt sind, außer einander an besondern
Dingen bestehend, und werden äußerlich in Verbindung gesetzt;

b. die selbstständigen Materialitäten sind aber, was sie qualitativ
sind, nur durch die quantitative Bestimmung, die sie als Maaße haben,
somit durch selbst quantitative Beziehung auf andere, als different
dagegen (sogenannte Affinität) und zwar als Glieder einer Reihe solchen
quantitativen Verhaltens bestimmt;

c. dieses gleichgültige mannigfaltige Verhalten schließt sich zugleich
zum ausschließenden Fürsichseyn ab;—sogenannte Wahlverwandschaft.

a. Verbindung zweier Maaße.

Etwas ist in sich als Maaßverhältniß von Quantis bestimmt, welche
ferner Qualitäten zukommen, und das Etwas ist die Beziehung von diesen
Qualitäten. Die eine ist dessen Insichseyn, wonach es ein
Fürsichseyendes,—Materielles—ist, (wie intensiv genommen, das Gewicht,
oder extensiv, die Menge aber von materiellen Theilen); die andere aber
ist die Äußerlichkeit dieses Insichseyns, (das Abstrakte, Ideelle, der
Raum.) Diese Qualitäten sind quantitativ bestimmt, und das Verhältniß
derselben zu einander macht die qualitative Natur des materiellen Etwas
aus;—das Verhältniß des Gewichts zum Volumen, die bestimmte specifische
Schwere. Das Volumen, das Ideelle, ist als die Einheit anzunehmen, das
Intensive aber, das in quantitativer Bestimmtheit und in der
Vergleichung mit jenem als extensive Größe, Menge von fürsichseyenden
Eins erscheint, als die Anzahl.—Das reine qualitative Verhalten der
beiden Größebestimmtheiten, nach einem Potenzenverhältniß ist darin
verschwunden, daß in der Selbstständigkeit des Fürsichseyns
(—materiellen Seyns—) die Unmittelbarkeit zurückgekehrt ist, an welcher
die Größebestimmtheit ein Quantum als solches, und das Verhältniß eines
solchen zu der andern Seite ebenfalls in dem gewöhnlichen Exponenten
eines direkten Verhältnisses bestimmt ist.

Dieser Exponent ist das specifische Quantum des Etwas, aber er ist
unmittelbares Quantum und dieses, damit die specifische Natur von
solchem Etwas, ist nur in der Vergleichung mit andern Exponenten
solcher Verhältnisse bestimmt. Er macht das specifische
An-sich-bestimmtseyn, das innere eigenthümliche Maaß von Etwas aus;
aber indem dieses sein Maaß auf dem Quantum beruht, ist es auch nur als
äußerliche, gleichgültige Bestimmtheit, und solches Etwas ist dadurch
der innerlichen Maaßbestimmung ungeachtet veränderlich. Das Andere, zu
dem es als veränderlich sich verhalten kann, ist nicht eine Menge von
Materie, ein Quantum überhaupt; hiergegen hält sein specifisches
Ansichbestimmtseyn aus, sondern ein Quantum, das zugleich ebenso
Exponent solchen specifischen Verhältnisses ist. Es sind zwei Dinge,
von verschiedenem inneren Maaße, die in Beziehung stehen, und in
Verbindung treten; wie zwei Metalle voll verschiedener specifischer
Schwere;—welche Gleichartigkeit ihrer Natur, daß es z. B. nicht ein
Metall ist, von dessen Verbindung mit Wasser die Rede wäre, sonst zur
Möglichkeit solcher Verbindung erforderlich sey, gehört nicht hierher
zu betrachten.—Einer Seits erhält sich nun jedes der beiden Maaße in
der Veränderung, die an dasselbe durch die Äußerlichkeit des Quantums
kommen sollte, weil es Maaß ist, anderer Seits aber ist dieses
Sich-erhalten selbst ein negatives Verhalten zu diesem Quantum, eine
Specifikation desselben, und da dasselbe Exponent des Maaß
Verhältnisses ist, eine Veränderung des Maaßes selbst und zwar eine
gegenseitige Specifikation.

Nach der bloß quantitativen Bestimmung wäre die Verbindung ein bloßes
Summiren der zwei Größen der einen, und der zwei der andern Qualität,
z.B. die Summe der beiden Gewichte und der beiden Volumen bei der
Verbindung zweier Materien von verschiedener specifischer Schwere, so
daß nicht nur das Gewicht des Gemisches gleich jener Summe bliebe,
sondern auch der Raum, den dasselbe einnimmt, gleich der Summe jener
Räume. Allein nur das Gewicht findet sich als die Summe der Gewichte,
—die vor der Verbindung vorhanden waren; es summirt sich die Seite,
welche als die für sichseyende zum festen Daseyn und damit von
bleibendem unmittelbaren Quantum geworden ist,—das Gewicht der Materie,
oder was für dasselbe nach der Rücksicht der quantitativen Bestimmtheit
gilt, die Menge der materiellen Theile. Aber in die Exponenten fällt
die Veränderung, indem sie der Ausdruck der qualitativen Bestimmtheit,
des Fürsichseyns als Maaß-Verhältnisse sind, welches, indem das Quantum
als solches die zufällige, äußerliche Veränderung durch Zusatz, der
summirt wird, erleidet, zugleich sich als negirend gegen diese
Äußerlichkeit erweist.

Dieses immanente Bestimmen des Quantitativen, da es, wie gezeigt, nicht
am Gewichte erscheinen kann, erweist sich an der andern Qualität,
welche die ideelle Seite des Verhältnisses ist. Für die sinnliche
Wahrnehmung kann es auffallend seyn, daß sich nach der Vermischung
zweier specifisch verschiedener Materien eine Veränderung, —gewöhnlich
eine Verminderung,—des summirten Volumens zeigt; der Raum selbst macht
das Bestehen der außereinanderseyenden Materie aus. Aber dieß Bestehen,
gegen die Negativität, welche das Fürsichseyn in sich enthält, ist das
nicht an sich Seyende, das Veränderliche; der Raum wird auf diese Weise
als das, was er wahrhaft ist, als das Ideelle gesetzt.

Es ist aber hiermit nicht nur die eine der qualitativen Seiten als
veränderlich gesetzt sondern das Maaß selbst, und damit die darauf
gegründete qualitative Bestimmtheit des Etwas hat sich so gezeigt,
nicht an ihm selbst ein Festes zu seyn, sondern, wie das Quantum
überhaupt, seine Bestimmtheit in andern MaaßVerhältnissen zu haben.

b. Das Maaß als Reihe von Maaßverhältnissen.

1. Wenn Etwas, das mit Anderm vereint wird, und ebenso dieß Andere nur
durch die einfache Qualität bestimmt, das wäre, was es ist, so würden
sie in dieser Verbindung nur sich aufheben, aber Etwas, das
Maaßverhältniß in sich ist, ist selbstständig, aber dadurch zugleich
vereinbar mit einem eben solchen; indem es in dieser Einheit aufgehoben
wird, erhält es sich durch sein gleichgültiges, quantitatives Bestehen,
und verhält sich zugleich als specificirendes Moment eines neuen
Maaßverhältnisses. Seine Qualität ist eingehüllt in das Quantitative;
damit ist sie ebenso gleichgültig gegen das andere Maaß, kontinuirt
sich in dasselbe und in das neue gebildete Maaß hinein; der Exponent
des neuen Maaßes ist selbst nur irgend ein Quantum, äußerliche
Bestimmtheit; stellt sich als Gleichgültigkeit darin dar, daß das
specifisch-bestimmte Etwas mit andern eben solchen Maaßen eben
dergleichen Neutralisirungen der beiderseitigen Maaßverhältnisse
eingeht; in nur Einem, von ihm und einem andern gebildeten, drückt sich
seine specifische Eigenthümlichkeit nicht aus.

2. Diese Verbindung mit Mehrern, die gleichfalls Maaße an ihnen sind,
giebt verschiedene Verhältnisse, die also verschiedene Exponenten
haben. Das Selbstständige hat den Exponenten seines
An-sich-bestimmtseyns nur in der Vergleichung mit andern; die
Neutralität mit andern aber macht seine reelle Vergleichung mit
denselben aus; es ist seine Vergleichung mit ihnen durch sich selbst.
Die Exponenten dieser Verhältnisse aber sind verschieden, und es stellt
hiermit seinen qualitativen Exponenten als die—Reihe dieser
verschiedenen Anzahlen dar, zu denen es die Einheit ist;—als eine Reihe
von specifischem Verhalten zu Andern. Der qualitative Exponent als Ein
unmittelbares Quantum drückt eine einzelne Relation aus. Wahrhaft
unterscheidet sich das Selbstständige durch die eigenthümliche Reihe
der Exponenten, die es, als Einheit angenommen, mit andern solchen
Selbstständigen bildet, indem ein anderes derselben ebenso mit
ebendenselben in Beziehung gebracht und als Einheit angenommen, eine
andere Reihe formirt.—Das Verhältniß solcher Reihe innerhalb ihrer
macht nun das Qualitative des Selbstständigen aus.

Insofern nun solches Selbstständiges mit einer Reihe von
Selbstständigen eine Reihe von Exponenten bildet, scheint es zunächst
von einem Andern außer dieser Reihe selbst, mit welchem es verglichen
wird, dadurch unterschieden zu seyn, daß dieses eine andere Reihe von
Exponenten mit denselben Gegenüberstehenden macht. Aber auf diese Weise
wären diese beiden Selbstständigen nicht vergleichbar, insofern jedes
so als Einheit gegen seine Exponenten betrachtet wird, und die beiden
aus dieser Beziehung entstehenden Reihen unbestimmt andere sind. Die
beiden, die als Selbstständige verglichen werden sollen, sind zunächst
gegen einander nur als Quanta unterschieden; ihr Verhältniß zu
bestimmen, bedarf es selbst einer gemeinschaftlichen fürsichseyenden
Einheit. Diese bestimmte Einheit ist nur in dem zu suchen, worin die zu
vergleichenden, wie gezeigt, das specifische Daseyn ihres Maaßes haben,
also in dem Verhältnisse, das die Verhältnissexponenten der Reihe zu
einander haben. Dieß Verhältniß der Exponenten selbst ist aber nur so
für sichseyende, in der That bestimmte Einheit, als die Glieder der
Reihe dasselbe, als ein konstantes Verhältniß unter einander, zu beiden
haben; so kann es ihre gemeinschaftliche Einheit seyn. In ihr also
liegt allein die Vergleichbarkeit der beiden Selbstständigen, die als
sich nicht mit einander neutralisirend, sondern als gleichgültig gegen
einander angenommen wurden. Jedes abgesondert außerhalb der
Vergleichung ist die Einheit der Verhältnisse mit den
gegenüberstehenden Gliedern, welche die Anzahlen gegen jene Einheit
sind, somit die Reihe von Exponenten vorstellen. Diese Reihe ist
dagegen umgekehrt die Einheit für jene beiden, die verglichen
miteinander, Quanta gegeneinander sind; als solche sind sie selbst
verschiedene Anzahlen ihrer so eben aufgezeigten Einheit.

Diejenigen aber ferner, welche mit den gegenüber stehenden unter sich
verglichenen beiden oder vielmehr Vielen überhaupt, die Reihe der
Exponenten des Verhaltens derselben abgeben, sind an ihnen selbst
gleichfalls Selbstständige, jedes ein specifisches Etwas von einem ihm
an sich zuständigen Maaßverhältniß. Sie sind insofern gleichfalls jedes
als Einheit zu nehmen, so daß sie an den erst genannten unter sich bloß
verglichenen Beiden oder vielmehr unbestimmt Mehrern eine Reihe von
Exponenten haben, welche Exponenten die Vergleichungszahlen der so eben
genannten unter sich sind; so wie die Vergleichungszahlen der nun
einzeln auch als selbstständig genommenen unter sich gleichfalls
umgekehrt die Reihe der Exponenten für die Glieder der ersten Reihe
sind. Beide Seiten sind auf diese Weise Reihen, in denen jede Zahl
erstens Einheit überhaupt ist gegen ihre gegenüber stehende Reihe, an
der sie ihr Fürsichbestimmtseyn als eine Reihe von Exponenten hat;
zweitens ist sie selbst einer der Exponenten für jedes Glied der
gegenüberstehenden Reihe; und drittens Vergleichungszahl zu den übrigen
Zahlen ihrer Reihe, und hat als solche Anzahl, die ihr auch als
Exponent zukommt, ihre für-sich-bestimmte Einheit an der gegenüber
stehenden Reihe.

3. In diesem Verhalten ist die Art und Weise wieder gekehrt, wie das
Quantum als fürsichseyend, nämlich als Grad gesetzt ist, einfach zu
seyn, aber die Größebestimmtheit an einem außer ihm seyenden Quantum,
das ein Kreis von Quantis ist, zu haben. Im Maaße aber ist dieß
Äußerliche nicht bloß ein Quantum und ein Kreis voll Quantis, sondern
eine Reihe von Verhältnißzahlen, und das Ganze derselben ist es, worin
das Fürsich-bestimmtseyn des Maaßes liegt. Wie beim Fürsichseyn des
Quantums als Grad der Fall ist, hat in diese Äußerlichkeit seiner
selbst sich die Natur des selbstständigen Maaßes verkehrt. Seine
Beziehung auf sich ist zunächst als unmittelbares Verhältniß, und damit
besteht sogleich seine Gleichgültigkeit gegen Anderes nur in dem
Quantum. In diese Äußerlichkeit fällt daher seine qualitative Seite,
und sein Verhalten zu Anderem wird zu dem, was die specifische
Bestimmung dieses Selbstständigen ausmacht. Sie besteht so schlechthin
in der quantitativen Art und Weise dieses Verhaltens, und diese Art und
Weise ist so sehr durch das Andere als durch es selbst bestimmt, und
dieß Andere ist eine Reihe von Quantis, und es selbst gegenseitig ein
solches. Aber diese Beziehung, in welcher sich zwei Specifische zu
etwas, zu einem Dritten, dem Exponenten, specificiren, enthält ferner
dieß, daß das Eine darin nicht in das Andere übergegangen, also nicht
nur eine Negation überhaupt, sondern Beide darin negativ gesetzt sind,
und indem jedes sich gleichgültig darin erhält, seine Negation auch
wieder negirt ist. Diese ihre qualitative Einheit ist somit für sich
seyende ausschließende Einheit. Die Exponenten, welche zunächst
Vergleichungszahlen unter sich sind, haben in dem Momente des
Ausschließens erst ihre wahrhaft specifische Bestimmtheit gegeneinander
an ihnen und ihr Unterschied wird so zugleich qualitativer Natur. Er
gründet sich aber auf das Quantitative; das Selbstständige verhält sich
erstens nur darum zu einem Mehrern seiner qualitativ andern Seite, weil
es in diesem Verhalten zugleich gleichgültig ist; zweitens ist nun die
neutrale Beziehung durch die in ihr enthaltene Quantitativität nicht
nur Veränderung, sondern als Negation der Negation gesetzt, und
ausschließende Einheit. Dadurch ist die Verwandtschaft eines
Selbstständigen zu den Mehrern der andern Seite nicht mehr eine
indifferente Beziehung, sondern eine Wahlverwandtschaft.

c. Wahlverwandtschaft.

Es ist hier der Ausdruck Wahlverwandtschaft, wie auch im vorhergehenden
Neutralität, Verwandtschaft, gebraucht worden,— Ausdrücke, die sich auf
das chemische Verhältniß beziehen. Denn in der chemischen Sphäre hat
wesentlich das Materielle seine specifische Bestimmtheit in der
Beziehung auf sein Anderes; es existirt nur als diese Differenz. Diese
specifische Beziehung ist ferner an die Quantität gebunden, und ist
zugleich nicht nur die Beziehung auf ein einzelnes Anderes, sondern auf
eine Reihe solcher ihm gegenüberstehenden Differenten; die Verbindungen
mit dieser Reihe beruhen auf einer sogenannten Verwandtschaft mit jedem
Gliede derselben, aber bei dieser Gleichgültigkeit ist zugleich jede
ausschließend gegen andere; welche Beziehung entgegengesetzter
Bestimmungen noch zu betrachten ist.—Es ist aber nicht nur im
Chemischen, daß sich das Specifische in einem Kreise von Verbindungen
darstellt; auch der einzelne Ton hat erst seinen Sinn in dem Verhalten
und der Verbindung mit einem andern und mit der Reihe von andern; die
Harmonie oder Disharmonie in solchem Kreise von Verbindungen macht
seine qualitative Natur aus, welche zugleich auf quantitativen
Verhältnissen beruht, die eine Reihe von Exponenten bilden, und die
Verhältnisse von den beiden specifischen Verhältnissen sind, die jeder
der verbundenen Töne an ihm selbst ist. Der einzelne Ton ist der
Grundton eines Systems, aber ebenso wieder einzelnes Glied im Systeme
jedes andern Grundtons. Die Harmonien sind ausschließende
Wahlverwandtschaften, deren qualitative Eigenthümlichkeit sich aber
ebenso sehr wieder in die Äußerlichkeit bloß quantitativen Fortgehens
auflöst.—Worin aber das Princip eines Maaßes für diejenigen
Verwandtschaften, welche (chemische oder musikalische oder andere)
Wahlverwandtschaften unter und gegen die andern sind, liege, darüber
wird im Folgenden in Betreff der chemischen noch eine Bemerkung
vorkommen; aber diese höhere Frage hängt mit dem Specifischen des
eigentlichen Qualitativen aufs engste zusammen, und gehört in die
besondern Theile der konkreten Naturwissenschaft.

Insofern das Glied einer Reihe seine qualitative Einheit in seinem
Verhalten zu dem Ganzen einer gegenüberstehenden Reihe hat, deren
Glieder aber gegeneinander nur durch das Quantum, nach welchem sie sich
mit jenem neutralisiren, verschieden sind, so ist die speciellere
Bestimmtheit in dieser vielfachen Verwandtschaft gleichfalls nur eine
quantitative. In der Wahlverwandtschaft als ausschließender,
qualitativer Beziehung entnimmt das Verhalten sich diesem quantitativen
Unterschiede. Die nächste Bestimmung, die sich darbietet, ist: daß nach
dem Unterschied der Menge, also der extensiven Größe, der unter den
Gliedern der einen Seite für die Neutralisirung eines Gliedes der
andern Seite Statt findet, sich auch die Wahlverwandtschaft dieses
Gliedes zu den Gliedern der andern Reihe, mit denen allen es in
Verwandtschaft steht, richte. Das Ausschließen als ein festeres
Zusammenhalten gegen andere Möglichkeiten der Verbindung, welches
dadurch begründet wäre, erschiene so umgewandelt in um so viel größere
Intensität, nach der früher nachgewiesenen Identität der Formen von
extensiver und intensiver Größe, als in welchen beiden Formen die
Größenbestimmtheit eine und dieselbe ist. Dieß Umschlagen der
einseitigen Form der extensiven Größe auch in ihre andere, die
intensive, ändert aber an der Natur der Grundbestimmung, welche das
Eine und dasselbe Quantum ist, nichts; so daß hiermit in der That kein
Ausschließen gesetzt wäre, sondern gleichgültig entweder nur Eine
Verbindung oder ebensowohl eine Kombination unbestimmt von wie vielen
Gliedern, wenn nur die Portionen, die von ihnen einträten, in Gemäßheit
ihrer Verhältnisse untereinander dem geforderten Quantum entsprechend
wären, Statt haben könnte.

Allein die Verbindung, die wir auch Neutralisation genannt haben, ist
nicht nur die Form der Intensität; der Exponent ist wesentlich
Maaßbestimmung, und damit ausschließend; die Zahlen haben in dieser
Seite ausschließenden Verhaltens ihre Kontinuität und
Zusammenfließbarkeit mit einander verloren; es ist das Mehr oder
Weniger, was einen negativen Charakter erhält, und der Vorzug, den ein
Exponent gegen andere hat, bleibt nicht in der Größenbestimmtheit
stehen. Ebenso sehr ist aber auch diese andere Seite vorhanden, nach
welcher es einem Momente wieder gleichgültig ist von mehrern ihm
gegenüber stehenden Momenten das neutralisirende Quantum zu erhalten,
von jedem nach seiner specifischen Bestimmtheit gegen das Andere; das
ausschließende, negative Verhalten leidet zugleich diesen Eintrag von
der quantitativen Seite her.—Es ist hiermit ein Umschlagen von
gleichgültigem, bloß quantitativem Verhalten in ein qualitatives und
umgekehrt ein Übergehen des specifischen Bestimmtseyns in das bloß
äußerliche Verhältniß gesetzt;—eine Reihe von Verhältnissen, die bald
bloß quantitativer Natur, bald specifische und Maaße sind.

Anmerkung.

Die chemischen Stoffe sind die eigenthümlichsten Beispiele solcher
Maaße, welche Maaßmomente sind, die dasjenigr, was ihre Bestimmung
ausmacht, allein im Verhalten zu andern haben. Säuren und Kalien oder
Basen überhaupt erscheinen als unmittelbar an sich bestimmte Dinge,
aber vielmehr als unvollkommene Körperelemente, als Bestandtheile, die
eigentlich nicht für sich existiren, sondern nur diese Existenz haben,
ihr isolirtes Bestehen aufzuheben und sich mit einem andern zu
verbinden. Der Unterschied ferner, wodurch sie als selbstständige sind,
besteht nicht in dieser unmittelbaren Qualität, sondern in der
quantitativen Art und Weise des Verhaltens. Er ist nämlich nicht auf
den chemischen Gegensatz von Säure und Kali oder Basis überhaupt,
eingeschränkt, sondern ist zu einem Maaße der Sättigung specificirt,
und besteht in der specifischen Bestimmtheit der Quantität der sich
neutralisirenden Stoffe. Diese Quantitäts-Bestimmung in Rücksicht auf
die Sättigung macht die qualitative Natur eines Stoffes aus, sie macht
ihn zu dem, was er für sich ist, und die Zahl, die dieß ausdrückt, ist
wesentlich einer von mehrern Exponenten für eine gegenüber stehende
Einheit.—Solcher Stoff steht mit einem andern in sogenannter
Verwandtschafft; insofern diese Beziehung rein qualitativer Natur
bliebe, so wäre,—wie die Beziehung der magnetischen Pole oder der
Elektricitäten,—die eine Bestimmtheit nur die negative der andern, und
beide Seiten zeigten sich nicht auch zugleich gleichgültig
gegeneinander. Aber weil die Beziehung auch quantitativer Natur ist,
ist jeder dieser Stoffe fähig mit Mehrern sich zu neutralisiren, und
nicht auf einen gegenüber stehenden eingeschränkt. Es verhält sich
nicht nur die Säure und das Kali oder Basis, sondern Säuren und Kalien
oder Basen zu einander. Sie charakterisiren sich zunächst dadurch gegen
einander, je nachdem eine Säure z.B. von einem Kali mehr bedarf um sich
mit ihm zu sättigen, als eine andere. Aber die fürsichseyende
Selbstständigkeit zeigt sich darin, daß die Verwandtschaften sich
ausschließend verhalten und eine vor der andern den Vorzug hat, indem
für sich eine Säure mit allen Kalien, und umgekehrt, eine Verbindung
eingehen kann. Es macht so den Hauptunterschied einer Säure gegen eine
andere aus, ob sie zu einer Basis eine nähere Verwandtschaft habe, als
eine andere, d. i. eine sogenannte Wahlverwandschaft.

Über die chemischen Verwandtschaften der Säuren und Kalien ist das
Gesetz gefunden worden, daß wenn zwei neutrale Solutionen gemischt
werden, wodurch eine Scheidung und daraus zwei neue Verbindungen
entstehen, diese Produkte gleichfalls neutral sind. Es folgt hieraus,
daß die Mengen von zwei kalischen Basen, die zur Sättigung einer Säure
erfordert werden, in demselben Verhältnisse zur Sättigung einer andern
nöthig sind; überhaupt wenn für ein Kali als Einheit genommen die Reihe
der Verhältnißzahlen bestimmt worden ist, in denen die verschiedenen
Säuren dasselbe sättigen, so ist für jedes andere Kali diese Reihe
dieselbe, nur daß die verschiedenen Kalien gegen einander in
verschiedenen Anzahlen zu nehmen sind;—Anzahlen, die wieder ihrer Seits
eine eben solche beständige Reihe von Exponenten für jede der gegenüber
stehenden Säuren bilden, indem sie ebenso zujeder einzelnen Säure sich
in demselben Verhältnisse beziehen, als zujeder andern. —Fischer hat
zuerst diese Reihen aus den richterischen Arbeiten in ihrer Einfachheit
herausgehoben; s. in s. Anmerkungen zur Übersetzung von Berthollets
Abhandlung über die Gesetze der Verwandtschaft in der Chemie, S. 232.
und Berthollet Statique chimique I. Part. p. 134. ff.—Die, seit dieß
zuerst geschrieben worden, nach allen Seiten hin so sehr ausgebildete
Kenntniß von den Verhältnißzahlen der Mischungen der chemischen
Elemente, hier berücksichtigen zu wollen, würde auch darum eine
Abschweifung seyn, da diese empirische zu einem Theil aber auch nur
hypothetische Erweiterung innerhalb derselben Begriffsbestimmungen
eingeschlossen bleibt. Aber über die dabei gebrauchten Kategorien,
ferner über die Ansichten der chemischen Wahlverwandtschaft selbst und
ihrer Beziehung auf das Quantitative, so wie über den Versuch, dieselbe
auf bestimmte physikalische Qualitäten zu gründen, mögen noch einige
Bemerkungen hinzugefügt werden.

Bekanntlich hat Berthollet die allgemeine Vorstellung von der
Wahlverwandtschaft durch den Begriff von der Wirksamkeit einer
chemischen Masse modificirt. Diese Modification hat, was wohl zu
unterscheiden ist, auf die Quantitäts-Verhältnisse der chemischen
Sättigungs-Gesetze selbst keinen Einfluß, aber das qualitative Moment
der ausschließenden Wahlverwandtschaft als solcher wird nicht nur
geschwächt, sondern vielmehr aufgehoben. Wenn zwei Säuren auf ein Kali
wirken, und diejenige, von welcher gesagt wird, daß sie eine größere
Verwandtschaft zu derselben habe, auch in dem Quantum vorhanden ist,
welches fähig ist, das Quantum der Basis zu sättigen, so erfolgt nach
der Vorstellung der Wahlverwandtschaft nur diese Sättigung; die andere
Säure bleibt ganz unwirksam und von der neutralen Verbindung
ausgeschlossen. Nach jenem Begriffe der Wirksamkeit einer chemischen
Masse hingegen, ist jede von beiden wirksam in einem Verhältniß, das
aus ihrer vorhandenen Menge und ihrer Sättigungsfähigkeit oder
sogenannten Affinität zusammengesetzt ist. Berthollets Untersuchungen
haben die nähern Umstände angegeben, unter welchen die Wirksamkeit der
chemischen Masse aufgehoben wird, und eine (stärker verwandte) Säure
die andere (schwächere) auszutreiben und deren Wirkung auszuschließen,
somit nach dem Sinne der Wahlverwandtschaft thätig zu seyn scheint. Er
hat gezeigt, daß es Umstände, wie die Stärke der Kohäsion,
Unauflösbarkeit der gebildeten Salze im Wasser, sind, unter welchen
jenes Ausschließen Statt findet, nicht die qualitative Natur der
Agentien als solche, —Umstände, welche wieder durch andere Umstände
z.B. die Temperatur in ihrer Wirkung aufgehoben werden können. Mit der
Beseitigung dieser Hindernisse tritt die chemische Masse unverkümmert
in Wirksamkeit, und das, was als rein qualitatives Ausschließen, als
Wahlverwandtschaft erschien, zeigt sich nur in äußerlichen
Modifikationen zu liegen.

Berzelius wäre es vornehmlich, der weiter über diesen Gegenstand zu
hören ist. Derselbe stellt aber in seinem Lehrbuche der Chemie über die
Sache nichts Eigenthümliches und Bestimmteres auf. Es sind die
berthollet'schen Ansichten aufgenommen und wörtlich wiederhohlt, nur
mit der eigenthümlichen Metaphysik einer unkritischen Reflexion
ausstaffirt worden, deren Kategorien also allein sich für die nähere
Betrachtung darbieten. Die Theorie geht über die Erfahrung hinaus, und
erfindet Theils sinnliche Vorstellungen, wie sie nicht selbst in der
Erfahrung gegeben sind, Theils wendet sie Denkbestimmungen an, und
macht sich auf beide Weise zum Gegenstande logischer Kritik. Wir wollen
daher das in jenem Lehrbuche selbst III. Band I. Abth. (übers. von
Wöhler S. 82. ff) über die Theorie Vorgetragene vornehmen. Daselbst nun
liest man, "daß man sich vorstellen müsse, in einer gleichförmig
gemischten Flüssigkeit sey ein jedes Atom vom aufgelösten Körper von
einer gleichen Anzahl von Atomen des Auflösungsmittels umgeben; und
wenn mehrere Substanzen zusammen aufgelöst sind, so müssen sie die
Zwischenräume zwischen den Atomen des Auflösungsmittels unter sich
theilen, so daß, bei einer gleichförmigen Mischung der Flüssigkeit,
eine solche Symmetrie in der Lage der Atome entstehe, daß alle Atome
der einzelnen Körper sich in Beziehung zu den Atomen der andern Körper
in einer gleichförmigen Lage befinden; man könne daher sagen, daß die
Auflösung durch die Symmetrie in der Stellung der Atome, so wie die
Verbindung durch die bestimmten Proportionen charakterisirt sey."—Dieß
wird hierauf durch ein Beispiel der Verbindungen erläutert, die aus
einer Auflösung von Kupferchlorid, zu welcher Schwefelsäure
hinzugesetzt wird, entstehen; aber an diesem Beispiele wird freilich
weder aufgezeigt, daß Atome existiren, noch daß eine Anzahl von Atomen
der aufgelösten Körper Atome der Flüssigkeit umgeben, freie Atome der
beiden Säuren sich um die (mit dem Kupferoxid) verbunden bleibenden
lagern, noch daß die Symmetrie in der Stellung und Lage, noch daß
Zwischenräume zwischen den Atomen existiren,—am allerwenigsten daß die
aufgelösten Substanzen die Zwischenräume der Atome des
Auflösungsmittels unter sich theilen. Dieß hiesse, daß die aufgelösten
da ihre Stellung nehmen, wo das Auflösungsmittel nicht ist,—denn die
Zwischenräume desselben sind die von ihm leeren Räume,—somit daß die
aufgelösten Substanzen sich nicht im Auflösungsmittel befinden, sondern
wenn auch dasselbe umgebend und umlagernd, oder von demselben umgeben
und umlagert,—außerhalb desselben, also gewiß auch von ihm nicht
aufgelöst sind. Man sieht somit nicht ein, daß man sich solche
Vorstellungen machen müsse, welche in der Erfahrung nicht aufgezeigt
sind, im Wesentlichen sich sogleich widersprechen, und sonst auf andere
Weise nicht erhärtet sind. Dieß könnte nur durch die Betrachtung dieser
Vorstellungen selbst, d. i. durch Metaphysik, welche Logik ist,
geschehen, durch diese aber werden sie so wenig als durch die Erfahrung
bestätigt,—im Gegentheil!—Übrigens giebt Berzelius zu, was auch oben
gesagt worden, daß die Sätze Berthollets der Theorie von den bestimmten
Proportionen nicht entgegen seyen,—er fügt freilich hinzu, daß sie auch
den Ansichten von der Korpuskularphilosophie, d. i. der vorhin
angeführten Vorstellungen von den Atomen, der Erfüllung der
Zwischenräume der auflösenden Flüssigkeit durch die Atome der festen
Körper u.s.f. nicht entgegen seyen,—diese letztere grundlose Metaphysik
hat aber wesentlich nichts mit den Proportionen der Sättigung selbst zu
thun. Das Specifische, was in den Sättigungsgesetzen ausgedrückt ist,
betrifft somit nur die Menge von selbst quantitativen Einheiten (nicht
Atomen) eines Körpers, mit welcher sich die quantitative Einheit
(ebenso wenig ein Atom) eines andern gegen erstern chemisch differenten
Körpers neutralisirt; die Verschiedenheit besteht allein in diesen
verschiedenen Proportionen. Wenn dann Berzelius, ungeachtet seine
Proportionenlehre ganz nur eine Bestimmung von Mengen ist, doch auch
von Affinitätsgraden spricht, z.B. S. 86. indem er die chemische Masse
Berthollets als die Summe des Affinitätsgrades aus der vorhandenen
Quantität des wirksamen Körpers erklärt, statt dessen Berthollet
consequenter den Ausdruck capacité de saturation gebraucht, so verfällt
er damit selbst in die Form intensiver Größe. Dieß ist aber die Form,
welche das Eigenthümliche der sogenannten dynamischen Philosophie
ausmacht, die er früher S. 29. a. a. O. "die speculative Philosophie
gewisser deutschen Schulen" nennt, und zum Besten der vortrefflichen
"Korpuskularphilosophie" nachdrücklich verwirft. Von dieser dynamischen
Philosophie giebt er dort an, daß sie annehme, die Elemente in ihrer
chemischen Vereinigung durchdringen sich, und die Neutralisation
bestehe in dieser gegenseitigen Durchdringung; dieß heißt nichts
Anders, als daß die chemisch differenten Partikeln, die als Menge
gegeneinander sind, in die Einfachheit einer intensiven Größe
zusammengehen, was sich auch als Verminderung des Volums kund giebt.
Dagegen sollen in der Korpuskulartheorie auch die chemisch verbundenen
Atome sich in den Zwischenräumen, d. h. außereinander erhalten,
(Juxtaposition); Grad der Affinität hat in solchem Verhalten als einer
nur extensiven Größe, eines Perennirens von Menge, keinen Sinn. Wenn
ebendas angegeben wird, daß die Erscheinungen der bestimmten
Proportionen für die dynamische Ansicht ganz unvorgesehen gekommen
seyen, so wäre dieß nur ein äußerlicher historischer Umstand, abgesehen
davon, daß die richterschen stöchiometrischen Reihen, in der
fischerschen Zusammenstellung bereits Berthollet bekannt und in der
ersten Ausg. dieser Logik, welche die Nichtigkeit der Kategorien
erweist, auf denen die alte wie die neuseynwolleude Korpuskulartheorie
beruht, angeführt sind. Irrthümlich aber urtheilt Berzelius als ob
unter der Herrschaft "der dynamischen Ansicht" die Erscheinungen der
bestimmten Proportionen "für immer" unbekannt geblieben wären,—in dem
Sinne, daß jene Ansicht sich nicht mit der Bestimmtheit der
Proportionen vertrüge. Diese ist auf allen Fall nur Größebestimmtheit,
gleichgültig ob in extensiver und intensiver Form, —so daß auch
Berzelius, so sehr er an der erstern Form, der Menge, hängt, selbst die
Vorstellung von Affinitätsgraden gebraucht.

Indem hiermit die Verwandschaft auf den quantitativen Unterschied
zurückgeführt ist, ist sie als Wahlverwandschaft aufgehoben; das
Ausschließende aber, das bei derselben Statt findet, ist auf Umstände
zurückgeführt, d. i. auf Bestimmungen, welche als etwas der
Verwandschaft Äußerliches erscheinen, auf Kohäsion, Unauflöslichkeit
der zu Stande gekommenen Verbindungen u.s.f. Es kann mit dieser
Vorstellung zum Theil das Verfahren bei der Betrachtung der Wirkung der
Schwere verglichen werden, wo das, was an sich der Schwere selbst
zukommt, daß der bewegte Pendel durch sie nothwendig zur Ruhe übergeht,
nur als der zugleich vorhandene Umstand des äußern Widerstands der Luft
des Fadens u.s.f. genommen und der Reibung allein statt der Schwere
zugeschrieben wird.—Hier für die Natur des Qualitativen, welches in der
Wahlverwandschaft liegt, macht es keinen Unterschied, ob dasselbe in
der Form jener Umstände als seiner Bedingungen erscheint und aufgefaßt
wird. Es beginnt mit dem Qualitativen als solchen eine neue Ordnung,
deren Specifikation nicht mehr nur quantitativer Unterschied ist.

Wenn nun sonach der Unterschied der chemischen Affinität in einer Reihe
quantitativer Verhältnisse sich genau feststellt gegen die
Wahlverwandsehaft als eintretender qualitativer Bestimmtheit, deren
Verhalten mit jener Ordnung keineswegs zusammenfällt, so wird dieser
Unterschied wieder in völlige Verwirrung durch die Art geworfen, in
welcher mit dem chemischen Verhalten das elektrische in neuern Zeiten
in Verbindung gebracht wird, und die Hoffnung von diesem tiefer seyn
sollenden Princip aus über das wichtigste, das Maaßverhältniß, einen
Aufschluß zu erhalten, wird gänzlich getäuscht. Diese Theorie, in
welcher die Erscheinungen der Elektricität und des Chemismus vollkommen
identificirt werden, insofern sie das Physikalische und nicht bloß die
Maaßverhältnisse betrifft, ist hier nicht in nähere Betrachtung zu
nehmen, und nur insofern zu erwähnen, als die Unterschiedenheit der
Maaßbestimmungen dadurch verworren wird. Für sich selbst ist sie seicht
zu nennen, weil die Seichtigkeit darin besteht, das Verschiedene mit
Weglassung der Verschiedenheit identisch zu nehmen. War hierbei die
Affinität betrifft, so ist sie, indem so chemische Processe mit
elektrischen, ingleichen mit Feuer und Licht-Erscheinungen,
identificirt werden, "auf Neutralisation entgegengesetzter
Electricitäten" reducirt worden. Die Identifikation der Elektricität
und des Chemismus selbst ist es beinahe komisch (S. 63. a. a. O.) in
folgender Weise dargestellt zu finden, daß "die eletrischen Phänomene
wohl die Wirkung der Körper auf größern oder geringern Abstand, ihre
Anziehung vor der Vereinigung (d. i. das noch nicht chemische
Verhalten)—und das durch diese Vereinigung entstehende Feuer (?) wohl
erklären, aber uns über die Ursache der mit einer so großen Kraft, nach
Vernichtung des entgegengesetzten elektrischen Zustandes, fortdauernden
Vereinigung der Körper keinen Aufschluß geben;" d. h. die Theorie giebt
den Aufschluß, daß die Electricität die Ursache des chemischen
Verhaltens sey, daß aber die Electricität über das, was im chemischen
Processe chemisch ist, keinen Aufschluß gebe.—Damit, daß die chemische
Differenz überhaupt auf den Gegensatz positiver und negativer
Elektricität zurückgeführt wird, wird die Affinitätsverschiedenheit der
auf die eine und auf die andere Seite fallenden Agentien unter sich als
die Ordnung von zwei Reihen elektropositiver und elektronegativer
Körper bestimmt. Bei dem Identificiren der Elektricität und des
Chemismus ihrer allgemeinen Bestimmung nach, wird schon dieß übersehen,
daß die erstere überhaupt und deren Neutralisirung flüchtig ist und der
Qualität der Körper äußerlich bleibt, der Chemismus in seiner Aktion
und besonders in der Neutralisation die ganze qualitative Natur der
Körper in Anspruch nimmt und alterirt. Ebenso flüchtig ist innerhalb
der Elektricität ihr Gegensatz von positiver und negativer; er ist ein
so Unstätes, daß er von den geringsten äußerlichen Umständen abhängig
ist, und in keinen Vergleich gestellt werden kann mit der Bestimmtheit
und Festigkeit des Gegensatzes von Säuren z.B. gegen die Metalle u.s.w.
Die Veränderlichkeit, die in diesem chemischen Verhalten, durch höchst
gewaltsame Einwirkungen z.B. einer erhöhten Temperatur u.s.f. statt
finden kann, steht in keinem Vergleich mit der Oberflächlichkeit des
elektrischen Gegensatzes. Der fernere Unterschied nun innerhalb der
Reihe jeder der beiden Seiten zwischen mehr oder weniger
positiv-elektrischer, oder mehr oder weniger negativ-elektrischer
Beschaffenheit, ist vollends sowohl ein völlig Unsicheres als
Unkonstatirtes. Aus diesen Reihen der Körper aber (Berzelius am ang.
Ort S. 64. f.) "nach ihren elektrischen Dispositionen soll das
elektrochemische System entstehen, welches sich von allen am besten
eigne, eine Idee voll der Chemie zu geben;" diese Reihen werden nun
angegeben; wie sie aber in der That beschaffen sind, darüber wird S.
67. hinzugefügt:

"daß dieß ungefähr die Ordnung dieser Körper sey, aber diese Materie
sey so wenig untersucht, daß sich noch nichts ganz Gewisses
hinsichtlich dieser relativen Ordnung bestimmen lasse."—Sowohl die
Verhältnißzahlen jener (von Richter zuerst gemachten) Affinitätsreihen,
als die höchst interessante von Berzelius aufgestellte Reduktion der
Verbindungen von zwei Körpern auf die Einfachheit weniger quantitativen
Verhältnisse sind ganz und gar unabhängig von jenem elektrochemisch
seyn sollenden Gebräue. Wenn in jenen Proportionen und in deren seit
Richter nach allen Seiten hin gewonnenen Ausdehnung der experimentale
Weg der richtige Leitstern gewesen, so kontrastirt für sich damit
umsomehr die Vermischung dieser großen Entdeckungen mit der außer dem
Weg der Erfahrung liegenden Öde der sogenannten Korpuskulartheorie; nur
dieser Anfang, das Princip der Erfahrung zu verlassen, konnte es
motiviren, noch weiter jenen früher von Ritter vornehmlich angefangenen
Einfall wieder aufzunehmen, feste Ordnungen von elektropositiven und
elektronegativen Körpern, die zugleich chemische Bedeutung haben
sollten, aufzustellen.

Schon die Nichtigkeit der Grundlage, die für die chemische Affinität in
dem Gegensatze von elektropositiven und elektronegativen Körpern, wenn
dieser für sieh auch faktisch richtiger wäre, als er ist, angenommen
wird, zeigt sich bald selbst auf dem experimentalen Wege, was denn aber
wieder zu weiterer Inkonsequenz führt. Es wird S. 73. (a. a. O.)
zugestanden, daß zwei sogenannte elektronegative Körper, wie Schwefel
und Sauerstoff auf eine viel innigere Art sich mit einander verbinden,
als z.B. der Sauerstoff und das Kupfer, obgleich letzteres
elektropositiv sey. Die auf den allgemeinen Gegensatz von positiver und
negativer-Elektricität basirte Grundlage für die Affinität muß hier
hiermit gegen ein bloßes Mehr oder Weniger innerhalb Einer und
derselben Reihe von elektrischer Bestimmtheit zurückgestellt werden.
Der Verwandschaftsgrad der Körper, wird nun hieraus geschlossen, hänge
demnach nicht allein von ihrer specifischen Unipolarität (mit welcher
Hypothese diese Bestimmung zusammenhängt, thut hierher nichts, sie gilt
hier nur für das Entweder des Positiven und das Oder des Negativen) ab;
der Verwandschaftsgrad müsse hauptsächlich von der Intensität ihrer
Polarität im Allgemeinen hergeleitet werden. Hier geht somit näher die
Betrachtung der Affinität zu dem Verhältniß der Wahlverwandschaft über,
um die uns vornehmlich zu thun ist; sehen wir, was sich denn für diese
nun ergiebt. Indem sogleich (ebendas. S. 73.) zugestanden wird, daß der
Grad dieser Polarität, wenn sie nicht bloß in unserer Vorstellung
existire, keine konstante Quantität zu seyn scheine, sondern sehr von
der Temperatur abhänge, so findet sich nach allem diesem als Resultat
angegeben, nicht nur, daß jede chemische Wirkung so ihrem Grunde nach
ein elektrisches Phänomensey, sondern auch was Wirkung der sogenannten
Wahlverwandschaft zu seyn scheine, nur durch eine in gewissen Körpern
stärker, als in andren vorhandene elektrische Polarität bewirkt werde.
Zum Beschlusse des bisherigen Herumwindens in hypothetischen
Vorstellungen bleibt es somit bei der Kategorie stärkerer Intensität,
welche dasselbe Formelle als die Wahlverwandschaft überhaupt ist, und
diese damit, daß sie auf eine stärkere Intensität elektrischer
Polarität gestellt wird, im geringsten nicht weiter auf einen
physikalschen Grund bringt als vorher. Aber auch das was hier als
größere specifische Intensität bestimmt seyn soll, wird späterhin nur
auf die bereits angeführten, von Berthollet aufgezeigten Modifikationen
zurückgeführt.

Das Verdienst und der Ruhm von Berzelius wegen der auf alle chemischen
Verhältnisse ausgedehnten Proportionenlehre durfte für sich kein
Abhaltungsgrund seyn, die Blöße der angeführten Theorie auseinander zu
setzen; ein näherer Grund aber, dieß zu thun, muß der Umstand seyn, daß
solches Verdienst in einer Seite der Wissenschaft, wie bei Newton,
Autorität für ein damit in Zusammenhang gesetztes grundloses Gebäude
von schlechten Kategorien zu werden pflegt, und daß gerade solche
Metaphysik dasjenige ist, was mit der größten Prätension ausgegeben und
ebenso nachgesprochen wird.

Außer den Formen des Maaßverhältnisses, die sich auf die chemische
Affinität und Wahlverwandschaft beziehen, können auch noch andere in
Rücksicht auf Quantitäten, die sich zu einem System qualificiren,
betrachtet werden. Die chemischen Körper bilden in Beziehung auf
Sättigung ein System von Verhältnissen; die Sättigung selbst beruht auf
der bestimmten Proportion, in welcher die beiderseitigen Mengen, die
eine besondere materielle Existenz gegeneinander haben, sich verbinden.
Aber es giebt auch Maaßverhältnisse, deren Momente untrennbar sind und
nicht in einer eignen von einander verschiedenen Existenz dargestellt
werden können. Diese sind das, was vorhin die unmittelbaren
selbstständigen Maaße genannt, und die in den specifischen Schweren der
Körper repräsentirt sind.—Sie sind innerhalb der Körper ein Verhältniß
von Gewicht zum Volumen; der Verhältnissexponent, welcher die
Bestimmtheit einer speeifischen Schwere zum Unterschiede von andern
ausdrückt, ist bestimmtes Quantum nur der Vergleichung, ein ihnen
äußeres Verhältniß in einer äußern Reflexion, das sich nicht auf das
eigne qualitative Verhalten zu einer gegenüber stehenden Existenz
gründet. Es wäre die Aufgabe vorhanden, die Verhältnißexponenten der
Reihe der specifischen Schweren, als ein System aus einer Regel zu
erkennen, welche eine bloß arithmetische Vielheit zu einer Reihe
harmonischer Knoten specificirte.—Dieselbe Forderung fände für die
Erkenntniß der angeführten chemischen Verwandtschaftsreihen statt. Aber
die Wissenschaft hat noch weit, um dahin zu gelangen, soweit als dahin,
die Zahlen der Entfernungen der Planeten des Sonnensystems in einem
Maaßsysteme zu fassen.

Die specifischen Schweren, ob sie gleich zunächst kein qualitatives
Verhältniß zu einander zu haben scheinen, treten jedoch gleichfalls in
qualitative Beziehung. Indem die Körper chemisch verbunden, auch nur
amalgamirt oder synsomatisirt werden, zeigt sich gleichfalls eine
Neutralisation der specifischen Schweren. Es ist vorhin die Erscheinung
angeführt worden, daß das Volumen, auch des Gemisches von chemisch
gegen einander eigentlich gleichgültig bleibenden Materien, nicht von
gleicher Größe mit der Summe des Volumens derselben vor der Vermischung
ist. Sie modificiren in dieser gegenseitig das Quantum der
Bestimmtheit, mit dem sie in die Beziehung eintreten, und geben sich
auf diese Weise als sich qualitativ verhaltend gegen einander kund.
Hier äußert sich das Quantum der specifischen Schwere nicht bloß als
eine fixe Vergleichungszahl, sondern als eine Verhältnißzahl, die
verrückbar ist; und die Exponenten der Gemische geben Reihen von
Maaßen, deren Fortgang von einem andern Princip bestimmt wird, als den
Verhältnißzahlen der specifischen Schweren, die miteinander verbunden
werden. Die Exponenten dieser Verhältnisse sind nicht ausschließende
Maaßbestimmungen; ihr Fortgang ist ein kontinuirlicher, aber enthält
ein specificirendes Gesetz in sich, das von den formell fortgehenden
Verhältnissen, in denen die Mengen verbunden werden, verschieden und
jenen Fortgang mit diesem inkommensurabel macht.

B. Knotenlinie von Maaßverhältnissen.

Die letzte Bestimmung des Maaßverhältnisses war, daß es als specifisch
ausschließend ist; das Ausschließen kommt der Neutralität als negativer
Einheit der unterschiedenen Momente zu. Für diese fürsichseyende
Einheit, die Wahlverwandtschaft, hat sich in Ansehung ihrer Beziehung
auf die andern Neutralitäten kein weiteres Princip der Specifikation
ergeben; diese bleibt nur in der quantitativen Bestimmung der Affinität
überhaupt, nach der es bestimmte Mengen sind, welche sich
neutralisiren, und damit anderen relativen Wahlverwandtschaften ihrer
Momente gegenüberstehen. Aber ferner um der quantitativen
Grundbestimmung willen kontinuirt sich die ausschließende
Wahlverwandtschaft auch in die ihr andern Neutralitäten, und diese
Kontinuität ist nicht nur äußerliche Beziehung der verschiedenen
Neutralitäts-Verhältnisse, als eine Vergleichung, sondern die
Neutralität hat als solche eine Trennbarkeit in ihr, indem die, aus
deren Einheit sie geworden ist, als selbstständige Etwas, jedes als
gleichgültig, mit diesem oder mit andern der gegenüberstehenden Reihe,
ob zwar in verschiedenen specifisch bestimmten Mengen sich zu
verbinden, in Beziehung treten. Dadurch ist dieß Maaß, das auf einem
solchen Verhältnisse in ihm selbst beruht, mit eigner Gleichgültigkeit
behaftet; es ist ein an ihm selbst Äußerliches und in seiner Beziehung
auf sich ein Veränderliches.

Diese Beziehung des Verhältnißmaaßes auf sich ist verschieden von
seiner Äußerlichkeit und Veränderlichkeit, als seiner quantitativen
Seite, es ist als Beziehung auf sich gegen diese, eine seyende,
qualitative Grundlage;—bleibendes, materielles Substrat, welches,
zugleich als die Kontinuität des Maaßes in seiner Äußerlichkeit mit
sich selbst, in seiner Qualität jenes Princip der Specification dieser
Äußerlichkeit enthalten müßte. Das ausschließende Maaß nach dieser
nähern Bestimmung nun, in seinem Fürsichseyn sich äußerlich, stößt sich
von sich selbst ab, setzt sich sowohl als ein anderes nur
quantitatives, als auch als ein solches anderes Verhältniß, das
zugleich ein anderes Maaß ist; ist als an sich selbst specificirende
Einheit bestimmt, welche an ihr Maaßverhältnisse producirt. Diese
Verhältnisse sind von der obigen Art der Affinitäten, in welchen ein
Selbstständiges sich zu Selbstständigen anderer Qualität und zu einer
Reihe solcher verhält, verschieden; sie finden an einem und demselben
Substrate, innerhalb derselben Momente der Neutralität statt; das Maaß
bestimmt sich von sich abstoßend zu andern nur quantitativ
verschiedenen Verhältnissen, welche gleichfalls Affinitäten und Maaße
bilden abwechselnd mit solchen, welche nur quantitative
Verschiedenheiten bleiben. Sie bilden auf solche Weise eine Knotenlinie
von Maaßen auf einer Skale des Mehr und Weniger.

Es ist ein Maaßverhältniß vorhanden; eine selbstständige Realität, die
qualitativ von andern unterschieden ist. Ein solches Fürsichseyn ist,
weil es zugleich wesentlich ein Verhältniß von Quantis ist, der
Äußerlichkeit und der Quantumsveränderung offen; es hat eine Weite,
innerhalb deren es gegen diese Veränderung gleichgültig bleibt und
seine Qualität nicht ändert. Aber es tritt ein Punkt dieser Änderung
des Quantitativen ein, auf welchem die Qualität geändert wird, das
Quantum sich als specificirend erweist, so daß das veränderte
quantitative Verhältniß in ein Maaß und damit in eine neue Qualität,
ein neues Etwas, umgeschlagen ist. Das Verhältniß, das an die Stelle
des ersten getreten, ist durch dieses bestimmt Theils nach der
qualitativen Dieselbigkeit der Momente, die in Affinität stehen, Theils
nach der quantitativen Kontinuität. Aber indem der Unterschied in
dieses Quantitative fällt, verhält sich das neue Etwas gleichgültig
gegen das Vorhergehende, ihr Unterschied ist der äußerliche des
Quantums. Es ist also nicht aus dem vorhergehenden, sondern unmittelbar
aus sich hervorgetreten; d. i. aus der innerlichen, noch nicht ins
Daseyn getretenen specificirenden Einheit. —Die neue Qualität oder das
neue Etwas ist demselben Fortgange seiner Veränderung unterworfen und
sofort ins Unendliche.

Insofern der Fortgang von einer Qualität in stätiger Kontinuität der
Quantität ist, sind die einem qualificirenden Punkte sich nähernden
Verhältnisse quantitativ betrachtet, nur durch das Mehr und Weniger
unterschieden. Die Veränderung ist nach dieser Seite ['Seice' bei
Henning/A.R.] eine allmählige. Aber die Allmähligkeit betrifft bloß das
Äußerliche der Veränderung, nicht das Qualitative derselben; das
vorhergehende quantitative Verhältniß, das dem folgenden unendlich nahe
ist, ist noch ein anderes qualitatives Daseyn. Nach der qualitativen
Seite wird daher das bloß quantitative Fortgehen der Allmähligkeit, das
keine Grenze an sich selbst ist, absolut abgebrochen; indem die neu
eintretende Qualität nach ihrer bloß quantitativen Beziehung eine gegen
die verschwindende unbestimmt andere, eine gleichgültige ist, ist der
Übergang ein Sprung; beide sind s als völlig äußerliche gegeneinander
gesetzt.—Man sucht sich gern durch die Allmähligkeit des Übergangs eine
Veränderung begreiflich zu machen; aber vielmehr ist die Allmähligkeit
gerade die bloß gleichgültige Änderung, das Gegentheil der
qualitativen. In der Allmähligkeit ist vielmehr der Zusammenhang der
beiden Realitäten, —sie werden als Zustände, oder als selbstständige
Dinge genommen, —aufgehoben; es ist gesetzt, daß keine die Grenze der
andern, sondern eine der andern schlechthin äußerlich ist; hiermit wird
gerade das, was zum Begreiffen nöthig ist, wenn auch noch so wenig dazu
erfordert wird, entfernt.

Anmerkung.

Das natürliche Zahlensystem zeigt schon eine solche Knotenlinie von
qualitativen Momenten, die sich in dem bloß äußerlichen Fortgang
hervorthun. Es ist eines Theils ein bloß quantitatives Vor- und
Zurückgehen, ein fortwährendes Hinzuthun oder Wegnehmen, so daß jede
Zahl dasselbe arithmetische Verhältniß zu ihrer vorhergehenden und
nachfolgenden hat, als diese zu ihrer vorhergehenden und nachfolgenden
u.s.f. Aber die hierdurch entstehenden Zahlen haben auch zu andern
vorhergehenden oder folgenden ein specifisches Verhältniß, entweder ein
solches vielfaches von einer derselben als eine ganze Zahl ausdrückt,
oder Potenz und Wurzel zu seyn.—In den musikalischen Verhältnissen,
tritt ein harmonisches Verhältniß in der Skale des quantitativen
Fortgehens durch ein Quantum ein, ohne daß dieses Quantum für sich auf
der Skale zu seinem vorhergehenden und nachfolgenden ein anderes
Verhältniß hätte, als diese wieder zu ihren vorhergehenden und
nachfolgenden. Indem folgende Töne vom Grundtone sich immer mehr zu
entfernen oder Zahlen durch das arithmetische Fortgehen nur noch mehr
andere zu werden scheinen, thut sich vielmehr auf einmal eine Rückkehr,
eine überraschende Übereinstimmung hervor, die nicht durch das
unmittelbar vorhergehende qualitativ vorbereitet war, sondern als eine
actio in distans, als eine Beziehung zu einem Entfernten, erscheint;
der Fortgang an bloß gleichgültigen Verhältnissen, welche die
vorhergehende specifische Realität nicht ändern oder auch überhaupt
keine solche bilden, unterbricht sich auf einmal, und indem er in
quantitativer Rücksicht auf dieselbe Weise fortgesetzt ist, bricht
somit durch einen Sprung ein specifisches Verhältniß ein.

In chemischen Verbindungen kommen bei der progressiven Änderung der
Mischungsverhältnisse solche qualitative Knoten und Sprünge vor, daß
zwei Stoffe auf besondern Punkten der Mischungsskale, Produkte bilden,
welche besondere Qualitäten zeigen. Diese Produkte unterscheiden sich
nicht bloß durch ein Mehr und Weniger von einander, noch sind sie mit
den Verhältnissen, die jenen Knotenverhältnissen nahe liegen, schon
vorhanden, etwa nur in einem schwächern Grade, sondern sind an solche
Punkte selbst gebunden. Z. B. die Verbindungen voll Sauerstoff und
Stikstoff geben die verschiedenen Stikstoffoxyde und Salpetersäuren,
die nur an bestimmten Quantitäts-Verhältnissen der Mischung
hervortreten und wesentlich verschiedene Qualitäten haben, so daß in
dazwischen liegenden Mischungsverhältnissen keine Verbindungen Von
specifischen Existenzen erfolgen.—Die Metalloxyde, z.B. die Bleioxyde
bilden sich auf gewissen quantitativen Punkten der Oxydation, und
unterscheiden sich durch Farben und andere Qualitäten. Sie gehen nicht
allmählig in einander über, die zwischen jenen Knoten liegende
Verhältnisse geben kein Neutrales, kein specifisches Daseyn. Ohne durch
Zwischenstufen durchgegangen zu seyn, tritt eine specifische Verbindung
auf, die auf einem Maaßverhältnisse beruht, und eigene Qualitäten
hat.—Oder das Wasser, indem es seine Temperatur ändert, wird damit
nicht bloß mehr oder weniger warm, sondern geht durch die Zustände der
Härte, der tropfbaren Flüssigkeit und der elastischen Flüssigkeit
hindurch; diese verschiedenen Zustände treten nicht allmählig ein,
sondern eben das bloß allmählige Fortgehen der Temperatur-Änderung wird
durch diese Punkte mit einemmale unterbrochen und gehemmt, und der
Eintritt eines andern Zustandes ist ein Sprung.—Alle Geburt und Tod,
sind, statt eine fortgesetzte Allmähligkeit zu seyn, vielmehr ein
Abbrechen derselben, und der Sprung aus quantitativer Veränderung in
qualitative.

Es giebt keinen Sprung in der Natur, wird gesagt; und die gewöhnliche
Vorstellung, wenn sie ein Entstehen oder Vergehen begreifen soll,
meint, wie erinnert, es damit begriffen zu haben, daß sie es als ein
allmähliges Hervorgehen oder Verschwinden vorstellt. Es hat sich aber
gezeigt, daß die Veränderungen des Seyns überhaupt nicht nur das
Übergehen einer Größe in eine andere Größe, sondern Übergang vom
Qualitativen in das Quantitative und umgekehrt sind, ein Anders-werden,
das ein Abbrechen des Allmähligen und ein Qualitativ-Anderes gegen das
vorhergehende Daseyn ist. Das Wasser wird durch die Erkältung nicht
nach und nach hart, so daß es breiartig würde und allmählig bis zur
Konsistenz des Eises sich verhärtete, sondern ist auf einmal hart;
schon mit der ganzen Temperatur des Eispunktes, wenn es ruhig steht,
kann es noch seine ganze Flüssigkeit haben, und eine geringe
Erschütterung bringt es in den Zustand der Härte.

Bei der Allmähligkeit des Entstehens liegt die Vorstellung zu Grunde,
daß das Entstehende schon sinnlich oder überhaupt wirklich vorhanden,
nur wegen seiner Kleinheit noch nicht wahrnehmbar, so wie bei der
Allmähligkeit des Verschwindens, daß das Nichtseyn oder das Andere an
seine Stelle Tretende gleichfalls vorhanden, nur noch nicht bemerkbar
sey;—und zwar vorhanden nicht in dem Sinne, daß das Andere in dem
vorhandenen Andern an sich enthalten, sondern daß es als Daseyn, nur
unbemerkbar, vorhanden sey. Es wird damit das Entstehen und Vergehen
überhaupt aufgehoben, oder das An-sich, das Innere, in welchem etwas
vor seinem Daseyn ist, in eine Kleinheit des äußerlichen Daseyns
verwandelt, und der wesentliche, oder der Begriffsunterschied in einen
äußerlichen, bloßen Größeunterschied.—Das Begreiflichmachen eines
Entstehens oder Vergehens aus der Allmähligkeit der Veränderung hat die
der Tautologie eigene Langweiligkeit; es hat das Entstehende oder
Vergehende schon vorher ganz fertig und macht die Veränderung zu einer
bloßen Änderung eines äußerlichen Unterschiedes, wodurch sie in der
That nur eine Tautologie ist. Die Schwierigkeit für solchen begreifen
wollenden Verstand liegt in dem qualitativen Übergang von Etwas in sein
Anderes überhaupt und in sein Entgegengesetztes; dagegen spiegelt er
sich die Identität und die Veränderung als die gleichgültige,
äußerliche des Quantitativen vor.

Im Moralischen, insofern es in der Sphäre des Seyns betrachtet wird,
findet derselbe Übergang des Quantitativen ins Qualitative statt; und
verschiedene Qualitäten erscheinen, sich auf eine Verschiedenheit der
Größe zu gründen. Es ist ein Mehr und Weniger, wodurch das Maaß des
Leichtsinns überschritten wird, und etwas ganz Anderes, Verbrechen,
hervortritt, wodurch Recht in Unrecht, Tugend in Laster übergeht.—So
erhalten auch Staaten durch ihren Größenunterschied, wenn das Übrige
als gleich angenommen wird, einen verschiedenen qualitativen Charakter.
Gesetze und Verfassung werden zu etwas Anderem, wenn der Umfang des
Staats und die Anzahl der Bürger sich erweitert. Der Staat hat ein Maaß
seiner Größe, über welche hinausgetrieben er haltungslos in sich
zerfällt, unter derselben Verfassung, welche bei nur anderem Umfange
sein Glück und seine Stärke ausmachte.

C. Das Maaßlose.

Das ausschließende Maaß bleibt in seinem realisirten Fürsichseyn
selbst, mit dem Momente quantitativen Daseyns behaftet, darum des Auf-
und Absteigens an der Skale des Quantums fähig, auf welcher die
Verhältnisse sich ändern. Etwas oder eine Qualität als auf solchem
Verhältnisse beruhend, wird über sich hinaus in das Maaßlose getrieben,
und geht durch die bloße Änderung seiner Größe zu Grunde. Die Größe ist
die Beschaffenheit, an der ein Daseyn mit dem Scheine von
Unverfänglichkeit ergriffen und wodurch es zerstört werden kann.

Das abstrakte Maaßlose ist das Quantum überhaupt als in sich
bestimmungslos, und als nur gleichgültige Bestimmtheit, durch welche
das Maaß nicht verändert wird. In der Knotenlinie der Maaße ist sie
zugleich als specificirend gesetzt; jenes abstrakte Maaßlose hebt sich
zur qualitativen Bestimmtheit auf; das neue Maaßverhältniß, in welches
das zuerst vorhandene übergeht, ist ein Maaßloses in Rücksicht auf
dieses, an ihm selbst aber ebenso eine für sich-seyende Qualität; so
ist die Abwechslung von specifischen Existenzen miteinander und
derselben ebenso mit bloß quantitativbleibenden Verhältnissen
gesetzt,—sofort ins Unendliche. Was also in diesem Übergehen vorhanden
ist, ist sowohl die Negation der specifischen Verhältnisse, als die
Negation des quantitativen Fortgangs selbst; das fürsichseyende
Unendliche.—Die qualitative Unendlichkeit, wie sie am Daseyn ist, war
das Hervorbrechen des Unendlichen am Endlichen, als unmittelbarer
Übergang und Verschwinden des Diesseits in seinem Jenseits. Die
quantitative Unendlichkeit hingegen ist ihrer Bestimmtheit nach schon
die Kontinuität des Quantums, eine Kontinuität desselben über sich
hinaus. Das Qualitativ-Endliche wird zum Unendlichen; das
Quantitativ-Endliche ist sein Jenseits an ihm selbst, und weist über
sich hinaus. Aber diese Unendlichkeit der Specifikation des Maaßes
setzt ebensowohl das Qualitative wie das Quantitative als sich in
einander aufhebend, und damit die erste, unmittelbare Einheit
derselben, welche das Maaß überhaupt ist, als in sich zurückgekehrt und
damit selbst als gesetzt. Das Qualitative, eine specifische Existenz,
geht in eine andere so über, daß nur eine Veränderung der
Größebestimmtheit eines Verhältnisses vorgeht; die Veränderung des
Qualitativen selbst in Qualitatives ist damit als eine äußerliche und
gleichgültige, und als ein Zusammengehen mit sich selbst gesetzt; das
Quantitative hebt sich ohnehin als umschlagend in Qualitatives, das An-
und Für-Sichbestimmtseyn, auf. Diese so sich in ihrem Wechsel der Maaße
in sich selbst kontinuirende Einheit ist die wahrhaft
bestehenbleibende, selbstständige Materie, Sache.

Was hiermit vorhanden ist, ist à) eine und dieselbe Sache, welche als
Grundlage in ihren Unterscheidungen und als perennirend gesetzt ist.
Schon im Quantum überhaupt beginnt dieß Abtrennen des Seyns von seiner
Bestimmtheit; groß ist etwas, als gleichgültig gegen seine seyende
Bestimmtheit. Im Maaße ist die Sache selbst bereits an sich Einheit des
Qualitativen und Quantitativen,—der beiden Momente, die innerhalb der
allgemeinen Sphäre des Seyns, den Unterschied ausmachen, und wovon das
Eine das Jenseits des Andern ist; das perennirende Substrat hat auf
diese Weise zunachst an ihm selbst die Bestimmung seyender
Unendlichkeit. ß) Diese Dieselbigkeit des Substrats ist darin gesetzt,
daß die qualitativen Selbstständigkeiten, in welche die maaßbestimmende
Einheit abgestoßen ist, nur in quantitativen Unterschieden bestehen, so
daß das Substrat sich in dieß sein Unterscheiden kontinuirt; ç) in dem
unendlichen Progresse der Knotenreihe ist die Kontinuirung des
Qualitativen in das quantitative Fortgehen, als in eine gleichgültige
Veränderung, aber ebenso die darin enthaltene Negation des
Qualitativen, und zugleich damit der bloß quantitativen Äußerlichkeit,
gesetzt. Das quantitative Hinausweisen über sich zu einem Andern, als
anderem Quantitativen geht unter in dem Hervortreten eines
Verhältnißmaaßes, einer Qualität, und das qualitative Übergehen hebt
sich eben darin auf, daß die neue Qualität selbst nur ein quantitatives
Verhältniß ist. Dieß Übergehen des Qualitativen und des Quantitativen
in einander geht auf dem Boden ihrer Einheit vor, und der Sinn dieses
Processes ist nur das Daseyn, das Zeigen oder Setzen, daß demselben ein
solches Substrat zu Grunde liegt, welches ihre Einheit sey.

In den Reihen selbstständiger Maaßverhältnisse sind die einseitigen
Glieder der Reihen unmittelbare qualitative Etwas, (die specifischen
Schweren, oder die chemische Stoffe, die basischen oder kalischen, die
sauren z.B.), und dann die Neutralisationen derselben, (- worunter hier
auch die Verbindungen von Stoffen verschiedener specifischer Schwere zu
begreiffen sind—) sind selbstständige und selbst ausschließende
Maaßverhältnisse, gegeneinander gleichgültige Totalitäten
fürsichseyenden Daseyns. Nun sind solche Verhältnisse nur als Knoten
eines und desselben Substrats bestimmt. Damit sind die Maaße und die
damit gesetzten Selbstständigkeiten zu Zuständen herabgesetzt. Die
Veränderung ist nur Änderung eines Zustandes und das Übergehende ist
als darin dasselbe bleibend gesetzt.

Um die Fortbestimmung, welche das Maaß durchloffen hat, zu übersehen,
so fassen sich die Momente derselben so zusammen, daß das Maaß zunächst
die selbst unmittelbare Einheit der Qualität und der Quantität ist als
ein gewöhnliches Quantum, das aber specifisch ist. Hiermit als nicht
auf Anderes, sondern auf sich beziehende Quantitätsbestimmtheit ist es
wesentlich Verhaltniß. Daher ferner enthält es seine Momente als
aufgehobene und ungetrennte in sich; wie immer in einem Begriffe, ist
der Unterschied in demselben so, daß jedes von dessen Momenten selbst
Einheit des Qualitativen und Quantitativen ist. Dieser hiermit reale
Unterschied ergiebt eine Menge von Maaßverhältnissen die als formelle
Totalitäten in sich selbstständig sind. Die Reihen, welche die Seiten
dieser Verhaltnisse bilden, sind für jedes einzelne Glied, das als
einer Seite zugehörig sich zu der ganzen gegenüberstehenden Reihe
verhält, dieselbe konstante Ordnung. Diese, als bloße Ordnung, noch
ganz äußerliche Einheit, zeigt sich zwar als immanente specificirende
Einheit eines fürsichseyenden Maaßes unterschieden von seinen
Specifikationen; aber das specificirende Princip ist noch nicht der
freie Begriff welcher allein seinen Unterschieden immanente Bestimmung
giebt, sondern das Princip ist zunächst nur Substrat, eine Materie, für
deren Unterschiede, um als Totalitäten, zu seyn, d. i. die Natur des
sich selbst gleich bleibenden Substrats in sich zu haben, nur die
äußerliche quantitative Bestimmung vorhanden ist, die sich als
Verschiedenheit der Qualität zugleich zeigt. Die Maaßbestimmnng ist in
dieser Einheit des Substrats mit sich selbst eine aufgehobene, ihre
Qualität ein durch das Quantum (bestimmter, äußerlicher Zustand.—Dieser
Verlauf ist ebensowohl die realisirende Fortbestimmung des Maaßes, als
sie das Herabsetzen desselben zu einem Momente ist.



Drittes Kapitel. Das Werden des Wesens.


A. Die absolute Indifferenz.

Das Seyn ist die abstrakte Gleichgültigkeit, wofür, da sie für sich als
Seyn gedacht werden soll, der Ausdruck Indifferenz gebraucht worden
ist,—an der noch keine Art von Bestimmtheit seyn soll; die reine
Quantität ist die Indifferenz als aller Bestimmungen fähig, so aber daß
diese ihr äußerlich, und sie aus sich keinen Zusammenhang mit denselben
hat; die Indifferenz aber, welche die absolute genannt werden kann,
ist, die durch die Negation aller Bestimmtheiten des Seyns, der
Qualität und Quantität und deren zunächst unmittelbaren Einheit, des
Maaßes, sich mit sich zur einfachen Einheit vermittelt. Die
Bestimmtheit ist an ihr nur noch als Zustand d. i. als ein qualitatives
Äußerliches, das die Indifferenz zum Substrate hat.

Das aber, was so als qualitatives Äußerliches bestimmt worden, ist nur
ein Verschwindendes; als so äußerlich gegen das Seyn ist das
Qualitative als das Gegentheil seiner selbst nur das sich Aufhebende.
Die Bestimmtheit ist auf diese Weise an dem Substrate nur noch gesetzt
als ein leeres Unterscheiden. Aber eben dieß leere Unterscheiden ist
die Indifferenz selbst als Resultat. Und zwar ist sie so das Konkrete,
das in ihm selbst durch die Negation aller Bestimmungen des Seyns mit
sich vermittelte. Als diese Vermittelung enthält sie die Negation und
Verhältniß, und was Zustand hieß, ist ihr immanentes, sich auf sich
beziehendes Unterscheiden; eben die Äußerlichkeit und deren
Verschwinden macht die Einheit des Seyns zur Indifferenz, und ist also
innerhalb dieser, welche damit aufhört, nur Substrat und an ihr selbst
nur abstrakt zu seyn.

B. Die Indifferenz als umgekehrtes Verhältniß ihrer Faktoren.

Es ist nun zu sehen, wie diese Bestimmung der Indifferenz an ihr selbst
und sie damit als fürsichseyend gesetzt ist.

1. Die Reduktion der zunächst als selbstständig geltenden
Maaßverhältnisse begründet Ein Substrat derselben; dieses ist deren
Kontinuirung in einander, somit das untrennbare Selbstständige, das in
seinen Unterschieden ganz vorhanden ist. Für diesen Unterschied sind
die in ihm enthaltenen Bestimmungen, die Qualität und die Quantität
vorhanden, und es kommt ganz nur darauf an, wie diese an ihm gesetzt
sind. Dieß aber ist dadurch bestimmt, daß das Substrat zunächst als
Resultat, und an sich die Vermittelung, aber diese so an ihm noch nicht
als solche gesetzt ist; wodurch dasselbe zunächst Substrat und in
Ansehung der Bestimmtheit als die Indifferenz ist.

Der Unterschied ist daher an ihr wesentlich zunächst der nur
quantitative äußerliche; und es sind zwei unterschiedene Quanta eines
und desselben Substrats, welches auf diese Weise die Summe derselben,
somit selbst als Quantum bestimmt wäre. Die Indifferenz ist aber dieses
feste Maaß, die ansichseyende absolute Grenze nur in Beziehung auf jene
Unterschiede so, daß sie nicht an ihr selbst Quantum wäre, und in
irgend einer Weise als Summe oder auch Exponent Andern, es sey Summen,
Indifferenzen, gegenüber träte. Es ist nur die abstrakte Bestimmtheit,
welche in die Indifferenz fällt; die beiden Quanta um als Momente an
ihr gesetzt zu seyn, sind veränderlich, gleichgültig, größer oder
kleiner gegeneinander. Durch die feste Grenze ihrer Summe beschränkt
aber verhalten sie sich zugleich nicht äußerlich, sondern negativ
gegeneinander; was nun die qualitative Bestimmung ist, in der sie zu
einander stehen. Sie sind darnach im umgekehrten Verhältnisse zu
einander. Von dem frühern formellen umgekehrten Verhältnisse ist dieses
dadurch unterschieden, daß hier das Ganze ein reales Substrat, und jede
der beiden Seiten gesetzt ist, selbst an sich dieß Ganze seyn zu
sollen.

Nach der angegebenen qualitativen Bestimmtheit ist der Unterschied
ferner als von zwei Qualitäten vorhanden, deren eine durch die andere
aufgehoben wird, aber als in Einer Einheit gehalten und sie ausmachend,
von der andern untrennbar ist. Das Substrat selbst ist als die
Indifferenz gleichfalls an sich die Einheit der beiden Qualitäten; jede
der Seiten des Verhältnisses enthält daher ebenso sie beide in sich,
und ist nur durch ein Mehr der einen Qualität und das Weniger der
andern und umgekehrt unterschieden; die eine Qualität ist durch ihr
Quantum, in der einen Seite nur die überwiegende, die andere in der
andern.

Jede Seite ist somit an ihr selbst ein umgekehrtes Verhältniß; dieses
Verhältniß kehrt als formelles an den unterschiedenen Seiten zurück.
Diese Seiten selbst kontinuiren sich so auch nach ihren qualitativen
Bestimmungen in einander, jede der Qualitäten verhält in der andern
sich zu sich selbst, und ist in jeder der beiden Seiten nur in einem
verschiedenen Quantum. Ihr quantitativer Unterschied ist jene
Indifferenz, nach der sie sich in einander kontinuiren, und diese
Kontinuation ist als Dieselbigkeit der Qualitäten in jeder der beiden
Einheiten.—Die Seiten aber, jede als das Ganze der Bestimmungen,
hiermit die Indifferenz selbst enthaltend, sind so gegeneinander
zugleich als selbstständig gesetzt.

2. Das Seyn ist nun als diese Indifferenz, das Bestimmtseyn des Maaßes
nicht mehr in seiner Unmittelbarkeit; sondern dasselbe auf die so eben
aufgezeigte entwickelte Weise;—Indifferenz als es an sich das Ganze der
Bestimmungen des Seyns, welche zu dieser Einheit aufgelöst sind;—ebenso
Daseyn, als Totalität der gesetzten Realisation, in welcher die Momente
selbst die ansichseyende Totalität der Indifferenz, von ihr als ihrer
Einheit getragen, sind. Weil aber die Einheit nur als Indifferenz und
damit nur als an sich festgehalten, und die Momente noch nicht als
fürsichseyend, d. i. noch nicht an ihnen selbst und durcheinander sich
zur Einheit aufhebend, bestimmt sind, so ist damit überhaupt die
Gleichgültigkeit ihrer selbst gegen sich als entwickelte Bestimmtheit
vorhanden.

