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Title: Das Weserbergland und der Teutoburger Wald
Author: Reißert, Oswald
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Das Weserbergland und der Teutoburger Wald" ***

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TEUTOBURGER WALD ***

  +------------------------------------------------------------------+
  | Anmerkungen zur Transkription                                    |
  |                                                                  |
  | Gesperrter Text ist als ¯gesperrt¯ dargestellt, Antiquaschrift   |
  | als ~Antiqua~, und tiefgestellter Text als _{tiegestellt}.       |
  | Eine Liste der Änderungen befindet sich am Ende des Buchs.       |
  +------------------------------------------------------------------+


                            Land und Leute

                             Monographien
                             zur Erdkunde


                            Land und Leute

                             Monographien
                             zur Erdkunde

                       In Verbindung mit Anderen
                      herausgegeben von A. Scobel

                                  24

                           Weserbergland und
                           Teutoburger Wald

                                 1909

                         Bielefeld und Leipzig

                     Verlag von Velhagen & Klasing



                           Das Weserbergland
                                und der
                           Teutoburger Wald

                            von O. Reißert

                        Mit einer geologischen
                        Übersicht von H. Stille

               Mit 123 Abbildungen nach photographischen
                  Aufnahmen und einer farbigen Karte

                            [Illustration]

                                 1909

                         Bielefeld und Leipzig

                     Verlag von Velhagen & Klasing


                Druck von Fischer & Wittig in Leipzig.



Inhalt.


                                                            Seite

     ~I.~ Einleitung                                            3

    ~II.~ Der geologische Bau des Weserberglandes und des
          Teutoburger Waldes. Von ~Dr.~ ¯H. Stille¯             5

   ~III.~ Klima und Gewässer                                   19

    ~IV.~ Der Wald                                             27

     ~V.~ Bäuerliche Verhältnisse                              35

    ~VI.~ Geschichtliches                                      56

   ~VII.~ Die Weser von Münden bis Herstelle. Dransfelder
          Höhenland und Reinhardswald                          63

  ~VIII.~ Solling, Homburg und Vogler                          74

    ~IX.~ Die Weser von Herstelle bis Hameln                   78

     ~X.~ Die  Hilsmulde                                       84

    ~XI.~ Osterwald, Deister und Bückeburg                     89

   ~XII.~ Von Hameln nach Osnabrück. Süntel, Weserkette
          und Wiehengebirge                                    94

  ~XIII.~ Osning, Teutoburger Wald und Egge                   110

   ~XIV.~ Zwischen Teutoburger Wald und Weser                 119

         *       *       *       *       *

  Literatur                                                   125

  Verzeichnis der Abbildungen                                 126

  Register                                                    128

  Karte des Weserberglandes und des Teutoburger Waldes.

[Illustration: Abb. 1. Das Hermannsdenkmal im Morgennebel.

Verlag der Hinrichs'schen Hofbuchhandlung (H. Knöner) in Detmold. (Zu
Seite 116.)]



~I.~ Einleitung.


Dieses Buch soll meiner Heimat gehören. Auf einem Hügel, der das
breite, wie ein ausgetrockneter See daliegende Wesertal überblickt,
dort, wo die Ufer den Strom vor seinem Scheiden aus der bergigen
Umgebung zum letzten Male mit allen ihren Reizen umkränzen, stand
meiner Eltern Haus. Dort empfing der kleine Knabe, der einst die
Unterhaltung der Erwachsenen über die Schönheit der Gegend belauschte,
auf sein Eingeständnis: »Ich weiß wohl, was eine Gegend ist; aber
was eine schöne Gegend ist, das verstehe ich nicht«, eine für sein
Alter ausreichende Erklärung mit dem Hinweis auf die weite Fernsicht
vom Altan des väterlichen Hauses. Später ging ihm das Verständnis
für andere Reize seines Heimatgaues auf. Auf Spaziergängen durch
den Buchenhochwald hob sich der Blick von dem Boden, wo süße
Beeren lockten, zu den Domgewölben der hohen Wipfel empor, und die
Obstbaumpflanzungen, in denen manches der benachbarten Dörfer sich
schier versteckte, erfreuten nicht nur im Sommer und Herbst den Gaumen
mit ihren süßen Gaben, sondern auch im Frühling das Auge mit der weißen
Pracht ihrer Blüten. Ein anregender erdkundlicher Unterricht lehrte
die Silhouette der bläulichen Weserkette, die sich in rhythmisch
bewegter Wellenlinie in die Ferne schwingt, und die in dem Teutoburger
Walde drüben ihr ebenbürtiges Gegenstück hat, als bewunderswerten Zug
des heimischen Landschaftsbildes erfassen und die ehrwürdigen Reste
einstiger Ritterburgen, Stadtbefestigungen und sonstiger baulichen
Zeugen der Vergangenheit mit frommer Scheu betrachten, während an
schulfreien Tagen sich jugendlicher Wander- und Wagemut von hohen
Kuppen, schroffen Klippen und dunklen Höhlen angezogen fühlte. Die
ersten Reisen aber trugen dem Jüngling die Erfahrung ein, daß weder
jene farbenprächtigen Volkstrachten noch jene behaglichen Gehöfte, in
denen sich der bäuerliche Wohlstand Westfalens und Lippes zeigte, und
die er als etwas Selbstverständliches hingenommen hatte, in gleicher
Weise in anderen Gegenden wiederkehrten, und diese Erkenntnis erfüllte
ihn mit frohem Stolze.

Jene Zeiten, in denen sich so die Vorstellung der Heimat als eines
eigenartigen Stückes Erde und die Liebe zu eben diesem Teile deutschen
Bodens gleichzeitig mit dem Menschen selber, mit seinen körperlichen
und geistigen Kräften, entwickelte, liegen lange hinter mir. Aber auch
in den späteren Jahrzehnten hat mich zwischen manchen Reisen in andere
Gebiete deutschen und außerdeutschen Landes doch die Wanderlust wieder
und wieder nach der roten Erde und an die Gestade des freundlichen
Stromes geführt; trotz aller großartigeren Eindrücke erhabenerer Natur
habe ich mich dem Zauber jener idyllischen Mittelgebirgslandschaften
nie zu entziehen vermocht, sei es daß junges Buchengrün die kindlichen
Hügelformen zart umkleidete, sei es daß bei Julisonnenschein der Segen
der Felder seine goldenen Wogen im leichten Winde fluten ließ, mochte
der Bergwald in prächtigem, gelbbraunem Herbstschmuck dastehen, oder
mochten die hochstämmigen Fichten von bärtigem Rauhfrost behängt
sein. Freilich liegt in dieser Vorliebe eines einzelnen für eine
Landschaft, zumal wenn sie die Stätte seiner Knabenspiele gewesen
ist, noch kein Beweis dafür, daß sie auch des Interesses anderer wert
sei. Der Gefahr aber, daß die Heimatliebe zum »Lokalpatriotismus«
werde -- ein häßliches Wort! -- entgehen wir am besten, wenn wir uns
bemühen die wirklichen Verhältnisse zu erkennen, wenn wir die Natur der
einzelnen Bergzüge und Täler, ihr Alter und ihr Werden zu verstehen
suchen, wenn wir das organische Leben in seiner Abhängigkeit von
Bodengestalt, Bewässerung und Klima betrachten und wenn wir endlich
das menschliche Leben der Vergangenheit und der Gegenwart in seiner
Bedingtheit durch die Summe aller jener natürlichen Voraussetzungen
studieren. Dieser Aufgabe ist das vorliegende Buch gewidmet, wenigstens
in erster Linie. Mag es daneben auch dem Zwecke dienen, das Interesse
der Reisenden auf jene Gegenden zu lenken. In diesem Sinne möchte
ich mich dem Rinteler Gymnasiallehrer Ludwig Boclo anschließen, der
im Jahre 1844 einen »Begleiter auf dem Weserdampfschiffe« herausgab
und bereits damals klagte, daß die Schnelligkeit des Reisens »in
der neuesten Zeit« leider der Götze geworden sei, welchem jede
Gemütlichkeit, jeder Naturgenuß, jede ruhige Auffassung und Beschauung
geopfert werde. »Eine große innige Freude,« schreibt er, »würde es
dem Unterzeichneten (welcher die körperlich-psychische und gemütlich
erweckende und wiederbelebende Kraft des Reisens seit 40 Jahren an
sich und anderen erfahren hat) gewähren, wenn er bei recht vielen das
Verlangen erregen und das vorhandene noch steigern sollte, eine der
deutschesten Gegenden des gemeinsamen Vaterlandes auf eine so anmutige
Weise« (d. h. zu Schiffe) »kennen zu lernen.« Diese Worte wurden in
einer Zeit geschrieben, in welcher die landschaftlichen Schönheiten
jenes westfälisch-niedersächsischen Grenzgebietes noch nicht lange
zuvor entdeckt worden waren. Im Jahre 1835 hatte George Osterwald
seine »Gallerie von Weseransichten« und F. C. Th. Piderit seine
»Geschichtlichen Wanderungen durch das Wesertal« in Rinteln erscheinen
lassen.

Am Anfang der Pideritschen Schrift stand als Gruß an den Leser anonym
Franz Dingelstedts später so bekannt gewordenes Gedicht, das mit der
Strophe beginnt:

    Ich kenne einen deutschen Strom,
    Der ist mir wert und lieb vor allen,
    Umwölbt von ernster Eichen Dom,
    Umgrünt von kühlen Buchenhallen.

    Ihn hat nicht, wie den großen Rhein,
    Der Alpen dunkler Geist beschworen,
    Ihn hat der friedliche Verein
    Verwandter Ströme still geboren.

Sieben Jahre später (Cassel 1842) gab Dingelstedt, wiederum ohne
seinen Namen, das Buch »Das Wesertal von Münden bis Minden« heraus.
In ihm macht er es sich zur Aufgabe, des »Sängers Fluch« zu lösen,
d. h. jenes bekannte Wort Schillers in seinen deutschen Wasser-Xenien,
daß von der Weser gar nichts zu sagen sei, zu widerlegen. Schon im
Herbste 1839 hatte Ferdinand Freiligrath seine begeisterte Einleitung
zu Levin Schückings, im Jahre 1841 zuerst veröffentlichtem Buche
»Das malerische und romantische Westfalen« verfaßt, in der er unter
anderem die Schönheit der Porta Westfalica dithyrambisch preist.
Die Wirkung all dieser Bücher war ungeheuer, und als im Jahre 1844
die Weserdampfschiffahrt, 1846 die Cöln-Mindener Bahn eröffnet
worden waren, konnten Westfalen und Weserbergland als Ziele für
Vergnügungsreisen ernstlich in Frage kommen.

[Sidenote: Umgrenzung des Gebiets.]

Wenn der Titel unseres Buches als Gegenstand dieser Arbeit das
Weserbergland und den Teutoburger Wald nennt, so sind wir uns einer
gewissen unvermeidbaren Willkür in der Fassung der Aufgabe bewußt. Wir
verstehen unter Weserbergland die hügeligen Landschaften, welche von
dem Zusammenfluß der Werra und Fulda an beiderseits die Weser nach
Norden zu begleiten, und zwar im Osten bis an den Rand der von der
Leine durchflossenen Göttinger Senke, im Westen bis an die Münstersche
Bucht und im Norden bis an die Norddeutsche Tiefebene. Der Teutoburger
Wald ist besonders genannt, weil er -- wie allerdings auch das
Wiehengebirge und seine namenlose westliche Fortsetzung -- sich weit
von der Weser entfernt und in das Gebiet der Ems hineinragt. Sind die
Grenzen unseres Berglandes nach Westen und Norden durch den Beginn der
Tiefebenen ohne weiteres gegeben, und kann man sich das Leinetal als
Scheide gegen das ostfälische Harzvorland immerhin gefallen lassen,
so hat die Grenze nach Süden insofern etwas Willkürliches, als man
dem hessischen Berglande, dessen nördliche Fortsetzung die Weserberge
bilden, vielfach den Solling, den Reinhardswald, das Eggegebirge nebst
dem Nethegau zurechnet, anderseits aber zum mindesten der Kaufunger
Wald, wenn nicht gar der Meißner, es verlangen könnte, den Paten
zugesellt zu werden, welche die Wiege der Weser umstehen.

Das so umgrenzte Gebiet stellt ungefähr ein rechtwinkeliges Dreieck
dar, dessen Scheitelpunkt südlich von Hannover bei Bennigsen am
Deister zu suchen ist, während die anderen beiden Ecken in Münden und
in Bevergern bei Rheine liegen. Von Bennigsen beträgt die Luftlinie
bis Münden etwa 100, bis Bevergern 140 ~km~. Das ganze Gebiet wäre
also annähernd 7000 ~qkm~ groß. Auf diesem Raume wechseln nun die
mannigfachsten Geländeformen: langgestreckte Bergzüge, hier schroff
abfallend, dort sanfter geneigt, ferner Plateaus und flachgerundete
Kuppen, sowie förmliche Kegel, endlich engere und weitere Fluß- und
Bachtäler. Frischer Laub- und ernster Nadelwald werden abgelöst
von üppigen Fruchtfeldern. Neben dürftig bewachsenen und spärlich
besiedelten Strichen finden sich dicht bevölkerte Gegenden mit reich
entwickeltem Ackerbau oder beachtenswerter Gewerbetätigkeit.

Ohne der Einzelbeschreibung vorzugreifen, oder auf das Geologische
schon jetzt näher einzugehen, werden wir versuchen müssen, uns
vorläufig in diesem Wirrwarr zu orientieren. Beginnen wir rechts von
der Weser. Dort, wo die Leine gerade bei ihrem Übergang aus westlicher
in nördliche Richtung sich der Werra am meisten nähert -- die Eisenbahn
Göttingen-Bebra überschreitet hier bei Eichenberg die Wasserscheide
-- können wir die Grenze zwischen Eichsfeld und Weserbergland
annehmen. Dieses letztere beginnt mit einer von Basaltkuppen bekrönten
Hochfläche ohne volkstümlichen Gesamtnamen, für die wir die Bezeichnung
Dransfelder Höhenland annehmen wollen. Nördlich davon liegt die
Sandsteinhochebene des Sollings. Im Osten ist diesem Gebirge der
nord-südlich verlaufende Muschelkalkrücken der Weper vorgelagert. Im
Norden streichen die beiden Parallelketten der Grubenhagener Berge,
sowie etwas entfernter der Elfas, die Homburggruppe und der Vogler,
von Südost nach Nordwest zur mittleren Weser. Hieran schließt sich die
felsberühmte, langgestreckte Ellipse der Hilsmulde. Eine breite Senke
scheidet sie vom Osterwald und Kleinen Deister. Diesen trennt ein enger
Paß vom eigentlichen Deister, dessen nach Südwest umgebogenes, durch
das Auetal abgeschiedenes Gegenstück der Bückeberg bildet. Etwas weiter
südlich beginnt mit dem Süntel jener lange Zug, der sich als Weserkette
bis zur Porta Westfalica hinzieht.

Am linken Weserufer liegt dem Dransfelder Höhenland gegenüber der
Reinhardswald. Sein Westabhang leitet über zu jenem langgestreckten,
welligen Gelände, das sich zwischen der Weser einerseits und den
Kämmen der Egge und des Teutoburger Waldes anderseits hinzieht und
sich gliedern läßt in Warburger Börde, Höxtersches Hügelland (oder
Paderborner Hochfläche) und Lippisches Hügelland. Die westliche
Fortsetzung dieses Landstriches ist dann das Ravensbergische und
Osnabrückische Hügelland; seine südliche Begrenzung gegen das
Münsterland bildet auch hier der Teutoburger Wald, in jenem westlichen
Teile meist Osning genannt, und zwar bis zu seinem Ende in der Nähe der
Ems bei Bevergern, die nördliche der auf dem linken Ufer des Stromes
liegende Teil der Weserkette, streckenweise Wiehengebirge genannt.