Dieß so untrennbare Selbstständige ist nun näher zu betrachten. Es ist
immanent in allen seinen Bestimmungen und bleibt in ihnen in der
Einheit mit sich ungetrübt von ihnen, aber hat à) als an sich die
Totalität bleibend die Bestimmtheiten, welche in ihr aufgehoben sind,
nur grundlos an ihr hervortretend. Das Ansich der Indifferenz und dieß
ihr Daseyn ist unverbunden; die Bestimmtheiten zeigen sich auf
unmittelbare Weise an ihr; sie ist ganz in jeder derselben; deren
Unterschied hiermit zunächst als ein aufgehobener, also als
quantitativer gesetzt; aber eben damit nicht als das Abstoßen ihrer von
sich selbst, sie nicht als selbstbestimmend, nur als äußerlich
bestimmtseyend und bestimmtwerdend.

ß) Die beiden Momente sind in umgekehrtem quantitativem Verhältnisse;
—ein Hin- und Hergehen an der Größe, das aber nicht durch die
Indifferenz, welche eben die Gleichgültigkeit dieses Hinund Hergehens
ist, sondern hiermit nur äußerlich bestimmt ist. Es wird auf ein
Anderes hingewiesen, das außerhalb ihr ist und in welchem das Bestimmen
liegt. Das Absolute als Indifferenz hat nach dieser Seite den zweiten
Mangel der quantitativen Form, daß die Bestimmtheit des Unterschieds
nicht durch dasselbe determinirt ist, wie es daran den ersten hat, daß
die Unterschiede an ihm nur überhaupt hervortreten, d. i. das Setzen
desselben etwas Unmittelbares nicht seine Vermittelung mit sich selbst
ist.

ç) Die quantitative Bestimmtheit der Momente, welche nun Seiten des
Verhältnisses sind, macht die Weise ihres Bestehens aus; ihr Daseyn ist
durch diese Gleichgültigkeit dem Übergehen des Qualitativen entnommen.
Aber sie haben ein von diesem ihrem Daseyn verschiedenes, ihr an
sichseyendes Bestehen darin, daß sie an sich die Indifferenz selbst,
jede selbst die Einheit der beiden Qualitäten ist, in welche das
qualitative Moment sich spaltet. Der Unterschied der beiden Seiten
beschränkt sich darauf, daß die eine Qualität in der einen Seite mit
einem Mehr, in der andern mit einem Weniger, und die andere darnach
umgekehrt gesetzt ist. So ist jede Seite an ihr die Totalität der
Indifferenz.—Jede der beiden Qualitäten einzeln für sich genommen,
bleibt gleichfalls dieselbe Summe, welche die Indifferenz ist; sie
kontinuirt sich aus der einen Seite in die andere, und wird durch die
quantitative Grenze, die dabei in ihr gesetzt wird, nicht beschränkt.
Hieran kommen die Bestimmungen in unmittelbaren Gegensatz, welcher sich
zum Widerspruch entwickelt, was nun zu sehen ist.

3. Nämlich jede Qualität tritt innerhalb jeder Seite in die Beziehung
zu der andern, und zwar so daß auch, wie bestimmt worden ist, diese
Beziehung nur ein quantitativer Unterschied seyn soll. Sind beide
Qualitäten selbstständig,—etwa genommen wie von einander unabhängige,
sinnliche Materien, so fällt die ganze Bestimmtheit der Indifferenz
auseinander; ihre Einheit und Totalität wären leere Namen. Sie sind
aber vielmehr zugleich so bestimmt, daß sie in Einer Einheit befaßt,
daß sie untrennbar sind, jede nur Sinn und Realität in dieser einen
qualitativen Beziehung auf die andere hat. Darum nun aber, weil ihre
Quantitativität schlechthin von dieser qualitativen Natur ist, reicht
jede nur so weit, als die andere. Insofern sie als Quanta verschieden
seyn sollten, ginge die eine über die andere hinaus und hätte in ihrem
Mehr ein gleichgültiges Daseyn, welches die andere nicht hätte. Aber in
ihrer qualitativen Beziehung ist jede nur insofern die andere
ist.—Hieraus folgt dieß, daß sie im Gleichgewicht sind, daß um soviel
die eine sich vermehrte oder verminderte, die andere gleichfalls zu-
oder abnähme, und in demselben Verhältnisse zu- oder abnähme.

Aus dem Grunde ihrer qualitativen Beziehung kann es daher zu keinem
quantitativen Unterschiede und keinem Mehr der einen Qualität kommen.
Das Mehr, um welches das eine der in Beziehung stehenden Momente über
das andere hinaus wäre, wäre nur eine haltungslose Bestimmung, oder
dieß Mehr wäre nur wieder das andere selbst; in dieser Gleichheit
beider aber ist keines vorhanden, denn ihr Daseyn sollte nur auf der
Ungleichheit ihres Quantums beruhen.—Jeder dieser seyn sollenden
Faktoren verschwindet ebenso, indem er über den andern hinaus als indem
er ihm gleich seyn soll. Jenes Verschwinden erscheint so, daß von der
quantitativen Vorstellung aus das Gleichgewicht gestört und der eine
Faktor größer genommen wird, als der andere; so ist das Aufheben der
Qualität des andern und seine Haltungslosigkeit gesetzt; der erstere
wird das überwiegende, daß der andere mit beschleunigter
Geschwindigkeit abnimmt und von dem ersten überwältigt wird, dieser
also sich zum einzigen Selbstständigen macht; aber damit sind nicht
mehr zwei Specifische und Faktoren, sondern nur das eine Ganze.

Diese Einheit so gesetzt als die Totalität des Bestimmens, wie sie
selbst darin als Indifferenz bestimmt ist, ist der allseitige
Widerspruch; sie ist somit so zu setzen, als dieser sich selbst
aufhebende Widerspruch, zur fürsichseyenden Selbstständigkeit bestimmt
zu seyn, welche die nicht mehr nur indifferente, sondern die in ihr
selbst immanent negative absolute Einheit zum Resultate und Wahrheit
hat, welche das Wesen ist.

Anmerkung.

Das Verhältniß eines Ganzen, das seine Bestimmtheit in dem
Größenunterschiede qualitativ gegen einander bestimmter Faktoren haben
soll, wird bei der elliptischen Bewegung der Himmelskörper gebraucht.
Dieß Beispiel zeigt zunächst nur zwei Qualitäten im umgekehrten
Verhältnisse zu einander, nicht zwei Seiten, deren jede selbst die
Einheit beider und ihr umgekehrtes Verhältniß wäre. Bei der Festigkeit
der empirischen Grundlage wird die Konsequenz übersehen, auf welche die
in dieselbe gebrachte Theorie führt, nämlich das zu Grunde liegende
Faktum zu zerstören, oder indem dieses, wie gehörig, festgehalten wird,
die Leerheit der Theorie gegen dasselbe darzuthun. Das Ignoriren der
Konsequenz läßt Faktum und die ihm widersprechende Theorie ruhig
nebeneinander bestehen.—Das einfache Faktum ist, daß in der
elliptischen Bewegung der Himmelskörper sich ihre Geschwindigkeit
beschleunigt, indem sie sich dem Perihelium, und sich vermindert, indem
sie sich dem Aphelium nähert. Das Quantitative dieses Faktums ist durch
den unermüdlichen Fleiß des Beobachtens genau bestimmt und dasselbe
weiter auf sein einfaches Gesetz und Formel zurückgeführt, somit alles
geleistet, was wahrhaft an die Theorie zu fordern ist. Aber dieß hat
dem reflektirenden Verstande nicht genügend geschienen. Zur sogenannten
Erklärung des Phänomens und seines Gesetzes werden eine Centripetal-
und Centrifugalkraft, als qualitative Momente der Bewegung in der
krummen Linie, angenommen. Ihr qualitativer Unterschied besteht in der
Entgegensetzung der Richtung, und in quantitativer Rücksicht darin,
indem sie als ungleich bestimmt sind, daß wie die eine zu-, die andere
abnehmen soll, und umgekehrt; dann auch ferner, daß das Verhältniß
derselben wieder umschlage, daß nachdem die Centripetalkraft eine
Zeitlang zugenommen, die Centrifugalkraft aber abgenommen, ein Punkt
eintrete, wo die Centripetalkraft ab-, die Centrifugalkraft dagegen
zunehme. Dieser Vorstellung widerspricht aber das Verhältniß ihrer
wesentlich qualitativen Bestimmtheit gegeneinander. Durch diese sind
sie schlechthin nicht auseinander zu bringen; jede hat nur Bedeutung in
Rücksicht auf die andere; insofern also eine einen Überschuß über die
andere hätte, insofern hätte sie keine Beziehung auf diese und wäre
nicht vorhanden.—Bei der Annahme, daß die eine das einemal größer sey
als die andere, wenn sie als größere in Beziehung auf die kleinere
stünde, tritt das oben Gesagte ein, daß sie absolut das Übergewicht
erhielte, und die andere verschwände; die letztere ist als das
Verschwindende, Haltungslose gesetzt, und an dieser Bestimmung ändert
es nichts, daß das Verschwinden nur allmählig geschehen, und ebenso
wenig, daß so viel sie abnähme an Größe, der erstern zuwachsen soll;
dieses geht mit der andern zu Grunde, da was sie ist allein insofern
ist, insofern die andere ist. Es ist eine sehr einfache Betrachtung,
daß wenn z.B. wie vorgegeben wird, die Centripetalkraft des Körpers,
indem er sich dem Perihelium nähert, zunehmen, die Centrifugalkraft
hingegen um ebenso viel abnehmen soll, die letztere nicht mehr
vermöchte, ihn der erstern zu entreißen, und von seinem Centralkörper
wieder zu entfernen; im Gegentheil da die erstere einmal das
Übergewicht haben soll, so ist die andere überwältigt, und der Körper
wird mit beschleunigter Geschwindigkeit seinem Centralkörper zugeführt.
Wie umgekehrt, wenn die Centrifugalkraft an der unendlichen Nähe des
Apheliums die Oberhand hat, es ebenso widersprechend ist, daß sie nun
im Aphelium selbst von der schwächern überwältigt werden sollte.—Es
erhellt ferner, daß es eine fremde Kraft wäre, welche diese Umkehrung
bewirkte, dieß heißt, daß die bald beschleunigte, bald retardirte
Geschwindigkeit der Bewegung nicht aus der angenommenen Bestimmung
jener Faktoren erkannt oder, wie es genannt wird, erklärt werden könne,
welche gerade deswegen angenommen worden sind, um diesen Unterschied zu
erklären. Die Konsequenz des Verschwindens der einen oder der andern
Richtung und damit der elliptischen Bewegung überhaupt, wird um des
feststehenden Faktums willen, daß diese Bewegung fortdauert und aus der
beschleunigten in die retardirte Geschwindigkeit übergeht, ignorirt und
verborgen. Die Annahme des Umschlagens der Schwäche der
Centripetalkraft im Aphelium in eine überwiegende Stärke gegen die
Centrifugalkraft, und umgekehrt beim Perihelium, enthält Theils
dasjenige, was oben entwickelt worden, daß jede der Seiten des
umgekehrten Verhältnisses an ihr selbst dieß ganze umgekehrte
Verhältniß ist; denn die Seite der Bewegung vom Aphelium zum
Perihelium,—der überwiegend seyn sollenden Centripetalkraft,—soll noch
die Centrifugalkraft enthalten, aber im Abnehmen, wie jene zunimmt; in
eben dem umgekehrten Verhältniß soll sich in der Seite der retardirten
Bewegung die überwiegende und immer überwiegender werdende
Centrifugalkraft zur Centripetalkraft befinden, so daß auf keiner Seite
eine derselben verschwunden sey, sondern nur immer kleiner werde bis
zur Zeit ihres Umschlagens zum Überwiegen über die andere. Es rekurrirt
damit nur an jeder Seite das, was der Mangel an diesem umgekehrten
Verhältniß ist, daß entweder jede Kraft selbstständig für sich genommen
wird, und mit dem bloß äußerlichen Zusammentreffen derselben zu einer
Bewegung, wie im Parallelogramm der Kräfte, die Einheit des Begriffs,
die Natur der Sache, aufgehoben ist, oder daß, indem beide sich
qualitativ durch den Begriff zu einander verhalten, keine ein
gleichgültiges, selbstständiges Bestehen gegen die andere erhalten
kann, was ihr durch ein Mehr zugetheilt werden sollte; die Form der
Intensität, das sogenannte Dynamische, ändert nichts, da es selbst in
dem Quantum seine Bestimmtheit hat, und damit ebenso nur so viel Kraft
äußern kann, d. h. nur insoweit existirt, als es an der
entgegengesetzten Kraft sich gegenüber stehen hat. Theils aber enthält
jenes Umschlagen aus dem Überwiegen in das Gegentheil die Abwechslung
der qualitativen Bestimmung von Positiven und Negativen; das Zunehmen
der einen ist ebenso viel Verlust der andern. Der untrennbare
qualitative Zusammenhang dieses qualitativen Gegensatzes ist in der
Theorie in ein Nacheinander auseinander gerückt; aber damit bleibt sie
die Erklärung dieser Abwechslung sowohl als vornehmlich dieses
Auseinanderrückens selbst schuldig. Der Schein von Einheit, der noch in
dem Zunehmen der einen mit ebenso vielem Abnehmen der andern liegt,
verschwindet hier vollends; es ist ein bloß äußerliches Erfolgen
angegeben, das nur der Konsequenz jenes Zusammenhangs, nach der
insofern die eine überwiegend geworden, die andere verschwinden muß,
widerspricht.

Dasselbe Verhältniß ist auf die Attraktiv- und Repulsivkraft angewendet
worden, um die verschiedene Dichtigkeit der Körper zu begreifen; auch
das umgekehrte Verhältniß der Sensibilität und Irritabilität, hat dazu
dienen sollen, um aus dem Ungleichwerden dieser Faktoren des Lebens die
verschiedenen Bestimmungen des Ganzen, der Gesundheit, wie auch die
Verschiedenheit der Gattungen der Lebendigen zu begreifen. Jedoch die
Verwirrung, und der Galimathias, in welchen sich dieß Erklären, das
eine naturphilosophische Grundlage der Physiologie, Nosologie, und dann
der Zoologie werden sollte, in dem unkritischen Gebrauche dieser
Begriffsbestimmungen verwickelte, hat hier zur Folge gehabt, daß dieser
Formalismus bald wieder aufgegeben worden ist, der in der Wissenschaft
besonders der physikalischen Astronomie in seiner ganzen Ausdehnung
fortgeführt wird.

Insofern die absolute Indifferenz die Grundbestimmung der
spinozistischen Substanz zu seyn scheinen kann, so kann hierüber noch
bemerkt werden, daß sie dieß allerdings in der Rücksicht ist, daß in
beiden alle Bestimmungen des Seyns, wie überhaupt jede weitere konkrete
Unterscheidung von Denken und Ausdehnung u.s.f. als verschwunden
gesetzt werden. Es ist überhaupt gleichgültig, wenn bei der Abstraktion
stehen geblieben werden soll, wie dasjenige, was in diesem Abgrund
untergegangen ist, in seinem Daseyn ausgesehen habe. Aber die Substanz
als Indifferenz ist Theils mit dem Bedürfniß des Bestimmens und mit der
Rücksicht auf dasselbe verbunden; sie soll nicht die Substanz des
Spinoza bleiben, deren einzige Bestimmung das Negative ist, daß in ihr
alles absorbirt sey. Bei Spinoza kommt der Unterschied, die Attribute,
Denken und Ausdehnung, alsdann auch die Modi, die Affekten und alle
übrigen Determinationen, ganz empirisch herbei; es ist der Verstand,
selbst ein Modus, in welchen dieß Unterscheiden fällt; die Attribute
stehen zur Substanz und zu einander in keiner weitern Bestimmtheit, als
daß sie die Substanz ganz ausdrücken, und ihr Inhalt, die Ordnung der
Dinge als ausgedehnter und als Gedanken dieselbe ist. Durch die
Bestimmung der Substanz als Indifferenz kommt aber die Reflexion auf
den Unterschied hinzu, er wird nun gesetzt, als das was er bei Spinoza
an sich ist, nämlich als äußerlicher, und damit näher als
quantitativer. Die Indifferenz bleibt so in ihm wohl sich immanent, wie
die Substanz, —aber abstrakt, nur an sich; der Unterschied ist nicht
ihr immanent, als quantitativer ist er vielmehr das Gegentheil der
Immanenz, und die quantitative Indifferenz ist vielmehr das
Außersichseyn der Einheit. Der Unterschied ist damit auch nicht
qualitativ aufgefaßt, die Substanz nicht als das sich selbst
Unterscheidende, nicht als Subjekt bestimmt. Die nächste Folge in
Rücksicht auf die Kategorie der Indifferenz selbst ist, daß an ihr der
Unterschied von quantitativer und qualitativer Bestimmung auseinander
fällt, wie in der Entwicklung der Indifferenz sich ergab; sie ist die
Auflösung des Maaßes, in welchem beide Momente unmittelbar als eins
gesetzt waren.

C. Übergang in das Wesen.

Die absolute Indifferenz ist die letzte Bestimmung des Seyns, ehe
dieses zum Wesen wird; sie erreicht aber dieses nicht. Sie zeigt sich
noch der Sphäre des Seyns anzugehören, indem sie noch als gleichgültig
bestimmt, den Unterschied als äußerlichen, quantitativen an ihr hat.
Dieß ist ihr Daseyn, womit sie sich zugleich in dem Gegensatze
befindet, gegen dasselbe als nur das an sichseyende bestimmt, nicht als
das fürsichseyende Absolute gedacht zu seyn. Oder es ist die äußere
Reflexion, welche dabei stehen bleibt, daß die Specifischen an sich
oder im Absoluten dasselbe und eins sind, daß ihr Unterschied nur ein
gleichgültiger, kein Unterschied an sich ist. Was hier noch fehlt,
besteht darin, daß diese Reflexion, nicht die äußere Reflexion des
denkenden, subjektiven Bewußtseyns, sondern die eigene Bestimmung der
Unterschiede jener Einheit sey, sich aufzuheben, welche Einheit denn so
sich erweist, die absolute Negativität, ihre Gleichgültigkeit gegen
sich selbst, gegen ihre eigene Gleichgültigkeit, ebenso sehr als gegen
das Andersseyn zu seyn.

Dieß Sich-Aufheben der Bestimmung der Indifferenz aber hat sich bereits
ergeben; sie hat sich in der Entwicklung ihres Gesetztseyns nach allen
Seiten als der Widerspruch gezeigt. Sie ist an sich die Totalität, in
der alle Bestimmungen des Seyns aufgehoben und enthalten sind; so ist
sie die Grundlage, aber ist nur erst in der einseitigen Bestimmung des
Ansichseyns und damit sind die Unterschiede, die quantitative Differenz
und das umgekehrte Verhältniß von Faktoren, als äußerlich an ihr. So
der Widerspruch ihrer selbst und ihres Bestimmtseyns, ihrer an sich
seyenden Bestimmung und ihrer gesetzten Bestimmtheit ist sie die
negative Totalität, deren Bestimmtheiten sich an ihnen selbst und damit
diese ihre Grundeinseitigkeit, ihr Ansichseyn, aufgehoben haben.
Gesetzt hiermit als das, was die Indifferenz in der That ist, ist sie
einfache und unendliche negative Beziehung auf sich, die
Unverträglichkeit ihrer mit ihr selbst, Abstoßen ihrer von sich selbst.
Das Bestimmen und Bestimmtwerden ist nicht ein Übergehen, noch
äußerliche Veränderung, noch ein Hervortreten der Bestimmungen an ihr,
sondern ihr eignes Beziehen auf sich, das die Negativität ihrer selbst,
ihres Ansichseyns, ist.

Die Bestimmungen, als solche abgestoßene, gehören aber nun nicht sich
selbst an, treten nicht in Selbstständigkeit oder Äußerlichkeit hervor,
sondern sind als Momente;—erstens der ansichseyenden Einheit angehörig,
nicht von ihr entlassen, sondern von ihr als dem Substrate getragen und
nur von ihr erfüllt; und zweitens als die Bestimmungen, die der
fürsichseyenden Einheit immanent, nur durch deren Abstoßen von sich,
sind. Sie sind statt Seyender, wie in der ganzen Sphäre des Seyns
nunmehr schlechthin nur als Gesetzte, schlechthin mit der Bestimmung
und Bedeutung, auf ihre Einheit, somit jede auf ihre andere und
Negation, bezogen zu seyn,—bezeichnet mit dieser ihrer Relativität.

Damit ist das Seyn überhaupt und das Seyn oder die Unmittelbarkeit der
unterschiedenen Bestimmtheiten ebenso sehr als das Ansichseyn
verschwunden, und die Einheit ist Seyn, unmittelbare vorausgesetzte
Totalität, so daß sie diese einfache Beziehung auf sich nur ist,
vermittelt durch das Aufheben dieser Voraussetzung, und dieß
Vorausgesetztseyn und unmittelbare Seyn selbst nur ein Moment ihres
Abstoßens ist, die ursprüngliche Selbstständigkeit und Identität mit
sich nur ist, als das resultirende, unendliche Zusammengehen mit sich;
so ist das Seyn zum Wesen bestimmt, das Seyn, als durch Aufheben des
Seyns einfaches Seyn nnt sich.



Zweites Buch
Das Wesen.


Die Wahrheit des Seyns ist das Wesen.

Das Seyn ist das Unmittelbare. Indem das Wissen das Wahre erkennen
will, was das Seyn an und für sich ist, so bleibt es nicht beim
Unmittelbaren und dessen Bestimmungen stehen, sondern dringt durch
dasselbe hindurch, mit der Voraussetzung, daß hinter diesem Seyn noch
etwas Anderes ist, als das Seyn selbst, daß dieser Hintergrund die
Wahrheit des Seyns ausmacht. Diese Erkenntniß ist ein vermitteltes
Wissen, denn sie befindet sich nicht unmittelbar beim und im Wesen,
sondern beginnt von einem Andern, dem Seyn, und hat einen vorläufigen
Weg, den Weg des Hinausgehens über das Seyn oder vielmehr des
Hineingehens in dasselbe zu machen. Erst indem das Wissen sich aus dem
unmittelbaren Seyn erinnert, durch diese Vermittlung findet es das
Wesen.—Die Sprache hat im Zeitwort: Seyn, das Wesen in der vergangenen
Zeit: gewesen, behalten; denn das Wesen ist das vergangene, aber
zeitlos vergangene Seyn.

Diese Bewegung, als Weg des Wissens vorgestellt, so erscheint dieser
Anfang vom Seyn und der Fortgang, der es aufhebt und beim Wesen als
einem Vermittelten anlangt, eine Thätigkeit des Erkennens zu seyn, die
dem Seyn äußerlich sey und dessen eigene Natur nichts angehe.

Aber dieser Gang ist die Bewegung des Seyns selbst. Es zeigte sich an
diesem, daß es durch seine Natur sich erinnert, und durch dieß
Insichgehen zum Wesen wird.

Wenn also das Absolute zuerst als Seyn bestimmt war, so ist es jetzt
als Wesen bestimmt. Das Erkennen kann überhaupt nicht bei dem
mannigfaltigen Daseyn, aber auch nicht bei dem Seyn, dem reinen Seyn,
stehen bleiben; es dringt sich unmittelbar die Reflexion auf, daß
dieses reine Seyn, die Negation alles Endlichen, eine Erinnerung und
Bewegung voraussetzt, welche das unmittelbare Daseyn zum reinen Seyn
gereinigt hat. Das Seyn wird hiernach als Wesen bestimmt, als ein
solches Seyn, an dem alles Bestimmte und Endliche negirt ist. So ist es
die bestimmungslose einfache Einheit, von der das Bestimmte auf eine
äußerliche Weise hinweggenommen worden; dieser Einheit war das
Bestimmte selbst ein Äußerliches, und es bleibt ihr nach diesem
Wegnehmen noch gegenüber stehen; denn es ist nicht an sich, sondern
relativ, nur in Beziehung auf diese Einheit, aufgehoben worden.—Es
wurde oben schon erinnert, daß wenn das reine Wesen als Inbegriff aller
Realitäten bestimmt wird, diese Realitäten gleichfalls der Natur der
Bestimmtheit, und der abstrahirenden Reflexion unterliegen, und dieser
Innbegriff sich zur leeren Einfachheit reducirt. Das Wesen ist auf
diese Weise nur Produkt, ein Gemachtes. Die äußerliche Negation, welche
Abstraktion ist, hebt die Bestimmtheiten des Seyns nur hinweg von dem,
was als Wesen übrig bleibt; es stellt sie gleichsam nur an einen andern
Ort, und läßt sie als seyende vor wie nach. Das Wesen ist aber auf
diese Weise weder an sich, noch für sich selbst; es ist durch ein
Anderes, die äußerliche, abstrahirende Reflexion; und ist für ein
Anderes, nämlich für die Abstraktion und überhaupt für das ihm
gegenüber stehen bleibende Seyende. In seiner Bestimmung ist es daher
die in sich todte, leere Bestimmungslosigkeit.

Das Wesen aber, wie es hier geworden ist, ist das, was es ist, nicht
durch eine ihm fremde Negativität, sondern durch seine eigne, die
unendliche Bewegung des Seyns. Es ist An-und-Fürsichseyn; absolutes
Ansichseyn, indem es gleichgültig gegen alle Bestimmtheit des Seyns
ist, das Andersseyn und die Beziehung auf anderes schlechthin
aufgehoben worden ist. Es ist aber nicht nur dieß Ansichseyn; als
bloßes Ansichseyn wäre es nur die Abstraktion des reinen Wesens;
sondern es ist ebenso wesentlich Fürsichseyn; es selbst ist diese
Negativität, das sich Aufheben des Andersseyns und der Bestimmtheit.

Das Wesen als die vollkommene Rückkehr des Seyns in sich ist so
zunächst das unbestimmte Wesen; die Bestimmtheiten des Seyns sind in
ihm aufgehoben; es enthält sie an sich; aber nicht wie sie an ihm
gesetzt sind. Das absolute Wesen in dieser Einfachheit mit sich hat
kein Daseyn. Aber es muß zum Daseyn übergehen; denn es ist
An-und-Fürsichseyn, das heißt, es unterscheidet die Bestimmungen,
welche es an sich enthält; weil es Abstoßen seiner von sich oder
Gleichgültigkeit gegen sich, negative Beziehung auf sich ist, setzt es
sich somit sich selbst gegenüber, und ist nur insofern unendliches
Fürsichseyn als es die Einheit mit sich in diesem seinem Unterschiede
von sich ist.—Dieses Bestimmen ist denn anderer Natur, als das
Bestimmen in der Sphäre des Seyns, und die Bestimmungen des Wesens
haben einen andern Charakter als die Bestimmtheiten des Seyns. Das
Wesen ist absolute Einheit des An-und-Fürsichseyns; sein Bestimmen
bleibt daher innerhalb dieser Einheit, und ist kein Werden noch
Übergehen, so wie die Bestimmungen selbst nicht ein Anderes als
anderes, noch Beziehungen auf Anderes sind; sie sind Selbstständige
aber damit nur als solche, die in ihrer Einheit mit einander sind.
—Indem das Wesen zuerst einfache Negativität ist, so hat es nun die
Bestimmtheit, welche es nur an sich enthält, in seiner Sphäre zu
setzen, um sich Daseyn und dann sein Fürsichseyn zu geben.

Das Wesen ist im Ganzen das, was die Quantität in der Sphäre des Seyns
war; die absolute Gleichgültigkeit gegen die Grenze. Die Quantität aber
ist diese Gleichgültigkeit in unmittelbarer Bestimmung, und die Grenze
an ihr unmittelbar äußerliche Bestimmtheit, sie geht ins Quantum über;
die äußerliche Grenze ist ihr nothwendig, und ist an ihr seyend. Am
Wesen hingegen ist die Bestimmtheit nicht; sie ist nur durch das Wesen
selbst gesetzt; nicht frey, sondern nur in der Beziehung auf seine
Einheit.—Die Negativität des Wesens ist die Reflexion, und die
Bestimmungen reflektirte, durch das Wesen selbst gesetzte und in ihm
als aufgehoben bleibende.

Das Wesen steht zwischen Seyn und Begriff und macht die Mitte derselben
und seine Bewegung den Übergang von Seyn in den Begriff aus. Das Wesen
ist das An-und-Fürsichseyn, aber dasselbe in der Bestimmung des
Ansichseyns; denn seine allgemeine Bestimmung ist, aus dem Seyn
herzukommen, oder die erste Negation des Seyns zu seyn. Seine Bewegung
besteht darin, die Negation oder Bestimmung an ihm zu setzen, dadurch
sich Daseyn zu geben, und das als unendliches Fürsichseyn zu werden,
was es an sich ist. So giebt es sich sein Daseyn, das seinem Ansichseyn
gleich ist, und wird der Begriff. Denn der Begriff ist das Absolute,
wie es in seinem Daseyn absolut oder an und für sich ist. Das Daseyn
aber, das sich das Wesen giebt, ist noch nicht das Daseyn, wie es an
und für sich ist, sondern wie das Wesen es sich giebt, oder wie es
gesetzt wird, daher noch von dem Daseyn des Begriffs unterschieden.

Das Wesen scheint zuerst in sich selbst, oder ist Reflexion; zweitens
erscheint es; drittens offenbart es sich. Es setzt sich in seiner
Bewegung in folgende Bestimmungen,

I. als einfaches, ansichseyendes Wesen in seinen Bestimmungen innerhalb
seiner;

II. als heraustretend in das Daseyn, oder nach seiner Existenz und
Erscheinung;

III. als Wesen, das mit seiner Erscheinung eins ist, als Wirklichkeit.



Erster Abschnitt. Das Wesen als Reflexion in ihm selbst.


Das Wesen kommt aus dem Seyn her; es ist insofern nicht unmittelbar an
und für sich, sondern ein Resultat jener Bewegung. Oder das Wesen
zunächst als ein unmittelbares genommen, so ist es ein bestimmtes
Daseyn, dem ein anderes gegenüber steht; es ist nur wesentliches Daseyn
gegen unwesentliches. Das Wesen ist aber das an und für sich
aufgehobene Seyn; es ist nur Schein, was ihm gegenüber steht. Allein
der Schein ist das eigene Setzen des Wesens.

Das Wesen ist erstens Reflexion. Die Reflexion bestimmt sich; ihre
Bestimmungen sind ein Gesetztseyn, das zugleich Reflexion in sich ist;
es sind

zweitens diese Reflexions-Bestimmungen oder die Wesenheiten zu
betrachten.

Drittens macht sich das Wesen als die Reflexion des Bestimmens in sich
selbst, zum Grunde, und geht in die Existenz und Erscheinung über.



Erstes Kapitel. Der Schein.


Das Wesen aus dem Seyn herkommend scheint demselben gegenüber zu
stehen; dieß unmittelbare Seyn ist zunächst das Unwesentliche.

Allein es ist zweitens mehr als nur unwesentliches, es ist wesenloses
Seyn, es ist Schein.

Drittens dieser Schein ist nicht ein Äußerliches, dem Wesen Anderes,
sondern er ist sein eigner Schein. Das Scheinen des Wesens in ihm
selbst ist die Reflexion.

A. Das Wesentliche und das Unwesentliche.

Das Wesen ist das aufgehobene Seyn. Es ist einfache Gleichheit mit sich
selbst, aber insofern es die Negation der Sphäre des Seyns überhaupt
ist. So hat das Wesen die Unmittelbarkeit sich gegenüber, als eine
solche, aus der es geworden ist, und die sich in diesem Aufheben
aufbewahrt und erhalten hat. Das Wesen selbst ist in dieser Bestimmung
seyendes, unmittelbares Wesen, und das Seyn nur ein Negatives in
Beziehung auf das Wesen, nicht an und für sich selbst, das Wesen ist
also eine bestimmte Negation. Seyn und Wesen verhalten sich auf diese
Weise wieder als Andere überhaupt zu einander, denn jedes hat ein Seyn,
eine Unmittelbarkeit, die gegen einander gleichgültig sind, und stehen
diesem Seyn nach in gleichem Werthe.

Zugleich aber ist das Seyn im Gegensatze gegen das Wesen, das
Unwesentliche, es hat gegen dasselbe die Bestimmung des Aufgehobenen.
Insofern es sich jedoch zum Wesen nur überhaupt als ein Anderes
verhält, so ist das Wesen nicht eigentlich Wesen, sondern nur ein
anders bestimmtes Daseyn, das Wesentliche.

Der Unterschied von Wesentlichem und Unwesentlichem hat das Wesen in
die Sphäre des Daseyns zurückfallen lassen; indem das Wesen, wie es
zunächst ist, als unmittelbares seyendes, und damit nur als Anderes
bestimmt ist gegen das Seyn. Die Sphäre des Daseyns ist damit zu Grunde
gelegt, und daß das, was das Seyn in diesem Daseyn ist,
An-und-Fürsichseyn ist, ist eine weitere dem Daseyn selbst äußerliche
Bestimmung; so wie umgekehrt das Wesen wohl das An-und-Fürsichseyn ist,
aber nur gegen Anderes, in bestimmter Rücksicht.—Insofern daher an
einem Daseyn ein Wesentliches und ein Unwesentliches von einander
unterschieden werden, so ist dieser Unterschied ein äußerliches Setzen,
eine das Daseyn selbst nicht berührende Absonderung eines Theils
desselben, von einem andern Theile; eine Trennung, die in ein Drittes
fällt. Es ist dabei unbestimmt, was zum Wesentlichen oder
Unwesentlichen gehört. Es ist irgend eine äußerliche Rücksicht und
Betrachtung, die ihn macht, und derselbe Inhalt deswegen bald als
wesentlich, bald als unwesentlich anzusehen.

Genauer betrachtet, wird das Wesen zu einem nur Wesentlichen gegen ein
Unwesentliches dadurch, daß das Wesen nur genommen ist, als
aufgehobenes Seyn oder Daseyn. Das Wesen ist auf diese Weise nur die
erste oder die Negation, welche Bestimmtheit ist, durch welche das Seyn
nur Daseyn, oder das Daseyn nur ein Anderes wird. Das Wesen aber ist
die absolute Negativität des Seyns; es ist das Seyn selbst, aber nicht
nur als ein Anderes bestimmt, sondern das Seyn, das sich sowohl als
unmittelbares Seyn, wie auch als unmittelbare Negation, als Negation,
die mit einem Andersseyn behaftet ist, aufgehoben hat. Das Seyn oder
Daseyn hat sich somit nicht als Anderes, denn das Wesen ist, erhalten,
und das noch vom Wesen unterschiedene Unmittelbare ist nicht bloß ein
unwesentliches Daseyn, sondern das an und für sich nichtige
Unmittelbare; es ist nur ein Unwesen, der Schein.

B. Der Schein.

1. Das Seyn ist Schein. Das Seyn des Scheins besteht allein in dem
Aufgehobenseyn des Seyns, in seiner Nichtigkeit; diese Nichtigkeit hat
es im Wesen, und außer seiner Nichtigkeit, außer dem Wesen ist er
nicht. Er ist das Negative gesetzt, als Negatives.

Der Schein ist der ganze Rest, der noch von der Sphäre des Seyns übrig
geblieben ist. Er scheint aber selbst noch eine vom Wesen unabhängige
unmittelbare Seite zu haben und ein Anderes desselben überhaupt zu
seyn. Das Andere enthält überhaupt die zwei Momente des Daseyns und des
Nichtdaseyns. Das Unwesentliche, indem es nicht mehr ein Seyn hat, so
bleibt ihm vom Andersseyn nur das reine Moment des Nichtdaseyns, der
Schein ist dieß unmittelbare Nichtdaseyn, so in der Bestimmtheit des
Seyns, daß es nur in der Beziehung auf Anderes, in seinem Nichtdaseyn
Daseyn hat; das Unselbstständige, das nur in seiner Negation ist. Es
bleibt ihm also nur die reine Bestimmtheit der Unmittelbarkeit, es ist
als die reflektirte Unmittelbarkeit, das ist, welche nur vermittelst
ihrer Negation ist, und die ihrer Vermittelung gegenüber nichts ist,
als die leere Bestimmung der Unmittelbarkeit des Nichtdaseyns.

So ist der Schein, das Phänomen des Skepticismus oder auch die
Erscheinung des Idealismus eine solche Unmittelbarkeit, die kein Etwas
oder kein Ding ist, überhaupt nicht ein gleichgültiges Seyn, das außer
seiner Bestimmtheit und Beziehung auf das Subjekt wäre. Es ist,
erlaubte sich der Skepticismus nicht zu sagen; der neuere Idealismus
erlaubte sich nicht, die Erkenntnisse, als ein Wissen vom Ding-an-sich
anzusehen; jener Schein sollte überhaupt keine Grundlage eines Seyns
haben, in diese Erkenntnisse sollte nicht das Ding-an-sich eintreten.
Zugleich aber ließ der Skepticismus mannigfaltige Bestimmmungen seines
Scheins zu, oder vielmehr sein Schein hatte den ganzen mannigfaltigen
Reichthum der Welt zum Inhalte. Ebenso begreift die Erscheinung des
Idealismus den ganzen Umfang dieser mannigfaltigen Bestimmtheiten in
sich. Jener Schein und diese Erscheinung sind unmittelbar so
mannigfaltig bestimmt. Diesem Inhalte mag also wohl kein Seyn, kein
Ding, oder Ding-an-sich zu Grunde liegen; er für sich bleibt wie er
ist; er ist nur aus dem Seyn in den Schein übersetzt worden; so daß der
Schein innerhalb seiner selbst jene mannigfaltigen Bestimmtheiten hat,
welche unmittelbare, seyende, andere gegen einander sind. Der Schein
ist also selbst ein unmittelbar Bestimmtes. Er kann diesen oder jenen
Inhalt haben; aber welchen er hat, ist nicht durch ihn selbst gesetzt,
sondern er hat ihn unmittelbar. Der leibnitzische, oder kantische,
fichtesche Idealismus, wie andere Formen desselben, sind so wenig als
der Skepticismus über das Seyn als Bestimmtheit, über diese
Unmittelbarkeit, hinausgekommen. Der Skepticismus läßt sich den Inhalt
seines Scheins geben; es ist unmittelbar für ihn, welchen Inhalt er
haben soll. Die leibnitzische Monade entwickelt aus ihr selbst ihre
Vorstellungen; aber sie ist nicht die erzeugende und verbindende Kraft,
sondern sie steigen in ihr als Blasen auf; sie sind gleichgültig,
unmittelbar gegen einander, und so gegen die Monade selbst. Ebenso ist
die kantische Erscheinung ein gegebener Inhalt der Wahrnehmung, er
setzt Affektionen voraus, Bestimmungen des Subjekts, welche gegen sich
selbst und gegen dasselbe unmittelbar sind. Der unendliche Anstoß des
fichteschen Idealismus mag wohl kein Ding-an-sich zu Grunde liegen
haben, so daß er rein eine Bestimmtheit im Ich wird. Aber diese
Bestimmtheit ist eine dem Ich, das sie zu der seinigen macht und ihre
Äußerlichkeit aufhebt, zugleich unmittelbare, eine Schranke desselben,
über die es hinausgehen kann, welche aber eine Seite der
Gleichgültigkeit an ihr hat, nach der sie ob zwar im Ich, ein
unmittelbares Nichtseyn desselben enthält.-2. Der Schein also enthält
eine unmittelbare Voraussetzung, eine unabhängige Seite gegen das
Wesen. Es ist aber von ihm, insofern er vom Wesen unterschieden ist,
nicht zu zeigen, daß er sich aufhebt und in dasselbe zurückgeht; denn
das Seyn ist in seiner Totalität in das Wesen zurückgegangen; der
Schein ist das an sich nichtige; es ist nur zu zeigen, daß die
Bestimmungen, die ihn vom Wesen unterscheiden, Bestimmungen des Wesens
selbst sind, und ferner, daß diese Bestimmtheit des Wesens, welche der
Schein ist, im Wesen selbst aufgehoben ist.

Es ist die Unmittelbarkeit des Nichtseyns, welche den Schein ausmacht;
dieß Nichtseyn aber ist nichts Anderes als die Negativität des Wesens
an ihm selbst. Das Seyn ist Nichtseyn in dem Wesen. Seine Nichtigkeit
an sich ist die negative Natur des Wesens selbst. Die Unmittelbarkeit
oder Gleichgültigkeit aber, welche dieß Nichtseyn enthält, ist das
eigene absolute Ansichseyn des Wesens. Die Negativität des Wesens ist
seine Gleichheit mit sich selbst, oder seine einfache Unmittelbarkeit
und Gleichgültigkeit. Das Seyn hat sich im Wesen erhalten, insofern
dieses an seiner unendlichen Negativität diese Gleichheit mit sich
selbst hat; hierdurch ist das Wesen selbst das Seyn. Die
Unmittelbarkeit, welche die Bestimmtheit am Scheine gegen das Wesen
hat, ist daher nichts anderes, als die eigene Unmittelbarkeit des
Wesens; aber nicht die seyende Unmittelbarkeit, sondern die schlechthin
vermittelte oder reflektirte Unmittelbarkeit, welche der Schein
ist;—das Seyn nicht als Seyn, sondern nur als die Bestimmtheit des
Seyns, gegen die Vermittlung; das Seyn als Moment.

Diese beiden Momente, die Nichtigkeit aber als Bestehen, und das Seyn
aber als Moment, oder die an sich seyende Negativität und die
reflektirte Unmittelbarkeit, welche die Momente des Scheins ausmachen,
sind somit die Momente des Wesens selbst; es ist nicht ein Schein des
Seyns am Wesen, oder ein Schein des Wesens am Seyn vorhanden, der
Schein im Wesen ist nicht der Schein eines Andern; sondern er ist der
Schein an sich, der Schein des Wesens selbst.

Der Schein ist das Wesen selbst in der Bestimmtheit des Seyns. Das,
wodurch das Wesen einen Schein hat, ist, daß es bestimmt in sich, und
dadurch von seiner absoluten Einheit unterschieden ist. Aber diese
Bestimmtheit ist ebenso schlechthin an ihr selbst aufgehoben. Denn das
Wesen ist das Selbstständige, das ist als durch seine Negation, welche
es selbst ist, sich mit sich vermittelnd; es ist also die identische
Einheit der absoluten Negativität und der Unmittelbarkeit. —Die
Negativität ist die Negativität an sich; sie ist ihre Beziehung auf
sich, so ist sie an sich Unmittelbarkeit; aber sie ist negative
Beziehung auf sich, abstoßendes Negiren ihrer selbst, so ist die an
sich seyende Unmittelbarkeit das Negative oder Bestimmte gegen sie.
Aber diese Bestimmtheit ist selbst die absolute Negativität und dieß
Bestimmen, das unmittelbar als Bestimmen das Aufheben seiner selbst,
Rückkehr in sich ist.

Der Schein ist das Negative, das ein Seyn hat aber in einem Andern, in
seiner Negation; er ist die Unselbstständigkeit, die an ihr selbst
aufgehoben und nichtig ist. So ist er das in sich zurückgehende
Negative, das Unselbstständige, als das an ihm selbst Unselbstständige.
Diese Beziehung des Negativen oder der Unselbstständigkeit auf sich,
ist seine Unmittelbarkeit; sie ist ein Anderes als es selbst; sie ist
seine Bestimmtheit gegen sich, oder sie ist die Negation gegen das
Negative. Aber die Negation gegen das Negative ist die sich nur auf
sich beziehende Negativität, das absolute Aufheben der Bestimmtheit
selbst.

Die Bestimmtheit also, welche der Schein im Wesen ist, ist unendliche
Bestimmtheit; sie ist nur das mit sich zusammengehende Negative; sie
ist so die Bestimmtheit, die als solche die Selbstständigkeit, und
nicht bestimmt ist.—Umgekehrt die Selbstständigkeit als sich auf sich
beziehende Unmittelbarkeit ist ebenso schlechthin Bestimmtheit und
Moment und nur als sich auf sich beziehende Negativität.—Diese
Negativität, die identisch mit der Unmittelbarkeit, und so die
Unmittelbarkeit, die identisch mit der Negativität ist, ist das Wesen.
Der Schein ist also das Wesen selbst, aber das Wesen in einer
Bestimmtheit, aber so daß sie nur sein Moment ist, und das Wesen ist
das Scheinen seiner in sich selbst.

In der Sphäre des Seyns entsteht dem Seyn als unmittelbarem, das
Nichtseyn gleichfalls als unmittelbares gegenüber, und ihre Wahrheit
ist das Werden. In der Sphäre des Wesens findet sich zuerst das Wesen
und das Unwesentliche, dann das Wesen und der Schein gegenüber; das
Unwesentliche und der Schein als Reste des Seyns. Aber sie beide, so
wie der Unterschied des Wesens von ihnen, bestehen in weiter nichts,
als darin, daß das Wesen zuerst, als ein unmittelbares genommen wird,
nicht wie es an sich ist, nämlich nicht als die Unmittelbarkeit, die
als die reine Vermittelung oder als absolute Negativität
Unmittelbarkeit ist. Jene erste Unmittelbarkeit, ist somit nur die
Bestimmtheit der Unmittelbarkeit. Das Aufheben dieser Bestimmtheit des
Wesens besteht daher in nichts weiter, als in dem Aufzeigen, daß das
Unwesentliche nur Schein, und daß das Wesen vielmehr den Schein in sich
selbst enthält, als die unendliche Bewegung in sich, welche seine
Unmittelbarkeit, als die Negativität und seine Negativität als die
Unmittelbarkeit bestimmt und so das Scheinen seiner in sich selbst ist.
Das Wesen in dieser seiner Selbstbewegung ist die Reflexion.

C. Die Reflexion.

Der Schein ist dasselbe, was die Reflexion ist; aber er ist die
Reflexion als unmittelbare; für den in sich gegangenen, hiermit seiner
Unmittelbarkeit entfremdeten Schein, haben wir das Wort der fremden
Sprache, die Reflexion.

Das Wesen ist Reflexion; die Bewegung des Werdens und Übergehens, das
in sich selbst bleibt; worin das unterschiedene schlechthin nur als das
an sich negative, als Schein bestimmt ist.—In dem Werden des Seyns
liegt der Bestimmtheit das Seyn zu Grunde, und sie ist Beziehung auf
Anderes. Die reflectirende Bewegung hingegen ist das Andere als die
Negation an sich, die nur als sich auf sich beziehende Negation ein
Seyn hat. Oder indem diese Beziehung auf sich eben dieß Negiren der
Negation ist, so ist die Negation als Negation vorhanden, als ein
solches, das sein Seyn in seinem Negirtseyn hat, als Schein. Das Andere
ist hier also nicht das Seyn mit der Negation oder Grenze, sondern die
Negation mit der Negation. Das Erste aber gegen dieß Andere, das
Unmittelbare oder Seyn, ist nur diese Gleichheit selbst der Negation
mit sich, die negirte Negation, die absolute Negativität. Diese
Gleichheit mit sich oder Unmittelbarkeit ist daher nicht ein Erstes,
von dem angefangen wird, und das in seine Negation überginge; noch ist
es ein seyendes Substrat, das sich durch die Reflexion hindurch
bewegte; sondern die Unmittelbarkeit ist nur diese Bewegung selbst.

Das Werden im Wesen, seine reflektirende Bewegung, ist daher die
Bewegung von Nichts zu Nichts, und dadurch zu sich selbst zurück. Das
Übergehen oder Werden hebt in seinem Übergehen sich auf; das Andere,
das in diesem Übergehen wird, ist nicht das Nichtseyn eines Seyns,
sondern das Nichts eines Nichts, und dieß, die Negation eines Nichts zu
seyn, macht das Seyn aus.—Das Seyn ist nur als die Bewegung des Nichts
zu Nichts, so ist es das Wesen; und dieses hat nicht diese Bewegung in
sich, sondern ist sie als der absolute Schein selbst, die reine
Negativität, die nichts außer ihr hat, das sie negirte, sondern die nur
ihr Negatives selbst negirt, das nur in diesem Negiren ist.

Diese reine absolute Reflexion, welche die Bewegung von Nichts zu
Nichts ist, bestimmt sich selbst weiter.

Sie ist erstlich setzende Reflexion; sie macht zweitens den Anfang von
dem vorausgesetzten Unmittelbaren, und ist so äußerliche Reflexion.

Drittens aber hebt sie diese Voraussetzung auf, und indem sie in dem
Aufheben der Voraussetzung zugleich voraussetzend ist, ist sie
bestimmende Reflexion.

1. Die setzende Reflexion.

Der Schein ist das Nichtige oder Wesenlose; aber das Nichtige oder
Wesenlose hat sein Seyn nicht in einem Andern, in dem es scheint,
sondern sein Seyn ist seine eigne Gleichheit mit sich; dieser Wechsel
des Negativen mit sich selbst hat sich als die absolute Reflexion des
Wesens bestimmt.

Diese sich auf sich beziehende Negativität ist also das Negiren ihrer
selbst. Sie ist somit überhaupt so sehr aufgehobene Negativität als sie
Negativität ist. Oder sie ist selbst das Negative und die einfache
Gleichheit mit sich oder Unmittelbarkeit. Sie besteht also darin sie
selbst und nicht sie selbst und zwar in Einer Einheit zu seyn.-Zunächst
ist die Reflexion die Bewegung des Nichts zu Nichts, somit die mit sich
selbst zusammengehende Negation. Dieses Zusammengehen mit sich ist
überhaupt einfache Gleichheit mit sich; die Unmittelbarkeit. Aber dieß
Zusammenfallen ist nicht Übergehen der Negation in die Gleichheit mit
sich als in ihr Andersseyn, sondern die Reflexion ist Übergehen als
Aufheben des Übergehens; denn sie ist unmittelbares Zusammenfallen des
Negativen mit sich selbst; so ist dieß Zusammengehen erstlich
Gleichheit mit sich, oder Unmittelbarkeit; aber zweitens ist diese
Unmittelbarkeit die Gleichheit des Negativen mit sich, somit die sich
selbst negirende Gleichheit; die Unmittelbarkeit, die an sich das
Negative, das Negative ihrer selbst ist, dieß zu seyn was sie nicht
ist.

Die Beziehung des Negativen auf sich selbst ist also seine Rückkehr in
sich; sie ist Unmittelbarkeit, als das Aufheben des Negativen; aber
Unmittelbarkeit schlechthin nur als diese Beziehung oder als Rückkehr
aus einem, somit sich selbst aufhebende Unmittelbarkeit. —Dieß ist das
Gesetztseyn; die Unmittelbarkeit rein nur als Bestimmtheit oder als
sich reflectirend. Diese Unmittelbarkeit, die nur als Rückkehr des
Negativen in sich ist,—ist jene Unmittelbarkeit, welche die
Bestimmtheit des Scheins ausmacht, und von der vorhin die reflectirende
Bewegung anzufangen schien. Statt von dieser Unmittelbarkeit anfangen
zu können, ist diese vielmehr erst als die Rückkehr, oder als die
Reflexion selbst. Die Reflexion ist also die Bewegung, die, indem sie
die Rückkehr ist, erst darin das ist, das anfängt oder das zurückkehrt.

Sie ist Setzen, insofern sie die Unmittelbarkeit als ein Rückkehren
ist; es ist nämlich nicht ein Anderes vorhanden, weder ein solches, aus
dem sie, noch in das sie zurückkehrte; sie ist also nur als Rückkehren
oder als das Negative ihrer selbst. Aber ferner ist diese
Unmittelbarkeit die aufgehobene Negation und die aufgehobene Rückkehr
in sich. Die Reflexion ist als Aufheben des Negativen, Aufheben ihres
Anderen, der Unmittelbarkeit. Indem sie also die Unmittelbarkeit als
ein Rückkehren, Zusammengehen des Negativen mit sich selbst ist, so ist
sie ebenso Negation des Negativen als des Negativen. So ist sie
Voraussetzen.—Oder die Unmittelbarkeit ist als Rückkehren nur das
Negative ihrer selbst, nur dieß, nicht Unmittelbarkeit zu seyn; aber
die Reflexion ist das Aufheben des Negativen seiner selbst, sie ist
Zusammengehen mit sich; sie hebt also ihr Setzen auf, und indem sie das
Aufheben des Setzens in ihrem Setzen ist, ist sie Voraussetzen.—In dem
Voraussetzen bestimmt die Reflexion die Rückkehr in sich, als das
Negative ihrer selbst, als dasjenige, dessen Aufheben das Wesen ist. Es
ist sein Verhalten zu sich selbst; aber zu sich als dem Negativen
seiner; nur so ist es die insichbleibende, sich auf sich beziehende
Negativität. Die Unmittelbarkeit kommt überhaupt nur als Rückkehr
hervor und ist dasjenige Negative, welches der Schein des Anfangs ist,
der durch die Rückkehr negirt wird. Die Rückkehr des Wesens ist somit
sein sich Abstoßen von sich selbst. Oder die Reflexion in sich ist
wesentlich das Voraussetzen dessen, aus dem sie die Rückkehr ist.

Es ist das Aufheben seiner Gleichheit mit sich, wodurch das Wesen erst
die Gleichheit mit sich ist. Es setzt sich selbst voraus, und das
Aufheben dieser Voraussetzung ist es selbst; umgekehrt ist dieß
Aufheben seiner Voraussetzung die Voraussetzung selbst.—Die Reflexion
also findet ein Unmittelbares vor, über das sie hinausgeht, und aus dem
sie die Rückkehr ist. Aber diese Rückkehr ist erst das Voraussetzen des
Vorgefundenen. Dieß Vorgefundene wird nur darin, daß es verlassen wird;
seine Unmittelbarkeit ist die aufgehobene Unmittelbarkeit.—Die
aufgehobene Unmittelbarkeit umgekehrt ist die Rückkehr in sich, das
Ankommen des Wesens bei sich, das einfache sich selbst gleiche Seyn.
Damit ist dieses Ankommen bei sich das Aufheben seiner und die von sich
selbst abstoßende, voraussetzende Reflexion, und ihr Abstoßen von sich
ist das Ankommen bei sich selbst.

Die reflektirende Bewegung ist somit, nach dem Betrachteten, als
absoluter Gegenstoß in sich selbst zu nehmen. Denn die Voraussetzung
der Rückkehr in sich,—das woraus das Wesen herkommt und erst als dieses
Zurückkommen ist—, ist nur in der Rückkehr selbst. Das Hinausgehen über
das Unmittelbare, von dem die Reflexion anfängt, ist vielmehr erst
durch dieß Hinausgehen; und das Hinausgehen über das Unmittelbare ist
das Ankommen bei demselben. Die Bewegung wendet sich als Fortgehen
unmittelbar in ihr selbst um, und ist nur so Selbstbewegung,—Bewegung,
die aus sich kommt, insofern die setzende Reflexion voraussetzende,
aber als voraussetzende Reflexion schlechthin setzende ist.

So ist die Reflexion sie selbst, und ihr Nichtseyn; und ist nur sie
selbst, indem sie das Negative ihrer ist, denn nur so ist das Aufheben
des Negativen zugleich als ein Zusammengehen mit sich.

Die Unmittelbarkeit, die sie als Aufheben sich voraussetzt, ist
schlechthin nur als Gesetztseyn, als an sich aufgehobenes, das nicht
verschieden ist, von der Rückkehr in sich, und selbst nur dieses
Rückkehren ist. Aber es ist zugleich bestimmt als Negatives, als
unmittelbar gegen eines, also gegen ein Anderes. So ist die Reflexion
bestimmt; sie ist, indem sie nach dieser Bestimmtheit, eine
Voraussetzung hat, und von dem Unmittelbaren, als ihrem Andern anfängt,
äußere Reflexion.

2. Die äußere Reflexion.

Die Reflexion als absolute Reflexion ist das in ihm selbst scheinende
Wesen, und setzt sich nur den Schein, das Gesetztseyn, voraus; sie ist
als voraussetzende unmittelbar nur setzende Reflexion. Aber die
äußerliche oder reale Reflexion setzt sich als aufgehoben, als das
Negative ihrer voraus. Sie ist in dieser Bestimmung verdoppelt; das
einemal als das Vorausgesetzte, oder die Reflexion in sich, die das
Unmittelbare ist. Das andere Mal ist sie die als negativ sich auf sich
beziehende Reflexion; sie bezieht sich auf sich als auf jenes ihr
Nichtseyn.

Die äußerliche Reflexion setzt also ein Seyn voraus, erstens nicht in
dem Sinne, daß seine Unmittelbarkeit nur Gesetztseyn oder Moment ist,
sondern vielmehr, daß diese Unmittelbarkeit die Beziehung auf sich, und
die Bestimmtheit nur als Moment ist. Sie bezieht sich auf ihre
Voraussetzung so, daß diese das Negative der Reflexion ist, aber so daß
dieses Negative als Negatives aufgehoben ist.—Die Reflexion in ihrem
Setzen, hebt unmittelbar ihr Setzen auf, so hat sie eine unmittelbare
Voraussetzung. Sie findet also dasselbe vor, als ein solches von dem
sie anfängt, und von dem aus sie erst das Zurückgehen in sich, das
Negiren dieses ihres Negativen ist. Aber daß dieß Vorausgesetzte ein
Negatives oder Gesetztes ist, geht dasselbe nichts an; diese
Bestimmtheit gehört nur der setzenden Reflexion an, aber in dem
Voraussetzen ist das Gesetztseyn nur als aufgehobenes. Was die
äußerliche Reflexion an dem Unmittelbaren bestimmt und setzt, sind
insofern demselben äußerliche Bestimmungen.—Sie war das Unendliche in
der Sphäre des Seyns; das Endliche gilt als das Erste, als das Reale,
von ihm wird als dem zu Grunde liegenden und zu Grund liegen bleibenden
angefangen, und das Unendliche ist die gegenüber stehende Reflexion in
sich.

Diese äußere Reflexion ist der Schluß, in welchem die beiden Extreme,
das Unmittelbare und die Reflexion in sich, sind; die Mitte desselben
ist die Beziehung beider, das bestimmte Unmittelbare, so daß der eine
Theil derselben, die Unmittelbarkeit nur dem einen Extreme, die andere,
die Bestimmtheit oder Negation, nur dem andern Extreme zukommt.

Aber das Thun der äußeren Reflexion näher betrachtet, so ist sie
zweitens Setzen des Unmittelbaren, das insofern das Negative oder
Bestimmte wird; aber sie ist unmittelbar auch das Aufheben dieses ihres
Setzens; denn sie setzt das Unmittelbare voraus; sie ist im Negiren das
Negiren dieses ihres Negirens. Sie ist aber unmittelbar damit ebenso
Setzen, Aufheben des ihr negativen Unmittelbaren, und dieses, von dem
sie als von einem Fremden anzufangen schien, ist erst in diesem ihrem
Anfangen. Das Unmittelbare ist auf diese Weise nicht nur an sich, das
hieße für uns oder in der äußeren Reflexion, dasselbe was die Reflexion
ist, sondern es ist gesetzt, daß es dasselbe ist. Es ist nämlich durch
die Reflexion als ihr Negatives oder als ihr Anderes bestimmt, aber sie
ist es selbst, welche dieses Bestimmen negirt.—Es ist damit die
Äußerlichkeit der Reflexion gegen das Unmittelbare aufgehoben; ihr sich
selbst negirendes Setzen ist das Zusammengehen ihrer mit ihrem
Negativen, mit dem Unmittelbaren und dieses Zusammengehen ist die
wesentliche Unmittelbarkeit selbst. —Es ist also vorhanden, daß die
äußere Reflexion nicht äußere, sondern ebenso sehr immanente Reflexion
der Unmittelbarkeit selbst ist; oder daß das was durch die setzende
Reflexion ist, das an und für sich seyende Wesen ist. So ist sie
bestimmende Reflexion.

Anmerkung.

Die Reflexion wird gewöhhlicher Weise in subjektivem Sinne genommen,
als die Bewegung der Urtheilskraft, die über eine gegebene unmittelbare
Vorstellung hinausgeht, und allgemeine Bestimmungen für dieselbe sucht
oder damit vergleicht. Kant setzt die reflektirende Urtheilskraft, der
bestimmenden Urtheilskraft entgegen. (Kritik der Urtheilskraft.
Einleit. S. XXIII. f.) Er definirt die Urtheilskraft überhaupt als das
Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken.
Ist das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Gesetz) gegeben, so ist
die Urtheilskraft, welche das Besondere darunter subsumirt, bestimmend.
Ist aber nur das Besondere wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist
die Urtheilskraft bloß reflektirend. Die Reflexion ist somit hier
gleichfalls das Hinausgehen über ein Unmittelbares zum Allgemeinen. Das
Unmittelbare wird theils erst durch diese Beziehung desselben auf sein
Allgemeines bestimmt als Besonders; für sich ist es nur ein Einzelnes,
oder ein unmittelbares Seyendes. Theils aber ist das, worauf es bezogen
wird, sein Allgemeines, seine Regel, Princip, Gesetz; überhaupt das in
sich reflektirte, sich auf sich selbst beziehende, das Wesen oder das
Wesentliche.

Es ist aber hier nicht, weder von der Reflexion des Bewußtseyns, noch
von der bestimmteren Reflexion des Verstandes, die das Besondere und
Allgemeine zu ihren Bestimmungen hat, sondern von der Reflexion
überhaupt die Rede. Jene Reflexion, der Kant das Aufsuchen des
Allgemeinen zum gegebenen Besondern zuschreibt, ist, wie erhellt,
gleichfalls nur die äußere Reflexion, die sich auf das Unmittelbare als
auf ein gegebenes bezieht.

—Aber es liegt darin auch der Begriff der absoluten Reflexion; denn das
Allgemeine, das Princip oder Regel und Gesetz, zu dem sie in ihrem
Bestimmen fortgeht, gilt als das Wesen jenes Unmittelbaren, von dem
angefangen wird, somit dieses als ein Nichtiges, und die Rückkehr aus
demselben, das Bestimmen der Reflexion, erst als das Setzen des
Unmittelbaren nach seinem wahrhaften Seyn; also das was die Reflexion
an ihm thut und die Bestimmungen, die von ihr herkommen, nicht als ein
jenem Unmittelbaren Äußerliches, sondern als dessen eigentliches Seyn.

Die äußerliche Reflexion war auch gemeint, wenn der Reflexion
überhaupt, wie es eine Zeitlang Ton in der neuern Philosophie war,
alles Üble nachgesagt und sie mit ihrem Bestimmen als der Antipode und
Erbfeind der absoluten Betrachtungsweise angesehen wurde. In der That
geht auch die denkende Reflexion, insofern sie sich als äußerliche
verhält, schlechthin von einem gegebenen, ihr fremden Unmittelbaren
aus, und betrachtet sich als ein bloß formelles Thun, das Inhalt und
Stoff von außen empfange, und für sich nur die durch ihn bedingte
Bewegung sey.—Ferner, wie sich sogleich bei der bestimmenden Reflexion
näher ergeben wird, sind die reflektirten Bestimmungen anderer Art, als
die bloß unmittelbaren Bestimmungen des Seyns. Letztere werden leichter
als vorübergehende, bloß relative, in der Beziehung auf Anderes
stehende zugegeben; aber die reflektirten Bestimmungen haben die Form
des An-und-Fürsichseyns; sie machen sich daher als die Wesentlichen
geltend, und statt übergehend in ihre entgegengesetzten zu seyn,
erscheinen sie vielmehr als absolut, frei und gleichgültig gegen
einander. Sie widersetzen sich daher hartnäckig ihrer Bewegung, das
Seyn derselben ist ihre Identität mit sich in ihrer Bestimmtheit, nach
welcher sie, ob sie sich zwar gegenseitig voraussetzen, in dieser
Beziehung sich schlechthin getrennt erhalten.

3. Bestimmende Reflexion.

Die bestimmende Reflexion ist überhaupt die Einheit der setzenden und
der äußeren Reflexion. Dieß ist näher zu betrachten.-1. Die äußere
Reflexion fängt vom unmittelbaren Seyn all, die setzende vom Nichts.
Die äußere Reflexion, die bestimmend wird, setzt ein Anderes, aber das
Wesen, an die Stelle des aufgehobenen Seyns; das Setzen setzt seine
Bestimmung nicht an die Stelle eines Anderen; es hat keine
Voraussetzung. Aber deswegen ist es nicht die vollendete, bestimmende
Reflexion; die Bestimmung, die es setzt, ist daher nur ein Gesetztes;
es ist Unmittelbares, aber nicht als sich selbst gleich, sondern als
sich negirend, es hat absolute Beziehung auf die Rückkehr in sich, es
ist nur in der Reflexion in sich, aber es ist nicht diese Reflexion
selbst.

Das Gesetzte ist daher ein Anderes, aber so, daß die Gleichheit der
Reflexion mit sich schlechthin erhalten ist; denn das Gesetzte ist nur
als Aufgehobenes, als Beziehung auf die Rückkehr in sich selbst. —In
der Sphäre des Seyns, war das Daseyn das Seyn, das die Negation an ihm
hatte, und das Seyn der unmittelbare Boden und Element dieser Negation,
die daher selbst die unmittelbare war. Dem Daseyn entspricht in der
Sphäre des Wesens das Gesetztseyn. Es ist gleichfalls ein Daseyn, aber
sein Boden ist das Seyn, als Wesen oder als reine Negativität; es ist
eine Bestimmtheit oder Negation nicht als seyend, sondern unmittelbar
als aufgehoben. Das Daseyn ist nur Gesetztseyn; dieß ist der Satz des
Wesens vom Daseyn. Das Gesetztseyn steht einer Seits dem Daseyn,
anderer Seits dem Wesen gegenüber, und ist als die Mitte zu betrachten,
welche das Daseyn mit dem Wesen und umgekehrt das Wesen mit dem Daseyn
zusammenschließt. —Wenn man sagt, eine Bestimmung ist nur ein
Gesetztseyn, so kann dieß daher den doppelten Sinn haben; sie ist dieß
im Gegensatze gegen das Daseyn, oder gegen das Wesen. In jenem Sinne
wird das Daseyn für etwas Höheres genommen, als das Gesetztseyn, und
dieses der äußern Reflexion, dem Subjektiven zugeschrieben. In der That
aber ist das Gesetztseyn das Höhere; denn als Gesetztseyn ist das
Daseyn, als das was es an sich ist, als Negatives, ein schlechthin nur
auf die Rückkehr in sich bezogenes. Deswegen ist das Gesetztseyn nur
ein Gesetztseyn in Rücksicht auf das Wesen, als die Negation des
Zurückgekehrtseyns in sich selbst.

2. Das Gesetztseyn ist noch nicht Reflexions-Bestimmung; es ist nur
Bestimmtheit, als Negation überhaupt. Aber das Setzen ist nun in
Einheit mit der äußern Reflexion; diese ist in dieser Einheit absolutes
Voraussetzen; das heißt, das Abstoßen der Reflexion von sich selbst,
oder Setzen der Bestimmtheit als ihrer selbst. Das Gesetztseyn ist
daher, als solches Negation; aber als vorausgesetztes ist sie als in
sich reflektirte. So ist das Gesetztseyn Reflexions-Bestimmung.

Die Reflexions-Bestimmung ist von der Bestimmtheit des Seyns, der
Qualität, unterschieden; diese ist unmittelbare Beziehung auf Anderes
überhaupt; auch das Gesetztseyn ist Beziehung auf Anderes, aber auf das
Reflektirtseyn in sich. Die Negation als Qualität ist Negation als
seyend; das Seyn macht ihren Grund und Element aus. Die
Reflexionsbestimmung hingegen hat zu diesem Grunde das Reflektirtseyn
in sich selbst. Das Gesetztseyn fixirt sich zur Bestimmung, eben darum,
weil die Reflexion die Gleichheit mit sich selbst in ihrem Negirtseyn
ist; ihr Negirtseyn ist daher selbst Reflexion in sich. Die Bestimmung
besteht hier nicht durch das Seyn, sondern durch ihre Gleichheit mit
sich. Weil das Seyn, das die Qualität trägt, das der Negation ungleiche
ist, so ist die Qualität in sich selbst ungleich, daher übergehendes,
im Andern verschwindendes Moment. Hingegen die Reflexionsbestimmung ist
das Gesetztseyn als Negation, Negation die zu ihrem Grunde das
Negirtseyn hat, also sich in sich selbst nicht ungleich ist, somit
wesentliche, nicht übergehende Bestimmtheit. Die Sich-selbst-Gleichheit
der Reflexion, welche das Negative nur als Negatives, als Aufgehobenes
oder Gesetztes hat, ist es, welche demselben Bestehen giebt.

Um dieser Reflexion in sich willen erscheinen die
Reflexionsbestimmungen als freie, im Leeren ohne Anziehung oder
Abstoßung gegen einander schwebende Wesenheiten. In ihnen hat sich die
Bestimmtheit durch die Beziehung auf sich befestigt und unendlich
fixirt. Es ist das Bestimmte, das sein Übergehen und sein bloßes
Gesetztseyn sich unterworfen, oder seine Reflexion in Anderes in
Reflexion in sich umgebogen hat. Diese Bestimmungen machen hierdurch
den bestimmten Schein aus, wie er im Wesen ist, den wesentlichen
Schein. Aus diesem Grunde ist die bestimmende Reflexion die außer sich
gekommene Reflexion; die Gleichheit des Wesens mit sich selbst ist in
die Negation verloren, die das Herrschende ist.

Es sind also an der Reflexionsbestimmung zwei Seiten, die zunächst sich
unterscheiden. Erstlich ist sie das Gesetztseyn, die Negation als
solche; zweitens ist sie die Reflexion in sich. Nach dem Gesetztseyn
ist sie die Negation als Negation; dieß ist somit bereits ihre Einheit
mit sich selbst. Aber sie ist dieß nur erst an sich; oder sie ist das
Unmittelbare als sich an ihm aufhebend, als das Andere seiner
selbst.—Insofern ist die Reflexion in sich bleibendes Bestimmen. Das
Wesen geht darin nicht außer sich; die Unterschiede sind schlechthin
gesetzt, in das Wesen zurückgenommen. Aber nach der andern Seite sind
sie nicht gesetzte, sondern in sich selbst reflektirt; die Negation als
Negation, ist in Gleichheit mit ihr selbst, nicht in ihr Anderes, nicht
in ihr Nichtseyn reflektirt.

3. Indem nun die Reflexionsbestimmung sowohl reflektirte Beziehung in
sich selbst, als auch Gesetztseyn ist, so erhellt unmittelbar daraus
ihre Natur näher. Als Gesetztseyn nämlich ist sie die Negation als
solche, ein Nichtseyn gegen ein Anderes, nämlich gegen die absolute
Reflexion in sich oder gegen das Wesen. Aber als Beziehung auf sich ist
sie in sich reflektirt.—Diese ihre Reflexion und jenes Gesetztseyn sind
verschieden; ihr Gesetztseyn ist vielmehr ihr Aufgehobenseyn; ihr
Reflektirtseyn in sich aber ist ihr Bestehen. Insofern es nun also das
Gesetztseyn ist, das zugleich Reflexion in sich selbst ist, so ist die
Reflexionsbestimmtheit die Beziehung auf ihr Andersseyn an ihr
selbst.—Sie ist nicht als eine seyende, ruhende Bestimmtheit, welche
bezogen würde auf ein Anderes, so daß das Bezogene und dessen Beziehung
verschieden von einander sind, jenes ein Insichseyendes, ein Etwas,
welches sein Anderes und seine Beziehung auf dieß Andere von sich
ausschließt. Sondern die Reflexions-Bestimmung ist an ihr selbst die
bestimmte Seite, und die Beziehung dieser bestimmten Seite als
bestimmter, das heißt, auf ihre Negation.—Die Qualität geht durch ihre
Beziehung in Anderes über; in ihrer Beziehung beginnt ihre Veränderung.
Die Reflexionsbestimmung hingegen hat ihr Andersseyn in sich
zurückgenommen. Sie ist Gesetztseyn, Negation, welche aber die
Beziehung auf Anderes in sich zurückbeugt, und Negation, die sich
selbst gleich, die Einheit ihrer selbst und ihres Andern und nur
dadurch Wesensheit ist. Sie ist also Gesetztseyn, Negation, aber als
Reflexion in sich ist sie zugleich das Aufgehobenseyn dieses
Gesetztseyns, unendliche Beziehung auf sich.



Zweites Kapitel. Die Wesenheiten oder die Reflexions-Bestimmungen.


Die Reflexion ist bestimmte Reflexion; somit ist das Wesen bestimmtes
Wesen, oder es ist Wesenheit.

Die Reflexion ist das Scheinen des Wesens in sich selbst. Das Wesen als
unendliche Rückkehr in sich ist nicht unmittelbare, sondern negative
Einfachheit; es ist eine Bewegung durch unterschiedene Momente,
absolute Vermittelung mit sich. Aber es scheint in diese seine Momente;
sie sind daher selbst in sich reflektirte Bestimmungen.

Das Wesen ist zuerst einfache Beziehung auf sich selbst; reine
Identität. Dieß ist seine Bestimmung, nach der es vielmehr
Bestimmungslosigkeit ist.

Zweitens die eigentliche Bestimmung ist der Unterschied; und zwar
theils als äußerlicher oder gleichgültiger Unterschied, die
Verschiedenheit überhaupt; theils aber als entgegengesetzte
Verschiedenheit oder als Gegensatz.

Drittens als Widerspruch reflektirt sich der Gegensatz in sich selbst
und geht in seinen Grund zurück.

Anmerkung.

Die Reflexions-Bestimmungen pflegten sonst in die Form von Sätzen
aufgenommen zu werden, worin von ihnen ausgesagt wurde, daß sie von
Allem gelten. Diese Sätze galten als die allgemeinen Denkgesetze, die
allem Denken zum Grunde liegen, an ihnen selbst absolut und unbeweisbar
seyen, aber von jedem Denken, wie es ihren Sinn fasse, unmittelbar und
unwidersprochen als wahr anerkannt und angenommen werden.

So wird die wesentliche Bestimmung der Identität in dem Satze
ausgesprochen: Alles ist sich selbst gleich; A=A. Oder negativ: A kann
nicht zugleich A und nicht A seyn. Es ist zunächst nicht abzusehen,
warum nur diese einfachen Bestimmungen der Reflexion in diese besondere
Form gefaßt werden sollen, und nicht auch die andern Kategorien, wie
alle Bestimmtheiten der Sphäre des Seyns. Es ergäben sich die Sätze
z.B. Alles ist, Alles hat ein Daseyn u.s.f. oder Alles hat eine
Qualität, Quantität u.s.w. Denn Seyn, Daseyn u.s.f. sind als logische
Bestimmungen überhaupt Prädikate von Allem. Die Kategorie ist ihrer
Etymologie und der Definition des Aristoteles nach, dasjenige, was von
dem Seyenden gesagt, behauptet wird.—Allein eine Bestimmtheit des Seyns
ist wesentlich ein Übergehen ins Entgegengesetzte; die negative einer
jeden Bestimmtheit ist so nothwendig als sie selbst; als unmittelbaren
Bestimmtheiten steht jeder die andere unmittelbar gegenüber. Wenn diese
Kategorien daher in solche Sätze gefaßt werden, so kommen ebenso sehr
die entgegengesetzten Sätze zum Vorschein; beide bieten sich mit
gleicher Nothwendigkeit dar, und haben als unmittelbare Behauptungen
wenigstens gleiches Recht. Der eine erforderte dadurch einen Beweis
gegen den andern, und diesen Behauptungen könnte daher nicht mehr der
Charakter von unmittelbar wahren und unwidersprechlichen Sätzen des
Denkens zukommen.

Die Reflexions-Bestimmungen dagegen sind nicht von qualitativer Art.
Sie sind sich auf sich beziehende und damit der Bestimmtheit gegen
Anderes zugleich entnommene Bestimmungen. Ferner indem es
Bestimmtheiten sind, welche Beziehungen an sich selbst sind, so
enthalten sie insofern die Form des Satzes schon in sich. Denn der Satz
unterscheidet sich vom Urtheil vornehmlich dadurch, daß in jenem der
Inhalt die Beziehung selbst ausmacht, oder daß er eine bestimmte
Beziehung ist. Das Urtheil dagegen verlegt den Inhalt in das Prädikat,
als eine allgemeine Bestimmtheit, die für sich und von ihrer Beziehung,
der einfachen Copula, unterschieden ist. Wenn ein Satz in ein Urtheil
verwandelt werden soll, so wird der bestimmte Inhalt, wenn er z.B. in
einem Zeitworte liegt, in ein Particip verwandelt, um auf diese Art die
Bestimmung selbst und ihre Beziehung auf ein Subjekt zu trennen. Den
Reflexions-Bestimmungen dagegen als in sich reflektirtem Gesetztseyn
liegt die Form des Satzes selbst nahe.—Allein indem sie als allgemeine
Denkgesetze ausgesprochen werden, so bedürfen sie noch eines Subjekts
ihrer Beziehung, und dieß Subjekt ist: Alles; oder ein A, was ebenso
viel als Alles und Jedes Seyn bedeutet.

Eines Theils ist diese Form von Sätzen etwas Überflüssiges; die
Reflexions-Bestimmungen sind an und für sich zu betrachten. Ferner
haben diese Sätze die schiefe Seite, das Seyn, Alles Etwas, zum
Subjekte zu haben. Sie erwecken damit das Seyn wieder, und sprechen die
Reflexions-Bestimmungen, die Identität u.s.f. von dem Etwas als eine
Qualität aus, die es an ihm habe; nicht in spekulativem Sinne, sondern
daß Etwas als Subjekt in einer solchen Qualität bleibe als seyendes,
nicht daß es in die Identität u.s.f. als in seine Wahrheit und sein
Wesen übergegangen sey.

Endlich aber haben die Reflexions-Bestimmungen zwar die Form sich
selbst gleich und daher unbezogen auf Anderes und ohne Entgegensetzung
zu seyn; aber wie sich aus ihrer nähern Betrachtung ergeben wird,—oder
wie unmittelbar an ihnen, als der Identität, der Verschiedenheit, der
Entgegensetzung erhellt—sind sie bestimmte gegen einander, sie sind
also durch ihre Form der Reflexion, dem Übergehen und dem Widerspruche
nicht entnommen. Die mehrern Sätze, die als absolute Denkgesetze
aufgestellt werden, sind daher, näher betrachtet, einander
entgegengesetzt, sie widersprechen einander und heben sich gegenseitig
auf.—Wenn Alles identisch mit sich ist, so ist es nicht verschieden,
nicht entgegengesetzt, hat keinen Grund. Oder wenn angenommen wird, es
giebt nicht zwei gleiche Dinge d. h. Alles ist von einander
verschieden, so ist A nicht gleich A, so ist A auch nicht
entgegengesetzt u.s.f. Die Annahme eines jeden von diesen Sätzen läßt
die Annahme der andern nicht zu.—Die gedankenlose Betrachtung derselben
zählt sie nach einander auf, so daß sie in keiner Beziehung auf
einander erscheinen; sie hat bloß ihr Reflektirtseyn in sich im Sinne,
ohne ihr anderes Moment, das Gesetztseyn oder ihre Bestimmtheit als
solche zu beachten, welche sie in den Übergang und in ihre Negation
fortreiBt.

A. Die Identität.

1. Das Wesen ist die einfache Unmittelbarkeit als aufgehobene
Unmittelbarkeit. Seine Negativität ist sein Seyn; es ist sich selbst
gleich in seiner absoluten Negativität, durch die das Andersseyn und
die Beziehung auf Anderes schlechthin an sich selbst in die reine
Sichselbstgleichheit verschwunden ist. Das Wesen ist also einfache
Identität mit sich.

Diese Identität mit sich ist die Unmittelbarkeit der Reflexion. Sie ist
nicht diejenige Gleichheit mit sich, welche das Seyn oder auch das
Nichts ist, sondern die Gleichheit mit sich, welche als sich zur
Einheit herstellende ist, nicht ein Wiederherstellen aus einem Andern,
sondern dieß reine Herstellen aus und in sich selbst; die wesentliche
Identität. Sie ist insofern nicht abstrakte Identität, oder nicht durch
ein relatives Negiren entstanden, das außerhalb ihrer vorgegangen wäre,
und das Unterschiedene nur von ihr abgetrennt, übrigens aber dasselbe
außer ihr als seyend gelassen hätte, vor wie nach. Sondern das Seyn und
alle Bestimmtheit des Seyns hat sich nicht relativ, sondern an sich
selbst aufgehoben; und diese einfache Negativität, des Seyns an sich,
ist die Identität selbst.

Sie ist insofern noch überhaupt dasselbe, als das Wesen.

Anmerkung 1.

Das Denken, das sich in der äußern Reflexion hält, und von keinem
andern Denken weiß, als der äußern Reflexion, kommt nicht dazu, die
Identität wie sie so eben gefaßt worden ist, oder das Wesen, was
dasselbe ist, zu erkennen. Solches Denken hat immer nur die abstrakte
Identität vor sich, und außer und neben derselben den Unterschied. Es
meint, die Vernunft sey weiter nichts als ein Webstuhl, auf dem sie den
Zettel, etwa die Identität, und dann den Eintrag, den Unterschied,
äußerlich mit einander verbinde und verschlinge; oder auch wieder
analysirend jetzt die Identität besonders herausziehe, und dann auch
wieder den Unterschied daneben erhalte, jetzt ein Gleichsetzen, und
dann auch wieder ein Ungleichsetzen sey;—ein Gleichsetzen, indem man
vom Unterschiede, —ein Ungleichsetzen, indem man vom Gleichsetzen
abstrahire.—Man muß diese Versicherungen und Meinungen von dem, was die
Vernunft thue, ganz bei Seite gestellt lassen, indem sie gewissermassen
bloß historische sind, und vielmehr die Betrachtung von Allem, was ist,
an ihm selbst zeigt, daß es in seiner Gleichheit mit sich sich ungleich
und widersprechend, und in seiner Verschiedenheit, in seinem
Widerspruche, mit sich identisch, und an ihm selbst, diese Bewegung des
Übergehens einer dieser Bestimmungen in die andere ist, und dieß darum,
weil jede an ihr selbst das Gegentheil ihrer selbst ist. Der Begriff
der Identität, einfache sich auf sich beziehende Negativität zu seyn,
ist nicht ein Produkt der äußern Reflexion, sondern hat sich an dem
Seyn selbst ergeben. Da hingegen jene Identität, die außer dem
Unterschied, und der Unterschied, der außer der Identität sey, Produkte
der äußern Reflexion und der Abstraktion sind, die sich willkürlicher
Weise auf diesem Punkte der gleichgültigen Verschiedenheit festhält.

2. Diese Identität ist zunächst das Wesen selbst, noch keine Bestimmung
desselben; die ganze Reflexion, nicht ein unterschiedenes Moment
derselben. Als absolute Negation ist sie die Negation, die unmittelbar
sich selbst negirt; ein Nichtseyn und Unterschied, der in seinem
Entstehen verschwindet, oder ein Unterscheiden, wodurch nichts
unterschieden wird, sondern das unmittelbar in sich selbst
zusammenfällt. Das Unterscheiden ist das Setzen des Nichtseyns, als des
Nichtseyns des Andern. Aber das Nichtseyn des Andern ist Aufheben des
Andern, und somit des Unterscheidens selbst. So ist aber das
Unterscheiden hier vorhanden, als sich auf sich beziehende Negativität,
als ein Nichtseyn, das das Nichtseyn seiner selbst ist; ein Nichtseyn,
das sein Nichtseyn nicht an einem andern, sondern an sich selbst hat.
Es ist also der sich auf sich beziehende, der reflektirte Unterschied
vorhanden, oder reine, absolute Unterschied.

Oder die Identität ist die Reflexion in sich selbst, welche dieß nur
ist, als innerliches Abstoßen, und dieß Abstoßen ist es als Reflexion
in sich, unmittelbar sich in sich zurücknehmendes Abstoßen. Sie ist
somit die Identität als der mit sich identische Unterschied. Der
Unterschied ist aber nur identisch mit sich, insofern er nicht die
Identität, sondern absolute Nichtidentität ist. Absolut aber ist die
Nichtidentität, insofern sie nichts von ihr Anderes enthält, sondern
nur sich selbst, das heißt, insofern sie absolute Identität mit sich
ist.

Die Identität ist also an ihr selbst absolute Nichtidentität. Aber sie
ist auch die Bestimmung der Identität dagegen. Denn als Reflexion in
sich setzt sie sich als ihr eigenes Nichtseyn; sie ist das Ganze, aber
als Reflexion setzt sie sich als ihr eigenes Moment, als Gesetztseyn,
aus welchem sie die Rückkehr in sich ist. So als ihr Moment ist sie
erst die Identität als solche als Bestimmung der einfachen Gleichheit
mit sich selbst, gegen den absoluten Unterschied.

Anmerkung 2.

Ich werde in dieser Anmerkung die Identität als den Satz der Identität
näher betrachten, der als das erste Denkgesetz aufgeführt zu werden
pflegt.

Dieser Satz in seinem positiven Ausdrucke A=A, ist zunächst nichts
weiter, als der Ausdruck der leeren Tautologie. Es ist daher richtig
bemerkt worden, daß dieses Denkgesetz ohne Inhalt sey und nicht weiter
führe. So ist die leere Identität, an welcher diejenigen festhangen
bleiben, welche sie als solche für etwas Wahres nehmen und immer
vorzubringen pflegen, die Identität sey nicht die Verschiedenheit,
sondern die Identität und die Verschiedenheit seyen verschieden. Sie
sehen nicht, daß sie schon hierin selbst sagen, daß die Identität ein
Verschiedenes ist; denn sie sagen, die Identität sey verschieden von
der Verschiedenheit; indem dieß zugleich als die Natur der Identität
zugegeben werden muß, so liegt darin, daß die Identität nicht
äußerlich, sondern an ihr selbst, in ihrer Natur dieß sey, verschieden
zu seyn.—Ferner aber indem sie an dieser unbewegten Identität
festhalten, welche ihren Gegensatz an der Verschiedenheit hat, so sehen
sie nicht, daß sie hiermit dieselbe zu einer einseitigen Bestimmtheit
machen, die als solche keine Wahrheit hat. Es wird zugegeben, daß der
Satz der Identität nur eine einseitige Bestimmtheit ausdrücke, daß er
nur die formelle eine abstrakte, unvollständige Wahrheit enthalte.—In
diesem richtigen Urtheil liegt aber unmittelbar, daß die Wahrheit nur
in der Einheit der Identität mit der Verschiedenheit vollständig ist,
und somit nur in dieser Einheit bestehe. Indem behauptet wird, daß jene
Identität unvollkommen ist, so schwebt diese Totalität, an der gemessen
die Identität unvollkommen ist, als das Vollkommene dem Gedanken vor;
indem aber auf der andern Seite die Identität als absolut getrennt von
der Verschiedenheit festgehalten und in dieser Trennung als ein
Wesentliches, Geltendes, Wahres genommen wird, so ist in diesen
widerstreitenden Behauptungen nichts zu sehen, als der Mangel, diese
Gedanken, daß die Identität als abstrakte wesentlich, und daß sie als
solche ebenso unvollkommen ist, zusammenzubringen; der Mangel des
Bewußtseyns über die negative Bewegung, als welche in diesen
Behauptungen die Identität selbst dargestellt wird.—Oder indem sich so
ausgedrückt wird, die Identität sey wesentliche Identität als Trennung
von der Verschiedenheit, oder in der Trennung von der Verschiedenheit,
so ist dieß unmittelbar die ausgesprochene Wahrheit derselben, daß sie
darin besteht, Trennung als solche zu seyn, oder in der Trennung
wesentlich, das ist, nichts für sich, sondern Moment der Trennung zu
seyn.

Was nun die sonstige Beglaubigung der absoluten Wahrheit des Satzes der
Identität betrifft, so wird sie insofern auf die Erfahrung gegründet,
als sich auf die Erfahrung jedes Bewußtseyns berufen wird, daß es, wie
man ihm diesen Satz, A ist A, ein Baum ist ein Baum, ausspreche, es
denselben unmittelbar zugebe und darin befriedigt sey, daß der Satz als
unmittelbar klar durch sich selbst, keiner andern Begründung und
Beweises bedürfe.

Eines Theils ist diese Berufung auf die Erfahrung, daß allgemein jedes
Bewußtseyn ihn anerkenne, bloße Redensart. Denn man will nicht sagen,
daß man das Experiment mit dem abstrakten Satze A=A an jedem Bewußtseyn
gemacht habe. Es ist insofern weiter nicht Ernst mit jener Berufung auf
wirklich gemachte Erfahrung, sondern sie ist nur die Versicherung, daß
wenn man die Erfahrung machte, sich das Resultat des allgemeinen
Anerkennens ergeben würde.—Wäre aber nicht der abstrakte Satz als
solcher, sondern der Satz in konkreter Anwendung gemeint, aus der jener
erst entwickelt werden sollte, so bestünde die Behauptung von seiner
Allgemeinheit und Unmittelbarkeit darin, daß jedes Bewußtseyn, und
selbst in jeder seiner Äußerungen ihn zu Grunde lege, oder daß er
implicite in jeder liege. Allein das Konkrete und die Anwendung ist ja
eben die Beziehung des einfachen Identischen auf ein von ihm
verschiedenes Mannigfaltiges. Als Satz ausgedrückt, wäre das Konkrete
zunächst ein synthetischer Satz. Aus dem Konkreten selbst oder seinem
synthetischen Satze würde die Abstraktion den Satz der Identität wohl
durch Analyse herausbringen können; aber in der That hätte sie die
Erfahrung nicht gelassen wie sie ist, sondern verändert; denn die
Erfahrung enthielt vielmehr die Identität in Einheit mit der
Verschiedenheit, und ist die unmittelbare Widerlegung von der
Behauptung, daß die abstrakte Identität als solche etwas Wahres sey,
denn das gerade Gegentheil, nämlich die Identität nur vereinigt mit der
Verschiedenheit, kommt in jeder Erfahrung vor.

Auf der andern Seite wird aber auch die Erfahrung mit dem reinen Satze
der Identität, nur zu oft, gemacht, und es zeigt sich in dieser
Erfahrung klar genug, wie die Wahrheit, die er enthält, angesehen wird.
Wenn nämlich z.B. auf die Frage: was ist eine Pflanze? die Antwort
gegeben wird: eine Pflanze ist—eine Pflanze, so wird die Wahrheit eines
solchen Satzes, von der ganzen Gesellschaft, an der sie erprobt wird,
zugleich zugegeben, und zugleich ebenso einstimmig gesagt werden, daß
damit Nichts gesagt ist. Wenn einer den Mund aufthut, und anzugeben
verspricht, was Gott sey, nämlich Gott sey—Gott, so findet sich die
Erwartung getäuscht, denn sie sah einer verschiedenen Bestimmung
entgegen; und wenn dieser Satz absolute Wahrheit ist, wird solche
absolute Rednerei sehr gering geachtet; es wird nichts für langweiliger
und lästiger gehalten werden, als eine nur dasselbe wiederkäuende
Unterhaltung, als solches Reden, das doch Wahrheit seyn soll.

Näher diese Wirkung der Langeweile bei solcher Wahrheit betrachtet, so
macht der Anfang: die Pflanze ist—, Anstalten etwas zu sagen, eine
weitere Bestimmung vorzubringen. Indem aber nur dasselbe wiederkehrt,
so ist vielmehr das Gegentheil geschehen, es ist Nichts herausgekommen.
Solches identische Reden widerspricht sich also selbst. Die Identität,
statt an ihr die Wahrheit und absolute Wahrheit zu seyn, ist daher
vielmehr das Gegentheil; statt das unbewegte Einfache zu seyn, ist sie
das Hinausgehen über sich in die Auflösung ihrer selbst.

Es liegt also in der Form des Satzes, in der die Identität ausgedrückt
ist, mehr als die einfache, abstrakte Identität; es liegt diese reine
Bewegung der Reflexion darin, in der das Andere nur als Schein, als
unmittelbares Verschwinden auftritt; A ist, ist ein Beginnen, dem ein
Verschiedenes vorschwebt, zu dem hinausgegangen werde; aber es kommt
nicht zu dem Verschiedenen; A ist—A: die Verschiedenheit ist nur ein
Verschwinden; die Bewegung geht in sich selbst zurück.—Die Form des
Satzes kann als die verborgene Nothwendigkeit angesehen werden, noch
das Mehr jener Bewegung zu der abstrakten Identität hinzuzufügen.—So
kommt auch ein A, oder eine Pflanze oder sonst ein Substrat hinzu, das
als ein unnützer Inhalt keine Bedeutung hat; aber er macht die
Verschiedenheit aus, die sich zufälligerweise beizugesellen scheint.
Wenn statt des A und jedes andern Substrats, die Identität selbst
genommen wird,—die Identität ist die Identität,—so ist ebenso
zugegeben, daß statt dieser gleichfalls jedes andere Substrat genommen
werden könne. Wenn sich daher einmal darauf berufen werden soll, was
die Erscheinung zeigt, so zeigt sie dieß, daß in dem Ausdrucke der
Identität auch unmmittelbar die Verschiedenheit vorkommt;—oder
bestimmter nach dem Obigen, daß diese Identität das Nichts, daß sie die
Negativität, der absolute Unterschied von sich selbst ist.

Der andre Ausdruck des Satzes der Identität: A kann nicht zugleich A
und Nicht-A seyn, hat negative Form; er heißt der Satz des
Widerspruchs. Es pflegt darüber, wie die Form der Negation, wodurch
sich dieser Satz vom vorigen unterscheidet, an die Identität komme,
keine Rechtfertigung gegeben zu werden.—Diese Form liegt aber darin,
daß die Identität als die reine Bewegung der Reflexion, die einfache
Negativität ist, welche der angeführte zweite Ausdruck des Satzes
entwickelter enthält. Es ist A ausgesprochen und ein Nicht-A, das
Rein-Andre des A, aber es zeigt sich nur um zu verschwinden. Die
Identität ist also in diesem Satze ausgedrückt,—als Negation der
Negation. A und Nicht-A, sind unterschieden, diese unterschiedenen sind
auf ein und dasselbe A bezogen. Die Identität ist also als diese
Unterschiedenheit in Einer Beziehung oder als der einfache Unterschied
an ihnen selbst hier dargestellt.

Es erhellt hieraus, daß der Satz der Identität selbst und noch mehr der
Satz des Widerspruchs nicht bloß analytischer, sondern synthetischer
Natur ist. Denn der letztere enthält in seinem Ausdrucke nicht nur die
leere, einfache Gleichheit mit sich, sondern nicht allein das Andere
derselben überhaupt, sondern sogar die absolute Ungleichheit, den
Widerspruch an sich. Der Satz der Identität selbst aber enthält, wie an
ihm gezeigt wurde, die Reflexions-Bewegung, die Identität als
Verschwinden des Andersseyns.

Was sich also aus dieser Betrachtung ergiebt, ist, daß erstens der Satz
der Identität oder des Widerspruchs, wie er nur die abstrakte Identität
im Gegensatz gegen den Unterschied, als Wahres ausdrücken soll, kein
Denkgesetz, sondern vielmehr das Gegentheil davon ist; zweitens, daß
diese Sätze mehr, als mit ihnen gemeint wird, nämlich dieses
Gegentheil, den absoluten Unterschied selbst, enthalten.

B. Der Unterschied.

1. Der absolute Unterschied.

Der Unterschied ist die Negativität, welche die Reflexion in sich hat;
das Nichts, das durch das identische Sprechen gesagt wird; das
wesentliche Moment der Identität selbst, die zugleich als Negativität
ihrer selbst, sich bestimmt und unterschieden vom Unterschied ist.

1. Dieser Unterschied ist der Unterschied an und für sich, der absolute
Unterschied, der Unterschied des Wesens.—Er ist der Unterschied an und
für sich, nicht Unterschied durch ein Äußerliches, sondern sich auf
sich beziehender, also einfacher Unterschied.—Es ist wesentlich den
absoluten Unterschied als einfachen zu fassen. Im absoluten
Unterschiede des A und Nicht-A von einander ist es das einfache Nicht,
was als solches denselben ausmacht. Der Unterschied selbst ist
einfacher Begriff. Darin, drückt man sich aus, sind zwei Dinge
unterschieden, daß sie u.s.f.—Darin, das heißt, in einer und derselben
Rücksicht, in demselben Bestimmungsgrunde. Er ist der Unterschied der
Reflexion, nicht das Andersseyn des Daseyns. Ein Daseyn und ein anderes
Daseyn sind gesetzt als außereinanderfallend, jedes der gegen einander
bestimmten Daseyn hat ein unmittelbares Seyn für sich. Das Andre des
Wesens dagegen ist das Andre an und für sich, nicht das Andre als eines
andern außer ihm Befindlichen; die einfache Bestimmtheit an sich. Auch
in der Sphäre des Daseyns erwies sich das Andersseyn und die
Bestimmtheit von dieser Natur, einfache Bestimmtheit, identischer
Gegensatz zu seyn; aber diese Identität zeigte sich nur als das
Übergehen einer Bestimmtheit in die andere. Hier in der Sphäre der
Reflexion tritt der Unterschied als reflektirter auf, der so gesetzt
ist, wie er an sich ist.

2. Der Unterschied an sich ist der sich auf sich beziehende
Unterschied; so ist er die Negativität seiner selbst, der Unterschied
nicht von einem Andern, sondern seiner von sich selbst; er ist nicht er
selbst, sondern sein Anderes. Das Unterschiedene aber vom Unterschiede
ist die Identität. Er ist also er selbst und die Identität. Beide
zusammen machen den Unterschied aus; er ist das Ganze und sein
Moment.—Es kann ebenso gesagt werden, der Unterschied als einfacher ist
kein Unterschied; er ist dieß erst in Beziehung auf die Identität; aber
vielmehr enthält er als Unterschied ebenso sie und diese Beziehung
selbst.—Der Unterschied ist das Ganze und sein eignes Moment; wie die
Identität ebenso sehr ihr Ganzes und ihr Moment ist.—Dieß ist als die
wesentliche Natur der Reflexion und als bestimmter Urgrund aller
Thätigkeit und Selbstbewegung zu betrachten. —Unterschied wie die
Identität machen sich zum Momente oder zum Gesetztseyn, weil sie als
Reflexion die negative Beziehung auf sich selbst sind.

Der Unterschied, so als Einheit seiner und der Identität, ist an sich
selbst bestimmter Unterschied. Er ist nicht Übergehen in ein Anderes,
nicht Beziehung auf Anderes außer ihm; er hat sein Anderes, die
Identität an ihm selbst; so wie diese, indem sie in die Bestimmung des
Unterschieds getreten, nicht in ihn als ihr Anderes sich verloren hat,
sondern in ihm sich erhält, seine Reflexion in sich und sein Moment
ist.

3. Der Unterschied hat die beiden Momente, Identität und Unterschied;
beide sind so ein Gesetztseyn, Bestimmtheit. Aber in diesem Gesetztseyn
ist jedes Beziehung auf sich selbst. Das eine, die Identität ist
unmittelbar selbst das Moment der Reflexion in sich; ebenso ist aber
das andere, der Unterschied, Unterschied an sich, der reflektirte
Unterschied. Der Unterschied, indem er zwei solche Momente hat, die
selbst die Reflexionen in sich sind, ist Verschiedenheit.

2. Die Verschiedenheit.

1. Die Identität zerfällt an ihr selbst in Verschiedenheit, weil sie
als absoluter Unterschied in sich selbst, sich als das Negative ihrer
setzt, und diese ihre Momente, sie selbst und das Negative ihrer,
Reflexionen in sich, identisch mit sich sind; oder eben weil sie ihr
Negiren unmittelbar selbst aufhebt, und in ihrer Bestimmung in sich
reflektirt ist. Das Unterschiedne besteht als gegen einander
gleichgültig verschiedenes, weil es identisch mit sich ist, weil die
Identität seinen Boden und Element ausmacht; oder das Verschiedene ist
das, was es ist, eben nur in seinem Gegentheile, der Identität.

Die Verschiedenheit macht das Andersseyn als solches der Reflexion aus.
Das Andere des Daseyns hat das unmittelbare Seyn zu seinem Grunde, in
welchem das Negative besteht. In der Reflexion aber macht die Identität
mit sich, die reflektirte Unmittelbarkeit, das Bestehen des Negativen
und die Gleichgültigkeit desselben aus.

Die Momente des Unterschiedes sind die Identität und der Unterschied
selbst. Verschiedene sind sie als in sich selbst reflektirte, sich auf
sich beziehende; so sind sie in der Bestimmung der Identität,
Beziehungen nur auf sich; die Identität ist nicht bezogen auf den
Unterschied, noch ist der Unterschied bezogen auf die Identität; indem
so jedes dieser Momente nur auf sich bezogen ist, sind sie nicht
bestimmt gegen einander.—Weil sie nun auf diese Weise nicht an ihnen
selbst unterschiedene sind, so ist der Unterschied ihnen äußerlich. Die
Verschiedenen verhalten sich also nicht als Identität und Unterschied
zu einander, sondern nur als Verschiedene überhaupt, die gleichgültig
gegeneinander und gegen ihre Bestimmtheit sind.

2. In der Verschiedenheit als der Gleichgültigkeit des Unterschieds,
ist sich überhaupt die Reflexion äußerlich geworden; der Unterschied
ist nur ein Gesetztseyn oder als aufgehobener, aber er ist selbst die
ganze Reflexion.—Dieß näher betrachtet, so sind beide, die Identität
und der Unterschied, wie sich so eben bestimmt hat, Reflexionen; jedes
Einheit seiner selbst und seines Andern; jedes ist das Ganze. Damit
aber ist die Bestimmtheit, nur Identität oder nur Unterschied zu seyn,
ein Aufgehobenes. Sie sind darum keine Qualitäten, weil ihre
Bestimmtheit durch die Reflexion in sich zugleich nur als Negation ist.
Es ist also dieß Gedoppelte vorhanden, die Reflexion in sich als
solche, und die Bestimmtheit als Negation, oder das Gesetztseyn. Das
Gesetztseyn ist die sich äußerliche Reflexion; es ist die Negation als
Negation; hiermit an sich zwar die sich auf sich beziehende Negation
und Reflexion in sich; aber nur an sich; es ist die Beziehung darauf
als auf ein Äußerliches.

Die Reflexion an sich und die äußere Reflexion, sind somit die zwei
Bestimmungen, in die sich die Momente des Unterschiedes, Identität und
Unterschied, setzten. Sie sind diese Momente selbst, insofern sie sich
nunmehr bestimmt haben.—Die Reflexion an sich ist die Identität, aber
bestimmt, gleichgültig gegen den Unterschied zu seyn; nicht den
Unterschied gar nicht zu haben, sondern sich als mit sich identisch
gegen ihn zu verhalten; sie ist die Verschiedenheit. Es ist die
Identität, die sich so in sich reflektirt hat, daß sie eigentlich die
Eine Reflexion der beiden Momente in sich ist, beide sind Reflexionen
in sich. Die Identität ist diese eine Reflexion beider, die den
Unterschied nur als einen gleichgültigen an ihr hat, und
Verschiedenheit überhaupt ist.—Die äußere Reflexion dagegen ist der
bestimmte Unterschied derselben nicht als absolute Reflexion in sich,
sondern als Bestimmung, wogegen die an sich seyende Reflexion
gleichgültig ist; seine beiden Momente, die Identität und der
Unterschied selbst, sind so äußerlich gesetzte, nicht an und für sich
seyende Bestimmungen.

Diese äußerliche Identität nun ist die Gleichheit, und der äußerliche
Unterschied die Ungleichheit.—Die Gleichheit ist zwar Identität, aber
nur als ein Gesetztseyn, eine Identität, die nicht an und für sich
ist.—Ebenso die Ungleichheit ist Unterschied, aber als ein äußerlicher,
der nicht an und für sich der Unterschied des Ungleichen selbst ist. Ob
Etwas einem andern Etwas gleich ist oder nicht, geht weder das eine
noch das andere an; jedes derselben ist nur auf sich bezogen; ist an
und für sich selbst was es ist; die Identität oder Nichtidentität als
Gleichheit und Ungleichheit ist die Rücksicht eines Dritten, die außer
ihnen fällt.

3. Die äußere Reflexion bezieht das Verschiedene auf die Gleichheit und
Ungleichheit. Diese Beziehung, das Vergleichen, geht von der Gleichheit
zur Ungleichheit, und von dieser zu jener herüber und hinüber. Aber
dieses herüber- und hinübergehende Beziehen der Gleichheit und
Ungleichheit ist diesen Bestimmungen selbst äußerlich; auch werden sie
nicht auf einander, sondern jede für sich nur auf ein Drittes bezogen.
Jede tritt in dieser Abwechslung unmittelbar für sich hervor.—Die
äußerliche Reflexion ist als solche sich selbst äußerlich; der
bestimmte Unterschied ist der negirte absolute Unterschied; er ist
somit nicht einfach, nicht die Reflexion in sich, sondern diese hat er
außer ihm; seine Momente fallen daher aus einander, und beziehen sieh
auch als gegen einander äußerliche, auf die ihnen gegenüber stehende
Reflexion in sich.

An der sich entfremdeten Reflexion kommen also die Gleichheit und
Ungleichheit als gegen einander selbst unbezogene hervor, und sie
trennt sie, indem sie sie auf ein und dasselbe bezieht, durch die
Insoferns, Seiten und Rücksichten. Die Verschiedenen, die das eine und
dasselbe sind, worauf beide, die Gleichheit und Ungleichheit, bezogen
werden, sind also nach der einen Seite einander gleich, nach der andern
Seite aber ungleich, und insofern sie gleich sind, insofern sind sie
nicht ungleich. Die Gleichheit bezieht sich nur auf sich, und die
Ungleichheit ist ebenso nur Ungleichheit.

Durch diese ihre Trennung von einander aber heben sie sich nur auf.
Gerade, was den Widerspruch und die Auflösung von ihnen abhalten soll,
daß nämlich Etwas einem Andern in einer Rücksicht gleich, in einer
andern aber ungleich sey;—dieß Auseinanderhalten der Gleichheit und
Ungleichheit ist ihre Zerstörung. Denn beide sind Bestimmungen des
Unterschiedes; sie sind Beziehungen aufeinander, das eine, zu seyn, was
das andere nicht ist; gleich ist nicht ungleich, und ungleich ist nicht
gleich; und beide haben wesentlich diese Beziehung, und außer ihr keine
Bedeutung; als Bestimmungen des Unterschiedes ist jedes das was es ist,
als unterschieden von seinem andern. Durch ihre Gleichgültigkeit aber
gegen einander, ist die Gleichheit nur bezogen auf sich, die
Ungleichheit ist ebenso eine eigene Rücksicht und Reflexion für sich;
jede ist somit sich selbst gleich; der Unterschied ist verschwunden, da
sie keine Bestimmtheit gegen einander haben; oder jede ist hiermit nur
Gleichheit.

Diese gleichgültige Rücksicht, oder der äußerliche Unterschied hebt
somit sich selbst auf, und ist die Negativität seiner an sich selbst.
Er ist diejenige Negativität, welche in dem Vergleichen dem
Vergleichenden zukommt. Das Vergleichende geht von der Gleichheit zur
Ungleichheit, und von dieser zu jener zurück; läßt also das eine im
andern verschwinden, und ist in der That die negative Einheit beider.
Sie ist zunächst jenseits des Verglichenen so wie jenseits der Momente
der Vergleichung, als ein Subjektives, außerhalb ihnen fallendes Thun.
Aber diese negative Einheit ist in der That die Natur der Gleichheit
und Ungleichheit selbst, wie sich ergeben hat. Eben die selbstständige
Rücksicht, die eine jede ist, ist vielmehr die ihre Unterschiedenheit
und damit sie selbst aufhebende Beziehung auf sich.

Nach dieser Seite, als Momente der äußern Reflexion und als sich selbst
äußerlich, verschwinden die Gleichheit und Ungleichheit in ihre
Gleichheit zusammen. Aber diese ihre negative Einheit ist ferner auch
an ihnen gesetzt; sie haben nämlich die an sich seyende Reflexion außer
ihnen, oder sind die Gleichheit und Ungleichheit eines Dritten, eines
Andern als sie selbst sind. So ist das Gleiche nicht das Gleiche seiner
selbst, und das Ungleiche als das Ungleiche nicht seiner selbst,
sondern eines ihm ungleichen, ist selbst das Gleiche. Das Gleiche und
das Ungleiche ist also das Ungleiche seiner selbst. Jedes ist somit
diese Reflexion, die Gleichheit, daß sie sie selbst und die
Ungleichheit, die Ungleichheit, daß sie sie selbst und die Gleichheit
ist.

Gleichheit und Ungleichheit machten die Seite des Gesetztseyns, gegen
das Verglichene oder das Verschiedene aus, das sich als die an sich
seyende Reflexion gegen sie bestimmt hatte. Aber dieses hat damit seine
Bestimmtheit gegen sie ebenfalls verloren. Eben die Gleichheit und
Ungleichheit, die Bestimmungen der äußerlichen Reflexion, sind die nur
an sich seyende Reflexion, welche das Verschiedene als solches seyn
sollte, sein nur unbestimmter Unterschied. Die an sich seyende
Reflexion ist die Beziehung auf sich ohne Negation, die abstrakte
Identität mit sich; damit eben das Gesetztseyn selbst.—Das bloß
Verschiedene geht also durch das Gesetztseyn über in die negative
Reflexion. Das Verschiedene ist der bloß gesetzte Unterschied, also der
Unterschied, der keiner ist, also die Negation seiner an ihm selbst. So
die Gleichheit und Ungleichheit selbst, das Gesetztseyn, geht durch die
Gleichgültigkeit oder die an sich seyende Reflexion zurück in die
negative Einheit mit sich; in die Reflexion, welche der Unterschied der
Gleichheit und Ungleichheit an sich selbst ist. Die Verschiedenheit,
deren gleichgültige Seiten ebenso sehr schlechthin nur Momente als
Einer negativen Einheit sind, ist der Gegensatz.

Anmerkung.

Die Verschiedenheit wird, wie die Identität, in einem eigenen Satze
ausgedrückt. Übrigens bleiben diese beide Sätze in der gleichgültigen
Verschiedenheit gegeneinander gehalten, so daß jeder für sich gilt ohne
Rücksicht auf den andern.

Alle Dinge sind verschieden, oder: Es giebt nicht zwei Dinge, die
einander gleich sind.—Dieser Satz ist in der That dem Satze der
Identität entgegengesetzt, denn er sagt aus: A ist ein Verschiedenes,
also A ist auch nicht A; oder A ist einem andern ungleich, so ist es
nicht A überhaupt, sondern vielmehr ein bestimmtes A. An die Stelle des
A im identischen Satze kann jedes andere Substrat gesetzt, aber A als
Ungleiches nicht mehr mit jedem andern vertauscht werden. Es soll zwar
nicht ein Verschiedenes von sich, sondern nur von Anderem seyn; aber
diese Verschiedenheit ist seine eigene Bestimmung. Als mit sich
identisches A ist es das Unbestimmte; aber als Bestimmtes ist es das
Gegentheil hiervon, es hat nicht mehr nur die Identität mit sich,
sondern auch eine Negation, somit eine Verschiedenheit seiner selbst
von sich an ihm.

Daß alle Dinge verschieden sind von einander, ist ein sehr
überflüssiger Satz, denn im Plural der Dinge liegt unmittelbar die
Mehrheit und die ganz unbestimmte Verschiedenheit.—Der Satz aber: es
giebt nicht zwei Dinge, die einander vollkommen gleich sind, drückt
mehr, nämlich die bestimmte Verschiedenheit aus. Zwei Dinge sind nicht
bloß zwei; die numerische Vielheit ist nur die Einerleiheit, sondern
sie sind durch eine Bestimmung verschieden. Der Satz, daß es nicht zwei
Dinge giebt, die einander gleich sind, fällt dem Vorstellen,—auch nach
der Anekdote, an einem Hofe auf, wo ihn Leibniz vorgebracht und die
Damen veranlaßt haben soll, unter Baumblättern zu suchen, ob sie nicht
zwei gleiche finden.—Glückliche Zeiten für die Metaphysik, wo man sich
am Hofe mit ihr beschäftigte, und wo es keiner andern Anstrengung
bedurfte, ihre Sätze zu prüfen, als Baumblätter zu vergleichen!—Der
Grund, daß jener Satz auffallend ist, liegt in dem Gesagten, daß zwei
oder die numerische Mehrheit noch keine bestimmte Verschiedenheit
enthält, und daß die Verschiedenheit als solche in ihrer Abstraktion
zunächst gleichgültig gegen die Gleichheit und Ungleichheit ist. Das
Vorstellen, indem es auch zur Bestimmung übergeht, nimmt diese Momente
selbst als gegen einander gleichgültige auf, so daß das eine ohne das
andere, die bloße Gleichheit der Dinge ohne die Ungleichheit zur
Bestimmung hinreiche, oder daß die Dinge verschieden seyen, wenn sie
auch nur numerisch Viele, verschiedene überhaupt, nicht ungleiche sind.
Der Satz der Verschiedenheit hingegen drückt aus, daß die Dinge durch
die Ungleichheit von einander verschieden sind, daß ihnen die
Bestimmung der Ungleichheit so sehr zukomme als die der Gleichheit,
denn erst beide zusammen machen den bestimmten Unterschied aus.

Dieser Satz nun, daß allen Dingen die Bestimmung der Ungleichheit
zukommt, bedürfte eines Beweises; er kann nicht als unmittelbarer Satz
aufgestellt werden, denn die gewöhnliche Weise des Erkennens selbst
fotdert für die Verknüpfung verschiedener Bestimmungen in einem
synthetischen Satze einen Beweis oder das Aufzeigen eines Dritten,
worin sie vermittelt sind. Dieser Beweis müßte den Übergang der
Identität in die Verschiedenheit, und dann den Übergang dieser in die
bestimmte Verschiedenheit, in die Ungleichheit darthun. Dieß pflegt
aber nicht geleistet zu werden; es ergab sich darin, daß die
Verschiedenheit oder der äußerliche Unterschied, in Wahrheit in sich
reflektirter, Unterschied an ihm selbst ist, daß das gleichgültige
Bestehen des Verschiedenen das bloße Gesetztseyn, und damit nicht
äußerlicher, gleichgültiger Unterschied, sondern Eine Beziehung der
beiden Momente ist.

Es liegt darin auch die Auflösung und Nichtigkeit des Satzes der
Verschiedenheit. Zwei Dinge sind nicht vollkommen gleich; so sind sie
gleich und ungleich zugleich; gleich schon darin, daß sie Dinge oder
zwei überhaupt sind, denn jedes ist ein Ding und ein Eins so gut als
das andere,jedes also dasselbe, was das andere; ungleich aber sind sie
durch die Annahme. Es ist somit die Bestimmung vorhanden, daß beide
Momente, die Gleichheit und die Ungleichheit, in Einem und demselben
verschieden, oder daß der außereinanderfallende Unterschied, zugleich
eine und dieselbe Beziehung ist. Somit ist sie in Entgegensetzung
übergegangen.

Das Zugleich der beiden Prädikate wird zwar durch das Insofern aus
einander gehalten; daß zwei Dinge insofern sie gleich, _insofern_ nicht
ungleich, oder nach einer Seite und Rücksicht gleich, nach der andern
Seite und Rücksicht aber ungleich sind. Damit wird die Einheit der
Gleichheit und Ungleichheit aus dem Dinge entfernt, und was seine
eigene, und die Reflexion der Gleichheit und Ungleichheit an sich wäre,
als eine dem Dinge äußerliche Reflexion festgehalten. Diese ist es aber
somit, die in einer und derselben Thätigkeit die zwei Seiten der
Gleichheit und Ungleichheit unterscheidet, somit in Einer Thätigkeit
beide enthält, die eine in die andere scheinen läßt und reflektirt.—Die
gewöhnliche Zärtlichkeit für die Dinge aber, die nur dafür sorgt, daß
diese sich nicht widersprechen, vergißt hier wie sonst, daß damit der
Widerspruch nicht aufgelöst, sondern nur anderswohin, in die Subjektive
oder äußere Reflexion überhaupt geschoben wird, und daß diese in der
That die beiden Momente, welche durch diese Entfernung und Versetzung
als bloßes Gesetztseyn ausgesprochen werden, als aufgehobene und auf
einander bezogene in Einer Einheit enthält.

3. Der Gegensatz.

Im Gegensatze ist die bestimmte Reflexion, der Unterschied vollendet.
Er ist die Einheit der Identität und der Verschiedenheit; seine Momente
sind in Einer Identität verschiedene; so sind sie entgegengesetzte.

Die Identität und der Unterschied sind die Momente des Unterschiedes
innerhalb seiner selbst gehalten; sie sind reflektirte Momente seiner
Einheit. Gleichheit und Ungleichheit aber sind die entäußerte
Reflexion; ihre Identität mit sich ist nicht nur die Gleichgültigkeit
eines jeden gegen das von ihm Unterschiedene, sondern gegen das
An-und-Fürsichseyn, als solches; eine Identität mit sich gegen die in
sich reflektirte; sie ist also die nicht in sich reflektirte
Unmittelbarkeit. Das Gesetztseyn der Seiten der äußerlichen Reflexion
ist daher ein Seyn; so wie ihr Nichtgesetztseyn ein Nichtseyn.

Die Momente des Gegensatzes näher betrachtet, so sind sie das in sich
reflektirte Gesetztseyn oder Bestimmung überhaupt. Das Gesetztseyn ist
die Gleichheit und Ungleichheit; sie beide in sich reflektirt machen
die Bestimmungen des Gegensatzes aus. Ihre Reflexion in sich besteht
darin, daß jedes an ihm selbst die Einheit der Gleichheit und
Ungleichheit ist. Die Gleichheit ist nur in der Reflexion, welche nach
der Ungleichheit vergleicht, somit durch ihr anderes gleichgültiges
Moment vermittelt; ebenso die Ungleichheit ist nur in derselben
reflektirenden Beziehung, in welcher die Gleichheit ist. —Jedes dieser
Momente ist also in seiner Bestimmtheit das Ganze. Es ist das Ganze,
insofern es auch sein anderes Moment enthält; aber dieß sein anderes
ist ein gleichgültig seyendes, so enthält jedes die Beziehung auf sein
Nichtseyn, und ist nur die Reflexion in sich oder das Ganze als sich
wesentlich auf sein Nichtseyn beziehend.

Diese in sich reflektirte Gleichheit mit sich, die in ihr selbst die
Beziehung auf die Ungleichheit enthält, ist das Positive; so die
Ungleichheit die in ihr selbst die Beziehung auf ihr Nichtseyn, die
Gleichheit enthält, ist das Negative.—Oder beide sind das Gesetztseyn;
insofern nun die unterschiedene Bestimmtheit als unterschiedene
bestimmte Beziehung des Gesetztseyns auf sich genommen wird, so ist der
Gegensatz eines Theils das Gesetztseyn in seine Gleichheit mit sich
reflektirt; andern Theils dasselbe in seine Ungleichheit mit sich
reflektirt; das Positive und Negative.—Das Positive ist das Gesetztseyn
als in die Gleichheit mit sich reflektirt; aber das reflektirte ist das
Gesetztseyn, das ist, die Negation als Negation, so hat diese Reflexion
in sich die Beziehung auf das Andere zu ihrer Bestimmung. Das Negative
ist das Gesetztseyn als in die Ungleichheit reflektirt; aber das
Gesetztseyn ist die Ungleichheit selbst, so ist diese Reflexion somit
die Identität der Ungleichheit mit sich selbst und absolute Beziehung
auf sich.—Beide also, das in die Gleichheit mit sich reflektirte
Gesetztseyn hat die Ungleichheit, und das in die Ungleichheit mit sich
reflektirte Gesetztseyn hat auch die Gleichheit an ihm.

Das Positive und das Negative sind so die selbstständig gewordenen
Seiten des Gegensatzes. Sie sind selbstständig, indem sie die Reflexion
des Ganzen in sich sind, und sie gehören dem Gegensatze an, insofern es
die Bestimmtheit ist, die als Ganzes in sich reflektirt ist. Um ihrer
Selbstständigkeit willen machen sie den an sich bestimmten Gegensatz
aus. Jedes ist es selbst und sein Anderes, dadurch hat jedes seine
Bestimmtheit nicht an einem andern, sondern an ihm selbst.—Jedes
bezieht sich auf sich selbst, nur als sich beziehend auf sein Anderes.
Dieß hat die doppelte Seite; jedes ist Beziehung auf sein Nichtseyn als
Aufheben dieses Andersseyns in sich; so ist sein Nichtseyn nur ein
Moment in ihm. Aber andern Theils ist hier das Gesetztseyn ein Seyn,
ein gleichgültiges Bestehen geworden; das andre seiner, das jedes
enthält, ist daher auch das Nichtseyn dessen, in welchem es nur als
Moment enthalten seyn soll. Jedes ist daher nur, insofern sein
Nichtseyn ist, und zwar in einer identischen Beziehung.

Die Bestimmungen, welche das Positive und Negative konstituiren,
bestehen also darin, daß das Positive und das Negative erstens absolute
Momente des Gegensatzes sind; ihr Bestehen ist untrennbar Eine
Reflexion; es ist Eine Vermittelung, in welcher jedes durch das
Nichtseyn seines Andern, damit durch sein Anderes oder sein eigenes
Nichtseyn ist.—So sind sie Entgegengesetzte überhaupt; oder jedes ist
nur das Entgegengesetzte des Andern; das eine ist noch nicht positiv,
und das andre noch nicht negativ, sondern beide sind negativ gegen
einander. Jedes ist so überhaupt erstens insofern das Andre ist; es ist
durch das Andre, durch sein eignes Nichtseyn, das was es ist; es ist
nur Gesetztseyn; zweitens es ist insofern das Andre nicht ist; es ist
durch das Nichtseyn des Andern das was es ist; es ist Reflexion in
sich.—Dieses beides ist aber die eine Vermittelung des Gegensatzes
überhaupt, in der sie überhaupt nur Gesetzte sind.

Aber ferner dieß bloße Gesetztseyn ist in sich reflektirt überhaupt;
das Positive und Negative ist nach diesem Momente der äußern Reflexion
gleichgültig gegen jene erste Identität, worin sie nur Momente sind;
oder indem jene erste Reflexion die eigne Reflexion des Positiven und
Negativen in sich selbst, jedes sein Gesetztseyn an ihm selbst ist, so
ist jedes gleichgültig gegen diese seine Reflexion in sein Nichtseyn,
gegen sein eigenes Gesetztseyn. Die beiden Seiten sind so bloß
verschiedene, und insofern ihre Bestimmtheit, positiv und negativ zu
seyn, ihr Gesetztseyn gegen einander ausmacht, so ist jede nicht an ihr
selbst so bestimmt, sondern ist nur Bestimmtheit überhaupt; jeder Seite
kommt daher zwar eine der Bestimmtheiten von Positivem und Negativem
zu; aber sie können verwechselt werden, und jede Seite ist von der Art,
daß sie ebenso gut als positiv wie als negativ genommen werden kann.

Aber das Positive und Negative ist drittens nicht nur ein Gesetztes,
noch bloß ein Gleichgültiges, sondern ihr Gesetztseyn oder die
Beziehung auf das andere in einer Einheit, die nicht sie selbst sind,
ist in jedes zurückgenommen. Jedes ist an ihm selbst positiv und
negativ; das Positive und Negative ist die Reflexionsbestimmung an und
für sich; erst in dieser Reflexion des Entgegengesetzten in sich ist es
positiv und negativ. Das Positive hat die Beziehung auf das Andere, in
der die Bestimmtheit des Positiven ist, an ihm selbst; ebenso das
Negative ist nicht Negatives als gegen ein anderes, sondern hat die
Bestimmtheit, wodurch es negativ ist, gleichfalls in ihm selbst.

So ist jedes Selbstständige, für sich seyende Einheit mit sich. Das
Positive ist wohl ein Gesetztseyn, aber so daß für es das Gesetztseyn
nur Gesetztseyn, als aufgehobenes ist. Es ist das
Nichtentgegengesetzte; der aufgehobene Gegensatz, aber als Seite des
Gegensatzes selbst.—Als positiv ist zwar Etwas bestimmt in Beziehung
auf ein Andersseyn, aber so daß seine Natur dieß ist, nicht ein
Gesetztes zu seyn; es ist die das Andersseyn negirende Reflexion in
sich. Aber das Andere seiner, das Negative, ist selbst nicht mehr
Gesetztseyn oder Moment, sondern ein selbstständiges Seyn; so ist die
negirende Reflexion des Positiven in sich bestimmt, dieß sein Nichtseyn
von sich auszuschließen.

So das Negative als absolute Reflexion ist nicht das unmittelbare
Negative, sondern dasselbe als aufgehobenes Gesetztseyn; das Negative
an und für sich, das positiv auf sich selbst beruht. Als Reflexion in
sich negirt es seine Beziehung auf Anderes; sein Anderes ist das
Positive, ein selbstständiges Seyn;—seine negative Beziehung darauf ist
daher, es aus sich auszuschließen. Das Negative ist das für sich
bestehende Entgegengesetzte, gegen das Positive, das die Bestimmung des
aufgehobenen Gegensatzes ist; der auf sich beruhende ganze Gegensatz,
entgegengesetzt dem mit sich identischen Gesetztseyn.

Das Positive und Negative ist hiermit nicht nur an sich positiv und
negativ, sondern an und für sich. An sich sind sie es, insofern von
ihrer ausschließenden Beziehung auf Anderes abstrahirt, und sie nur
nach ihrer Bestimmung genommen werden. An sich ist etwas positiv oder
negativ, indem es nicht bloß gegen Anderes so bestimmt seyn soll. Aber
das Positive oder Negative nicht als Gesetztseyn und damit nicht als
Entgegengesetztes, ist es jedes das Unmittelbare, Seyn und Nichtseyn.
Das Positive und Negative sind aber die Momente des Gegensatzes, das
Ansichseyn derselben macht nur die Form ihres Reflektirtseyns in sich
aus. Es ist etwas an sich positiv, außer der Beziehung auf das
Negative; und es ist etwas an sich negativ, außer der Beziehung auf das
Negative; in dieser Bestimmung wird bloß an dem abstrakten Momente
dieses Reflektirtseyns festgehalten. Allein das ansichseyende Positive
oder Negative heißt wesentlich, daß entgegengesetzt zu seyn, nicht bloß
Moment sey, noch der Vergleichung angehöre, sondern die eigene
Bestimmung der Seiten des Gegensatzes ist. An sich positiv oder negativ
sind sie also nicht außer der Beziehung auf Anderes, sondern daß diese
Beziehung und zwar als ausschließende, die Bestimmung oder das
Ansichseyn derselben ausmacht; hierin sind sie es also zugleich an und
für sich.

Anmerkung.

Es ist hier der Begriff des Positiven und Negativen anzuführen, wie er
in der Arithmetik vorkommt. Er wird darin als bekannt vorausgesetzt;
weil er aber nicht in seinem bestimmten Unterschiede aufgefaßt wird,
entgeht er nicht unauflösbaren Schwierigkeiten und Verwicklungen. Es
haben sich so eben die beiden realen Bestimmungen des Positiven und
Negativen ergeben,—außer dem einfachen Begriffe ihrer
Entgegensetzung,—daß nämlich das erstemal, ein nur verschiedenes,
unmittelbares Daseyn zu Grunde liegt, dessen einfache Reflexion in sich
unterschieden wird von seinem Gesetztseyn, der Entgegensetzung selbst.
Diese gilt daher nur als nicht an und für sich seyend, und dem
Verschiedenen zwar zukommend, so daß jedes ein Entgegengesetztes
überhaupt ist, aber auch gleichgültig dagegen für sich besteht, und es
einerley ist, welches der beiden entgegengesetzten Verschiedenen als
positiv oder als negativ betrachte werde.—Das andremal aber ist das
Positive das an sich selbst Positive, das Negative das an sich selbst
Negative, so daß das Verschiedene nicht gleichgültig dagegen, sondern
dieß seine Bestimmung an und für sich ist.—Diese beiden Formen des
Positiven und Negativen kommen gleich in den ersten Bestimmungen vor,
in denen sie in der Arithmetik gebraucht werden.

Das + a und—a sind zuerst entgegengesetzte Größen überhaupt; a ist die
beiden zum Grunde liegende, ansichseyende Einheit, das gegen die
Entgegensetzung selbst gleichgültige, das hier ohne weitern Begriff als
todte Grundlage dient. Das—a ist zwar als das Negative, das + a als das
Positive bezeichnet, aber das eine ist so gut ein Entgegengesetztes als
das andere.

Ferner ist a nicht nur die einfache zum Grunde liegende Einheit,
sondern als + a und—a, ist sie die Reflexion dieser Entgegengesetzten
in sich; es sind zwei verschiedene a vorhanden und es ist gleichgültig,
welches von beiden inan als das positive oder negative bezeichnen will;
beide haben ein besonderes Bestehen und sind positiv.

Nach jener ersten Seite ist + y—y = 0; oder in—8 + 3, sind die 3
positiven, negative im 8. Die Entgegengesetzten heben sich in ihrer
Verbindung auf. Eine Stunde Wegs nach Osten gemacht, und ebenso viel
zurück nach Westen hebt den erst gemachten Weg auf; so viel Schulden,
um so viel weniger Vermögen, und so viel Vermögen vorhanden ist, so
viel hebt sich von den Schulden auf. Die Stunde Wegs nach Osten ist
zugleich nicht der positive Weg an sich, noch der nach Westen der
negative Weg; sondern diese Richtungen sind gleichgültig gegen diese
Bestimmtheit des Gegensatzes; nur eine dritte außer ihnen fallende
Rücksicht macht die eine zur positiven, die andere zur negativen. So
auch die Schulden sind nicht an und für sich das Negative; sie sind es
nur in Beziehung auf den Schuldner; für den Gläubiger sind sie sein
positives Vermögen; sie sind eine Summe Geld, oder was es sey von einem
gewissen Werth, das nach außerhalb seiner fallenden Rücksichten
Schulden oder Vermögen ist.

Die Entgegengesetzten heben sich zwar in ihrer Beziehung auf, so daß
das Resultat gleich Null ist; aber es ist in ihnen auch ihre identische
Beziehung vorhanden, die gegen den Gegensatz selbst gleichgültig ist;
so machen sie Eines aus. Wie so eben von der Summe Geld erinnert
worden, die nur Eine Summe ist, oder das a, das nur Ein a ist im + a
und—a; auch der Weg, der nur ein Stück Wegs ist, nicht zwei Wege, deren
einer nach Osten, der andere nach Westen ginge. So auch eine Ordinate
y, die dasselbe ist, auf dieser oder jener Seite der Axe genommen;
insofern ist + y—y = y; sie ist nur die Ordinate, es ist nur Eine
Bestimmung und Gesetz derselben.

Ferner aber sind die Entgegengesetzten nicht nur Ein Gleichgültiges,
sondern auch zwei Gleichgültige. Sie sind nämlich als Entgegengesetzte
auch in sich Reflektirte, und bestehen so als Verschiedene.

So sind in—8 + 3 überhaupt elf Einheiten vorhanden; + y,—y, sind
Ordinaten auf der entgegengesetzten Seite der Axe, wo jede ein gegen
diese Grenze und gegen ihren Gegensatz gleichgültiges Daseyn ist; so
ist + y—y = 2 y.—Auch der nach Osten und nach Westen zurückgelegte Weg,
ist die Summe einer zweifachen Bemühung, oder die Summe von zwei
Zeitperioden. Ebenso ist in der Staatsökonomie ein Quantum von Geld,
oder von Werth, nicht nur dieß Eine Quantum als Mittel der Subsistenz,
sondern es ist ein verdoppeltes; es ist Mittel der Subsistenz sowohl
für den Gläubiger als den Schuldner. Das Staatsvermögen berechnet sich
nicht bloß als Summe des baaren Gelds und des sonstigen Werths von den
Immobilien und Mobilien, der im Staate vorhanden ist, noch weniger aber
als Summe, die übrig bliebe nach Abzug des passiven Vermögens vom
activen, sondern das Kapital, wenn seine active und passive Bestimmung
sich auch zur Null reducirten, bleibt erstens positives Kapital; als +
a—a = a; aber zweitens indem es auf vielfältige Weise passives,
verliehenes und wieder verliehenes ist, ist es dadurch ein sehr
vervielfältigtes Mittel.

Nicht nur aber sind die entgegengesetzten Größen, einer Seits bloß
entgegengesetzte überhaupt, anderer Seits reale oder gleichgültige.
Sondern ob zwar das Quantum selbst das gleichgültig begrenzte Seyn ist,
so kommt doch an ihm auch das an sich Positive und das an sich Negative
vor. Das a z.B. insofern es kein Zeichen hat, gilt dafür, daß es als
positives zu nehmmen sey, wenn es zu bezeichnen ist. Wenn es nur
überhaupt ein entgegengesetztes werden sollte, so könnte es ebenso gut
als—a genommen werden. Aber das positive Zeichen wird ihm unmittelbar
gegeben, weil das Positive für sich die eigenthümliche Bedeutung des
Unmittelbaren, als mit sich identischen, gegen die Entgegensetzung hat.

Ferner indem positive und negative Größen addirt oder subtrahirt
werden, gelten sie als solche, die für sich positiv und negativ seyen,
und es nicht bloß durch die Beziehung des Addirens oder Subtrahirens,
auf diese äußerliche Weise werden. In 8—(- 3) heißt das erste Minus
entgegengesetzt gegen 8, das zweite Minus aber (- 3) gilt als
entgegengesetztes an sich, außer dieser Beziehung.

Näher tritt dieß bei der Multiplikation und Division hervor; hier ist
das Positive wesentlich als das Nichtentgegengesetzte, das Negative
hingegen als das Entgegengesetzte zu nehmen, nicht beide Bestimmungen
auf gleiche Weise nur als Entgegengesetzte überhaupt. Indem die
Lehrbücher in den Beweisen, wie sich die Zeichen in diesen beiden
Rechnungsarten verhalten, bei dem Begriffe der entgegengesetzten Größen
überhaupt stehen bleiben, so sind diese Beweise unvollständig und
verwickeln sich in Widersprüche.—Plus und Minus erhalten aber bei der
Multiplikation und Division die bestimmtere Bedeutung von Positivem und
Negativem an sich, weil das Verhältniß der Faktoren, Einheit und Anzahl
gegen einander zu seyn, nicht ein bloßes Verhältniß des Mehrens und
Minderns ist, wie bei dem Addiren und Subtrahiren, sondern ein
qualitatives; womit auch Plus und Minus die qualitative Bedeutung des
Positiven und Negativen erhält.—Ohne diese Bestimmung und bloß aus dem
Begriffe entgegengesetzter Größen, kann leicht die schiefe Folgerung
gezogen werden, daß wenn—a.-a =—a[hoch 2] ist, umgekehrt +a.—a =
+a[hoch 2] gebe. Indem der eine Faktor die Anzahl und der andere die
Einheit, und zwar der voranstehende wie gewöhnlich die erstere
bedeutet, so unterscheiden sich die beiden Ausdrücke—a.+a und +a.-a
dadurch, daß im erstern +a die Einheit und—a die Anzahl, und im andern
es umgekehrt ist. Es pflegt nun beim erstern gesagt zu werden, wenn ich
+a nehmen soll—a mal, so nehme ich +a nicht bloß a mal, sondern
zugleich auf die ihm entgegengesetzte Weise, +a mahl—a; also da es Plus
ist, so habe ich es negativ zu nehmen, und das Produkt ist—a[hoch
2].—Wenn aber im zweiten Falle—a zu nehmen ist +a mal, so soll—a
gleichfalls nicht—a mal genommen werden, sondern in der ihm
entgegengesetzten Bestimmung nämlich +a mal. Nach dem Räsonnement des
ersten Falles folgt also, daß das Produkt +a[hoch 2] seyn müsse.—Ebenso
bei der Division.

Diese Konsequenz ist nothwendig, insofern Plus und Minus nur als
entgegengesetzte Größen überhaupt genommen werden; dem Minus wird im
ersten Falle die Kraft zugeschrieben, das Plus zu verändern; aber im
andern sollte Plus nicht dieselbe Kraft über Minus haben, ungeachtet es
so gut eine entgegengesetzte Größebestimmung ist, als dieses. In der
That hat Plus diese Kraft nicht, denn es ist hier nach seiner
qualitativen Bestimmung gegen Minus zu nehmen, indem die Faktoren ein
qualitatives Verhältniß zu einander haben. Insofern ist also das
Negative hier das an sich Entgegengesetzte als solches, das Positive
aber ist das Unbestimmte, Gleichgültige überhaupt; es ist wohl auch das
Negative, aber des Andern, nicht an ihm selbst.—Eine Bestimmung als
Negation kommt also allein durch das Negative herein, nicht durch das
Positive.

So ist denn auch—a.—a = +a[hoch 2], darum weil das negative a nicht
bloß auf die entgegengesetzte Weise, (so würde es zu nehmen seyn, mit—a
multiplicirt) sondern weil es negativ genommen werden soll. Die
Negation der Negation aber ist das Positive.

C. Der Widerspruch.

1. Der Unterschied überhaupt enthält seine beiden Seiten als Momente;
in der Verschiedenheit fallen sie gleichgültig auseinander; im
Gegensatze als solchem sind sie Seiten des Unterschiedes, eines nur
durchs andere bestimmt, somit nur Momente; aber sie sind ebenso sehr
bestimmt an ihnen selbst, gleichgültig gegen einander und sich
gegenseitig ausschließend; die selbstständigen Reflexions-Bestimmungen.

Die eine ist das Positive, die andere das Negative, aber jene als das
an ihm selbst Positive, diese als das an ihm selbst Negative. Die
gleichgültige Selbstständigkeit für sich hat jedes dadurch, daß es die
Beziehung auf sein anderes Moment an ihm selbst hat; so ist es der
ganze in sich geschlossene Gegensatz.—Als dieses Ganze ist jedes
vermittelt durch sein Anderes mit sich, und enthält dasselbe. Aber es
ist ferner durch das Nichtseyn seines Andern mit sich vermittelt; so
ist es für sich seyende Einheit und schließt das Andere aus sich aus.

Indem die selbstständige Reflexions-Bestimmung in derselben Rüksicht,
als sie die andere enthält, und dadurch selbstständig ist, die andere
ausschließt, so schließt sie in ihrer Selbstständigkeit ihre eigene
Selbstständigkeit aus sich aus; denn diese besteht darin, die ihr andre
Bestimmung in sich zu enthalten und dadurch allein nicht Beziehung auf
ein äußerliches zu seyn, aber ebenso sehr unmittelbar darin, sie selbst
zu seyn und die ihr negative Bestimmung von sich auszuschließen. Sie
ist so der Widerspruch.

Der Unterschied überhaupt ist schon der Widerspruch an sich; denn er
ist die Einheit von solchen, die nur sind, insofern sie nicht eins
sind,—und die Trennung solcher, die nur sind als in derselben Beziehung
getrennte. Das Positive und Negative aber sind der gesetzte
Widerspruch, weil sie als negative Einheiten, selbst das Setzen ihrer,
und darin jedes das Aufheben seiner und das Setzen seines Gegentheils
ist.—Sie machen die bestimmende Reflexion als ausschließende aus; weil
das Ausschließen Ein Unterscheiden, und jedes der Unterschiedenen als
Ausschließendes selbst das ganze Ausschließen ist, so schließt jedes in
ihm selbst sich aus.

Die beiden selbstständigen Reflexions-Bestimmungen für sich betrachtet,
so ist das Positive das Gesetztseyn als in die Gleichheit mit sich
reflektirt; das Gesetztseyn, das nicht Beziehung auf ein Anderes ist,
das Bestehen also, insofern das Gesetztseyn aufgehoben und
ausgeschlossen ist. Damit aber macht sich das Positive zur Beziehung
eines Nichtseyns,—zu einem Gesetztseyn.—So ist es der Widerspruch, daß
es als das Setzen der Identität mit sich durch Ausschließen des
Negativen sich selbst zum Negativen von einem macht, also zu dem
Andern, das es von sich ausschließt. Dieses ist als Ausgeschlossenes
frei von dem Ausschließenden gesetzt; hiermit als in sich reflektirt
und selbst ausschließend. So ist die ausschließende Reflexion Setzen
des Positiven, als ausschließend das Andre, so daß dieß Setzen
unmittelbar das Setzen seines Andern, es ausschließenden, ist.

Dieß ist der absolute Widerspruch des Positiven, aber er ist
unmittelbar der absolute Widerspruch des Negativen; das Setzen beider
ist Eine Reflexion.—Das Negative für sich betrachtet gegen das Positive
ist das Gesetztseyn als in die Ungleichheit mit sich reflektirt, das
Negative als Negatives. Aber das Negative ist selbst das Ungleiche, das
Nichtseyn eines andern; somit ist die Reflexion in seine Ungleichheit
vielmehr seine Beziehung auf sich selbst.—Die Negation überhaupt ist
das Negative als Qualität, oder unmittelbare Bestimmtheit; das Negative
aber als Negatives, ist es bezogen auf das Negative seiner, auf sein
Anderes. Wird dieß Negative nur als identisch mit dem ersten genommen,
so ist es, wie auch das erstere, nur unmittelbar; sie werden so nicht
genommen als Andere gegeneinander, somit nicht als Negative; das
Negative ist überhaupt nicht ein Unmittelbares.—Indem nun ferner aber
ebenso sehr jedes dasselbe ist, was das Andere, so ist diese Beziehung
der Ungleichen ebenso sehr ihre identische Beziehung.

Dieß ist also derselbe Widerspruch, der das Positive ist, nämlich
Gesetztseyn oder Negation, als Beziehung auf sich. Aber das Positive
ist nur an sich dieser Widerspruch; das Negative dagegen der gesetzte
Widerspruch; denn in seiner Reflexion in sich, an und für sich
Negatives oder als Negatives identisch mit sich zu seyn, hat es die
Bestimmung, daß es Nichtidentisches, Ausschließen der Identität sey. Es
ist dieß, gegen die Identität identisch mit sich zu seyn, hiermit durch
seine ausschließende Reflexion sich selbst von sich auszuschließen.

Das Negative ist also die ganze, als Entgegensetzung auf sich beruhende
Entgegensetzung, der absolute sich nicht auf Anderes beziehende
Unterschied; er schließt als Entgegensetzung die Identität von sich
aus; aber somit sich selbst, denn als Beziehung auf sich bestimmt er
sich als die Identität selbst, die er ausschließt.

2. Der Widerspruch löst sich auf.

In der sich selbst ausschließenden Reflexion, die betrachtet wurde,
hebt das Positive und das Negative jedes in seiner Selbstständigkeit
sich selbst auf; jedes ist schlechthin das Übergehen oder vielmehr das
sich Übersetzen seiner in sein Gegentheil. Dieß rastlose Verschwinden
der Entgegengesetzten in ihnen selbst ist die nächste Einheit, welche
durch den Widerspruch zu Stande kommt; sie ist die Null.

Der Widerspruch enthält aber nicht bloß das Negative sondern auch das
Positive; oder die sich selbst ausschließende Reflexion ist zugleich
setzende Reflexion; das Resultat des Widerspruchs ist nicht nur Null.
—Das Positive und Negative machen das Gesetztseyn der Selbstständigkeit
aus; die Negation ihrer durch sie selbst hebt das Gesetztseyn der
Selbstständigkeit auf. Dieß ist es, was in Wahrheit im Widerspruche zu
Grund geht.

Die Reflexion in sich, wodurch die Seiten des Gegensatzes sich zu
selbstständigen Beziehungen auf sich machen, ist zunächst ihre
Selbstständigkeit als unterschiedener Momente; sie sind so nur an sich
diese Selbstständigkeit, denn sie sind noch entgegengesetzte, und daß
sie es an sich sind, macht ihr Gesetztseyn aus. Aber ihre
ausschließende Reflexion hebt dieß Gesetztseyn auf, macht sie zu
fürsichseyenden Selbstständigen, zu solchen, die nicht nur an sich,
sondern durch ihre negative Beziehung auf ihr Anderes selbstständig
sind; ihre Selbstständigkeit ist auf diese Weise auch gesetzt. Aber
ferner machen sie sich durch dieß ihr Setzen zu einem Gesetztseyn. Sie
richten sich zu Grunde, indem sie sich bestimmen als das mit sich
Identische, aber darin vielmehr als das Negative, als ein mit sich
Identisches, das Beziehung auf Anderes ist.

Allein diese ausschließende Reflexion ist näher betrachtet, nicht nur
diese formelle Bestimmung. Sie ist ansichseyende Selbstständigkeit, und
ist das Aufheben dieses Gesetztseyns und durch dieß Aufheben erst
fürsichseyende und in der That selbstständige Einheit. Durch das
Aufheben des Andersseyns oder Gesetztseyns ist zwar wieder das
Gesetztseyn, das Negative eines Andern, vorhanden. Aber in der That ist
diese Negation nicht wieder nur erste unmittelbare Beziehung auf
Anderes, nicht Gesetztseyn als aufgehobene Unmittelbarkeit, sondern als
aufgehobenes Gesetztseyn. Die ausschließende Reflexion der
Selbstständigkeit, indem sie ausschließend ist, macht sich zum
Gesetztseyn, aber ist ebenso sehr Aufheben ihres Gesetztseyns. Sie ist
aufhebende Beziehung auf sich; sie hebt darin erstens das Negative auf
und zweitens setzt sie sich als Negatives, und dieß ist erst dasjenige
Negative, das sie aufhebt; im Aufheben des Negativen setzt und hebt sie
zugleich es auf. Die ausschließende Bestimmung selbst ist auf diese
Weise sich das Andre, dessen Negation sie ist; das Aufheben dieses
Gesetztseyns ist daher nicht wieder Gesetztseyn als das Negative eines
Andern, sondern ist das Zusammengehen mit sich selbst, das positive
Einheit mit sich ist. Die Selbstständigkeit ist so durch ihre eigene
Negation in sich zurückkehrende Einheit, indem sie durch die Negation
ihres Gesetztseyns in sich zurückkehrt. Sie ist die Einheit des Wesens,
durch die Negation nicht eines Andern, sondern ihrer selbst identisch
mit sich zu seyn.

3. Nach dieser positiven Seite, daß die Selbstständigkeit im
Gegensatze, als ausschließende Reflexion sich zum Gesetztseyn macht,
und es ebenso sehr aufhebt, Gesetztseyn zu seyn, ist der Gegensatz
nicht nur zu Grunde, sondern in seinen Grund zurückgegangen.—Die
ausschließende Reflexion des selbstständigen Gegensatzes macht ihn zu
einem Negativen, nur Gesetzten; sie setzt dadurch ihre zunächst
selbstständigen Bestimmungen, das Positive und Negative, zu solchen
herab, welche nur Bestimmungen sind; und indem so das Gesetztseyn zum
Gesetztseyn gemacht wird, ist es überhaupt in seine Einheit mit sich
zurückgekehrt; es ist das einfache Wesen, aber das Wesen als Grund.
Durch das Aufheben der sich an sich selbst widersprechenden
Bestimmungen des Wesens, ist dieses wiederhergestellt, jedoch mit der
Bestimmung, ausschließende Reflexionseinheit zu seyn,—einfache Einheit,
welche sich selbst als Negatives bestimmt, aber in diesem Gesetztseyn
unmittelbar sich selbst gleich und mit sich zusammen-gegangen ist.

Zunächst geht also der selbstständige Gegensatz durch seinen
Widerspruch in den Grund zurück; jener ist das Erste, Unmittelbare, von
dem angefangen wird, und der aufgehobene Gegensatz oder das aufgehobene
Gesetztseyn ist selbst ein Gesetztseyn. Somit ist das Wesen als Grund
ein Gesetztseyn, ein Gewordenes. Aber umgekehrt hat sich nur dieß
gesetzt, daß der Gegensatz oder das Gesetztseyn ein Aufgehobenes, nur
als Gesetztseyn ist. Das Wesen ist also als Grund so ausschließende
Reflexion, daß es sich selbst zum Gesetztseyn macht, daß der Gegensatz,
von dem vorhin der Anfang gemacht wurde und der das Unmittelbare war,
die nur gesetzte, bestimmte Selbstständigkeit des Wesens ist, und daß
er nur das sich an ihm selbst Aufhebende, das Wesen aber das in seiner
Bestimmtheit in sich Reflektirte ist. Das Wesen schließt als Grund sich
von sich selbst aus, es setzt sich; sein Gesetztseyn,—welches das
Ausgeschlossene ist,—ist nur als Gesetztseyn, als Identität des
Negativen mit sich selbst. Dieß Selbstständige ist das Negative,
gesetzt als Negatives; ein sich selbst Widersprechendes, das daher
unmittelbar im Wesen als seinem Grunde bleibt.

Der aufgelöste Widerspruch ist also der Grund, das Wesen als Einheit
des Positiven und Negativen. Im Gegensatze ist die Bestimmung zur
Selbstständigkeit gediehen; der Grund aber ist diese vollendete
Selbstständigkeit; das Negative ist in ihm selbstständiges Wesen, aber
als Negatives; so ist er ebenso sehr das Positive als das in dieser
Negativität mit sich Identische. Der Gegensatz und sein Widerspruch ist
daher im Grunde so sehr aufgehoben, als erhalten. Der Grund ist das
Wesen als die positive Identität mit sich; aber die sich zugleich als
die Negativität auf sich bezieht, sich also bestimmt und zum
ausgeschlossenen Gesetztseyn macht; dieß Gesetztseyn aber ist das ganze
selbstständige Wesen, und das Wesen ist Grund, als in dieser seiner
Negation identisch mit sich selbst und positiv. Der sich
widersprechende selbstständige Gegensatz war also bereits selbst der
Grund; es kam nur die Bestimmung der Einheit mit sich selbst hinzu,
welche dadurch hervortritt, daß die selbstständigen Entgegengesetzten
jedes sich selbst aufhebt, und sich zu dem andern seiner macht, somit
zu Grunde geht, aber darin zugleich nur mit sich selbst zusammengeht,
also in seinem Untergange, das ist, in seinem Gesetztseyn oder in der
Negation vielmehr erst das in sich reflektirte, mit sich identische
Wesen ist.

Anmerkung 1.

Das Positive und Negative ist dasselbe. Dieser Ausdruck gehört der
äußern Reflexion an, insofern sie mit diesen beiden Bestimmungen eine
Vergleichung anstellt. Es ist aber nicht eine äußere Vergleichung,
welche zwischen denselben, ebenso wenig als zwischen andern Kategorien
anzustellen ist, sondern sie sind an ihnen selbst zu betrachten, d. h.
es ist zu betrachten, was ihre eigene Reflexion ist. An dieser aber hat
es sich gezeigt, daß jedes wesentlich das Scheinen seiner im Andern und
selbst das Setzen seiner als des Andern ist.

Das Vorstellen, insofern es das Positive und Negative nicht betrachtet,
wie sie an und für sich sind, kann aber allerdings an das Vergleichen
verwiesen werden, um das Haltlose dieser Unterschiedenen, die von ihm
als fest einander gegenüber angenommen sind, aufmerksam zu werden. Eine
geringe Erfahrung in dem reflektirenden Denken wird es schon
wahrnehmen, daß wenn etwas als positiv bestimmt worden, indem man nun
von dieser Grundlage weiter geht, sich dasselbe unmittelbar unter der
Hand in Negatives verkehrt hat, und umgekehrt das negative Bestimmte in
Positives, daß das reflektirende Denken sich in diesen Bestimmungen
verwirrt und sich widersprechend wird. Die Unbekanntschaft mit der
Natur derselben ist der Meinung, diese Verwirrung sey etwas Unrechtes,
das nicht geschehen soll und schreibt sie einem subjektiven Fehler zu.
Dieses Übergehen bleibt in der That auch bloße Verwirrung, insofern das
Bewußtseyn über die Nothwendigkeit der Verwandelung nicht vorhan den
ist.—Es ist aber, auch für die äußere Reflexion, eine einfache
Betrachtung, daß fürs erste das Positive nicht ein unmittelbar
Identisches ist, sondern Theils ein Entgegengesetztes gegen das
Negative, und daß es nur in dieser Beziehung Bedeutung hat, also das
Negative selbst in seinem Begriffe liegt, Theils aber, daß es an ihm
selbst die sich auf sich beziehende Negation des bloßen Gesetztseyns
oder des Negativen also selbst die absolute Negation in sich
ist.—Ebenso das Negative, das dem Positiven gegenüber steht, hat nur
Sinn in dieser Beziehung auf dieß sein Anderes; es enthält also
dasselbe in seinem Begriffe. Das Negative hat aber auch ohne Beziehung
auf das Positive ein eigenes Bestehen; es ist mit sich identisch; so
ist es aber selbst das, was das Positive seyn sollte.