Dieses bunte orographische Bild in seinen Einzelzügen zu verstehen,
kann uns nur der Geologe lehren. Wir werden zunächst seinem Vortrage zu
lauschen haben.



~II.~ Der geologische Bau des Weserberglandes und des Teutoburger
Waldes.

Von Professor ~Dr.~ H. Stille-Hannover.


[Sidenote: Geologie. Verwerfungen und Abtragung.]

Die topographische Vielgestaltigkeit des Berg- und Hügellandes
zwischen Teutoburger Wald, Leinetal und Norddeutscher Tiefebene,
des Weserberglandes, steht in engstem Zusammenhange mit der
Mannigfaltigkeit des geologischen Aufbaues. Zwar ist die Zahl der
Formationen, die ausgedehntere Flächen bedecken, keine ungewöhnlich
große, und haben wir es in der Hauptsache nur mit den Sedimenten
des Mittelalters der Erde, der mesozoischen Zeit, zu tun; aber die
Lagerungsverhältnisse sind äußerst mannigfaltiger Art und teilweise
nur schwierig deutbar, Faltungen sind nach wechselnden Richtungen
eingetreten und Verwerfungen durchsetzen den Boden in solcher Zahl,
daß er stellenweise als ein förmliches Mosaik durcheinandergewürfelter
Schollen erscheint. Abbildung 2 zeigt ein System von Verwerfungen
aus dem östlichen Vorlande des Eggegebirges, das den Untergrund dort
in hunderte einzelner Schollen zerreißt. An den durch tektonische
Kräfte gegeneinander verschobenen Schollen haben dann die Kräfte
der Abtragung oder Denudation angesetzt, um das wechselvolle Bild
unserer Landschaft hervorzuzaubern. Weiches Material ist ihnen leicht
zum Opfer gefallen, hartes hat Widerstand geleistet und ist damit
aus den umgebenden mürberen Schichten zu den lang sich hinziehenden
Bergrippen und gedrungeneren Kuppen herausgearbeitet worden, die heute
das bestimmendste Element der Landschaft ausmachen. In der Hauptsache
bedingt also die wechselnde Widerstandsfähigkeit der Schichtkomplexe
das heutige Relief; gegenüber ihrer Nachbarschaft gesunkene Komplexe,
wie der Hils, können dabei als hochragende Bergzüge erscheinen, sobald
nur widerstandsfähiges Material sie zusammensetzt, während die Linien
¯geologisch¯ höchster Heraushebung oft genug in Talungen verlaufen,
falls mürbe Schichten, wie z. B. Röt, in ihnen liegen. Der Betrag der
Heraushebung[1] der Schollen und Schollenkomplexe drückt sich in der
Verteilung der Formationen an der Tagesoberfläche aus, und es liegt auf
der Hand, daß in den Gebieten höchster Heraushebung uns die ältesten,
in den Senkungsgebieten die jüngeren Schichten entgegentreten.

[1] Die Begriffe »Hebungsgebiet«, »Senkungsfeld«, »gehoben«, »gesunken«
sind im folgenden nicht absolut, sondern nur relativ in ¯dem¯ Sinne zu
verstehen, daß sie die heutige Lage der Schollen zu ihrer Nachbarschaft
zum Ausdrucke bringen sollen. Unerörtert bleibt dabei, ob z. B. ein
»Hebungsgebiet« tatsächlich etwas Herausgehobenes ist oder etwas
Stehengebliebenes, während die benachbarten Komplexe in die Tiefe
sanken. Die obigen Begriffe sollen also nur den heutigen Zustand
ausdrücken, nicht aber den Vorgang, der diesen Zustand schuf.

[Illustration: Abb. 2. Das Verwerfungssystem entlang dem Egge-Gebirge
zwischen Driburg und Willebadessen, aufgenommen von H. Stille
1903-1904. Maßstab etwa 1 : 80000.]

[Sidenote: Von der ältesten Zeit bis zum Trias.]

¯Vorpermisches »Grundgebirge«¯ nimmt weitere Flächen erst
etwas außerhalb des Wesergebirgslandes im Harz und Rheinischen
Schiefergebirge ein, erscheint in unserem Gebiete aber nur in
drei kleineren Vorkommnissen in der Gegend von Osnabrück. Hier
sind die Ibbenbürener Bergplatte, der Piesberg und der Hüggel aus
kohlenführenden Konglomeraten, Sandsteinen und Schiefertonen des Oberen
oder Produktiven Karbons zusammengesetzt, und nach den Floren, die
diese Schichten umschließen, haben wir es mit dem oberen Teile der
sogenannten »Saarbrücker Stufe« zu tun. An der Ibbenbürener Bergplatte
geht heute noch der Bergbau auf Flöze des Oberkarbons um, während
dieser am Piesberg vor etwas mehr als einem Jahrzehnt zum Erliegen
gekommen ist, und am Hüggel das Vorhandensein von Flözen bisher nur
durch Tiefbohrungen festgestellt wurde.

Von der ¯Dyas¯ fehlt die untere Stufe, das Rotliegende, gänzlich,
und auch gewisse rotgefärbte Schichten des Hüggels, die lange für
Rotliegend galten, sind nach neueren Feststellungen nicht hierzu,
sondern zum Oberkarbon zu rechnen. Die Zechsteinformation, der obere
Teil der Dyas, ist im Umrandungsgebiete der Oberkarboninseln von
Osnabrück vorhanden, wo sie am Hüggel und der Ibbenbürener Bergplatte
die Braun- und Spateisensteinlager umschließt, die zur Gründung der
Georgsmarienhütte geführt haben, und findet sich ferner in vereinzelten
kleinen Schollen bei Bonenburg am südlichsten Eggegebirge und im
Gebiete des Sollings. Einen Gipsstock, der dieser Formation angehört,
finden wir bei Stadtoldendorf an der Homburg, wo der Gips in großen
Brüchen gewonnen wird. Dem oberen Teile des Zechsteins gehören die
Stein- und Kalisalzlager an, die im Leinetale in den letzten Jahren
nachgewiesen und Gegenstand des Bergbaues geworden sind.

Die ¯Trias¯, der tiefste Teil der mesozoischen Formation, nimmt
mit ihren drei Gliedern, Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper, so
ziemlich das ganze Gebiet zwischen dem Teutoburger Walde einerseits,
Weserkette, Süntel, Ith und Hils anderseits ein. Der Buntsandstein
setzt die Höhen des Sollings und Reinhardswaldes und weiter nördlich
Elfas und Vogler zusammen und bildet auch die Hänge des Wesertales
zwischen Münden und Holzminden, bei Bodenwerder und weiter nördlich.
Bei Bad Pyrmont stecken die Sandsteine dieser Formation in der Tiefe
des Talkessels, während die angrenzenden Hänge in ihrem unteren Teile
von den rötlichen Tonen des oberen Buntsandsteins oder Röts gebildet
werden, und auch am Teutoburger Walde ist die Buntsandsteinformation
vielfach nachweisbar. Der weitverbreitete Muschelkalk tritt am
geschlossensten zwischen Solling und Teutoburger Wald auf und trennt
hier als »Brakeler Muschelkalkschwelle« die beiden großen Keupermulden
des Gebietes zwischen Teutoburger Wald und Weser, die sogenannte
Keupermulde von Borgentreich, die etwa mit der fruchtbaren »Warburger
Börde« zusammenfällt, und die Lippische Keupermulde. Letztere nimmt
fast das ganze Gebiet zwischen der Weser und ihrem linken Nebenflusse,
der Werre, ein, und nur lokal, wie z. B. bei Pyrmont, ist der Keuper
durch Aufwölbungen älterer Triasschichten unterbrochen. In dem stark
welligen und landschaftlich sehr reizvollen Berglande, das die Bahnen
Hameln-Altenbeken und Hameln-Lage durchschneiden, finden wir die
schönsten Beispiele der Abhängigkeit der Bodengestaltung von der
Zusammensetzung des Untergrundes, indem die Niederungen von den mürben
Mergeln und Tonen, die Höhen von den Sandsteinen und Quarziten des
Keupers zusammengesetzt werden (Abb. 3). Namentlich die technisch
recht wertvollen Quarzite des oberen Keupers oder Rhäts decken häufig
die Bergkuppen, wie den Klüt bei Hameln, die Lemgoer Mark bei Lemgo,
Winterberg, Herrmannsberg und Schwalenberger Wald südwestlich von
Pyrmont und den Köterberg bei Holzminden, eine der höchsten Kuppen
zwischen Harz und Rheinischem Schiefergebirge. Ferner hat der Keuper
zwischen Osning und Wiehengebirge in der Gegend von Melle und Osnabrück
recht erhebliche Verbreitung.

[Illustration: Abb. 3. Keuperlandschaft bei Aerzen, südwestlich von
Hameln. Die höhere Bergstufe wird vom Rhät (Oberer Keuper), die tiefere
von Schilfsandstein (Mittlerer Keuper) gebildet.

Nach einer Photographie von H. Stille 1908.]

[Sidenote: Jura.]

Vom ¯Jura¯ bestehen die untere und mittlere Abteilung, der Lias
(Schwarzer Jura) und der Dogger (Brauner Jura), vorwiegend aus mürben
Tonen, die obere Abteilung, der Malm (Weißer Jura), aber vorwiegend aus
festen Kalken, und so ist es nur natürlich, daß erstere im allgemeinen
in Talungen und an flachen Hängen zu suchen sind, während der Malm
Bergzüge bildet. Das Einbeck-Markoldendorfer Becken, das dem Solling
nach Nordosten vorgelagert ist, die Liaspartien im östlichen Vorlande
des Eggegebirges und die Herforder Liasmulde zwischen Bielefeld und
Herford sind Beispiele für Niederungsgebiete der älteren Juraschichten,
während die lang sich hinziehende Bergkette des Ith zwischen
Coppenbrügge und Eschershausen, der Kahnstein und der Selter, der
Deister bei Springe, der Saupark (Abb. 6) und die Weserkette (Abb. 4)
vom Weißen Jura gekrönt werden. Vorwiegend ist es der sogenannte
Korallenoolith des Weißen Jura, der die Felsklippen am obersten Hange
der genannten Bergzüge zusammensetzt, so die Dielmisser Felsen,
Hammerslust, Poppenstein und Mönchstein am Ith, den Bielstein am
Deister, den Hohenstein und die Luhdener Klippen an der Weserkette. In
der Weserkette westlich der Porta Westfalica, d. h. im Wiehengebirge,
und auch schon etwas östlich der Porta erreichen in dem vorwiegend
aus Tonen bestehenden Dogger harte Sandsteine (Portasandsteine) eine
erheblichere Mächtigkeit und setzen stellenweise wie an der Porta den
Gebirgskamm zusammen, und ein anderer fester Horizont des Braunen Jura,
das aus eisenschüssigen Kalksandsteinen bestehende »Cornbrash«, bildet
weithin kleine Vorberge zur Hauptkette.

Im Gegensatz zu der ziemlich erheblichen Mächtigkeit des Weißen
Juras in der Weserkette steht die geringe Entwicklung dieser
Formation am Teutoburger Walde, in dessen südlichem Teile, dem
Eggegebirge, sie überhaupt nicht bekannt ist. Teilweise mag die
Ablagerung dieser Schichten unterblieben sein, teilweise sind aber
auch Wiederzerstörungen bald nach erfolgter Ablagerung, teilweise
auch Verwerfungen der Grund der heutigen Lückenhaftigkeit der
Weißjuraprofile.

[Sidenote: Kreidezeit.]

An der Basis der ¯Kreideformation¯, des obersten Teiles der
mesozoischen Formationsgruppe, liegt in Nordwestdeutschland der
sogenannte Wealden, der im Gegensatz zu allen ihn überlagernden
Kreideschichten in der Hauptsache keine Bildung des Meeres, sondern
eine solche festländischer Sümpfe ist. Das Hauptglied ist der
Wealdensandstein, auch Deistersandstein genannt, der die Höhen der
Bückeberge, des Deisters, des östlichen Süntels, des Nesselberges und
Osterwaldes zusammensetzt und hier Kohlenflöze umschließt, die z. B.
bei Obernkirchen, Barsinghausen und am Osterwalde Gegenstand des
Bergbaues sind. Neben dem Sandstein finden sich auch Schiefertone, und
zwar entweder nur im obersten Teile, wie am Osterwalde und südöstlichen
Deister, oder im obersten und untersten Teile, wie am Süntel, im
nordwestlichen Deister und in den Bückebergen.

[Illustration: Abb. 4. Profil durch Weserkette und Bückeberge.

Maßstab der Längen ca. 1 : 50000, der Höhen ca. 1 : 25000. 1 = Brauner
Jura. 2 = Weißer Jura, ausschließlich Münder Mergel und Serpulit.
3 = Münder Mergel. 4 = Serpulit. 5 = Unterer Wealdenschiefer. 6 =
Wealdensandstein. 7 = Oberer Wealdenschiefer. 8 = Neocomtone.]

Die Landschaftsentwicklung im Weißjura-Wealdengebiete ist eine
verschiedene, je nachdem die stellenweise sehr mächtige Folge der
mürben »Münder Mergel« zwischen den Kalken des Weißen Juras und den
gleichfalls vorwiegend festen Gesteinen des Wealden vorhanden ist oder
nicht. In ersterem Falle, den wir als den Normalfall bezeichnen können,
haben wir zwei Parallelzüge, deren einer aus Weißjuraschichten, deren
anderer aus Wealdensandstein besteht und die durch eine vorwiegend von
Münder Mergeln erfüllte Niederung getrennt sind. Diesen Fall beobachten
wir z. B. in der Linie Rinteln-Bückeburg (Abb. 4), wo die Weserkette
aus Weißem Jura, der Parallelzug des Harrl aus Wealden besteht und
die trennende Niederung, in der Bad Eilsen liegt, im Untergrunde in
der Hauptsache die Münder Mergel enthält, oder südwestlich Springe,
wo den Saupark der Weiße Jura, den Nesselberg der Wealden und das
Längstal zwischen beiden die Münder Mergel zusammensetzen (Abb. 5
und 6, westlicher Teil). Ein solches Längstal fehlt natürlich, wo
die Münder Mergel nicht vorhanden sind, und so verschmelzen z. B. am
südöstlichen Deister Weißjura und Wealden zu einem einheitlichen Zuge
(Abb. 6, östlicher Teil). Das Fehlen der Münder Mergel und anderer
Weißjuraschichten ist dabei durch Abtragungen vor Ablagerung des
Serpulits, des obersten Gliedes des Weißen Juras, bedingt, der vielfach
diskordant ältere Schichtkomplexe überlagert. Westlich Bückeburg nehmen
die mürben Schiefer gegenüber den Sandsteinen immer mehr überhand, und
im Zusammenhang damit verflacht sich der weiter östlich hochaufragende
Wealdenzug der Bückeberge und verschwindet mit der Klus bei Bückeburg
schließlich ganz unter dem Diluvium der Norddeutschen Tiefebene.

Am Teutoburger Walde kennen wir Wealden etwa erst von Örlinghausen an
nordwestwärts; namentlich südlich Osnabrück nimmt er weite Flächen ein
und bildet dabei auch höhere Berggruppen. Der früher an mehreren Orten
umgehende Bergbau auf die Wealdenkohlen des Teutoburger Waldes ist
jetzt ganz zum Erliegen gekommen.