Vornemlich wird der Gegensatz vom Positiven und Negativen in dem Sinne
genommen, daß jenes (ob es gleich seinem Namen nach das Ponirtseyn,
Gesetztseyn ausdrückt) ein Objectives seyn soll, dieses aber ein
Subjektives, welches nur einer äußern Reflexion angehöre, das an und
für sich seyende Objective nichts angehe, und ganz und gar nicht für
dasselbe vorhanden sey. In der That, wenn das Negative nichts anders
als die Abstraktion einer subjektiven Willkür oder eine Bestimmung
einer äußerlichen Vergleichung ausdrückt, so ist es freilich für das
objektive Positive nicht vorhanden, d. h. dieses ist nicht an ihm
selbst auf eine solche leere Abstraktion bezogen; aber dann ist ihm die
Bestimmung, daß es ein Positives sey, gleichfalls nur äußerlich.—So
gilt, um ein Beispiel von dem fixen Gegensatze dieser
Reflexions-Bestimmungen anzuführen, das Licht überhaupt für das nur
Positive, die Finsterniß aber für das nur Negative. Aber das Licht hat
in seiner unendlichen Expansion und der Kraft seiner aufschließenden
und belebenden Wirksamkeit wesentlich die Natur absoluter Negativität.
Die Finsterniß dagegen, als Unmannigfaltiges oder der sich nicht selbst
in sich unterscheidende Schooß der Erzeugung, ist das einfache mit sich
Identische, das Positive. Sie wird als das nur Negative in dem Sinne
genommen, daß sie als bloße Abwesenheit des Lichts für dasselbe ganz
und gar nicht vorhanden seye, —so daß dieses, indem es sich auf sie
bezieht, sich nicht auf ein Anderes, sondern rein auf sich selbst
beziehen, also diese nur vor ihm verschwinden soll. Aber bekanntlich
wird das Licht durch die Finsterniß zum Grau getrübt; und außer dieser
bloß quantitativen Veränderung erleidet es auch die qualitative, durch
die Beziehung darauf zur Farbe bestimmt zu werden.—So ist z.B. auch die
Tugend nicht ohne Kampf; sie ist vielmehr der höchste, vollendete
Kampf; so ist sie nicht nur das Positive, sondern absolute Negativität;
sie ist auch nicht nur in Vergleichung mit dem Laster Tugend, sondern
ist an ihr selbst Entgegensetzung und Bekämpfung. Oder das Laster ist
nicht nur der Mangel der Tugend,—auch die Unschuld ist dieser
Mangel,—und nicht nur für eine äußere Reflexion von der Tugend
unterschieden, sondern an sich selbst ihr entgegengesetzt, es ist böse.
Das Böse besteht in dem Beruhen auf sich, gegen das Gute; es ist die
positive Negativität. Die Unschuld aber, als Mangel sowohl des Guten
als des Bösen, ist gleichgültig gegen beide Bestimmungen, weder positiv
noch negativ. Aber zugleich ist dieser Mangel auch als Bestimmtheit zu
nehmen, und einer Seits ist sie als die positive Natur von Etwas zu
betrachten, als sie sich anderer Seits auf ein Entgegengesetztes
bezieht, und alle Naturen aus ihrer Unschuld, aus ihrer gleichgültigen
Identität mit sich, heraustreten, sich durch sich selbst auf ihr
Anderes beziehen und dadurch zu Grunde richten, oder, im positiven
Sinne, in ihren Grund zurückgehen.—Auch die Wahrheit ist das Positive
als das mit dem Objecte übereinstimmende Wissen, aber sie ist nur diese
Gleichheit mit sich, insofern das Wissen sich negativ gegen das Andere
verhalten, das Object durchdrungen und die Negation, die es ist,
aufgehoben hat. Der Irrthum ist ein Positives, als eine Meinung des
nicht an und für sich seyenden, die sich weiß und behauptet. Die
Unwissenheit aber ist entweder das gegen Wahrheit und Irrthum
Gleichgültige, somit weder als positiv noch als negativ bestimmt und
die Bestimmung derselben als ein Mangel gehört der äußeren Reflexion
an, oder aber als objektiv, als eigene Bestimmung einer Natur, ist sie
der Trieb, der gegen sich gerichtet ist; ein Negatives, das eine
positive Richtung in sich enthält.—Es ist eine der wichtigsten
Erkenntnisse, diese Natur der betrachteten Reflexions-Bestimmungen, daß
ihre Wahrheit nur in ihrer Beziehung auf einander, und damit darin
besteht, daß jede in ihrem Begriffe selbst die andere enthält,
einzusehen und festzuhalten; ohne diese Erkenntniß läßt sich eigentlich
kein Schritt in der Philosophie thun.

Anmerkung 2.

Die Bestimmung der Entgegensetzung ist gleichfalls zu einem Satze
gemacht worden, dem sogenannten Satze des ausgeschlossenen Dritten.

Etwas ist entweder A oder Nicht-A; es giebt kein Drittes.

Dieser Satz enthält zuerst, daß Alles ein Entgegengesetztes ist, ein
entweder als positiv oder als negativ Bestimmtes.—Ein wichtiger Satz,
der darin seine Nothwendigkeit hat, daß die Identität in
Verschiedenheit und diese in Entgegensetzung übergeht. Allein er pflegt
nicht in diesem Sinne verstanden zu werden, sondern soll gewöhnlich so
viel heißen, daß einem Dinge von allen Prädikaten entweder dieses
Prädikat selbst oder sein Nichtseyn zukomme. Das Entgegengesetzte
bedeutet hier bloß den Mangel oder vielmehr die Unbestimmtheit; und der
Satz ist so unbedeutend, daß es nicht der Mühe werth ist, ihn zu sagen.
Wenn die Bestimmungen süß, grün, viereckig genommen,—und es sollen alle
Prädikate genommen werden—und nun vom Geiste gesagt wird, er sey
entweder süß oder nicht süß, grün oder nicht grün, u.s.f. so ist dieß
eine Trivialität, die zu nichts führt. Die Bestimmtheit, das Prädikat,
wird auf Etwas bezogen; das Etwas ist bestimmt, sagt der Satz aus; nun
soll er wesentlich dieß enthalten, daß die Bestimmtheit sich näher
bestimme, zur Bestimmtheit an sich, zur Entgegensetzung werde. Statt
dessen geht er aber in jenem trivialen Sinne von der Bestimmtheit nur
über zu ihrem Nichtseyn überhaupt, zurück zur Unbestimmtheit.

Der Satz des ausgeschlossenen Dritten unterscheidet sich ferner vom
oben betrachteten Satze der Identität oder des Widerspruchs, der so
hieß: es giebt nicht etwas, das zugleich A und Nicht-A ist. Er enthält,
daß es nicht Etwas gebe, welches weder A noch Nicht-A, daß es nicht ein
Drittes gebe, das gegen den Gegensatz gleichgültig sey. In der That
aber giebt es in diesem Satze selbst das Dritte, das gleichgültig gegen
den Gegensatz ist, nämlich A selbst ist darin vorhanden. Dieß A ist
weder +A noch—A, und ebenso wohl auch +A als—A.—Das Etwas, das entweder
+A oder Nicht-A seyn sollte, ist hiermit auf +A sowohl als Nicht-A
bezogen; und wieder, indem es auf A bezogen ist, solle es nicht auf
Nicht-A bezogen seyn, so wie nicht auf A, indem es auf Nicht-A bezogen
ist. Das Etwas selbst ist also das Dritte, welches ausgeschlossen seyn
sollte. Indem die entgegengesetzten Bestimmungen, im Etwas ebenso sehr
gesetzt als in diesem Setzen aufgehobene sind, so ist das Dritte, das
hier die Gestalt eines todten Etwas hat, tiefer genommen, die Einheit
der Reflexion, in welche, als in den Grund die Entgegensetzung
zurückgeht.

Anmerkung 3.

Wenn nun die ersten Reflexions-Bestimmungen, die Identität, die
Verschiedenheit und die Entgegensetzung, in einem Satze aufgestellt
worden, so sollte noch vielmehr diejenige, in welche sie als in ihre
Wahrheit übergehen, nämlich der Widerspruch, in einen Satz gefaßt und
gesagt werden: Alle Dinge sind an sich selbst widersprechend, und zwar
in dem Sinne, daß dieser Satz gegen die übrigen vielmehr die Wahrheit
und das Wesen der Dinge ausdrücke.—Der Widerspruch, der an der
Entgegensetzung hervortritt, ist nur das entwickelte Nichts, das in der
Identität enthalten ist, und in dem Ausdrucke vorkam, daß der Satz der
Identität Nichts sage. Diese Negation bestimmt sich weiter zur
Verschiedenheit und zur Entgegensetzung, welche nun der gesetzte
Widerspruch ist.

Es ist aber eines der Grundvorurtheile der bisherigen Logik und des
gewöhnlichen Vorstellens, als ob der Widerspruch nicht eine so
wesenhafte und immanente Bestimmung sey, als die Identität; ja wenn von
Rangordnung die Rede, und beide Bestimmungen als getrennte festzuhalten
wären, so wäre der Widerspruch für das Tiefere und Wesenhaftere zu
nehmen. Denn die Identität ihm gegenüber ist nur die Bestimmung des
einfachen Unmittelbaren, des todten Seyns; er aber ist die Wurzel aller
Bewegung und Lebendigkeit; nur insofern etwas in sich selbst einen
Widerspruch hat, bewegt es sich, hat Trieb und Thätigkeit.

Der Widerspruch wird gewöhnlich fürs erste von den Dingen, von dem
Seyenden und Wahren überhaupt, entfernt; es wird behauptet, daß es
nichts Widersprechendes gebe. Er wird fürs andre dagegen in die
subjektive Reflexion geschoben, die durch ihre Beziehung und
Vergleichung ihn erst setze. Aber auch in dieser Reflexion sey er nicht
eigentlich vorhanden, denn das Widersprechende könne nicht vorgestellt
noch gedacht werden. Er gilt überhaupt, sey es am Wirklichen oder in
der denkenden Reflexion, für eine Zufälligkeit, gleichsam für eine
Abnormität und vorübergehenden Krankheitsparoxysmus.

Was nun die Behauptung betrifft, daß es den Widerspruch nicht gebe, daß
er nicht ein Vorhandenes sey, so brauchen wir uns um eine solche
Versicherung nicht zu bekümmern; eine absolute Bestimmung des Wesens
muß sich in aller Erfahrung finden, in allem Wirklichen wie in jedem
Begriffe. Oben beim Unendlichen, das der Widerspruch ist, wie er in der
Sphäre des Seyns sich zeigt, ist das Gleiche bereits erinnert worden.
Die gemeine Erfahrung aber spricht es selbst aus, daß es wenigstens
eine Menge widersprechender Dinge, widersprechender Einrichtungen
u.s.f. gebe, deren Widerspruch nicht bloß in einer äußerlichen
Reflexion, sondern in ihnen selbst vorhanden ist. Er ist aber ferner
nicht bloß als eine Abnormität zu nehmen, die nur hier und da vorkäme,
sondern ist das Negative in seiner wesenhaften Bestimmung, das Princip
aller Selbstbewegung, die in nichts weiter besteht, als in einer
Darstellung desselben. Die äußerliche sinnliche Bewegung selbst ist
sein unmittelbares Daseyn. Es bewegt sich etwas nur, nicht indem es in
diesem Jetzt hier ist, und in einem andern Jetzt dort, sondern indem es
in einem und demselben Jetzt hier und nicht hier, indem es in diesem
Hier zugleich ist und nicht ist. Man muß den alten Dialektikern die
Widersprüche zugeben, die sie in der Bewegung aufzeigen, aber daraus
folgt nicht, daß darum die Bewegung nicht ist, sondern vielmehr daß die
Bewegung der daseyende Widerspruch selbst ist.

Ebenso ist die innere, die eigentliche Selbstbewegung, der Trieb
überhaupt, (Appetit oder Nisus der Monade, die Entelechie des absolut
einfachen Wesens) nichts anderes, als daß Etwas in sich selbst, und der
Mangel, das Negative seiner selbst, in einer und derselben Rücksicht
ist. Die abstrakte Identität mit sich ist noch keine Lebendigkeit,
sondern daß das Positive an sich selbst die Negativität ist, dadurch
geht es außer sich und setzt sich in Veränderung. Etwas ist also
lebendig, nur insofern es den Widerspruch in sich enthält, und zwar
diese Kraft ist, den Widerspruch in sich zu fassen und auszuhalten.
Wenn aber ein Existirendes nicht in seiner positiven Bestimmung
zugleich über seine negative überzugreiffen und eine in der andern
festzuhalten, den Widerspruch nicht in ihm selbst zu haben vermag, so
ist es nicht die lebendige Einheit selbst, nicht Grund, sondern geht in
dem Widerspruche zu Grunde.—Das spekulative Denken besteht nur darin,
daß das Denken den Widerspruch und in ihm sich selbst festhält, nicht
aber daß es sich, wie es dem Vorstellen geht, von ihm beherrschen und
durch ihn sich seine Bestimmungen nur in andere oder in Nichts auflösen
läßt.

Wenn in der Bewegung, dem Triebe und dergleichen der Widerspruch in die
Einfachheit dieser Bestimmungen für das Vorstellen verhüllt ist, so
stellt sich hingegen in den Verhältnißbestimmungen der Widerspruch
unmittelbar dar. Die trivialsten Beispiele, von Oben und Unten, Rechts
und Links, Vater und Sohn und so fort ins Unendliche, enthalten alle
den Gegensatz in Einem. Oben ist, was nicht Unten ist; Oben ist
bestimmt nur dieß, nicht Unten zu seyn, und ist nur, insofern ein Unten
ist; und umgekehrt; in der einen Bestimmung liegt ihr Gegentheil. Vater
ist das Andre des Sohnes, und Sohn das Andre des Vaters und jedes ist
nur als dieß Andre des andern; und zugleich ist die eine Bestimmung nur
in Beziehung auf die andere; ihr Seyn ist Ein Bestehen. Der Vater ist
außer der Beziehung auf Sohn auch etwas für sich; aber so ist er nicht
Vater, sondern ein Mann überhaupt; wie Oben und Unten, Rechts und Links
auch in sich reflektirte, außer der Beziehung etwas sind; aber nur Orte
überhaupt.—Die Entgegengesetzten enthalten insofern den Widerspruch,
als sie in derselben Rücksicht sich negativ auf einander beziehende
oder sich gegenseitig aufhebende und gegen einander gleichgültige sind.
Die Vorstellung, indem sie zum Momente der Gleichgültigkeit der
Bestimmungen übergeht, vergißt darin ihre negative Einheit und behält
sie somit nur als Verschiedene überhaupt, in welcher Bestimmung Rechts
nicht mehr Rechts, Links nicht mehr Links u.s.f. ist. Indem sie aber
Rechts und Links in der That vor sich hat, so hat sie diese
Bestimmungen vor sich als sich negirend, die eine in der andern, und in
dieser Einheit zugleich sich nicht negirend, sondern jede gleichgültig
für sich seyend.

Das Vorstellen hat daher wohl allenthalben den Widerspruch zu seinem
Inhalte, kommt aber nicht zum Bewußtseyn desselben; es bleibt
äußerliche Reflexion, die von der Gleichheit zur Ungleichheit, oder von
der negativen Beziehung zum Reflektirtseyn der Unterschiedenen in sich,
übergeht. Sie hält diese beiden Bestimmungen einander äußerlich
gegenüber und hat nur sie, nicht aber das Übergehen, welches das
Wesentliche ist, und den Widerspruch enthält, im Sinne. —Die
geistreiche Reflexion, um diese hier zu erwähnen, besteht dagegen im
Auffassen und Aussprechen des Widerspruchs. Ob sie zwar den Begriff der
Dinge und ihrer Verhältnisse nicht ausdrückt und nur
Vorstellungsbestimmungen zu ihrem Material und Inhalt hat, so bringt
sie dieselben in eine Beziehung, die ihren Widerspruch enthält und
durch diesen hindurch ihren Begriff scheinen läßt.—Die denkende
Vernunft aber spitzt, so zu sagen, den abgestumpften Unterschied des
Verschiedenen, die bloße Mannigfaltigkeit der Vorstellung, zum
wesentlichen Unterschiede, zum Gegensatze, zu. Die Mannigfaltigen
werden erst, auf die Spitze des Widerspruchs getrieben, regsam und
lebendig gegen einander, und erhalten in ihm die Negativität, welche
die inwohnende Pulsation der Selbstbewegung und Lebendigkeit ist.

Es ist schon über den ontologischen Beweis vom Daseyn Gottes erinnert
worden, daß die darin zu Grunde gelegte Bestimmung, der Inbegriff aller
Realitäten ist. Von dieser Bestimmung pflegt zuerst gezeigt zu werden,
daß sie möglich sey, weil sie keinen Widerspruch enthalte, indem die
Realität nur als Realität ohne Schranken genommen werde. Es wurde
erinnert, daß damit jener Inbegriff zum einfachen unbestimmten Seyn,
oder wenn die Realitäten in der That als mehrere Bestimmte genommen
werden, zum Inbegriff aller Negationen wird. Näher den Unterschied der
Realität genommen, so wird er aus der Verschiedenheit zum Gegensatze
und damit zum Widerspruch, und der Inbegriff aller Realitäten überhaupt
zum absoluten Widerspruch in sich selbst. Der gewöhnliche Horror, den
das vorstellende, nicht speculative Denken, wie die Natur vor dem
Vacuum, vor dem Widerspruche hat, verwirft diese Konsequenz; denn es
bleibt bei der einseitigen Betrachtung der Auflösung des Widerspruchs
in Nichts stehen, und erkennt die positive Seite desselben nicht, nach
welcher er absolute Thätigkeit, und absoluter Grund wird.

Es ist überhaupt aus der Betrachtung der Natur des Widerspruchs
hervorgegangen, daß es für sich noch, so zu sagen, kein Schaden, Mangel
oder Fehler einer Sache ist, wenn an ihr ein Widerspruch aufgezeigt
werden kann. Vielmehr jede Bestimmung, jedes Konkrete, jeder Begriff
ist wesentlich eine Einheit unterschiedener und unterscheidbarer
Momente, die durch den bestimmten, wesentlichen Unterschied in
widersprechende übergehen. Dieses Widersprechende löst sich allerdings
in Nichts auf, es geht in seine negative Einheit zurück. Das Ding, das
Subjekt, der Begriff ist nun eben diese negative Einheit selbst; es ist
ein an sich selbst Widersprechendes, aber ebenso sehr der aufgelöste
Widerspruch; es ist der Grund, der seine Bestimmungen enthält und
trägt. Das Ding, das Subjekt, oder der Begriff ist als in seiner Sphäre
in sich reflektirt, sein aufgelöster Widerspruch, aber seine ganze
Sphäre ist auch wieder eine bestimmte, verschiedene; so ist sie eine
endliche, und dieß heißt eine widersprechende. Von diesem höhern
Widerspruche ist nicht sie selbst die Auflösung; sondern hat eine
höhere Sphäre zu ihrer negativen Einheit, zu ihrem Grunde. Die
endlichen Dinge in ihrer gleichgültigen Mannigfaltigkeit, sind daher
überhaupt dieß, widersprechend an sich selbst, in sich gebrochen zu
seyn und in ihren Grund zurückzugehen.—Wie weiterhin betrachtet werden
wird, so besteht der wahre Schluß von einem Endlichen und Zufälligen
auf ein absolut-nothwendiges Wesen nicht darin, daß von dem Endlichen
und Zufälligen als dem zum Grunde liegenden und liegen bleibenden Seyn,
sondern daß, was auch unmittelbar in der Zufälligkeit liegt, von einem
nur fallenden, sich an sich selbst widersprechendem Seyn aus, auf ein
absolut nothwendiges geschlossen, oder daß vielmehr aufgezeigt wird,
das zufällige Seyn gehe an sich selbst in seinen Grund zurück, worin es
sich aufhebt,—ferner daß es durch dieß Zurückgehen den Grund nur so
setze, daß es sich selbst vielmehr zum Gesetzten macht. Im gewöhnlichen
Schließen erscheint das Seyn des Endlichen als Grund des Absoluten;
darum weil Endliches ist, ist das Absolute. Die Wahrheit aber ist, daß
darum weil das Endliche der an sich selbst widersprechende Gegensatz,
weil es nicht ist, das Absolute ist. In jenem Sinne lautet der Satz des
Schlusses so: Das Seyn des Endlichen ist das Seyn des Absoluten; in
diesem Sinne aber so: Das Nichtseyn des Endlichen ist das Seyn des
Absoluten.



Drittes Kapitel. Der Grund.


Das Wesen bestimmt sich selbst als Grund.

Wie das Nichts zuerst mit dem Seyn in einfacher unmittelbarer Einheit,
so ist auch hier zuerst die einfache Identität des Wesens mit seiner
absoluten Negativität in unmittelbarer Einheit. Das Wesen ist nur diese
seine Negativität, welche die reine Reflexion ist. Es ist diese reine
Negativität als die Rückkehr des Seyns in sich; so ist es an sich oder
für uns bestimmt, als der Grund, in dem sich das Seyn auflöst. Aber
diese Bestimmtheit ist nicht durch es selbst gesetzt; oder es ist nicht
Grund, eben insofern es diese seine Bestimmtheit nicht selbst gesetzt
hat. Seine Reflexion aber besteht darin, sich als das, was es an sich
ist, als Negatives zu setzen und sich zu bestimmen. Das Positive und
Negative machen die wesenhafte Bestimmung aus, in die es als in seine
Negation verloren ist. Diese selbstständigen Reflexions-Bestimmungen
heben sich auf, und die zu Grunde gegangene Bestimmung ist die
wahrhafte Bestimmung des Wesens.

Der Grund ist daher selbst eine der Reflexions-Bestimmungen des Wesens,
aber die letzte, vielmehr nur die Bestimmung, daß sie aufgehobene
Bestimmung ist. Die Reflexionsbestimmung, indem sie zu Grunde geht,
erhält ihre wahrhafte Bedeutung, der absolute Gegenstoß ihrer in sich
selbst zu seyn, nämlich daß das Gesetztseyn, das dem Wesen zukommt, nur
als aufgehobenes Gesetztseyn ist, und umgekehrt, daß nur das sich
aufhebende Gesetztseyn das Gesetztseyn des Wesens ist. Das Wesen, indem
es sich als Grund bestimmt, bestimmt sich als das Nichtbestimmte, und
nur das Aufheben seines Bestimmtseyns ist sein Bestimmen.—In diesem
Bestimmtseyn als dem sich selbst aufhebenden, ist es nicht aus anderem
herkommendes, sondern in seiner Negativität mit sich identisches Wesen.

Insofern von der Bestimmung aus, als dem Ersten, Unmittelbaren zum
Grunde fortgegangen wird, (durch die Natur der Bestimmung selbst, die
durch sich zu Grunde geht,) so ist der Grund zunächst ein durch jenes
Erste Bestimmtes. Allein dieß Bestimmen ist eines Theils als Aufheben
des Bestimmens die nur wiederhergestellte, gereinigte oder geoffenbarte
Identität des Wesens, welche die Reflexions-Bestimmung an sich
ist;—andern Theils ist diese negirende Bewegung als Bestimmen erst das
Setzen jener Reflexionsbestimmtheit, welche als die unmittelbare
erschien, die aber nur von der sich selbst ausschließenden Reflexion
des Grundes gesetzt und hierin als nur Gesetztes oder Aufgehobenes
gesetzt ist.—So kommt das Wesen, indem es sich als Grund bestimmt, nur
aus sich her. Als Grund also setzt es sich als Wesen, und daß es sich
als Wesen setzt, darin besteht sein Bestimmen. Dieß Setzen ist die
Reflexion des Wesens, die in ihrem Bestimmen sich selbst aufhebt, nach
jener Seite Setzen, nach dieser das Setzen des Wesens, somit beides in
einem Thun ist.

Die Reflexion ist die reine Vermittelung überhaupt, der Grund ist die
reale Vermittelung des Wesens mit sich. Jene, die Bewegung des Nichts
durch Nichts zu sich selbst zurück, ist das Scheinen seiner in einem
Andern; aber weil der Gegensatz in dieser Reflexion noch keine
Selbstständigkeit hat, so ist weder jenes erste, das Scheinende ein
Positives, noch das andere, in dem es scheint, ein Negatives. Beide
sind Substrate, eigentlich nur der Einbildungskraft; sie sind noch
nicht sich auf sich selbst beziehende. Die reine Vermittelung ist nur
reine Beziehung, ohne Bezogene. Die bestimmende Reflexion setzt zwar
solche, die identisch mit sich, aber zugleich nur bestimmte Beziehungen
sind. Der Grund dagegen ist die reale Vermittelung, weil er die
Reflexion als aufgehobene Reflexion enthält; er ist das durch sein
Nichtseyn in sich zurückkehrende und sich setzende Wesen. Nach diesem
Momente der aufgehobenen Reflexion erhält das Gesetzte die Bestimmung
der Unmittelbarkeit, eines solchen, das außer der Beziehung oder seinem
Scheine identisch mit sich ist. Dieß Unmittelbare ist das durch das
Wesen wiederhergestellte Seyn; das Nichtseyn der Reflexion, durch das
das Wesen sich vermittelt. In sich kehrt das Wesen zurück als
negirendes; es giebt sich also in seiner Rückkehr in sich, die
Bestimmtheit, die eben darum das mit sich identische Negative, das
aufgehobene Gesetztseyn, und somit ebenso sehr seyendes, als die
Identität des Wesens mit sich als Grund ist.

Der Grund ist zuerst absoluter Grund, in dem das Wesen zunächst als
Grundlage überhaupt für die Grundbeziehung ist; näher bestimmt er sich
aber als Form und Materie, und giebt sich einen Inhalt.

Zweitens ist er bestimmter Grund, als Grund von einem bestimmten
Inhalt; indem die Grundbeziehung sich in ihrer Realisirung überhaupt
äußerlich wird, geht sie in die bedingende Vermittelung über.

Drittens, der Grund setzt eine Bedingung voraus; aber die Bedingung
setzt ebenso sehr den Grund voraus; das Unbedingte ist ihre Einheit,
die Sache an sich, die durch die Vermittelung der bedingenden Beziehung
in die Existenz übergeht.

Anmerkung.

Der Grund ist, wie die andern Reflexions-Bestimmungen, in einem Satze
ausgedrückt worden: Alles hat seinen zureichenden Grund.—Dieß heißt im
Allgemeinen nichts anderes, als was ist, ist nicht als seyendes
Unmittelbares, sondern als Gesetztes zu betrachten; es ist nicht bei
dem unmittelbaren Daseyn oder bei der Bestimmtheit überhaupt stehen zu
bleiben, sondern davon zurückzugehen in seinen Grund, in welcher
Reflexion es als Aufgehobenes und in seinem An- und Fürsichseyn ist. In
dem Satze des Grundes wird also die Wesentlichkeit der Reflexion in
sich gegen das bloße Seyn ausgesprochen.—Daß der Grund zureichend sey,
ist eigentlich sehr überflüssig hinzuzusetzen, denn es versteht sich
von selbst; das, für was der Grund nicht zureicht, hätte keinen Grund,
aber alles soll einen Grund haben. Allein Leibnitz, dem das Princip des
zureichenden Grundes vornemlich am Herzen lag, und der es sogar zum
Grundsatz seiner ganzen Philosophie machte, verband damit einen tiefern
Sinn und wichtigern Begriffe als gewöhnlich damit verbunden wird, indem
man nur bei dem unmittelbaren Ausdruck stehen bleibt; obgleich der Satz
auch nur in diesem Sinne schon für wichtig anzusehen ist, daß nämlich
das Seyn als solches in seiner Unmittelbarkeit für das Unwahre und
wesentlich für ein Gesetztes, der Grund aber für das wahrhafte
Unmittelbare erklärt wird. Leibnitz aber stellte das Zureichende des
Grundes vornemlich der Kausalität in ihrem strengen Sinne, als der
mechanischen Wirkungsweise, entgegen. Indem diese eine äußerliche ihrem
Inhalte nach auf Eine Bestimmtheit beschränkte Thätigkeit überhaupt
ist, so treten die durch sie gesetzten Bestimmungen äußerlich und
zufällig in eine Verbindung; die Theilbestimmungen werden durch ihre
Ursachen begriffen; aber die Beziehung derselben, welche das
Wesentliche einer Existenz ausmacht, ist nicht in den Ursachen des
Mechanismus enthalten. Diese Beziehung, das Ganze als wesentliche
Einheit, liegt nur im Begriffe, im Zwecke. Für diese Einheit sind die
mechanischen Ursachen nicht zureichend, weil ihnen nicht der Zweck, als
die Einheit der Bestimmungen, zu Grunde liegt. Unter dem zureichenden
Grunde hat Leibnitz daher einen solchen verstanden, der auch für diese
Einheit zureichte, daher nicht die bloßen Ursachen, sondern die
Endursachen in sich begriffe. Diese Bestimmung des Grundes gehört aber
noch nicht hierher; der teleologische Grund ist ein Eigenthum des
Begriffs und der Vermittelung durch denselben, welche die Vernunft ist.

A. Der absolute Grund.

a. Form und Wesen.

Die Reflexions-Bestimmung, insofern sie in den Grund zurückgeht, ist
ein erstes, ein unmittelbares Daseyn überhaupt, von dem angefangen
wird. Aber das Daseyn hat nur noch die Bedeutung des Gesetztseyns und
setzt wesentlich einen Grund voraus; in dem Sinne, daß es ihn vielmehr
nicht setzt; daß dieß Setzen ein Aufheben seiner selbst, das
Unmittelbare vielmehr das Gesetzte und der Grund das Nichtgesetzte ist.
Wie es sich ergeben hat, ist dieß Voraussetzen, das auf das Setzende
rückschlagende Setzen; der Grund ist als das aufgehobene Bestimmtseyn
nicht das Unbestimmte, sondern das durch sich selbst bestimmte Wesen,
aber als unbestimmt oder als aufgehobenes Gesetztseyn Bestimmtes. Er
ist das Wesen, das in seiner Negativität mit sich identisch ist.

Die Bestimmtheit des Wesens als Grund wird hiermit die gedoppelte, des
Grundes und des Begründeten. Sie ist erstens das Wesen als Grund,
bestimmt das Wesen zu seyn gegen das Gesetztseyn, als Nichtgesetztseyn.
Zweitens ist sie das Begründete, das Unmittelbare, das aber nicht an
und für sich ist, das Gesetztseyn als Gesetztseyn. Dieses ist somit
gleichfalls mit sich identisch, aber die Identität des Negativen mit
sich. Das mit sich identische Negative und das mit sich identische
Positive ist nun eine und dieselbe Identität. Denn der Grund ist
Identität des Positiven oder selbst auch des Gesetztseyns mit sich; das
Begründete ist das Gesetztseyn als Gesetztseyn, diese seine Reflexion
in sich aber ist die Identität des Grundes.—Diese einfache Identität
ist also nicht selbst der Grund, denn der Grund ist das Wesen gesetzt,
als das Nichtgesetzte gegen das Gesetztseyn. Sie ist, als die Einheit
dieser bestimmten Identität, (des Grundes) und der negativen Identität
(des Begründeten) das Wesen überhaupt, unterschieden von seiner
Vermittelung.

Diese Vermittelung, mit den vorhergehenden Reflexionen verglichen, aus
denen sie herkommt, ist erstlich nicht die reine Reflexion, als welche
nicht vom Wesen unterschieden ist, und das Negative, damit auch die
Selbstständigkeit der Bestimmungen, noch nicht an ihr hat. Im Grunde
als der aufgehobenen Reflexion aber haben diese Bestimmungen ein
Bestehen.—Auch ist sie nicht die bestimmende Reflexion, deren
Bestimmungen wesentliche Selbstständigkeit haben; denn diese ist im
Grunde zu Grunde gegangen, in dessen Einheit sind sie nur
gesetzte.—Diese Vermittelung des Grundes ist daher die Einheit der
reinen und der bestimmenden Reflexion; ihre Bestimmungen oder das
Gesetzte hat Bestehen, und umgekehrt das Bestehen derselben ist ein
Gesetztes. Weil dieß ihr Bestehen selbst ein Gesetztes ist oder
Bestimmtheit hat, so sind sie somit von ihrer einfachen Identität
unterschieden, und machen die Form aus gegen das Wesen.

Das Wesen hat eine Form, und Bestimmungen derselben. Erst als Grund hat
es eine feste Unmittelbarkeit oder ist Substrat. Das Wesen als solches
ist eins mit seiner Reflexion, und ununterschieden ihre Bewegung
selbst. Es ist daher nicht das Wesen, welches sie durchläuft; auch ist
es nicht dasjenige, von dem sie als von einem Ersten anfängt. Dieser
Umstand erschwert die Darstellung der Reflexion überhaupt; denn man
kann eigentlich nicht sagen, das Wesen geht in sich selbst zurück, das
Wesen scheint in sich, weil es nicht vor oder in seiner Bewegung ist,
und diese keine Grundlage hat, an der sie sich verläuft. Ein Bezogenes
tritt erst im Grund nach dem Momente der aufgehobenen Reflexion hervor.
Das Wesen als das bezogene Substrat aber ist das bestimmte Wesen; um
dieses Gesetztseyns willen hat es wesentlich die Form an ihm.—Die
Formbestimmungen dagegen sind nun die Bestimmungen als an dem Wesen; es
liegt ihnen zu Grunde, als das Unbestimmte, das in seiner Bestimmung
gleichgültig gegen sie ist; sie haben an ihm ihre Reflexion in sich.
Die Reflexions-Bestimmungen sollten ihr Bestehen an ihnen selbst haben
und selbstständig seyn; aber ihre Selbstständigkeit ist ihre Auflösung;
so haben sie dieselbe an einem Andern; aber diese Auflösung ist selbst
diese Identität mit sich oder der Grund des Bestehens, den sie sich
geben.

Der Form gehört überhaupt alles Bestimmte an; es ist Formbestimmung,
insofern es ein Gesetztes, hiermit von einem solchen, dessen Form es
ist, Unterschiedenes ist; die Bestimmtheit als Qualität ist eins mit
ihrem Substrat, dem Seyn; das Seyn ist das unmittelbar Bestimmte, das
von seiner Bestimmtheit noch nicht unterschieden,—oder das in ihr noch
nicht in sich reflektirt, so wie diese daher eine seyende, noch nicht
eine Gesetzte ist.—Die Formbestimmungen des Wesens sind ferner als die
Reflexions-Bestimmtheiten, ihrer nähern Bestimmtheit nach, die oben
betrachteten Momente der Reflexion. Die Identität, und der Unterschied,
dieser Theils als Verschiedenheit, Theils als Gegensatz. Ferner aber
gehört auch die Grundbeziehung dazu, insofern sie zwar die aufgehobene
Reflexions-Bestimmung aber dadurch das Wesen zugleich als Gesetztes
ist. Dagegen gehört zur Form nicht die Identität, welche der Grund in
sich hat, nämlich daß das Gesetztseyn als aufgehobenes und das
Gesetztseyn als solches,—der Grund und das Begründete,—Eine Reflexion
ist, welche das Wesen als einfache Grundlage ausmacht, die das Bestehen
der Form ist. Allein dieß Bestehen ist im Grunde gesetzt; oder dieß
Wesen ist selbst wesentlich als bestimmtes; somit ist es auch wieder
das Moment der Grundbeziehung und Form.—Dieß ist die absolute
Wechselbeziehung der Form und des Wesens, daß dieses einfache Einheit
des Grundes und des Begründeten, darin aber eben selbst bestimmt oder
Negatives ist, und sich als Grundlage von der Form unterscheidet, aber
so zugleich selbst Grund und Moment der Form wird.

Die Form ist daher das vollendete Ganze der Reflexion; sie enthält auch
diese Bestimmung derselben, aufgehobene zu seyn; daher ist sie ebenso
sehr als sie eine Einheit ihres Bestimmens ist, auch bezogen auf ihr
Aufgehobenseyn, auf ein Anderes, das nicht selbst Form, sondern an dem
sie sey. Als die wesentliche sich auf sich selbst beziehende
Negativität, gegen dieß einfache Negative ist sie das Setzende und
Bestimmende; das einfache Wesen hingegen ist die unbestimmte und
unthätige Grundlage, an welcher die Formbestimmungen das Bestehen oder
die Reflexion in sich haben.—Bei dieser Unterscheidung des Wesens und
der Form pflegt die äußere Reflexion stehen zu bleiben; sie ist
nothwendig, aber dieses Unterscheiden selbst ist ihre Einheit, so wie
diese Grundeinheit das sich von sich abstoßende und zum Gesetztseyn
machende Wesen ist. Die Form ist die absolute Negativität selbst, oder
die negative absolute Identität mit sich, wodurch eben das Wesen nicht
Seyn, sondern Wesen ist. Diese Identität abstrakt genommen, ist das
Wesen gegen die Form; so wie die Negativität abstrakt genommen als das
Gesetztseyn, die einzelne Formbestimmung ist. Die Bestimmung aber, wie
sie sich gezeigt hat, ist in ihrer Wahrheit, die totale sich auf sich
beziehende Negativität, die somit als diese Identität das einfache
Wesen an ihr selbst ist. Die Form hat daher an ihrer eigenen Identität
das Wesen; wie das Wesen an seiner negativen Natur die absolute Form.
Es kann also nicht gefragt werden, wie die Form zum Wesen hinzukomme,
denn sie ist nur das Scheinen desselben in sich selbst, die eigene ihm
inwohnende Reflexion. Die Form ebenso an ihr selbst ist die in sich
zurückkehrende Reflexion, oder das identische Wesen; in ihrem Bestimmen
macht sie die Bestimmung zum Gesetztseyn als Gesetztseyn. —Sie bestimmt
also nicht das Wesen, als ob sie wahrhaft vorausgesetzt, getrennt vom
Wesen sey, denn so ist sie die unwesentliche, rastlos zu Grunde gehende
Reflexionsbestimmung, hiermit ist sie so selbst vielmehr der Grund
ihres Aufhebens oder die identische Beziehung ihrer Bestimmungen. Die
Form bestimmt das Wesen, heißt also, die Form in ihrem Unterscheiden
hebt dieß Unterscheiden selbst auf, und ist die Identität mit sich,
welche das Wesen als das Bestehen der Bestimmung ist; sie ist der
Widerspruch in ihrem Gesetztseyn aufgehoben zu seyn und an diesem
Aufgehobenseyn das Bestehen zu haben; somit der Grund, als das im
Bestimmt- oder Negirtseyn mit sich identische Wesen.

Diese Unterschiede, der Form und des Wesens, sind daher nur Momente der
einfachen Formbeziehung selbst. Aber sie sind näher zu betrachten und
festzuhalten. Die bestimmende Form bezieht sich auf sich als
aufgehobenes Gesetztseyn, sie bezieht sich damit auf ihre Identität als
auf ein Andres. Sie setzt sich als aufgehoben; sie setzt damit ihre
Identität voraus; das Wesen ist nach diesem Momente das Unbestimmte,
dem die Form ein anderes ist. So ist es nicht das Wesen, das die
absolute Reflexion an ihm selbst ist, sondern bestimmt als die formlose
Identität; es ist die Materie.

b. Form und Materie.

Das Wesen wird zur Materie, indem seine Reflexion sich bestimmt, zu
demselben als zu dem formlosen Unbestimmten sich zu verhalten. Die
Materie ist also die einfache unterschiedslose Identität, welche das
Wesen ist, mit der Bestimmung das Andere der Form zu seyn. Sie ist
daher die eigentliche Grundlage oder Substrat der Form, weil sie die
Reflexion in sich der Formbestimmungen oder das Selbstständige
ausmacht, auf das sie sich als auf ihr positives Bestehen beziehen.

Wenn von allen Bestimmungen, aller Form eines Etwas abstrahirt wird, so
bleibt die unbestimmte Materie übrig. Die Materie ist ein schlechthin
Abstraktes. (—Man kann die Materie nicht sehen, fühlen u. s.f.—was man
sieht, fühlt, ist eine bestimmte Materie, d. h. eine Einheit der
Materie und der Form). Diese Abstraktion, aus der die Materie
hervorgeht, ist aber nicht nur ein äußerliches Wegnehmen und Aufheben
der Form, sondern die Form reducirt sich durch sich selbst, wie sich
ergeben hat, zu dieser einfachen Identität.

Ferner setzt die Form eine Materie voraus, auf welche sie sich bezieht.
Aber darum finden sich beide nicht äußerlich und zufällig einander
gegenüber; weder die Materie noch die Form ist aus sich selbst, oder in
anderer Sprache ewig. Die Materie ist das gegen die Form gleichgültige,
aber diese Gleichgültigkeit ist die Bestimmtheit der Identität mit
sich, in welche als in ihre Grundlage die Form zurückgeht. Die Form
setzt die Materie voraus; eben darin, daß sie sich als Aufgehobenes
setzt, somit sich auf diese ihre Identität als auf ein Anderes bezieht.
Umgekehrt ist die Form von der Materie vorausgesetzt; denn diese ist
nicht das einfache Wesen, das unmittelbar selbst die absolute Reflexion
ist, sondern dasselbe bestimmt als das Positive, nämlich das nur ist,
als aufgehobene Negation.—Aber von der andern Seite weil die Form sich
nur als Materie setzt, insofern sie sich selbst aufhebt, somit dieselbe
voraussetzt, ist die Materie auch bestimmt als grundloses Bestehen.
Ebenso ist die Materie nicht bestimmt als der Grund der Form; sondern,
indem die Materie sich setzt als die abstrakte Identität der
aufgehobenen Formbestimmung, ist sie nicht die Identität als Grund, und
die Form insofern gegen sie grundlos. Form und Materie sind somit
bestimmt, die eine wie die andere, nicht gesetzt durch einander, nicht
Grund von einander zu seyn. Die Materie ist vielmehr die Identität des
Grundes und des Begründeten, als Grundlage, welche dieser Formbeziehung
gegenüber steht. Diese ihre gemeinschaftliche Bestimmung der
Gleichgültigkeit ist die Bestimmung der Materie als solcher, und macht
auch die Beziehung beider aufeinander aus. Ebenso die Bestimmung der
Form, die Beziehung als unterschiedener zu seyn, ist auch das andere
Moment des Verhaltens beider zu einander.—Die Materie, das als
gleichgültig Bestimmte, ist das Passive gegen die Form als Thätiges.
Diese ist als das sich auf sich beziehende Negative der Widerspruch in
sich selbst, das sich Auflösende sich von sich Abstoßende und
Bestimmende. Sie bezieht sich auf die Materie, und sie ist gesetzt,
sich auf dieß ihr Bestehen, als auf ein Anderes zu beziehen. Die
Materie hingegen ist gesetzt, sich nur auf sich selbst zu beziehen, und
gleichgültig gegen Anderes zu seyn; aber sie bezieht sich an sich auf
die Form; denn sie enthält die aufgehobene Negativität, und ist nur
Materie durch diese Bestimmung. Sie bezieht sich auf sie nur darum als
auf ein Anderes, weil die Form nicht an ihr gesetzt, weil sie dieselbe
nur an sich ist. Sie enthält die Form in sich verschlossen, und ist die
absolute Empfänglichkeit für sie, nur darum weil sie dieselbe absolut
in ihr hat, weil dieß ihre an sich seyende Bestimmung ist. Die Materie
muß daher formirt werden, und die Form muß sich materialisiren, sich an
der Materie die Identität mit sich oder das Bestehen geben.

2. Die Form bestimmt daher die Materie, und die Materie wird von der
Form bestimmt.—Weil die Form selbst die absolute Identität mit sich
ist, also die Materie in sich enthält; ebenso weil die Materie in ihrer
reinen Abstraktion oder absoluten Negativität die Form in ihr selbst
hat, so ist die Thätigkeit der Form auf die Materie, und das
Bestimmtwerden dieser durch jene vielmehr nur das Aufheben des Scheines
ihrer Gleichgültigkeit und Unterschiedenheit. Diese Beziehung des
Bestimmens ist so die Vermittelung jeder der beiden mit sich durch ihr
eigenes Nichtseyn,—aber diese beiden Vermittelungen sind Eine Bewegung
und die Wiederherstellung ihrer ursprünglichen Identität;—die
Erinnerung ihrer Entäußerung.

Zuerst setzen Form und Materie sich gegenseitig voraus. Wie sich
ergeben hat, heißt dieß so viel, die eine wesentliche Einheit ist
negative Beziehung auf sich selbst, so entzweit sie sich in die
wesentliche Identität bestimmt als die gleichgültige Grundlage, und in
den wesentlichen Unterschied oder Negativität, als die bestimmende
Form. Jene Einheit des Wesens und der Form, die sich als Form und
Materie gegenübersetzen, ist der absolute Grund, der sich bestimmt.
Indem sie sich zu einem Verschiedenen macht, wird die Beziehung um der
zu Grunde liegenden Identität der Verschiedenen willen zur
gegenseitigen Voraussetzung.

Zweitens, die Form als selbstständig ist ohnehin der sich selbst
aufhebende Widerspruch; aber sie ist auch als solcher gesetzt, denn sie
ist zugleich selbstständig und zugleich wesentlich auf ein Anderes
bezogen;—sie hebt sich somit auf. Da sie selbst zweiseitig ist, so hat
auch dieß Aufheben die gedoppeite Seite, erstlich, sie hebt ihre
Selbstständigkeit auf, sie macht sich zu einem Gesetzten, zu einem, das
an einem Andern ist, und dieß ihr Anderes ist die Materie. Zweitens sie
hebt ihre Bestimmtheit gegen die Materie, ihre Beziehung auf dieselbe
somit ihr Gesetztseyn auf, und giebt sich dadurch Bestehen. Indem sie
ihr Gesetztseyn aufhebt, so ist diese ihre Reflexion die eigene
Identität, in welche sie übergeht; indem sie aber diese Identität
zugleich entäußert und als Materie sich gegenübersetzt, so ist jene
Reflexion des Gesetztseyns in sich als Vereinigung mit einer Materie,
an der sie Bestehen erhält; sie geht also in dieser Vereinigung ebenso
sehr mit der Materie als einem Andern,—nach der ersten Seite, daß sie
sich zu einem Gesetzten macht, —als auch darin mit ihrer eigenen
Identität zusammen.

Die Thätigkeit der Form also, wodurch die Materie bestimmt wird,
besteht in einem negativen Verhalten der Form gegen sich selbst. Aber
umgekehrt verhält sie sich damit auch negativ gegen die Materie; allein
dieß Bestimmtwerden der Materie ist ebenso sehr die eigene Bewegung der
Form selbst. Diese ist frei von der Materie, aber sie hebt diese ihre
Selbstständigkeit auf; aber ihre Selbstständigkeit ist die Materie
selbst, denn an dieser hat sie ihre wesentliche Identität. Indem sie
sich also zum Gesetzten macht, so ist dieß ein und dasselbe, daß sie
die Materie zu einem Bestimmten macht.—Aber von der andern Seite
betrachtet, ist die eigene Identität der Form zugleich sich entäußert,
und die Materie ihr Anderes; insofern wird die Materie auch nicht
bestimmt, dadurch, daß die Form ihre eigne Selbstständigkeit aufhebt.
Allein die Materie ist nur selbstständig der Form gegenüber; indem das
Negative sich aufhebt, hebt sich auch das Positive auf. Indem die Form
also sich aufhebt, so fällt auch die Bestimmtheit der Materie weg,
welche sie gegen die Form hat, nämlich das unbestimmte Bestehen zu
seyn.

Dieß, was als Thätigkeit der Form erscheint, ist ferner ebenso sehr die
eigene Bewegung der Materie selbst. Die ansichseyende Bestimmung oder
das Sollen der Materie ist ihre absolute Negativität. Durch diese
bezieht sich die Materie schlechthin nicht nur auf die Form als auf ein
Anderes, sondern dieses Äußere ist die Form, welche sie selbst als
verschlossen in sich enthält. Die Materie ist derselbe Widerspruch an
sich, welchen die Form enthält, und dieser Widerspruch ist wie seine
Auflösung, nur Einer. Die Materie ist aber in sich selbst
widersprechend, weil sie als die unbestimmte Identität mit sich
zugleich die absolute Negativität ist; sie hebt sich daher an ihr
selbst auf, und ihre Identität zerfällt in ihrer Negativität, und diese
erhält an jener ihr Bestehen. Indem also die Materie von der Form als
von einem Äußern bestimmt wird, so erreicht damit sie ihre Bestimmung,
und die Äußerlichkeit des Verhaltens sowohl für die Form als für die
Materie besteht darin, daß jede oder vielmehr ihre ursprüngliche
Einheit in ihrem Setzen zugleich voraussetzend ist; wodurch die
Beziehung auf sich, zugleich Beziehung auf sich als aufgehobenes oder
Beziehung auf sein anderes ist.

Drittens, durch diese Bewegung der Form und Matene ist ihre
ursprüngliche Einheit einer Seits hergestellt, anderer Seits nunmehr
eine gesetzte. Die Materie bestimmt ebensowohl sich selbst, als dieß
Bestimmen ein für sie äußerliches Thun der Form ist; umgekehrt die Form
bestimmt ebenso sehr nur sich oder hat die Materie, die von ihr
bestimmt wird, an ihr selbst, als sie in ihrem Bestimmen sich gegen ein
Anderes verhält; und beides, das Thun der Form und die Bewegung der
Materie ist dasselbe, nur daß jenes ein Thun ist, d. h. die Negativität
als gesetzte, dieß aber Bewegung oder Werden, die Negativität als
ansichseyende Bestimmung. Das Resultat ist daher die Einheit des
Ansichseyns und des Gesetztseyns. Die Materie ist als solche bestimmt,
oder hat nothwendig eine Form, und die Form ist schlechthin materielle,
bestehende Form.

Die Form, insofern sie eine Materie als das ihr Andere voraussetzt, ist
endlich. Sie ist nicht Grund, sondern nur das Thätige. Ebenso ist die
Materie, insofern sie die Form als ihr Nichtseyn voraussetzt, die
endliche Materie, sie ist ebenso wenig Grund ihrer Einheit mit der
Form, sondern nur die Grundlage für die Form. Aber sowohl diese
endliche Materie als die endliche Form hat keine Wahrheit; jede bezieht
sich auf die andere, oder nur ihre Einheit ist ihre Wahrheit. In diese
Einheit gehen diese beiden Bestimmungen zurück, und heben darin ihre
Selbstständigkeit auf; sie erweist sich damit als ihr Grund. Die
Materie ist daher nur insofern Grund ihrer Formbestimmung, als sie
nicht Materie als Materie, sondern die absolute Einheit des Wesens und
der Form ist; ebenso die Form ist nur Grund des Bestehens ihrer
Bestimmungen, insofern sie dieselbe eine Einheit ist. Aber diese eine
Einheit als die absolute Negativität und bestimmter als ausschließende
Einheit ist in ihrer Reflexion voraussetzend; oder es ist Ein Thun, im
Setzen sich als Gesetztes in der Einheit zu erhalten und sich von sich
selbst abzustoßen, sich auf sich als sich, und sich auf sich als auf
ein Anderes zu beziehen. Oder das Bestimmtwerden der Materie durch die
Form ist die Vermittelung des Wesens als Grund mit sich in einer
Einheit, durch sich selbst und durch die Negation seiner selbst.

Die formirte Materie oder die Bestehen habende Form, ist nun nicht nur
jene absolute Einheit des Grundes mit sich, sondern auch die gesetzte
Einheit. Die betrachtete Bewegung ist es, in welcher der absolute Grund
seine Momente zugleich als sich aufhebende und somit als gesetzte
dargestellt hat. Oder die wiederhergestellte Einheit hat in ihrem
Zusammengehen mit sich, sich ebenso sehr von sich selbst abgestoßen und
sich bestimmt; denn ihre Einheit ist als durch Negation zu Stande
gekommen, auch negative Einheit. Sie ist daher die Einheit der Form und
der Materie, als ihre Grundlage, aber als ihre bestimmte Grundlage,
welche formirte Materie, aber gegen Form und Materie zugleich als gegen
aufgehobene und unwesendiche gleichgültig ist. Sie ist der Inhalt.

c. Form und Inhalt.

Die Form steht zuerst dem Wesen gegenüber; so ist sie Grundbeziehung
überhaupt, und ihre Bestimmungen, der Grund und das Begründete. Alsdenn
steht sie der Materie gegenüber; so ist sie bestimmende Reflexion und
ihre Bestimmungen sind die Reflexionsbestimmung selbst und das Bestehen
derselben. Endlich steht sie dem Inhalte gegenüber, so sind ihre
Bestimmungen wieder sie selbst und die Materie. Was vorher das mit sich
Identische war, zuerst der Grund, dann das Bestehen überhaupt, und
zulezt die Materie tritt unter die Herrschaft der Form und ist wieder
eine ihrer Bestimmungen.

Der Inhalt hat erstlich eine Form und eine Materie, die ihm angehören
und wesentlich sind; er ist ihre Einheit. Aber indem diese Einheit
zugleich bestimmte oder gesetzte Einheit ist, so steht er der Form
gegenüber; diese macht das Gesetztseyn aus, und ist gegen ihn das
Unwesentliche. Er ist daher gleichgültig gegen sie; sie begreift sowohl
die Form als solche, als auch die Materie; und er hat also eine Form
und eine Materie, deren Grundlage er ausmacht, und die ihm als bloßes
Gesetztseyn sind.

Der Inhalt ist zweitens das in Form und Materie identische, so daß
diese nur gleichgültige äußerliche Bestimmungen wären. Sie sind das
Gesetztseyn überhaupt, das aber in dem Inhalte in seine Einheit oder
seinen Grund zurückgegangen ist. Die Identität des Inhalts mit sich
selbst ist daher das eine Mal jene gegen die Form gleichgültige
Identität; das andere Mal aber ist sie die Identität des Grundes. Der
Grund ist in dem Inhalte zunächst verschwunden; der Inhalt aber ist
zugleich die negative Reflexion der Formbestimmungen in sich; seine
Einheit, welche zunächst nur die gegen die Form gleichgültige ist, ist
daher auch die formelle Einheit oder die Grundbeziehung als solche. Der
Inhalt hat daher diese zu seiner wesentlichen Form und der Grund
umgekehrt hat einen Inhalt.

Der Inhalt des Grundes ist also der in seine Einheit mit sich
zurückgekehrte Grund; der Grund ist zunächst das Wesen, das in seinem
Gesetztseyn mit sich identisch ist; als verschieden und gleichgültig
gegen sein Gesetztseyn, ist es die unbestimmte, die Materie; aber als
Inhalt ist es zugleich die formirte Identität, und diese Form wird
darum Grundbeziehung, weil die Bestimmungen ihres Gegensatzes im
Inhalte auch als negirte gesetzt sind.—Der Inhalt ist ferner bestimmt
an ihm selbst; nicht nur wie die Materie als das Gleichgültige
überhaupt, sondern als die formirte Materie, so daß die Bestimmungen
der Form ein materielles, gleichgültiges Bestehen haben. Einer Seits
ist der Inhalt die wesentliche Identität des Grundes mit sich in seinem
Gesetztseyn, anderer Seits die gesetzte Identität gegen die
Grundbeziehung; dieß Gesetztseyn, das als Formbestimmung an dieser
Identität ist, ist dem freien Gesetztseyn, das heißt, der Form als
ganzer Beziehung von Grund und Begründetem, gegenüber; diese Form ist
das totale in sich zurückkehrende Gesetztseyn; jene daher nur das
Gesetztseyn als unmittelbares, die Bestimmtheit als solche.

Der Grund hat sich damit überhaupt zum bestimmten Grunde gemacht, und
die Bestimmtheit selbst ist die gedoppelte; erstens der Form und
zweitens des Inhalts. Jene ist seine Bestimmtheit dem Inhalte überhaupt
äußerlich zu seyn, der gegen diese Beziehung gleichgültig ist. Diese
ist die Bestimmtheit des Inhalts, den der Grund hat.

B. Der bestimmte Grund.

a. Der formelle Grund.

Der Grund hat einen bestimmten Inhalt. Die Bestimmtheit des Inhalts
ist, wie sich ergeben, die Grundlage für die Form; das einfache
Unmittelbare gegen die Vermittelung der Form. Der Grund ist negativ
sich auf sich beziehende Identität, welche sich dadurch zum Gesetztseyn
macht; sie bezieht sich negativ auf sich, indem sie identisch in dieser
ihrer Negativität mit sich ist; diese Identität ist die Grundlage oder
der Inhalt der auf diese Weise die gleichgültige oder positive Einheit
der Grundbeziehung ausmacht, und das Vermittelnde derselben ist.

In diesem Inhalte ist zunächst die Bestimmtheit des Grundes und des
Begründeten gegen einander verschwunden. Die Vermittelung ist aber
ferner negative Einheit. Das Negative als an jener gleichgültigen
Grundlage ist die unmittelbare Bestimmtheit derselben, wodurch der
Grund einen bestimmten Inhalt hat. Alsdann aber ist das Negative die
negative Beziehung der Form auf sich selbst. Das Gesetzte einer Seits
liebt sich selbst auf und geht in seinen Grund zurück; der Grund aber,
die wesentliche Selbstständigkeit, bezieht sich negativ auf sich selbst
und macht sich zum Gesetzten. Diese negative Vermittelung des Grundes
und des Begründeten ist die eigenthümliche Vermittelung der Form als
solcher, die formelle Vermittelung. Die beiden Seiten der Form nun,
weil die eine in die andere übergeht, setzen sich damit
gemeinschaftlich in Einer Identität als aufgehobene; sie setzen
dieselbe hierdurch zugleich voraus. Sie ist der bestimmte Inhalt, auf
den sich also die formelle Vermittelung als auf das positive
Vermittelnde durch sich selbst bezieht. Er ist das Identische beider,
und indem sie unterschieden, jedes aber in seinem Unterschiede die
Beziehung auf das andere ist, ist er das Bestehen derselben, eines
jeden als das Ganze selbst.

Hiernach ergiebt sich, daß im bestimmten Grunde dieß vorhanden ist;
erstens, ein bestimmter Inhalt wird nach zwei Seiten betrachtet, das
eine Mal insofern er als Grund, das andere Mal insofern er als
Begründetes gesetzt ist. Er selbst ist gleichgültig gegen diese Form;
er ist in beiden überhaupt nur Eine Bestimmung. Zweitens ist der Grund
selbst so sehr Moment der Form als das durch ihn gesetzte; dieß ist
ihre Identität der Form nach. Es ist gleichgültig, welche von beiden
Bestimmungen zum Ersten gemacht wird, von dem als dem Gesetzten zum
Andern als zum Grunde, oder von dem als dem Grunde zum Andern als zum
Gesetzten übergegangen wird. Das Begründete für sich betrachtet, ist
das Aufheben seiner selbst; damit macht es sich einer Seits zum
Gesetzten, und ist zugleich Setzen des Grundes. Dieselbe Bewegung ist
der Grund als solcher, er macht sich zum Gesetzten, dadurch wird er
Grund von etwas, das heißt, darin ist er sowohl als Gesetztes, wie auch
erst als Grund vorhanden. Daß ein Grund ist, davon ist das Gesetzte der
Grund, und umgekehrt ist hiermit der Grund Gesetztes. Die Vermittelung
fängt ebenso sehr von dem einen als von dem andern an, jede Seite ist
so sehr Grund als Gesetztes, und jede die ganze Vermittelung oder die
ganze Form.—Diese ganze Form ist ferner selbst als das mit sich
identische, die Grundlage der Bestimmungen, welche die beiden Seiten
des Grundes und des Begründeten sind, Form und Inhalt sind so selbst
eine und dieselbe Identität.

Um dieser Identität des Grundes und Begründeten willen, sowohl dem
Inhalte als der Form nach, ist der Grund zureichend (das Zureichende
auf dieß Verhältniß eingeschränkt); es ist nichts im Grunde, was nicht
im Begründeten ist, so wie nichts im Begründeten, was nicht im Grunde
ist. Wenn nach einem Grunde gefragt wird, will man dieselbe Bestimmung,
die der Inhalt ist, doppelt sehen, das eine Mal in der Form des
Gesetzten, das andere Mal in der des in sich reflektirten Daseyns, der
Wesentlichkeit.

Insofern nun im bestimmten Grunde Grund und Begründetes beide die ganze
Form, und ihr Inhalt zwar ein bestimmter, aber einer und derselbe ist,
so ist der Grund in seinen beiden Seiten noch nicht real bestimmt, sie
haben keinen verschiedenen Inhalt; die Bestimmtheit ist erst einfache,
noch nicht an die Seiten übergegangene Bestimmtheit; es ist der
bestimmte Grund erst in seiner reinen Form, der formelle Grund,
vorhanden.—Weil der Inhalt nur diese einfache Bestimmtheit ist, die
nicht die Form der Grundbeziehung an ihr selbst hat, so ist sie der mit
sich identische Inhalt, gegen die Form gleichgültig und diese ihm
äußerlich; er ist ein Anderes als sie.

Anmerkung.

Wenn die Reflexion über bestimmte Gründe sich an diejenige Form des
Grundes hält, welche sich hier ergeben hat, so bleibt die Angabe eines
Grundes ein bloßer Formalismus und leere Tautologie, welche denselben
Inhalt in der Form der Reflexion in sich, der Wesentlichkeit,
ausdrückt, der schon in der Form des unmittelbaren, als gesetzt
betrachteten Daseyns vorhanden ist. Ein solches Angeben von Gründen ist
deswegen von derselben Leerheit begleitet, als das Reden nach dem Satze
der Identität. Die Wissenschaften, vornemlich die physikalischen, sind
mit den Tautologien dieser Art angefüllt, welche gleichsam ein Vorrecht
der Wissenschaft ausmachen.—Es wird z. B. als der Grund, daß die
Planeten sich um die Sonne bewegen, die anziehende Kraft der Erde und
Sonne gegen einander angegeben. Es ist damit dem Inhalt nach nichts
Anders ausgesprochen, als was das Phänomen, nämlich die Beziehung
dieser Körper auf einander in ihrer Bewegung, enthält, nur in der Form
von in sich reflektirter Bestimmung, von Kraft. Wenn danach gefragt
wird, was die anziehende Kraft für eine Kraft sey, so ist die Antwort,
daß sie die Kraft ist, welche macht, daß sich die Erde um die Sonne
bewegt; das heißt, sie hat durchaus denselben Inhalt, als das Daseyn,
dessen Grund sie seyn soll; die Beziehung der Erde und der Sonne in
Rüksicht der Bewegung ist die identische Grundlage des Grundes und des
Begründeten.—Wenn eine Krystallisationsform dadurch erklärt wird, daß
sie ihren Grund in dem besondern Arrangement habe, in das die Molecules
zu einander treten, so ist die daseyende Krystallisation dieß
Arrangement selbst, welches als Grund ausgedrückt wird. Im gewöhnlichen
Leben gelten diese Ätiologieen, auf welche die Wissenschaften das
Privilegium haben, für das, was sie sind, für ein tautologisches,
leeres Gerede. Wenn auf die Frage, warum dieser Mensch in die Stadt
reise, der Grund angegeben wird, weil in der Stadt sich eine anziehende
Kraft befinde, die ihn dahin treibe, so gilt diese Art des Antwortens
für abgeschmackt, die in den Wissenschaften sanctionirt ist.—Leibnitz
warf der newtonischen anziehenden Kraft vor, daß sie eine solche
verborgene Qualität sey, als die Scholastiker zum Behuf des Erklärens
gebrauchten. Man müßte ihr eher das Gegentheil zum Vorwurf machen, daß
sie eine zu bekannte Qualität sey; denn sie hat keinen andern Inhalt,
als die Erscheinung selbst.—Wodurch sich diese Erklärungsweise eben
empfiehlt, ist ihre große Deutlichkeit und Begreiflichkeit; denn es ist
nichts deutlicher und begreiflicher, als daß z. E. eine Pflanze ihren
Grund in einer vegetativen, d. h. Pflanzen hervorbringenden Kraft
habe.—Eine occulte Qualität könnte sie nur in dem Sinne genannt werden,
als der Grund einen andern Inhalt haben soll, als das zu Erklärende;
ein solcher ist nicht angegeben; insofern ist jene zum Erklären
gebrauchte Kraft allerdings ein verborgener Grund, als ein Grund, wie
er gefordert wird, nicht angegeben ist. Es wird durch diesen
Formalismus so wenig etwas erklärt, als die Natur einer Pflanze erkannt
wird, wenn ich sage, daß sie eine Pflanze ist; bei aller Deutlichkeit
dieses Satzes, oder daß sie ihren Grund in einer Pflanzen
hervorbringenden Kraft habe, kann man dieß deswegen eine sehr occulte
Erklärungsweise nennen.

Zweitens, der Form nach, kommen in dieser Erklärungsweise die beiden
entgegengesetzten Richtungen der Grundbeziehung vor, ohne in ihrem
bestimmten Verhältnisse erkannt zu seyn. Der Grund ist eines Theils
Grund, als die in sich reflektirte Inhaltsbestimmung des Daseyns, das
er begründet, andern Theils ist er das Gesetzte. Er ist das, woraus das
Daseyn begriffen werden soll; umgekehrt aber wird von diesem auf ihn
geschlossen und er aus dem Daseyn begriffen. Das Hauptgeschäfte dieser
Reflexion besteht nämlich darin, aus dem Daseyn die Gründe zu finden,
das heißt, das unmittelbare Daseyn in die Form des Reflektirtseyns
umzusetzen; der Grund statt an und für sich und selbstständig zu seyn,
ist somit vielmehr das Gesetzte und Abgeleitete. Weil er nun durch dieß
Verfahren nach dem Phänomen eingerichtet ist, und seine Bestimmungen
auf diesem beruhen, so fließt dieses freilich ganz glatt und mit
günstigem Winde aus seinem Grunde aus. Aber die Erkenntniß ist
hierdurch nicht vom Flecke gekommen; sie treibt sich in einem
Unterschiede der Form herum, den dieß Verfahren selbst umkehrt und
aufhebt. Eine der Hauptschwierigkeiten, sich in die Wissenschaften
einzustudiren, worin dieß Verfahren herrschend ist, beruht deswegen auf
dieser Verkehrtheit der Stellung, das als Grund vorauszuschicken, was
in der That abgeleitet ist und indem zu den Folgen fortgegangen wird,
in ihnen in der That erst den Grund jener seyn sollenden Gründe
anzugeben. Es wird in der Darstellung mit den Gründen angefangen, sie
werden als Principien und erste Begriffe in die Luft hingestellt; sie
sind einfache Bestimmungen, ohne alle Nothwendigkeit an und für sich
selbst; das Folgende soll auf sie gegründet werden. Wer daher in
dergleichen Wissenschaften eindringen will, muß damit anfangen, sich
jene Gründe zu inkulkiren; ein Geschäft, das der Vernunft sauer
ankommt, weil sie Grundloses als Grundlage gelten lassen soll. Am
besten kommt derjenige fort, der sich ohne vieles Nachdenken die
Principien als gegebene gefallen läßt, und sie von nun an als
Grundregeln seines Verstandes gebraucht. Ohne diese Methode kann man
den Anfang nicht gewinnen; ebenso wenig läßt sich ohne sie ein Fortgang
machen. Dieser aber hindert sich nun dadurch, daß in ihnen der
Gegenstoß der Methode zum Vorschein kommt, die im Folgenden das
Abgeleitete aufzeigen will, das aber in der That erst die Gründe zu
jenen Voraussetzungen enthält. Ferner weil das Folgende sich als das
Daseyn zeigt, aus welchem der Grund abgeleitet wurde, so giebt dieß
Verhältniß, in dem das Phänomen aufgeführt wird, ein Mißtrauen gegen
die Darstellung desselben; denn es zeigt sich nicht in seiner
Unmittelbarkeit ausgedrückt, sondern als Beleg des Grundes. Weil aber
dieser hinwieder aus jenem hergeleitet ist, verlangt man es vielmehr in
seiner Unmittelbarkeit zu sehen, um den Grund aus ihm beurtheilen zu
können. Man weiß daher in solcher Darstellung, worin das eigentlich
Begründende als Abgeleitetes vorkommt, nicht, weder wie man mit dem
Grunde, noch wie man mit dem Phänomen daran ist. Die Ungewißheit wird
dadurch vermehrt, besonders wenn der Vortrag nicht streng konsequent,
sondern mehr ehrlich ist, daß sich allenthalben Spuren und Umstände des
Phänomens verrathen, die auf Mehreres und oft ganz Anderes hindeuten,
als bloß in den Principien enthalten ist. Die Verwirrung wird endlich
noch größer, indem reflektirte, und bloß hypothetische Bestimmungen mit
unmittelbaren Bestimmungen des Phänomens selbst vermischt werden, wenn
jene auf eine Art ausgesprochen sind, als ob sie der unmittelbaren
Erfahrung angehörten. So kann wohl mancher, der mit ehrlichem Glauben
zu diesen Wissenschaften hinzutritt, der Meinung seyn, die Molecules,
die leeren Zwischenräume, die Fliehkraft, der Äther, der vereinzelnte
Lichtstrahl, die elektrische, magnetische Materie und noch eine Menge
dergleichen seyen Dinge oder Verhältnisse, die, nach der Art, wie von
ihnen als unmittelbaren Daseynsbestimmungen gesprochen wird, in der
That in der Wahrnehmung vorhanden seyen. Sie dienen als erste Gründe
für Anderes, wer den als Wirklichkeiten ausgesprochen, und
zuversichtlich angewendet; man läßt sie auf guten Glauben hin dafür
gelten, ehe man inne wird, daß sie vielmehr aus dem, was sie begründen
sollen, geschlossene Bestimmungen, von einer unkritischen Reflexion
abgeleitete Hypothesen und Erdichtungen sind. In der That befindet man
sich in einer Art von Hexenkreise, worin Bestimmungen des Daseyns und
Bestimmungen der Reflexion, Grund und Begründetes, Phänomene und
Phantome in unausgeschiedener Gesellschaft durch einander laufen und
gleichen Rang mit einander geniessen.

Bei dem formellen Geschäfte dieser Erklärungsweise aus Gründen, hört
man zugleich auch wieder, alles Erklärens aus den wohlbekannten Kräften
und Materien ungeachtet, sagen, daß wir das innre Wesen dieser Kräfte
und Materien selbst nicht kennen. Es ist hierin nur das Geständniß zu
sehen, daß dieses Begründen sich selbst völlig ungenügend ist; daß es
selbst etwas ganz Anderes fordere, als solche Gründe. Es ist dann nur
nicht abzusehen, wozu sich denn diese Bemühung mit diesem Erklären
gemacht, warum nicht das Andere gesucht, oder jenes Erklären wenigstens
bei Seite gethan, und bei den einfachen Thatsachen stehen geblieben
wird.

b. Der reale Grund.

Die Bestimmtheit des Grundes, ist, wie sich gezeigt hat, eines Theils
Bestimmtheit der Grundlage oder Inhaltsbestimmung; andern Theils das
Andersseyn in der Grundbeziehung selbst, nämlich die Unterschiedenheit
ihres Inhalts und der Form; die Beziehung von Grund und Begründetem
verläuft sich als eine äußerliche Form an dem Inhalt, der gegen diese
Bestimmungen gleichgültig ist.—In der That aber sind beide einander
nicht äußerlich; denn der Inhalt ist dieß, die Identität des Grundes
mit sich selbst im Begründeten, und des Begründeten im Grunde zu seyn.
Die Seite des Grundes hat sich gezeigt, selbst ein Gesetztes, und die
Seite des Begründeten, selbst Grund zu seyn; jede ist an ihr selbst
diese Identität des Ganzen. Weil sie aber zugleich der Form angehören
und ihre bestimmte Unterschiedenheit ausmachen, so ist jede in ihrer
Bestimmtheit die Identität des Ganzen mit sich. Jede hat somit einen
gegen die andere verschiedenen Inhalt.—Oder von Seite des Inhalts
betrachtet, weil er die Identität als der Grundbeziehung mit sich ist,
hat er wesentlich diesen Formunterschied an ihm selbst, und ist als
Grund ein anderer, denn als Begründetes.

Darin nun, daß Grund und Begründetes einen verschiedenen Inhalt haben,
hat die Grundbeziehung aufgehört, eine formale zu seyn; der Rückgang in
den Grund, und das Hervorgehen aus ihm zum Gesetzten ist nicht mehr die
Tautologie; der Grund ist realisirt. Man verlangt daher, wenn man nach
einem Grund fragt, eigentlich für den Grund eine andere
Inhaltsbestimmung als diejenige ist, nach deren Grund man fragt.

Diese Beziehung bestimmt sich nun weiter. Insofern nämlich ihre beide
Seiten verschiedener Inhalt sind, sind sie gleichgültig gegen einander;
jede ist eine unmittelbare mit sich identische Bestimmung. Ferner als
Grund und Begründetes auf einander bezogen, ist der Grund das in dem
Andern als in seinem Gesetztseyn in sich reflektirte; der Inhalt also,
welchen die Seite des Grundes hat, ist ebenso im Begründeten; dieses
als das Gesetzte hat nur in jenem seine Identität mit sich und sein
Bestehen. Außer diesem Inhalte des Grundes hat aber das Begründete
nunmehr auch seinen eigenthümlichen, und ist somit die Einheit von
einem zweifachen Inhalt. Diese nun ist zwar als Einheit unterschiedener
deren negative Einheit, aber weil es gegen einander gleichgültige
Inhaltsbestimmungen sind, ist sie nur ihre leere, an ihr selbst
inhaltslose Beziehung, nicht ihre Vermittelung; ein Eins oder Etwas als
äußerliche Verknüpfung derselben.

Es ist also in der realen Grundbeziehung das doppelte vorhanden, einmal
die Inhaltsbestimmung, welche Grund ist, in dem Gesetztseyn mit sich
selbst kontinuirt, so daß sie das einfach Identische des Grundes und
Begründeten ausmacht; das Begründete enthält so den Grund vollkommen in
sich, ihre Beziehung ist unterschiedslose wesentliche Gediegenheit. Was
im Begründeten zu diesem einfachen Wesen noch hinzukommt, ist daher nur
eine unwesentliche Form, äußerliche Inhaltsbestimmungen, die als solche
vom Grunde frei, und eine unmittelbare Mannigfaltigkeit sind. Von
diesem Unwesentlichen ist also jenes Wesentliche nicht der Grund, noch
ist es Grund von der Beziehung beider aufeinander in dem Begründeten.
Es ist ein positiv Identisches, das dem Begründeten inwohnt, aber sich
darin in keinen Formunterschied setzt, sondern als sich auf sich selbst
beziehender Inhalt gleichgültige positive Grundlage ist.—Fürs andere
ist das mit dieser Grundlage im Etwas Verknüpfte ein gleichgültiger
Inhalt, aber als die unwesentliche Seite. Die Hauptsache ist die
Beziehung der Grundlage und der unwesentlichen Mannigfaltigkeit. Diese
Beziehung aber, weil die bezogenen Bestimmungen gleichgültiger Inhalt
sind, ist auch nicht Grund; eine ist zwar als wesentlicher, das Andere
nur als unwesentlicher oder gesetzter Inhalt bestimmt, aber als sich
auf sich beziehender Inhalt ist beiden diese Form äußerlich. Das Eins
des Etwas, das ihre Beziehung ausmacht, ist deswegen nicht
Formbeziehung, sondern nur ein äußerliches Band, das den unwesentlichen
mannigfaltigen Inhalt nicht als gesetzten enthält; es ist also
gleichfalls nur Grundlage.

Der Grund, wie er als realer sich bestimmt, zerfällt hiermit um der
Inhaltsverschiedenheit willen, die seine Realität ausmacht, in
äußerliche Bestimmungen. Die beiden Beziehungen, der wesentliche
Inhalt, als die einfache unmittelbare Identität des Grundes und des
Begründeten; und dann das Etwas, als die Beziehung des unterschiedenen
Inhalts, sind zwei verschiedene Grundlagen; die mit sich identische
Form des Grundes, daß Dasselbe das eine Mal als Wesentliches, das
andere Mal als Gesetztes sey, ist verschwunden; die Grundbeziehung ist
so sich selbst äußerlich geworden.

Es ist daher nun ein äußerlicher Grund, welcher verschiedenen Inhalt in
Verknüpfung bringt und es bestimmt, welcher der Grund und welcher das
durch ihn Gesetzte sey; in dem beiderseitigen Inhalte selbst liegt
diese Bestimmung nicht. Der reale Grund ist daher Beziehung auf
Anderes, einer Seits des Inhalts auf andern Inhalt, anderer Seits der
Grundbeziehung selbst (der Form) auf Anderes, nämlich auf ein
Unmittelbares, nicht durch sie Gesetztes.

Anmerkung.

Die formelle Grundbeziehung enthält nur Einen Inhalt für Grund und
Begründetes, in dieser Identität liegt ihre Nothwendigkeit, aber
zugleich ihre Tautologie. Der reale Grund enthält einen verschiedenen
Inhalt, damit tritt aber die Zufälligkeit und Äußerlichkeit der
Grundbeziehung ein. Einer Seits ist dasjenige, was als das Wesentliche
und deswegen als die Grundbestimmung betrachtet wird, nicht Grund der
anderen Bestimmungen, die mit ihr verknüpft sind. Anderer Seits ist es
auch unbestimmt, welche von mehrern Inhaltsbestimmungen eines konkreten
Dinges als die wesentliche und als Grund angenommen werden soll; die
Wahl ist daher zwischen ihnen frei. So ist in ersterer Rücksicht z.B.
der Grund eines Hauses die Unterlage desselben; wodurch diese Grund
ist, ist die der sinnlichen Materie inwohnende Schwere, das sowohl in
dem Grunde als dem begründeten Hause schlechthin Identische. Daß an der
schweren Materie nun ein solcher Unterschied ist, wie der einer
Unterlage und einer davon unterschiedenen Modifikation, wodurch sie
eine Wohnung ausmacht, ist dem Schweren selbst vollkommen gleichgültig,
seine Beziehung auf die anderen Inhaltsbestimmungen des Zwecks, der
Einrichtung des Hauses u.s.f. ist ihm äußerlich; es ist daher wohl
Grundlage, aber nicht Grund derselben. Die Schwere ist so sehr als
Grund, daß ein Haus steht, auch Grund, daß ein Stein fällt; der Stein
hat diesen Grund, die Schwere, in sich; aber daß er eine weitere
Inhaltsbestimmung hat, wodurch er nicht bloß ein Schweres, sondern
Stein ist, ist der Schwere äußerlich; es ist ferner durch ein Anderes
gesetzt, daß er von dem Körper vorher entfernt worden sey, auf welchen
er fällt, wie auch die Zeit und der Raum und deren Beziehung, die
Bewegung, ein anderer Inhalt als die Schwere sind, und ohne sie (wie
man zu sprechen pflegt) vorgestellt werden können, folglich nicht
wesentlich durch sie gesetzt sind.—Sie ist auch so sehr Grund, daß ein
Projektil die dem Fallen entgegengesetzte Wurfbewegung nacht. —Aus der
Verschiedenheit der Bestimmungen, deren Grund sie ist, erhellt, daß ein
Anderes zugleich erfordert wird, welches sie zum Grunde dieser oder
einer andern Bestimmung macht.-Wenn von der Natur gesagt wird, daß sie
der Grund der Welt ist, so ist das, was Natur genannt wird, einer Seits
eins mit der Welt, und die Welt nichts als die Natur selbst. Aber sie
sind auch unterschieden, so daß die Natur mehr das Unbestimmte, oder
wenigstens nur das in den allgemeinen Unterschieden, welche Gesetze
sind, bestimmte, mit sich identische Wesen der Welt ist, und zur Natur,
um Welt zu seyn, noch eine Mannigfaltigkeit von Bestimmungen äußerlich
hinzukommt. Diese aber haben ihren Grund nicht in der Natur als
solcher, sie ist vielmehr das gegen sie als Zufälligkeiten
Gleichgültige.—Es ist dasselbe Verhältniß, wenn Gott als Grund der
Natur bestimmt wird. Als Grund ist er ihr Wesen, sie enthält es in ihr
und ist ein identisches mit ihm; aber sie hat noch eine weitere
Mannigfaltigkeit, die von dem Grunde selbst unterschieden ist; sie ist
das Dritte, worin dieses beide Verschiedene verknüpft ist; jener Grund
ist weder Grund der von ihm verschiedenen Mannigfaltigkeit noch seiner
Verknüpfung mit ihr. Die Natur wird daher nicht aus Gott als dem Grunde
erkannt, denn so wäre er nur ihr allgemeines Wesen, der sie nicht, wie
sie bestimmtes Wesen und Natur ist, enthält.