Das Neokom, der untere Teil der marinen Unteren Kreide, tritt in
zweierlei Fazies auf, und zwar als Ton entlang dem Nordfuße der
Bückeberge und des Deisters, am Süntel, Osterwalde und Hils, als
Sandstein am Teutoburger Walde. Dementsprechend ist die landschaftliche
Erscheinungsform eine völlig verschiedene. Den Untergrund von
Niederungsgebieten bildet er bei Bückeburg, Stadthagen und in der
Deistermulde zwischen Deister einerseits, Stemmer und Gehrdener Berg
anderseits, aufragende Bergzüge bezeichnen seinen Verlauf entlang
dem Teutoburger Walde von der Burg Blankenrode im äußersten Süden
bis Bevergern östlich der Ems. Als ununterbrochenes Band krönt der
Teutoburgerwaldsandstein, der von Altenbeken an nordwärts außer
dem Neokom noch den tiefsten Teil der folgenden Stufe, des Gault,
umfaßt, den östlichen Steilhang des Eggegebirges und bildet hier die
Wasserscheide zwischen Weser und Rhein; die Felsnadeln der Externsteine
bei Horn bestehen aus ihm, wie weiterhin ganz oder zum größten Teile
der Stemberg bei Berlebeck, die Grotenburg bei Detmold, der Tönsberg
bei Örlinghausen, die Hünenburg bei Bielefeld, der Barenberg bei
Borgholzhausen und der Dörenberg bei Iburg.

[Illustration: Abb. 5. Blick vom Deister über das Tal von Springe
(Lias und Dogger) zum Saupark (mittlerer Bergzug, Weißer Jura) und
Nesselberg (hinterer Bergzug, Wealden). Zwischen Saupark und Nesselberg
liegt das von Münder Mergel erfüllte Längstal (s. Abb. 6). Nach einer
Photographie von F. Schöndorf 1908. (Zu Seite 9.)]

Der Gegensatz zwischen der Sandsteinfazies des Neokoms am Teutoburger
Walde und der Tonfazies in den nordöstlich liegenden Gebieten findet
seine einfache Erklärung dadurch, daß im Gebiete des heutigen
Westfalens ein Festland entstanden war und in dessen Umrandungsgebiete,
d. h. dort, wo sich heute der Teutoburger Wald erhebt, Sande und
Geröllagen sedimentiert wurden, während in die küstenferneren Gebiete
nur noch die feineren tonigen Materialien transportiert werden konnten.

[Illustration: Abb. 6. Der Deister-Saupark-Sattel. (Zu Seite 9 u. 18.)

Maßstab ca. 1 : 125000. 1 = Mittlerer Keuper. 2 = Lias. 3 = Dogger. 4
= Oxford. 5 = Kimmeridge, Gigasschichten und Plattenkalke. 6 = Münder
Mergel. 7 = Serpulit. 8 = Wealden. 9 = Neocom. 10 = Diluvium. Zur
Abkürzung des Profiles ist die Verwerfung zwischen Keuper und Wealden,
die erst südwestlich Brünnighausen durchsetzt, etwas nach Nordosten
verschoben.]

Den oberen Teil der Unteren Kreide, den Gault, finden wir am Hils zu
unterst durch den »Hilssandstein« vertreten, der hier den Kamm mit
der höchsten Erhebung, der »Bloßen Zelle«, zusammensetzt, und ferner
durch »Minimuston« und »Flammenmergel«; dem Hilssandstein entspricht
an der südlichen Egge, so am Altenbekener Tunnel, ein glaukonitischer,
sandiger Ton, am übrigen Teutoburger Walde der obere Teil des
Teutoburgerwaldsandsteins, dem Minimuston bei Altenbeken und weiter
südlich der rotgefärbte »Gaultsandstein«, am übrigen Teutoburger Walde
der »Grünsand des Osnings«, und Flammenmergel ist am ganzen Teutoburger
Walde in ähnlicher Entwicklung, wie am Hils, vorhanden.

Von der oberen Kreide sind Cenoman und Turon in der Hauptsache durch
hellgefärbte, teils etwas mergelige Kalke, sogenannte »Pläner«,
vertreten. Diese setzen am Hils bei Grünenplan und Kaierde den
Heimberg, Idtberg und Fahrenberg zusammen und haben ihre weiteste
Verbreitung am Teutoburger Walde. Dort bauen sie im Hinterlande der
Egge die gesamten Bergrücken bis hin zur Senne auf, die hier an Höhe
hinter dem Kamm des Teutoburgerwaldsandsteins etwas zurückbleiben,
während am Osning der Pläner in gezackten Kämmen vielfach den ihm
nördlich parallel verlaufenden Sandstein überragt. An der Basis
der Plänerformation bilden die Cenomanmergel infolge der geringen
Widerstandsfähigkeit gegen die Verwitterung ein Längstal zwischen
dem Bergzuge der Untern Kreide und den Plänerbergen, das am ganzen
Teutoburger Walde als höchst charakteristisches Landschaftselement
zu verfolgen ist (Abb. 7). In ihm liegen an der Egge die Ortschaften
Herbram, Schwaney, Buke, Altenbeken, Feldrom, und hier hat es bei
flacher Lagerung der Schichten eine erhebliche Breite, während es
am Osning bei steiler Stellung der Schichten und entsprechender
Verschmälerung ihres Ausgehenden weniger breit, aber nicht minder
deutlich verfolgbar ist.

[Illustration: Abb. 7. Das Längstal der Cenomanmergel bei Berlebeck im
Teutoburger Walde.

Nach einer Photographie von H. Stille 1908.]

Das Senon ist im Gebiete des Teutoburger Waldes durch die wenig
widerstandsfähigen »Emscher Mergel« vertreten, und es ist nur
natürlich, daß in der Linie Brackwede-Schlangen-Lippspringe-Paderborn,
in der es an die harten Pläner des Teutoburger Waldes angrenzt, das
Gebirge seinen Süd- beziehungsweise Ostrand erreicht und die weite
Ebene beginnt, die unter einer zum Teil recht mächtigen Decke von
Quartärbildungen die senonen Schichten enthält.

[Sidenote: Tertiär.]

¯Tertiärgebirge¯ ist nur in vereinzelten, meist versenkten Schollen
bekannt, von denen diejenige von Bünde in Westfalen wegen ihres großen
Reichtums an oberoligocänen Versteinerungen besondere Berühmtheit
erlangt hat. In die Tertiärzeit fallen auch die Ergüsse basaltischer
Gesteine, die wir im südlichsten Teile des Wesergebirgslandes, z. B. in
der Warburger Börde (Desenberg bei Warburg, Hüssenberg bei Eißen), am
Reinhardswalde (Gahrenberg, Staufenberg, Sababurg), Solling (Bramburg)
und südlich des Solling (Hoher Hagen) finden. Der nördlichste deutsche
Basalt bildet einen kurzen und schmalen Gang in der Trias von Sandebeck
am Eggegebirge.

[Sidenote: Eiszeit.]

Von Detmold zum Wesertale südlich Hameln und weiter um das Nordende
des Iths herum in die Hilsmulde hinein, um den Kahnstein und um die
Berge an der linken Seite des Leinetales bis nach Freden zieht sich
in gewundenem Verlaufe der Südrand der ¯diluvialen Vereisung¯. Der
Lippische Wald lag noch außerhalb derselben, während sie durch die
Quertäler des Osnings und zum Teil auch noch über diesen hinweg nach
Süden in das Münstersche Becken vordrang. Wie weit die nördlichen
Bergzüge des Wesergebirgslandes als Inseln das Inlandeis überragten,
mag dahingestellt bleiben, jedenfalls war z. B. der Deister völlig
unter Eis begraben, wie Geschiebemergel mit nordischen Blöcken auf
der Höhe des kleinen Gebirges am Bielstein beweist, und gleiches war
auch bei den Bückebergen der Fall. Frühere höhere Wasserstände unserer
Flußtäler, z. B. des Wesertales, deuten die über den heutigen Talböden
liegenden Flußterrassen an. Gewaltige Kiesaufschüttungen sind der Porta
Westfalica südöstlich vorgelagert und als Absätze der Weser aus einer
Zeit gedeutet worden, in der das Inlandeis die westfälische Pforte von
Norden verschloß und die von Süden kommenden Wasser anstaute.

[Sidenote: Dünenbildung.]

Am Osning und im Lippischen Walde liegen die Kreideschichten
tief unter Dünensanden begraben, die besonders die Täler füllen
(Abb. 8), doch auch den Höhen nicht ganz fehlen. Die Südgrenze der
Überwehungen (Abb. 9) erklärt sich durch die Lage des Teutoburger
Waldes zum Diluvialgebiete der Senne, dem die Sande entstammen, und
die vorherrschende südwestliche Richtung der Winde, die den Transport
besorgten.

[Illustration: Abb. 8. Dünenlandschaft im Lippischen Walde. Nach einer
Photographie von H. Stille 1908.]

       *       *       *       *       *

Nach seiner inneren Struktur kann man das Weserbergland insofern als
ein »Schollengebirge« bezeichnen, als in ihm die Zerrissenheit des
Untergrundes in größere und kleinere Schollen die hauptsächlichste
Erscheinungsform der gebirgsbildenden Kräfte ausmacht. Dabei ist
es aber -- wenigstens in weiten Teilen -- keineswegs ein typisches
Schollengebirge, vielmehr tritt uns ein Zusammenschub der Schichten
zu Sätteln und Mulden, d. h. eine Faltenbildung, weithin entgegen, die
sich am Osning, dem nördlichen Teutoburger Walde, bis zur Steilstellung
und Überkippung großer Schichtenkomplexe steigert, und manche Teile,
wie insbesondere den Osning, möchte man geradezu als durch weitgehende
Bruchbildung modifizierte kleine Faltengebirge bezeichnen.

[Illustration: Abb. 9. Südrand der Dünenbildungen am Teutoburger Walde.

Maßstab 1 : 1500000.]

[Sidenote: Streichen der Bergzüge.]

Das Streichen der Mehrzahl der Bergzüge, wie des Ith, Hils und
Selter, Saupark und Deister, Wesergebirges und Osnings, geht
vorwiegend in herzynischem Sinne, d. h. von Südosten nach Nordwesten.
Nur zurücktretend findet sich auch nord-südlicher Verlauf der
Gebirgszüge, wie am südlichen Teutoburger Walde, dem Eggegebirge,
oder südwest-nordöstlicher, wie an den Bückebergen. Die Richtung der
Bergzüge ist durch das gleichfalls vorwiegend herzynisch gehende
Streichen der Schichten und Verwerfungen bedingt, während nord-südlich
gerichtete, sogenannte »rheinische« Brüche in unserem Gebiete sehr
zurücktreten und erst etwas südlich und östlich desselben, wie im
Leinetale zwischen Eichenberg und Northeim, eine große Bedeutung
für den Aufbau des Untergrundes gewinnen. Sie besitzen dort die
mehr nordnordöstliche Richtung, die so charakteristisch für die
gesamte große Bruchzone ist, die vom Oberrheintale durch Wetterau und
Hessische Senke, durch das Leinetal und das westliche Randgebiet des
Harzes zur Norddeutschen Tiefebene nachweisbar ist. Nicht eigentlich
»rheinisch« ist aber das Eggegebirge gerichtet, wo vielmehr das
Generalstreichen der Schichten und Dislokationen nordnord¯west¯lich
geht; das Eggegebirge hat aber damit eine Mittelrichtung zwischen
der typisch herzynischen (Südost-Nordwest) und typisch rheinischen
(Südsüdwest-Nordnordost) Richtung und ist auch das Ergebnis von
Gebirgsbildungen in beiderlei Sinne. Indem sich aber der Einfluß der
Gebirgsbildung im rheinischen Sinne am Teutoburger Walde von Süden
nach Norden verschwächt, gewinnt die herzynische (nordwestliche) die
Überhand und bestimmt schließlich allein den Verlauf des Osnings.

Der Überblick über den ziemlich komplizierten Aufbau des
Weserberglandes wird durch die Verfolgung der geologischen Achsen
erleichtert, d. h. derjenigen Linien, entlang denen eine besonders hohe
Heraushebung der Schichten erfolgt ist. Wir beginnen im Nordwesten, im
Gebiete von Osning und Wiehengebirge.

[Sidenote: Der Osning.]

Der Osning ist der nördliche, die nordwestliche Richtung befolgende
Teil des Teutoburger Waldes, des Randgebirges der Westfälischen
Kreidemulde. Während die Kreideschichten aber an der Egge, dem
südlichen Teutoburger Walde, flach liegen und höchstens unter 7 bis 9°
nach Westen, d. h. zum Innern der Mulde, geneigt sind, bildet am Osning
die steile Aufrichtung der Kreideschichten die Regel, und weithin sind
sie sogar überkippt, so daß älteres über jüngerem liegt, wie in dem
Quertale von Brackwede-Bielefeld zu beobachten ist. Eine erhebliche
Breite besitzt der Teutoburger Wald in seinem südlichen Teile, aber
in dem Maße, wie bei steilerer Schichtenstellung der Ausstrich der
festen Kreideschichten sich nach Nordwesten zu verschmälert, verringert
sich auch die Breite des Gebirges, das endlich zu dem schmalen Zuge
des Osnings wird. Nahe an die Kreide des Osnings, von ihr nur durch
schmale Streifen von Jura oder Keuper getrennt, treten Röt und
Muschelkalk heran, sind aber im Gegensatze zu den steilgestellten
Schichten der Kreide ziemlich flach gelagert und fallen mit schwacher
Neigung nach Norden ein, wo sie von Keuper und Jura überdeckt werden
(Abb. 10). Im großen und ganzen ist der Osning ein Sattel, aber
ein solcher mit derartig tief entlang der Sattelspalte oder einem
System von Staffelbrüchen versenktem Südflügel, daß die Kreide in
das Niveau der älteren Trias des Nordflügels gelangte. Abbildung
10 gibt davon ein schematisches Bild, dem etwa die Gegend östlich
Bielefeld zugrunde liegt; in ihm sind zur Vereinfachung der Darstellung
die Zwischenstaffeln zwischen oberem Buntsandstein und Kreide
fortgelassen. Die westfälische Kreidemulde erweist sich gegenüber
den Triasschichten des Osnings als ein Senkungsfeld großartigen
Maßstabes, und der Nordrand dieses Senkungsfeldes fällt zusammen mit
dem »Osningabbruch« entlang der »Osningachse«, der am ganzen Osning
zu verfolgenden Hebungslinie dieses Gebirges (Abb. 11). Der Druck,
der das Gebirge schuf, kam von Süden, und das Rückland, d. h. der der
Druckrichtung zugewandte Teil des Osningsattels ging in die Tiefe,
wobei sich die sinkenden[A] Schichttafeln beim Abgleiten entlang der
stehenbleibenden[2] Masse des Nordflügels an ihrem äußersten Rande
bis zur Überkippung aufrichteten und die Osningspalte weithin unter
Fortwirkung des horizontalen Druckes zur Osning-Überschiebung wurde.
Wir haben hier jenen Fall des Zusammenwirkens vertikalen Absinkens
und horizontalen Druckes bei sinkendem Rücklande, den E. Sueß als
»Rückfaltung« bezeichnet hat.

[2] Vergl. Anmerkung Seite 7.

[Illustration: Abb. 10. Schematisches Profil des Osnings (unter
Fortlassung der Zwischenstaffeln zwischen Kreide und Buntsandstein).]

[Illustration: Abb. 11. Die Hebungslinien des Teutoburger Waldes.
Maßstab 1 : 1500000.]

[Illustration: Abb. 12. Der Teutoburger Wald bei Detmold. Der vordere
Bergzug besteht aus Muschelkalk und enthält die »Osning-Achse«, der
hintere (Grotenburg mit Hermannsdenkmal) aus Kreide.

Nach einer Photographie von H. Stille 1908.]

Wenn sich nun auch das tektonische Bild des Osnings, wie es in
Abbildung 10 aus der Gegend östlich Bielefeld gegeben ist, in der
verschiedensten Weise modifiziert, so bleibt doch als etwas Konstantes
und Schritt für Schritt zu Verfolgendes die Heraushebung nach einer
herzynisch gerichteten, vielfach aufgerissenen Sattellinie, der
Osningachse, bestehen, und auch die paläozoischen Horste des Hüggels
und der Ibbenbürener Bergplatte sind an diese Achse gebunden. Bis
etwa bei Detmold liegt sie ganz nahe am Rande der westfälischen
Kreide, rückt dann aber etwas von ihr ab. In Abbildung 12 bilden
jenseits der Stadt Detmold die nach der Osningachse aufgewölbten
Muschelkalkschichten den ersten Bergzug, jenseits dessen die das
Hermannsdenkmal tragende Kreidekette sichtbar wird. Weiterhin ist
die Achse vom Verfasser bis in das Vorland des Eggegebirges östlich
von Driburg verfolgt worden, wo bei Herste diese bedeutendste aller
Hebungslinien des Wesergebirgslandes in einem flachen Sattel von Röt
und Wellenkalk ausklingt. Hier, wie weiter nördlich bei Hermannsborn,
Vinsebeck und in gewissem Sinne auch bei Meinberg, sind an das
Sprungsystem entlang der Achse Austritte von Kohlensäure gebunden. Bei
Herste verwehren die undurchlässigen Rötschichten der Kohlensäure den
Austritt, soweit nicht natürliche Spalten oder künstliche Bohrlöcher
die Verbindung zur Tiefe schaffen. Abbildung 13 zeigt uns einen der
erbohrten Kohlensäuresprudel der Firma Rommenhöller A.-G. zu Herste,
der beim Aufsteigen Wasser mit sich aus der Tiefe emporreißt.

[Illustration: Abb. 13. Kohlensäuresprudel der Firma Rommenhöller A.-G.
bei Herste.

Nach einer Photographie von Otto Liebert in Holzminden.]

[Illustration: Abb. 14. Profil durch Falkenhagener Liasgraben und
Köterberg. Maßstab 1 : 40000. (Zu Seite 18.)]

[Sidenote: Das Wiehengebirge.]

Auf den Röt und Muschelkalk am Nordflügel des Osningsattels legen sich
nördlich Bielefeld die Schichten des Keupers, Lias, Doggers und Malms,
und nur unbedeutende Störungen und Auffaltungen modifizieren lokal
das Bild einer normalen Schichtfolge vom Osning zum Wiehengebirge.
Letzteres verdankt seinen Charakter als Gebirge allein der hohen
Widerstandsfähigkeit der Weißjura- und einzelner Braunjuraschichten
gegen die im Gebiete des Lias und Keupers tief eingreifende Denudation.
Das Wiehengebirge ist somit ein »Schichtstufengebirge« am Nordflügel
des Osningsattels, kein tektonisch selbständiger Gebirgszug, und
auch ¯seine¯ Hebungslinie ist für einen Teil seiner Erstreckung die
Osningachse (Abb. 15). Weiter nordwestlich erscheinen aber nördlich der
Osningachse und parallel zu ihr zwei neue Achsen (Abb. 10), diejenige
des Holter Sattels und diejenige des Piesberges[3], so daß wir hier
zwischen der westfälischen Kreidemulde und dem Wiehengebirge nicht,
wie weiter südöstlich, nur die eine Hebungslinie, die Osningachse,
sondern deren drei haben, die sämtlich herzynisch gerichtet sind, und
von denen die Piesbergachse als die nördlichste zur Hebungslinie des
Wiehengebirges wird. Vom Karbon des Piesberges liegt bis zum Weißen
Jura des Wiehengebirges eine einigermaßen ununterbrochene Folge
nördlich einfallender Schichten, den Nordflügel des Piesbergsattels
bildend. Eine etwas spießeckig gerichtete Verwerfung schneidet diese
Schichten nach Westen ab, und zwar den Weißen Jura bei Neuenkirchen,
und damit endigt das durch die Widerstandsfähigkeit der Juraschichten
bedingte Wiehengebirge.

[3] Den Angaben über die Piesbergachse und die Endigung des
Wiehengebirges liegen die Untersuchungen E. Haarmanns zugrunde.

[Sidenote: Eggegebirge. Lippische Keupermulde.]

Parallel zur Osningachse und südlich von ihr liegen nun im stark
gestörten Vorlande des Eggegebirges weitere Hebungslinien, und alle
diese verschwinden nach Westen unter der Kreide des Eggegebirges und
Lippischen Waldes (Abb. 10); an der Egge hat die Kreide keinen Anteil
an der Aufwölbung nach den Achsen, sondern legt sich diskordant über
die aufgefalteten und gegeneinander verschobenen Schollen hinweg.

Wir haben am Eggegebirge den infolge der Widerstandsfähigkeit der
Schichten als Gebirgswall aufragenden östlichen Denudationsrand der
westfälischen Kreide, die hier flach und ungestört liegt. Die Faltung
ist am Teutoburger Walde in vorcretacischer Zeit von Süden, dem Gebiete
der heutigen Egge, ausgegangen und in postcretacischer (tertiärer)
Zeit, teilweise vielleicht auch schon in spätcretacischer Zeit nach
Norden, zum Osning, vorgerückt.

[Illustration: Abb. 15. Das Wiehengebirge als Schichtstufe auf dem
Nordflügel des Osning-Sattels.

~Kr~ = Kreide. ~j_{3}~ = Malm. ~j_{2}~ = Dogger. ~j_{1}~ = Lias. ~Kp~ =
Keuper. ~m~ = Muschelkalk. ~bs~ = Buntsandstein. (Zu Seite 16.)]

Im Gegensatz zu der Gestörtheit der Schichten am Teutoburger Walde
haben wir in dem weiten Gebiete zwischen diesem Gebirge und der
Weser recht regelmäßige Lagerungsverhältnisse. Den Hauptteil nimmt
die Lippische Keupermulde ein, aus der sich der in seinem Kerne
aus Buntsandstein bestehende Pyrmonter Sattel herauswölbt. Die
Verwerfungen, die in der Tiefe des Pyrmonter Talkessels aufsetzen,
sind in bezug auf Sprunghöhe zwar nicht bedeutend, aber insofern
höchst bemerkenswert, als an ihnen die Heilquellen des Bades zur
Tagesoberfläche gelangen. Im herzynischen Fortstreichen des Pyrmonter
Sattels wölbt sich ein Muschelkalksattel südöstlich Vlotho aus dem
Keuper empor, und weiterhin entfällt in das System der Störungen
entlang der »Pyrmonter Achse« ein von Vlotho bis Oeynhausen
verfolgbarer Sprung, welcher der in tiefen Schichten der Erdkruste
beheimateten Thermalsole des Bades Oeynhausen den Weg in höhere öffnet,
aus denen sie durch Bohrlöcher gewonnen wird. 10 ~km~ südwestlich
davon verläuft der »Quellsprung« des Bades Salzuflen, der Nordabbruch
der Herforder Liasmulde. Die Pyrmonter Achse (Abb. 9) ist eine
Parallelachse zu derjenigen des Osnings, und es wird noch festzustellen
sein, ob sie als die Fortsetzung der Piesbergachse jenseits eines
Gebietes mehr schwebender Lagerung gelten darf. Den südlichen Teil der
Lippischen Keupermulde durchzieht in nordwest-südöstlicher Richtung
von Polle bis fast zur Egge eine Zone eingesunkener Liasschichten,
die Falkenhagener Grabenzone. Sie verläuft etwas nördlich des
Köterberges, der auf der Höhe aus Oberem Keuper (Rhät) besteht, den wir
am Falkenhagener Graben tief versenkt unter dem Lias zu suchen haben.
Treppenförmig erfolgt dabei der Abbruch, wie in Abbildung 14 in der
Höhenlage des Rhäts am Bentberge zum Ausdrucke kommt.

Nach Südosten folgen links der Weser zwischen Höxter und Holzminden
als Liegendes der sich allmählich heraushebenden Keupermulde die
Schichten des Muschelkalkes, die sich nach Westen in der Brakeler
Muschelkalkschwelle fortsetzen, und darunter endlich jenseits der
Weser die weit ausgedehnten Buntsandsteinschichten des Sollinger
Waldes, die hier vielfach durch grabenförmig versenkte Streifen von
Tertiärgebirge unterbrochen sind; an solche versenkten Streifen ist der
Braunkohlenbergbau des Sollings gebunden.

[Sidenote: Die Gebirge rechts der Weser.]

Die geologische Fortsetzung des Sollings nach Süden und gewissermaßen
nur ein von ihm durch das Wesertal abgetrennter Teil ist der
Reinhardswald. Nordöstlich des Sollings, teilweise zwar von ihm durch
die Liasversenkung des Einbeck-Markoldendorfer Beckens getrennt,
verläuft ein Zug in sich sattelförmig angeordneter und an Verwerfungen
gegenüber den Nachbargebieten herausgehobener Buntsandsteinschichten,
der die Bergzüge des Elfas, Homburgwaldes und Voglers zusammensetzt.
Wir finden in ihm eine wichtige Hebungslinie des Wesergebirgslandes,
die wir nach der in sie entfallenden Antiklinale des Elfas als die
»Elfasachse« bezeichnen können und an der im Gebiete der Homburg sogar
Zechsteinschichten die Tagesoberfläche erreichen. Gegen die entlang
dieser Achse aufragenden alten Schichten liegt nach Feststellungen von
O. Grupe der Solling an einer herzynischen Bruchzone abgesunken. Eine
Hebungslinie von gleicher tektonischer Bedeutung, die »Leinetalachse«,
folgt dem Leinetale zwischen Elze und Groß-Freden und bringt dort die
Kalisalze des Zechsteins in abbauwürdige Teufen. Zwischen der Elfas-
und der Leinetalachse liegt mit gleichfalls herzynischem Streichen das
aus Jura- und Kreideschichten zusammengesetzte tektonische Senkungsfeld
der Hilsmulde. Scharf hebt sich in ihr der Weiße Jura heraus, der am
Südwestflügel den Ith, am Nordostflügel den Kahnstein, Thüster Berg,
Duinger Berg und Selter zusammensetzt. Das Innere der Mulde bilden
Kreideschichten, die den hochaufragenden Bergzug des Hils bilden, nach
dem die ganze Mulde benannt ist. Vom Ith zur Weser bei Bodenwerder
durchwandern wir Keuper und Muschelkalk quer zu ihrem Streichen und
kreuzen die im Fortstreichen leicht verfolgbaren Rücken der festen
Schichten, zunächst denjenigen des Rhäts, der zur Hasselburg und zum
Schecken (Obensburg) bei Hameln führt, und danach denjenigen des
Muschelkalkes. Zwischen dem aus Buntsandstein bestehenden Vogler und
dem Muschelkalkzuge bilden die mürben Schichten des Röts, zwischen
dem Muschelkalk- und dem Rhätzuge diejenigen des Mittleren Keupers
und zwischen Rhätzug und Ith diejenigen des Unteren und Mittleren
Juras herzynisch streichende Einsenkungen. Den Gegenflügel des
Muschelkalkzuges im Vorlande des Iths finden wir zwischen Kahnstein und
Leine in dem Bergzuge des Külf.

Abbildung 6 auf Seite 10 zeigt ein Profil durch die Bergzüge zwischen
dem Nordende der Hilsmulde und der Hannoverschen Tiefebene. Im großen
und ganzen haben wir einen Sattel, dessen Kern im Tale von Springe
liegt und dessen Flügel vom Deister einerseits, vom Saupark und
Nesselberg anderseits gebildet werden. Die miteinander verschmelzenden
Bergzüge des Osterwaldes, Sauparks und Nesselberges gehören tektonisch
eng zusammen und bilden eine in sich stark zerrüttete Mulde von
Wealden und Juraschichten, von der allerdings im nördlichen Teile der
Westflügel durch die in Abbildung 6 angedeutete Verwerfung teilweise
abgeschnitten ist.

Die am südöstlichen Deister noch fehlenden Münder Mergel stellen
sich etwa in der Höhe von Springe ein und schwellen nach Westen und
Nordwesten stark an, wo aus ihnen in den Salinen von Münder und
Sooldorf Sole gewonnen wird. Der nordwestliche Teil des kleinen
Deistergebirges besteht in der Hauptmasse aus nordwärts fallenden
Schichten des Wealden, und in dem Maße, wie der feste Wealdensandstein
nach Bad Nenndorf zu an Mächtigkeit verliert, verringert sich auch
die Höhe des Gebirges, wobei allerdings noch allerlei Störungen
eine Rolle spielen. Eine schmale Niederung trennt bei Nenndorf das
Nordwestende des Deisters von dem Nordostende der Bückeberge, die
in diesem äußersten Teile den Namen Heisterberg führen, und Deister
und Heisterberg ordnen sich mit ihren Schichten symmetrisch zu
einer nord-südlich gerichteten Achse derart, daß wir sie als stark
divergierende Flügel eines Sattels ansprechen können. Diese Achse
nimmt im Fortstreichen die herzynische Richtung, die der Deister in
seiner ganzen Länge befolgt und die auch von den Bückebergen weiter
östlich eingeschlagen wird, und die abweichende Richtung der östlichen
Bückeberge beruht auf rein lokaler Ausbiegung der Schichten inmitten
eines im übrigen herzynischen Sattelsystems.

Wir sahen bereits, daß die Bückeberge eine durch die
Widerstandsfähigkeit der Wealdensandsteine bedingte Gebirgsschwelle im
Hangenden des Juras der Wesergebirgskette und des südlich der Weser
sich heraushebenden Keupers sind (Abb. 4). Die Wesergebirgskette
führt nach Osten zum Süntel, und zwar bilden die Weißjuraschichten im
Fortstreichen der Weserkette, wie neuerdings E. Scholz im einzelnen
untersucht hat, den Südflügel der Süntel-Synklinale, deren Inneres im
östlichen Teile des kleinen Gebirges neben gering ausgedehntem Neokom
die im großen und ganzen die Form eines Hufeisens beschreibenden
Schichten des Wealden einnehmen, die den Untergrund der höchsten
Erhebungen des Süntels bilden.



~III.~ Klima und Gewässer.


[Sidenote: Klima.]

Das Klima des Weserberglandes ist als ein gemäßigtes zu bezeichnen.
Die mittlere Jahrestemperatur in den Haupttälern bis zum Oberlauf der
Flüsse beträgt wie im nördlich vorgelagerten Flachlande über 8° ~C~,
während sie auf den Höhen auf 6° sinkt. Die Verteilung der Wärme auf
die vier Jahreszeiten ist aber wesentlich anders als im Flachlande.
Der Januar zeigt bis Münden hinauf in den Tälern einen mittleren Stand
von 0°, auf den Höhen von -1°, ist also kälter als an der Küste,
wo das Meer erwärmend wirkt, und wärmer als auf den benachbarten
Mittelgebirgen, Harz, Rhön, Thüringer Wald mit -3 bis -4°. Im April
dagegen übertrifft die Mitteltemperatur der Gebirgstäler die des
Flachlandes, da der höhere Sonnenstand im Süden sich bereits bemerkbar
macht, während in größerer Seenähe das noch winterlich kalte Meerwasser
die Lufttemperatur ungünstig beeinflußt. Es steht in dieser Jahreszeit
der Küstentemperatur von etwa 7° eine solche von 8° in den Tälern des
oberen Wesergebietes gegenüber. Die Höhen freilich haben auch dann
im Mittel nur 5 bis 6°, übertreffen aber immerhin noch die Rhön mit
3°, den Thüringer Wald mit 2° und den Brocken mit 0,5°. Im Juli haben
die Täler des Hügellandes ungefähr die gleiche Temperatur wie das
Flachland, nämlich 17 bis 18°, da die entgegengesetzte Wirkung des
höheren Sonnenstandes im Süden und der absolut höheren Lage einander
aufheben. In größeren Höhen zeigt sich dagegen schnelle Abnahme der
Temperatur, auf den 300 bis 500 ~m~ hohen Weserbergen bis zu 15°
(vergleiche Rhön 13°, Kamm des Thüringer Waldes 12°, Brocken 11°). Der
Oktober endlich weist ähnliche Zahlen auf wie der Jahresdurchschnitt.