Das Angeben von realen Gründen wird also um dieser
Inhaltsverschiedenheit des Grundes oder eigentlich der Grundlage und
dessen, was mit ihm im Begründeten verbunden ist, ebenso sehr ein
Formalismus, als der formale Grund selbst. In diesem ist der mit sich
identische Inhalt gleichgültig gegen die Form; im realen Grunde findet
dieß gleichfalls Statt. Dadurch ist nun ferner der Fall, daß er es
nicht an ihm selbst enthält, welche der mannigfaltigen Bestimmungen als
die wesentliche genommen werden soll. Etwas ist ein Konkretes von
solchen mannigfaltigen Bestimmungen, die sich gleich beständig und
bleibend an ihm zeigen. Die eine kann daher so sehr wie die andere als
Grund bestimmt werden; nämlich als die wesentliche, in Vergleichung mit
welcher alsdann die andere nur ein Gesetztes sey. Es verbindet sich
damit das vorhin Erwähnte, daß, wenn eine Bestimmung vorhanden ist, die
in einem Falle als Grund einer andern angesehen wird, daraus nicht
folgt, daß diese andere in einem andern Falle oder überhaupt, mit ihr
gesetzt sey.—Die Strafe z.B. hat die mannigfaltigen Bestimmungen, daß
sie Wiedervergeltung, ferner abschreckendes Beispiel, daß sie ein vom
Gesetz zur Abschreckung Angedrohtes, auch ein den Verbrecher zur
Besinnung und Besserung Bringendes ist. Jede dieser verschiedenen
Bestimmungen ist als Grund der Strafe betrachtet worden, weil jede eine
wesentliche Bestimmung ist, und dadurch die anderen als von ihr
unterschieden, gegen sie nur als Zufälliges bestimmt werden. Diejenige
aber, die als Grund angenommen wird, ist noch nicht die ganze Strafe
selbst; dieses Konkrete enthält auch jene anderen, die mit ihr darin
nur verknüpft sind, ohne daß sie in ihr ihren Grund hätten.—Oder ein
Beamter hat Amts-Geschicklichkeit, steht als Individuum in
Verwandschaft, hat diese und jene Bekanntschaft, einen besondern
Charakter, war in diesen und jenen Umständen und Gelegenheiten, sich zu
zeigen, u.s.f. Es kann jede dieser Eigenschaften Grund seyn, oder als
solcher angesehen werden, daß er dieß Amt hat; sie sind ein
verschiedener Inhalt, der in einem Dritten verbunden ist; die Form, als
das Wesentliche und als das Gesetzte gegeneinander bestimmt zu seyn,
ist demselben äußerlich. Jede dieser Eigenschaften ist dem Beamten
wesentlich, weil er durch sie das bestimmte Individuum ist, welches er
ist; insofern das Amt als eine äußerliche gesetzte Bestimmung
betrachtet werden kann, kann jede gegen dieses als Grund bestimmt, aber
auch selbst umgekehrt können jene als gesetzte, und das Amt als Grund
derselben angesehen werden. Wie sie sich wirklich, d. h. im einzelnen
Fall, verhalten, dieß ist eine der Grundbeziehung und dem Inhalte
selbst, äußerliche Bestimmung; es ist ein Drittes, was ihnen die Form
von Grund und Begründetem ertheilt.

So kann überhaupt jedes Daseyn mancherlei Gründe haben, jede seiner
Inhaltsbestimmungen durchdringt als mit sich identisch das konkrete
Ganze, und läßt sich daher als wesentlich betrachten; den mancherlei
Rüksichten d. h. Bestimmungen, die außer der Sache selbst liegen, ist
um der Zufälligkeit der Verknüpfungsweise Thür und Thor unendlich
aufgethan.—Ob ein Grund diese oder jene Folge habe, ist deswegen ebenso
zufällig. Die moralischen Beweggründe z.B. sind wesentliche
Bestimmungen der sittlichen Natur, aber das, was aus ihnen folgt, ist
zugleich eine von ihnen verschiedene Äußerlichkeit, die aus ihnen
folgt, und auch nicht folgt; erst durch ein Drittes kommt sie zu ihnen
hinzu. Genauer ist dieß so zu nehmen, daß es der moralischen
Bestimmung, wenn sie Grund ist, nicht zufällig sey, eine Folge oder ein
Begründetes zu haben, aber ob sie überhaupt zum Grund gemacht werde
oder nicht. Allein da auch wieder der Inhalt, der ihre Folge ist, wenn
sie zum Grund gemacht worden, die Natur der Äußerlichkeit hat, kann er
unmittelbar durch eine andere Äußerlichkeit aufgehoben werden. Aus
einem moralischen Beweggrunde kann also eine Handlung hervorgehen oder
auch nicht. Umgekehrt kann eine Handlung mancherlei Gründe haben; sie
enthält als ein Konkretes mannigfaltige wesentliche Bestimmungen, deren
jede deswegen als Grund angegeben werden kann. Das Aufsuchen und
Angeben von Gründen, worin vornemlich das Raisonnement besteht, ist
darum ein endloses Herumtreiben, das keine letzte Bestimmung enthält;
es kann von allem und jeden einer und mehrere gute Gründe angegeben
werden, so wie von seinem Entgegengesetzten, und es können eine Menge
Gründe vorhanden seyn, ohne daß aus ihnen etwas erfolgt. Was Sokrates
und Plato Sophisterei nennen, ist nichts anderes als das Raisonnement
aus Gründen; Plato setzt demselben die Betrachtung der Idee, d. h. der
Sache an und für sich selbst, oder in ihrem Begriffe entgegen. Die
Gründe sind nur von wesentlichen Inhaltsbestimmungen, Verhältnissen und
Rüksichten genommen, deren jede Sache, gerade wie auch ihr Gegentheil,
mehrere hat; in ihrer Form der Wesentlichkeit gilt die eine so gut als
die andere; weil sie nicht den ganzen Umfang der Sache enthält, ist sie
einseitiger Grund, deren die anderen besondern Seiten wieder besondere
haben, und wovon keiner die Sache, welche ihre Verknüpfung ausmacht und
sie alle enthält, erschöpft; keiner ist zureichender Grund, d. h. der
Begriff

c. Der vollständige Grund.

1. Im realen Grunde sind der Grund als Inhalt, und als Beziehung, nur
Grundlagen. Jener ist nur gesetzt als wesentlich und als Grund; die
Beziehung ist das Etwas des Begründeten, als das unbestimmte Substrat
eines verschiedenen Inhalts, eine Verknüpfung desselben, die nicht
seine eigne Reflexion, sondern eine äußerliche und somit nur eine
gesetzte ist. Die reale Grundbeziehung ist daher vielmehr der Grund als
aufgehobener; sie macht somit vielmehr die Seite des Begründeten oder
des Gesetztseyns aus. Als Gesetztseyn aber ist nun der Grund selbst in
seinen Grund zurückgegangen; er ist nun ein Begründetes, das einen
andern Grund hat. Dieser bestimmt sich hierdurch so, daß er erstlich
das mit dem realen Grunde als seinem Begründeten Identische ist; beide
Seiten haben nach dieser Bestimmung einen und denselben Inhalt; die
zwei Inhaltsbestimmungen und deren Verknüpfung im Etwas befinden sich
gleichfalls im neuen Grunde. Aber zweitens der neue Grund, in welchen
sich jene nur gesetzte äußerliche Verknüpfung aufgehoben hat, ist als
ihre Reflexion in sich die absolute Beziehung der zwei
Inhaltsbestimmungen.

Dadurch daß der reale Grund selbst in seinen Grund zurückgegangen ist,
stellt sich an ihm die Identität des Grundes und Begründeten, oder der
formelle Grund wieder her. Die entstandene Grundbeziehung ist darum die
vollständige, die den formellen und realen Grund zugleich in sich
enthält und die im letztern gegen einander unmittelbaren
Inhaltsbestimmungen vermittelt.

2. Die Grundbeziehung hat sich hiermit folgendermassen näher bestimmt.
Erstens Etwas hat einen Grund; es enthält die Inhaltsbestimmung, welche
der Grund ist, und noch eine zweite als durch ihn gesetzte. Aber als
gleichgültiger Inhalt, ist die eine nicht an ihr selbst Grund, die
andere nicht an ihr selbst das Begründete von jener, sondern diese
Beziehung ist in der Unmittelbarkeit des Inhalts als eine aufgehobene
oder gesetzte, und hat als solche in einer andern ihren Grund. Diese
zweite Beziehung als nur der Form nach unterschieden, hat denselben
Inhalt als die erstere, nämlich die beiden Inhaltsbestimmungen, ist
aber die unmittelbare Verknüpfung derselben. Indem jedoch das
Verknüpfte überhaupt verschiedener Inhalt, somit gegen einander
gleichgültige Bestimmung ist, ist sie nicht ihre wahrhaft absolute
Beziehung, daß die eine der Bestimmungen das im Gesetztseyn mit sich
Identische, die andere nur dieß Gesetztseyn desselben Identischen wäre;
sondern ein Etwas trägt sie und macht ihre nicht reflektirte, sondern
nur unmittelbare Beziehung aus, welche daher nur relativer Grund gegen
die Verknüpfung im andern Etwas ist. Die beiden Etwas sind also die
zwei unterschiedenen Beziehungen von Inhalt, die sich ergeben haben.
Sie stehen in der identischen Grundbeziehung der Form; sie sind ein und
derselbe ganze Inhalt, nämlich die zwei Inhaltsbestimmungen und deren
Beziehung; unterschieden sind sie nur durch die Art dieser Beziehung,
die in dem einen unmittelbare, in dem andern gesetzte Beziehung ist;
wodurch sich das eine von dem Andern nur der Form nach als Grund und
Begründetes unterscheidet.—Zweitens ist diese Grundbeziehung nicht nur
formell, sondern auch real. Der formelle Grund geht in den realen über,
wie sich gezeigt hat; die Momente der Form reflektiren sich in sich
selbst; sie sind ein selbstständiger Inhalt, und die Grundbeziehung
enthält auch einen eigenthümlichen Inhalt als Grund und einen als
Begründetes. Der Inhalt macht zuerst die unmittelbare Identität der
beiden Seiten des formellen Grundes aus, so haben sie einen und
denselben Inhalt. Aber er hat auch die Form an ihm selbst und ist so
gedoppelter Inhalt, der sich als Grund und Begründetes verhält. Die
eine der zwei Inhaltsbestimmungen der beiden Etwas ist daher bestimmt,
als ihnen nicht bloß gemeinschaftlich nach äußerer Vergleichung,
sondern ihr identisches Substrat und die Grundlage ihrer Beziehung zu
seyn. Gegen die andere Inhaltsbestimmung ist sie die wesentliche und
Grund derselben als der gesetzten, nämlich in dem Etwas, dessen
Beziehung die begründete ist. Im ersten Etwas, das die Grundbeziehung
ist, ist auch diese zweite InhaltsBestimmung unmittelbar und an sich
mit der ersten verknüpft. Das andere Etwas aber enthält nur die eine an
sich als das, worin es mit dem ersten Etwas unmittelbar identisch ist,
die andere aber als die in ihm gesetzte. Die erstere Inhaltsbestimmung
ist Grund derselben dadurch, daß sie in dem ersten Etwas ursprünglich
mit der andern Inhaltsbestimmung verknüpft ist.

Die Grundbeziehung der Inhaltsbestimmungen im zweiten Etwas ist so
durch die erste an sich seyende Beziehung des ersten Etwas vermittelt.
Der Schluß ist, weil in einem Etwas die Bestimmung B mit der Bestimmung
A an sich verknüpft ist, so ist im zweiten Etwas, dem nur die eine
Bestimmung A unmittelbar zukommt, auch B damit verknüpft. Im zweiten
Etwas ist nicht nur diese zweite Bestimmung mittelbar, sondern auch daß
seine unmittelbare Grund ist, ist vermittelt, nämlich durch ihre
ursprüngliche Beziehung auf B im ersten Etwas. Diese Beziehung ist
somit Grund des Grundes A, und die ganze Grundbeziehung ist zweiten
Etwas als Gesetztes oder Begründetes.

3. Der reale Grund zeigt sich als die sich äußerliche Reflexion des
Grundes; die vollständige Vermittelung desselben ist die
Wiederherstellung seiner Identität mit sich. Aber indem diese dadurch
zugleich die Äußerlichkeit des realen Grundes erhalten hat, so ist die
Formelle Grundbeziehung in dieser Einheit ihrer selbst und des realen
Grundes, ebenso sehr sich setzender als sich aufhebender Grund; die
Grundbeziehung vermittelt sich durch ihre Negation mit sich. Erstlich
ist der Grund als die ursprüngliche Beziehung, Beziehung von
unmittelbaren Inhaltsbestimmungen. Die Grundbeziehung hat als
wesentliche Form zu ihren Seiten solche, welche aufgehobene oder
Momente sind. Daher als Form unmittelbarer Bestimmungen ist sie die mit
sich identische Beziehung zugleich als Beziehung ihrer Negation; somit
ist sie Grund nicht an und für sich selbst, sondern als Beziehung auf
die aufgehobene Grundbeziehung.—Zweitens die aufgehobene Beziehung oder
das Unmittelbare, das in der ursprünglichen und der gesetzten Beziehung
die identische Grundlage ist, ist realer Grund gleichfalls nicht an und
für sich selbst, sondern es ist durch jene ursprüngliche Verknüpfung
gesetzt, daß es Grund sey.-Die Grundbeziehung in ihrer Totalität ist
somit wesentlich voraussetzende Reflexion; der formelle Grund setzt die
unmittelbare Inhaltsbestimmung voraus, und diese als realer Grund setzt
die Form voraus. Der Grund ist also die Form als unmittelbare
Verknüpfung; aber so daß sie sich von sich selbst abstößt, und die
Unmittelbarkeit vielmehr voraussetzt, sich darin auf sich als auf ein
Anderes bezieht. Dieses Unmittelbare ist die Inhaltsbestimmung, der
einfache Grund; aber er ist als dieß, nämlich als Grund, ebenso von
sich abgestoßen und bezieht sich auf sich gleichfalls als auf ein
Anderes.—So hat sich die totale Grundbeziehung zur bedingenden
Vermittlung bestimmt.

C. Die Bedingung.

a. Das relativ Unbedingte.

1. Der Grund ist das Unmittelbare und das Begründete das Vermittelte.
Aber er ist setzende Reflexion, als solche macht er sich zum
Gesetztseyn, und ist voraussetzende Reflexion, so bezieht er sich auf
sich als auf ein Aufgehobenes, auf ein Unmittelbares, wodurch er selbst
vermittelt ist. Diese Vermittelung, als Fortgehen vom Unmittelbaren zum
Grunde, ist nicht eine äußere Reflexion, sondern, wie sich ergeben, das
eigne Thun des Grundes, oder was dasselbe ist, die Grundbeziehung ist
als Reflexion in die Identität mit sich ebenso wesentlich sich
entäußernde Reflexion. Das Unmittelbare, auf das der Grund sich als auf
seine wesentliche Voraussetzung bezieht, ist die Bedingung; der reale
Grund ist daher wesentlich bedingt. Die Bestimmtheit, die er enthält,
ist das Andersseyn seiner selbst.

Die Bedingung ist also erstens ein unmittelbares, mannigfaltiges
Daseyn. Zweitens ist dieses Daseyn bezogen auf ein Anderes, auf etwas,
das Grund ist, nicht dieses Daseyns, sondern in anderer Rüksicht; denn
das Daseyn selbst ist unmittelbar und ohne Grund. Nach jener Beziehung
ist es ein Gesetztes; das unmittelbare Daseyn soll als Bedingung nicht
für sich, sondern für Anderes seyn. Aber zugleich ist dieß, daß es so
für Anderes ist, selbst nur ein Gesetztseyn; daß es ein Gesetztes ist,
ist in seiner Unmittelbarkeit aufgehoben, und ein Daseyn ist dagegen,
Bedingung zu seyn, gleichgültig. Drittens ist die Bedingung so ein
Unmittelbares, daß sie die Voraussetzung des Grundes ausmacht. Sie ist
in dieser Bestimmung die in die Identität mit sich zurückgegangene
Formbeziehung des Grundes, hiermit der Inhalt desselben. Aber der
Inhalt als solcher ist nur die gleichgültige Einheit des Grundes, als
in der Form; ohne Form kein Inhalt. Er befreit sich noch von derselben,
indem die Grundbeziehung im vollständigen Grunde zu einer gegen ihre
Identität äußerlichen Beziehung wird; wodurch der Inhalt die
Unmittelbarkeit erhält. Insofern daher die Bedingung das ist, worin die
Grundbeziehung ihre Identität mit sich hat, macht sie seinen Inhalt
aus; aber weil er das gegen diese Form Gleichgültige ist, ist er nur an
sich ihr Inhalt, ein solches, das erst Inhalt werden soll, hiermit das
Material für den Grund ausmacht. Als Bedingung gesetzt, hat das Daseyn
nach dem zweiten Momente die Bestimmung, seine gleichgültige
Unmittelbarkeit zu verlieren und Moment eines Andern zu werden. Durch
seine Unmittelbarkeit ist es gleichgültig gegen diese Beziehung;
insofern es aber in dieselbe tritt, macht es das Ansichseyn des Grundes
aus, und ist das Unbedingte für denselben. Um Bedingung zu seyn, hat es
am Grunde seine Voraussetzung, und ist selbst bedingt; aber diese
Bestimmung ist ihm äußerlich.

2. Etwas ist nicht durch seine Bedingung; seine Bedingung ist nicht
sein Grund. Sie ist das Moment der unbedingten Unmittelbarkeit für den
Grund, aber ist nicht selbst die Bewegung und das Setzen, das sich
negativ auf sich bezieht, und sich zum Gesetztseyn macht. Der Bedingung
steht daher die Grundbeziehung gegenüber. Etwas hat außer seiner
Bedingung auch einen Grund.—Dieser ist die leere Bewegung der
Reflexion, weil sie die Unmittelbarkeit als ihre Voraussetzung außer
ihr hat. Sie ist aber die ganze Form und das selbstständige Vermitteln;
denn die Bedingung ist nicht ihr Grund. Indem dieses Vermitteln sich
als Setzen auf sich bezieht, ist es nach dieser Seite gleichfalls ein
Unmittelbares und Unbedingtes; es setzt sich zwar voraus, aber als
entäußertes oder aufgehobenes Setzen; das was es hingegen seiner
Bestimmung nach ist, ist es an und für sich selbst. —Insofern so die
Grundbeziehung selbstständige Beziehung auf sich ist und die Identität
der Reflexion an ihr selbst hat, hat sie einen eigenthümlichen Inhalt,
gegen den Inhalt der Bedingung. Jener ist Inhalt des Grundes und darum
wesentlich formirt; dieser hingegen ist nur unmittelbares Material, dem
die Beziehung auf den Grund zugleich ebenso äußerlich ist, als es auch
das Ansichseyn desselben ausmacht; es ist somit eine Vermischung von
selbstständigem Inhalt, der keine Beziehung auf den Inhalt der
Grundbestimmung hat, und von solchem, der in sie eingeht, und als ihr
Material, Moment derselben werden soll.

3. Die beiden Seiten des Ganzen, Bedingung und Grund, sind also einer
Seits gleichgültige und unbedingte gegen einander; das eine als das
Unbezogene, dem die Beziehung, in welcher es Bedingung ist, äußerlich
ist; das andere als die Beziehung oder Form, für welche das bestimmte
Daseyn der Bedingung nur als Material ist, als ein Passives, dessen
Form, die es für sich an ihm hat, eine unwesentliche ist. Ferner sind
auch beide vermittelte. Die Bedingung ist das Ansichseyn des Grundes;
sie ist so sehr wesentliches Moment der Grundbeziehung, daß sie die
einfache Identität desselben mit sich ist. Aber dieß ist auch
aufgehoben; dieß Ansichseyn ist nur ein gesetztes; das unmittelbare
Daseyn ist gleichgültig dagegen Bedingung zu seyn. Daß die Bedingung
des Ansichseyns für den Grund ist, macht also ihre Seite aus, nach
welcher sie eine vermittelte ist. Ebenso die Grundbeziehung hat in
ihrer Selbstständigkeit, auch eine Voraussetzung, und ihr Ansichseyn
außer sich.—Somit ist jede der beiden Seiten der Widerspruch der
gleichgültigen Unmittelbarkeit und der wesentlichen Vermittelung,
Beides in Einer Beziehung;—oder der Widerspruch des selbstständigen
Bestehens und der Bestimmung, nur Moment zu seyn.

b. Das absolute Unbedingte.

Die beiden relativ-Unbedingten scheinen zunächst, jedes in das andere;
die Bedingung als Unmittelbares in die Formbeziehung des Grundes, und
diese in das unmittelbare Daseyn als sein Gesetztseyn; aber jedes ist
außer diesem Scheine seines Andern an ihm selbstständig und hat seinen
eigenthümlichen Inhalt.

Zuerst ist die Bedingung unmittelbares Daseyn; seine Form hat die zwei
Momente, das Gesetztseyn, nach welchem es als Bedingung Material und
Moment des Grundes ist;—und das Ansichseyn, nach welchem es die
Wesentlichkeit des Grundes oder seine einfache Reflexion in sich
ausmacht. Beide Seiten der Form sind dem unmittelbaren Daseyn
äußerlich; denn es ist die aufgehobene Grundbeziehung.—Aber erstens ist
das Daseyn an ihm selbst nur dieß, in seiner Unmittelbarkeit sich
aufzuheben und zu Grunde zu gehen. Das Seyn ist überhaupt nur das
Werden zum Wesen; es ist seine wesentliche Natur sich zum Gesetzten und
zur Identität zu machen, die durch die Negation ihrer das Unmittelbare
ist. Die Formbestimmungen also, des Gesetztseyns und des mit sich
identischen Ansichseyns, die Form, wodurch das unmittelbare Daseyn
Bedingung ist, sind ihm daher nicht äußerlich, sondern es ist diese
Reflexion selbst. Zweitens, als Bedingung ist das Seyn nun auch als das
gesetzt, was es wesentlich ist; nämlich als Moment, somit eines Andern,
und zugleich als das Ansichseyn gleichfalls eines Andern; es ist an
sich aber nur durch die Negation seiner, nämlich durch den Grund und
durch dessen sich aufhebende und damit voraussetzende Reflexion; das
Ansichseyn des Seyns ist somit nur ein Gesetztes. Dieß Ansichseyn der
Bedingung hat die zwei Seiten, einer Seits ihre Wesentlichkeit als des
Grundes, anderer Seits aber die Unmittelbarkeit ihres Daseyns zu seyn.
Oder vielmehr Beides ist dasselbe. Das Daseyn ist ein Unmittelbares,
aber die Unmittelbarkeit ist wesentlich das Vermittelte, nämlich durch
den sich selbst aufhebenden Grund. Als diese durch das sich aufhebende
Vermitteln vermittelte Unmittelbarkeit ist es zugleich das Ansichseyn
des Grundes, und das Unbedingte desselben; aber dieß Ansichseyn ist
zugleich selbst wieder ebenso sehr nur Moment oder Gesetztseyn, denn es
ist vermittelt.—Die Bedingung ist daher die ganze Form der
Grundbeziehung; sie ist das vorausgesetzte Ansichseyn derselben, aber
damit selbst ein Gesetztseyn, und ihre Unmittelbarkeit dieß, sich zum
Gesetztseyn zu machen; sich somit von sich selbst so abzustoßen, daß
sie sowohl zu Grunde geht, als sie Grund ist, der sich zum Gesetztseyn
macht und hiermit auch zum Begründeten; und beides ist ein und
dasselbe.

Ebenso ist an dem bedingten Grunde das Ansichseyn nicht nur als
Scheinen eines Andern an ihm. Er ist die selbstständige, das heißt, die
sich auf sich beziehende Reflexion des Setzens; und hiermit das mit
sich Identische, oder ist in ihm selbst sein Ansichseyn, und sein
Inhalt. Aber zugleich ist er voraussetzende Reflexion; er bezieht sich
negativ auf sich selbst, und setzt sich sein Ansichseyn als ihm Anderes
entgegen, und die Bedingung sowohl nach ihrem Momente des Ansichseyns
als des unmittelbaren Daseyns ist das eigene Moment der Grundbeziehung;
das unmittelbare Daseyn ist wesentlich nur durch seinen Grund, und ist
das Moment seiner als Voraussetzens. Dieser ist daher ebenso das Ganze
selbst.

Es ist somit überhaupt nur Ein Ganzes der Form vorhanden; aber ebenso
sehr nur Ein Ganzes des Inhalts. Denn der eigenthümliche Inhalt der
Bedingung ist nur wesentlicher Inhalt, insofern er die Identität der
Reflexion mit sich in der Form, oder als dieß unmittelbare Daseyn an
ihm selbst die Grundbeziehung ist. Dieses ist ferner nur Bedingung
durch die voraussetzende Reflexion des Grundes; es ist dessen Identität
mit sich selbst, oder sein Inhalt, dem er sich gegenüber setzt. Das
Daseyn ist daher nicht bloß formloses Material für die Grundbeziehung,
sondern weil es an ihm selbst diese Form hat, ist es formirte Materie,
und als zugleich das in der Identität mit ihr gegen sie Gleichgültige
ist es Inhalt. Es ist endlich derselbe Inhalt, den der Grund hat, denn
es ist eben Inhalt als das in der Formbeziehung mit sich Identische.

Die beiden Seiten des Ganzen, Bedingung und Grund, sind also Eine
wesentliche Einheit; sowohl als Inhalt, wie als Form. Sie gehen durch
sich selbst in einander über, oder indem sie Reflexionen sind, so
setzen sie sich selbst als aufgehobene, beziehen sich auf diese ihre
Negation und setzen sich gegenseitig voraus. Aber dieß ist zugleich nur
Eine Reflexion beider, ihr Voraussetzen daher auch nur eines; die
Gegenseitigkeit desselben geht vielmehr darein über, daß sie ihre Eine
Identität als ihr Bestehen und ihre Grundlage voraussetzen. Diese, der
eine Inhalt und Formeinheit beider, ist das wahrhaft Unbedingte; die
Sache an sich selbst.—Die Bedingung ist, wie sich oben ergeben hat, nur
das relativ-Unbedingte. Man pflegt sie daher selbst als ein Bedingtes
zu betrachten, und nach einer neuen Bedingung zu fragen, womit der
gewöhnliche Progreß ins Unendliche von Bedingung zu Bedingung
eingeleitet ist. Warum wird nun bei einer Bedingung nach einer neuen
Bedingung gefragt, das heißt, warum wird sie als Bedingtes angenommen?
Weil sie irgend ein endliches Daseyn ist. Aber dieß ist eine weitere
Bestimmung der Bedingung, die nicht in ihrem Begriffe liegt. Allein die
Bedingung als solche ist darum ein Bedingtes, weil sie das gesetzte
Ansichseyn ist; sie ist daher im absolut Unbedingten aufgehoben.

Dieses nun enthält die beiden Seiten, die Bedingung und den Grund, als
seine Momente in sich; es ist die Einheit, in welche sie zurückgegangen
sind. Sie beide zusammen machen die Form oder das Gesetztseyn desselben
aus. Die unbedingte Sache ist Bedingung beider, aber die absolute, das
heißt, die Bedingung, welche selbst Grund ist. —Als Grund ist sie nun
die negative Identität, die sich in jene beiden Momente abgestoßen
hat;—erstens in die Gestalt der aufgehobenen Grundbeziehung, einer
unmittelbaren, einheitslosen, sich selbst äußerlichen Mannigfaltigkeit,
welche sich auf den Grund als ein ihr Anderes bezieht, und zugleich das
Ansichseyn desselben ausmacht; zweitens, in die Gestalt einer
innerlichen, einfachen Form, welche Grund ist, aber sich auf das mit
sich identische Unmittelbare als auf ein Anderes bezieht, und dasselbe
als Bedingung, d. h. dieß ihr Ansich als ihr eigenes Moment
bestimmt.—Diese beiden Seiten setzen die Totalität so voraus, daß sie
das Setzende derselben ist. Umgekehrt, weil sie die Totalität
voraussetzen, so scheint diese auch wieder durch jene bedingt zu seyn,
und die Sache aus ihrer Bedingung und aus ihrem Grunde zu entspringen.
Aber indem diese beiden Seiten sich als das Identische gezeigt haben,
so ist das Verhältniß von Bedingung und Grund verschwunden, sie sind zu
einem Scheine herabgesetzt; das absolut Unbedingte ist in seiner
Bewegung des Setzens und Voraussetzens, nur die Bewegung, in welcher
dieser Schein sich aufhebt. Es ist das Thun der Sache, sich zu
bedingen, und ihren Bedingungen sich als Grund gegenüber zu stellen;
ihre Beziehung als der Bedingungen und des Grundes ist aber ein
Scheinen in sich und ihr Verhalten zu ihnen ihr Zusammengehen mit sich
selbst.

c. Hervorgang der Sache in die Existenz.

Das absolut Unbedingte ist der absolute mit seiner Bedingung identische
Grund; die unmittelbare Sache, als die wahrhaft Wesenhafte. Als Grund
bezieht sie sich negativ auf sich selbst, macht sich zum Gesetztseyn,
aber zum Gesetztseyn, das die in ihren Seiten vollständige Reflexion,
und die in ihnen mit sich identische Formbeziehung ist, wie sich ihr
Begriff ergeben hat. Dieß Gesetztseyn ist daher erstlich der
aufgehobene Grund, die Sache als das Reflexionslose Unmittelbare; die
Seite der Bedingungen. Diese ist die Totalität der Bestimmungen der
Sache,—die Sache selbst, aber in die Äußerlichkeit des Seyns
hinausgeworfen; der wiederhergestellte Kreis des Seyns. In der
Bedingung entläßt das Wesen die Einheit seiner Reflexion-in-sich als
eine Unmittelbarkeit, die aber nunmehr die Bestimmung hat, bedingende
Voraussetzung zu seyn, und wesentlich nur eine seiner Seiten
auszumachen.—Die Bedingungen sind darum der ganze Inhalt der Sache,
weil sie das Unbedingte in der Form des formlosen Seyns sind. Sie haben
aber um dieser Form willen auch noch eine andere Gestalt, als die
Bestimmungen des Inhalts, wie er in der Sache als solcher ist. Sie
erscheinen als eine einheitslose Mannigfaltigkeit, vermischt mit
Außerwesentlichem und andern Umständen, die zu dem Kreise des Daseyns,
insofern es die Bedingungen dieser bestimmten Sache ausmacht, nicht
gehören.—Für die absolute uneingeschränkte Sache ist die Sphäre des
Seyns selbst die Bedingung. Der Grund, der in sich zurückgeht, setzt
sie als die erste Unmittelbarkeit, worauf er sich als auf sein
Unbedingtes bezieht. Diese Unmittelbarkeit als die aufgehobene
Reflexion, ist die Reflexion in dem Elemente des Seyns, das also sich
als solches zu einem Ganzen ausbildet; die Form wuchert als
Bestimmtheit des Seyns fort, und erscheint so als ein mannigfaltiger
von der Reflexions-Bestimmung verschiedener, und gegen sie
gleichgültiger Inhalt.

Das Unwesentliche, welches die Sphäre des Seyns an ihr hat, und was
sie, insofern sie Bedingung ist, abstreift, ist die Bestimmtheit der
Unmittelbarkeit, in welche die Formeinheit versenkt ist. Diese
Formeinheit, als die Beziehung des Seyns, ist an ihm zunächst als das
Werden,—das Übergehen einer Bestimmtheit des Seyns in eine andere. Aber
das Werden des Seyns ist ferner Werden zum Wesen und das Zurückgehen in
den Grund. Das Daseyn also, welches die Bedingungen ausmacht, wird in
Wahrheit nicht von einem Andern als Bedingung bestimmt und als Material
gebraucht; sondern es macht sich durch sich selbst zum Moment eines
Andern.—Sein Werden ist ferner nicht ein Anfangen von sich als dem
wahrhaft Ersten und Unmittelbaren; sondern seine Unmittelbarkeit ist
nur das Vorausgesetzte; und die Bewegung seines Werdens ist das Thun
der Reflexion selbst. Die Wahrheit des Daseyns ist daher Bedingung zu
seyn; seine Unmittelbarkeit ist allein durch die Reflexion der
Grundbeziehung, welche sich selbst als aufgehobene setzt. Das Werden
ist somit, wie die Unmittelbarkeit nur der Schein des Unbedingten,
indem dieses sich selbst voraussetzt, und darin seine Form hat; und die
Unmittelbarkeit des Seyns ist daher wesentlich nur Moment der Form.

Die andere Seite dieses Scheinens des Unbedingten ist die
Grundbeziehung als solche, als Form bestimmt gegen die Unmittelbarkeit
der Bedingungen und des Inhalts. Aber sie ist die Form der absoluten
Sache, welche die Einheit ihrer Form mit sich selbst oder ihren Inhalt
an ihr selbst hat, und indem sie ihn zur Bedingung bestimmt, in diesem
Setzen selbst seine Verschiedenheit aufhebt und ihn zum Momente macht;
so wie sie umgekehrt sich als wesenloser Form in dieser Identität mit
sich die Unmittelbarkeit des Bestehens gibt. Die Reflexion des Grundes
hebt die Unmittelbarkeit der Bedingungen auf, und bezieht sie zu
Momenten in der Einheit der Sache; aber die Bedingungen sind das von
der unbedingten Sache selbst Vorausgesetzte, sie hebt damit also ihr
eigenes Setzen auf; oder ihr Setzen macht sich somit unmittelbar selbst
ebenso sehr zum Werden. —Beides ist daher Eine Einheit; die Bewegung
der Bedingungen an ihnen selbst ist Werden, Zurückgehen in den Grund
und Setzen des Grundes; aber der Grund als gesetzter, das heißt als
aufgehobener, ist das Unmittelbare. Der Grund bezieht sich negativ auf
sich selbst, macht sich zum Gesetztseyn und begründet die Bedingungen;
aber darin, daß so das unmittelbare Daseyn als ein Gesetztes bestimmt
ist, liebt der Grund es auf und macht sich erst zum Grunde.—Diese
Reflexion also ist die Vermittelung der unbedingten Sache durch ihre
Negation mit sich. Oder vielmehr die Reflexion des Unbedingten ist
zuerst Voraussetzen, aber dieß Aufheben ihrer selbst ist unmittelbar
bestimmendes Setzen; zweitens ist sie darin unmittelbar Aufheben des
Vorausgesetzten und Bestimmen aus sich; somit ist dieß Bestimmen wieder
Aufheben des Setzens und ist das Werden an sich selbst. Darin ist die
Vermittelung als Rückehr zu sich durch die Negation, verschwunden; sie
ist einfache in sich scheinende Reflexion, und grundloses absolutes
Werden. Die Bewegung der Sache, durch ihre Bedingungen einer Seits und
anderer Seits durch ihren Grund gesetzt zu werden, ist nur das
Verschwinden des Scheins der Vermittelung. Das Gesetztwerden der Sache
ist hiermit ein Hervortreten, das einfache sich Herausstellen in die
Existenz; reine Bewegung der Sache zu sich selbst.

Wenn alle Bedingungen einer Sache vorhanden sind, so tritt sie in die
Existenz. Die Sache ist, eh sie existirt; und zwar ist sie erstens als
Wesen, oder als Unbedingtes; zweitens hat sie Daseyn, oder ist
bestimmt, und dieß auf die betrachtete gedoppelte Weise, einer Seits in
ihren Bedingungen, anderer Seits in ihrem Grunde. In jenen hat sie sich
die Form des äußerlichen, grundlosen Seyns gegeben, weil sie als
absolute Reflexion die negative Beziehung auf sich ist und sich zu
ihrer Voraussetzung macht. Dieß voraus gesetzte Unbedingte ist daher
das grundlose Unmittelbare, dessen Seyn nichts ist, denn als Grundloses
da zu seyn. Wenn also alle Bedingungen der Sache vorhanden sind, das
heißt, wenn die Totalität der Sache als grundloses Unmittelbares
gesetzt ist, so erinnert sich diese zerstreute Mannigfaltigkeit an ihr
selbst.—Die ganze Sache muß in ihren Bedingungen da seyn, oder es
gehören alle Bedingungen zu ihrer Existenz; denn Alle machen die
Reflexion aus; oder das Daseyn, weil es Bedingung ist, ist durch die
Form bestimmt, seine Bestimmungen sind daher Reflexions-Bestimmungen
und mit einer wesentlich die andern gesetzt.—Die Erinnerung der
Bedingungen ist zunächst das zu Grunde gehen des unmittelbaren Daseyns,
und das Werden des Grundes. Aber damit ist der Grund ein gesetzter, d.
h. er ist, so sehr er als Grund ist, so sehr als Grund aufgehoben, und
unmittelbares Seyn. Wenn also alle Bedingungen der Sache vorhanden
sind, so heben sie sich als unmittelbares Daseyn und Voraussetzung und
ebenso sehr hebt sich der Grund auf. Der Grund zeigt sich nur, als ein
Schein, der unmittelbar verschwindet; dieß Hervortreten ist somit die
tautologische Bewegung der Sache zu sich, und ihre Vermittelung durch
die Bedingungen und durch den Grund ist das Verschwinden beider. Das
Hervortreten in die Existenz ist daher so unmittelbar, daß es nur durch
das Verschwinden der Vermittelung vermittelt ist.

Die Sache geht aus dem Grunde hervor. Sie wird nicht durch ihn so
begründet oder gesetzt, daß er noch unten bliebe, sondern das Setzen
ist die Herausbewegung des Grundes zu sich selbst, und das einfache
Verschwinden desselben. Er erhält durch die Vereinigung mit den
Bedingungen die äußerliche Unmittelbarkeit und das Moment des Seyns.
Aber er erhält sie nicht als ein Äußerliches noch durch eine äußerliche
Beziehung; sondern als Grund macht er sich zum Gesetztseyn, seine
einfache Wesentlichkeit geht im Gesetztseyn mit sich zusammen, und ist
in diesem Aufheben seiner selbst das Verschwinden seines Unterschiedes
von seinem Gesetztseyn, somit einfache wesentliche Unmittelbarkeit. Er
bleibt also nicht als ein Verschiedenes vom Begründeten zurück, sondern
die Wahrheit des Begründens ist, daß der Grund darin mit sich selbst
sich vereint und somit seine Reflexion in Anderes, seine Reflexion in
sich selbst ist. Die Sache ist hiermit ebenso, wie sie das Unbedingte
ist, auch das Grundlose, und tritt aus dem Grunde nur insofern er zu
Grunde gegangen und keiner ist, aus dem Grundlosen, d. h. aus der
eigenen wesentlichen Negativität oder reinen Form hervor.

Diese durch Grund und Bedingung vermittelte, und durch das Aufheben der
Vermittelung mit sich identische Unmittelbarkeit ist die Existenz.



Zweiter Abschnitt. Die Erscheinung.


Das Wesen muß erscheinen.

Das Seyn ist die absolute Abstraktion; diese Negativität ist ihm nicht
ein Äußerliches, sondern es ist Seyn und sonst nichts als Seyn, nur als
diese absolute Negativität. Um derselben willen ist Seyn nur als sich
aufhebendes Seyn, und ist Wesen. Das Wesen aber ist als die einfache
Gleichheit mit sich umgekehrt ebenfalls Seyn. Die Lehre vom Seyn
enthält den ersten Satz: Das Seyn ist Wesen. Der zweite Satz: Das Wesen
ist Seyn, macht den Inhalt des ersten Abschnittes der Lehre vom Wesen
aus. Dieses Seyn aber, zu dem das Wesen sich macht, ist das wesentliche
Seyn, die Existenz; ein Herausgegangenseyn aus der Negativität und
Innerlichkeit.

So erscheint das Wesen. Die Reflexion ist das Scheinen des Wesens in
ihm selbst. Die Bestimmungen derselben sind in die Einheit
eingeschlossen schlechthin nur als gesetzte, aufgehobene; oder sie ist
das in seinem Gesetztseyn unmittelbar mit sich identische Wesen. Indem
dieses aber Grund ist, bestimmt es sich real, durch seine sich selbst
aufhebende oder in sich zurückkehrende Reflexion; indem weiter diese
Bestimmung oder das Andersseyn der Grundbeziehung sich in der Reflexion
des Grundes aufhebt und Existenz wird, so haben die Formbestimmungen
hieran ein Element des selbstständigen Bestehens. Ihr Schein
vervollständigt sich zur Erscheinung.

Die zur Unmittelbarkeit fortgegangene Wesenheit ist zunächst Existenz,
und Existirendes oder Ding; als ununterschiedne Einheit des Wesens mit
seiner Unmittelbarkeit. Das Ding enthält zwar die Reflexion, aber ihre
Negativität ist in seiner Unmittelbarkeit zunächst erloschen; allein
weil sein Grund wesentlich die Reflexion ist, hebt sich seine
Unmittelbarkeit auf; es macht sich zu einem Gesetztseyn.

So ist es zweitens Erscheinung. Die Erscheinung ist das, was das Ding
an sich ist, oder seine Wahrheit. Diese nur gesetzte, in das Andersseyn
reflektirte Existenz ist aber ebenso das Hinausgehen über sich in ihre
Unendlichkeit; der Welt der Erscheinung stellt sich die in sich
reflektirte, an sich seyende Welt gegenüber. Aber das erscheinende und
das wesentliche Seyn stehen schlechthin in Beziehung auf einander. So
ist die Existenz drittens wesendiches Verhältniß; das Erscheinende
zeigt das Wesentliche, und dieses ist in seiner Erscheinung.—Das
Verhältniß ist die noch unvollkommene Vereinigung der Reflexion in das
Andersseyn und der Reflexion in sich; die vollkommene Durchdringung
beider ist die Wirklichkeit.



Erstes Kapitel. Die Existenz.


Wie der Satz des Grundes ausdrückt: Alles was ist, hat einen Grund,
oder ist ein Gesetztes, ein Vermitteltes; so müßte auch ein Satz der
Existenz aufgestellt und so ausgedrückt werden: Alles, was ist,
existirt. Die Wahrheit des Seyns ist, nicht ein erstes Unmittelbares,
sondern das in die Unmittelbarkeit hervorgegangene Wesen zu seyn.

Wenn aber ferner auch gesagt wurde, was existirt, hat einen Grund und
ist bedingt, so müßte auch ebenso gesagt werden: es hat keinen Grund
und ist unbedingt. Denn die Existenz ist die aus dem Aufheben der durch
Grund und Bedingung beziehenden Vermittelung hervorgegangene
Unmittelbarkeit, die im Hervorgehen eben dieß Hervorgehen selbst
aufhebt.

Insofern die Beweise von der Existenz Gottes hier erwähnt werden
können, ist zum voraus zu erinnern, daß es außer dem unmittelbaren Seyn
erstens, und zweitens der Existenz, dem Seyn, das aus dem Wesen
hervorgeht, noch ein ferneres Seyn gibt, welches aus dem Begriffe
hervorgeht, die Objektivität.—Das Beweisen ist überhaupt die
vermittelte Erkenntniß. Die verschiedenen Arten des Seyns fordern oder
enthalten ihre eigene Art der Vermittelung; so wird auch die Natur des
Beweisens in Ansehung einer jeden verschieden. Der ontologische Beweis
will vom Begriffe ausgehen; er legt den Inbegriff aller Realitäten zu
Grunde, und subsumirt alsdann auch die Existenz unter die Realität. Er
ist also die Vermittelung, welche Schluß ist, und die hier noch nicht
zu betrachten ist. Es ist bereits oben (I. Th. I. Abth. S. 27.ff.) auf
das, was Kant hiergegen erinnert, Rüksicht genommen und bemerkt worden,
daß Kant unter Existenz das bestimmte Daseyn versteht, wodurch etwas in
den Kontext der gesammten Erfahrung, d. h. in die Bestimmung eines
Andersseyns und in die Beziehung auf Anderes tritt. So ist als
Existirendes Etwas vermittelt durch Anderes, und die Existenz überhaupt
die Seite seiner Vermittelung. Nun liegt in dem, was Kant den Begriff
nennt, nämlich in Etwas, insofern es als nur einfach auf sich bezogen
genommen wird, oder in der Vorstellung als solcher, nicht seine
Vermittelung; in der abstrakten Identität mit sich ist die
Entgegensetzung weggelassen. Der ontologische Beweis hätte nun
darzustellen, daß der absolute Begriff, nämlich der Begriff Gottes, zum
bestimmten Daseyn, zur Vermittelung komme, oder wie das einfache Wesen
sich mit der Vermittelung vermittle. Dieß geschieht durch die
angegebene Subsumtion der Existenz unter ihr Allgemeines, nämlich die
Realität, welche als das Mittlere zwischen Gott in seinem Begriffe
einer Seits, und zwischen der Existenz anderer Seits angenommen
wird.—Von dieser Vermittelung, insofern sie die Form des Schlusses hat,
ist, wie gesagt, hier nicht die Rede. Wie aber jene Vermittelung des
Wesens mit der Existenz in Wahrheit beschaffen ist, dieß hat die
bisherige Darstellung enthalten. Die Natur des Beweisens selbst ist in
der Lehre von der Erkenntniß zu betrachten. Hier ist nur anzugeben, was
sich auf die Natur der Vermittelung überhaupt bezieht.

Die Beweise vom Daseyn Gottes geben einen Grund für dieses Daseyn an.

Er soll nicht ein objektiver Grund des Daseyns Gottes seyn; denn dieses
ist an und für sich selbst. So ist er bloß ein Grund für die
Erkenntniß. Damit giebt er sich zugleich für ein solches aus, das in
dem Gegenstande, der zunächst als begründet dadurch erscheint,
verschwindet. Der Grund nun, der von der Zufälligkeit der Welt
hergenommen ist, enthält den Rükgang derselben in das absolute Wesen;
denn das Zufällige ist das an sich selbst Grundlose, und sich
Aufhebende. Das absolute Wesen geht somit in dieser Weise in der That
aus dem Grundlosen hervor; der Grund hebt sich selbst auf, somit
verschwindet auch der Schein des Verhältnisses, das Gott gegeben wurde,
ein in einem Andern Begründetes zu seyn. Diese Vermittelung ist hiermit
die wahrhafte. Allein jene beweisende Reflexion kennt diese Natur ihrer
Vermittelung nicht; sie nimmt sich einer Seits für ein bloß
Subjektives, und entfernt hiermit ihre Vermittlung von Gott selbst,
andern Theils aber erkennt sie deswegen nicht die vermittelnde
Bewegung, daß und wie sie im Wesen selbst ist. Ihr wahrhaftes
Verhältniß besteht darin, daß sie Beides in Einem ist, die Vermittelung
als solche, aber zugleich allerdings eine Subjektive, äußerliche
nämlich die sich äußerliche Vermittelung, welche sich an ihr selbst
wieder aufhebt. In jener Darstellung aber erhält die Existenz das
schiefe Verhältniß, nur als Vermitteltes oder Gesetztes zu erscheinen.

So kann auf der andern Seite die Existenz auch nicht bloß als
Unmittelbares betrachtet werden. In der Bestimmung einer
Unmittelbarkeit genommen, ist das Auffassen der Existenz Gottes, für
etwas Unbeweisbares, und das Wissen von ihr als ein nur unmittelbares
Bewußtseyn, als ein Glauben ausgedrückt worden. Das Wissen soll zu
diesem Resultate kommen, daß es Nichts weiß, das heißt, daß es seine
vermittelnde Bewegung und die in ihr vorkommenden Bestimmungen selbst
wieder aufgiebt. Dieß hat sich auch im Vorhergehenden ergeben; allein
es ist hinzuzusetzen, daß die Reflexion, indem sie mit dem Aufheben
ihrer selbst endigt, darum nicht das Nichts zum Resultat hat, so daß
nun das positive Wissen vom Wesen als unmittelbare Beziehung auf
dasselbe, von jenem Resultate getrennt und ein eigenes Hervorgehen, ein
nur von sich anfangender Akt wäre; sondern dieß Ende selbst, dieß zu
Grunde gehen der Vermittlung, ist zugleich der Grund, aus dem das
Unmittelbare hervorgeht. Die Sprache vereinigt, wie oben bemerkt, die
Bedeutung dieses Untergangs und des Grundes; man sagt, das Wesen Gottes
sey der Abgrund für die endliche Vernunft. Er ist es in der That,
insofern sie darin ihre Endlichkeit aufgibt und ihre vermittelnde
Bewegung versenkt; aber dieser Abgrund, der negative Grund, ist
zugleich der positive des Hervorgehens des Seyenden, des an sich selbst
unmittelbaren Wesens; die Vermittelung ist wesentliches Moment. Die
Vermittelung durch den Grund hebt sich auf, läßt aber nicht den Grund
unten, so daß das aus ihm Hervorgehende, ein Gesetztes wäre, das sein
Wesen anderswo nämlich im Grunde hätte, sondern dieser Grund ist als
Abgrund, die verschwundene Vermittelung; und umgekehrt ist nur die
verschwundene Vermittelung zugleich der Grund, und nur durch diese
Negation das sich selbst Gleiche und Unmittelbare.

So ist die Existenz hier nicht als ein Prädikat oder als Bestimmung des
Wesens zu nehmen, daß ein Satz davon hieße: Das Wesen existirt, oder
hat Existenz;—sondern das Wesen ist in die Existenz übergegangen; die
Existenz ist seine absolute Entäußerung, jenseits deren es nicht
zurückgeblieben ist. Der Satz also hieße: Das Wesen ist die Existenz;
es ist nicht von seiner Existenz unterschieden. —Das Wesen ist in die
Existenz übergegangen, insofern das Wesen als Grund sich von sich als
dem Begründeten nicht mehr nnterscheidet, oder jener Grund sich
aufgehoben hat. Aber diese Negation ist ebenso wesentlich seine
Position, oder schlechthin positive Kontinuität mit sich selbst; die
Existenz ist die Reflexion des Grundes in sich; seine in seiner
Negation zu Stande gekommene Identität mit sich selbst, also die
Vermittelung, die sich mit sich identisch gesetzt hat, und dadurch
Unmittelbarkeit ist.

Weil nun die Existenz wesentlich die mit sich identische Vermittelung
ist, so hat sie die Bestimmungen der Vermittelung an ihr, aber so daß
sie zugleich in sich reflektirte sind, und das wesentliche und
unmittelbare Bestehen haben. Als die durch Aufheben sich setzende
Unmittelbarkeit ist die Existenz negative Einheit und Insichseyn; sie
bestimmt sich daher unmittelbar als ein Existirendes und als Ding.

A. Das Ding und seine Eigenschaften.

Die Existenz als Existirendes ist gesetzt in der Form der negativen
Einheit, welche sie wesentlich ist. Aber diese negative Einheit ist
zunächst nur unmittelbare Bestimmung, somit das Eins des Etwas
überhaupt. Das existirende Etwas ist aber unterschieden von dem
seyenden Etwas. Jenes ist wesentlich eine solche Unmittelbarkeit, die
durch die Reflexion der Vermittelung in sich selbst entstanden ist. So
ist das existirende Etwas ein Ding.

Das Ding wird von seiner Existenz unterschieden, wie das Etwas von
seinem Seyn unterschieden werden kann. Das Ding und das Existirende ist
unmittelbar eins und dasselbe. Aber weil die Existenz nicht die erste
Unmittelbarkeit des Seyns ist, sondern das Moment der Vermittelung an
ihr selbst hat, so ist ihre Bestimmung zum Dinge und die Unterscheidung
beider nicht ein Übergang, sondern eigentlich eine Analyse; und die
Existenz als solche enthält diese Unterscheidung selbst in dem Momente
ihrer Vermittelung; den Unterschied von Ding-an-sich, und von
äußerlicher Existenz.

a. Ding an sich und Existenz.

1. Das Ding an sich ist das Existirende als das durch die aufgehobene
Vermittelung vorhandene, wesentliche Unmittelbare. Darin ist dem Ding
an sich die Vermittelung ebenso wesentlich; aber dieser Unterschied in
dieser ersten oder unmittelbaren Existenz, fällt in gleichgültige
Bestimmungen auseinander. Die eine Seite, nämlich die Vermittelung des
Dinges ist seine nicht reflektirte Unmittelbarkeit; also sein Seyn
überhaupt, das, weil es zugleich als Vermittelung bestimmt ist, ein
sich selbst anderes, in sich mannigfaltiges und äußerliches Daseyn ist.
Es ist aber nicht nur Daseyn, sondern in Beziehung auf die aufgehobene
Vermittelung und wesentliche Unmittelbarkeit; es ist daher das Daseyn
als Unwesentliches, als Gesetztseyn.—(Wenn das Ding von seiner Existenz
unterschieden wird, so ist es das Mögliche, das Ding der Vorstellung,
oder das Gedankending, welches als solches nicht zugleich existiren
soll. Die Bestimmung der Möglichkeit und der Gegensatz des Dings gegen
seine Existenz ist jedoch später.)—Aber das Ding-an-sich und sein
vermitteltes Seyn sind beide in der Existenz enthalten, und beide
selbst Existenzen; das Ding-an-sich existirt, und ist die wesentliche,
das vermittelte Seyn aber die unwesentliche Existenz des Dinges.

Das Ding an sich, als das einfache Reflektirt-seyn der Existenz in
sich, ist nicht der Grund des unwesentlichen Daseyns; es ist die
unbewegte, unbestimmte Einheit, weil es eben die Bestimmung hat, die
aufgehobene Vermittelung zu seyn, und daher nur die Grundlage
desselben. Darum fällt auch die Reflexion als das sich durch anderes
vermittelnde Daseyn außer dem Dinge-an-sich. Dieses soll keine
bestimmte Mannigfaltigkeit an ihm selbst haben; und erhält sie deswegen
erst an die äußerliche Reflexion gebracht; aber bleibt gleichgültig
dagegen. (—Das Ding-an-sich hat Farbe erst an das Auge gebracht,
Geschmack an die Nase u.s.f.) Seine Verschiedenheit sind Rüksichten,
welche ein Andres nimmt, bestimmte Beziehungen, die sich dieses auf das
Ding-an-sich gibt, und die nicht eigene Bestimmungen desselben sind.

2. Dieß Andere ist nun die Reflexion, welche bestimmt als äußerlich
erstens sich selbst äußerlich, und die bestimmte Mannigfaltigkeit ist.
Alsdann ist sie dem wesentlich Existirenden äußerlich, und bezieht sich
darauf als auf seine absolute Voraussetzung. Diese beiden Momente der
äußerlichen Reflexion aber, ihre eigene Mannigfaltigkeit und ihre
Beziehung auf das ihr andere Ding-an-sich, sind ein und dasselbe. Denn
diese Existenz ist nur äußerlich, insofern sie sich auf die wesentliche
Identität als auf ein Anderes bezieht. Die Mannigfaltigkeit hat daher
nicht jenseits des Dinges-an-sich ein eigenes selbstständiges Bestehen,
sondern ist erst als Schein gegen dieses, in ihrer nothwendigen
Beziehung darauf, als der sich an ihm brechende Reflex. Die
Verschiedenheit ist also vorhanden, als die Beziehung eines Andern auf
das Ding-an-sich; aber dieses Andere ist nichts für sich Bestehendes,
sondern ist erst als Beziehung auf das Ding-an-sich; zugleich aber ist
es nur als das Abstoßen von diesem; es ist so der haltlose Gegenstoß
seiner in sich selbst.

Dem Ding-an-sich nun, da es die wesentliche Identität der Existenz ist,
kommt daher diese wesenlose Reflexion nicht zu, sondern sie fällt ihm
äußerlich in sich selbst zusammen. Sie geht zu Grunde, und wird damit
selbst zur wesentlichen Identität oder zum Ding-an-sich. —Dieß kann
auch so betrachtet werden: Die wesenlose Existenz hat am Ding-an-sich
ihre Reflexion in sich; sie bezieht sich dar-auf zunächst als auf ihr
Anderes; aber als das Andre gegen das, was an sich ist, ist sie nur das
Aufheben ihrer selbst, und das Werden zum An- sich-seyn. Das
Ding-an-sich ist somit identisch mit der äußerlichen Existenz.

Dieß stellt sich am Ding-an-sich so dar. Das Ding-an-sich ist die sich
auf sich beziehende, wesentliche Existenz; es ist nur insofern die
Identität mit sich, als es die Negativität der Reflexion in sich selbst
enthält; das was als ihm äußerliche Existenz erschien, ist daher Moment
in ihm selbst. Es ist deswegen auch sich von sich abstoßendes
Ding-an-sich, das sich also zu sich als zu einem Andern verhält. Somit
sind nun mehrere Dinge-an-sich vorhanden, die in der Beziehung der
äußerlichen Reflexion auf einander stehen. Diese unwesentliche Existenz
ist ihr Verhältniß zu einander als zu anderen; aber sie ist ihnen
ferner selbst wesentlich—oder diese unwesentliche Existenz, indem sie
in sich zusammenfällt, ist Ding-an-sich; aber ein anderes, als jenes
erste; denn jenes erste ist unmittelbare Wesentlichkeit, dieses aber
das aus der unwesentlichen Existenz hervorgehende. Allein dieses andere
Ding-an-sich ist nur ein Anderes überhaupt; denn als mit sich
identisches Ding hat es weiter keine Bestimmtheit gegen das erste; es
ist die Reflexion der unwesentlichen Existenz in sich wie das erste.
Die Bestimmtheit der verschiedenen Dinge-an-sich gegen einander fällt
daher in die äußerliche Reflexion.

3. Diese äußerliche Reflexion ist nunmehr ein Verhalten der
Dinge-an-sich zu einander, ihre gegenseitige Vermittelung als anderer.
Die Dinge-an-sich sind so die Extreme eines Schlusses, dessen Mitte
ihre äußerliche Existenz ausmacht, die Existenz, durch welche sie
andere für einander und unterschiedene sind. Dieser ihr Unterschied
fällt nur in ihre Beziehung; sie schicken gleichsam nur von ihrer
Oberfläche Bestimmungen in die Beziehung, gegen welche sie als absolut
in sich reflektirte gleichgültig bleiben.—Dieses Verhältniß macht nun
die Totalität der Existenz aus. Das Ding-an-sich steht in Beziehung auf
eine ihm äußerliche Reflexion, worin es mannigfaltige Bestimmungen hat;
es ist dieß das Abstoßen seiner von sich selbst in ein anderes
Ding-an-sich; dieß Abstoßen ist der Gegenstoß seiner in sich selbst,
indem jedes nur ein Anderes ist als sich aus dem Andern
wiederscheinend; es hat sein Gesetztseyn nicht an ihm selbst, sondern
an dem Andern, ist bestimmt nur durch die Bestimmtheit des Andern; dieß
Andere ist ebenso bestimmt nur durch die Bestimmtheit des ersten. Aber
die beiden Dinge-an-sich, da sie hiermit nicht die Verschiedenheit an
ihnen selbst haben, sondern jedes nur an dem andern, sind keine
unterschiedene; das Ding-an-sich verhält sich, indem es sich auf das
andere Extrem als ein anderes Ding-an-sich verhalten soll, zu einem von
ihm Ununterschiedenen, und die äußerliche Reflexion, welche die
vermittelnde Beziehung zwischen Extremen ausmachen sollte, ist ein
Verhalten des Dings-an-sich nur zu sich selbst, oder wesentlich seine
Reflexion in sich; sie ist somit an sich seyende Bestimmtheit, oder die
Bestimmtheit des Dings-an-sich. Dieses hat dieselbe also nicht in einer
ihm äußerlichen Beziehung auf ein anderes Ding-an-sich, und des Anderen
auf es; die Bestimmtheit ist nicht nur eine Oberfläche desselben,
sondern ist die wesentliche Vermittelung seiner mit sich als mit einem
Andern.—Die beiden Dinge-an-sich, welche die Extreme der Beziehung
ausmachen sollen, indem sie an sich keine Bestimmtheit gegen einander
haben sollen, fallen in der That in eins zusammen; es ist nur Ein
Ding-an-sich, das in der äußerlichen Reflexion sich zu sich selbst
verhält, und es ist dessen eigene Beziehung auf sich als auf ein
Anderes, was dessen Bestimmtheit ausmacht.

Diese Bestimmtheit des Dings-an-sich ist die Eigenschaft des Dings.

b. Die Eigenschaft.

Die Qualität ist die unmittelbare Bestimmtheit des Etwas; das Negative
selbst, wodurch das Seyn Etwas ist. So ist die Eigenschaft des Dings
die Negativität der Reflexion, wodurch die Existenz überhaupt ein
Existirendes, und als einfache Identität mit sich, Ding-an-sich ist.
Die Negativität der Reflexion, die aufgehobene Vermittelung, ist aber
wesentlich selbst Vermittelung, und Beziehung, nicht auf ein Anderes
überhaupt, wie die Qualität als die nicht reflektirte Bestimmtheit;
sondern Beziehung auf sich als auf ein Anderes; oder Vermittelung, die
unmittelbar ebenso sehr Identität mit sich ist. Das abstrakte Ding
an-sich ist selbst dieß aus anderem in sich zurückkehrende Verhalten;
es ist dadurch an sich selbst bestimmt; aber seine Bestimmtheit ist
Beschaffenheit, die als solche selbst Bestimmung ist, und als Verhalten
zu Anderem nicht in das Andersseyn übergeht und der Veränderung
entnommen ist.

Ein Ding hat Eigenschaften; sie sind erstlich seine bestimmten
Beziehungen auf Anderes; die Eigenschaft ist nur vorhanden als eine
Weise des Verhaltens zu einander; sie ist daher die äußerliche
Reflexion, und die Seite des Gesetztseyns des Dings. Aber zweitens ist
das Ding in diesem Gesetztseyn an sich; es erhält sich, in der
Beziehung auf Anderes; es ist also allerdings nur eine Oberfläche, mit
der die Existenz sich dem Werden des Seyns und der Veränderung
preisgibt; die Eigenschaft verliert sich darin nicht. Ein Ding hat die
Eigenschaft, dieß oder jenes im Andern zu bewirken und auf eine
eigenthümliche Weise sich in seiner Beziehung zu äußern. Es beweist
diese Eigenschaft nur unter der Bedingung einer entsprechenden
Beschaffenheit des andern Dinges, aber sie ist ihm zugleich
eigenthümlich und seine mit sich identische Grundlage;—diese
reflektirte Qualität heißt darum Eigenschaft. Es geht darin in eine
Äußerlichkeit über, aber die Eigenschaft erhält sich darin. Das Ding
wird durch seine Eigenschaften Ursache, und die Ursache ist dieß, als
Wirkung sich zu erhalten. Jedoch ist hier das Ding nur erst das ruhige
Ding von vielen Eigenschaften; noch nicht als wirkliche Ursache
bestimmt; es ist nur erst die ansichseyende, noch nicht selbst die
setzende Reflexion seiner Bestimmungen.

Das Ding-an-sich ist also, wie sich ergeben hat, wesentlich nicht nur
so Ding-an-sich, daß seine Eigenschaften Gesetztseyn einer äußerlichen
Reflexion sind, sondern sie sind seine eigenen Bestimmungen, durch die
es sich auf bestimmte Weise verhält; es ist nicht eine jenseits seiner
äußerlichen Existenz befindliche bestimmungslose Grundlage; sondern ist
in seinen Eigenschaften, als Grund vorhanden, das heißt, die Identität
mit sich in seinem Gesetztseyn; aber zugleich als bedingter Grund; das
heißt, sein Gesetztseyn ist ebenso sehr sich äußerliche Reflexion; es
ist nur insofern in sich reflektirt und an sich, insofern es äußerlich
ist. —Durch die Existenz tritt das Ding-an-sich in äußerliche
Beziehungen; und die Existenz besteht in dieser Äußerlichkeit; sie ist
die Unmittelbarkeit des Seyns, und das Ding dadurch der Veränderung
unterworfen; aber sie ist auch die reflektirte Unmittelbarkeit des
Grundes, das Ding somit an sich in seiner Veränderung.—Diese Erwähnung
der Grundbeziehung ist jedoch hier nicht so zu nehmen, daß das Ding
überhaupt als Grund seiner Eigenschaften bestimmt sey; die Dingheit
selbst ist als solche die Grundbestimmung, die Eigenschaft ist nicht
von ihrem Grunde unterschieden, noch macht sie bloß das Gesetztseyn
aus, sondern ist der in seine Äußerlichkeit übergegangene, und damit
wahrhaft in sich reflektirte Grund; die Eigenschaft selbst als solche
ist der Grund, an sich seyendes Gesetztseyn, oder er macht die Form
ihrer Identität mit sich aus; ihre Bestimmtheit ist die sich äußerliche
Reflexion des Grundes; und das Ganze der in seinem Abstoßen und
Bestimmen, in seiner äußerlichen Unmittelbarkeit sich auf sich
beziehende Grund.—Das Ding-an-sich existirt also wesentlich, und daß es
existirt, heißt umgekehrt, die Existenz ist als äußerliche
Unmittelbarkeit zugleich Ansichseyn.

Anmerkung.

Es ist schon oben (1r Thl. 1e Abth. S. 127) bei dem Momente des
Daseyns, dem Ansichseyn, des Dings-an-sich erwähnt, und dabei bemerkt
worden, daß das Ding-an-sich als solches, nichts anderes, als die leere
Abstraktion von aller Bestimmtheit ist, von dem man allerdings nichts
wissen kann, eben darum weil es die Abstraktion von aller Bestimmung
seyn soll.—Nachdem so das Ding-an-sich als das Unbestimmte
vorausgesetzt wird, so fällt alle Bestimmung außerhalb desselben, in
eine ihm fremde Reflexion, gegen welche es gleichgültig ist. Dem
transcendentalen Idealismus ist diese äußerliche Reflexion das
Bewußtseyn. Indem dieses philosophische System alle Bestimmtheit der
Dinge sowohl der Form als dem Inhalte nach in das Bewußtseyn verlegt,
so fällt es nach diesem Standpunkt in mich, in das Subjekt, daß ich die
Baumblätter nicht als schwarz, sondern als grün, die Sonne rund und
nicht viereckig sehe, den Zucker süß und nicht bitter schmecke; daß ich
den ersten und zweiten Schlag einer Uhr als succedirend, und nicht
neben einander, noch den ersten als Ursache, auch nicht als Wirkung des
zweiten bestimme u.s.f.—Dieser grellen Darstellung des subjektiven
Idealismus widerspricht unmittelbar das Bewußtseyn der Freyheit, nach
welchem Ich mich vielmehr als das Allgemeine und Unbestimmte weiß, jene
mannigfaltigen und nothwendigen Bestimmungen von mir abtrenne und sie
als ein für mich Äußerliches nur den Dingen Zukommendes erkenne.—Ich
ist in diesem Bewußtseyn seiner Freyheit sich diejenige wahrhafte in
sich reflektirte Identität, welche das Ding-an-sich seyn
sollte.—Anderwärts habe ich gezeigt, daß jener transcendentale
Idealismus über die Beschränktheit des Ich durch das Object, überhaupt
über die endliche Welt nicht hinauskommt, sondern allein die Form der
Schranke, die ihm ein Absolutes bleibt, ändert, indem er sie nämlich
nur aus der objektiven Gestalt in die Subjektive übersezt, und
dasjenige zu Bestimmtheiten des Ich und einem in diesem als einem Dinge
vorgehenden wilden Wechsel derselben macht, was das gewöhnliche
Bewußtseyn als eine ihm nur äußerlichen Dingen angehörige
Mannigfaltigkeit und Veränderung weiß.—In der gegenwärtigen Betrachtung
steht nur das Ding-an-sich und die ihm zunächst äußerliche Reflexion
gegenüber; diese hat sich noch nicht als Bewußtseyn bestimmt, wie auch
das Ding-an-sich nicht als Ich. Aus der Natur des Dinges-an-sich und
der äußerlichen Reflexion hat sich ergeben, daß dieses Äußerliche
selbst sich zum Dinge-an-sich bestimmt, oder umgekehrt zur eigenen
Bestimmung jenes ersten Dinges-an-sich wird. Das Wesentliche der
Unzulänglichkeit des Standpunkts, auf dem jene Philosophie stehen
bleibt, besteht nun darin, daß sie an dem abstrakten Dinge-an-sich als
einer letzten Bestimmung fest hält und die Reflexion, oder die
Bestimmtheit und Mannigfaltigkeit der Eigenschaften dem Dinge-an-sich
gegenüber stellt, indem in der That das Ding-an-sich wesentlich jene
äußerliche Reflexion an ihm selbst hat, und sich zu einem mit eigenen
Bestimmungen, mit Eigenschaften begabten bestimmt, wodurch sich die
Abstraktion des Dinges, reines Ding-an-sich zu seyn, als eine unwahre
Bestimmung erweist.

c. Die Wechselwirkung der Dinge.

Das Ding-an-sich existirt wesentlich; die äußerliche Unmittelbarkeit
und die Bestimmtheit gehört zu seinem Ansichseyn, oder zu seiner
Reflexion-in-sich. Das Ding an-sich ist dadurch ein Ding, das
Eigenschaften hat, und es sind dadurch mehrere Dinge, die nicht durch
eine ihnen fremde Rücksicht, sondern sich durch sich selbst von
einander unterscheiden. Diese mehrern verschiedenen Dinge stehen in
wesentlicher Wechselwirkung durch ihre Eigenschaften; die Eigenschaft
ist diese Wechselbeziehung selbst, und das Ding ist nichts außer
derselben; die gegenseitige Bestimmung, die Mitte der Dinge-an-sich,
die als Extreme gleichgültig gegen diese ihre Beziehung bleiben
sollten, ist selbst die mit sich identische Reflexion und das
Ding-an-sich, das jene Extreme seyn sollten. Die Dingheit ist damit zur
Form der unbestimmten Identität mit sich herabgesetzt, die ihre
Wesentlichkeit nur in ihrer Eigenschaft hat. Wenn daher von einem Dinge
oder von Dingen überhaupt ohne die bestimmte Eigenschaft die Rede ist,
so ist ihr Unterschied ein bloß gleichgültiger, quantitativer.
Dasselbe, was als ein Ding betrachtet wird, kann ebenso sehr zu mehrern
Dingen gemacht, oder als mehrere Dinge betrachtet werden; es ist eine
äußerliche Trennung oder Vereinigung. —Ein Buch ist ein Ding, und jedes
seiner Blätter ist auch ein Ding, und ebenso jedes Stükchen seiner
Blätter und so fort ins Unendliche. Die Bestimmtheit, wodurch ein Ding,
nur dieses Ding ist, liegt allein in seinen Eigenschaften. Es
unterscheidet sich durch sie von andern Dingen, weil die Eigenschaft
die negative Reflexion und das Unterscheiden ist; das Ding hat daher
nur in seiner Eigenschaft den Unterschied seiner von andern, an ihm
selbst. Sie ist der in sich reflektirte Unterschied, wodurch das Ding
in seinem Gesetztseyn, d. h. in seiner Beziehung auf Anderes zugleich
gleichgültig gegen das Andere und gegen seine Beziehung ist. Dem Dinge
ohne seine Eigenschaften, bleibt deswegen nichts als das abstrakte
An-sich-seyn, ein unwesentlicher Umfang und äußerliches Zusammenfassen.
Das wahrhafte Ansichseyn ist das Ansichseyn in seinem Gesetztseyn;
dieses ist die Eigenschaft.

Damit ist die Dingheit in die Eigenschaft übergegangen.

Das Ding sollte sich als an-sich-seyendes Extrem gegen die Eigenschaft
verhalten und diese die Mitte zwischen den in Beziehung stehenden
Dingen ausmachen. Allein diese Beziehung ist das, worin die Dinge sich
als die sich von sich selbst abstoßende Reflexion begegnen, worin sie
unterschieden und bezogen sind. Dieser ihr Unterschied und ihre
Beziehung, ist Eine Reflexion und Eine Kontinuität derselben. Die Dinge
selbst fallen hiermit nur in diese Kontinuität, welche die Eigenschaft
ist, und verschwinden als bestehende Extreme, die außer dieser
Eigenschaft eine Existenz hätten.

Die Eigenschaft, welche die Beziehung der selbstständigen Extreme
ausmachen sollte, ist daher das Selbstständige selbst. Die Dinge
dagegen sind das Unwesentliche. Sie sind ein Wesentliches nur als die,
als sich unterscheidend sich auf sich beziehende Reflexion; aber dieß
ist die Eigenschaft. Diese ist also nicht das im Dinge aufgehobene,
oder sein bloßes Moment; sondern das Ding ist in Wahrheit nur jener
unwesentliche Umfang, der zwar negative Einheit ist, aber nur wie das
Eins des Etwas, nämlich ein unmittelbares Eins. Wenn vorhin das Ding
als unwesentlicher Umfang insofern bestimmt wurde, als es durch eine
äußerliche Abstraktion, welche die Eigenschaft von demselben wegläßt,
dazu gemacht werde, so ist nunmehr diese Abstraktion durch das
Übergehen des Dings-an-sich in die Eigenschaft selbst geschehen, aber
mit umgekehrtem Werthe, so daß wenn jenem Abstrahiren das abstrakte
Ding ohne seine Eigenschaft noch als das Wesentliche, die Eigenschaft
aber als eine äußerliche Bestimmung vorschwebt, hier das Ding als
solches sich durch sich selbst zu einer gleichgültigen äußerlichen Form
der Eigenschaft bestimmt.—Diese ist somit nunmehr befreit von der
unbestimmten und kraftlosen Verbindung, die das Eins des Dinges ist;
sie ist das, was das Bestehen desselben ausmacht; eine selbstständige
Materie.—Indem sie einfache Kontinuität mit sich ist, hat sie die Form
zunächst nur als Verschiedenheit an ihr; es giebt daher mannigfaltige
dergleichen selbstständige Materien und das Ding besteht aus ihnen.

B. Das Bestehen des Dings aus Materien.

Der Übergang der Eigenschaft in eine Materie oder in einen
selbstständigen Stoff ist der bekannte Übergang, den an der sinnlichen
Materie die Chemie macht, indem sie die Eigenschaften der Farbe, des
Geruchs, des Geschmacks u.s.f. als Lichtstoff, Färbestoff, Riechstoff,
sauren, bittern u.s.f. Stoff darzustellen sucht oder andere wie den
Wärmestoff, die elektrische, magnetische Materie geradezu nur annimmt,
und damit die Eigenschaften in ihrer Wahrhaftigkeit zu handhaben
überzeugt ist.—Ebenso geläufig ist der Ausdruck, daß die Dinge aus
verschiedenen Materien oder Stoffen bestehen. Man hütet sich, diese
Materien oder Stoffe Dinge zu nennen; ob man wohl auch einräumen wird,
daß z.B. ein Pigment, ein Ding ist; ich weiß aber nicht, ob z.B. auch
der Lichtstoff, der Wärmestoff, oder die elektrische Materie u.s.f.
Dinge genannt werden. Man unterscheidet die Dinge und ihre
Bestandtheile, ohne genau anzugeben, ob diese und in wie weit sie auch
Dinge, oder etwa nur Halbdinge seyen; aber Existirende überhaupt sind
sie wenigstens.