[Sidenote: Temperatur und Niederschläge.]

Die Zunahme und Abnahme der Temperatur erfolgt nicht gleichmäßig von
Monat zu Monat. Die rascheste Steigerung erfolgt um 4 bis 5° vom April
zum Mai, der stärkste Absturz vom Oktober zum November; langsam dagegen
(etwa um 1°) ist die Temperaturabnahme vom Juli zum August und vom
Dezember zum Januar, ebenso langsam die Zunahme vom Januar zum Februar.

Nennen wir Winter die Zeit, in der die mittlere Tagestemperatur im
Durchschnitt der Jahre unter den Gefrierpunkt sinkt, so ist dessen
Dauer in den Niederungen unseres Gebietes auf zwei bis vier Wochen zu
veranschlagen. Auf den Höhen dauert er dagegen von Anfang Dezember bis
Ende Februar. Zum Vergleich diene die Bemerkung, daß das Flachland
am Unterlauf der Weser keinen Winter im angegebenen Sinne kennt, daß
dagegen auf der Rhön von Mitte November bis Mitte März Winter herrscht
und auf dem Brocken gar fünf Monate lang.

[Illustration: Abb. 16. Buchenhochwald am Blümer Berg bei Münden. (Zu
Seite 31.)]

[Sidenote: Niederschläge.]

Im allgemeinen haben die höher gelegenen Orte die größere jährliche
Niederschlagsmenge, da das Aufsteigen der feuchten Luftschichten in
höhere und kältere Lagen eine Verdichtung der Wasserdämpfe und somit
den bekannten Steigungsregen bewirkt. Zu berücksichtigen ist aber
außer der Höhe eines Ortes die Frage, ob er an der Windseite (d. h.
in unserem Klima Westseite) des benachbarten Gebirges oder auf der
dem Winde abgewandten Ostseite liegt. Auf letzterer ist nie so viel
Niederschlag. Überhaupt verliert die vom Meere hereinströmende Luft
auf ihrem Wege landeinwärts immer mehr von ihrer Feuchtigkeit, so daß
Orte von gleicher Meereshöhe im Westen mehr Niederschlag haben als im
Osten. So findet man beispielsweise am Wiehengebirge und am Teutoburger
Wald bereits bei 70 ~m~ Seehöhe eine Niederschlagsmenge von 700 ~mm~,
während man, um diese anzutreffen, im Solling bis zu 175 ~m~, im
Harz bis zu 200 ~m~ hinaufsteigen muß. Über 1 ~m~ Jahresniederschlag
zeigen nur einzelne hochgelegene Stellen des Teutoburger Waldes und
des Eggegebirges, auf 900 bis 1000 ~mm~ kommen die Höhen des Sollings,
Hilses, Iths und Süntels, ferner der Köterberg und weitere Teile des
Teutoburger Waldes; viel größere Flächen nimmt die Zone von 800 bis
900 ~mm~ ein, während die im Schutze höherer Berge liegenden Täler und
Abhänge die Stufen von 600 bis 800 ~mm~ ausfüllen.

[Illustration: Abb. 17. Eibenruine bei Freudental unweit Münden. (Zu
Seite 28.)]

Der regenreichste Monat ist überall der Juli mit 11 bis 13% der
Jahresmenge, die feuchteste Jahreszeit der Sommer. Diese hat in den
Tälern des Südens 34-38 vom Hundert der gesamten Jahresmenge an Regen.
Je höher aber die Orte liegen, desto mehr bekommen auch die anderen
Jahreszeiten ihren Anteil an der Niederschlagsmenge, so daß auf dem
Solling -- ähnlich wie auf dem Oberharz -- bereits die Winterregen
überwiegen.

Die Zahl der Niederschlagstage beträgt in den Tälern etwa 150 fürs
Jahr; auf den Höhen ist sie größer. Zum Vergleich diene es, daß
Hannover nur 137, Cassel 149, Osnabrück dagegen 164 und Schießhaus im
Solling 173 Niederschlagstage haben. Innerhalb eines Monats geht die
durchschnittliche Zahl nicht über 18 hinauf und nicht unter 10 herunter.

[Illustration: §. Abb. 18. Der Meiler ist »holtrei«. Aus dem Solling.
(Zu Seite 34.)]

Wollte man aus der Verteilung der Niederschläge in den einzelnen
Monaten und Jahreszeiten unmittelbar auf die in den Bächen und Flüssen
jeweilig zu Tal beförderte Wassermenge schließen, so würde man sich
gewaltig täuschen. Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß die
Zeiten des stärksten Niederschlages infolge ihrer hohen Temperaturen
auch die Zeiten der stärksten Verdunstung sind. Infolgedessen versiegen
besonders auf Kalkboden und auf spaltenreichem Sandstein, wo das Wasser
zu unterirdischem Abfluß neigt, die Bäche im Sommer oft ganz und gar,
wie z. B. mit ihren bezeichnenden Namen die Durrbeke bei Altenbeken
und die Dürre Holzminde im Solling; und die Weser selbst hat leider
ihren niedrigsten Wasserstand gerade zu der Zeit, wo sonst für die
Schiffahrt die Bedingungen am günstigsten liegen. Größere Wassermengen,
ja Überschwemmungen bringt mildes Winter- und Frühlingswetter, wenn die
aufgespeicherten Feuchtigkeitsvorräte infolge der Schneeschmelze zu
Tale eilen. Waren früher in den flacheren Talabschnitten die Hochwässer
sehr gefürchtet und für den Verkehr störend, so haben sie seit der
besseren Regulierung des Flußlaufes, der Vertiefung des Bettes,
der Erweiterung der Durchlässe usw. das meiste von ihren Schrecken
verloren. Hochwasserkatastrophen wie die vom Februar 1909 gehören
jedenfalls zu den Seltenheiten.

[Illustration: §. Abb. 19. Köhlerhütte im Vogler. (Zu Seite 34.)]

[Sidenote: Die Weser.]

Wenn die Weser bei Münden in unser Gebiet eintritt, hat sie eigentlich
bereits zwei Fünftel ihres ganzen Weges und fast drei Fünftel ihres
in das Gebirgsland fallenden Laufes hinter sich. Denn wir werden die
Werra als das oberste Stück der Weser anzusprechen haben. Zwar hat die
Fulda ein um ein Viertel größeres Niederschlagsgebiet als die Werra und
besitzt in der Eder nebst der Schwalm Zuflüsse von einer Bedeutung,
wie sie der Werra fehlen; dafür steht sie aber an Lauflänge hinter
der Werra in dem Verhältnis von drei zu vier zurück. Spricht ferner
zugunsten der Fulda die Abflußmenge, die unter normalen Verhältnissen
der der Werra mindestens gleich kommt, bei Hochwasser aber sie bei
weitem übertrifft, so könnte man für die Werra die gleiche Laufrichtung
und den gleichen Charakter als Waldgebirgsstrom anführen, während
die Fulda abgesehen von dem untersten Teile ihre eigene Physiognomie
hat als Abfluß eines sanft welligen, offenen Hügellandes. Dieser
Eindruck muß sich schon unseren Altvordern aufgezwungen haben. Sonst
hätten sie nicht dem von der Rhön herabkommenden Fluß eine eigene
Bezeichnung gegeben und hätten nicht das Kind des Thüringer Waldes
mit dem Namen des Hauptstromes benannt. Dies ist aber tatsächlich
geschehen. Denn den Formen »Werra« und »Weser« liegt bekanntlich die
gleiche Urform »Wisar-Aha«, d. h. Westfluß, zugrunde, die durch eine
nicht ungewöhnliche Angleichung des ~S~ an ~R~ im mitteldeutschen
Sprachgebiet zu »Wirraha« und weiter zu »Werra« wurde, während die
niederdeutschen Anwohner das ~S~ erhielten und den Namen nur zu
»Wesera« und »Weser« verkürzten. Wenn man daher nicht, wie frühere
Zeiten es taten, jeden der beiden Namen in Bezug auf den ganzen Strom
beziehen und den einen oder den anderen anwenden will, je nachdem
man eben hochdeutsch oder plattdeutsch spricht, dann müßte man die
niedersächsische Benennung schon von der Sprachgrenze an abwärts
gebrauchen und so das Stück des Flusses von oberhalb Hedemünden bis zum
Einfluß der Fulda bereits der Weser zurechnen.

[Illustration: §. Abb. 20. Köhler im Solling auf dem brennenden Meiler.
(Zu Seite 34.)]

Das Tal von Münden bis Minden zeigt einen regelmäßigen Wechsel
zwischen engen, gewundenen Schluchten und breiten, mehr gradlinig oder
flachbogig verlaufenden Niederungen. Dieser Wechsel hängt mit der
geologischen Beschaffenheit des Geländes insofern zusammen, als der
Fluß in den Tälern der letzteren Art im allgemeinen auf Gesteinsgrenzen
dahinströmt, im anderen Falle aber seinen Weg durch ein und dieselbe
Formation hindurchbricht, und zwar nacheinander durch Buntsandstein,
Muschelkalk, Keuper und Jura. Auf diese Weise entstehen sieben
Stromabschnitte, von denen die ersten vier annähernd gleiche Länge
haben, nämlich rund je 40 bis 45 ~km~, die letzten drei jedoch zusammen
nur halb so lang sind als jedes der ersten.

[Illustration: §. Abb. 21. Köhler im Solling beim Verpacken fertiger
Kohlen. (Zu Seite 35.)]

Im obersten Abschnitte fließt die Weser von Münden bis Herstelle in
enger Spalte durch Buntsandstein, von dort auf der Grenze zwischen den
beiden ältesten Gliedern der Trias bis zur Mündung des Forstbaches
in ziemlich breitem Tale. Bei der Domäne Forst tritt sie in das
Muschelkalkplateau ein, das sie wiederum in engem Tale durchbricht.
Bei Ohsen beginnt der vierte Talabschnitt, den wir bis zu dem
lippischen Dorfe Erder rechnen können, und der abgesehen von der etwas
schmaleren Stelle bei Hameln wieder recht breit ist. Er scheidet
diesmal die jurassische Weserkette von den Keuperbergen Lippes. Dann
folgt von Erder bis Rehme der Durchbruch durch das Keupergebirge;
von Rehme bis Hausberge strömt die Weser zwischen der Weserkette und
bedeutenden Diluvialablagerungen in breitem Tale ostwärts, und endlich
-- das wäre der siebente Abschnitt -- durchbricht sie in der Porta das
Wesergebirge.

Auf diesem Lauf hat die Weser bei einer Luftlinien-Entfernung von etwa
105 ~km~ einen Weg von 204 ~km~ zurücklegt und ist dabei um 79 ~m~
gefallen, d. h. durchschnittlich 387 ‰ oder 1 : 2584, wobei natürlich
der Oberlauf im allgemeinen ein stärkeres Gefälle aufweist als die
unteren Strecken.

[Illustration: Abb. 22. Sattelmeierhof Nordhof bei Enger. (Zu Seite
45.)]

Stromspaltungen sind im Weserlauf äußerst selten und, wo sie
vorkommen, durch Ablagerungen schwerer Geschiebe veranlaßt, die
entweder unmittelbarer von den Talwänden oder durch Vermittlung von
Nebenbächen dem Strombett zugeführt wurden. Meist hat man sie künstlich
beseitigt. Nur bei Hameln und Bodenwerder besteht noch eine wirkliche
Insel. Vorübergehend treten Teilungen des Flusses bei Hochwasser ein,
dessen Flutrinnen an einigen Orten »Alte Weser« genannt werden und in
einzelnen Fällen wirklich ehemaligen Flußbetten entsprechen mögen.
Die Breite des Stromes, von Uferbord zu Uferbord gemessen, beträgt
oberhalb Carlshafen durchschnittlich 100, unterhalb 120 bis 140 ~m~.
Die Spiegelbreite schwankt naturgemäß und bleibt bei Mittelwasser um
etwa 30 ~m~ hinter jener zurück. Ebenso verschieden ist nach Ort und
Zeit die Tiefe des Flusses. Wo künstliche Ausbaggerung des Bettes nötig
war, auf den sogenannten »Köpfen«, d. h. Schwellungen des natürlichen
Untergrundes, begnügt man sich mit einer 25 ~m~ breiten Fahrrinne, die
vorschriftsmäßig bei niedrigstem Wasserstande oberhalb Carlshafen
80 ~cm~, unterhalb aber 1 ~m~ tief sein soll. An günstigen Stellen ist
die Tiefe selbst bei Niedrigwasser etwas größer, bei Mittelwasser aber
-- abgesehen von einzelnen noch mehr bevorzugten Stellen -- 2 ~m~ und
darüber.

[Sidenote: Weserzuflüsse.]

Ihre Zuflüsse erhält die Weser während ihres Laufes durch das Hügelland
hauptsächlich von links, da rechts die Wasserscheide gegen die Leine
und später gegen die Aue und andere Flachlandsbäche zu nahe liegt.
So sind denn selbst die größten der von rechts mündenden Bäche, wie
die Schwülme vom Dransfelder Höhenland, die Lenne aus der Hilsmulde
und die Hamel vom Süntel ohne größere Bedeutung. Demgegenüber wären
links zu nennen die Diemel, die von den Höhen des Sauerlandes mit
beträchtlichem Gefälle herabkommt und in ihrem Mündungsgebiete bei
Carlshafen früher ernstlich als Schiffahrtsstraße in Betracht genommen
werden konnte, ferner die Neihe, die Emmer, die Humme und die Exter,
sowie endlich die Werre, welche zusammen mit ihren Zuflüssen Else und
Bega ein beträchtliches Stück des Lippischen und Ravensbergischen
Hügellandes entwässert. Bekanntlich steht die Else in ihrem obersten
Laufstück bei Gesmold in einer natürlich entstandenen, aber künstlich
geregelten Verbindung mit der Hase, die ein Drittel ihres Wassers an
die Else abgibt, während der Rest ihr selbst verbleibt und später der
Ems zufließt. Das ist die berühmte Hase-Bifurkation, für welche die
Anwohner das hübsche Wort Twielbiäke (Zwieselbach) verwenden.

[Illustration: §. Abb. 23. Fränkisches Gehöft in Niederscheden bei
Münden. (Zu Seite 44.)]

Erwähnt mag noch werden, daß ein Teil unseres Hügellandes im Osten und
Nordosten zur Leine, im Norden zur Hunte und somit nur mittelbar zur
Weser entwässert; die West- und Südwesthänge des Egge-Osning-Zuges
dagegen senden ihre Niederschlagswässer teils zur Lippe und somit zum
Rhein, teils zur Ems. Auf der Hochfläche von Hartröhren im Teutoburger
Wald, unfern vom Hermannsdenkmal, befindet sich der »hydrographische
Knotenpunkt«, bei dem das Gebiet der Weser mit dem der Ems und des
Rheines zusammenstößt. Und wahrlich, man hat den Eindruck, als ob hier
für alle drei Flüsse genug Wassers vom Himmel herunterströmte, wenn man
hört, daß der Hartröhrer Förster im Jahresmittel 1042 ~mm~ und im Jahre
1894 gar 1159 ~mm~ Niederschläge gemessen hat.



~IV.~ Der Wald.


Wenn wir in dem folgenden Abschnitt über die Pflanzendecke unseres
Gebietes handeln wollen, so betreten wir damit bereits die Grenze
zwischen physikalischer und Anthropogeographie. Denn die heutige
Vegetation ist ja nur zu einem Teile ein Ergebnis natürlicher
Bedingungen, und neben, wenn nicht gar vor sie, tritt als bestimmende
Macht der Mensch. Er weist nicht nur der einzelnen Pflanze und ganzen
Gruppen Wohnplätze an und verbannt sie von anderen, sondern er läßt
auch ganze Familien von Gewächsen aus einem Lande verschwinden und
einwandernden Fremdlingen Platz machen. Wie schnell sich solch ein
Wechsel selbst innerhalb eines Menschenlebens vollzieht, diese
Beobachtung stimmte schon vor 700 Jahren den edlen Sänger Walter von
der Vogelweide elegisch, da er als bejahrter Mann in seine Heimat
zurückkehrte. Klagend rief er aus:

    Wo einst im tiefen Dunkel gerauscht der Tannenwald,
    Da wogen goldne Ähren, Kornblumen nicken drin --
    Nur du, geliebtes Wasser, strömst noch wie sonst dahin. (Samhaber.)

[Illustration: Abb. 24. Hof in Kalkriese bei Engter (Osnabrück).
Eigentümer: Hofbesitzer W. Fisse-Niewedde. (Zu Seite 45.)]

[Sidenote: Wandel im Landschaftsbild.]

Wer nach langer Abwesenheit in das Weserbergland zurückkehrt, wird
dieselben Beobachtungen machen; ja oft wird er nicht einmal die
alten Wasserläufe wiederfinden, sondern statt der sich schlängelnden
Bäche »begradigte« Gräben. Mit dem murmelnden Quell aber ist manch
liebliches Blümlein der Verkoppelung zum Opfer gefallen. Die stärkere
Ausnutzung jedes Fleckchens Erde, die Pflasterung oder Beschotterung
der Wege, das Aufräumen wüster Winkel hat die sogenannte Ruderalflora
der Straßenränder, Dungstätten und Schutthaufen dem Untergange
geweiht. Die aus Eichen und Buchen bestehenden Büsche, die besonders
im Osnabrückischen und auch sonst in Westfalen zwischen den Feldern
eingesprengt sind und dem ganzen Bezirk den Charakter eines Waldlandes
geben, obgleich der Anteil des Gehölzes an der Bodenbedeckung
verhältnismäßig nicht so groß ist, schwinden mehr und mehr (Abb. 101).
Ebenso ergeht es vielfach in Westfalen den hohen Wallhecken, die neben
Buche und Eiche auch Weißdorn- und Haselnußsträucher enthalten, und
die »Kämpe« wandeln sich in offenes Feld um. Die Gemeindeänger sind
verschwunden und zu Acker gemacht. Von den alten Waldbäumen ist die
Eibe nahezu ausgerottet, und die wenigen noch wild wachsenden Exemplare
werden als »Naturdenkmäler« gezeigt (Abb. 17 und 81). Der Wald ist aus
der Tiefe der Täler fast ganz verbannt. In wesentlich höhere Lagen
sind stellenweise die Felder emporgestiegen; aber weder das zarte
Blau der Leinblüte, noch das üppige Goldgelb des Rapses schmückt
mehr die Hänge und die Talbreiten. Vorbei auch sind die Zeiten, in
denen »der Pappeln stolze Geschlechter in geordnetem Pomp vornehm und
prächtig daherzogen«. Die Pyramidenpappel, übrigens auch ein Fremdling,
ein Kind des sonnigen Welschlandes, hat an unseren Heerstraßen dem
unscheinbaren, aber nahrhaften Apfelbaum weichen müssen, weil man ihren
ungünstigen Einfluß auf die angrenzenden Felder erkannt hat, denen sie
mit ihren weitverzweigten Wurzeln die Nahrung entzieht. Anderseits aber
hat auch mit der Einschränkung der Hausschlachtung und Hausbäckerei der
Bedarf an hölzernen Mulden und mit der Verbesserung der ländlichen Wege
der Bedarf an Holzschuhen nachgelassen, die man beide, besonders im
Schaumburgischen, aus ihrem weichen Holze heraushieb oder-schnitzte.

[Illustration: §. Abb. 25. Diele in Sudenfeld, Kreis Iburg. (Zu Seite
45.)]

[Sidenote: Die Landschaft im Lauf der Zeiten.]

Die Berge selbst haben ebenfalls ihr Aussehen verändert. Und wenn wir
gelegentlich an Stelle einer Buchenkuppe, auf deren fein bis in die
Einzelheiten durchmodellierter Oberfläche tausend Lichter spielten,
eine ernst einförmige Fichtenpflanzung erblicken, so können wir uns in
die Empfindung einer Mutter hineinversetzen, die ihres Sohnes geliebtes
Lockenhaupt bei dessen Heimkehr aus der Fremde in einen modischen
»Stiftekopf« verwandelt sieht.

Nicht alle diese Eingriffe in die natürlichen Verhältnisse haben sich
als zweckmäßig erwiesen. Manche hatten auch ungewollte und ungeahnte
Nachteile im Gefolge. Das Niederlegen der Hecken und Regulieren der
Bäche führte zur Austrocknung des Ackerbodens und beförderte die
Mäuseplage. Die Umwandlung von Wald in Feld brachte, wo der Boden zu
dürftig für den Körnerbau war, nicht die erhofften Erträge, und er
verarmte ganz und gar. Deshalb war es nötig, die Walddecke vielfach
wieder herzustellen und sich somit bis zu einem gewissen Grade den
ursprünglichen Verhältnissen wieder zu nähern.

[Sidenote: Der Wald im Altertum und Mittelalter.]

Als ganz vom Urwald bedeckt dürfen wir uns unsere Gegend nämlich
weder während der Anfänge menschlicher Besiedelung noch zu der Zeit
denken, in der die Römer -- aus dem sonnigen Italien kommend --
ihre übertriebenen Schilderungen von »des Waldes Duster« machten.
Wie hätte ein solches Land Weide für das Vieh der nomadisierenden
ersten Bewohner, wie auch Acker für die seit dem ersten christlichen
Jahrhundert seßhaft werdenden Stämme liefern können? Ein Wechsel von
Gehölz und waldfreiem Boden wird stets vorhanden gewesen sein; doch hat
sich mehr und mehr das Verhältnis zuungunsten des Waldes verschoben.

[Illustration: §. Abb. 26. Gehöft in Linnenbeke bei Vlotho. (Zu Seite
45.)]

[Sidenote: Der Wald in der Neuzeit.]

Neue Ansiedelungen, vor allem die durch christliche Missionare und
Klöster ins Leben gerufenen vor und nach Karl dem Großen, befriedigten
ihr Landbedürfnis durch Rodungen. Erst seit dem dreizehnten Jahrhundert
begegnen wir den ersten Anfängen von Maßnahmen zum Schutze des
Waldes. Im sechzehnten Jahrhundert finden wir im Osnabrückischen
die Vorschrift, daß auf jedem Hofe höchstens zwei Feuerstellen sein
durften, nämlich das Haus des Besitzers und die »Leibzucht«, in welcher
die Altenteiler wohnten. Auch war für Vollerben, Halberben und Kötter,
die verschiedenen Stufen bäuerlicher Besitzerwürde, je ein Höchstmaß
der Hausgröße vorgeschrieben, um den wertvollen »Obstbaum«, die für
die Schweinemast unentbehrliche Eiche, nicht unnötig zu dezimieren.
Später freilich räumte der Dreißigjährige Krieg grausam unter unseren
Wäldern auf. Wie sich die Heere rücksichtslos das Brenn- und Nutzholz
für ihre Zwecke holten, so konnten auch die Gemeinden die Forsten
nicht schonen, wenn sie Geld zur Aufbringung von Kontributionen nötig
hatten und nur durch rasche Befriedigung gestellter Forderungen ihre
Ortschaft vor Einäscherung zu bewahren vermochten. Als nach dem Kriege
die Volkszahl wieder stieg, sah man sich zur Hebung der Landwirtschaft
wieder auf den Wald angewiesen. Hier holte man Laub und Plaggen als
Streu, Gras und Kraut als Futtermittel, und hier ließ man auch das Vieh
weiden, wodurch die natürliche Verjüngung des Gehölzes fast unmöglich
wurde. So gab man den Wald, wenigstens als Hochwald, dem Untergange
preis. Kümmerlicher Mittel- oder Niederwald trat an seine Stelle.
Als die Marken im achtzehnten Jahrhundert aufgeteilt wurden, waren
vielfach die Parzellen überhaupt für eine verständige Wirtschaft zu
klein. Im Wiehengebirge und Osning liefen sie in schmalen Streifen über
Berg und Tal. Da obendrein noch »Heide und Weide« gemeinsam blieb,
war der Besitzer gar nicht in der Lage, sein Eigentum zu schützen,
und niedriger Busch oder gar Heide waren die letzten Reste einstiger
Pracht. Dieser Zustand hat sich dort auf weiten Strecken bis auf den
heutigen Tag erhalten.

Günstiger liegen die Verhältnisse an der oberen Weser. Aber auch
hier hat der Wald seine Zeiten der Verwüstung durchgemacht, und
zwar aus ähnlichen Gründen. Dazu kam aber dort noch die übermäßige
Inanspruchnahme des Waldes durch die Pottasche-Siedereien für
Leinenbleiche und Glasfabrikation hinzu. Außerdem bot die Weser und die
Leine gute Gelegenheit zum Verflößen des Holzes, und auch das reizte
zum Abholzen.

[Illustration: §. Abb. 27. Diele eines lippischen Zieglerhauses in
Heidelbeck. (Zu Seite 45.)]

[Sidenote: Heutige Verteilung des Waldes.]

Daß im neunzehnten Jahrhundert, welches fast gleichzeitig für die
Landwirtschaft wie für die Forstkultur den Anfang einer verständigen
und pfleglichen Behandlung der Natur bedeutet, die Wiederherstellung
des Waldes im Süden besser gelang als im Nordwesten, erklärt sich aus
den Besitzverhältnissen. Staats- und Gemeindebesitz zusammen umfaßt im
Oberweser- und Diemelgebiet rund vier Fünftel, im Werregebiet nicht
viel über ein Drittel, an der oberen und mittleren Ems und an der Hase
wenig über ein Achtel des gesamten Waldbestandes. Zum Aufforsten aber
sind natürlich langlebige Körperschaften besser befähigt als Private,
denen für mehrere Generationen ein Verzicht auf jeglichen Ertrag
zugemutet wird, wenn sie an Stelle auch noch so mageren Ackers oder
dürrer Weide Waldbäume pflanzen sollen. Der lästigen Nebenbenutzer des
Waldes entledigten sich Staat und Gemeinde durch Abfindungen, die auch
dann nicht als allzu drückend empfunden wurden, wenn sie, wie besonders
im Kreise Rinteln-Schaumburg, in Teilen des Waldes selbst bestanden,
die dann der Urbarmachung anheimfielen.

[Illustration: §. Abb. 28. Gasthaus in Volksen bei Rinteln. (Zu Seite
45.)]

Bei den Neuaufforstungen konnte man aber vielfach den alten Zustand
nicht ohne weiteres wieder herstellen. Der verarmte Boden war nicht
mehr imstande, Laubwald zu ernähren, und so mußte man denn die
genügsame Kiefer als Pionier des Baumwuchses voranschicken; meist aber
bot doch wenigstens die Fichte einen Ersatz für das entschwundene
Buchengrün, das bis zum sechzehnten Jahrhundert noch fast alle Höhen
überzog. Denn dieser herrliche Baum, dessen schlanke, silbergraue
Stämme die grünen Kreuzgewölbe des deutschen Waldes am stolzesten
tragen, gedeiht in unserem Klima vortrefflich auf allen Gesteinsarten
der mesozoischen Formationen (Abb. 16). Gesellt aber hat sich ihm,
wenn auch seltener in großen, geschlossenen Beständen, die Eiche,
der am höchsten geschätzte Nutzbaum unserer Altvordern, der in den
westfälischen Teilen unseres Gebietes früher stellenweise auch den
ersten Platz einnahm. In der »Bramwaldischen Relation« von 1666
werden nur Buche und Eiche dort als waldbildend genannt. Ebenso stand
es im Solling, und der Reinhardswald war fast ausschließlich mit
Buchen bestanden, wogegen jetzt die Buche nur 45% des Waldbodens im
Oberwesergebiet innehat.

[Illustration: §. Abb. 29. Motiv aus Exten bei Rinteln. (Zu Seite 54.)]

Der Wiederkehr der alten Verhältnisse, die der Naturfreund mit Freuden
begrüßen würde, steht nämlich mancherlei im Wege. Nicht auf allen
Standorten leistet die Buche Genügendes, und die bequeme, schnell
wachsende Fichte liefert als treffliches Nutzholz dem Forstfiskus
Erträge, auf die er nicht verzichten kann.

Der Anteil des Waldes an der Bodenbedeckung beträgt in dem
Oberwesergebiet von Münden bis zur Porta unter Ausschluß der zur
Diemel und Werre entwässernden Landesteile 35,3%, wobei aber bemerkt
sein mag, daß das rechte Weserufer waldreicher ist als das linke. Das
Diemelgebiet hat 31,2%, das Werregebiet dagegen 21,6 und das obere und
mittlere Emsgebiet nur 19,3%. Die entsprechenden Ziffern für Preußen
und das Deutsche Reich sind 23,7 und 25,9%. Als Hochwald werden im
Oberwesergebiet 96,8% bewirtschaftet, im Diemelgebiet 96,7%, im Werre-
und oberen und mittleren Emsgebiet nur 72,0 und 77,6%. Laubholz bedeckt
im Oberwesergebiet 77,9, im Diemelgebiet 75,6%, im Werregebiet 72,4, im
oberen und mittleren Emsgebiet 52,3% der Waldfläche.

[Sidenote: Waldnutzung.]

Als Kultur- und Wirtschaftselement hat der Wald früher eine größere
Bedeutung gehabt als jetzt. Ehe man die in den schwarzen Diamanten
unseres Landes, vor allem Westfalens, aufgespeicherten Kapitalien
an Energie erschlossen und die gerade in unserem Gebiete reichlich
vorhandenen unterirdischen Kaliablagerungen ans Tageslicht gezogen
hatte, war es der Wald, insbesondere der Buchenwald, welcher die für
manche Fabrikationszweige unentbehrlichen Stoffe, Kohle und Pottasche,
liefern mußte. In jedem ländlichen Haushalt gehörte noch vor dreißig
bis vierzig Jahren ein »Bükefaß« zum notwendigen Inventar; das war eine
große hölzerne Tonne, in der die Leinenwäsche mit Buchenaschenlauge
behandelt, d. h. »gebükt«, wurde. Dieses Bleichen mit dem aus der
Holzasche gewonnenen kohlensauren Kali wurde an einzelnen Orten
in größerem Stile gewerbsmäßig betrieben, so in Uslar am Solling
und in dem benachbarten Sohlingen, wo noch heute eine »Königliche
Musterbleiche« besteht, freilich mit einer inzwischen veränderten
Betriebsweise.

[Illustration: Abb. 30. Bauernfamilie aus Meinsen bei Bückeburg.
Älterer Typus. (Zu Seite 54 bis 56.)]

Große Massen Pottasche brauchten auch die Glashütten, deren es früher
in allen waldigen Teilen unseres Gebietes, am Solling, an der Egge,
am Bramwald, am Hils, am Deister und Bückeberg und an der Weserkette
zahlreiche gab und zum Teil auch noch gibt. Der Wald lieferte ihnen
außer Pottasche auch billiges Brennholz. Wie vieles Holz von ihnen
verbraucht wurde, kann man sich vorstellen, wenn man hört, daß die
kleine Glashütte Amelith im Solling in ihren blühendsten Zeiten
20000 ~kg~ Pottasche jährlich verwendet haben soll, und dabei bedenkt,
daß 1000 ~kg~ trockenen Holzes etwa 3 ~kg~ Asche und diese 3 ~kg~ Asche
etwa 1 ~kg~ Kali enthalten.

[Illustration: Abb. 31. Bauernmädchen aus der Gegend von Nenndorf. Nach
einer Photographie von Gustav Kaulmann in Minden. (Zu Seite 54 bis 56.)]

[Sidenote: Kohlenbrennerei.]