Die Nothwendigkeit, von den Eigenschaften zu Materien überzugehen, oder
daß die Eigenschaften in Wahrheit Materien sind, hat sich daraus
ergeben, daß sie das Wesentliche und damit das wahrhaft Selbstständige
der Dinge sind.—Zugleich aber macht die Reflexion der Eigenschaft in
sich nur die eine Seite der ganzen Reflexion aus; nämlich das Aufheben
des Unterschieds und die Kontinuität der Eigenschaft, die eine Existenz
für Anderes seyn sollte, mit sich selbst. Die Dingheit, als die
negative Reflexion in sich, und das sich von Anderem abstoßende
Unterscheiden ist dadurch zu einem unwesentlichen Momente herabgesetzt;
zugleich aber hat es sich damit weiter bestimmt. Dieß negative Moment
hat sich erstens erhalten; denn die Eigenschaft ist nur insofern mit
sich kontinuirlich und selbstständige Materie geworden, als sich der
Unterschied der Dinge aufgehoben hat; die Kontinuität der Eigenschaft
in das Andersseyn enthält also selbst das Moment des Negativen, und
ihre Selbstständigkeit ist zugleich als diese negative Einheit das
wiederhergestellte Etwas der Dingheit; die negative Selbstständigkeit
gegen die positive des Stoffes. Zweitens ist hierdurch das Ding aus
seiner Unbestimmtheit zur vollkommenen Bestimmtheit gediehen. Als Ding
an sich ist es die abstrakte Identität, die einfach negative Existenz,
oder sie bestimmt als das Unbestimmte; alsdann ist es bestimmt durch
seine Eigenschaften, durch welche es sich von andern unterscheiden
soll; aber indem es durch die Eigenschaft vielmehr kontinuirlich mit
andern ist, so hebt sich dieser unvollkommene Unterschied auf; das Ding
ist dadurch in sich zurückgegangen und nun bestimmt als bestimmt; es
ist an sich bestimmt oder dieses Ding.-Aber drittens ist diese Rückkehr
in sich zwar die sich auf sich beziehende Bestimmung; aber sie ist
zugleich unwesentlich; das mit sich kontinuirliche Bestehen macht die
selbstständige Materie aus, in welcher der Unterschied der Dinge, ihre
an und für sich seyende Bestimmtheit aufgehoben und ein Äußerliches
ist. Das Ding als dieses ist also zwar vollkommene Bestimmtheit, aber
es ist dieß die Bestimmtheit im Elemente der Unwesentlichkeit.

Dieß von Seite der Bewegung der Eigenschaft aus betrachtet, ergiebt
sich so. Die Eigenschaft ist nicht nur äußerliche Bestimmung, sondern
an sich seyende Existenz. Diese Einheit der Äußerlichkeit und
Wesentlichkeit stößt sich, weil sie die Reflexion-in-sich und die
Reflexion in Anderes enthält, von sich selbst ab, und ist einer Seits
die Bestimmung als einfaches sich identisch auf sich beziehendes
Selbstständiges, in welchem die negative Einheit, das Eins des Dinges
ein Aufgehobenes ist;—anderer Seits diese Bestimmung gegen Anderes,
aber ebenfalls als in sich reflektirtes an sich bestimmtes Eins; die
Materien also, und dieses Ding. Dieß sind die zwei Momente der mit sich
identischen Äußerlichkeit, oder der in sich reflektirten
Eigenschaft.—Die Eigenschaft war das, wodurch sich die Dinge
unterscheiden sollten; indem sie sich von dieser ihrer negativen Seite,
einem andern zu inhäriren, befreit hat, so ist damit auch das Ding von
seinem Bestimmtseyn durch andere Dinge befreit worden, und aus der
Beziehung auf Anderes, in sich zurückgegangen; aber es ist zugleich nur
das sich anderes gewordene Ding-an-sich; weil die mannigfaltigen
Eigenschaften ihrer Seits selbstständig, hierin also ihre negative
Beziehung in dem Eins des Dinges nur eine aufgehobene geworden ist; es
ist darum die mit sich identische Negation nur gegen die positive
Kontinuität des Stoffes.

Das Diese macht also so die vollkommene Bestimmtheit des Dinges aus,
daß sie zugleich eine äußerliche ist. Das Ding besteht aus
selbstständigen Materien, die gegen ihre Beziehung im Dinge
gleichgültig sind. Diese Beziehung ist daher nur eine unwesentliche
Verknüpfung derselben, und der Unterschied eines Dinges von anderen
beruht darauf, ob mehrere der besondern Materien und in welcher Menge
sie sich in ihm befinden. Sie gehen über dieses Ding hinaus,
kontinuiren sich in andere, und diesem Dinge anzugehören, ist keine
Schranke derselben. Ebenso wenig sind sie ferner eine Beschränkung für
einander, weil ihre negative Beziehung nur das kraftlose Diese ist. Sie
heben sich daher, indem sie in ihm verbunden werden, nicht auf; sie
sind als Selbstständige undurchdringlich für einander; beziehen sich in
ihrer Bestimmtheit nur auf sich, und sind eine gegen einander
gleichgültige Mannigfaltigkeit des Bestehens; sie sind nur einer
quantitativen Grenze fähig.—Das Ding als dieses ist diese ihre bloß
quantitative Beziehung, eine bloße Sammlung, das Auch derselben. Es
besteht aus irgend einem Quantum von einem Stoffe, auch aus dem eines
andern, auch andern; diesen Zusammenhang, keinen Zusammenhang zu haben,
macht allein das Ding aus.

C. Die Auflösung des Dings.

Dieses Ding, wie es sich bestimmt hat, als der bloß quantitative
Zusammenhang der freien Stoffe, ist das schlechthin veränderliche.
Seine Veränderung besteht darin, daß eine oder mehrere Materien aus der
Sammlung ausgeschieden oder zu diesem Auch hinzugefügt werden, oder daß
ihr Mengenverhältniß zu einander verändert wird. Das Entstehen und
Vergehen dieses Dings ist die äußerliche Auflösung solcher äußerlichen
Verbindung, oder die Verbindung solcher, denen es gleichgültig ist
verbunden zu seyn oder nicht. Die Stoffe circuliren aus diesem Dinge
unaufgehalten hinaus oder herein; es selbst ist die absolute Porosität
ohne eigenes Maaß oder Form.

So ist das Ding in seiner absoluten Bestimmtheit, wodurch es dieses
ist, das schlechthin auflösbare. Diese Auflösung ist ein äußerliches
Bestimmtwerden, so wie auch das Seyn desselben; aber seine Auflösung
und die Äußerlichkeit seines Seyns ist das Wesentliche dieses Seyns; es
ist nur das Auch; es besteht nur in dieser Äußerlichkeit. Aber es
besteht auch aus seinen Materien, und nicht nur das abstrakte Dieses
als solches, sondern das ganze diese Ding ist die Auflösung seiner
selbst. Das Ding ist nämlich bestimmt als eine äußerliche Sammlung
selbst-ständiger Materien; diese Materien sind nicht Dinge, sie haben
nicht die negative Selbstständigkeit; sondern sind die Eigenschaften
als das Selbstständige, nämlich das Bestimmtseyn, das als solches in
sich reflektirt ist. Die Materien sind daher zwar einfach und beziehen
sich nur auf sich selbst; aber ihr Inhalt ist eine Bestimmtheit; die
Reflexion-in-sich ist nur die Form dieses Inhalts, der nicht als
solcher in sich reflektirt ist, sondern nach seiner Bestimmtheit sich
auf Anderes bezieht. Das Ding ist daher nicht nur das Auch
derselben,—die Beziehung derselben als gegen einander gleichgültiger,
sondern ebenso sehr ihre negative Beziehung;—um ihrer Bestimmtheit sind
die Materien selbst, diese ihre negative Reflexion; welche die
Punktualität des Dinges ist. Die eine Materie ist nicht, was die andere
ist, nach der Bestimmtheit ihres Inhalts gegen einander; und die eine
ist nicht, insofern die andere ist, nach ihrer Selbstständigkeit.

Das Ding ist daher so die Beziehung der Materien, aus denen es besteht,
auf einander, daß in ihm die eine und die andere auch bestehen, aber
daß darin zugleich die eine nicht besteht, insofern die andere besteht.
Insofern also die eine Materie in dem Dinge ist, so ist die andere
dadurch aufgehoben; aber das Ding ist zugleich das Auch, oder das
Bestehen der andern. In dem Bestehen der einen Materie besteht daher
die andere nicht, und ebenso sehr besteht sie auch in der erstern; und
so gegenseitig alle diese verschiedenen Materien. Indem also in
derselben Rüksicht, als die eine besteht, auch die andern bestehen,
welches Eine Bestehen derselben die Punktualität oder negative Einheit
des Dings ist, so durchdringen sie sich schlechthin; und indem das Ding
zugleich nur das Auch der-selben, und die Materien in ihre Bestimmtheit
reflektirt sind, so sind sie gleichgültig gegen einander, und berühren
sich in ihrer Durchdringung nicht. Die Materien sind daher wesentlich
porös, so daß die eine besteht in den Poren oder in dem Nichtbestehen
der andern; aber diese andern sind selbst porös; in ihren Poren oder
ihrem Nichtbestehen besteht auch die erste, und alle die übrigen; ihr
Bestehen ist zugleich ihr Aufgehobenseyn, und das Bestehen von anderen;
und dieß Bestehen der andern ist ebenso sehr dieser ihr Aufgehobenseyn
und das Bestehen der ersteren und auf gleiche Weise aller andern. Das
Ding ist daher die sich widersprechende Vermittelung des
selbstständigen Bestehens mit sich durch sein Gegentheil, nämlich durch
seine Negation, oder einer selbstständigen Materie durch das Bestehen
und Nichtbestehen einer andern.—Die Existenz hat in diesem Dinge ihre
Vollständigkeit erreicht, nämlich in Einem an sich seyendes Seyn oder
selbstständiges Bestehen, und unwesentliche Existenz zu seyn; die
Wahrheit der Existenz ist daher, ihr Ansichseyn in der
Unwesentlichkeit, oder ihr Bestehen in einem Andern und zwar dem
absolut Andern, oder zu ihrer Grundlage ihre Nichtigkeit zu haben. Sie
ist daher Erscheinung.

Anmerkung.

Es ist eine der geläufigsten Bestimmungen des Vorstellens, daß ein Ding
aus vielen selbstständigen Materien bestehe. Einer Seits wird das Ding
betrachtet, daß es Eigenschaften habe, deren Bestehen das Ding ist.
Anderer Seits aber werden diese verschiedenen Bestimmungen als Materien
genommen, deren Bestehen nicht das Ding ist, sondern umgekehrt besteht
das Ding aus ihnen; es selbst ist nur ihre äußerliche Verbindung und
quantitative Grenze. Beides, die Eigenschaften und die Materien sind
dieselben Inhaltsbestimmungen, nur daß sie dort Momente, in ihre
negative Einheit als in eine von ihnen selbst unterschiedene Grundlage,
die Dingheit, reflektirte sind, hier selbstständige verschiedene, deren
jedes in seine eigene Einheit mit sich reflektirt ist. Diese Materien
nun bestimmen sich ferner als selbstständiges Bestehen; aber sie sind
auch zusammen in einem Dinge. Dieses Ding hat die zwei Bestimmungen,
erstlich dieses zu seyn, und zweitens das Auch zu seyn. Das Auch ist
dasjenige, was in der äußeren Anschauung als Raumausdehnung vorkommt;
Dieses aber, die negative Einheit, ist die Punktualität des Dinges. Die
Materien sind zusammen in der Punktualität, und ihr Auch oder die
Ausdehnung ist allenthalben diese Punktualität; denn das Auch als
Dingheit ist wesentlich auch als negative Einheit bestimmt. Wo daher
die eine dieser Materien ist, in einem und demselben Punkte ist die
andere; das Ding hat nicht an einem andern Orte seine Farbe, an einem
andern seinen Riechstoff, an einem dritten seinen Wärmestoff u.s.f.
sondern in dem Punkte, in dem es warm ist, ist es auch farbig, sauer,
elektrisch u.s.w. Weil nun diese Stoffe nicht außer einander, sondern
in Einem Diesen sind, werden sie als porös angenommen, so daß die eine
in den Zwischenräumen der andern existirt. Diejenige, die sich in den
Zwischenräumen der andern befindet, ist aber auch selbst porös; in
ihren Poren existirt daher umgekehrt die andere; aber nicht nur diese,
sondern auch die dritte, zehnte, u.s.f. Alle sind porös und in den
Zwischenräumen einer jeden befinden sich alle andern, wie sie sich mit
den übrigen in diesen Poren einer jeden befindet. Sie sind daher eine
Menge, die sich so gegenseitig durchdringt, daß die durchdringenden von
den anderen ebenso durchdrungen werden, daß somit jede ihr eigenes
Durchdrungenseyn wieder durchdringt. Jede ist als ihre Negation
gesetzt, und diese Negation ist das Bestehen einer anderen; aber dieß
Bestehen ist ebenso sehr die Negation dieser andern und das Bestehen
der ersten.

Die Ausrede, durch welche das Vorstellen den Widerspruch des
selbstständigen Bestehens der mehreren Materien in Einem, oder die
Gleichgültigkeit derselben gegen einander in ihrer Durchdringung
abhält, pflegt bekanntlich die Kleinheit der Theile und der Poren zu
seyn. Wo der Unterschied-an-sich, der Widerspruch und die Negation der
Negation eintritt, überhaupt wo begriffen werden soll, läßt das
Vorstellen sich in den äußerlichen, den quantitativen Unterschied
herunterfallen; in Ansehung des Entstehens und Vergehens nimmt es seine
Zuflucht zur Allmähligkeit und in Ansehung des Seyns zur Kleinheit,
worin das Verschwindende zum Unbemerkbaren, der Widerspruch zu einer
Verwirrung herabgesetzt, und das wahre Verhältniß in ein unbestimmtes
Vorstellen hinübergespielt wird, dessen Trübheit das sich Aufhebende
rettet.

Näher aber diese Trübheit beleuchtet, so zeigt sie sich als der
Widerspruch, Theils als der subjektive des Vorstellens, Theils als der
objektive des Gegenstands; das Vorstellen selbst enthält vollständig
die Elemente desselben. Was es nämlich erstlich selbst thut, ist der
Widerspruch, sich an die Wahrnehmung halten und Dinge des Daseyns vor
sich haben zu wollen, und anderer Seits dem Nichtwahrnehmbaren, durch
die Reflexion bestimmten, sinnliches Daseyn zuzuschreiben;—die kleinen
Theile und Poren sollen zugleich ein sinnliches Daseyn seyn und es wird
von ihrem Gesetztseyn als von derselben Weise der Realität
gesprochen,—welche der Farbe, Wärme u. s.f. zukommt. Wenn ferner das
Vorstellen diesen gegenständlichen Nebel, die Poren und die kleinen
Theilchen, näher betrachtete, so erkennte es darin nicht nur eine
Materie und auch deren Negation, so daß hier die Materie, und daneben
ihre Negation, der Porus, und neben diesem wieder Materie und so fort
sich befände, sondern daß es in diesem Dinge, 1) die selbstständige
Materie, 2) ihre Negation oder Porosität und die andere selbstständige
Materie in einem in und demselben Punkte hat, daß diese Porosität und
das selbstständige Bestehen der Materien ineinander als in Einem eine
gegenseitige Negation und Durchdringen des Durchdringens ist.—Die
neueren Darstellungen der Physik über die Verbreitung des Wasserdampfes
in der atmosphärischen Luft und der Gasarten durch einander, heben eine
Seite des Begriffs, der sich hier über die Natur des Dinges ergeben
hat, bestimmter heraus.

Sie zeigen nämlich, daß z.B. ein gewisses Volumen eben so viel
Wasserdampf aufnimmt, es sey leer von athmosphärischer Luft oder damit
erfüllt; auch daß die Gasarten so sich in einander verbreiten, daß jede
für die andere so gut als ein Vacuum ist, wenigstens daß sie in keiner
chemischen Verbindung miteinander sind, jedes ununterbrochen durch das
andere mit sich kontinuirlich bleibt und sich in seiner Durchdringung
mit den andern, gleichgültig gegen sie erhält.—Aber das weitere Moment
im Begriffe des Dinges ist, daß im Diesen die eine Materie sich
befindet wo die andere, und das Durchdringende in demselben Punkte auch
durchdrungen ist, oder das Selbstständige unmittelbar die
Selbstständigkeit eines Andern ist. Dieß ist widersprechend; aber das
Ding ist nichts Anderes als dieser Widerspruch selbst; darum ist es
Erscheinung.

Eine ähnliche Bewandtniß, als es mit diesen Materien hat, hat es im
Geistigen mit der Vorstellung der Seelenkräfte oder Seelenvermögen. Der
Geist ist in viel tieferem Sinne dieses, die negative Einheit, in
welcher sich seine Bestimmungen durchdringen. Aber als Seele
vorgestellt, pflegt er häufig als ein Ding genommen zu werden. Wie man
den Menschen überhaupt aus Seele und Leib bestehen läßt, deren jedes
als ein Selbstständiges für sich gilt, so läßt man die Seele aus
sogenannten Seelenkräften bestehen, deren jede eine für sich bestehende
Selbstständigkeit hat, oder eine unmittelbare für sich nach ihrer
Bestimmtheit wirkende Thätigkeit ist. Man stellt sich so vor, daß hier
der Verstand, hier die Einbildungskraft für sich wirke, daß man den
Verstand, das Gedächtniß, u.s.f. jede für sich kultivire, und
einstweilen die andern Kräfte in Unthätigkeit linker Hand liegen lasse,
bis die Reihe vielleicht, vielleicht auch nicht an sie komme. Indem sie
in das materiell-einfache Seelending verlegt werden, welches als
einfach immateriell sey, so werden die Vermögen zwar nicht als
besondere Materien vorgestellt; aber als Kräfte werden sie gleich
indifferent gegen einander angenommen, als jene Materien. Aber der
Geist ist nicht jener Widerspruch, welcher das Ding ist, das sich
auflöst und in Erscheinung übergeht; sondern er ist schon an ihm selbst
der in seine absolute Einheit, nämlich den Begriffe zurückgegangene
Widerspruch, worin die Unterschiede nicht mehr als selbstständige,
sondern nur als besondere Momente im Subjekte, der einfachen
Individualität, zu denken sind.



Zweites Kapitel. Die Erscheinung.


Die Existenz ist die Unmittelbarkeit des Seyns, zu der sich das Wesen
wieder hergestellt hat. Diese Unmittelbarkeit ist an sich die Reflexion
des Wesens in sich. Das Wesen ist als Existenz aus seinem Grunde
heraufgetreten, der selbst in sie übergegangen ist. Die Existenz ist
diese reflektirte Unmittelbarkeit, insofern sie an ihr selbst die
absolute Negativität ist. Sie ist nunmehr auch als dieß gesetzt, indem
sie sich als Erscheinung bestimmt hat.

Die Erscheinung ist daher zunächst das Wesen in seiner Existenz; das
Wesen ist unmittelbar an ihr vorhanden. Daß sie nicht als unmittelbare,
sondern die reflektirte Existenz ist, dieß macht das Moment des Wesens
an ihr aus; oder die Existenz als wesentliche Existenz ist Erscheinung.

Es ist etwas nur Erscheinung,—in dem Sinne, daß die Existenz als solche
nur ein Gesetztes, nicht an- und für-sich-Seyendes ist. Dieß macht ihre
Wesentlichkeit aus, an ihr selbst die Negativität der Reflexion, die
Natur des Wesens, zu haben. Es ist dieß nicht eine fremde, äußerliche
Reflexion, welcher das Wesen zugehörte, und die durch Vergleichung
desselben mit der Existenz diese für Erscheinung erklärte. Sondern, wie
sich ergeben hat, ist diese Wesentlichkeit der Existenz, Erscheinung zu
seyn, die eigne Wahrheit der Existenz. Die Reflexion, wodurch sie dieß
ist, gehört ihr selbst an.

Wenn aber gesagt wird, Etwas sey nur Erscheinung in dem Sinne, als ob
dagegen die unmittelbare Existenz die Wahrheit wäre; so ist vielmehr
die Erscheinung die höhere Wahrheit; denn sie ist die Existenz wie sie
als wesentliche, da hingegen die Existenz die noch wesenlose
Erscheinung ist; weil sie nur das eine Moment der Erscheinung, nämlich
die Existenz als unmittelbare, noch nicht ihre negative Reflexion, an
ihr hat. Wenn die Erscheinung wesenlos genannt wird, so wird an das
Moment ihrer Negativität so gedacht, als ob das Unmittelbare dagegen
das Positive und Wahrhafte wäre; aber vielmehr enthält dieß
Unmittelbare die wesentliche Wahrheit noch nicht an ihm. Die Existenz
hört vielmehr auf, wesenlos zu seyn, darin, daß sie in Erscheinung
übergeht.

Das Wesen scheint zunächst in ihm selbst, in seiner einfachen
Identität; so ist es die abstrakte Reflexion, die reine Bewegung von
Nichts durch Nichts zu sich selbst zurück. Das Wesen erscheint, so ist
es nunmehr realer Schein, indem die Momente des Scheins Existenz haben.
Die Erscheinung ist, wie sich ergeben hat, das Ding als die negative
Vermittelung seiner mit sich selbst; die Unterschiede, welche es
enthält, sind selbstständige Materien, die der Widerspruch sind, ein
unmittelbares Bestehen zu seyn, und zugleich nur in fremder
Selbstständigkeit also in der Negation der eigenen ihr Bestehen zu
haben, und wieder eben darum auch nur in der Negation jener fremden
oder in der Negation ihrer eigenen Negation. Der Schein ist dieselbe
Vermittelung, aber seine haltlosen Momente haben in der Erscheinung die
Gestalt unmittelbarer Selbstständigkeit. Dagegen ist die unmittelbare
Selbstständigkeit, die der Existenz zukommt, ihrer Seits zum Momente
herabgesetzt. Die Erscheinung ist daher Einheit des Scheins und der
Existenz.

Die Erscheinung bestimmt sich nun näher. Sie ist die wesentliche
Existenz; die Wesentlichkeit derselben unterscheidet sich von ihr als
unwesentlicher und diese beiden Seiten treten in Beziehung mit
einander.—Sie ist daher zuerst einfache Identität mit sich, die
zugleich verschiedene Inhaltsbestimmungen enthält, welche sowohl selbst
als deren Beziehung das im Wechsel der Erscheinung sich gleich
bleibende ist; das Gesetz der Erscheinung.

Zweitens aber geht das in seiner Verschiedenheit einfache Gesetz in den
Gegensatz über; das Wesentliche der Erscheinung wird ihr selbst
entgegengesetzt und der erscheinenden Welt tritt die an sich seyende
Welt gegenüber.

Drittens geht dieser Gegensatz in seinen Grund zurück; das
Ansichseyende ist in der Erscheinung und umgekehrt ist das Erscheinende
bestimmt als in sein Ansichseyn aufgenommen; die Erscheinung wird
Verhältniß.

A. Das Gesetz der Erscheinung.

1. Die Erscheinung ist das Existirende vermittelt durch seine Negation,
welche sein Bestehen ausmacht. Diese seine Negation ist zwar ein
anderes Selbstständiges; aber dieß ist ebenso wesentlich ein
aufgehobenes. Das Existirende ist daher die Rückkehr seiner in sich
selbst durch seine Negation und durch die Negation dieser seiner
Negation; es hat also wesentliche Selbstständigkeit; so wie es gleich
unmittelbar schlechthin Gesetztseyn ist, das einen Grund und ein
Anderes zu seinem Bestehen hat.—Fürs Erste ist also die Erscheinung die
Existenz zugleich mit ihrer Wesentlichkeit, das Gesetztseyn mit seinem
Grunde; aber dieser Grund ist die Negation; und das andere
Selbstständige, der Grund des ersten, ist gleichfalls nur ein
Gesetztseyn. Oder das Existirende ist als Erscheinendes in ein Anderes
reflektirt und hat es zu seinem Grunde, welches selbst nur dieß ist, in
ein Anderes reflektirt zu seyn. Die wesentliche Selbstständigkeit, die
ihm zukommt, weil es Rückkehr in sich selbst ist, ist um der
Negativität der Momente willen, die Rückkehr des Nichts durch Nichts zu
sich selbst zurück; die Selbstständigkeit des Existirenden ist daher
nur der wesentliche Schein. Der Zusammenhang des sich gegenseitig
begründenden Existirenden besteht darum in dieser gegenseitigen
Negation, daß das Bestehen des einen nicht das Bestehen des andern,
sondern dessen Gesetztseyn ist, welche Beziehung des Gesetztseyns
allein ihr Bestehen ausmacht. Der Grund ist vorhanden, wie er in seiner
Wahrheit ist, nämlich ein Erstes zu seyn, das nur ein Vorausgesetztes
ist.

Dieß macht nun die negative Seite der Erscheinung aus. Aber in dieser
negativen Vermittelung ist unmittelbar die positive Identität des
Existirenden mit sich enthalten. Denn es ist nicht Gesetztseyn gegen
einen wesentlichen Grund, oder ist nicht der Schein an einem
Selbstständigen; sondern ist Gesetztseyn, das sich auf ein Gesetztseyn
bezieht, oder ist ein Schein nur in einem Scheine. Es bezieht sich in
dieser seiner Negation oder in seinem Andern, das selbst ein
Aufgehobenes ist, auf sich selbst; ist also mit sich identische oder
positive Wesentlichkeit.—Dieses Identische ist nicht die
Unmittelbarkeit, die der Existenz als solcher zukommt, und nur das
Unwesentliche ist, sein Bestehen in einem Andern zu haben. Sondern es
ist der wesentliche Inhalt der Erscheinung, welcher zwei Seiten hat,
erstens in der Form des Gesetztseyns oder der äußerlichen
Unmittelbarkeit, zweitens das Gesetztseyn als mit sich Identisches zu
seyn. Nach der ersten Seite ist er als ein Daseyn, aber als ein
zufälliges, unwesentliches, das nach seiner Unmittelbarkeit dem
Übergehen, Entstehen und Vergehen unterworfen ist. Nach der andern
Seite ist er die einfache jenem Wechsel entnommene Inhaltsbestimmung,
das Bleibende desselben.

Außerdem daß dieser Inhalt überhaupt das Einfache des Vergänglichen
ist, ist er auch bestimmter, in sich verschiedener Inhalt. Er ist die
Reflexion der Erscheinung, des negativen Daseyns, in sich, enthält also
die Bestimmtheit wesentlich. Die Erscheinung aber ist die seyende
vielfache Verschiedenheit, die sich in unwesentlicher Mannigfaltigkeit
herumwirft; ihr reflektirter Inhalt dagegen ist ihre Mannigfaltigkeit
auf den einfachen Unterschied reducirt. Der bestimmte wesentliche
Inhalt ist nämlich näher, nicht nur bestimmt überhaupt, sondern als das
Wesentliche der Erscheinung die vollständige Bestimmtheit; eines und
sein Anderes. In der Erscheinung hat jedes dieser beiden sein Bestehen
so in dem Andern, daß es zugleich nur in dessen Nichtbestehen ist.
Dieser Widerspruch hebt sich auf; und die Reflexion desselben in sich,
ist die Identität ihres beiderseitigen Bestehens, daß das Gesetztseyn
des einen auch das Gesetztseyn des Andern ist. Sie machen Ein Bestehen
aus, zugleich als verschiedener, gegen einander gleichgültiger Inhalt.
In der wesentlichen Seite der Erscheinung ist somit das Negative des
unwesentlichen Inhalts, sich aufzuheben, in die Identität
zurückgegangen; er ist ein gleichgültiges Bestehen, welches nicht das
Aufgehobenseyn, sondern vielmehr das Bestehen des Andern ist.

Diese Einheit ist das Gesetz der Erscheinung.

2. Das Gesetz ist also das Positive der Vermittelung des Erscheinenden.
Die Erscheinung ist zunächst die Existenz als die negative Vermittelung
mit sich, so daß das Existirende durch sein eigenes Nichtbestehen,
durch ein Anderes, und wieder durch das Nichtbestehen dieses Andern mit
sich vermittelt ist. Darin ist enthalten erstens das bloße Scheinen und
das Verschwinden beider, die unwesentliche Erscheinung; zweitens auch
das Bleiben oder das Gesetz; denn jedes der beiden existirt in jenem
Aufheben des Andern; und ihr Gesetztseyn als ihre Negativität ist
zugleich das identische, positive Gesetztseyn beider.

Dieß bleibende Bestehen, welches die Erscheinung im Gesetze hat, ist
somit, wie es sich bestimmt hat, erstlich entgegengesetzt der
Unmittelbarkeit des Seyns, welche die Existenz hat. Diese
Unmittelbarkeit ist zwar an sich die reflektirte, nämlich der in sich
zurückgegangene Grund; aber in der Erscheinung ist nun diese einfache
Unmittelbarkeit von der reflektirten unterschieden, welche im Dinge
erst sich zu trennen anfingen. Das existirende Ding ist in seiner
Auflösung dieser Gegensatz geworden; das Positive seiner Auflösung ist
jene Identität des Erscheinenden als Gesetztseyns mit sich in seinem
andern Gesetztseyn.—Zweitens ist diese reflektirte Unmittelbarkeit
selbst bestimmt als das Gesetztseyn, gegen die seyende Unmittelbarkeit
der Existenz. Dieß Gesetztseyn ist nunmehr das Wesentliche, und
wahrhaft Positive. Der deutsche Ausdruck Gesetz enthält diese
Bestimmung gleichfalls. In diesem Gesetztseyn liegt die wesentliche
Beziehung der beiden Seiten des Unterschiedes, die das Gesetz enthält;
sie sind verschiedener gegen einander unmittelbarer Inhalt und sind
dieß als die Reflexion des der Erscheinung angehörigen, verschwindenden
Inhalts. Als wesentliche Verschiedenheit, sind die Verschiedenen
einfache sich auf sich beziehende Inhaltsbestimmungen. Aber ebenso sehr
ist keine für sich unmittelbar, sondern jede ist wesentlich
Gesetztseyn, oder ist nur, insofern die andere ist.

Drittens Erscheinung und Gesetz haben einen und denselben Inhalt. Das
Gesetz ist die Reflexion der Erscheinung in die Identität mit sich; so
steht die Erscheinung als das nichtige Unmittelbare dem
Insichreflektirten gegenüber, und sie sind nach dieser Form
unterschieden. Aber die Reflexion der Erscheinung, wodurch dieser
Unterschied ist, ist auch die wesentliche Identität der Erscheinung
selbst und ihrer Reflexion, was überhaupt die Natur der Reflexion ist;
sie ist das im Gesetztseyn identische mit sich, und gleichgültig gegen
jenen Unterschied, welcher die Form oder das Gesetztseyn ist; also ein
Inhalt, der sich aus der Erscheinung in das Gesetz kontinuirt, der
Inhalt des Gesetzes, und der Erscheinung.

Dieser Inhalt macht hiermit die Grundlage der Erscheinung aus; das
Gesetz ist diese Grundlage selbst, die Erscheinung ist derselbe Inhalt,
aber enthält noch mehr, nämlich den unwesentlichen Inhalt ihres
unmittelbaren Seyns. Auch die Formbestimmung, wodurch die Erscheinung
als solche von dem Gesetze unterschieden ist, ist nämlich ein Inhalt
und gleichfalls ein vom Inhalte des Gesetzes unterschiedener. Denn die
Existenz ist als Unmittelbarkeit überhaupt gleichfalls ein mit sich
Identisches der Materie und Form, das gegen seine Formbestimmungen
gleichgültig und daher Inhalt ist; sie ist die Dingheit mit ihren
Eigenschaften und Materien. Aber sie ist der Inhalt, dessen
selbstständige Unmittelbarkeit zugleich nur als ein Nichtbestehen ist.
Die Identität desselben mit sich in diesem seinem Nichtbestehen aber
ist der andere, wesentliche Inhalt. Diese Identität, die Grundlage der
Erscheinung, welche das Gesetz ausmacht, ist ihr eigenes Moment; es ist
die positive Seite der Wesentlichkeit, wodurch die Existenz Erscheinung
ist.

Das Gesetz ist daher nicht jenseits der Erscheinung, sondern in ihr
unmittelbar gegenwärtig; das Reich der Gesetze ist das ruhige Abbild
der existirenden oder erscheinenden Welt. Aber vielmehr ist beides Eine
Totalität, und die existirende Welt ist selbst das Reich der Gesetze,
das als das einfache Identische, zugleich als in dem Gesetztseyn oder
in der sich selbstauflösenden Selbstständigkeit der Existenz identisch
mit sich ist. Die Existenz geht in das Gesetz als in ihren Grund
zurück; die Erscheinung enthält dieß Beides, den einfachen Grund, und
die auflösende Bewegung des erscheinenden Universums, deren
Wesentlichkeit er ist.

3. Das Gesetz ist also die wesentliche Erscheinung; es ist die
Reflexion derselben in sich in ihrem Gesetztseyn, der identische Inhalt
seiner und der unwesentlichen Existenz. Erstlich ist nun diese
Identität des Gesetzes mit seiner Existenz nur erst die unmittelbare,
einfache Identität, und das Gesetz ist gleichgültig gegen seine
Existenz; die Erscheinung hat noch einen andern Inhalt gegen den Inhalt
des Gesetzes. Jener ist zwar der unwesentliche, und das Zurückgehen in
diesen; aber für das Gesetz ist er ein Erstes, das nicht durch dieses
gesetzt ist; er ist daher als Inhalt äußerlich mit dem Gesetze
verbunden. Die Erscheinung ist eine Menge näherer Bestimmungen, die dem
Diesen oder dem Konkreten angehören und nicht im Gesetze enthalten,
sondern durch ein Anderes bestimmt sind. —Zweitens das, was die
Erscheinung von dem Gesetze Verschiedenes enthält, bestimmte sich als
ein Positives oder als ein anderer Inhalt; aber es ist wesentlich ein
Negatives; es ist die Form und ihre Bewegung als solche, die der
Erscheinung zukommt. Das Reich der Gesetze ist der ruhige Inhalt der
Erscheinung; diese ist derselbe aber sich im unruhigen Wechsel und als
die Reflexion in anderes darstellend. Sie ist das Gesetz als die
negative sich schlechthin verändernde Existenz, die Bewegung des
Übergehens in Entgegengesetzte, des sich Aufhebens und des Zurückgehens
in die Einheit. Diese Seite der unruhigen Form oder der Negativität
enthält das Gesetz nicht; die Erscheinung ist daher gegen das Gesetz
die Totalität, denn sie enthält das Gesetz, aber auch noch mehr,
nämlich das Moment der sich selbst bewegenden Form.—Dieser Mangel ist
drittens am Gesetze so vorhanden, daß dessen Inhalt nur erst ein
verschiedener, damit ein gegen sich gleichgültiger ist; daher die
Identität seiner Seiten miteinander nur erst eine unmittelbare und
damit innere, oder noch nicht nothwendige ist. Im Gesetze sind zwei
Inhaltsbestimmungen als wesentlich verbunden (z.B. im Gesetze der
Bewegung des Falls die Raumgröße und die Zeitgröße; die durchloffenen
Räume verhalten sich wie die Quadrate der verflossenen Zeiten); sie
sind verbunden; diese Beziehung ist nur erst eine unmittelbare. Sie ist
daher gleichfalls nur erst eine gesetzte, wie in der Erscheinung das
Unmittelbare überhaupt die Bedeutung des Gesetztseyns erhalten bat. Die
wesentliche Einheit der beiden Seiten des Gesetzes wäre ihre
Negativität, daß nämlich die eine an ihr selbst ihre andere enthielte;
aber diese wesentliche Einheit ist noch nicht am Gesetze
hervorgetreten. (—So ist es nicht im Begriffe des im Falle
durchloffenen Raumes enthalten, daß ihm die Zeit als Quadrat
entspricht. Weil der Fall eine sinnliche Bewegung ist, ist er die
Beziehung von Zeit und Raum; aber erstens liegt es in der Bestimmung
der Zeit selbst nicht,—d. h. wie die Zeit nach ihrer Vorstellung
genommen wird, daß sie sich auf den Raum bezieht, und umgekehrt; man
sagt, man könne sich die Zeit sehr wohl ohne den Raum und den Raum ohne
die Zeit vorstellen; das eine tritt also äußerlich zu dem andern hinzu,
welche äußerliche Beziehung die Bewegung ist. Zweitens ist die nähere
Bestimmung gleichgültig, nach welchen Größen sich in der Bewegung Raum
und Zeit zu einander verhalten. Das Gesetz hierüber wird aus der
Erfahrung erkannt; insofern ist es nur unmittelbar; es erfordert noch
einen Beweis, d. h. eine Vermittelung, für das Erkennen, daß das Gesetz
nicht nur Statt hat, sondern nothwendig ist; diesen Beweis und seine
objektive Nothwendigkeit enthält das Gesetz als solches nicht.—) Das
Gesetz ist daher nur die positive Wesentlichkeit der Erscheinung, nicht
ihre negative, nach welcher die Inhaltsbestimmungen Momente der Form
sind, als solche in ihr Anderes übergehen, und an ihnen selbst ebenso
sehr nicht sie, sondern ihr anderes sind. Im Gesetze ist also zwar das
Gesetztseyn der einen Seite desselben das Gesetztseyn der andern; aber
ihr Inhalt ist gleichgültig gegen diese Beziehung, er enthält nicht an
ihm selbst dieß Gesetztseyn. Das Gesetz ist daher wohl die wesentliche
Form, aber noch nicht die in ihre Seiten als Inhalt reflektirte, reale
Form.

B. Die erscheinende und die an-sich-seynede Welt.

I. Die existirende Welt erhebt sich ruhig zu einem Reiche von Gesetzen;
der nichtige Inhalt ihres mannigfaltigen Daseyns hat in einem Andern
sein Bestehen; sein Bestehen ist daher seine Auflösung. Aber in diesem
Andern geht das Erscheinende auch mit sich selbst zusammen; so ist die
Erscheinung in ihrem Wandel auch ein Bleiben, und ihr Gesetztseyn ist
Gesetz. Das Gesetz ist diese einfache Identität der Erscheinung mit
sich; daher die Grundlage, nicht der Grund derselben; denn es ist nicht
die negative Einheit der Erscheinung; sondern als ihre einfache
Identität, die unmittelbare als abstrakte Einheit, neben welcher daher
auch der andre Inhalt derselben Statt hat. Der Inhalt ist dieser, hängt
in sich zusammen, oder hat seine negative Reflexion innerhalb seiner
selbst. Er ist in ein anderes reflektirt; dieß Andere ist selbst eine
Existenz der Erscheinung; die erscheinenden Dinge haben ihre Gründe und
Bedingungen an andern erscheinenden Dingen.

In der That aber ist das Gesetz auch das Andere der Erscheinung als
solcher, und ihre negative Reflexion als in ihr Anderes. Der Inhalt der
Erscheinung, der vom Inhalt des Gesetzes verschieden ist, ist das
Existirende, das seine Negativität zu seinem Grunde hat oder in sein
Nichtseyn reflektirt ist. Aber dieß Andere, das auch ein Existirendes
ist, ist gleichfalls ein solches in sein Nichtseyn Reflektirtes; es ist
also dasselbe, und das Erscheinende ist darin in der That nicht in ein
anderes, sondern in sich reflektirt; eben diese Reflexion des
Gesetztseyns in sich ist das Gesetz. Aber als Erscheinendes ist es
wesentlich in sein Nichtseyn reflektirt, oder seine Identität ist
selbst wesentlich ebenso sehr seine Negativität und sein Anderes. Die
Reflexion-in-sich der Erscheinung, das Gesetz, ist also auch nicht nur
ihre identische Grundlage, sondern sie hat an ihm ihren Gegensatz, und
es ist ihre negative Einheit.

Dadurch hat sich nun die Bestimmung des Gesetzes an ihm selbst
verändert.

Zunächst ist es nur ein verschiedener Inhalt, und die formale Reflexion
des Gesetztseyns in sich, so daß das Gesetztseyn der einen seiner
Seiten das Gesetztseyn der andern ist. Weil es aber auch die negative
Reflexion in sich ist, so verhalten sich seine Seiten nicht nur als
verschiedene, sondern als negativ sich auf einander beziehende.—Oder
das Gesetz bloß für sich betrachtet, so sind die Seiten seines Inhalts
gleichgültige gegen einander; aber ebenso sehr sind sie durch ihre
Identität aufgehobene; das Gesetztseyn der einen ist das Gesetztseyn
der andern; also ist das Bestehen einer jeden auch das Nichtbestehen
ihrer selbst. Dieß Gesetztseyn der einen in der andern ist ihre
negative Einheit und jedes ist nicht nur das Gesetztseyn ihrer, sondern
auch der andern, oder jede ist selbst diese negative Einheit. Die
positive Identität, welche sie im Gesetze als solchem haben, ist nur
erst ihre innere Einheit, welche des Beweises und der Vermittelung
bedarf, weil diese negative Einheit noch nicht an ihnen gesetzt ist.
Aber indem die verschiedenen Seiten des Gesetzes nunmehr bestimmt sind,
als in ihrer negativen Einheit verschiedene zu seyn, oder als solche,
deren jedes sein Anderes an ihm selbst enthält und zugleich als
Selbstständiges dieß sein Andersseyn von sich abstößt, so ist die
Identität des Gesetzes nunmehr auch eine gesetzte und reale.

Damit hat also das Gesetz das mangelnde Moment der negativen Form
seiner Seiten gleichfalls erhalten; das Moment, das vorhin noch der
Erscheinung angehörte; die Existenz ist somit vollständig in sich
zurückgegangen, und hat sich in ihr absolutes an- und für-sichseyendes
Andersseyn reflektirt. Das, was vorher Gesetz war, ist daher nicht mehr
nur Eine Seite des Ganzen, dessen andere die Erscheinung als solche
war, sondern ist selbst das Ganze. Sie ist die wesentliche Totalität
der Erscheinung, so daß sie nun auch das Moment der Unwesentlichkeit,
das noch dieser zukam, enthält; aber als die reflektirte, an sich
seyende Unwesentlichkeit, d. h. als die wesentliche Negativität.—Das
Gesetz ist als unmittelbarer Inhalt, bestimmt überhaupt, unterschieden
von andern Gesetzen, und es giebt deren eine unbestimmbare Menge. Aber
indem es die wesentliche Negativität nun an ihm selbst hat, enthält es
nicht mehr eine solche nur gleichgültige, zufällige Inhaltsbestimmung;
sondern sein Inhalt ist alle Bestimmtheit überhaupt, in wesentlicher
sich zur Totalität machenden Beziehung. So ist die in sich reflektirte
Erscheinung nun eine Welt, die sich als an und für sich seyende über
der erscheinenden Welt aufthut.

Das Reich der Gesetze enthält nur den einfachen, wandellosen aber
verschiedenen Inhalt der existirenden Welt. Indem es nun aber die
totale Reflexion von dieser ist, enthält es auch das Moment ihrer
wesenlosen Mannigfaltigkeit. Dieses Moment der Veränderlichkeit und
Veränderung als in sich reflektirtes, wesentliches, ist die absolute
Negativität oder die Form überhaupt als solche, deren Momente aber in
der an- und für-sichseyenden Welt die Realität selbstständiger, aber
reflektirter Existenz haben; so wie umgekehrt diese reflektirte
Selbstständigkeit nunmehr die Form an ihr selbst hat, und dadurch ihr
Inhalt nicht ein bloß mannigfaltiger, sondern ein wesentlich mit sich
zusammenhängender ist.

—Diese an und für sich seyende Welt heißt auch die übersinnliche Welt;
insofern die existirende Welt als sinnliche, nämlich als solche
bestimmt wird, die für die Anschauung, das unmittelbare Verhalten des
Bewußtseyns, ist.—Die übersinnliche Welt hat gleichfalls
Unmittelbarkeit, Existenz, aber reflektirte, wesentliche Existenz. Das
Wesen hat noch kein Daseyn; aber es ist, und in tieferem Sinne, als das
Seyn; das Ding ist der Beginn der reflektirten Existenz; es ist eine
Unmittelbarkeit, die noch nicht gesetzt ist, als wesentliche oder
reflektirte; es ist aber in Wahrheit nicht ein seyendes Unmittelbares.
Die Dinge erst, als Dinge einer andern, übersinnlichen Welt sind
gesetzt, erstens als wahrhafte Existenzen, und zweitens als das Wahre
gegen das Seyende;—in ihnen ist es anerkannt, daß es ein von dem
unmittelbaren Seyn unterschiedenes Seyn gibt, das wahrhafte Existenz
ist. Eines Theils ist in dieser Bestimmung die sinnliche Vorstellung
überwunden, welche nur dem unmittelbaren Seyn des Gefühls und der
Anschauung Existenz zuschreibt; andern Theils aber auch die bewußtlose
Reflexion, welche zwar die Vorstellung von Dingen, Kräften, Innerlichem
und so fort hat, ohne zu wissen, daß solche Bestimmungen nicht
sinnliche oder seyende Unmittelbarkeiten, sondern reflektirte
Existenzen sind.

2. Die an und für sich seyende Welt ist die Totalität der Existenz; es
ist nichts Anderes außer ihr. Indem sie aber an ihr selbst die absolute
Negativität oder Form ist, so ist ihre Reflexion-in-sich, negative
Beziehung auf sich. Sie enthält den Gegensatz, und stößt sich ab in
sich als die wesentliche Welt, und in sich als die Welt des Andersseyns
oder die Welt der Erscheinung. So ist sie darum, weil sie die Totalität
ist, auch nur als eine Seite derselben, und macht in dieser Bestimmung
eine gegen die Welt der Erscheinung verschiedene Selbstständigkeit aus.
Die erscheinende Welt hat an der wesentlichen Welt ihre negative
Einheit, in der sie zu Grunde und in die sie als in ihren Grund
zurückgeht. Ferner ist die wesentliche Welt auch der setzende Grund der
erscheinenden Welt; denn, die absolute Form in ihrer Wesentlichkeit
enthaltend, hebt sich ihre Identität mit sich auf, macht sich zum
Gesetztseyn und ist als diese gesetzte Unmittelbarkeit die erscheinende
Welt.

Sie ist ferner nicht nur überhaupt Grund der erscheinenden Welt,
sondern ihr bestimmter Grund. Schon als das Reich der Gesetze ist sie
mannigfaltiger Inhalt, und zwar der wesentliche der erscheinenden Welt,
und als inhaltsvoller Grund, der bestimmte Grund der andern, aber nur
diesem Inhalt nach; denn die erscheinende Welt hatte noch
mannigfaltigen andern Inhalt als jenes Reich, weil ihr noch das
negative Moment eigenthümlich zukam. Aber indem das Reich der Gesetze
dieß Moment nun gleichfalls an ihm hat, so ist es die Totalität des
Inhalts der erscheinenden Welt und der Grund aller ihrer
Mannigfaltigkeit. Aber sie ist zugleich das negative derselben, so ist
die derselben entgegengesetzte Welt.—Nämlich in der Identität beider
Welten, und indem die eine der Form nach bestimmt ist, als die
wesentliche und die andere als dieselbe aber als gesetzte und
unwesentliche, hat sich zwar die Grundbeziehung wieder hergestellt;
aber zugleich als die Grundbeziehung der Erscheinung, nämlich als
Beziehung nicht eines identischen Inhalts, noch auch eines bloß
verschiedenen, wie das Gesetz ist, sondern als totale Beziehung, oder
als negative Identität und wesentliche Beziehung des Inhalts als
entgegengesetzten.—Das Reich der Gesetze ist nicht nur dieß, daß das
Gesetztseyn eines Inhalts das Gesetztseyn eines Andern ist, sondern
diese Identität ist wesentlich, wie sich ergeben hat, auch negative
Einheit; jede der beiden Seiten des Gesetzes ist in der negativen
Einheit an ihr selbst ihr anderer Inhalt; das Andere ist daher nicht
unbestimmt ein Anderes überhaupt, sondern es ist ihr Anderes, oder es
enthält gleichfalls die Inhaltsbestimmung von jener; so sind die beiden
Seiten entgegengesetzte. Indem das Reich der Gesetze nun dieß negative
Moment und den Gegensatz an ihm hat, und sich somit als die Totalität,
von sich selbst in eine an und für sich seyende und eine erscheinende
Welt abstößt, so ist die Identität beider die wesentliche Beziehung der
Entgegensetzung.—Die Grundbeziehung als solche ist der in seinem
Widerspruch zu Grunde gegangene Gegensatz; und die Existenz der mit
sich selbst zusammengehende Grund. Aber die Existenz wird zur
Erscheinung; der Grund ist in der Existenz aufgehoben; er stellt sich
als Rückkehr der Erscheinung in sich, wieder her; aber zugleich als
aufgehobener, nämlich als Grundbeziehung entgegengesetzter
Bestimmungen; die Identität solcher aber ist wesentlich Werden und
Übergehen, nicht mehr die Grundbeziehung als solche.

Die an und für sich seyende Welt ist also selbst eine in sich in die
Totalität des mannigfaltigen Inhalts unterschiedene Welt; sie ist
identisch mit der erscheinenden oder gesetzten, insofern Grund
derselben, aber ihr identischer Zusammenhang ist zugleich als
Entgegensetzung bestimmt, weil die Form der erscheinenden Welt die
Reflexion in ihr Andersseyn ist, sie also in der an und für sich
seyenden Welt wahrhaft so in sich selbst zurückgegangen ist, als diese
ihre entgegengesetzte ist. Die Beziehung ist also bestimmt diese, daß
die an und für sich seyende Welt die verkehrte der erscheinenden ist.

C. Auflösung der Erscheinung.

Die an und für sich seyende Welt ist der bestimmte Grund der
erscheinenden Welt, und ist dieß nur, insofern sie an ihr selbst das
negative Moment und damit die Totalität der Inhaltsbestimmungen und
ihrer Veränderungen ist, welche der erscheinenden Welt entspricht, aber
zugleich ihre durchaus entgegengesetzte Seite ausmacht. Beide Welten
verhalten sich also so zu einander, daß was in der erscheinenden Welt
positiv, in der an und für sich seyenden Welt negativ, umgekehrt was in
jener negativ, in dieser positiv ist. Der Nordpol in der erscheinenden
Welt, ist an und für sich der Südpol, und umgekehrt; die positive
Elektricität ist an sich negative u.s.f. Was im erscheinenden Daseyn
böse, Unglück u.s.f. ist, ist an und für sich gut und ein Glück.[15]

 [15] Vergl. Phänomenologie des Geistes. S. 121 ff.


In der That ist gerade in diesem Gegensatz beider Welten ihr
Unterschied verschwunden, und was an und für sich seyende Welt seyn
sollte, ist selbst erscheinende Welt, und diese umgekehrt an ihr selbst
wesentliche Welt.—Die erscheinende Welt ist zunächst bestimmt als die
Reflexion in das Andersseyn, so daß ihre Bestimmungen und Existenzen in
einem Andern ihren Grund und Bestehen haben; aber indem dieß Andre
gleichfalls ein solches in ein anderes Reflektirtes ist, so beziehen
sie sich darin nur auf ein sich aufhebendes Anderes, somit auf sich
selbst; die erscheinende Welt ist hiermit an ihr selbst sich selbst
gleiches Gesetz.—Umgekehrt die an und für sich seyende Welt ist
zunächst der mit sich identische, dem Andersseyn und Wechsel entnommene
Inhalt; aber dieser, als vollständige Reflexion der erscheinenden Welt
in sich selbst, oder weil seine Verschiedenheit in sich reflektirter
und absoluter Unterschied ist, so enthält er das negative Moment und
die Beziehung auf sich als auf das Andersseyn; er wird dadurch sich
selbst entgegengesetzter, sich verkehrender, wesenloser Inhalt. Ferner
hat dieser Inhalt der an und für sich seyenden Welt damit auch die Form
unmittelbarer Existenz erhalten. Denn sie ist zunächst Grund der
erscheinenden; aber indem sie die Entgegensetznng an ihr selbst hat,
ist sie ebenso sehr aufgehobener Grund und unmittelbare Existenz.

Die erscheinende und die wesentliche Welt sind hiermit jede an ihr
selbst die Totalität der mit sich identischen Reflexion und der
Reflexion-in-Anderes, oder des An-und-für-sich-seyns und des
Erscheinens. Sie sind beide die selbstständigen Ganzen der Existenz;
die eine sollte nur die reflektirte Existenz, die andere die
unmittelbare Existenz seyn; aber jede kontinuirt sich in ihrer andern
und ist daher an ihr selbst die Identität dieser beiden Momente. Was
also vorhanden ist, ist diese Totalität, welche sich von sich selbst in
zwei Totalitäten abstößt, die eine die reflektirte Totalität, und die
andere die unmittelbare. Beide sind erstlich Selbstständige, aber sie
sind dieß nur als Totalitäten, und dieß sind sie insofern, daß jede
wesentlich das Moment der andern an ihr hat. Die unterschiedene
Selbstständigkeit einer jeden, der als unmittelbar und der als
reflektirt bestimmten, ist daher nunmehr so gesetzt, nur als
wesentliche Beziehung auf die andre zu seyn, und ihre Selbstständigkeit
in dieser Einheit beider zu haben.

Es wurde vom Gesetz der Erscheinung ausgegangen; dieses ist die
Identität eines verschiedenen Inhalts mit einem andern Inhalte, so daß
das Gesetztseyn des einen das Gesetztseyn des andern ist. Im Gesetze
ist noch dieser Unterschied vorhanden, daß die Identität seiner Seiten
nur erst eine innere ist, und diese Seiten sie noch nicht an ihnen
selbst haben; damit ist eines Theils jene Identität nicht realisirt;
der Inhalt des Gesetzes ist nicht als identischer, sondern ein
gleichgültiger, verschiedener Inhalt; andern Theils ist er damit nur an
sich so bestimmt, daß das Gesetztseyn des einen, das Gesetztseyn des
andern ist; dieß ist noch nicht an ihm vorhanden. Nunmehr aber ist das
Gesetz realisirt; seine innere Identität ist zugleich daseyende, und
umgekehrt ist der Inhalt des Gesetzes in die Idealität erhoben; denn er
ist an ihm selbst aufgehobener, in sich reflektirter, indem jede Seite
an ihr ihre andere hat, und damit wahrhaft mit ihr und mit sich
identisch ist.

So ist das Gesetz wesentliches Verhältniß. Die Wahrheit der
unwesentlichen Welt ist zunächst eine ihr andere an und für sich
seyende Welt; aber diese ist die Totalität, indem sie, sie selbst und
jene erste ist; so sind beide unmittelbare Existenzen und damit
Reflexionen in ihr Andersseyn, als auch eben damit wahrhaft in sich
reflektirte. Welt drückt überhaupt die formlose Totalität der
Mannigfaltigkeit aus; diese Welt, sowohl als wesentliche wie als
erscheinende ist zu Grunde gegangen, indem die Mannigfaltigkeit
aufgehört hat, eine bloß verschiedene zu seyn; so ist sie noch
Totalität oder Universum aber als wesentliches Verhältniß. Es sind zwei
Totalitäten des Inhalts in der Erscheinung entstanden; zunächst sind
sie als gleichgültige Selbstständige gegen einander bestimmt und haben
zwar die Form jede an ihr selbst, aber nicht gegen einander; diese aber
hat sich auch als ihre Beziehung gezeigt, und das wesentliche
Verhältniß ist die Vollendung ihrer Formeinheit.



Drittes Kapitel. Das wesentliche Verhältniß.


Die Wahrheit der Erscheinung ist das wesentliche Verhältniß. Sein
Inhalt hat unmittelbare Selbstständigkeit, und zwar die seyende
Unmittelbarkeit, und die reflektirte Unmittelbarkeit oder die mit sich
identische Reflexion. Zugleich ist er in dieser Selbstständigkeit ein
relativer, schlechthin nur als Reflexion in sein Anderes, oder als
Einheit der Beziehung mit seinem Andern. In dieser Einheit ist der
selbstständige Inhalt ein Gesetztes, Aufgehobenes; aber eben diese
Einheit macht seine Wesentlichkeit und Selbstständigkeit aus; diese
Reflexion in Anderes ist Reflexion in sich selbst. Das Verhältniß hat
Seiten, weil es Reflexion in Anderes ist; so hat es den Unterschied
seiner selbst an ihm; und die Seiten desselben sind selbstständiges
Bestehen, indem sie in ihrer gleichgültigen Verschiedenheit gegen
einander, in sich selbst gebrochen sind, so daß das Bestehen einer
jeden, ebenso sehr nur seine Bedeutung in der Beziehung auf die andere
oder in ihrer negativen Einheit hat.

Das wesentliche Verhältniß ist daher zwar noch nicht das wahrhafte
Dritte zum Wesen und zur Existenz; aber enthält bereits die bestimmte
Vereinigung beider. Das Wesen ist in ihm so realisirt, daß es
selbstständig-existirende zu seinem Bestehen hat; und diese sind aus
ihrer Gleichgültigkeit in ihre wesentliche Einheit zurückgegangen, so
daß sie nur diese zu ihrem Bestehen haben. Die Reflexions-Bestimmungen
des Positiven und Negativen sind gleichfalls in sich reflektirte nur
als reflektirt in ihr Entgegengesetztes; aber sie haben keine andere
Bestimmung als diese ihre negative Einheit; das wesentliche Verhältniß
hingegen hat solche zu seinen Seiten, welche als selbstständige
Totalitäten gesetzt sind. Es ist dieselbe Entgegensetzung als die des
Positiven und Negativen; aber zugleich als eine verkehrte Welt. Die
Seite des wesentlichen Verhältnisses ist eine Totalität, die aber als
wesentlich ein Entgegengesetztes, ein Jenseits seiner hat; es ist nur
Erscheinung; seine Existenz ist vielmehr nicht die seinige, sondern die
seines Andern. Es ist daher ein in sich selbst Gebrochenes; aber dieß
sein Aufgehobenseyn besteht darin, daß es die Einheit seiner selbst und
seines Andern also Ganzes ist, und eben darum hat es selbstständige
Existenz und ist wesentliche Reflexion in sich.

Dieß ist der Begriff des Verhältnisses. Zunächst aber ist die
Identität, die es enthält, noch nicht vollkommen; die Totalität, welche
jedes relative an ihm selbst ist, ist erst ein Inneres; die Seite des
Verhältnisses ist zunächst gesetzt in einer der Bestimmungen der
negativen Einheit; die eigene Selbstständigkeit jeder der beiden Seiten
ist dasjenige, was die Form des Verhältnisses ausmacht. Seine Identität
ist daher nur eine Beziehung, außerhalb welcher ihre Selbstständigkeit
fällt; nämlich in die Seiten; es ist noch nicht die reflektirte Einheit
jener Identität und der selbstständigen Existenzen vorhanden, noch
nicht die Substanz.—Der Begriff des Verhältnisses hat sich daher zwar
ergeben, Einheit der reflektirten und der unmittelbaren
Selbstständigkeit zu seyn. Aber zuerst ist dieser Begriff selbst noch
unmittelbar, seine Momente daher unmittelbare gegen einander, und die
Einheit deren wesentliche Beziehung, die erst dann die wahrhafte, dem
Begriffe entsprechende Einheit ist, insofern sie sich realisirt,
nämlich durch ihre Bewegung als jene Einheit gesetzt hat.

Das wesentliche Verhältniß ist daher unmittelbar das Verhältniß des
Ganzen und der Theile;—die Beziehung der reflektirten und der
unmittelbaren Selbstständigkeit, so daß beide zugleich nur sind als
sich gegenseitig bedingend und voraussetzend.

In diesem Verhältnisse ist noch keine der Seiten als Moment der andern
gesetzt, ihre Identität ist daher selbst eine Seite; oder sie ist nicht
ihre negative Einheit. Es geht darum zweitens darein über, daß die eine
Moment der andern und in ihr als in ihrem Grunde, dem wahrhaft
Selbstständigen von beiden, ist;—Verhältniß der Kraft und ihrer
Äußerung.

Drittens hebt sich die noch vorhandene Ungleichheit dieser Beziehung
auf, und das letzte Verhältniß ist das des Innern und Äußern.—In diesem
ganz formell gewordenen Unterschiede geht das Verhältniß selbst zu
Grunde, und die Substanz oder das Wirkliche tritt hervor, als die
absolute Einheit der unmittelbaren und der reflektirten Existenz.

A. Das Verhältniß des Ganzen und der Theile.

Das wesentliche Verhältniß enthält erstens die in sich reflektirte
Selbstständigkeit der Existenz; so ist es die einfache Form, deren
Bestimmungen zwar auch Existenzen, aber zugleich gesetzte, Momente in
der Einheit gehalten, sind. Diese in sich reflektirte Selbstständigkeit
ist zugleich Reflexion in ihr Entgegengesetztes, nämlich die
unmittelbare Selbstständigkeit; und ihr Bestehen ist wesentlich ebenso
sehr als es eigene Selbstständigkeit ist, diese Identität mit seinem
Entgegengesetzten.—Eben damit ist auch unmittelbar zweitens die andre
Seite gesetzt; die unmittelbare Selbstständigkeit, welche als das Andre
bestimmt, eine vielfache Mannigfaltigkeit in sich ist, aber so daß
diese Mannigfaltigkeit wesentlich auch die Beziehung der andern Seite,
die Einheit der reflektirten Selbstständigkeit an ihr hat. Jene Seite,
das Ganze, ist die Selbstständigkeit, welche die an und für sich
seyende Welt ausmachte; die andere Seite, die Theile, ist die
unmittelbare Existenz, welche die erscheinende Welt war. Im
Verhältnisse des Ganzen und der Theile sind die beiden Seiten diese
Selbstständigkeiten, aber so daß jede die andere in ihr scheinen hat,
und nur ist zugleich als diese Identität beider. Weil nun das
wesentliche Verhältniß nur erst das erste, unmittelbare ist, so ist die
negative Einheit und die positive Selbstständigkeit durch das Auch
verbunden; beide Seiten sind zwar als Momente gesetzt, aber ebenso sehr
als existirende Selbstständigkeiten.—Daß beide als Momente gesetzt
sind, dieß ist daher so vertheilt, daß erstens das Ganze, die
reflektirte Selbstständigkeit, als Existirendes und in ihr die andere,
die unmittelbare als Moment ist;—hier macht das Ganze die Einheit
beider Seiten, die Grundlage aus, und die unmittelbare Existenz ist als
Gesetztseyn.—Umgekehrt ist auf der andern Seite, nämlich der Seite der
Theile, die unmittelbare, in sich mannigfaltige Existenz, die
selbstständige Grundlage; die reflektirte Einheit dagegen, das Ganze
ist nur äußerliche Beziehung.

2. Dieß Verhältniß enthält somit die Selbstständigkeit der Seiten, und
ebenso sehr ihr Aufgehobenseyn, und beides schlechthin in Einer
Beziehung. Das Ganze ist das Selbstständige, die Theile sind nur
Momente dieser Einheit; aber ebenso sehr sind sie auch das
Selbstständige, und ihre reflektirte Einheit nur ein Moment; und jedes
ist in seiner Selbstständigkeit schlechthin das Relative eines Andern.
Dieß Verhältniß ist daher der unmittelbare Widerspruch an ihm selbst,
und hebt sich auf.

Dieß näher betrachtet, so ist das Ganze die reflektirte Einheit, welche
selbstständiges Bestehen für sich hat; aber dieß ihr Bestehen ist
ebenso sehr von ihr abgestoßen; das Ganze ist als die negative Einheit,
negative Beziehung auf sich selbst; so ist sie sich entäußert; sie hat
ihr Bestehen an ihrem Entgegengesetzten, der mannigfaltigen
Unmittelbarkeit, den Theilen. Das Ganze besteht daher aus den Theilen;
so daß es nicht etwas ist ohne sie. Es ist also das ganze Verhältniß
und die selbstständige Totalität; aber gerade aus demselben Grunde ist
es nur ein Relatives, denn was es zur Totalität macht, ist vielmehr
sein Anderes, die Theile; und es hat nicht an sich selbst, sondern an
seinem Andern sein Bestehen.

So sind die Theile gleichfalls das ganze Verhältniß. Sie sind die
unmittelbare Selbstständigkeit gegen die reflektirte, und bestehen
nicht im Ganzen, sondern sind für sich. Sie haben ferner dieß Ganze als
ihr Moment an ihnen; es macht ihre Beziehung aus; ohne Ganzes giebt es
keine Theile. Aber weil sie das Selbstständige sind, so ist diese
Beziehung nur ein äußerliches Moment, gegen welches sie an und für sich
gleichgültig sind. Zugleich aber fallen die Theile als mannigfaltige
Existenz in sich selbst zusammen, denn diese ist das reflexionslose
Seyn; sie haben ihre Selbstständigkeit nur in der reflektirten Einheit,
welche sowohl diese Einheit als auch die existirende Mannigfaltigkeit
ist; das heißt, sie haben Selbstständigkeit nur im Ganzen, das aber
zugleich die den Theilen andere Selbstständigkeit ist.

Das Ganze und die Theile bedingen sich daher gegenseitig; aber das hier
betrachtete Verhältniß, steht zugleich höher, als die Beziehung des
Bedingten und der Bedingung auf einander, wie sie sich oben bestimmt
hatte. Diese Beziehung ist hier realisirt; nämlich es ist gesetzt, daß
die Bedingung so die wesentliche Selbstständigkeit des Bedingten ist,
daß sie durch dieses vorausgesetzt wird. Die Bedingung als solche ist
nur das Unmittelbare, und nur an sich vorausgesetzt. Das Ganze aber ist
die Bedingung zwar der Theile, aber es enthält zugleich unmittelbar
selbst, daß auch es nur ist, insofern es die Theile zur Voraussetzung
hat. Indem so beide Seiten des Verhältnisses gesetzt sind als sich
gegenseitig bedingend, ist jede eine unmittelbare Selbstständigkeit an
ihr selbst, aber ihre Selbstständigkeit ist ebenso sehr vermittelt oder
gesetzt durch die andere. Das ganze Verhältniß ist durch diese
Gegenseitigkeit die Rückkehr des Bedingens in sich selbst, das nicht
Relative, das Unbedingte.

Indem nun die Seiten des Verhältnisses jede nicht in ihr selbst ihre
Selbstständigkeit, sondern in ihrer andern hat, so ist nur Eine
Identität beider vorhanden, in welcher beide nur Momente sind; aber
indem jede an ihr selbst selbstständig ist, so sind sie zwei
selbstständige Existenzen, die gegen einander gleichgültig sind.

Nach der ersten Rüksicht, der wesentlichen Identität dieser Seiten, ist
das Ganze den Theilen und die Theile dem Ganzen gleich. Es ist nichts
im Ganzen, was nicht in den Theilen, und nichts in den Theilen, was
nicht im Ganzen ist. Das Ganze ist nicht abstrakte Einheit, sondern die
Einheit als einer verschiedenen Mannigfaltigkeit; diese Einheit aber
als das, worin das Mannigfaltige sich auf einander bezieht, ist die
Bestimmtheit desselben, wodurch es Theil ist. Das Verhältniß hat also
eine untrennbare Identität, und mir Eine Selbstständigkeit.

Aber ferner ist das Ganze den Theilen gleich; allein nicht denselben
als Theilen; das Ganze ist die reflektirte Einheit, die Theile aber
machen das bestimmte Moment oder das Andersseyn der Einheit aus, und
sind das verschiedene Mannigfaltige. Das Ganze ist ihnen nicht gleich
als diesem selbstständigen Verschiedenen, sondern als ihnen zusammen.
Dieß ihr Zusammen aber ist nichts Anderes, als ihre Einheit, das Ganze
als solches. Das Ganze ist also in den Theilen nur sich selbst gleich,
und die Gleichheit desselben und der Theile drückt nur die Tautologie
aus, daß das Ganze als Ganzes nicht den Theilen, sondern dem Ganzen
gleich ist.

Umgekehrt sind die Theile dem Ganzen gleich; aber weil sie das Moment
des Andersseyns an ihnen selbst sind, so sind sie ihm nicht gleich als
der Einheit, sondern so daß eine seiner mannigfaltigen Bestimmungen auf
den Theil kommt, oder daß sie ihm als Mannigfaltigem gleich sind; das
heißt, sie sind ihm als getheiltem Ganzen d. i. als den Theilen gleich.
Es ist hiermit dieselbe Tautologie vorhanden, daß die Theile als
Theile, nicht dem Ganzen als solchem, sondern in ihm sich selbst, den
Theilen, gleich sind.

Das Ganze und die Theile fallen auf diese Weise gleichgültig aus
einander; jede dieser Seiten bezieht sich nur auf sich. Aber so aus
einander gehalten zerstören sie sich selbst. Das Ganze, das
gleichgültig ist gegen die Theile, ist die abstrakte, in sich nicht
unterschiedene Identität; diese ist Ganzes nur als in sich selbst
unterschieden, und zwar so in sich unterschieden, daß diese
mannigfaltigen Bestimmungen in sich reflektirt sind und unmittelbare
Selbstständigkeit haben. Und die Reflexionsidentität hat sich durch
ihre Bewegung gezeigt, diese Reflexion in ihr Anderes zu ihrer Wahrheit
zu haben.—Ebenso sind die Theile als gleichgültig gegen die Einheit des
Ganzen, nur das unbezogene Mannigfaltige, das in sich Andere, welches
als solches das Andere seiner selbst und sich nur Aufhebende ist.—Diese
Beziehung-auf-sich jeder der beiden Seiten, ist ihre Selbstständigkeit;
aber diese ihre Selbstständigkeit, die jede für sich hat, ist vielmehr
die Negation ihrer selbst. Jede hat daher ihre Selbstständigkeit nicht
an ihr selbst, sondern an der andern; diese andere, die das Bestehen
ausmacht, ist ihr vorausgesetztes Unmittelbare, das Erstes und ihr
Anfang seyn soll; aber dieses Erste einer jeder ist selbst nur ein
solches, das nicht Erstes ist, sondern an dem andern seinen Anfang hat.

Die Wahrheit des Verhältnisses besteht also in der Vermittelung; sein
Wesen ist die negative Einheit, in welcher ebenso wohl die reflektirte
als die seyende Unmittelbarkeit aufgehoben sind. Das Verhältniß ist der
Widerspruch, der in seinen Grund zurückgeht, in die Einheit, welche als
rückkehrend die reflektirte Einheit ist, aber indem diese ebenso sehr
sich als aufgehobene gesetzt hat, bezieht sie sich negativ auf sich
selbst, hebt sich auf, und macht sich zur seyenden Unmittelbarkeit.
Aber diese ihre negative Beziehung, insofern sie ein Erstes und
Unmittelbares ist, ist nur vermittelt durch ihr Anderes, und ebenso
sehr ein Gesetztes. Dieß Andere, die seyende Unmittelbarkeit, ist
ebenso sehr nur als aufgehobene; ihre Selbstständigkeit ist ein Erstes,
aber nur um zu verschwinden, und hat ein Daseyn, das gesetzt und
vermittelt ist.

In dieser Bestimmung ist das Verhältniß nicht mehr das des Ganzen und
der Theile; die Unmittelbarkeit, welche seine Seiten hatten, ist in
Gesetztseyn und Vermittelung übergegangen; es ist jede gesetzt,
insofern sie unmittelbar ist, als sich aufhebend, und in die andere
übergehend; und insofern sie selbst negative Beziehung ist, zugleich
durch die andere als durch ihr Positives bedingt zu seyn; wie auch ihr
unmittelbares Übergehen ebenso sehr ein Vermitteltes ist, ein Aufheben
nämlich, das durch die andere gesetzt wird.—So ist das Verhältniß des
Ganzen und der Theile in das Verhältniß der Kraft und ihrer Äußerung
übergegangen.

Anmerkung.

Es ist oben (1ster Th. 1ste Abth. S. 216) die Antinomie der unendlichen
Theilbarkeit der Materie, beim Begriffe der Quantität betrachtet
worden. Die Quantität ist die Einheit der Kontinuität und der
Diskretion; sie enthält im selbstständigen Eins sein
Zusammengeflossenseyn mit andern, und in dieser sich ohne Unterbrechung
fortsetzenden Identität mit sich ebenso die Negation derselben. Indem
die unmittelbare Beziehung dieser Momente der Quantität, als das
wesentliche Verhältniß des Ganzen und der Theile, das Eins der
Quantität als Theil, die Kontinuität desselben aber als Ganzes, das
zusammengesetzt ist aus Theilen, ausgedrückt wird, so besteht die
Antinomie in dem Widerspruche, der am Verhältnisse des Ganzen und der
Theile, vorgekommen und aufgelöst worden ist.—Ganzes und Theile sind
nämlich ebenso wesentlich auf einander bezogen und machen nur Eine
Identität aus, als sie gleichgültig gegen einander sind und
selbstständiges Bestehen haben. Das Verhältniß ist daher diese
Antinomie, daß das Eine Moment, darin, daß es sich vom andern befreit,
unmittelbar das andere herbeiführt.

Das Existirende also als Ganzes bestimmt, so hat es Theile, und die
Theile machen sein Bestehen aus; die Einheit des Ganzen ist nur eine
gesetzte Beziehung, eine äußere Zusammensetzung, welche das
selbstständig Existirende nichts angeht. Insofern dieses nun Theil ist,
so ist es nicht Ganzes, nicht Zusammengesetztes, somit Einfaches. Aber
indem ihm die Beziehung auf ein Ganzes äußerlich ist, so geht sie
dasselbe nichts an; das Selbstständige ist somit auch nicht an sich
Theil; denn Theil ist es nur durch jene Beziehung. Aber indem es nun
nicht Theil ist, so ist es Ganzes, denn es ist nur dieß Verhältniß von
Ganzem und von Theilen vorhanden; und das Selbstständige ist eins von
beiden. Indem es aber Ganzes ist, so ist es wieder zusammengesetzt; es
besteht wieder aus Theilen und so fort ins Unendliche.—Diese
Unendlichkeit besteht in nichts anderem als in der perennirenden
Abwechslung der beiden Bestimmungen des Verhältnisses, in deren jeder
die andere unmittelbar entsteht, so daß das Gesetztseyn jeder das
Verschwinden ihrer selbst ist. Die Materie als Ganzes bestimmt, so
besteht sie aus Theilen und an diesen wird das Ganze zur unwesentlichen
Beziehung und verschwindet. Der Theil aber so für sich, ist er auch
nicht Theil, sondern das Ganze.—Die Antinomie dieses Schlusses ganz
nahe zusammengerückt, ist eigentlich diese: Weil das Ganze nicht das
Selbstständige ist, ist der Theil das Selbstständige; aber weil er nur
ohne das Ganze selbstständig ist, so ist er selbstständig, nicht als
Theil, sondern vielmehr als Ganzes. Die Unendlichkeit des Progresses,
der entsteht, ist die Unfähigkeit, die beiden Gedanken zusammen zu
bringen, welche diese Vermittelung enthält, daß nämlich jede der beiden
Bestimmungen durch ihre Selbstständigkeit und Trennung von der andern,
in Unselbstständigkeit und in die andre übergeht.

B. Das Verhältniß der Kraft und ihrer Äußerung.

Die Kraft ist die negative Einheit, in welche sich der Widerspruch des
Ganzen und der Theile aufgelöst hat, die Wahrheit jenes ersten
Verhältnisses. Das Ganze und die Theile ist das gedankenlose
Verhältniß, auf welches die Vorstellung zunächst verfällt; oder
objektiv ist es das todte, mechanische Aggregat, das zwar
Formbestimmungen hat, wodurch die Mannigfaltigkeit seiner
selbstständigen Materie in einer Einheit bezogen wird, welche aber
derselben äußerlich ist.—Das Verhältniß der Kraft aber ist die höhere
Rückkehr in sich, worin die Einheit des Ganzen, welche die Beziehung
des selbstständigen Andersseyns ausmachte, aufhört, dieser
Mannigfaltigkeit ein Äußerliches und Gleichgültiges zu seyn.

Wie sich das wesentliche Verhältniß nunmehr bestimmt hat, sind die
unmittelbare und die reflektirte Selbstständigkeit in derselben als
aufgehobene oder als Momente gesetzt, die im vorhergehenden
Verhältnisse für sich bestehende Seiten oder Extreme waren. Es ist
darin enthalten erstens, daß die reflektirte Einheit, und ihr
unmittelbares Daseyn, insofern beide erste und unmittelbare sind, sich
an sich selbst aufheben und in ihr Anderes übergehen; jene, die Kraft,
geht in ihre Äußerung, über, und das Äußerliche ist ein
Verschwindendes, das in die Kraft, als in ihren Grund zurückgeht, und
nur ist, als von derselben getragen und gesetzt. Zweitens ist dieß
Übergehen nicht nur ein Werden und Verschwinden, sondern es ist
negative Beziehung auf sich, oder das seine Bestimmung Ändernde ist
darin zugleich in sich reflektirt und erhält sich; die Bewegung der
Kraft ist nicht so sehr ein Übergehen, als daß sie sich selbst über
setzt, und in dieser durch sie selbst gesetzten Veränderung bleibt, was
sie ist.—Drittens ist diese reflektirte, sich auf sich beziehende
Einheit selbst auch aufgehoben und Moment; sie ist vermittelt durch ihr
Anderes, und hat dasselbe zur Bedingung; ihre negative Beziehung auf
sich, die Erstes ist und die Bewegung ihres Übergehens aus sich
anfängt, hat ebenso sehr eine Voraussetzung, von der sie sollicitirt
wird, und ein Anderes, von dem sie anfängt.

a. Das Bedingtseyn der Kraft.