Ein anderes aus dem Holze gewonnenes Erzeugnis ist die Kohle; man
bedarf ihrer noch heute zur Herstellung feinerer Stahlarten und anderer
Fabrikate.

Zwar hat die verständige Gewinnung der Holzkohle, nämlich durch
Abdestillieren der flüchtigen Bestandteile, die als Holzteer,
Holzessig, Holzgeist, Aceton usw. mannigfach verwendbar sind, bei
uns bereits Eingang gefunden. In Bodenfelde an der Weser z. B. ist
eine solche Fabrik. Aber immer noch besteht auch die alte, zwar
unzweckmäßige, aber poesieumwobene Kohlenbrennerei. Besonders im
Bramwald, im Solling und im Vogler sieht man noch die Meiler dampfen.
In der Nähe einer kühlen Quelle, die nach der heißen, staubigen Arbeit
den erfrischenden Trunk spendet, hat sich der Köhler seinen Wigwam
-- ich wollte sagen seine Köte -- aufgebaut (Abb. 19). Es ist ein
kreisrunder, kegelförmiger Bau aus Stangen, Reisig und Moos. Oben
befindet sich ein Rauchloch, von einem kleinen Regenschirm aus den
gleichen Materialien überbaut. Eine Tür mit Schutzdach ist an der Seite
angebracht, und an sie schließt sich ein gemütliches Sitzbänkchen.
So macht das Ganze von außen einen recht behaglichen Eindruck. Der
Innenraum mit seiner mehr als bescheidenen Einrichtung dient zugleich
als Küche und Schlafzimmer. Denn der Köhler muß auch nachts in der Nähe
seiner Meiler bleiben.

[Illustration: Abb. 32. Schulmädchen aus Eisbergen (Kreis Minden) auf
dem Kirchgange. (Zu Seite 54 bis 56.)]

Will er eine neue Kohlenstelle anlegen, so muß er zunächst den Boden
mit der Schaufel einebnen. Dann schlägt er zwei etwa 2 ~m~ lange dürre
Stangen dicht nebeneinander in die Erde und steckt zwischen sie kurze
Stückchen trockenen Fichtenholzes. So entsteht der »Quandel«, der
später dazu dienen soll, den Meiler von der Mitte aus zu entzünden.
Nun werden ringsum etwa 1 ~m~ lange Knittel Buchenholz in immer größer
werdenden Kreisen aufgestellt, jedoch so, daß am Boden ein kleiner
Tunnel vom Quandel bis zum äußersten Rande ausgespart bleibt. Dies
ist »dat Stekelock«, das Loch zum Anstecken. Zwei bis vier Stockwerke
von Scheiten werden regelmäßig übereinander gebaut, und dann wird ein
niedriges Gitterchen aus Buchenzweigen, das später die Decke halten
soll, herumgeführt; so ist denn der Meiler »holtrei«, d. h. holzfertig
(Abb. 18). Nun aber muß er mit welkem Buchenlaube verkleidet werden,
und darüber wird Erde geschaufelt und festgeklopft. Etliche kunstvoll
in Form eines Geländers rings herumgestellte Scheite verhindern das
Abrutschen des oberen Teiles der Erddecke (Abb. 20). Aber bereits vor
der völligen Eindeckung wird der Meiler angezündet. Jetzt heißt es
aufpassen! Denn das Feuer will »regiert« sein. Es darf nicht ausgehen,
aber auch nicht mit lichter Flamme auflodern. Um den Luftzutritt,
von dem alles abhängt, auf das richtige Maß zu bringen, dienen dem
Köhler die »Rumen«, d. h. Räume oder Löcher in der Decke, die er
mit der Stange öffnen oder mit Erde schließen, bald nach oben, bald
mehr nach unten verlegen kann. Alle sechs Stunden besteigt er seinen
Meiler auf einer rohen Leiter, die aus einem einzigen Baumstamm mit
eingekerbten Stufen besteht (Abb. 20); er überzeugt sich von dem
Gange des Verkohlungsprozesses und füllt die eingesunkene Kuppe mit
neuen Holzstücken auf. Nach etwa acht Tagen ist die Kohle »gar«.
Der Meiler wird durch vorsichtiges Abheben und Wiederauflegen des
»Drecks« gekühlt, die Kohlen nach und nach mit dem eisernen »Riethaken«
(Reißhaken) vorsichtig herausgezogen, nach völligem Erkalten in Säcke
gepackt und zu Wagen fortgeschafft (Abb. 21).

[Sidenote: Holzverwertung.]

Ein großer wirtschaftlicher Wert kommt natürlich dieser alten Industrie
nicht zu. Wesentlich mehr Menschen finden ihre Nahrung in den großen
Holzverwertungs-Unternehmungen unserer Waldgebiete, besonders an der
Oberweser. So werden in Münden Trockenfässer, Eisenbahnschwellen,
Parkett- und Pflasterklötze, in Carlshafen Fässer und Wiener Möbel, in
Bodenfelde, Kaierde und Alfeld Schuhleisten, in Lauenförde, Hameln,
Münder und Springe Stühle und in einigen Orten der Hilsmulde sowie in
Wertheim bei Hameln Holzpappe und -papier gemacht. Von dem Umfang der
Gesamtfabrikation wird man sich nicht leicht einen richtigen Begriff
machen; immerhin ist es vielleicht interessant zu hören, daß die beiden
größten unter jenen Werken zusammen 31500 Raummeter Holz, d. h. einen
Würfel von fast 31½ ~m~ Kantenlänge, im Jahre verarbeiten.

[Illustration: §. Abb. 33. Bauernmädchen aus Uffeln bei Vlotho. Einige
unechte Bestandteile (Tücher, Schürzen) dringen in die Volkstracht ein.
(Zu Seite 54 bis 56.)]

Erscheinen uns solche Ziffern hoch, so wird es uns anderseits wundern
zu hören, daß in den beiden waldreichen Kreisen Uslar und Münden
nur 15,7 und 11,4% aller im Hauptberuf erwerbstätigen Einwohner in
Forstwirtschaft oder Holzindustrie ihren Unterhalt finden. Trotz dieser
beschränkten volkswirtschaftlichen Bedeutung der Waldindustrien wird
doch der Naturfreund an deren Bestehen seine Freude haben. Denn sie
geben der Forstverwaltung Gelegenheit, das Buchenholz, das früher fast
nur zum Brennen diente, nützlich zu verwerten, und so bieten sie eine
erneute Gewähr für die Erhaltung unserer herrlichen Laubwälder.



~V.~ Bäuerliche Verhältnisse.


Das gesamte Weserberggebiet ist, was seinen landwirtschaftlichen
Charakter anlangt, Bauernland; Großgrundbesitz findet sich in
bemerkenswertem Maße nur im südlichen Teil des Regierungsbezirks
Minden, wo die dem Herzog von Ratibor gehörige Herrschaft Corvey
allein schon ein mächtiges Areal bedeckt; Zwergwirtschaften überwiegen
an der Oberweser, in den Kreisen Münden und Hofgeismar. Die dortige
niederdeutsche Bevölkerung ist nämlich stark mit mitteldeutschen
Bestandteilen vermischt und folgt der fränkischen Sitte, nach der das
ländliche Besitztum unter die gleichberechtigten Erben aufgeteilt wird,
während sich der Hof in Niedersachsen und Westfalen als Ganzes vererbt.

[Illustration: Abb. 34. Bauersfrau aus Hahlen bei Minden. (Zu Seite
56.)]

[Sidenote: Bäuerliche Besitzverhältnisse.]

Hier bestehen von der gesamten landwirtschaftlich benutzten Fläche
etwa drei Viertel aus Betrieben von 5 bis 100 ~ha~, d. h. aus
Mittelbetrieben, unter denen wiederum die kleineren überwiegen.
Sobald die Größe von 20 ~ha~ überschritten ist, kann der Besitzer
fremder Arbeitshilfe nicht mehr entbehren. Diese gewinnt er, wenn
auch neuerdings mit Schwierigkeiten, meist in der Form von Knechten
und Mägden, die der Hausgemeinschaft angehören. Dazu kommen im
Osnabrückischen und in Minden-Ravensberg seit dem siebzehnten
Jahrhundert die sogenannten Heuerlinge deren der einzelne Hof zwei
oder auch mehr hat. Die Entstehung des Heuerlingswesens ist wohl
darauf zurückzuführen, daß die während des Dreißigjährigen Krieges
heruntergekommenen Bauern das Bedürfnis empfanden, einzelne Teile ihres
Besitztums zu verpachten, um sich so eine wenn auch bescheidene Rente
zu sichern. Die Heuerlinge sind Landwirte nur im Nebenberuf. Früher
waren sie meist Leinweber und haben sich, nachdem sie beim Niedergang
der westfälischen Handleinenweberei eine furchtbare wirtschaftliche
Krise durchgemacht hatten, zum Teil anderer industrieller Arbeit, u. a.
auch der Zigarrenmacherei zugewendet. Ihr eigentümliches Verhältnis zum
Hofbesitzer besteht darin, daß ihnen das Häuschen nebst 1½ bis 2 ~ha~
Land, worauf sie zwei Kühe halten können, zu äußerst geringem Pachtzins
überlassen wird, wogegen sie wieder für einen sehr niedrigen Tagelohn
arbeiten müssen, sobald der Bauer ihrer Hilfe bedarf. Niedersachsen
kennt keine eigentlichen Heuerlinge. Wohl aber gibt es auch dort wie in
Westfalen Industriearbeiter, die, um etwas Landwirtschaft zu treiben,
einiges Land mit einem Häuschen gekauft oder gepachtet haben; aber sie
treten zu dem ursprünglichen Besitzer in kein anderes als ein lockeres
geschäftliches Verhältnis.

[Illustration: Abb. 35. Bauer aus Hahlen bei Minden, Vater der vorigen.
(Zu Seite 54.)]

[Sidenote: Siedelungsformen.]

Ein anderer Unterschied zwischen beiden Gebietsteilen betrifft die
Form der bäuerlichen Ansiedelung selbst. Es ist ja bekannt, daß die
Höfe in Westfalen meist zerstreut liegen, in Niedersachsen aber
mehr in geschlossenen Dörfern. Eine scharfe Grenzscheide läßt sich
freilich nicht ziehen. Denn im sogenannten Einzelhofgebiet gibt es
auch geschlossene Ortschaften und umgekehrt im Dorfgebiet Weiler
und vereinzelte Höfe. Zwar herrscht östlich von der Linie Porta
Westfalica-Externsteine das Dorf vor und westlich von ihr der Hof.
Das hindert aber nicht, daß der ganze Nordfuß des Wiehengebirges
von Dörfern umsäumt ist. Unerklärt ist bisher der Ursprung dieser
verschiedenen Siedelungsformen. Denn Meitzens Annahme, daß der
Einzelhof keltischen, das Dorf aber germanischen Ursprungs sei,
hat fast allenthalben Widerspruch gefunden. Jedenfalls verrät sich
das Dorf als eine gemeinsame Gründung einer beschränkten Zahl
von Stammesgenossen. Als sie das Bedürfnis empfanden, von einer
nomadisierenden Lebensweise, bei der der Ackerbau gegenüber der
Viehzucht nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen konnte, zur
Seßhaftigkeit überzugehen, da nahmen sie nach und nach einzelne
Landstücke, Gewanne genannt, unter den Pflug, indem sie sie gegen den
Einbruch des Wildes und des Weideviehes einzäunten und in Streifen
unter sich aufteilten. Durch allmähliche Hinzunahme neuer Gewanne wuchs
die Dorfflur auf durchschnittlich 300 bis 400 ~ha~. Gemeinsam aber
blieb für Weide und Holznutzung der Wald, die Mark zwischen den Dörfern.

[Illustration: Abb. 36. Münden und das Fuldatal. Nach einer
Photographie von Carl Thoericht in Münden. (Zu Seite 63 bis 67.)]

[Illustration: Abb. 37. Das Rathaus in Münden.

Nach einer Photographie von Karl F. Wunder in Hannover. (Zu Seite 64.)]

Dieser Zustand kettete in seiner Wirtschaftsordnung den einen Bauern
an den andern und schuf den Flurzwang, wonach je ein Gewann von allen
Besitzern zur gleichen Zeit und mit derselben Frucht bestellt werden
mußte. Dies hatte für die alten Wirtschaftsweisen gewiß seine Vorteile,
für die neue aber fast nur Nachteile. Bekanntlich ist dieses System
erst im neunzehnten Jahrhundert durch die sogenannte Verkoppelung ganz
beseitigt worden.

Auch die sonstigen Schicksale der Dörfer und Bauerschaften hüben und
drüben sind durchaus nicht immer die gleichen gewesen. Als sich im
dreizehnten Jahrhundert die von Karl dem Großen geschaffenen großen
Grundherrschaften auflösten, wurden die halbfreien »Laten« in den alten
welfischen Provinzen, sowie in Paderborn und Corvey frei und kamen
als »Meier« in eine Mittelstellung zwischen Pächter und Besitzer,
gerieten dagegen in Osnabrück, Minden, Ravensberg und Schaumburg in den
Zustand der Eigenbehörigkeit, aus dem sie zu Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts, im Königreich Hannover sogar erst im Jahre 1836, befreit
worden sind.

[Illustration: §. Abb. 38. Der Marktplatz in Münden. (Zu Seite 64.)]

[Sidenote: Bauernhöfe.]

Höchst merkwürdig ist es, daß alle diese Wandlungen der
Agrarverfassung, daß Kriege und wirtschaftliche Krisen den Bestand
der Bauernhöfe selbst nur im verhältnismäßig geringen Maße anzutasten
vermocht haben. Sowohl in Niedersachsen als besonders in Westfalen gibt
es Höfe, die sich vielhundertjährigen Bestandes rühmen, und darunter
gewiß manche mit Recht. Ich erinnere an die berühmten Sattelmeierhöfe
bei Enger, deren Besitzer sich noch heute als Nachkommen jener freien
Bauern betrachten, die mit Herzog Wittekind Freud und Leid teilten
(Abb. 22). Ohne Adelsprädikat und ohne heroldsamtliche Anerkennung
genießen sie bei ihren Landsleuten edelherrliches Ansehen. Bei
dem Ableben eines Sattelmeiers wird drei Tage hintereinander zur
»Königstunde« geläutet, die Leiche wird in der Kirche auf dem Chor
niedergesetzt, und wenn sie zu Grabe gefahren wird, folgt dem Sarge wie
bei Fürsten das Reitpferd.

[Illustration: §. Abb. 39. Die Vorstadt Blume in Münden. (Zu Seite 64.)]

Über das Alter des einzelnen Hofes ist es freilich meist schwer, einen
urkundlichen Nachweis zu führen. Auffallend ist aber, daß die Hofgrößen
in alter und neuer Zeit so wenig Unterschied zeigen. Freilich ganz ohne
Teilungen ist es ja nicht abgegangen. Wie sollte man sich sonst die
Ausdrücke Vollmeier, Halbmeier (im Osnabrückischen Vollerbe, Halberbe)
und andere Bruchzahlen in der Klassifizierung der Bauern erklären?
Auch tragen manche Familien noch in ihren Eigennamen die Spuren alter
Hofzerlegungen: man denke an Nordmann, Nordmeyer, Nordhof, Ostermann,
Ostermeyer, Osterhof usw. oder an Grotkord, Lüttjohann u. a. Den
Teilhöfen ist es aber nicht selten gelungen, sich aus der Mark wieder
zu ergänzen, so daß manchmal der Halbhof, zuweilen sogar die Kotstelle,
größer geworden ist als der Vollhof.

[Illustration: Abb. 40. Bursfelde.

Nach einer Photographie von Carl Thoericht in Münden. (Zu Seite 70.)]

[Sidenote: Hof und Familie.]