In ihren näheren Bestimmungen betrachtet, hat erstens die Kraft das
Moment der seyenden Unmittelbarkeit an ihr; sie selbst ist dagegen
bestimmt als die negative Einheit. Aber diese in der Bestimmung des
unmittelbaren Seyns ist ein existirendes Etwas. Dieß Etwas erscheint,
weil es die negative Einheit als Unmittelbares ist, als das Erste, die
Kraft dagegen, weil sie das reflektirte ist, als das Gesetztseyn, und
insofern als angehörig dem existirenden Dinge oder einer Materie. Nicht
daß sie die Form dieses Dings und das Ding durch sie bestimmt wäre;
sondern das Ding ist als Unmittelbares gleichgültig gegen sie. —Es
liegt in ihm nach dieser Bestimmung kein Grund, eine Kraft zu haben;
die Kraft hingegen als die Seite des Gesetztseyns hat wesentlich das
Ding zu seiner Voraussetzung. Wenn daher gefragt wird, wie das Ding
oder die Materie dazu komme, eine Kraft zu haben, so erscheint diese
als äußerlich damit verbunden und dem Dinge durch eine fremde Gewalt
eingedrückt.

Als dieß unmittelbare Bestehen ist die Kraft eine ruhige Bestimmtheit
des Dings überhaupt; nicht ein sich Äußerndes, sondern unmittelbar ein
äußerliches. So wird die Kraft auch als Materie bezeichnet, und statt
magnetischer, elektrischer u.s.f. Kraft, eine magnetische, elektrische
u.s.f. Materie angenommen; oder statt der berühmten anziehenden Kraft
ein feiner Äther, der alles zusammenhalte.—Es sind die Materien, in
welche sich die unthätige, kraftlose negative Einheit des Dings
auflöst, und die oben betrachtet wurden.

Aber die Kraft enthält die unmittelbare Existenz, als Moment, als ein
solches das zwar Bedingung ist, aber übergeht und sich aufhebt; also
nicht als ein existirendes Ding. Sie ist ferner nicht die Negation als
Bestimmtheit, sondern negative, sich in sich reflektirende Einheit. Das
Ding, an dem die Kraft seyn sollte, hat somit hier keine Bedeutung
mehr; sie selbst ist vielmehr Setzen der Äußerlichkeit, welche als
Existenz erscheint. Sie ist also auch nicht bloß eine bestimmte
Materie; solche Selbstständigkeit ist längst in das Gesetztseyn und in
die Erscheinung übergegangen.

Zweitens, die Kraft ist die Einheit des reflektirten und des
unmittelbaren Bestehens, oder der Formeinheit und der äußerlichen
Selbstständigkeit. Sie ist beides in Einem; sie ist die Berührung
solcher, deren das Eine ist, insofern das Andere nicht ist; die mit
sich identische positive, und die negirte Reflexion. Die Kraft ist so
der sich von sich selbst abstoßende Widerspruch; sie ist thätig; oder
sie ist die sich auf sich beziehende negative Einheit, in welcher die
reflektirte Unmittelbarkeit oder das wesentliche Insichseyn gesetzt
ist, nur als Aufgehobenes oder Moment zu seyn, somit insofern sie sich
von der unmittelbaren Existenz unterscheidet, in diese überzugehen. Die
Kraft also als die Bestimmung der reflektirten Einheit des Ganzen ist
gesetzt, als zur existirenden äußerlichen Mannigfaltigkeit aus sich
selbst zu werden.

Aber drittens ist die Kraft nur erst ansichseyende und unmittelbare
Thätigkeit; sie ist die reflektirte Einheit, und ebenso wesentlich die
Negation derselben; indem sie von dieser verschieden, aber nur als die
Identität ihrer selbst und ihrer Negation ist, so ist sie auf diese,
als eine ihr äußerliche Unmittelbarkeit wesentlich bezogen und hat
dieselbe zur Voraussetzung und Bedingung.

Diese Voraussetzung nun ist nicht ein ihr gegenüber sich befindliches
Ding; diese gleichgültige Selbstständigkeit ist in der Kraft
aufgehoben; als ihre Bedingung ist es ein ihr anderes Selbstständiges.
Weil es aber nicht Ding ist, sondern die selbstständige Unmittelbarkeit
hier sich zugleich als sich auf sich selbst beziehende negative Einheit
bestimmt hat, so ist es selbst Kraft. —Die Thätigkeit der Kraft ist
durch sich selbst als durch das sich Andere, durch eine Kraft bedingt.

Die Kraft ist auf diese Weise Verhältniß, in welchem jede Seite
dasselbe ist als die andere. Es sind Kräfte, die im Verhältnisse
stehen, und zwar wesentlich sich auf einander beziehen.—Sie sind ferner
zunächst nur verschiedene überhaupt; die Einheit ihres Verhältnisses
ist nur erst die innre an sich seyende Einheit. Das Bedingtseyn durch
eine andere Kraft ist so an sich das Thun der Kraft selbst; oder sie
ist insofern erst voraus setzendes, sich nur negativ auf sich
beziehendes Thun; diese andere Kraft liegt noch jenseits ihrer
setzenden Thätigkeit, nämlich der in ihrem Bestimmen unmittelbar in
sich zurückkehrenden Reflexion.

b. Die Sollicitation der Kraft.

Die Kraft ist bedingt, weil das Moment der unmittdbaren Existenz, das
sie enthält, nur als ein Gesetztes,—aber weil es zugleich Unmittelbares
ist, ein Vorausgesetztes ist, in welchem die Kraft sich selbst negirt.
Die für die Kraft vorhandene Äußerlichkeit ist daher ihre eigene
voraussetzende Thätigkeit selbst, welche zunächst als eine andere Kraft
gesetzt ist.

Dieses Voraussetzen ist ferner gegenseitig. Jede der beiden Kräfte
enthält die in sich reflektirte Einheit als aufgehoben, und ist daher
voraussetzend; sie setzt sich selbst als äußerlich; dieß Moment der
Äußerlichkeit ist ihr eigenes; aber weil sie ebenso sehr in sich
reflektirte Einheit ist, setzt sie zugleich diese ihre Äußerlichkeit
nicht in ihr selbst, sondern als eine andre Kraft.

Aber das Äußerliche als solches ist das sich selbst aufhebende; ferner
die sich in sich reflektirende Thätigkeit ist wesentlich bezogen auf
jenes Äußerliche als auf das ihr Andre, aber ebenso sehr als auf ein an
sich Nichtiges und mit ihr Identisches. Da die voraussetzende
Thätigkeit ebenso sehr Reflexion in sich ist, ist sie das Aufheben
jener ihrer Negation, und setzt dieselbe als sich selbst oder als ihr
Äußerliches. So ist die Kraft als bedingend, gegenseitig ein Anstoß für
die andre Kraft, gegen den sie thätig ist. Ihr Verhalten ist nicht die
Passivität des Bestimmtwerdens, so daß dadurch etwas Anderes in sie
käme; sondern der Anstoß sollicitirt sie nur. Sie ist an ihr selbst die
Negativität ihrer, das Abstoßen ihrer von sich ist ihr eigenes Setzen.
Ihr Thun besteht also darin, dieß aufzuheben, daß jener Anstoß ein
Äußerliches sey; sie macht es zu einem bloßen Anstoß und setzt es als
das eigne Abstoßen ihrer selbst von sich, als ihre eigene Äußerung.

Die sich äußernde Kraft ist also dasselbe, was zuerst nur die
voraussetzende Thätigkeit war; nämlich sich äußerlich machend; aber die
Kraft als sich äußernd ist zugleich die Äußerlichkeit negirende und sie
als das ihrige setzende Thätigkeit. Insofern nun in dieser Betrachtung
von der Kraft angefangen wird, als sie die negative Einheit ihrer
selbst und damit voraussetzende Reflexion ist, so ist es dasselbe, als
wenn in der Äußerung der Kraft vom sollicitirenden Anstosse angefangen
wird. Die Kraft ist so in ihrem Begriffe zuerst bestimmt als sich
aufhebende Identität, und in ihrer Realität, die eine der beiden Kräfte
als sollicitirend und die andere als sollicitirt werdend. Aber der
Begriff der Kraft ist überhaupt die Identität der setzenden und
voraussetzenden Reflexion oder der reflektirten und der unmittelbaren
Einheit, und jede dieser Bestimmungen schlechthin nur Moment, in
Einheit, und somit als vermittelt durch die andere. Aber ebenso ist
keine Bestimmung an den beiden in Wechselbeziehung stehenden Kräften
vorhanden, welche die sollicitirende oder die sollicitirt werdende sey,
oder vielmehr jeder kommen auf gleiche Weise beide Formbestimmungen zu.
Aber diese Identität ist nicht nur eine äußerliche der Vergleichung,
sondern eine wesentliche Einheit derselben.

Die eine Kraft nämlich ist zunächst bestimmt als sollicitirende, und
die andere als sollicitirt-werdende; diese Formbestimmungen erscheinen
auf diese Weise als unmittelbare, an sich vorhandene Unterschiede der
beiden Kräfte. Aber sie sind wesentlich vermittelt. Die eine Kraft wird
sollicitirt; dieser Anstoß ist eine in sie von außen gesetzte
Bestimmung. Aber die Kraft ist selbst das Voraussetzende; sie ist
wesentlich sich in sich reflektirend und es aufhebend, daß der Anstoß
ein Äußerliches sey. Daß sie sollicitirt wird, ist daher ihr eigenes
Thun, oder es ist durch sie selbst bestimmt, daß die andere Kraft eine
andere überhaupt und die sollicitirende ist. Die sollicitirende bezieht
sich auf ihre andere negativ, so daß sie die Äußerlichkeit derselben
aufhebt, sie ist insofern setzend; aber sie ist dieß nur durch die
Voraussetzung, sich eine andere gegenüber zu haben; das ist, sie ist
sollicitirend selbst nur, insofern sie eine Äußerlichkeit an ihr hat,
somit insofern sie sollicitirt wird. Oder sie ist sollicitirend nur
insofern als sie dazu sollicitirt wird, sollicitirend zu seyn. Somit
wird umgekehrt die erste sollicitirt, nur insofern als sie selbst die
andere dazu sollicitirt, sie, nämlich die erstere zu sollicitiren. Jede
von beiden erhält also den Anstoß von der anderen; aber der Aiistoß,
den sie als thätige gibt, besteht darin, daß sie von der anderen einen
Anstoß erhalte; der Anstoß, den sie erhält, ist von ihr selbst
sollicitirt. Beides, der gegebene und der empfangene Anstoß, oder die
thätige Äußerung und die passive Äußerlichkeit ist daher nicht ein
Unmittelbares, sondern vermittelt, und zwar ist jede der beiden Kräfte
hiermit selbst die Bestimmtheit, welche die andere gegen sie hat, ist
vermittelt durch die andere, und dieß vermittelnde Andere ist wieder
ihr eigenes bestimmendes Setzen.

So ist also dieß, daß auf die Kraft ein Anstoß durch eine andere Kraft
geschieht, daß sie sich insofern passiv verhält, aber hinwieder von
dieser Passivität in die Aktivität übergeht,—der Rükgang der Kraft in
sie selbst. Sie äussert sich. Die Äußerung ist Reaktion in dem Sinne,
daß sie die Äußerlichkeit als ihr eigenes Moment setzt, und somit es
aufhebt, daß sie durch eine andere Kraft sollicitirt worden sey. Beides
ist daher eines, die Äußerung der Kraft, wodurch sie sich durch ihre
negative Thätigkeit auf sich selbst ein Daseyn-für-Anderes giebt, und
die unendliche Rückkehr in dieser Äußerlichkeit auf sich selbst, so daß
sie darin sich nur auf sich bezieht. Die voraussetzende Reflexion,
welcher das Bedingtseyn und der Anstoß angehört, ist daher unmittelbar
auch die in sich zurückkehrende Reflexion, und die Thätigkeit ist
wesentlich reagirende, gegen sich. Das Setzen des Anstoßes oder
Äußerlichen ist selbst das Aufheben desselben, und umgekehrt ist das
Aufheben des Anstoßes das Setzen der Äußerlichkeit.

c. Die Unendlichkeit der Kraft.

Die Kraft ist endlich, insofern ihre Momente noch die Form der
Unmittelbarkeit haben; ihre voraussetzende und ihre sich auf sich
beziehende Reflexion sind in dieser Bestimmung unterschieden; jene
erscheint als eine für sich bestehende äußerliche Kraft, und die andere
in der Beziehung auf sie als passiv. Die Kraft ist so der Form nach
bedingt, und dem Inhalte nach gleichfalls beschränkt; denn eine
Bestimmtheit der Form nach enthält auch eine Beschränkung des Inhalts.
Aber die Thätigkeit der Kraft besteht darin sich zu äußern; das heißt,
wie sich ergeben hat, die Äußerlichkeit aufzuheben und sie als das zu
bestimmen, worin sie identisch mit sich ist. Was also die Kraft in
Wahrheit äußert, ist dieß, daß ihre Beziehung auf Anderes ihre
Beziehung auf sich selbst ist, daß ihre Passivität in ihrer Aktivität
selbst besteht. Der Anstoß, wodurch sie zur Thätigkeit sollicitirt
wird, ist ihr eigenes Sollicitiren; die Äußerlichkeit, welche an sie
kommt, ist kein Unmittelbares, sondern ein durch sie Vermitteltes; so
wie ihre eigene wesentliche Identität mit sich, nicht unmittelbar,
sondern durch ihre Negation vermittelt ist; oder die Kraft äußert dieß,
daß ihre Äußerlichkeit identisch ist mit ihrer Innerlichkeit.

C. Verhältniß des Äußern und Innern.

1. Das Verhältniß des Ganzen und der Theile ist das unmittelbare; die
reflektirte und die seyende Unmittelbarkeit haben daher in ihm jede
eine eigene Selbstständigkeit; aber indem sie im wesentlichen
Verhältnisse stehen, so ist ihre Selbstständigkeit nur ihre negative
Einheit. Dieß ist nun in der Äußerung der Kraft gesetzt; die
reflektirte Einheit ist wesentlich das Anderswerden, als Übersetzen
ihrer selbst in die Äußerlichkeit; aber diese ist ebenso unmittelbar in
jene zurückgenommen; der Unterschied der selbstständigen Kräfte hebt
sich auf; die Äußerung der Kraft ist nur eine Vermittelung der
reflektirten Einheit mit sich selbst. Es ist nur ein leerer
durchsichtiger Unterschied, der Schein, vorhanden, aber dieser Schein
ist die Vermittelung, welche das selbstständige Bestehen selbst ist. Es
sind nicht nur entgegengesetzte Bestimmungen, die sich an ihnen selbst
aufheben, und ihre Bewegung nicht nur ein Übergehen, sondern Theils ist
die Unmittelbarkeit, von der angefangen und ins Andersseyn übergegangen
wurde, selbst nur als gesetzte, Theils ist dadurch jede der
Bestimmungen in ihrer Unmittelbarkeit schon die Einheit mit ihrer
andern und das Übergehen dadurch schlechthin ebenso sehr die sich
setzende Rückkehr in sich.

Das Innere ist als die Form der reflektirten Unmittelbarkeit oder des
Wesens, gegen das Äußere als die Form des Seyns bestimmt, aber beide
sind nur Eine Identität.—Diese Identität ist erstens die gediegene
Einheit beider als inhaltsvolle Grundlage, oder die absolute Sache, an
der die beiden Bestimmungen gleichgültige, äußerliche Momente sind.
Insofern ist sie Inhalt und die Totalität, welche das Innere ist, das
ebenso sehr äußerlich wird, aber darin nicht ein Gewordenes oder
Übergegangenes, sondern sich selbst gleich ist. Das Äußere ist nach
dieser Bestimmung dem Innern, dem Inhalte nach nicht nur gleich,
sondern beide sind nur Eine Sache.—Aber diese Sache als einfache
Identität mit sich ist verschieden von ihren Formbestimmungen, oder
diese sind ihr äußerlich; sie ist insofern selbst ein Inneres, das von
ihrer Äußerlichkeit verschieden ist. Diese Äußerlichkeit aber besteht
darin, daß die beiden Bestimmungen selbst, nämlich das Innere und
Äußere, sie ausmachen. Aber die Sache ist selbst nichts Anderes, als
die Einheit beider. Somit sind beide Seiten dem Inhalte nach wieder
dasselbe. Aber in der Sache sind sie als sich durchdringende Identität,
als inhaltsvolle Grundlage. Aber in der Äußerlichkeit, als Formen der
Sache, sind sie gegen jene Identität und somit beide gegen einander
gleichgültig.

2. Sie sind auf diese Weise die verschiedenen Formbestimmungen, welche
nicht an ihnen selbst, sondern an einem Andern eine identische
Grundlage haben; Reflexions-Bestimmungen, die für sich sind; das Innere
als die Form der Reflexion-in-sich, der Wesentlichkeit; das Äußere aber
als die Form der in Anderes reflektirten Unmittelbarkeit, oder der
Unwesentlichkeit. Allein die Natur des Verhältnisses hat gezeigt, daß
diese Bestimmungen schlechthin nur eine Identität ausmachen. Die Kraft
ist in ihrer Äußerung dieß, daß das voraussetzende und das in sich
zurückkehrende Bestimmen eines und dasselbe ist. Insofern daher Inneres
und Äußeres als Formbestimmungen betrachtet worden, so sind sie
erstlich nur die einfache Form selbst, und zweitens weil sie darin
zugleich als entgegengesetzte bestimmt sind, so ist ihre Einheit die
reine abstrakte Vermittelung, in welcher die eine unmittelbar die
andere, und darum die andere ist, weil sie die eine ist. So ist das
Innere unmittelbar nur das Äußere, und es ist darum die Bestimmtheit
der Äußerlichkeit, weil es das Innere ist; umgekehrt das Äußere ist nur
ein Inneres, weil es nur ein Äußeres ist.—Indem nämlich diese
Formeinheit ihre beiden Bestimmungen als entgegengesetzte enthält, ist
ihre Identität nur dieß Übergehen; und darin nur die andere von beiden,
nicht ihre inhaltsvolle Identität. Oder dieß Festhalten der Form ist
überhaupt die Seite der Bestimmtheit. Was nach derselben gesetzt ist,
ist nicht die reale Totalität des Ganzen, sondern die Totalität oder
die Sache selbst nur in der Bestimmtheit der Form; weil diese die
schlechthin zusammengebundene Einheit beider entgegengesetzter
Bestimmungen ist, so ist, indem die eine zuerst genommen wird, und es
ist gleichgültig, welche es sey, von der Grundlage oder Sache zu sagen,
daß sie darum ebenso wesentlich in der andern Bestimmtheit, aber
gleichfalls nur in der andern ist; so wie zuerst gesagt wurde, daß sie
nur in der erstern ist.-So ist Etwas, das nur erst ein Inneres ist,
eben darum nur ein Äußeres. Oder umgekehrt, etwas das nur ein Äußeres
ist, ist eben darum nur ein Inneres. Oder indem das Innere als Wesen,
das Äußere aber als Seyn bestimmt ist, so ist eine Sache, insofern sie
nur in ihrem Wesen ist, eben darum nur ein unmittelbares Seyn; oder
eine Sache, welche nur ist, ist eben darum nur erst noch in ihrem
Wesen.—Das Äußere und Innere sind die Bestimmtheit so gesetzt, daß jede
dieser beiden Bestimmungen, nicht nur die andere voraussetzt und in sie
als in ihre Wahrheit übergeht, sondern daß sie, insofern sie diese
Wahrheit der andern ist, als Bestimmtheit gesetzt bleibt, und auf die
Totalität beider hinweist.—Das Innere ist somit die Vollendung des
Wesens der Form nach. Das Wesen, indem es nämlich als Inneres bestimmt
ist, enthält es, daß es mangelhaft und nur ist, als Beziehung auf sein
Anderes, das Äußere; aber dieses ist ebenso nicht nur Seyn oder auch
Existenz, sondern als auf das Wesen oder das Innere sich beziehend.
Aber es ist nicht nur die Beziehung beider auf einander, sondern die
bestimmte der absoluten Form, daß jedes unmittelbar sein Gegentheil
ist, und ihre gemeinschaftliche Beziehung auf ihr Drittes oder vielmehr
auf ihre Einheit vorhanden. Ihre Vermittelung entbehrt aber noch dieser
sie beide enthaltenden identischen Grundlage; ihre Beziehung ist
deswegen die unmittelbare Umkehrung des Einen in das Andere; und diese
negative Einheit, die sie zusammenknüpft, ist der einfache, inhaltslose
Punkt.

Anmerkung.

Die Bewegung des Wesens ist überhaupt das Werden zum Begriffe. In dem
Verhältnisse des Innern und Äußern tritt das wesentliche Moment
desselben hervor, daß nämlich seine Bestimmungen gesetzt sind, so in
der negativen Einheit zu seyn, daß jede unmittelbar nicht nur als ihre
andere, sondern auch als die Totalität des Ganzen ist. Aber diese
Totalität ist im Begriffe als solchem das Allgemeine;—eine Grundlage,
die im Verhältniß des Innern und Äußern noch nicht vorhanden ist.—In
der negativen Identität des Innern und Äußern, welche die unmittelbare
Umkehrung der einen dieser Bestimmungen in die andere ist, fehlt auch
diejenige Grundlage, welche vorhin die Sache genannt wurde.-Die
unvermittelte Identität der Form, wie sie hier noch ohne die
inhaltsvolle Bewegung der Sache selbst gesetzt ist, ist sehr wichtig
bemerkt zu werden. Sie kommt in der Sache vor, wie diese in ihrem
Anfange ist. So ist das reine Seyn unmittelbar das Nichts. Überhaupt
ist alles Reale in seinem Anfange eine solche nur unmittelbare
Identität; denn in seinem Anfange hat es die Momente noch nicht
entgegengesetzt und entwickelt, einer Seits aus der Äußerlichkeit sich
noch nicht erinnert, anderer Seits sich aus der Innerlichkeit durch
seine Thätigkeit noch nicht entäußert und hervorgebracht; es ist daher
nur das Innere als Bestimmtheit gegen das Äußere, und nur das Äußere
als Bestimmtheit gegen das Innere. Somit ist es Theils nur ein
unmittelbares Seyn; Theils insofern es ebenso sehr die Negativität ist,
welche die Thätigkeit der Entwicklung werden soll, ist es als solches
wesentlich erst nur ein Inneres.—In aller natürlichen,
wissenschaftlichen und geistigen Entwicklung überhaupt, bietet sich
dieß dar, und es ist wesentlich dieß zu erkennen, daß das Erste, indem
Etwas nur erst innerlich oder auch in seinem Begriffe ist, eben darum
nur sein unmittelbares, passives Daseyn ist. So—um gleich das nächste
Beispiel zu nehmen, —ist das hier betrachtete wesentliche Verhältniß,
eh es sich durch die Vermittelung, das Verhältniß der Kraft, hindurch
bewegt und realisirt hat, nur das Verhältniß an sich, sein Begriff,
oder erst innerlich. Deswegen aber ist es nur das äußerliche,
unmittelbare Verhältniß; das Verhältniß des Ganzen und der Theile, in
welchem die Seiten ein gleichgültiges Bestehen gegen einander haben.
Ihre Identität ist an ihnen selbst noch nicht; sie ist erst innerlich,
und deswegen fallen sie auseinander, haben ein unmittelbares,
äußerliches Bestehen.—So ist die Sphäre des Seyns überhaupt nur erst
das schlechthin noch Innere, und deswegen ist sie die Sphäre der
seyenden Unmittelbarkeit oder der Äußerlichkeit.—Das Wesen ist nur erst
das Innere; darum wird es auch für eine ganz äußerliche, systemlose
Gemeinschaftlichkeit genommen; man sagt, das Schulwesen, Zeitungswesen,
und versteht darunter ein Gemeinschaftliches, das durch äußeres
Zusammennehmen von existirenden Gegenständen, insofern sie ohne alle
wesentliche Verbindung, ohne Organisation, gemacht ist. —Oder an
konkreten Gegenständen, so ist der Keim der Pflanze, das Kind, nur erst
innere Pflanze, innerlicher Mensch. Aber darum ist die Pflanze oder der
Mensch als Keim ein Unmittelbares, ein Äußeres, das sich noch nicht die
negative Beziehung auf sich selbst gegeben hat, ein Passives, dem
Andersseyn Preisgegebenes.—So ist auch Gott in seinem unmittelbaren
Begriffe nicht Geist; der Geist ist nicht das Unmittelbare, der
Vermittelung entgegengesetzte, sondern vielmehr das seine
Unmittelbarkeit ewig setzende und ewig aus ihr in sich zurückkehrende
Wesen. Unmittelbar ist daher Gott nur die Natur. Oder die Natur ist nur
der innere, nicht als Geist wirkliche und damit nicht der wahrhafte
Gott.—Oder Gott ist im Denken, als erstem Denken, nur das reine Seyn,
oder auch das Wesen, das abstrakte Absolute; nicht aber Gott als
absoluter Geist, als welcher allein die wahrhafte Natur Gottes ist.

3. Die erste der betrachteten Identitäten des Innern und Äußern ist die
gegen den Unterschied dieser Bestimmungen als gegen eine ihr äußere
Form gleichgültige Grundlage, oder sie als Inhalt. Die zweite ist die
unvermittelte Identität ihres Unterschiedes, die unmittelbare Umkehrung
jeder in ihre entgegengesetzte;—oder sie als reine Form. Aber diese
beiden Identitäten sind nur die Seiten Einer Totalität; oder sie selbst
ist nur die Umkehrung der einen in die andre. Die Totalität als
Grundlage und Inhalt ist diese in sich reflektirte Unmittelbarkeit nur
durch die voraussetzende Reflexion der Form, die ihren Unterschied
aufhebt, und sich als gleichgültige Identität, als reflektirte Einheit
gegen ihn setzt. Oder der Inhalt ist die Form selbst, insofern sie sich
als Verschiedenheit bestimmt, und sich selbst zu einer ihrer Seiten,
als Äußerlichkeit, zu der andern aber als in sich reflektirte
Unmittelbarkeit oder zum Innern macht.

Dadurch sind also umgekehrt die Unterschiede der Form, das Innere und
das Äußere, jedes an ihm selbst gesetzt als die Totalität seiner und
seines Andern; das Innere ist als einfache in sich reflektirte
Identität, das Unmittelbare und daher so sehr Seyn und Äußerlichkeit,
als Wesen; und das Äußere ist als das mannigfaltige, bestimmte Seyn,
nur Äußeres d. h. gesetzt als unwesentlich und in seinen Grund
zurückgegangen, somit als Inneres. Dieses Übergehen beider in einander
ist ihre unmittelbare Identität, als Grundlage; aber es ist auch ihre
vermittelte Identität; nämlich jedes ist eben durch sein Anderes, was
es an sich ist, die Totalität des Verhältnisses. Oder umgekehrt die
Bestimmtheit einer jeden Seite ist dadurch, daß sie an ihr die
Totalität ist, mit der andern Bestimmtheit vermittelt; die Totalität
vermittelt sich so durch die Form oder die Bestimmtheit mit sich
selbst, und die Bestimmtheit vermittelt sich durch ihre einfache
Identität mit sich.

Was Etwas ist, das ist es daher ganz in seiner Äußerlichkeit; seine
Äußerlichkeit ist seine Totalität, sie ist ebenso sehr seine in sich
reflektirte Einheit. Seine Erscheinung ist nicht nur die Reflexion in
Anderes, sondern in sich, und seine Äußerlichkeit daher die Äußerung
dessen, was es an sich ist; und indem so sein Inhalt und seine Form
schlechthin identisch sind, so ist es nichts an und für sich als dieß,
sich zu äußern. Es ist das Offenbaren seines Wesens, so daß dieß Wesen
eben nur darin besteht, das sich Offenbarende zu seyn.

Das wesentliche Verhältniß hat sich in dieser Identität der Erscheinung
mit dem Innern oder dem Wesen zur Wirklichkeit bestimmt.



Dritter Abschnitt. Die Wirklichkeit.


Die Wirklichkeit ist die Einheit des Wesens und der Existenz; in ihr
hat das gestaltlose Wesen und die haltlose Erscheinung;—oder das
bestimmungslose Bestehen und die bestandlose Mannigfaltigkeit ihre
Wahrheit. Die Existenz ist zwar die aus dem Grunde hervorgegangene
Unmittelbarkeit, aber sie hat die Form noch nicht an ihr gesetzt; indem
sie sich bestimmt und formirt, ist sie die Erscheinung; und indem sich
dieß nur als Reflexion-in-Anderes bestimmte Bestehen zur
Reflexion-in-sich fortbildet, wird es zu zwei Welten, zwei Totalitäten
des Inhalts, deren die eine als in sich, die andere als in Anderes
reflektirte bestimmt ist. Das wesentliche Verhältniß aber stellt ihre
Formbeziehung dar, deren Vollendung das Verhältniß des Innern und
Äußern ist, daß der Inhalt beider nur Eine identische Grundlage und
ebenso sehr nur Eine Identität der Form ist.—Dadurch daß sich auch
diese Identität in Ansehung der Form ergeben hat, ist die
Formbestimmung ihrer Verschiedenheit aufgehoben und es ist gesetzt, daß
sie Eine absolute Totalität sind.

Diese Einheit des Innern und Äußern ist die absolute Wirklichkeit.
Diese Wirklichkeit aber ist zunächst das Absolute als solches;
—insofern sie als Einheit gesetzt ist, in der sich die Form aufgehoben,
und zu dem leeren oder äußern Unterschiede eines Äußern und Innern
gemacht hat. Die Reflexion verhält sich gegen dieß Absolute als
äußerliche, welche es vielmehr nur betrachtet, als daß sie seine eigene
Bewegung wäre. Indem sie aber wesentlich dieß ist, ist sie als seine
negative Rückkehr in sich. Zweitens die eigentliche Wirklichkeit.
Wirklichkeit, Möglichkeit und Nothwendigkeit machen die formellen
Momente des Absoluten, oder die Reflexion desselben aus.

Drittens die Einheit des Absoluten und seiner Reflexion ist das
absolute Verhältniß, oder vielmehr das Absolute als Verhältniß zu sich
selbst; Substanz.



Erstes Kapitel. Das Absolute.


Die einfache gediegene Identität des Absoluten ist unbestimmt, oder in
ihr hat sich vielmehr alle Bestimmtheit des Wesens und der Existenz,
oder des Seyns überhaupt sowohl als der Reflexion aufgelöst. Insofern
fällt das Bestimmen dessen, was das Absolute sey, negativ aus, und das
Absolute selbst erscheint nur als die Negation aller Prädikate und als
das Leere. Aber indem es ebenso sehr als die Position aller Prädikate
ausgesprochen werden muß, erscheint es als der formellste Widerspruch.
Insofern jenes Negiren und dieses Setzen, der äußern Reflexion
angehört, so ist es eine formelle unsystematische Dialektik, die mit
leichter Mühe die mancherlei Bestimmungen hierher und dorther
aufgreift, und mit ebenso leichter Mühe einer Seits ihre Endlichkeit
und bloße Relativität aufzeigt, als anderer Seits, indem es ihr als die
Totalität vorschwebt, auch das Innwohnen aller Bestimmungen von ihm
ausspricht,—ohne diese Positionen und jene Negationen zu einer
wahrhaften Einheit erheben zu können.—Es soll aber dargestellt werden,
was das Absolute ist; aber dieß Darstellen kann nicht ein Bestimmen
noch äußere Reflexion seyn, wodurch Bestimmungen desselben würden,
sondern es ist die Auslegung und zwar die eigene Auslegung des
Absoluten, und nur ein Zeigen dessen was es ist.

A. Die Auslegung des Absoluten.

Das Absolute ist nicht nur das Seyn, noch auch das Wesen. Jene ist die
erste unreflektirte Unmittelbarkeit, diese die reflektirte; jedes ist
ferner Totalität an ihm selbst; aber eine bestimmte. Am Wesen tritt das
Seyn als Existenz hervor; und die Beziehung von Seyn und Wesen hat sich
bis zum Verhältnisse des Innern und Äußern fortgebildet. Das Innere ist
das Wesen aber als die Totalität, welche wesentlich die Bestimmung hat,
auf das Seyn bezogen und unmittelbar Seyn zu seyn. Das Äußere ist das
Seyn, aber mit der wesentlichen Bestimmung, auf die Reflexion bezogen
unmittelbar ebenso verhältnißlose Identität mit dem Wesen zu seyn. Das
Absolute selbst ist die absolute Einheit beider; es ist dasjenige, was
überhaupt den Grund des wesentlichen Verhältnisses ausmacht, das als
Verhältniß nur noch nicht in diese seine Identität zurückgegangen, und
dessen Grund noch nicht gesetzt ist.

Hieraus ergiebt sich, daß die Bestimmung des Absoluten ist, die
absolute Form zu seyn, aber zugleich nicht als die Identität, deren
Momente nur eInfache Bestimmtheiten sind;—sondern die Identität, deren
Momente jedes an ihm selbst die Totalität, und somit als gleichgültig
gegen die Form, der vollständige Inhalt des Ganzen ist. Aber umgekehrt
ist das Absolute so der absolute Inhalt, daß der Inhalt, der als
solcher gleichgültige Mannigfaltigkeit ist, die negative Formbeziehung
an ihm hat, wodurch seine Mannigfaltigkeit nur Eine gediegene Identität
ist.

Die Identität des Absoluten ist somit dadurch die absolute, daß jeder
seiner Theile selbst das Ganze oder jede Bestimmtheit die Totalität
ist, d. h. daß die Bestimmtheit überhaupt ein schlechthin
durchsichtiger Schein, ein in seinem Gesetztseyn verschwundener
Unterschied geworden ist. Wesen, Existenz, an sich seyende Welt,
Ganzes, Theile, Kraft,—diese reflektirten Bestimmungen erscheinen dem
Vorstellen als an und für sich geltendes, wahres Seyn; das Absolute
aber ist gegen sie der Grund, in dem sie untergegangen sind. —Weil nun
im Absoluten die Form nur die einfache Identität mit sich ist, so
bestimmt sich das Absolute nicht; denn die Bestimmung ist ein
Formunterschied, der zunächst als solcher gilt. Weil es aber zugleich
allen Unterschied und Formbestimmung überhaupt enthält, oder weil es
selbst die absolute Form und Reflexion ist, so muß auch die
Verschiedenheit des Inhalts an ihm hervortreten. Aber das Absolute
selbst ist die absolute Identität; dieß ist seine Bestimmung, indem
alle Mannigfaltigkeit der an sich seyenden und der erscheinenden Welt,
oder der innerlichen und äußerlichen Totalität in ihm aufgehoben ist.
—In ihm selbst ist kein Werden, denn es ist nicht das Seyn, noch ist es
das sich reflektirende Bestimmen; denn es ist nicht das sich nur in
sich bestimmende Wesen; es ist auch nicht ein sich Äußern; denn es ist
als die Identität des Innern und Äußern.—Aber so steht die Bewegung der
Reflexion seiner absoluten Identität gegenüber. Sie ist in dieser
aufgehoben, so ist sie nur deren Inneres, hiermit aber ist sie ihr
äußerlich.—Sie besteht daher zunächst nur darin, ihr Thun im Absoluten
aufzuheben. Sie ist das Jenseits der mannigfaltigen Unterschiede und
Bestimmungen und deren Bewegung, welches dem Absoluten im Rücken liegt;
sie ist daher zwar das Aufnehmen derselben, aber zugleich ihr
Untergehen; so ist sie die negative Auslegung des Absoluten, die vorhin
erwähnt wurde.—In ihrer wahrhaften Darstellung ist diese Auslegung das
bisherige Ganze der logischen Bewegung der Sphäre des Seyns und des
Wesens, deren Inhalt nicht von außen als ein gegebener und zufälliger
aufgerafft, noch durch eine ihm äußere Reflexion in den Abgrund des
Absoluten versenkt worden, sondern sich an ihm durch seine innere
Nothwendigkeit bestimmt und als eignes Werden des Seyns, und als
Reflexion des Wesens in das Absolute als in seinen Grund zurückgegangen
ist.

Diese Auslegung hat aber selbst zugleich eine positive Seite; insofern
nämlich das Endliche darin, daß es zu Grunde geht, diese Natur beweist,
auf das Absolute bezogen zu seyn, oder das Absolute an ihm selbst zu
enthalten. Aber diese Seite ist nicht so sehr die positive Auslegung
des Absoluten selbst, als vielmehr die Auslegung der Bestimmungen, daß
sie nämlich das Absolute zu ihrem Abgrunde, aber auch zu ihrem Grunde
haben, oder daß das, was ihnen, dem Schein, ein Bestehen gibt, das
Absolute selbst ist.—Der Schein ist nicht das Nichts, sondern er ist
Reflexion, Beziehung auf das Absolute; oder er ist Schein, insofern das
Absolute in ihm scheint. Diese positive Auslegung hält so noch das
Endliche vor seinem Verschwinden auf, und betrachtet es als einen
Ausdruck und Abbild des Absoluten. Aber die Durchsichtigkeit des
Endlichen, das nur das Absolute durch sich hindurchblicken läßt, endigt
in gänzliches Verschwinden; denn es ist nichts am Endlichen, was ihm
einen Unterschied gegen das Absolute erhalten könnte; es ist ein
Medium, das von dem, was durch es scheint, absorbirt wird.

Diese positive Auslegung des Absoluten ist daher selbst nur ein
Scheinen; denn das wahrhaft Positive, was sie und der ausgelegte Inhalt
enthält, ist das Absolute selbst. Was für weitere Bestimmungen
vorkommen, die Form, worin das Absolute scheint, ist ein Nichtiges, das
die Auslegung von außen her aufnimmt, und woran sie einen Anfang zu
ihrem Thun gewinnt. Eine solche Bestimmung hat nicht im Absoluten ihren
Anfang, sondern nur ihr Ende. Dieses Auslegen ist daher zwar absolutes
Thun durch seine Beziehung auf das Absolute, in das es zurückgeht, aber
nicht nach seinem Ausgangspunkte, der eine dem Absoluten äußerliche
Bestimmung ist.

In der That aber ist das Auslegen des Absoluten sein eigenes Thun, und
das bei sich anfängt, wie es bei sich ankommt. Das Absolute, nur als
absolute Identität, ist es bestimmt; nämlich als Identisches; es ist
durch die Reflexion so gesetzt, gegen die Entgegensetzung und
Mannigfaltigkeit; oder es ist nur das Negative der Reflexion und des
Bestimmens überhaupt.—Nicht nur jenes Auslegen des Absoluten ist daher
ein Unvollkommenes, sondern auch dieß Absolute selbst, bei welchem nur
angekommen wird. Oder jenes Absolute, das nur als absolute Identität
ist, ist nur das Absolute einer äußern Reflexion. Es ist daher nicht
das Absolut-Absolute, sondern das Absolute in einer Bestimmtheit, oder
es ist Attribut.

Aber das Absolute ist nicht nur Attribut, weil es Gegenstand einer
äußern Reflexion und somit ein durch sie Bestimmtes ist.—Oder die
Reflexion ist nicht nur ihm äußerlich; sondern unmittelbar, darum weil
sie ihm äußerlich ist, ist sie ihm innerlich. Das Absolute ist nur das
Absolute, weil es nicht die abstrakte Identität, sondern die Identität
des Seyns und Wesens, oder die Identität des Innern und Äußern ist. Es
ist also selbst die absolute Form, welche es in sich scheinen macht,
und es zum Attribut bestimmt.

B. Das absolute Attribut.

Der Ausdruck, der gebraucht worden ist: das Absolut-Absolute,
bezeichnet das in seiner Form in sich zurückgekehrte Absolute, oder
dessen Form seinem Inhalte gleich ist. Das Attribut ist das nur
relative Absolute, eine Verknüpfung, welche nichts anderes bedeutet,
als das Absolute in einer Formbestimmung. Die Form ist nämlich zuerst
vor ihrer vollendeten Auslegung nur erst innerlich," oder was dasselbe
ist, nur äußerlich, überhaupt zuerst bestimmte Form oder Negation
überhaupt. Aber weil sie zugleich als Form des Absoluten ist, so ist
das Attribut der ganze Inhalt des Absoluten; es ist die Totalität,
welche früher als eine Welt erschien, oder als eine der Seiten des
wesentlichen Verhältnisses, deren jede selbst das Ganze ist. Aber die
beiden Welten, die erscheinende und die an und für sich seyende,
sollten jede in ihrem Wesen einander entgegengesetzt seyn. Die eine
Seite des wesentlichen Verhältnisses war zwar der andern gleich; das
Ganze so viel als die Theile; die Äußerung der Kraft derselbe Inhalt,
als diese selbst, und das Äußere überhaupt dasselbe was das Innere.
Aber zugleich sollten diese Seiten, jede noch ein eigenes unmittelbares
Bestehen haben, die eine als die seyende, die andere als die
reflektirte Unmittelbarkeit. Im Absoluten dagegen sind diese
unterschiedenen Unmittelbarkeiten zum Scheine herabgesetzt, und die
Totalität, welche das Attribut ist, ist gesetzt als sein wahres und
einziges Bestehen; die Bestimmung aber, in der es ist, als das
unwesentliche.

Das Absolute ist darum Attribut, weil es als einfache absolute
Identität in der Bestimmung der Identität ist; an die Bestimmung
überhaupt können nun andere Bestimmungen angeknüpft werden, z.B. auch
daß mehrere Attribute seyen. Aber weil die absolute Identität nur diese
Bedeutung hat, nicht nur daß alle Bestimmungen aufgehoben sind, sondern
daß sie auch die Reflexion ist, die sich selbst aufgehoben hat, so sind
an ihr alle Bestimmungen gesetzt, als aufgehobene. Oder die Totalität
ist gesetzt als die absolute, oder das Attribut hat das Absolute zu
seinem Inhalt und Bestehen; seine Formbestimmung, wodurch es Attribut
ist, ist daher auch gesetzt, unmittelbar als bloßer Schein; das
Negative als Negatives. Der positive Schein, den die Auslegung sich
durch das Attribut gibt, indem sie das Endliche in seiner Schranke
nicht als ein an und für sich Seyendes nimmt, sondern sein Bestehen in
das Absolute auflöst, und es zum Attribut erweitert, hebt dieß selbst
auf, daß es Attribut sey; sie versenkt dasselbe und ihr
unterscheidendes Thun in das einfache Absolute.

Aber indem die Reflexion von ihrem Unterscheiden so nur zur Identität
des Absoluten zurückkehrt, ist sie zugleich nicht aus ihrer
Äußerlichkeit heraus und zum wahrhaften Absoluten gekommen. Sie hat nur
die unbestimmte, abstrakte Identität erreicht; das heißt, diejenige,
welche in der Bestimmtheit der Identität ist.—Oder die Reflexion, indem
sie als innere Form das Absolute zum Attribut bestimmt, so ist dieses
Bestimmen ein noch von der Äußerlichkeit Verschiedenes; die innere
Bestimmung durchdringt das Absolute nicht; seine Äußerung ist, als ein
bloß gesetztes am Absoluten zu verschwinden.

Die Form also, sie werde als äußere oder innere genommen, wodurch das
Absolute Attribut wäre, ist zugleich gesetzt, ein an sich selbst
Nichtiges, ein äußerlicher Schein, oder bloße Art und Weise zu seyn.

C. Der Modus des Absoluten.

Das Attribut ist erstlich das Absolute als in der einfachen Identität
mit sich. Zweitens ist es Negation, und diese als Negation ist die
formelle Reflexion-in-sich. Diese beiden Seiten machen zunächst die
zwei Extreme des Attributs aus, deren Mitte es selbst ist, indem es
sowohl das Absolute als die Bestimmtheit ist.—Das zweite dieser Extreme
ist das Negative als Negatives, die dem Absoluten äußerliche
Reflexion.—Oder insofern es als das Innere des Absoluten genommen wird,
und seine eigene Bestimmung es ist, sich als Modus zu setzen, so ist er
das Außersichseyn des Absoluten, der Verlust seiner in die
Veränderlichkeit und Zufälligkeit des Seyns, sein Übergegangenseyn ins
Entgegengesetzte ohne Rückkehr in sich; die totalitätslose
Mannigfaltigkeit der Form und Inhaltsbestimmungen.

Der Modus, die Äußerlichkeit des Absoluten, ist aber nicht nur dieß,
sondern die als Äußerlichkeit gesetzte Äußerlichkeit, eine bloße Art
und Weise; somit der Schein als Schein, oder die Reflexion der Form in
sich; somit die Identität mit sich, welche das Absolute ist. In der
That ist also erst im Modus das Absolute als absolute Identität
gesetzt; es ist nur, was es ist, nämlich Identität mit sich, als sich
auf sich beziehende Negativität, als Scheinen, das als Scheinen gesetzt
ist.

Insofern daher die Auslegung des Absoluten von seiner absoluten
Identität anfängt, und zu dem Attribute und von da zum Modus übergeht,
so hat sie darin vollständig ihre Momente durchloffen. Aber erstlich
ist sie darin nicht ein bloß negatives Verhalten gegen diese
Bestimmungen, sondern dieß ihr Thun ist die reflektirende Bewegung
selbst, als welche das Absolute nur wahrhaft die absolute Identität
ist.—Zweitens hat sie es dabei nicht bloß mit Äußerlichem zu thun, und
der Modus ist nicht nur die äußerste Äußerlichkeit, sondern weil er der
Schein als Schein ist, so ist er die Rückkehr in sich, die sich selbst
auflösende Reflexion, als welche das Absolute absolutes Seyn
ist.—Drittens scheint die auslegende Reflexion von ihren eigenen
Bestimmungen und von Äußerlichem anzufangen, die Modos oder auch die
Bestimmungen des Attributs, als sonst außer dem Absoluten vorgefundene
aufzunehmen, und ihr Thun darin zu bestehen, daß sie dieselben in die
indifferente Identität nur zurückführt. In der That aber hat sie an dem
Absoluten selbst die Bestimmtheit, von der sie anfängt. Denn das
Absolute als erste indifferente Identität ist selbst nur das bestimmte
Absolute, oder Attribut, weil es das unbewegte, noch unreflektirte
Absolute ist. Diese Bestimmtheit, weil sie Bestimmtheit ist, gehört der
reflektirenden Bewegung an; nur durch sie ist es bestimmt als das erste
Identische, ebenso nur durch sie hat es die absolute Form, und ist
nicht das sich Gleichseyende, sondern das sich selbst Gleichsetzende.

Die wahrhafte Bedeutung des Modus ist daher, daß er die reflektirende
eigene Bewegung des Absoluten ist; ein Bestimmen, aber nicht wodurch es
ein Anderes würde, sondern nur dessen, was es schon ist; die
durchsichtige Äußerlichkeit, welche das Zeigen seiner selbst ist; eine
Bewegung aus sich heraus; aber so daß dieß Seyn-nach-Aussen, ebenso
sehr die Innerlichkeit selbst ist; und damit ebenso sehr ein Setzen,
das nicht bloß Gesetztseyn, sondern absolutes Seyn ist.

Wenn daher nach einem Inhalt der Auslegung gefragt wird, was denn das
Absolute zeige? so ist der Unterschied von Form und Inhalt im Absoluten
ohnehin aufgelöst. Oder eben dieß ist der Inhalt des Absoluten, sich zu
manifestiren. Das Absolute ist die absolute Form, welche als die
Entzweiung ihrer schlechthin identisch mit sich ist, das Negative als
Negatives; oder das mit sich zusammengeht, und nur so die absolute
Identität mit sich ist, die ebenso sehr gleichgültig gegen ihre
Unterschiede, oder absoluter Inhalt ist; der Inhalt ist daher nur diese
Auslegung selbst.

Das Absolute als diese sich selbst tragende Bewegung der Auslegung, als
Art und Weise, welche seine absolute Identität mit sich selbst ist, ist
Äußerung, nicht eines Innern, nicht gegen ein Anderes, sondern ist nur
als absolutes sich für sich selbst Manifestiren; es ist so
Wirklichkeit.

Anmerkung.

Dem Begriffe des Absoluten und dem Verhältnisse der Reflexion zu
demselben, wie es sich hier dargestellt hat, entspricht der Begriff der
spinozistischen Substanz. Der Spinozismus ist darin eine mangelhafte
Philosophie, daß die Reflexion und deren mannigfaltiges Bestimmen ein
äußerliches Denken ist.—Die Substanz dieses Systems ist Eine Substanz,
Eine untrennbare Totalität; es giebt keine Bestimmtheit, die nicht in
diesem Absoluten enthalten und aufgelöst wäre; und es ist wichtig
genug, daß Alles, was dem natürlichen Vorstellen oder dem bestimmenden
Verstande als selbstständiges erscheint und vorschwebt, in jenem
nothwendigen Begriffe gänzlich zu einem bloßen Gesetztseyn herabgesetzt
ist.—Die Bestimmtheit ist Negation, ist das absolute Princip der
Spinozistischen Philosophie; diese wahrhafte und einfache Einsicht
begründet die absolute Einheit der Substanz. Aber Spinoza bleibt bei
der Negation als Bestimmtheit oder Qualität stehen; er geht nicht zur
Erkenntniß derselben als absoluter, das heißt, sich negirender Negation
fort; somit enthält seine Substanz nicht selbst die absolute Form, und
das Erkennen derselben ist kein immanentes Erkennen. Zwar ist die
Substanz absolute Einheit des Denkens und Seyns oder der Ausdehnung;
sie enthält also das Denken selbst, aber nur in seiner Einheit mit der
Ausdehnung; das heißt nicht als sich von der Ausdehnung trennend, somit
überhaupt nicht als Bestimmen und Formiren, noch auch als die
zurückkehrende und aus sich selbst anfangende Bewegung. Theils fehlt
dadurch der Substanz, das Princip der Persönlichkeit,—ein Mangel,
welcher vornehmlich gegen das spinozistische System empört hat; —Theils
ist das Erkennen die äußerliche Reflexion, welche das, was als
Endliches erscheint, die Bestimmtheit des Attributs und den Modus, wie
auch überhaupt sich selbst, nicht aus der Substanz begreift und
ableitet, sondern als ein äußerlicher Verstand thätig ist, die
Bestimmungen als gegebene aufnimmt, und sie auf das Absolute
zurückführt, nicht aber von diesem ihre Anfänge hernimmt.

Die Begriffe, die Spinoza von der Substanz giebt, sind die Begriffe der
Ursache seiner selbst,—daß sie das ist, dessen Wesen die Existenz in
sich schließe;—daß der Begriff des Absoluten nicht des Begriffs eines
Andern bedürfe, von dem er gebildet werden müsse; —diese Begriffe, so
tief und richtig sie sind, sind Definitionen, welche vorne in der
Wissenschaft unmittelbar angenommen werden. Mathematik und andere
untergeordnete Wissenschaften müssen mit einem Vorausgesetzten
anfangen, das ihr Element und positive Grundlage ausmacht. Aber das
Absolute kann nicht ein Erstes, Unmittelbares seyn, sondern das
Absolute ist wesentlich sein Resultat.

Nach der Definition des Absoluten tritt bei Spinoza ferner die
Definition des Attributs auf; und wird als dasjenige bestimmt, wie der
Verstand dessen Wesen begreift. Außerdem daß der Verstand seiner Natur
nach als später angenommen wird, als das Attribut,—denn Spinoza
bestimmt ihn als Modus,—so wird das Attribut, die Bestimmung als
Bestimmung des Absoluten, von einem Andern, dem Verstande, abhängig
gemacht, welches der Substanz gegenüber äußerlich und unmittelbar
auftritt.

Die Attribute bestimmt Spinoza ferner als unendlich; und zwar unendlich
auch im Sinne einer unendlichen Vielheit. Es kommen zwar weiterhin nur
die zwei vor,—Denken und Ausdehnung, und es ist nicht gezeigt, wie die
unendliche Vielheit sich nothwendig nur auf den Gegensatz und zwar
diesen bestimmten, des Denkens und der Ausdehnung, reducirt.-Diese
beiden Attribute sind deswegen empirisch aufgenommen. Denken und Seyn
stellen das Absolute in einer Determination vor, das Absolute selbst
ist ihre absolute Einheit, so daß sie nur unwesentliche Formen sind,
die Ordnung der Dinge dieselbe ist, als die der Vorstellungen oder
Gedanken, und das Eine Absolute nur von der äußerlichen Reflexion,
einem Modus, unter jenen beiden Bestimmungen, das eine Mal als eine
Totalität von Vorstellungen, das andere Mal als eine Totalität von
Dingen und deren Veränderungen betrachtet wird. Wie es diese äußere
Reflexion ist, welche jenen Unterschied macht, so ist sie es auch, die
ihn in die absolute Identität zurückführt und versenkt. Diese ganze
Bewegung aber geht außer dem Absoluten vor. Zwar ist dieses selbst auch
das Denken, und sofern diese Bewegung nur im Absoluten; aber, wie
bemerkt, ist sie im Absoluten nur als Einheit mit der Ausdehnung, somit
nicht als diese Bewegung, welche wesentlich auch das Moment der
Entgegensetzung ist. —Spinoza macht die erhabene Forderung an das
Denken, alles unter der Gestalt der Ewigkeit, sub Specie aeterni, zu
betrachten, das heißt, wie es im Absoluten ist. Aber in jenem
Absoluten, das nur die unbewegte Identität ist, ist das Attribut, wie
der Modus, nur als verschwindend, nicht als werdend, so daß hiermit
auch jenes Verschwinden seinen positiven Anfang nur von Außen nimmt.

Das dritte, der Modus, ist bei Spinoza, Affektion der Substanz, die
bestimmte Bestimmtheit, was in einem Andern ist, und durch dieß Andere
gefaßt wird. Die Attribute haben eigentlich nur die unbestimmte
Verschiedenheit zu ihrer Bestimmung; jedes soll die Totalität der
Substanz ausdrücken und aus sich selbst begriffen werden; insofern es
aber das Absolute als bestimmt ist, so enthält es das Andersseyn, und
ist nicht nur aus sich selbst zu begreifen. In dem Modus ist daher erst
eigentlich die Bestimmung des Attributs gesetzt.

Dieß Dritte bleibt ferner bloßer Modus, einer Seits ist er unmittelbar
Gegebenes, anderer Seits wird seine Nichtigkeit nicht als Reflexion in
sich erkannt.—Die spinozistische Auslegung des Absoluten ist daher
insofern wohl vollständig, als sie von dem Absoluten anfängt, hierauf
das Attribut folgen läßt und mit dem Modus endigt; aber diese drei
werden nur nach einander ohne innere Folge der Entwicklung aufgezählt,
und das Dritte ist nicht die Negation als Negation, nicht sich negativ
auf sich beziehende Negation, wodurch sie an ihr selbst, die Rückkehr
in die erste Identität und diese, wahrhafte Identität wäre. Es fehlt
daher die Nothwendigkeit des Fortgangs des Absoluten zur
Unwesentlichkeit, so wie ihre Auflösung an und für sich selbst in die
Identität; oder es mangelt sowohl das Werden der Identität als ihrer
Bestimmungen.

Auf gleiche Weise ist in der orientalischen Vorstellung der Emanation
das Absolute das sich selbst erleuchtende Licht. Allein es erleuchtet
sich nicht nur, sondern strömt auch aus. Seine Ausströmungen sind
Entfernungen von seiner ungetrübten Klarheit; die folgenden Ausgeburten
sind unvollkommener als die vorhergehenden, aus denen sie entstehen.
Das Ausströmen ist nur als ein Geschehen genommen, das Werden nur als
ein fortgehender Verlust. So verdunkelt sich das Seyn immer mehr, und
die Nacht, das Negative, ist das Letzte der Linie, das nicht in das
erste Licht zurück kehrt.

Der Mangel der Reflexion in sich, den die Spinozistische Auslegung des
Absoluten wie die Emanationslehre an ihr hat, ist in dem Begriffe der
leibnizischen Monade ergänzt.—Der Einseitigkeit eines philosophischen
Princips pflegt sich die entgegengesetzte gegenüber zu stellen, und,
wie in Allem, die Totalität wenigstens als eine zerstreute
Vollständigkeit vorhanden zu seyn.—Die Monade ist ein Eins, ein in sich
reflektirtes Negatives; sie ist die Totalität des Inhalts der Welt; das
verschiedene Mannigfaltige ist in ihr nicht nur verschwunden, sondern
auf negative Weise aufbewahrt; die spinozistische Substanz ist die
Einheit alles Inhalts; aber dieser mannigfaltige Inhalt der Welt ist
nicht als solcher in ihr, sondern in der ihr äußerlichen Reflexion. Die
Monade ist daher wesentlich vorstellend; sie hat aber, ob sie wohl eine
endliche ist, keine Passivität; sondern die Veränderungen und
Bestimmungen in ihr sind Manifestationen ihrer in ihr selbst. Sie ist
Entelechie; das Offenbahren ist ihr eigenes Thun.—Dabei ist die Monade
auch bestimmt, von anderen unterschieden; die Bestimmtheit fällt in den
besondern Inhalt und die Art und Weise der Manifestation. Die Monade
ist daher an sich, ihrer Substanz nach, die Totalität, nicht in ihrer
Manifestation. Diese Beschränkung der Monade fällt nothwendig nicht in
die sich selbst setzende oder vorstellende Monade, sondern in ihr
Ansichseyn, oder ist absolute Grenze, eine Prädestination, welche durch
ein anderes Wesen, als sie ist, gesetzt wird. Ferner da Begrenzte nur
sind, als sich auf andere Begrenzte beziehend, die Monade aber zugleich
ein in sich geschlossenes Absolutes ist, so fällt die Harmonie dieser
Begrenzungen, nämlich die Beziehung der Monaden auf einander, außer
ihnen und ist gleichfalls von einem andern Wesen oder an sich
prästabilirt.

Es erhellt, daß durch das Princip der Reflexion-in-sich, welches die
Grundbestimmung der Monade ausmacht, zwar das Andersseyn und die
Einwirkung von außen überhaupt entfernt ist, und die Veränderungen der
Monade ihr eigenes Setzen sind,—daß aber auf der andern Seite die
Passivität durch Anderes, nur in eine absolute Schranke, in eine
Schranke des Ansichseyns verwandelt ist. Leibnitz schreibt den Monaden
eine gewisse Vollendung in sich zu, eine Art von Selbstständigkeit; sie
sind geschaffene Wesen.—Näher ihre Schranke betrachtet, so ergiebt sich
aus dieser Darstellung, daß die Manifestation ihrer selbst, die ihnen
zukommt, die Totalität der Form ist. Es ist ein höchst wichtiger
Begriffe daß die Veränderungen der Monade als passivitätslose Aktionen,
als Manifestationen ihrer selbst vorgestellt, und das Princip der
Reflexion in sich, oder der Individuation als wesentlich hervorsteht.
Ferner ist es nothwendig, die Endlichkeit darin bestehen zu lassen, daß
der Inhalt oder die Substanz von der Form unterschieden, und dann
weiter jene beschränkt, diese aber unendlich ist. Aber nun wäre im
Begriffe der absoluten Monade nicht nur jene absolute Einheit der Form
und des Inhalts, sondern auch die Natur der Reflexion, als die sich auf
sich selbst beziehende Negativität sich von sich abzustoßen, wodurch
sie setzend und schaffend ist, zu finden. Es ist zwar im leibnitzischen
Systeme das Weitere gleichfalls vorhanden, daß Gott die Quelle der
Existenz und des Wesens der Monaden ist, d. h. daß jene absoluten
Schranken im Ansichseyn der Monaden nicht an und für sich seyende sind,
sondern im Absoluten verschwinden. Aber es zeigen sich in diesen
Bestimmungen nur die gewöhnlichen Vorstellungen, die ohne
philosophische Entwicklung gelassen und nicht zu spekulativen Begriffen
erhoben sind. So erhält das Princip der Individuation seine tiefere
Ausführung nicht; die Begriffe über die Unterscheidungen der
verschiedenen endlichen Monaden, und über ihr Verhältniß zu ihrem
Absoluten, entspringen nicht aus diesem Wesen selbst oder nicht auf
absolute Weise, sondern gehören der räsonnirenden, dogmatischen
Reflexion an, und sind daher zu keiner innern Kohärenz gediehen.



Zweites Kapitel. Die Wirklichkeit.


Das Absolute ist die Einheit des Innern und Äußern als erste,
ansichseyende Einheit. Die Auslegung erschien als äußere Reflexion, die
auf ihrer Seite das Unmittelbare als ein Vorgefundenes hat, aber
zugleich die Bewegung und Beziehung desselben auf das Absolute ist, und
als solche es in dieses zurückführt, und als eine bloße Art und Weise
bestimmt. Aber diese Art und Weise ist die Bestimmung des Absoluten
selbst, nämlich seine erste Identität oder seine bloß an sich seyende
Einheit. Und zwar wird durch diese Reflexion nicht nur jenes erste
Ansichseyn gesetzt als wesenlose Bestimmung, sondern weil sie negative
Beziehung auf sich ist, wird erst durch sie jener Modus. Diese
Reflexion als sich selbst in ihren Bestimmungen aufhebend, und
überhaupt als die in sich zurückkehrende Bewegung ist erst wahrhaft
absolute Identität, und zugleich ist sie das Bestimmen des Absoluten
oder die Modalität desselben. Der Modus ist daher die Äußerlichkeit des
Absoluten, aber ebenso sehr nur als dessen Reflexion in sich, —oder er
ist die eigne Manifestation desselben, so daß diese Äußerung seine
Reflexion-in-sich und damit sein An-und-für-sich-seyn ist.

So als die Manifestation, daß es sonst nichts ist und keinen Inhalt
hat, als die Manifestation seiner zu seyn, ist das Absolute die
absolute Form. Die Wirklichkeit ist als diese reflektirte Absolutheit
zu nehmen. Das Seyn ist noch nicht wirklich; es ist die er ste
Unmittelbarkeit; seine Reflexion ist daher Werden und Übergehen in
Anderes; oder seine Unmittelbarkeit ist nicht An-und-für-sich-seyn. Die
Wirklichkeit steht auch höher als die Existenz. Diese ist zwar die aus
dem Grunde und den Bedingungen, oder aus dem Wesen und dessen Reflexion
hervorgegangene Unmittelbarkeit. Sie ist daher an sich das, was die
Wirklichkeit ist, reale Reflexion, aber ist noch nicht die gesetzte
Einheit der Reflexion und der Unmittelbarkeit. Die Existenz geht daher
in Erscheinung über, indem sie die Reflexion, welche sie enthält,
entwickelt. Sie ist der zu Grunde gegangene Grund; ihre Bestimmung ist
die Wiederherstellung desselben, so wird sie wesentliches Verhältniß,
und ihre letzte Reflexion ist, daß ihre Unmittelbarkeit gesetzt ist als
die Reflexion-in-sich, und umgekehrt; diese Einheit, in welcher
Existenz oder Unmittelbarkeit, und das Ansichseyn, der Grund oder das
Reflektirte schlechthin Momente sind, ist nun die Wirklichkeit. Das
Wirkliche ist darum Manifestation, es wird durch seine Äußerlichkeit
nicht in die Sphäre der Veränderung gezogen, noch ist es Scheinen
seiner in einem Andern, sondern es manifestirt sich; das heißt, es ist
in seiner Äußerlichkeit es selbst, und ist nur in ihr, nämlich nur als
sich von sich unterscheidende und bestimmende Bewegung, es selbst.

In der Wirklichkeit nun als dieser absoluten Form, sind die Momente nur
als aufgehobene oder formelle noch nicht realisirt; ihre
Verschiedenheit gehört so zunächst der äußern Reflexion an und ist
nicht als Inhalt bestimmt.

Die Wirklichkeit als selbst unmittelbare Formeinheit des Innern und
Äußern ist damit in der Bestimmung der Unmittelbarkeit gegen die
Bestimmung der Reflexion in sich; oder sie ist eine Wirklichkeit gegen
eine Möglichkeit. Die Beziehung beider auf einander ist das Dritte, das
Wirkliche bestimmt ebenso sehr als in sich reflektirtes Seyn, und
dieses zugleich als unmittelbar existirendes. Dieses Dritte ist die
Nothwendigkeit.

Aber zunächst, indem Wirkliches und Mögliches formelle Unterschiede
sind, ist ihre Beziehung gleichfalls nur formell, und besteht nur
darinn, daß das Eine wie das Andere ein Gesetztseyn ist, oder in der
Zufälligkeit.

Damit nun, daß in der Zufälligkeit das Wirkliche wie das Mögliche, das
Gesetztseyn ist, haben sie die Bestimmung an ihnen erhalten; es wird
dadurch zweitens die reale Wirklichkeit; womit ebenso reale
Möglichkeit, und die relative Nothwendigkeit hervorgeht.

Die Reflexion der relativen Nothwendigkeit in sich giebt drittens die
absolute Nothwendigkeit, welche absolute Möglichkeit und Wirklichkeit
ist.

A. Zufälligkeit oder formelle Wirklichkeit, Möglichkeit und
Nothwendigkeit.

1. Die Wirklichikeit ist formell, insofern sie als erste Wirklichkeit
nur unmittelbare, unreflektirte Wirklichkeit, somit nur in dieser
Formbestimmung, aber nicht als Totalität der Form ist. Sie ist so
weiter nichts als ein Seyn oder Existenz überhaupt. Aber weil sie
wesentlich nicht bloße unmittelbare Existenz, sondern, als Formeinheit
des Ansichseyns oder der Innerlichkeit, und der Äußerlichkeit ist, so
enthält sie unmittelbar das Ansichseyn oder die Möglichkeit. Was
wirklich ist, ist möglich.

2. Diese Möglichkeit ist die in sich reflektirte Wirklichkeit. Aber
dieß selbst erste Reflektirtseyn ist ebenfalls das Formelle, und
hiermit überhaupt nur die Bestimmung der Identität mit sich oder des
Ansichseyns überhaupt.

Weil aber die Bestimmung hier Totalität der Form ist, ist dieses
Ansichseyn, bestimmt als Aufgehobenes, oder als wesentlich nur in
Beziehung auf die Wirklichkeit; als das Negative von dieser, gesetzt
als Negatives. Die Möglichkeit enthält daher die zwei Momente; erstlich
das positive, daß es ein Reflektirtseyn in sich selbst ist; aber indem
es in der absoluten Form herabgesetzt ist zu einem Momente, so gilt das
Reflektirtseyn-in-sich nicht mehr als Wesen, sondern hat zweitens die
negative Bedeutung, daß die Möglichkeit ein Mangelhaftes ist, auf ein
Anderes, die Wirklichkeit, hinweist, und an dieser sich ergänzt.

Nach der ersten, der bloß positiven Seite ist die Möglichkeit also die
bloße Formbestimmung der Identität mit sich, oder die Form der
Wesentlichkeit. So ist sie der verhältnißlose, unbestimmte Behälter für
Alles überhaupt.—Im Sinne dieser formellen Möglichkeit ist Alles
möglich, was sich nicht widerspricht; das Reich der Möglichkeit ist
daher die grenzenlose Mannigfaltigkeit. Aber jedes Mannigfaltige ist in
sich und gegen Anderes bestimmt und hat die Negation an ihm; überhaupt
geht die gleichgültige Verschiedenheit in die Entgegensetzung über; die
Entgegensetzung aber ist der Widerspruch. Daher ist Alles ebenso sehr
ein Widersprechendes und daher Unmögliches.

—Dieß bloß formelle von Etwas aussagen,—es ist möglich,—ist daher
ebenso flach und leer, als der Satz des Widerspruchs und jeder in ihn
aufgenommene Inhalt, A ist möglich, heißt so viel als A ist A. Insofern
man sich nicht auf die Entwicklung des Inhalts einläßt, so hat dieser
die Form der Einfachheit; erst durch die Auflösung desselben in seine
Bestimmungen kommt der Unterschied an ihm hervor. Indem man sich an
jene einfache Form hält, so bleibt der Inhalt ein mit sich Identisches
und daher ein Mögliches. Es ist aber damit ebenso Nichts gesagt, als
mit dem formellen identischen Satze.

Das Mögliche enthält jedoch mehr, als der bloß identische Satz. Das
Mögliche ist das reflektirte In-sich-reflektirtseyn; oder das
Identische schlechthin als Moment der Totalität, somit auch bestimmt,
nicht an sich zu seyn; es hat daher die zweite Bestimmung, nur ein
Mögliches zu seyn, und das Sollen der Totalität der Form. Die
Möglichkeit ohne dieses Sollen ist die Wesentlichkeit als solche; aber
die absolute Form enthält dieß, daß das Wesen selbst nur Moment, und
ohne Seyn seine Wahrheit nicht hat. Die Möglichkeit ist diese bloße
Wesentlichkeit, so gesetzt, daß sie nur Moment und der absoluten Form
nicht gemäß ist. Sie ist das Ansichseyn, bestimmt, als nur ein
Gesetztes; oder ebenso sehr als nicht an sich zu seyn. —Die Möglichkeit
ist daher an ihr selbst auch der Widerspruch, oder sie ist die
Unmöglichkeit.

Zunächst drückt sieh dieß so aus, daß die Möglichkeit als aufgehoben
gesetzte Formbestimmung, einen Inhalt überhaupt an ihr hat. Dieser ist
als möglich ein Ansichseyn, das zugleich ein aufgehobenes oder ein
Andersseyn ist. Weil er also nur ein möglicher ist, ist ebenso sehr ein
anderer und sein Gegentheil möglich. A ist A; ebenso—A ist—A. Diese
beiden Sätze drücken, jeder die Möglichkeit seiner Inhaltsbestimmung
aus. Aber als diese identischen Sätze sind sie gleichgültig gegen
einander; es ist mit dem einen nicht gesetzt, daß auch der andere
hinzukomme. Die Möglichkeit ist die vergleichende Beziehung beider; sie
enthält es in ihrer Bestimmung, als eine Reflexion der Totalität, daß
auch das Gegentheil möglich sey. Sie ist daher der beziehende Grund,
daß darum, weil A=A, auch—A=-A ist; in dem möglichen A ist auch das
Mögliche Nicht-A enthalten, und diese Beziehung selbst ist es, welche
beide als mögliche bestimmt.

Als diese Beziehung aber, daß in dem einen Möglichen, auch sein Anderes
enthalten ist, ist sie der Widerspruch, der sich aufhebt. Da sie nun
ihrer Bestimmung nach das Reflektirte, und wie sich gezeigt hat, das
sich aufhebende Reflektirte ist, so ist sie somit auch das
Unmittelbare, und damit wird sie Wirklichkeit.

3. Diese Wirklichkeit ist nicht die erste, sondern die reflektirte,
gesetzt als Einheit ihrer selbst und der Möglichkeit. Das Wirkliche als
solches ist möglich; es ist in unmittelbarer positiver Identität mit
der Möglichkeit; aber diese hat sich bestimmt als nur Möglichkeit;
somit ist auch das Wirkliche bestimmt als nur ein Mögliches. Und
unmittelbar, darum weil die Möglichkeit in der Wirklichkeit unmittelbar
enthalten ist, ist sie darin als aufgehobene, als nur Möglichkeit.

Umgekehrt die Wirklichkeit, die in Einheit ist mit der Möglichkeit, ist
nur die aufgehobene Unmittelbarkeit;—oder darum weil die formelle
Wirklichkeit nur unmittelbare erste ist, ist sie nur Moment, nur
aufgehobene Wirklichkeit, oder nur Möglichkeit.

Hiermit ist zugleich näher die Bestimmung ausgedrückt, inwiefern die
Möglichkeit Wirklichkeit ist. Die Möglichkeit ist nämlich noch nicht
alle Wirklichkeit, von der realen und absoluten Wirklichkeit ist noch
nicht die Rede gewesen;—sie ist nur erst diejenige, welche zuerst
vorkam, nämlich die formelle, die sich bestimmt hat, nur Möglichkeit zu
seyn, also die formelle Wirklichkeit, welche nur Seyn oder Existenz
überhaupt ist. Alles Mögliche hat daher überhaupt ein Seyn oder eine
Existenz.

Diese Einheit der Möglichkeit und Wirklichkeit ist die Zufälligkeit.
—Das Zufällige ist ein Wirkliches, das zugleich nur als möglich
bestimmt, dessen Anderes oder Gegentheil ebenso sehr ist. Diese
Wirklichkeit ist daher bloßes Seyn oder Existenz, aber in seiner
Wahrheit gesetzt, den Werth eines Gesetztseyns oder der Möglichkeit zu
haben. Umgekehrt ist die Möglichkeit als die Reflexion-in-sich oder das
Ansichseyn gesetzt als Gesetztseyn; was möglich ist, ist ein Wirkliches
in diesem Sinne der Wirklichkeit, es hat nur so viel Werth als die
zufällige Wirklichkeit; es ist selbst ein Zufälliges.

Das Zufällige bietet daher die zwei Seiten dar; erstens insofern es die
Möglichkeit unmittelbar an ihm hat, oder, was dasselbe ist, insofern
sie in ihm aufgehoben ist, ist es nicht Gesetztseyn noch vermittelt,
sondern unmittelbare Wirklichkeit; es hat keinen Grund. —Weil auch dem
Möglichen diese unmittelbare Wirklichkeit zukommt, so ist es so sehr
als das Wirkliche, bestimmt als zufällig, und ebenfalls ein Grundloses.

Das Zufällige ist aber zweitens das Wirkliche als ein nur Mögliches
oder als ein Gesetztseyn; so auch das Mögliche ist als formelles
An-sich-seyn nur Gesetztseyn. Somit ist Beides nicht an und für sich
selbst, sondern hat seine wahrhafte Reflexion-in-sich in einem Andern,
oder es hat einen Grund.

Das Zufällige hat also darum keinen Grund, weil es zufällig ist; und
ebenso wohl hat es einen Grund, darum weil es zufällig ist.

Es ist das gesetzte, unvermittelte Umschlagen des Innern und Äußern,
oder des In-sich-reflektirt-seyns und des Seyns in einander; gesetzt
dadurch daß Möglichkeit und Wirklichkeit, jede an ihr selbst diese
Bestimmung hat, dadurch daß sie Momente der absoluten Form sind.—So ist
die Wirklichkeit in ihrer unmittelbaren Einheit mit der Möglichkeit nur
die Existenz und bestimmt als Grundloses, das nur ein Gesetztes oder
nur Mögliches ist;—oder als reflektirt und bestimmt gegen die
Möglichkeit, so ist sie von der Möglichkeit, von dem
In-sich-reflektirt-seyn getrennt, und somit ebenso unmittelbar auch nur
ein Mögliches.—Ebenso die Möglichkeit, als einfaches Ansichseyn, ist es
ein Unmittelbares, nur ein Seyendes überhaupt; oder entgegengesetzt
gegen die Wirklichkeit, ebenso ein Wirklichkeitsloses Ansichseyn, nur
ein Mögliches, aber eben darum wieder nur eine nicht in sich
reflektirte Existenz überhaupt.

Diese absolute Unruhe des Werdens dieser beiden Bestimmungen ist die
Zufälligkeit. Aber darum weil jede unmittelbar in die entgegengesetzte
umschlägt, so geht sie in dieser ebenso schlechthin mit sich selbst
zusammen, und diese Identität derselben einer in der andern ist die
Nothwendigkeit.

Das Nothwendige ist ein Wirkliches; so ist es als unmittelbares,
Grundloses; es hat aber ebenso sehr seine Wirklichkeit durch ein
Anderes oder in seinem Grunde, aber ist zugleich das Gesetztseyn dieses
Grundes und die Reflexion desselben in sich; die Möglichkeit des
Nothwendigen ist eine aufgehobene. Das Zufällige ist also nothwendig,
darum weil das Wirkliche als Mögliches bestimmt, damit seine
Unmittelbarkeit aufgehoben und in Grund oder Ansichseyn, und in
Begründetes abgestoßen ist, als auch weil diese seine Möglichkeit, die
Grundbeziehung, schlechthin aufgehoben und als Seyn gesetzt ist. Das
Nothwendige ist, und dieß Seyende ist selbst das Nothwendige. Zugleich
ist es an sich; diese Reflexion-in-sich ist ein Anderes als jene
Unmittelbarkeit des Seyns; und die Nothwendigkeit des Seyenden ist ein
Anderes. Das Seyende selbst ist so nicht das Nothwendige; aber dieses
Ansichseyn ist selbst nur Gesetztseyn, es ist aufgehoben und selbst
unmittelbar. So ist die Wirklichkeit in ihrem unterschiedenen, der
Möglichkeit, identisch mit sich selbst. Als diese Identität ist sie
Nothwendigkeit.

B. Relative Nothwendigkeit oder reale Wirklichkeit, Möglichkeit und
Nothwendigkeit.

1. Die Nothwendigkeit, die sich ergeben hat, ist formell, weil ihre
Momente formell sind, nämlich einfache Bestimmungen, die nur als
unmittelbare Einheit, oder als unmittelbares Umschlagen des Einen in
das Andere Totalität sind, und somit nicht die Gestalt der
Selbstständigkeit haben.—In dieser formellen Nothwendigkeit ist daher
die Einheit zunächst einfach und gegen ihre Unterschiede gleichgültig.
Als unmittelbare Einheit der Formbestimmungen, ist diese Nothwendigkeit
Wirklichkeit; aber eine solche, die, weil ihre Einheit nunmehr bestimmt
ist als gleichgültig gegen den Unterschied der Formbestimmungen,
nämlich ihrer selbst und der Möglichkeit, einen Inhalt hat. Dieser als
gleichgültige Identität enthält auch die Form als gleichgültige, d. h.
als bloß verschiedene Bestimmungen, und ist mannigfaltiger Inhalt
überhaupt. Diese Wirklichkeit ist reale Wirklichkeit.

Die reale Wirklichkeit als solche ist zunächst das Ding von vielen
Eigenschaften, die existirende Welt; aber sie ist nicht die Existenz,
welche sich in Erscheinung auflöst, sondern als Wirklichkeit ist sie
zugleich Ansichseyn und Reflexion-in-sich; sie erhält sich in der
Mannigfaltigkeit der bloßen Existenz; ihre Äußerlichkeit ist
innerliches Verhalten nur zu sich selbst. Was wirklich ist, kann
wirken; seine Wirklichkeit giebt Etwas kund durch das, was es
hervorbringt. Sein Verhalten zu Anderem ist die Manifestation seiner,
weder ein Übergehen, so bezieht das seyende Etwas sich auf Anderes;
—noch ein Erscheinen, so ist das Ding nur im Verhältniß zu andern, ist
ein Selbstständiges, das aber seine Reflexion-in-sich, seine bestimmte
Wesentlichkeit, in einem andern Selbstständigen hat.

Die reale Wirklichkeit hat nun gleichfalls die Möglichkeit unmittelbar
an ihr selbst. Sie enthält das Moment des Ansichseyns; aber als nur
erst die unmittelbare Einheit ist sie in einer der Bestimmungen der
Fonn, hiermit als das Seyende von dem Ansichseyn oder der Möglichkeit
unterschieden.

2. Diese Möglichkeit als das Ansichseyn der realen Wirklichkeit ist
selbst reale Möglichkeit, zunächst das inhaltsvolle Ansichseyn.—Die
formelle Möglichkeit ist die Reflexion-in-sich nur als die abstrakte
Identität, daß Etwas sich in sich nicht widerspreche. Insofern man sich
aber auf die Bestimmungen, Umstände, Bedingungen einer Sache einläßt,
um daraus ihre Möglichkeit zu erkennen, bleibt man nicht mehr bei der
formellen stehen, sondern betrachtet ihre reale Möglichkeit.

Diese reale Möglichkeit ist selbst unmittelbare Existenz, nicht mehr
aber darum, weil die Möglichkeit als solche, als formelles Moment,
unmittelbar ihr Gegentheil, eine nicht reflektirte Wirklichkeit ist;
sondern weil sie reale Möglichkeit ist, hat sie sogleich diese
Bestimmung an ihr selbst. Die reale Möglichkeit einer Sache ist daher
die daseyende Mannigfaltigkeit von Umständen, die sich auf sie
beziehen.

Diese Mannigfaltigkeit des Daseyns ist also zwar sowohl Möglichkeit als
Wirklichkeit, aber ihre Identität ist nur erst der Inhalt, der gegen
diese Formbestimmungen gleichgültig ist; sie machen daher die Form aus
bestimmt gegen ihre Identität.—Oder die unmittelbare reale
Wirklichkeit, darum weil sie unmittelbare ist, ist gegen ihre
Möglichkeit bestimmt; als diese bestimmte, somit reflektirte ist sie
die reale Möglichkeit. Diese ist nun zwar das gesetzte Ganze der Form,
aber der Form in ihrer Bestimmtheit, nämlich der Wirklichkeit als
formeller oder unmittelbarer, und ebenso der Möglichkeit, als des
abstrakten Ansichseyns. Diese Wirklichkeit, welche die Möglichkeit
einer Sache ausmacht, ist daher nicht ihre eigene Möglichkeit, sondern
das Ansichseyn eines andern Wirklichen; sie selbst ist die
Wirklichkeit, die aufgehoben werden soll, die Möglichkeit als nur
Möglichkeit.—So macht die reale Möglichkeit das Ganze von Bedingungen
aus, eine nicht in sich reflektirte, zerstreute Wirklichkeit, welche
aber bestimmt ist, das Ansichseyn aber eines Andern zu seyn und in sich
zurückgehen zu sollen.

Was real möglich ist, ist also nach seinem Ansichseyn, ein formelles
Identisches, das nach seiner einfachen Inhaltsbestimmung sich nicht
widerspricht; aber auch nach seinen entwickelten und unterschiedenen
Umständen und allem, womit es im Zusammenhange steht, muß es als das
mit sich Identische sich nicht widersprechen. Aber zweitens weil es in
sich mannigfaltig und mit Anderem in mannigfaltigem Zusammenhange ist,
die Verschiedenheit aber an sich selbst in Entgegensetzung übergeht,
ist es ein Widersprechendes. Wenn von einer Möglichkeit die Rede ist
und deren Widerspruch aufgezeigt werden soll, so hat man sich nur an
die Mannigfaltigkeit, die sie als Inhalt oder als ihre bedingende
Existenz enthält, zu halten; woraus sich leicht ihr Widerspruch
auffinden läßt.—Dieß ist aber nicht ein Widerspruch der Vergleichung,
sondern die mannigfaltige Existenz ist an sich selbst dieß, sich
aufzuheben und zu Grunde zu gehen; und hat darin wesentlich die
Bestimmung, nur ein Mögliches zu seyn, an ihr selbst. —Wenn alle
Bedingungen einer Sache vollständig vorhanden sind, so tritt sie in
Wirklichkeit;—die Vollständigkeit der Bedingungen ist die Totalität als
am Inhalte, und die Sache selbst ist dieser Inhalt bestimmt ebenso ein
Wirkliches als Mögliches zu seyn. In der Sphäre des bedingten Grundes
haben die Bedingungen die Form, nämlich den Grund oder die für sich
seyende Reflexion, außer ihnen, welche sie zu Momenten der Sache
bezieht und die Existenz an ihnen hervorbringt. Hier hingegen ist die
unmittelbare Wirklichkeit nicht durch eine voraussetzende Reflexion
bestimmt, Bedingung zu seyn, sondern es ist gesetzt, daß sie selbst die
Möglichkeit ist.

In der sich aufhebenden realen Möglichkeit ist es nun ein Gedoppeltes,
das aufgehoben wird; denn sie ist selbst das Gedoppelte, Wirklichkeit
und Möglichkeit zu seyn. 1) Die Wirklichkeit ist die formelle, oder
eine Existenz, die als selbstständige unmittelbare erschien, und durch
ihr Aufheben zum reflektirten Seyn, zum Moment eines Andern wird, und
somit das Ansichseyn an ihr erhält. 2) Jene Existenz war auch bestimmt
als Möglichkeit oder als das Ansichseyn aber eines Andern. Indem es
sich also aufhebt, so wird auch dieß Ansichseyn aufgehoben, und geht in
Wirklichkeit über.—Diese Bewegung der sich selbst aufhebenden realen
Möglichkeit bringt also dieselben schon vorhandenen Momente hervor, nur
jedes aus dem andern werdend; sie ist daher in dieser Negation auch
nicht ein Übergehen, sondern ein Zusammengehen mit sich selbst.—Nach
der formellen Möglichkeit war darum, weil etwas möglich war, auch nicht
es selbst, sondern sein Anderes möglich. Die reale Möglichkeit hat
nicht mehr ein solches Anderes sich gegenüber, denn sie ist real,
insofern sie selbst auch die Wirklichkeit ist. Indem sich also die
unmittelbare Existenz derselben, der Kreis der Bedingungen, aufhebt, so
macht sie sich zum Ansichseyn, welches sie selbst schon ist, nämlich
als das Ansichseyn eines Andern. Und indem umgekehrt dadurch zugleich
ihr Moment des Ansichseyns sich aufhebt, wird sie zur Wirklichkeit,
also zu dem Momente, das sie gleichfalls selbst schon ist.—Was
verschwindet, ist damit dieß, daß die Wirklichkeit bestimmt war als die
Möglichkeit oder das Ansichseyn eines Andern, und umgekehrt die
Möglichkeit als eine Wirklichkeit, die nicht diejenige ist, deren
Möglichkeit sie ist

3. Die Negation der realen Möglichkeit ist somit ihre Identität mit
sich: indem sie so in ihrem Aufheben der Gegenstoß dieses Aufhebens in
sich selbsi ist, ist sie die reale Nothwendigkeit.

Was nothwendig ist, kann nicht anders seyn; aber wohl was überhaupt
möglich ist; denn die Möglichkeit ist das Ansichseyn, das nur
Gesetztseyn, und daher wesentlich Andersseyn ist. Die formelle
Möglichkeit ist diese Identität als Übergehen in schlechthin Anderes;
die reale aber, weil sie das andere Moment, die Wirklichkeit, an ihr
hat, ist schon selbst die Nothwendigkeit. Was daher real möglich ist,
das kann nicht mehr anders seyn; unter diesen Bedingungen und Umständen
kann nicht etwas Anderes erfolgen. Reale Möglichkeit und die
Nothwendigkeit sind daher nur scheinbar unterschieden; diese ist eine
Identität, die nicht erst wird, sondern schon vorausgesetzt ist, und zu
Grunde liegt. Die reale Nothwendigkeit ist daher inhaltsvolle
Beziehung; denn der Inhalt ist jene ansichseyende Identität, die gegen
die Formunterschiede gleichgültig ist.

Diese Nothwendigkeit aber ist zugleich relativ.—Sie hat nämlich eine
Voraussetzung, von der sie anfängt, sie hat an dem Zufälligen ihren
Ausgangspunkt. Das reale Wirkliche als solches, ist nämlich das
bestimmte Wirkliche, und hat zunächst seine Bestimmtheit als
unmittelbares Seyn darin, daß es eine Mannigfaltigkeit existirender
Umstände ist; aber dieß unmittelbare Seyn als Bestimmtheit, ist es auch
das Negative seiner, ist Ansichseyn oder Möglichkeit; so ist es reale
Möglichkeit. Als diese Einheit der beiden Momente ist sie die Totalität
der Form, aber die sich noch äußerliche Totalität; sie ist so Einheit
der Möglichkeit und Wirklichkeit, daß 1) die mannigfaltige Existenz
unmittelbar oder positiv die Möglichkeit ist;—ein Mögliches, mit sich
Identisches überhaupt, darum weil sie ein Wirkliches ist; 2) insofern
diese Möglichkeit der Existenz gesetzt ist, ist sie bestimmt als nur
Möglichkeit, als unmittelbares Umschlagen der Wirklichkeit in ihr
Gegentheil,—oder als Zufälligkeit. Daher ist diese Möglichkeit, welche
die unmittelbare Wirklichkeit, indem sie Bedingung ist, an ihr hat, nur
das Ansichseyn als die Möglichkeit eines Andern. Dadurch daß, wie
gezeigt, dieß Andersseyn sich aufhebt, und dieß Gesetztseyn selbst
gesetzt wird, wird die reale Möglichkeit zwar Nothwendigkeit; aber
diese fängt somit von jener noch nicht in sich reflektirten Einheit des
Möglichen und Wirklichen an;—dieses Voraussetzen und die in sich
zurückkehrende Bewegung ist noch getrennt;—oder die Nothwendigkeit hat
sich noch nicht aus sich selbst zur Zufälligkeit bestimmt.

Die Relativität der realen Nothwendigkeit stellt sich an dem Inhalte so
dar, daß er nur erst die gegen die Form gleichgültige Identität, daher
von ihr unterschieden und ein bestimmter Inhalt überhaupt ist. Das real
Nothwendige ist deswegen irgend eine beschränkte Wirklichkeit, die um
dieser Beschränktheit willen in anderer Rüksicht auch nur ein
Zufälliges ist.

In der That ist somit die reale Nothwendigkeit an sich auch
Zufälligkeit.—Dieß erscheint zunächst so, daß das real Nothwendige, der
Form nach, zwar ein Nothwendiges, aber dem Inhalte nach ein
Beschränktes sey, und durch ihn seine Zufälligkeit habe. Allein auch in
der Form der realen Nothwendigkeit ist die Zufälligkeit enthalten; denn
wie sich gezeigt, ist die reale Möglichkeit nur an sich das
Nothwendige, gesetzt aber ist sie als das Andersseyn der Wirklichkeit
und Möglichkeit gegen einander. Die reale Nothwendigkeit enthält daher
die Zufälligkeit; sie ist die Rückkehr in-sich aus jenem unruhigen
Andersseyn der Wirklichkeit und Möglichkeit gegen einander, aber nicht
aus sich selbst zu sich.

An sich ist also hier die Einheit der Nothwendigkeit und Zufälligkeit
vorhanden; diese Einheit ist die absolute Wirklichkeit zu nennen.

C. Absolute Nothwendigkeit.

Die reale Nothwendigkeit ist bestimmte Nothwendigkeit; die formelle hat
noch keinen Inhalt und Bestimmtheit an ihr. Die Bestimmtheit der
Nothwendigkeit besteht darin, daß sie ihre Negation, die Zufälligkeit,
an ihr hat. So hat sie sich ergeben.

Diese Bestimmtheit aber in ihrer ersten Einfachheit ist Wirklichkeit;
die bestimmte Nothwendigkeit ist daher unmittelbar wirkliche
Nothwendigkeit. Diese Wirklichkeit, die selbst als solche nothwendig
ist, indem sie nämlich die Nothwendigkeit als ihr Ansichseyn enthält,
ist absolute Wirklichkeit;—Wirklichkeit, die nicht mehr anders seyn
kann, denn ihr Ansichseyn ist nicht die Möglichkeit, sondern die
Nothwendigkeit selbst.

Aber damit ist diese Wirklichkeit, weil sie gesetzt ist, absolut, das
heißt, selbst die Einheit ihrer und der Möglichkeit zu seyn, nur eine
leere Bestimmung; oder sie ist Zufälligkeit.—Dieß Leere ihrer
Bestimmung macht sie zu einer bloßen Möglichkeit, zu einem, das ebenso
sehr auch anders seyn und als Mögliches bestimmt werden kann. Diese
Möglichkeit aber ist selbst die absolute; denn sie ist eben die
Möglichkeit, ebenso sehr als Möglichkeit wie als Wirklichkeit bestimmt
zu werden. Damit, daß sie diese Gleichgültigkeit gegen sich selbst ist,
ist sie gesetzt als leere, zufällige Bestimmung.

So enthält die reale Nothwendigkeit nicht nur an sich die Zufälligkeit,
sondern diese wird auch an ihr; aber dieß Werden als die Äußerlichkeit
ist selbst nur das Ansichseyn derselben, weil es nur ein unmittelbares
Bestimmtseyn ist. Aber es ist nicht nur dieß, sondern ihr eigenes
Werden,—oder die Voraussetzung, welche sie hatte, ist ihr eigenes
Setzen. Denn als reale Nothwendigkeit ist sie das Aufgehobenseyn der
Wirklichkeit in der Möglichkeit und umgekehrt; —indem sie dieß einfache
Umschlagen des einen dieser Momente in das andere ist, ist sie auch
ihre einfache positive Einheit, indem jedes, wie sich zeigte, in dem
andern nur mit sich selbst zusammengeht. So ist sie aber die
Wirklichkeit; jedoch eine solche, die nur ist, als dieses einfache
Zusammen-gehen der Form mit sich selbst. Ihr negatives Setzen jener
Momente ist dadurch selbst das Voraussetzen, oder Setzen ihrer selbst
als aufgehobener oder der Unmittelbarkeit.

Eben darin aber ist diese Wirklichkeit bestimmt als Negatives; sie ist
ein Zusammengehen aus der Wirklichkeit, welche reale Möglichkeit war,
mit sich; also wird diese neue Wirklichkeit nur aus ihrem Ansichseyn,
aus der Negation ihrer selbst.—Damit ist sie zugleich unmittelbar als
Möglichkeit bestimmt, als Vermitteltes durch ihre Negation. Diese
Möglichkeit aber ist somit unmittelbar nichts als dieß Vermitteln, in
welchem das Ansichseyn, nämlich sie selbst, und die Unmittelbarkeit,
beide auf gleiche Weise Gesetztseyn sind.—So ist es die Nothwendigkeit,
welche ebenso sehr Aufheben dieses Gesetztseyns oder Setzen der
Unmittelbarkeit, und des Ansichseyns, so wie eben darin Bestimmen
dieses Aufhebens als Gesetztseyns ist. Sie ist daher es selbst, welche
sich als Zufälligkeit bestimmt;—in ihrem Seyn sich von sich abstößt, in
diesem Abstoßen selbst nur in sich zurückgekehrt ist, und in dieser
Rückkehr als ihrem Seyn sich von sich selbst abgestoßen hat.

So hat die Form in ihrer Realisirung alle ihre Unterschiede
durchdrungen und sich durchsichtig gemacht, und ist als absolute
Nothwendigkeit nur diese einfache Identität des Seyns in seiner
Negation oder in dem Wesen mit sich selbst.—Der Unterschied von dem
Inhalte und der Form selbst ist ebenso verschwunden; denn jene Einheit
der Möglichkeit in der Wirklichkeit und umgekehrt ist die in ihrer
Bestimmtheit oder im Gesetztseyn gegen sich selbst gleichgültige Form,
die inhaltsvolle Sache, an der sich die Form der Nothwendigkeit
äußerlich verlief. Aber so ist sie diese reflektirte Identität beider
Bestimmungen, als gegen sie gleichgültig, somit die Formbestimmung des
Ansichseyns gegen das Gesetztseyn, und diese Möglichkeit macht die
Beschränktheit des Inhalts aus, den die reale Nothwendigkeit hatte. Die
Auflösung dieses Unterschieds aber ist die absolute Nothwendigkeit,
deren Inhalt dieser in ihr sich durchdringende Unterschied ist.

Die absolute Nothwendigkeit ist also die Wahrheit, in welche
Wirklichkeit und Möglichkeit überhaupt, so wie die formelle und reale
Nothwendigkeit zurückgeht.—Sie ist, wie sich ergeben hat, das Seyn, das
in seiner Negation, im Wesen, sich auf sich bezieht und Seyn ist. Sie
ist ebenso sehr einfache Unmittelbarkeit oder reines Seyn, als einfache
Reflexion-in-sich, oder reines Wesen; sie ist dieß, daß dieß Beides ein
und dasselbe ist.—Das schlechthin Nothwendige ist nur, weil es ist; es
hat sonst keine Bedingung, noch Grund.—Es ist aber ebenso reines Wesen,
sein Seyn ist die einfache Reflexion-in-sich; es ist, weil es ist. Als
Reflexion hat es Grund und Bedingung, aber es hat nur sich zum Grunde
und Bedingung. Es ist Ansichseyn, aber sein Ansichseyn ist seine
Unmittelbarkeit, seine Möglichkeit ist seine Wirklichkeit.—Es ist also,
weil es ist; als das Zusammengehen des Seyns mit sich, ist es Wesen;
aber weil dieß Einfache ebenso die unmittelbare Einfachheit ist, ist es
Seyn.

Die absolute Nothwendigkeitt ist so die Reflexion oder Form des
Absoluten; Einheit des Seyns und Wesens, einfache Unmittelbarkeit,
welche absolute Negativität ist. Einer Seits sind ihre Unterschiede
daher nicht als Reflexions-Bestimmungen, sondern als seyende
Mannigfaltigkeit, als unterschiedene Wirklichkeit, welche die Gestalt
von selbstständigen Anderen gegen einander hat. Anderer Seits da ihre
Beziehung die absolute Identität ist, ist sie das absolute Umkehren
ihrer Wirklichkeit in ihre Möglichkeit und ihrer Möglichkeit in
Wirklichkeit.—Die absolute Nothwendigkeit ist daher blind. Einer Seits
haben die unterschiedenen, welche als Wirklichkeit und als die
Möglichkeit bestimmt sind, die Gestalt der Reflexion-in-sich als des
Seyns; sie sind daher beide als freie Wirklichkeiten, deren keins im
Andern scheint, keins eine Spur seiner Beziehung auf das Andere an ihm
zeigen will; in sich gegründet ist jedes das Nothwendige an ihm selbst.
Die Nothwendigkeit als Wesen ist in diesem Seyn verschlossen; die
Berührung dieser Wirklichkeiten durch einander erscheint daher als eine
leere Äußerlichkeit; die Wirklichkeit des einen in dem Andern ist die
nur Möglichkeit, die Zufälligkeit. Denn das Seyn ist gesetzt als
absolut nothwendig, als die Vermittelung-mit-sich, welche absolute
Negation der Vermittelung-durch-Anderes ist, oder als Seyn das nur mit
dem Seyn identisch ist; ein Anderes, das im Seyn Wirklichkeit hat, ist
daher als schlechthin nur Mögliches, leeres Gesetztseyn bestimmt.

Aber diese Zufälligkeit ist vielmehr die absolute Nothwendigkeit; sie
ist das Wesen jener freien, an sich nothwendigen Wirklichkeiten. Dieses
Wesen ist das Lichtscheue, weil an diesen Wirklichkeiten kein Scheinen,
kein Reflex ist, weil sie nur rein in sich gegründet, für sich
gestaltet sind, sich nur sich selbst manifestiren,—weil sie nur Seyn
sind.—Aber ihr Wesen wird an ihnen hervorbrechen und offenbaren, was es
ist und was sie sind. Die Einfachheit ihres Seyns, ihres Beruhens auf
sich, ist die absolute Negativität; sie ist die Freiheit ihrer
scheinlosen Unmittelbarkeit. Dieses Negative bricht an ihnen hervor,
weil das Seyn durch dieß sein Wesen der Widerspruch mit sich selbst
ist;—und zwar gegen dieß Seyn in der Form des Seyns, also als die
Negation jener Wirklichkeiten, welche absolut verschieden ist von ihrem
Seyn, als ihr Nichts, als ein ebenso freies Andersseyn gegen sie, als
ihr Seyn es ist.—Jedoch war es an ihnen nicht zu verkennen. Sie sind in
ihrer auf sich beruhenden Gestaltung gleichgültig gegen die Form, ein
Inhalt, damit unterschiedene Wirklichkeiten und ein bestimmter Inhalt;
dieser ist das Maal, das die Nothwendigkeit, indem sie, welche absolute
Rückkehr in sich selbst in ihrer Bestimmung ist, dieselben frei als
absolut wirkliche entließ,—ihnen aufdrückte, worauf sie als den Zeugen
ihres Rechts sich beruft, und an dem sie ergriffen nun untergehen.
Diese Manifestation dessen, was die Bestimmtheit in Wahrheit ist,
negative Beziehung auf sich selbst, ist blinder Untergang im
Andersseyn; das hervorbrechende Scheinen oder die Reflexion ist an den
Seyenden als Werden oder Übergehen des Seyns in Nichts. Aber das Seyn
ist umgekehrt ebenso sehr Wesen, und das Werden ist Reflexion oder
Scheinen. So ist die Äußerlichkeit ihre Innerlichkeit, ihre Beziehung
ist absolute Identität; und das Übergehen des Wirklichen in Mögliches,
des Seyns in Nichts ein Zusammengehen mit sich selbst; die Zufälligkeit
ist absolute Nothwendigkeit; sie selbst ist das Voraussetzen jener
ersten absoluten Wirklichkeiten.

Diese Identität des Seyns in seiner Negation mit sich selbst, ist sie
nun Substanz. Sie ist diese Einheit als in ihrer Negation oder als in
der Zufälligkeit; so ist sie die Substanz als Verhältniß zu sich
selbst. Das blinde Übergehen der Nothwendigkeit ist vielmehr die eigene
Auslegung des Absoluten, die Bewegung desselben in sich, welches in
seiner Entäußerung vielmehr sich selbst zeigt.



Drittes Kapitel. Das absolute Verhältniß.


Die absolute Nothwendigkeit ist nicht sowohl das Nothwendige, noch
weniger ein Nothwendiges, sondern Nothwendigkeit;—Seyn schlechthin als
Reflexion. Sie ist Verhältniß, weil sie Unterscheiden ist, dessen
Momente selbst ihre ganze Totalität sind, die also absolut bestehen, so
daß dieß aber nur Ein Bestehen und der Unterschied nur der Schein des
Auslegens, und dieser das Absolute selbst ist.—Das Wesen als solches
ist die Reflexion oder das Scheinen; das Wesen als absolutes Verhältniß
aber ist der als Schein gesetzte Schein, oder als dieß Beziehen auf
sich die absolute Wirklichkeit ist.—Das Absolute, zuerst von der äußern
Reflexion ausgelegt, legt nun als absolute Form oder als
Nothwendigkeit, sich selbst aus; dieß Auslegen seiner selbst ist sein
Sich-selbst-setzen, und es ist nur dieß Sich-setzen.—Wie das Licht der
Natur nicht Etwas, noch Ding, sondern sein Seyn nur sein Scheinen ist,
so ist die Manifestation die sich selbst gleiche absolute Wirklichkeit.

Die Seiten des absoluten Verhältnisses sind daher keine Attribute. Im
Attribute scheint das Absolute nur in einem seiner Momente, als einem
vorausgesetzten und von der äußern Reflexion aufgenommenen. Die
Auslegerin des Absoluten aber ist die absolute Nothwendigkeit, die
identisch mit sich ist, als sich selbst bestimmend. Da sie das Scheinen
ist, das als Schein gesetzt ist, so sind die Seiten dieses
Verhältnisses Totalitäten, weil sie als Schein sind; denn als Schein
sind die Unterschiede sie selbst und ihr Entgegengesetztes, oder das
Ganze;—umgekehrt sind sie so Schein, weil sie Totalitäten sind. Dieß
Unterscheiden oder Scheinen des Absoluten ist so nur das identische
Setzen seiner selbst.

Dieß Verhältniß in seinem unmittelbaren Begriff ist das Verhältniß der
Substanz und der Accidenzen, das unmittelbare Verschwinden und Werden
des absoluten Scheines in sich selbst. Indem die Substanz sich zum
Fürsichseyn gegen ein Anderes bestimmt, oder das absolute Verhältniß
als reales, ist das Verhältniß der Kausalität. Endlich indem dieses als
sich auf sich Beziehendes in Wechselwirkung übergeht, so ist damit das
absolute Verhältniß nach den Bestimmungen, welche es enthält, auch
gesetzt; diese gesetzte Einheit seiner in seinen Bestimmungen, die als
das Ganze selbst und damit ebenso sehr als Bestimmungen gesetzt sind,
ist alsdann der Begriff.

A. Das Verhältniß der Substantialität.

Die absolute Nothwendigkeit ist absolutes Verhältniß, weil sie nicht
das Seyn als solches ist, sondern das Seyn, das ist, weil es ist, das
Seyn als die absolute Vermittelung seiner mit sich selbst. Dieses Seyn
ist die Substanz; als die letzte Einheit des Wesens und Seyns, ist sie
das Seyn in allem Seyn; weder das unreflektirte Unmittelbare, noch auch
ein abstraktes, hinter der Existenz und Erscheinung stehendes, sondern
die unmittelbare Wirklichkeit selbst, und diese als absolutes
Reflektirtseyn in sich, als an und fürsichseyendes Bestehen.—Die
Substanz als diese Einheit des Seyns und der Reflexion ist wesentlich
das Scheinen und Gesetztseyn ihrer. Das Scheinen ist das sich auf sich
beziehende Scheinen, so ist es; dieß Seyn ist die Substanz als solche.
Umgekehrt ist dieses Seyn nur das mit sich identische Gesetztseyn, so
ist es scheinende Totalität, die Accidentalität.

Dieß Scheinen ist die Identität als der Form;—die Einheit der
Möglichkeit und Wirklichkeit. Sie ist erstlich Werden, die Zufälligkeit
als die Sphäre des Entstehens und Vergehens; denn nach der Bestimmung
der Unmittelbarkeit ist die Beziehung der Möglichkeit und Wirklichkeit
unmittelbares Umschlagen derselben als Seyender in einander, eines
jeden als in sein ihm nur Anderes.—Aber weil das Seyn Schein ist, so
ist die Beziehung derselben auch als identischer oder scheinender an
einander, Reflexion. Die Bewegung der Accidentalität stellt daher an
jedem ihrer Momente das Scheinen der Kategorien des Seyns und der
Reflexions-Bestimmungen des Wesens in einander dar.—Das unmittelbare
Etwas hat einen Inhalt; seine Unmittelbarkeit ist zugleich reflektirte
Gleichgültigkeit gegen die Form. Dieser Inhalt ist bestimmt, und indem
dieß Bestimmtheit des Seyns ist, geht das Etwas über in ein Anderes.
Aber die Qualität ist auch Bestimmtheit der Reflexion; so ist sie
gleichgültige Verschiedenheit. Aber diese begeistet sich zur
Entgegensetzung, und geht in den Grund zurück, der das Nichts, aber
auch Reflexion-in-sich ist. Diese hebt sich auf; aber sie ist selbst
reflektirtes Ansichseyn, so ist sie Möglichkeit und dieß Ansichseyn ist
in seinem Übergehen, das ebenso sehr Reflexion-in-sich ist, das
nothwendige Wirkliche.

Diese Bewegung der Accidentalität ist die Aktuosität der Substanz, als
ruhiges Hervorgehen ihrer selbst. Sie ist nicht thätig gegen Etwas,
sondern nur gegen sich als einfaches widerstandloses Element. Das
Aufheben eines Vorausgesetzten ist der verschwindende Schein; erst in
dem das unmittelbare aufhebenden Thun wird dieß Unmittelbare selbst,
oder ist jenes Scheinen; das Anfangen von sich selbst ist erst das
Setzen dieses Selbsts, von dem das Anfangen ist.

Die Substanz als diese Identität des Scheinens ist die Totalität des
Ganzen, und begreift die Accidentalität in sich, und die Accidentalität
ist die ganze Substanz selbst. Der Unterschied ihrer in die einfache
Identität des Seyns, und in den Wechsel der Accidenzen an derselben ist
eine Form ihres Scheins. Jenes ist die formlose Substanz des
Vorstellens, dem der Schein sich nicht als Schein bestimmt hat, sondern
das als an einem Absoluten an solcher unbestimmten Identität festhält,
die keine Wahrheit hat, nur die Bestimmtheit der unmittelbaren
Wirklichkeit oder ebenso des Ansichseyns oder der Möglichkeit
ist;—Formbestimmungen, welche in die Accidentalität fallen.-Die andere
Bestimmung, der Wechsel der Accidenzen, ist die absolute Formeinheit
der Accidentalität, die Substanz als die absolute Macht.—Das Vergehen
der Accidenz ist Zurückgehen ihrer als Wirklichkeit in sich als in ihr
Ansichseyn oder in ihre Möglichkeit, aber dieß ihr Ansichseyn ist
selbst nur ein Gesetztseyn; daher ist es auch Wirklichkeit, und weil
diese Formbestimmungen ebenso sehr Inhaltsbestimmungen sind, ist dieß
Mögliche auch dem Inhalte nach ein anders bestimmtes Wirkliches. Die
Substanz manifestirt sich durch die Wirklichkeit mit ihrem Inhalte, in
die sie das Mögliche übersetzt, als schaffende, durch die Möglichkeit,
in die sie das Wirkliche zurückführt, als zerstörende Macht. Aber
beides ist identisch; das Schaffen zerstörend, die Zerstörung
schaffend; denn das Negative und Positive, die Möglichkeit und
Wirklichkeit sind in der substantiellen Nothwendigkeit absolut vereint.

Die Accidenzen als solche,—und es sind mehrere, indem die Mehrheit eine
der Bestimmungen des Seyns ist,—haben keine Macht über einander. Sie
sind das seyende oder für sich seyende Etwas, existirende Dinge von
mannigfaltigen Eigenschaften, oder Ganze, die aus Theilen bestehen,
selbstständige Theile, Kräfte, die der Sollicitation durch einander
bedürfen und einander zur Bedingung haben. Insofern ein solches
Accidentelles über ein Anderes eine Macht auszuüben scheint, ist es die
Macht der Substanz, welche beide in sich begreift, als Negativität
einen ungleichen Werth setzt, das eine als Vo[e]rgehendes, das Andere
mit anderem Inhalte und als Entstehendes, oder jenes in seine
Möglichkeit, dieses daran in Wirklichkeit übergehend bestimmt; —ewig
sich in diese Unterschiede der Form und des Inhalts entzweit und ewig
sich von dieser Einseitigkeit reinigt, aber in dieser Reinigung selbst
in die Bestimmung und Entzweiung zurückgefallen ist. —Eine Accidenz
vertreibt also eine andere nur darum, weil ihr eigenes Subsistiren
diese Totalität dar Form und des Inhalts selbst ist, in der sie wie
ihre andere ebenso sehr untergeht.

Um dieser unmittelbaren Identität und Gegenwart der Substanz in den
Accidenzen willen ist noch kein realer Unterschied vorhanden. In dieser
ersten Bestimmung ist die Substanz noch nicht nach ihrem ganzen
Begriffe manifestirt. Wenn die Substanz als das mit sich identische An-
und Fürsichseyn, von ihr selbst als Totalität der Accidenzen
unterschieden wird, so ist sie als Macht das Vermittelnde. Diese ist
die Nothwendigkeit, das in der Negativität der Accidenzen positive
Beharren derselben, und ihr bloßes Gesetztseyn in ihrem Bestehen; diese
Mitte ist somit Einheit der Substantialität und Accidentalität selbst,
und ihre Extreme haben kein eigenthümliches Bestehen. Die
Substantialität ist daher nur das Verhältniß als unmittelbar
verschwindend, sie bezieht sich auf sich nicht als Negatives, ist als
die unmittelbare Einheit der Macht mit sich selbst in der Form nur
ihrer Identität, nicht ihres negativen Wesens; nur das eine Moment,
nämlich das Negative oder der Unterschied, ist das schlechthin
verschwindende, nicht aber das andere, das Identische. —Dieß ist auch
so zu betrachten. Der Schein oder die Accidentalität ist an sich wohl
Substanz durch die Macht, aber er ist nicht so gesetzt als dieser mit
sich identische Schein; so hat die Substanz nur die Accidentalität zu
ihrer Gestalt oder Gesetztseyn, nicht sich selbst; ist nicht Substanz
als Substanz. Das Substantialitäts-Verhältniß ist also zunächst sie
nur, daß sie sich als formelle Macht offenbart, deren Unterschiede
nicht substantiell sind; sie ist in der That nur als Inneres der
Accidenzen, und diese sind nur an der Substanz. Oder dieß Verhältniß
ist nur die scheinende Totalität als Werden; aber sie ist ebenso sehr
Reflexion; die Accidentalität, die an sich Substanz ist, ist eben darum
auch gesetzt als solche; so ist sie bestimmt als sich auf sich
beziehende Negativität, gegen sich, bestimmt als sich auf sich
beziehende einfache Identität mit sich; und ist für-sich-seyende,
mächtige Substanz. So geht das Substantialitäts-Verhältniß in das
Kausalitäts-Verhältniß über.

B. Das Kausalitäts-Verhältniß.

Die Substanz ist Macht, und in sich reflektirte nicht bloß übergehende,
sondern die Bestimmungen setzende und von sich unterscheidende Macht.
Als in ihrem Bestimmen sich auf sich selbst beziehend ist sie selbst
das, was sie als negatives setzt oder zum Gesetztseyn macht. Dieses ist
somit überhaupt die aufgehobene Substantialität, das nur Gesetzte, die
Wirkung; die für sich seyende Substanz aber ist die Ursache.

Dieß Kausalitätsverhältniß ist zunächst nur dieß Verhältniß von Ursache
und Wirkung; so ist es das formelle Kausalitäts-Verhältniß.

a. Die formelle Kausalität.

1. Die Ursache ist das Ursprüngliche gegen die Wirkung.—Die Substanz
ist als Macht das Scheinen, oder hat Accidentalität. Aber sie ist als
Macht ebenso sehr Reflexion-in-sich in ihrem Scheine; so legt sie ihr
Übergehen aus, und dieß Scheinen ist bestimmt als Schein, oder die
Accidenz ist gesetzt, als das, daß sie nur ein Gesetztes sey. —Die
Substanz geht aber in ihrem Bestimmen nicht von der Accidentalität aus,
als ob diese voraus ein Anderes wäre, und nun erst als Bestimmtheit
gesetzt würde, son dern beides ist Eine Aktuosität. Die Substanz, als
Macht bestimmt sich; aber dieß Bestimmen ist unmittelbar selbst das
Aufheben des Bestimmens und die Rückkehr. Sie bestimmt sich,—sie, das
Bestimmende ist so das Unmittelbare, und das selbst schon
Bestimmte;—indem sie sich bestimmt, setzt sie also dieß schon Bestimmte
als bestimmt; hat so das Gesetztseyn aufgehoben, und ist in sich
zurückgekehrt.—Umgekehrt ist diese Rückkehr, weil sie die negative
Beziehung der Substanz auf sich ist, selbst ein Bestimmen oder Abstoßen
ihrer von sich; durch diese Rückkehr wird das Bestimmte, von dem sie
anzufangen und es als vorgefundenes Bestimmtes nun als solches zu
setzen scheint.—So ist die absolute Actuosität Ursache;—die Macht der
Substanz in ihrer Wahrheit als Manifestation, die das, was an sich ist,
die Accidenz, die das Gesetztseyn ist, unmittelbar im Werden derselben
auch auslegt, sie setzt als Gesetztseyn; die Wirkung.—Diese ist also
erstlich dasselbe, was die Accidentalität des
Substantialitäts-Verhältnisses ist, nämlich die Substanz als
Gesetztseyn; aber zweitens ist die Accidenz als solche substantiell nur
durch ihr Verschwinden, als Übergehendes; als Wirkung aber ist sie das
Gesetztseyn als mit sich identisch; die Ursache ist in der Wirkung als
ganze Substanz manifestirt, nämlich als an dem Gesetztseyn selbst als
solchem in sich reflektirt.

2. Diesem in sich reflektirten Gesetztseyn, dem Bestimmten als
Bestimmten, steht die Substanz als nicht gesetztes Ursprüngliches
gegenüber. Weil sie als absolute Macht Rückkehr in sich, aber diese
Rückkehr selbst Bestimmen ist, so ist sie nicht mehr bloß das An-sich
ihrer Accidenz, sondern ist auch gesetzt als dieß Ansichseyn. Die
Substanz hat daher erst als Ursache Wirklichkeit. Aber diese
Wirklichkeit, daß ihr Ansichseyn, ihre Bestimmtheit im
Substantialitäts-Verhältnisse, nunmehr als Bestimmtheit gesetzt ist,
ist die Wirkung; die Substanz hat daher die Wirklichkeit, die sie als
Ursache hat, nur in ihrer Wirkung.—Dieß ist die Nothwendigkeit, welche
die Ursache ist.—Sie ist die wirkliche Substanz, weil die Substanz als
Macht sich selbst bestimmt; aber ist zugleich Ursache, weil sie diese
Bestimmtheit auslegt oder als Gesetztseyn setzt; so setzt sie ihre
Wirklichkeit als das Gesetztseyn oder als die Wirkung. Diese ist das
Andere der Ursache, das Gesetztseyn gegen das Ursprüngliche und durch
dieses vermittelt. Aber die Ursache hebt als Nothwendigkeit ebenso dieß
ihr Vermitteln auf, und ist in dem Bestimmen ihrer selbst als das
ursprünglich sich auf sich beziehende gegen das Vermittelte, die
Rückkehr in sich; denn das Gesetztseyn ist als Gesetztseyn bestimmt,
somit identisch mit sich; die Ursache ist daher erst in ihrer Wirkung
das wahrhaft Wirkliche und mit sich Identische.—Die Wirkung ist daher
nothwendig, weil sie eben Manifestation der Ursache, oder diese
Nothwendigkeit ist, welche die Ursache ist.—Nur als diese
Nothwendigkeit ist die Ursache selbst bewegend, aus sich anfangend,
ohne von einem Andern sollicitirt zu werden, und selbstständige Quelle
des Hervorbringens aus sich;—sie muß wirken, ihre Ursprünglichkeit ist
dieß, daß ihre Reflexion-in-sich bestimmendes Setzen und umgekehrt,
beides eine Einheit ist.

Die Wirkung enthält daher überhaupt nichts, was nicht die Ursache
enthält. Umgekehrt enthält die Ursache nichts, was nicht in ihrer
Wirkung ist. Die Ursache ist nur Ursache, insofern sie eine Wirkung
hervorbringt; und die Ursache ist nichts als diese Bestimmung, eine
Wirkung zu haben, und die Wirkung nichts, als dieß, eine Ursache zu
haben. In der Ursache als solcher selbst liegt ihre Wirkung, und in der
Wirkung die Ursache; insofern die Ursache noch nicht wirkte, oder
insofern sie aufgehört hätte zu wirken, so wäre sie nicht Ursache; —und
die Wirkung, insofern ihre Ursache verschwunden ist, ist nicht mehr
Wirkung, sondern eine gleichgültige Wirklichkeit.-3. In dieser
Identität der Ursache und Wirkung ist nun die Form, wodurch sie als das
an sich seyende und als das Gesetztseyn sich unterscheiden, aufgehoben.
Die Ursache erlischt in ihrer Wirkung; damit ist ebenso die Wirkung
erloschen, denn sie ist nur die Bestimmtheit der Ursache. Diese in der
Wirkung erloschene Kausalität ist somit eine Unmittelbarkeit, welche
gegen das Verhältniß von Ursache und Wirkung gleichgültig ist, und es
äußerlich an ihr hat.

b. Das bestimmte Kausalitätsverhältniß.

1. Die Identität der Ursache in ihrer Wirkung mit sich ist das Aufheben
ihrer Macht und Negativität, daher die gegen die Formunterschiede
gleichgültige Einheit, der Inhalt.—Er ist daher nur an sich auf die
Form, hier die Kausalität, bezogen. Sie sind somit als verschieden
gesetzt, und die Form gegen den Inhalt eine selbst nur unmittelbar
wirkliche, eine zufällige Kausalität.

Ferner der Inhalt so als bestimmtes, ist ein verschiedener Inhalt an
ihm selbst; und die Ursache ist ihrem Inhalte nach bestimmt, damit
ebenso die Wirkung.—Der Inhalt, da das Reflektirtseyn hier auch
unmittelbare Wirklichkeit ist, ist insofern wirkliche, aber die
endliche Substanz.

Dieß ist nunmehr das Kausalitäts-Verhältniß in seiner Realität und
Endlichkeit. Als formell ist es das unendliche Verhältniß der absoluten
Macht, deren Inhalt die reine Manifestation oder Nothwendigkeit ist.
Als endliche Kausalität hingegen hat es einen gegebenen Inhalt, und
verläuft sich als ein äußerlicher Unterschied an diesem Identischen,
das in seinen Bestimmungen eine und dieselbe Substanz ist.

Durch diese Identität des Inhalts ist diese Kausalität ein analytischer
Satz. Es ist dieselbe Sache, welche sich das eine Mal als Ursache, das
andere Mal als Wirkung darstellt, dort als eigenthümliches Bestehen,
hier als Gesetztseyn oder Bestimmung an einem Andern. Da diese
Bestimmungen der Form äußerliche Reflexion sind, so ist es die der
Sache nach tautologische Betrachtung eines subjektiven Verstandes, eine
Erscheinung als Wirkung zu bestimmen und davon zu ihrer Ursache
aufzusteigen, um sie zu begreifen und zu erklären; es wird nur ein und
derselbe Inhalt wiederhohlt; man hat in der Ursache nichts Anderes als
in der Wirkung.—Der Regen z.B. ist Ursache der Feuchtigkeit, welche
seine Wirkung ist;—der Regen macht naß, dieß ist ein analytischer Satz;
dasselbe Wasser, was der Regen ist, ist die Feuchtigkeit; als Regen ist
dieß Wasser nur in der Form einer Sache für sich, als Wässerigkeit oder
Feuchtigkeit dagegen ist es ein adjectives, ein gesetztes, das nicht
mehr sein Bestehen an ihm selbst haben soll; und die eine Bestimmung,
wie die andere, ist ihm äußerlich.—So ist die Ursache dieser Farbe ein
Färbendes, ein Pigment, welches eine und dieselbe Wirklichkeit ist, das
eine Mal in der ihm äußern Form eines thätigen, das heißt, mit einem
von ihm verschiedenen Thätigen äußerlich verbunden, das andere Mal aber
in der ihm ebenso äußerlichen Bestimmung einer Wirkung.—Die Ursache
einer That ist die innere Gesinnung in einem thätigen Subjekt, die als
äußeres Daseyn, das sie durch die Handlung erhält, derselbe Inhalt und
Werth ist. Wenn die Bewegung eines Körpers als Wirkung betrachtet wird,
so ist die Ursache derselben eine stoßende Kraft; aber es ist dasselbe
Quantum der Bewegung, das vor und nach dem Stoß vorhanden ist, dieselbe
Existenz, welche der stoßende Körper enthielt, und dem gestoßenen
mittheilte; und so viel er mittheilt, so viel verliert er selbst.

Die Ursache, z.B. der Mahler, oder der stoßende Körper hat wohl noch
einen andern Inhalt, jener, als die Farben und deren sie zum Gemälde
verbindende Form; dieser, als eine Bewegung von bestimmter Stärke und
Richtung. Allein dieser weitere Inhalt ist ein zufälliges Beiwesen, das
die Ursache nichts angeht; was der Maler sonst für Qualitäten enthält,
abstrahirt davon, daß er Maler dieses Gemäldes ist, dieß tritt nicht in
dieses Gemälde ein; nur was von seinen Eigenschaften sich in der
Wirkung darstellt, ist in ihm als Ursache vorhanden, nach seinen
übrigen Eigenschaften ist er nicht Ursache. So ob der stoßende Körper
Stein oder Holz, grün, gelb ist u.s.f. dieß tritt nicht in seinen Stoß
ein; insofern ist er nicht Ursache.

Es ist in Rücksicht dieser Tautologie des Kausalitäts-Verhältnisses zu
bemerken, daß es dieselbe dann nicht zu enthalten scheint, wenn nicht
die nächste, sondern die entfernte Ursache einer Wirkung angegeben
wird. Die Formveränderung, welche die zu Grunde liegende Sache in
diesem Durchgange durch mehrere Mittelglieder erleidet, versteckt die
Identität, die sie darin behält. Sie verknüpft sich zugleich in dieser
Vervielfältigung der Ursachen, welche zwischen sie und die letzte
Wirkung eingetreten sind, mit andern Dingen und Umständen, so daß nicht
jenes Erste, was als Ursache ausgesprochen wird, sondern nur diese
mehrere Ursachen zusammen die vollständige Wirkung enthalten.—So wenn
z. ein Mensch dadurch unter Umstände kam, in denen sich sein Talent
entwickelte, daß er seinen Vater verlor, den in einer Schlacht eine
Kugel traf, so könnte dieser Schuß, (oder noch weiter zurück der Krieg
oder eine Ursache des Kriegs und so fort ins Unendliche) als Ursache
der Geschicklichkeit jenes Menschen angegeben werden. Allein es
erhellt, daß z.B. jener Schuß nicht für sich diese Ursache ist, sondern
nur die Verknüpfung desselben mit andern wirkenden Bestimmungen. Oder
vielmehr ist er überhaupt nicht Ursache, sondern nur ein einzelnes
Moment, das zu den Umständen der Möglichkeit gehörte.

Denn hauptsächlich ist noch die unstatthafte Anwendung des
Kausalitätsverhältnisses auf Verhältnisse des physisch-organischen und
des geistigen Lebens zu bemerken. Hier zeigt sich das, was als Ursache
genannt wird, freilich von anderem Inhalte als die Wirkung, darum aber,
weil das, was auf das Lebendige wirkt, von diesem selbstständig
bestimmt, verändert und verwandelt wird, weil das Lebendige die Ursache
nicht zu ihrer Wirkung kommen läßt, das heißt, sie als Ursache aufhebt.
So ist es unstatthaft gesprochen, daß die Nahrung die Ursache des
Bluts, oder diese Speisen oder Kälte, Nässe, Ursachen des Fiebers
u.s.fort seyen; so unstatthaft es ist, das jonische Klima als die
Ursache der homerischen Werke, oder Cäsar's Ehrgeiz als die Ursache des
Untergangs der republikanischen Verfassung Roms anzugeben. In der
Geschichte überhaupt sind geistige Massen und Individuen im Spiele und
in der Wechselbestimmung mit einander; die Natur des Geistes ist es
aber noch in viel höherem Sinne, als der Charakter des Lebendigen
überhaupt, vielmehr nicht ein anderes Ursprüngliches in sich
aufzunehmen, oder nicht eine Ursache sich in ihn kontinuiren zu lassen,
sondern sie abzubrechen und zu verwandeln.—Welche Verhältnisse aber der
Idee angehören und bei ihr erst zu betrachten sind.—Dieß kann hier noch
bemerkt werden, daß insofern das Verhältniß von Ursache und Wirkung,
obwohl in uneigentlichem Sinne, zugelassen wird, die Wirkung nicht
größer seyn könne, als die Ursache; denn die Wirkung ist nichts weiter
als die Manifestation der Ursache. Es ist ein gewöhnlich gewordener
Witz in der Geschichte, aus kleinen Ursachen große Wirkungen entstehen
zu lassen, und für die umfassende und tiefe Begebenheit eine Anekdote
als erste Ursache aufzuführen. Eine solche sogenannte Ursache ist für
nichts weiteres als eine Veranlassung, als äußere Erregung anzusehen,
deren der innere Geist der Begebenheit nicht bedurft hätte, oder deren
er eine unzählige Menge anderer hätte gebrauchen können, um von ihnen
in der Erscheinung anzufangen, sich Luft zu machen und seine
Manifestation zu geben. Vielmehr ist umgekehrt so etwas für sich
Kleinliches und Zufälliges erst von ihm zu seiner Veranlassung bestimmt
worden. Jene Arabesken-Malerei der Geschichte, die aus einem schwanken
Stengel eine große Gestalt hervorgehen läßt, ist daher wohl eine
geistreiche, aber höchst oberflächliche Behandlung. Es ist in diesem
Entspringen des Großen aus dem Kleinen zwar überhaupt die Umkehrung
vorhanden, die der Geist mit dem Äußerlichen vornimmt; aber eben darum
ist dieses nicht Ursache in ihm, oder diese Umkehrung hebt selbst das
Verhältniß der Kausalität auf.

2. Diese Bestimmtheit des Kausalitäts-Verhältnisses aber, daß Inhalt
und Form verschieden und gleichgültig sind, erstreckt sich weiter. Die
Formbestimmung ist auch Inhaltsbestimmung; Ursache und Wirkung, die
beiden Seiten des Verhältnisses, sind daher auch ein anderer Inhalt.
Oder der Inhalt, weil er nur als Inhalt einer Form ist, hat ihren
Unterschied an ihm selbst und ist wesentlich verschieden. Aber indem
diese seine Form das Kausalitäts-Verhältniß ist, das ein in Ursache und
Wirkung identischer Inhalt ist, so ist der verschiedene Inhalt
äußerlich mit der Ursache einer Seits, und anderer Seits mit der
Wirkung verbunden; er tritt somit nicht selbst in das Wirken und in das
Verhältniß ein.

Dieser äußerliche Inhalt ist also verhältnißlos;—eine unmittelbare
Existenz;—oder weil er als Inhalt die ansichseyende Identität der
Ursache und Wirkung ist, ist auch er unmittelbare, seyende Identität.
Dieß ist daher irgend ein Ding, das mannigfaltige Bestimmungen seines
Daseyns hat, unter Anderem auch diese, daß es in irgend einer Rücksicht
Ursache oder auch Wirkung ist. Die Formbestimmungen, Ursache und
Wirkung, haben an ihm ihr Substrat, das heißt ihr wesentliches
Bestehen,—und jede ein besonderes—, denn ihre Identität ist ihr
Bestehen;—zugleich aber ist es ihr unmittelbares Bestehen, nicht ihr
Bestehen als Formeinheit, oder als Verhältniß.

Aber dieses Ding ist nicht nur Substrat, sondern auch Substanz, denn es
ist das identische Bestehen nur als des Verhältnisses. Ferner ist sie
endliche Substanz, denn sie ist bestimmt als unmittelbare gegen ihre
Ursachlichkeit. Aber sie hat zugleich Kausalität, weil sie ebenso sehr
nur das Identische als dieses Verhältnisses ist.—Als Ursache nun ist
dieses Substrat die negative Beziehung auf sich. Aber es selbst, worauf
es sich bezieht, ist erstens ein Gesetztseyn, weil es als unmittelbar
Wirkliches bestimmt ist; dieß Gesetztseyn als Inhalt ist irgend eine
Bestimmung überhaupt.—Zweitens ist ihin die Kausalität äußerlich; diese
macht somit selbst sein Gesetztseyn aus. Indem es nun ursachliche
Substanz ist, besteht seine Kausalität darin, sich negativ auf sich,
also auf sein Gesetztseyn und äußere Kausalität, zu beziehen. Das
Wirken dieser Substanz fängt daher von einem Äußern an, befreit sich
von dieser äußern Bestimmung, und seine Rückkehr in sich ist die
Erhaltung seiner unmittelbaren Existenz und das Aufheben seiner
gesetzten, und damit seiner Kausalität überhaupt.

So ist ein Stein, der sich bewegt, Ursache; seine Bewegung ist eine
Bestimmung, die er hat, außer welcher er aber noch viele andere
Bestimmungen der Farbe, Gestalt u.s.f. enthält, welche nicht in seine
Ursachlichkeit eingehen. Weil seine unmittelbare Existenz getrennt ist
von seiner Formbeziehung, nämlich der Kausalität, so ist diese ein
Äußerliches; seine Bewegung, und die Kausalität, die ihm in ihr
zukommt, ist an ihm nur Gesetztseyn.—Aber die Kausalität ist auch seine
eigene; dieß ist darin vorhanden, daß sein substantielles Bestehen
seine identische Beziehung auf sich ist, diese aber ist nunmehr als
Gesetztseyn bestimmt, sie ist also zugleich negative Beziehung auf
sich.—Seine Kausalität, welche sich auf sich als auf das Gesetztseyn
oder als ein Äußeres richtet, besteht daher darin, es aufzuheben, und
durch die Entfernung desselben in sich zurückzukehren, —somit insofern
nicht in seinem Gesetztseyn identisch mit sich zu seyn, sondern nur
seine abstrakte Ursprünglichkeit wiederherzustellen. —Oder der Regen
ist Ursache der Nässe, welche dasselbe Wasser ist als jener. Dieses
Wasser hat die Bestimmung, Regen und Ursache zu seyn, dadurch daß sie
von einem Andern in ihm gesetzt ist;—eine andere Kraft oder was es sey,
hat es in die Luft erhoben und in eine Masse zusammengebracht, deren
Schwere es fallen macht. Seine Entfernung von der Erde, ist eine seiner
ursprünglichen Identität mit sich, der Schwere, fremde Bestimmung;
seine Ursachlichkeit besteht darin dieselbe zu entfernen, und jene
Identität wieder herzustellen, damit aber auch seine Kausalität
aufzuheben.

Die jetzt betrachtete zweite Bestimmtheit der Kausalität geht die Form
an; dieß Verhältniß ist die Kausalität als sich selbst äußerlich, als
die Ursprünglichkeit, welche ebenso sehr an ihr selbst Gesetztseyn oder
Wirkung ist.

Diese Vereinigung der entgegengesetzten Bestimmungen als im seyenden
Substrat macht den unendlichen Regreß von Ursachen zu Ursachen aus. —Es
wird von der Wirkung angefangen; sie hat als solche eine Ursache, diese
hat wieder eine Ursache und so fort. Warum hat die Ursache wieder eine
Ursachen das heißt, warum wird dieselbe Seite, die vorher als Ursache
bestimmt war, nunmehr als Wirkung bestimmt und damit nach einer neuen
Ursache gefragt?—Aus dem Grunde, weil die Ursache ein Endliches,
Bestimmtes überhaupt ist; bestimmt als Ein Moment der Form gegen die
Wirkung; so hat sie ihre Bestimmtheit oder Negation außer ihr; eben
damit aber ist sie selbst endlich, hat ihre Bestimmtheit an ihr, und
ist somit Gesetztseyn oder Wirkung. Diese ihre Identität ist auch
gesetzt, aber sie ist ein Drittes, odas unmittelbare Substrat; die
Kausalität ist darum sich selbst äußerlich, weil hier ihre
Ursprünglichkeit eine Unmittelbarkeit ist. Der Formunterschied ist
daher erste Bestimmtheit, noch nicht die Bestimmtheit als Bestimmtheit
gesetzt, er ist seyendes Andersseyn. Die endliche Reflexion bleibt
einer Seits bei diesem Unmittelbaren stehen, entfernt die Formeinheit
davon und läßt es in anderer Rüksicht Ursache und in anderer Wirkung
seyn; anderer Seits verlegt sie die Formeinheit in das Unendliche, und
drükt durch das perennirende Fortgehen ihre Ohnmacht aus, sie erreichen
und festhalten zu können.

Mit der Wirkung ist es unmittelbar der nämliche Fall, oder vielmehr der
unendliche Progreß von Wirkung zu Wirkung ist ganz und dasselbe was der
Regreß von Ursache zu Ursache ist. In diesem wurde die Ursache zur
Wirkung, welche wieder eine andere Ursache hat; ebenso wird umgekehrt
die Wirkung zur Ursache, die wieder eine andere Wirkung hat.—Die
betrachtete bestimmte Ursache fängt von einer Äußerlichkeit an, und
kehrt in ihrer Wirkung nicht als Ursache in sich zurück, sondern
verliert vielmehr die Kausalität darin. Aber umgekehrt kommt die
Wirkung an ein Substrat, welches Substanz, ursprünglich sich auf sich
beziehendes Bestehen ist; an ihm wird daher dieß Gesetztseyn zum
Gesetztseyn; das heißt, diese Substanz, indem eine Wirkung in ihr
gesetzt wird, verhält sich als Ursache. Aber jene erste Wirkung, das
Gesetztseyn, das an sie äußerlich kommt, ist ein Anderes als die
zweite, die von ihr hervorgebracht wird; denn diese zweite ist
bestimmt, als ihre Reflexion-in-sich, jene aber als eine Äußerlichkeit
an ihr.—Aber weil die Kausalität hier die sich selbst äußerliche
Ursachlichkeit ist, so kehrt sie auch ebenso sehr in ihrer Wirkung
nicht in sich zurück; wird sich darin äußerlich, ihre Wirkung wird
wieder Gesetztseyn an einem Substrate,—als einer andern Substanz, die
aber ebenso es zum Gesetztseyn macht, oder sich als Ursache
manifestirt, ihre Wirkung wieder von sich abstößt und so fort in das
Schlecht-Unendliche.

3. Es ist nun zu sehen, was durch die Bewegung des bestimmten
Kausalitäts-Verhältnisses geworden ist.—Die formelle Kausalität
erlischt in der Wirkung; dadurch ist das Identische dieser beiden
Momente geworden; aber damit nur als an sich die Einheit von Ursache
und Wirkung, woran die Formbeziehung äußerlich ist.—Dieß Identische ist
dadurch auch unmittelbar nach den beiden Bestimmungen der
Unmittelbarkeit, erstens als Ansichseyn, ein Inhalt, an dem die
Kausalität sich äußerlich verläuft; zweitens als ein existirendes
Substrat, dem die Ursache und die Wirkung inhäriren, als unterschiedene
Formbestimmungen. Diese sind darin an sich eins, aber jede ist um
dieses Ansichseyns oder der Äußerlichkeit der Form willen sich selbst
äußerlich, somit in ihrer Einheit mit der andern auch als andre gegen
sie bestimmt. Daher hat zwar die Ursache eine Wirkung, und ist zugleich
selbst Wirkung; und die Wirkung hat nicht nur eine Ursache, sondern ist
auch selbst Ursache. Aber die Wirkung, welche die Ursache hat, und die
Wirkung, die sie ist;—ebenso die Ursache, welche die Wirkung hat, und
die Ursache, die sie ist, sind verschieden.

Durch die Bewegung des bestimmten Kausalitätsverhältnisses ist aber nun
dieß geworden, daß die Ursache nicht nur in der Wirkung erlischt, und
damit auch die Wirkung, wie in der formellen Kausalität, sondern daß
die Ursache in ihrem Erlöschen, in der Wirkung wieder wird, daß die
Wirkung in Ursache verschwindet, aber in ihr ebenso wieder wird. Jede
dieser Bestimmungen hebt sich in ihrem Setzen auf, und setzt sich in
ihrem Aufheben; es ist nicht ein äußerliches Übergehen der Kausalität
von einem Substrat an ein anderes vorhanden, sondern dieß Anderswerden
derselben ist zugleich ihr eigenes Setzen. Die Kausalität setzt also
sich selbst voraus oder bedingt sich. Die vorher nur an sich seyende
Identität, das Substrat, ist daher nunmehr bestimmt als Voraussetzung
oder gesetzt gegen die wirkende Kausalität, und die vorhin dem
Identischen nur äußerliche Reflexion steht nun im Verhältnisse zu
demselben.

c. Wirkung und Gegenwirkung.

Die Kausalität ist voraussetzendes Thun. Die Ursache ist bedingt; sie
ist die negative Beziehung auf sich als vorausgesetztes, als
äußerliches Anderes, welches an sich aber nur an sich die Kausalität
selbst ist. Es ist, wie sich ergeben hat, die substantielle Identität,
in welche die formelle Kausalität übergeht, die sich nunmehr gegen
dieselbe als ihr Negatives bestimmt hat. Oder es ist dasselbe, was die
Substanz des Kausalitätsverhältnisses, aber welcher die Macht der
Accidentalität als selbstsubstantielle Thätigkeit gegenüber steht.—Es
ist die passive Substanz.—Passiv ist das Unmittelbare, oder
Ansichseyende, das nicht auch für sich ist;—das reine Seyn oder das
Wesen, das nur in dieser Bestimmtheit der abstrakten Identität mit sich
ist.—Der passiven steht die als negativ sich auf sich beziebende, die
wirkende Substanz gegenüber. Sie ist die Ursache, insofern sie sich in
der bestimmten Kausalität durch die Negation ihrer selbst, aus der
Wirkung wiederhergestellt hat, das in seinem Andersseyn oder als
Unmittelbares sich wesentlich als setzend verhält, und durch seine
Negation sich mit sich vermittelt. Die Kausalität hat deswegen hier
kein Substrat mehr, dem sie inhärirte und ist nicht Formbestimmung
gegen diese Identität sondern selbst die Substanz, oder das
Ursprüngliche ist nur die Kausalität.—Das Substrat ist die passive
Substanz, die sie sich vorausgesetzt hat.

Diese Ursache wirkt nun; denn sie ist die negative Macht auf sich
selbst; zugleich ist sie ihr Vorausgesetztes; so wirkt sie auf sich als
auf ein Anderes, auf die passive Substanz.—Somit hebt sie erstlich das
Andersseyn derselben auf; und kehrt in ihr in sich zurück; zweitens
bestimmt sie dieselbe, sie setzt dieß Aufheben ihres Andersseyns oder
die Rückkehr in sich als eine Bestimmtheit. Dieß Gesetztseyn, weil es
zugleich ihre Rückkehr in sich ist, ist zunächst ihre Wirkung. Aber
umgekehrt weil sie als voraussetzend sich selbst als ihr Anderes
bestimmt, so setzt sie die Wirkung in der andern, der passiven
Substanz.—Oder weil die passive Substanz selbst das Gedoppelte ist,
nämlich ein selbstständiges Anderes, und zugleich ein Vorausgesetztes
und an sich schon mit der wirkenden Ursache Identisches, so ist das
Wirken von dieser selbst ein Gedoppeltes; es ist beides in Einem, das
Aufheben ihres Bestimmtseyns, nämlich ihrer Bedingung, oder das
Aufheben der Selbstständigkeit der passiven Substanz;—und daß sie ihre
Identität mit derselben aufhebt, somit sich voraus oder als Anderes
setzt.—Durch das letztere Moment wird die passive Substanz erhalten;
jenes erste Aufheben derselben erscheint in Beziehung hierauf zugleich
auch so, daß nur einige Bestimmungen an ihr aufgehoben werden und die
Identität ihrer mit der ersten in der Wirkung äußerlich an ihr
geschieht.

Insofern leidet sie Gewalt.—Die Gewalt ist die Erscheinung der Macht,
oder die Macht als Äußerliches. Äußerliches ist aber die Macht, nur
insofern die ursachliche Substanz in ihrem Wirken, d. h. im Setzen
ihrer selbst zugleich voraussetzend ist, d. h. sich selbst als
aufgehobenes setzt. Umgekehrt ist daher ebenso sehr das Thun der
Gewalt, ein Thun der Macht. Es ist nur ein von ihr selbst
vorausgesetztes Anderes, auf welches die gewaltige Ursache wirkt, ihre
Wirkung auf dasselbe ist negative Beziehung auf sich, oder die
Manifestation ihrer selbst. Das Passive ist das Selbstständige, das nur
ein Gesetztes ist; ein in sich selbst Gebrochenes,—eine Wirklichkeit,
welche Bedingung ist und zwar die Bedingung nunmehr in ihrer Wahrheit
nämlich eine Wirklichkeit, welche nur eine Möglichkeit ist, oder
umgekehrt ein Ansichseyn, das nur die Bestimmtheit des Ansichseyns, nur
passiv ist. Demjenigen daher, dem Gewalt geschieht, ist es nicht nur
möglich, Gewalt anzuthun, sondern sie muß ihm auch angethan werden; was
Gewalt über das Andere hat, hat sie nur, weil es die Macht desselben
ist, die sich darin und das Andere manifestirt. Die passive Substanz
wird durch die Gewalt nur gesetzt, als das was sie in Wahrheit ist,
nämlich weil sie das einfache Positive oder unmittelbare Substanz ist,
eben darum nur ein Gesetztes zu seyn; das Voraus, das sie als Bedingung
ist, ist der Schein der Unmittelbarkeit, den die wirkende Kausalität
ihr abstreift.

Der passiven Substanz wird daher durch die Einwirkung einer andern
Gewalt nur ihr Recht angethan. Was sie verliert, ist jene
Unmittelbarkeit, die ihr fremde Substantialität. Was sie als ein
Fremdes erhält, nämlich als ein Gesetztseyn bestimmt zu werden, ist
ihre eigene Bestimmung.

Indem sie nun aber in ihrem Gesetztseyn oder in ihrer eigenen
Bestimmung gesetzt wird, wird sie dadurch vielmehr nicht aufgehoben,
sondern geht so nur mit sich selbst zusammen, und ist also in ihrem
Bestimmtwerden Ursprünglichkeit.—Die passive Substanz wird also einer
Seits durch die aktive erhalten oder gesetzt, nämlich insofern diese
sich selbst zur aufgehobenen macht;—anderer Seits aber ist es das Thun
des Passiven selbst, mit sich zusammenzugehen, und somit sich zum
Ursprünglichen und zur Ursache zu machen. Das Gesetztwerden durch ein
Anderes und das eigene Werden ist ein und dasselbe.

Hierdurch, daß die passive Substanz nun selbst in Ursache verkehrt ist,
wird erstlich die Wirkung in ihr aufgehoben; darin besteht ihre
Gegenwirkung überhaupt. Sie ist an sich das Gesetztseyn, als passive
Substanz; auch ist das Gesetztseyn durch die andere Substanz in ihr
gesetzt worden, insofern sie nämlich die Wirkung derselben an ihr
bekam. Ihre Gegenwirkung enthält daher ebenso das Gedoppelte; daß
nämlich erstlich was sie an sich ist, gesetzt wird, zweitens als was
sie gesetzt wird, sich als ihr Ansichseyn darstellt; sie ist an sich
Gesetztseyn, daher erhält sie eine Wirkung an ihr durch die andere;
aber dieß Gesetztseyn ist umgekehrt ihr eigenes Ansichseyn, so ist dieß
ihre Wirkung, sie selbst stellt sich als Ursache dar.

Zweitens geht die Gegenwirkung gegen die erste wirkende Ursache. Die
Wirkung, welche die vorher passive Substanz in sich aufhebt, ist
nämlich eben jene Wirkung der ersten. Die Ursache hat aber ihre
substantielle Wirklichkeit nur in ihrer Wirkung; indem diese aufgehoben
wird, so wird ihre ursachliche Substantialität aufgehoben. Dieß
geschieht erstlich an sich durch sich selbst, indem sie sich zur
Wirkung macht; in dieser Identität verschwindet ihre negative
Bestimmung und sie wird Passives; zweitens geschieht es durch die
vorhin passive, nun rückwirkende Substanz, welche deren Wirkung
aufhebt.-In der bestimmten Kausalität wird die Substanz, auf welche
gewirkt wird, zwar auch wieder Ursache, sie wirkt hiermit dagegen, daß
eine Wirkung in ihr gesetzt wurde. Aber sie wirkte nicht zurück gegen
jene Ursache, sondern setzte ihre Wirkung wieder in eine andere
Substanz, wodurch der Progreß von Wirkungen ins Unendliche zum
Vorschein kam; weil hier die Ursache in ihrer Wirkung nur erst an sich
mit sich identisch ist, daher einer Seits in einer unmittelbaren
Identität in ihrer Ruhe verschwindet, anderer Seits in einer andern
Substanz sich wieder erweckt.—In der bedingten Kausalität hingegen
bezieht die Ursache in der Wirkung sich auf sich selbst, wäl sie ihr
Anderes als Bedingung als vorausgesetztes ist, und ihr Wirken dadurch
ebenso sehr Werden, als Setzen und Aufheben des Andern ist.

Ferner verhält sie sich hiermit als passive Substanz; aber, wie sich
ergab, entsteht diese durch die auf sie geschehene Wirkung als
ursachliche Substanz. Jene erste Ursache, welche zuerst wirkt, und ihre
Wirkung als Gegenwirkung in sich zurück erhält, tritt damit wieder als
Ursache auf; wodurch das in der endlichen Kausalität in den
schlecht-unendlichen Progreß auslaufende Wirken umgebogen, und zu einem
in sich zurückkehrenden, einem unendlichen Wechselwirken wird.

C. Die Wechselwirkung.

In der endlichen Kausalität sind es Substanzen, die sich wirkend zu
einander verhalten. Der Mechanismus besteht in dieser Äußerlichkeit der
Kausalität, daß die Reflexion der Ursache in ihrer Wirkung in sich
zugleich ein abstoßendes Seyn ist, oder daß in der Identität, welche
die ursachliche Substanz in ihrer Wirkung mit sich hat, sie sich ebenso
unmittelbar Äußerliches bleibt, und die Wirkung in eine andere Substanz
übergegangen ist. In der Wechselwirkung ist nun dieser Mechanismus
aufgehoben; denn sie enthält erstens das Verschwinden jenes
ursprünglichen Beharrens der unmittelbaren Substantiaiität; zweitens
das Entstehen der Ursache; und damit die Ursprünglichkeit als durch
ihre Negation sich mit sich vermittelnd.

Zunächst stellt die Wechselwirkung sich dar als eine gegenseitige
Kausalität von vorausgesetzten, sich bedingenden Substanzen; jede ist
gegen die andere zugleich aktive und zugleich passive Substanz. Indem
beide hiermit sowohl passiv als aktiv sind, so hat sich bereits jeder
Unterschied derselben aufgehoben; er ist ein völlig durchsichtiger
Schein; sie sind Substanzen nur darin, daß sie die Identität des
Aktiven und Passiven sind. Die Wechselwirkung selbst ist daher nur noch
leere Art und Weise; und es bedarf bloß noch eines äußern
Zusammenfassens dessen, was bereits sowohl an sich als gesetzt ist.
Fürs erste sind es keine Substrate mehr, welche miteinander in
Beziehung stehen, sondern Substanzen; in der Bewegung der bedingten
Kausalität hat sich die noch übrige vorausgesetzte Unmittelbarkeit
aufgehoben, und das Bedingende der ursachlichen Activität ist nur noch
die Einwirkung, oder die eigene Passivität. Diese Einwirkung kommt aber
ferner nicht von einer andern ursprünglichen Substanz her; sondern eben
von einer Ursachlichkeit, welche durch Einwirkung bedingt, oder ein
Vermitteltes ist. Dieß zunächst Äußerliche, das an die Ursache kommt
und die Seite ihrer Passivität ausmacht, ist daher durch sie selbst
vermittelt, es ist durch ihre eigene Aktivität hervorgebracht, somit
die durch ihre Aktivität selbst gesetzte Passivität.—Die Kausalität ist
bedingt und bedingend; das Bedingende ist das Passive, aber ebenso sehr
ist das Bedingte passiv. Dieß Bedingen oder die Passivität ist die
Negation der Ursache durch sich selbst, indem sie sich wesentlich zur
Wirkung macht, und eben dadurch Ursache ist. Die Wechselwirkung ist
daher nur die Kausalität selbst; die Ursache hat nicht nur eine
Wirkung, sondern in der Wirkung steht sie als Ursache mit sich selbst
in Beziehung.

Hierdurch ist die Kausalität zu ihrem absoluten Begriffe zurückgekehrt,
und zugleich zum Begriffe selbst gekommen. Sie ist zunächst die reale
Nothwendigkeit; absolute Identität mit sich, so daß der Unterschied der
Nothwendigkeit und die in ihr sich auf einander beziehenden
Bestimmungen, Substanzen, freie Wirklichkeiten, gegen einander, sind.
Die Nothwendigkeit ist auf diese Weise die innere Identität; die
Kausalität ist die Manifestation derselben, worin ihr Schein des
substantiellen Andersseyn sich aufgehoben hat, und die Nothwendigkeit
zur Freiheit erhoben ist.—In der Wechselwirkung stellt die
ursprüngliche Kausalität sich als ein Entstehen aus ihrer Negation, der
Passivität, und als Vergehen in dieselbe, als ein Werden dar; aber so
daß dieß Werden zugleich ebenso sehr nur Scheinen ist; das Übergehen in
Anderes ist Reflexion-in-sich selbst; die Negation, welche Grund der
Ursache ist, ist ihr positives Zusammengehen mit sich selbst.

Nothwendigkeit und Kausalität sind also darin verschwunden; sie
enthalten beides die unmittelbare Identität als Zusammenhang und
Beziehung, und die absolute Substantialität der Unterschiedenen somit
die absolute Zufälligkeit derselben; die ursprüngliche Einheit
substantieller Verschiedenheit; also den absoluten Widerspruch. Die
Nothwendigkeit ist das Seyn, weil es ist; die Einheit des Seyns mit
sich selbst, das sich zum Grunde hat; aber umgekehrt weil es einen
Grund hat, ist es nicht Seyn, ist es schlechthin nur Schein, Beziehung
oder Vermittelung. Die Kausalität ist dieß gesetzte Übergehen des
ursprünglichen Seyns, der Ursache, in Schein oder bloßes Gesetztseyn,
umgekehrt des Gesetztseyns in Ursprünglichkeit; aber die Identität
selbst des Seyns und Scheins ist noch die innere Nothwendigkeit. Diese
Innerlichkeit oder dieß Ansichseyn hebt die Bewegung der Kausalität
auf; damit verliert sich die Substantialität der im Verhältnisse
stehenden Seiten, und die Nothwendigkeit enthüllt sich. Die
Nothwendigkeit wird nicht dadurch zur Freiheit, daß sie verschwindet,
sondern daß nur ihre noch innere Identität manifestirt wird; eine
Manifestation, welche die identische Bewegung des Unterschiedenen in
sich selbst, die Reflexion des Scheins als Scheins in sich
ist.—Umgekehrt wird zugleich dadurch die Zufälligkeit zur Freiheit,
indem die Seiten der Nothwendigkeit, welche die Gestalt für sich
freier, nicht in einander scheinender Wirklichkeiten haben, nunmehr
gesetzt sind als Identität, so daß diese Totalitäten der
Reflexion-in-sich, in ihrem Unterschiede nun auch als identische
scheinen, oder gesetzt sind nur als eine und dieselbe Reflexion.

Die absolute Substanz, als absolute Form sich von sich unterscheidend,
stößt sich daher nicht mehr als Nothwendigkeit von sich ab, noch fällt
sie als Zufälligkeit in gleichgültige, sich äußerliche Substanzen aus
einander, sondern unterscheidet sich einer Seits in die Totalität,
welche,—die vorhin passive Substanz Ursprüngliches ist als die
Reflexion aus der Bestimmtheit in sich, als einfaches Ganzes, das sein
Gesetztseyn in sich selbst enthält und als identisch darin mit sich
gesetzt ist, das Allgemeine;—anderer Seits in die Totalität,—die vorhin
ursachliche Substanz,—als in die Reflexion ebenso aus der Bestimmtheit
in sich zur negativen Bestimmtheit, welche so als die mit sich
identische Bestimmtheit ebenfalls das Ganze, aber als die mit sich
identische Negativität gesetzt ist;—das Einzelne. Unmittelbar aber,
weil das Allgemeine nur identisch mit sich ist, indem es die
Bestimmtheit als aufgehoben in sich enthält, also das Negative als
Negatives ist,—ist es dieselbe Negativität, welche die Einzelnheit
ist;—und die Einzelnheit, weil sie ebenso das bestimmte Bestimmte, das
Negative als Negatives ist, ist sie unmittelbar dieselbe Identität,
welche die Allgemeinheit ist. Diese ihre einfache Identität ist die
Besonderheit, welche vom Einzelnen das Moment der Bestimmtheit, vom
Allgemeinen das Moment der Reflexion-in-sich in unmittelbarer Einheit
enthält. Diese drei Totalitäten sind daher Eine und dieselbe Reflexion,
welche als negative Beziehung auf sich in jene beiden sich
unterscheidet, aber als in einen vollkommen durchsichtigen Unterschied,
nämlich in die bestimmte Einfachheit, oder in die einfache
Bestimmtheit, welche ihre Eine und dieselbe Identität ist.—Dieß ist der
Begriff, das Reich der Subjektivität oder der Freiheit.





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