Der Hof ist der Stolz und gewissermaßen das Heiligtum der Familie.
Nach dem Hofe nennt sich der Besitzer, nicht umgekehrt. Selbst
landesherrliche Verordnungen haben es nicht hindern können, daß der
Bauer, der eine Erbtochter heiratete, wenigstens im gewöhnlichen
Leben den Namen seines Schwiegervaters und somit des Hofes führt.
Oft weiß man den rechtsgültigen Namen eines alten Bekannten gar
nicht und erfährt ihn nur zufällig, wenn er mit Gericht, Standesamt,
Militärbehörde oder Pfarre etwas zu tun hat. Daß der Hof gegenüber
dem Einzelwesen das Bedeutendere ist, zeigt sich auch bei den
Eheschließungen. Hat der künftige Schwiegersohn oder die in Aussicht
genommene Schwiegertochter die für eine gedeihliche Führung des Hofes
und der Wirtschaft nötigen Eigenschaften und dazu den erwünschten
Besitz, so werden sich die alten Leute bei ihren Verheiratungsplänen
wenig um Neigungen oder Abneigungen der jungen kümmern. Ich sehe noch
das entrüstete Gesicht eines alten Bauern vor mir, der sich einst bei
meinem Vater über die Widerspenstigkeit seiner Tochter beklagte. Wie
lächerlich er den Widerstand des Mädchens gegen sein wohlmeinendes
Vorhaben fand, zeigt der Ausruf, mit dem er die Aufzählung der Vorzüge
der betreffenden Partie schloß. »Niu hannelt et sick man blot noch um
de Perßönlichkeit, un dorümme will de Saotan nich!«

[Sidenote: Hof und Erbrecht.]

Der Hof muß also »an der Reihe« erhalten werden. Er muß ungeteilt auf
einen einzelnen Erben übertragen werden. Dieser heißt der Anerbe. Die
Geschwister hat er abzufinden. Über die Höhe der Entschädigungen haben
Gesetz und Herkommen verschiedenes bestimmt; daß die Leistungsfähigkeit
des Gutes erhalten bliebe, war hierbei vor allem der maßgebende
Gesichtspunkt. Denn auch der Grundherr, solange es einen solchen gab,
und der Staat hatten ein Interesse an dem Vorhandensein zins- und
steuerkräftiger Bauern.

Auch die Einführung des gemeinen Erbrechtes im neunzehnten Jahrhundert
hat die Anerbensitte nicht zu zerstören vermocht. Ja die Gesetzgebung
selbst ist zum Teil wieder dem bäuerlichen Brauch entgegengekommen,
indem sie das Anerbenrecht als Intestaterbrecht für die Bauerngüter
in den Kleinstaaten und in der preußischen Grafschaft Schaumburg
verbindlich, in Hannover und Westfalen wahlfrei (durch Eintragung
des Besitztums in die Höferolle, wie sie in Hannover heißt, oder in
die Landgüterrolle, wie man in Westfalen sagt) einführte. Die Fälle
freilich, daß der Bauer stirbt, ohne durch Testament oder -- was noch
häufiger vorkommt -- durch Übergabe bei Lebzeiten über den Hof verfügt
zu haben, sind selten. Und selbst dann einigen sich die Geschwister,
auch wenn Teilung rechtlich zulässig wäre, gütlich über die Einsetzung
eines Anerben. Das Interesse des Hofes steht höher als der Eigennutz
des einzelnen. Dies zeigt sich auch darin, daß die Erben oft mit
geringeren Abfindungen zufrieden sind, als ihnen das Gesetz oder der
Wille des Erblassers zugedacht hat.

Daß der Bauer gern bei Lebzeiten »abgibt«, hat seinen Grund darin, daß
er dem herangewachsenen Sohn und seiner unverbrauchten Kraft, besonders
bei Gelegenheit seiner Verheiratung, ein Feld der Tätigkeit eröffnen,
sich selber aber Ruhe gönnen will.

Die alten Leute gehen dann auf die Leibzucht, »up Lieftide«, wie man im
Mindenschen sagt. In dieser Gegend ist, wenigstens auf größeren Höfen,
ein besonderes Leibzuchtshaus vorhanden; sonst wohnen die Altenteiler
bei den jungen Leuten, in deren Hause ihnen eine besondere Kammer und
der beste Platz hinter dem Ofen eingeräumt ist. Außerdem werden von
ihnen einige Naturalleistungen, Nutzung von Ländereien, einige Stück
Vieh, Hüterecht für dieses, Fuhren, etwas Taschengeld, »Hege und Pflege
in gesunden und kranken Tagen und ein christliches Begräbnis« in der
Regel vertraglich ausbedungen.

[Illustration: §. Abb. 41. Klosterkirche in Bursfelde. (Zu Seite 70.)]

[Sidenote: Familienverhältnisse.]

Anerbe ist in der Regel der älteste Sohn, in Ermanglung von Söhnen
die älteste Tochter. Indessen bevorzugen einige Gegenden, und zwar
Osnabrück und Ravensberg, sowie der größte Teil von Minden, den
jüngsten Sohn oder die jüngste Tochter, wobei wohl der Wunsch der Väter
maßgebend ist, die Generationenfolge zu verlangsamen. Wenn der Älteste
erbt, heißt es, kommt die Wiege gar nicht vom Hof. Die Geschwister des
Anerben haben in dem Hofe, von dessen Besitz sie ausgeschlossen sind,
immer einen Rückhalt. Sie bleiben bis zu ihrer Konfirmation regelmäßig
dort und erhalten auch später freien Unterhalt im Falle von Krankheit
und Gebrechlichkeit oder auch sonst auf ihren Wunsch, wenn sie bereit
sind, bei der Arbeit zu helfen. Freilich gelten sie dann durchaus nicht
etwa als ebenbürtig mit dem Bauern. Ich redete in meinem Heimatsdorf
einst den älteren Bruder eines Besitzers, der als Knecht auf dem Hofe
lebte, mit »Guden Dag, Korf!« an. -- »Guden Dag,« erwiderte er, »awer
eck sin nich Korf; eck sin Korf sin Broer.« Also auf den Familiennamen
hatte er keinen Anspruch; der gehörte dem Inhaber der Stelle; er war
»blot de olle Hinnak«, und das hätte ich wissen müssen. Verlassen die
Geschwister des Anerben den Hof, so fallen sie durchaus nicht dem
Proletariat anheim, wie man behauptet hat, sondern bilden auch weiter
einen wertvollen Bestandteil der Gesellschaft. Nach einer von Spee
mitgeteilten Erhebung über 4561 Abfindlinge von 1204 westfälischen
Höfen waren 19% auf den Höfen geblieben. Von den übrigen Brüdern und
Schwestern des Anerben ist der Beruf ermittelt. Danach sind von
den Männern 46% durch Heirat, Erbschaft, Kauf oder Pachtung wieder
selbständige Landwirte geworden, 22% selbständige Unternehmer im Handel
oder Gewerbe, 16% haben liberale Berufe ergriffen (darunter akademisch
und seminarisch gebildete Lehrer, Geistliche, Ärzte, Juristen,
Ingenieure, Tierärzte, Apotheker usw.), 10% sind unselbständige
Arbeiter geworden, 4% sind ausgewandert. Von den Frauen haben sich die
meisten verheiratet, darunter 72% an selbständige Landwirte.

[Illustration: §. Abb. 42. Hugenotten aus Gewissenruh. (Zu Seite 70.)]

[Illustration: Abb. 43. Carlshafen vom Diemeltal aus gesehen.

Nach einer Photographie von Alfred Menzhausen. (Zu Seite 72.)]

[Illustration: Abb. 44. Helmarshausen und die Krukenburg gegen den
Solling.

Nach einer Photographie von Alfred Menzhausen. (Zu Seite 72.)]

[Sidenote: Die Siedelungen.]

Wer unser ganzes Gebiet von einem Ende bis zum andern durchreist,
dem wird es auffallen, wie verschieden die Dörfer sich ausnehmen. Im
Einzelhofgebiet kann man freilich von Dörfern nicht reden. Es gibt nur
Bauerschaften, die höchstens einen dorfähnlichen Kern haben. Sonst
zeigt das Landschaftsbild durcheinander offenes Feld, Esch genannt,
und eingehegte Kämpe, Wiese und Buschwald und dazwischen versteckt
unter alten Eichen und Buchen die Gehöfte (Abb. 24, 26 u. 101), sowie
abseits von diesen wiederum die Heuerlingshäuser. Von den Höhen der
Weserkette herabschauend, sieht man dagegen geschlossene Ortschaften,
deren rote Dächer von Bäumen umgeben sind. Aber das Weiß, das im
Frühling an die Stelle des Baumgrüns tritt, verrät es uns, daß es
keine Wald-, sondern Obstbäume sind, die auf den Höfen wachsen. Wenn
wir weiter weseraufwärts ins Calenbergische kommen, so überwiegt das
Rot im Dorfbilde, das Grün tritt mehr zurück. Doch ersetzt im Süden,
vor allem im Solling, wieder der durch das Alter meist grau gefärbte
Buntsandsteinschiefer (Sollinger Platten) die Ziegelbedeckung, so
daß die Dörfer dort etwas Düsteres bekommen. Übrigens wird nach der
Oberweser hin auch der Grundriß der Siedelungen anders. Straßenweise
reiht sich Haus an Haus. Der geräumige Hofraum, mit dem in Westfalen
geradezu Verschwendung getrieben wird, fehlt fast ganz. Ackergeräte und
Wagen, sowie das in hohen Haufen aufgeschichtete Buchenbrennholz lagern
in malerischem Durcheinander auf der Straße, die dem Jungvieh und
Geflügel, besonders den zahlreichen Gänsen, sowie auch der menschlichen
Dorfjugend zum gemeinsamen Spaziergang und Tummelplatz dient (Abb. 62).
Reihendörfer finden sich allerdings auch im Norden des Gebietes, im
Schaumburgischen, aber von wesentlich anderem Charakter. Es sind die im
dreizehnten Jahrhundert angelegten, auch jetzt noch durch mancherlei
Eigentümlichkeiten in Geschmack und Sitte ausgezeichneten Hagendörfer.
Ihren Ursprung verdanken sie einzelnen Fürsten, die meist fränkische
Kolonisten vom Niederrhein im Waldlande ansiedelten. Sie liegen nur
an einer Seite einer geraden Straße. Hinter dem Hause ist der Garten
und etwas Weideland, das an einen Bach stößt. Auf der anderen Seite
der Straße liegt in langen Streifen der Acker. Augenscheinlich ist
diese Kolonisationsform der der Marschendörfer an den Weser- und
Elbmündungen nachgeahmt. Sie wurde aber auch später noch angewendet,
so in Hessendorf bei Rinteln, einer im Jahre 1660 von dem hessischen
Landgrafen gegründeten Ansiedlung lippischer Kolonisten, und ähnlich an
der Oberweser in dem 1722 angelegten Hugenottendorf Gewissenruh (vergl.
Seite 70).

[Illustration: §. Abb. 45. Basaltbruch am Hohen Hagen. (Zu Seite 73.)]

[Sidenote: Dorf- und Hausformen.]

Eine noch größere Mannigfaltigkeit als bei den Dorfformen findet sich
auf dem Gebiete der Hausformen. Nur im äußersten Süden, bei Münden,
herrscht das fränkische Haus (Abb. 23). Es steht mit seinem Giebel an
der Straße, auf welche die Stubenfenster herausblicken. Daneben ist die
Einfahrt in den Hof. Von diesem gelangt man durch eine schmale Haustür
an der Langseite in das Wohnhaus. Die anderen Seiten des Hofes sind von
den Ställen und Scheuern umgeben. Dieser Haustypus dringt im Süden und
Osten unseres Gebietes vor, teils das Sachsenhaus verdrängend, teils
das Entstehen von Mischformen begünstigend.

[Illustration: §. Abb. 46. Trendelburg an der Diemel. (Zu Seite 74.)]

[Sidenote: Das Bauernhaus.]

In allen übrigen Teilen der Weserberge bildet dagegen das altsächsische
Bauernhaus noch immer die Grundform der älteren ländlichen Wohnungen
(Abb. 22, 24 bis 28).

[Illustration: Abb. 47. Hirschfütterung im Reinhardswald.

Nach einer Photographie von Oberförster J. von Wangelin in Strelno. (Zu
Seite 74.)]

Das Wesen dieses oft gerühmten, von Justus Möser in seinen
patriotischen Phantasien und in seiner Osnabrückischen Geschichte
verherrlichten Hauses ist, daß für alles, was zur bäuerlichen
Wirtschaft gehört, Raum unter einem einzigen Dache und bei ursprünglich
nur einer Feuerstelle geschaffen ist. Der Grundriß hat die Form eines
länglichen Vierecks. Nähern wir uns einem der ganz alten Häuser, wie
sie in dem westfälischen, besonders in dem osnabrückischen Teile
unseres Gebietes noch vereinzelt vorkommen, so fällt uns das hohe
Strohdach auf, das sich von der langgestreckten First nach den beiden
niedrigen Langwänden zu gleichmäßig herabsenkt. Der Vordergiebel ist
gleichfalls mit Stroh verkleidet und bildet einen flach gewölbten Walm
an seinem oberen Ende, unterbrochen durch eine dreieckige Öffnung,
die von zwei gekreuzten Brettern, den »Windfedern«, umrahmt wird
(ähnlich auf Abb. 24); sie sollen das Strohgeflecht gegen den Sturm
schützen, der es sonst zerzausen würde. Sie haben als Schmuck meist die
nach außen schauenden geschnitzten Pferdeköpfe oder einen senkrecht
stehenden verzierten Stab.

Wir betreten das Haus durch die in der Mitte der vorderen Schmalseite
befindliche Einfahrtstür. Sie ist breit und hoch genug, um einen voll
beladenen Erntewagen hereinzulassen. Sie führt uns auf die gepflasterte
oder mit gestampftem Estrich versehene Diele, auf der allerhand Geräte,
Häcksel, Grünfutter und dergleichen herumliegen (Abb. 25). Hund und
Hühner, junge Schweinchen und kleine Kinder tummeln sich hier und gehen
durch das weit geöffnete Tor aus und ein. Von links schauen über ihre
Krippen die Kühe, von rechts die Pferde herein. Denn von den Ställen
ist die Diele nicht durch Wände getrennt, sondern durch die eichenen
Ständer, die allein, ohne Mithilfe der Außenwände, das Dach tragen.
Da die Ställe nicht zum Dache hinaufreichen, ist über ihnen noch die
Hille, ein schräger Raum, verfügbar, der von der Diele auf Leitern
erstiegen wird. Oft bleibt er offen und dient als Lagerstätte für Holz,
Heu, Futter oder kleinere Geräte; oft ist er auch durch eine leichte
Wand verschlossen, hinter der sich dann einzelne Kammern befinden. Auch
die Diele selbst reicht nicht bis zum Dach. Doch ist der Bretterboden,
der sie nach oben abschließt, viel höher als der über den Ställen.
Durch die Luken dieses Bodens werden vom Erntewagen aus die Garben und
Heubündel nach oben gereicht, durch dieselben Luken wirft man sie im
Bedarfsfalle wieder herab. Am Ende der Diele befindet sich der Herd,
bei ihm die Küche, die sich quer durch das Gebäude bis zu den beiden
Langseiten des Hauses fortsetzt und hier zwei schmale Türen nach dem
Hofe hat. Über dem Herde hängen Würste, Schinken und Speckseiten am
»Wiem« (Abb. 27). Ganz am Ende, mit den Fenstern nach der rückwärtigen
Schmalseite hingewendet, liegen zu ebener Erde die Wohnräume, meist
eine Stube und zwei Kammern.

[Illustration: Abb. 48. Das Rathaus in Einbeck.

Nach einer Photographie von Prof. W. Nürnberg in Hannover. (Zu Seite
76.)]

Das ganze Gebäude ist in Fachwerk aufgeführt. Das Gebälke ist eichen.
Die Füllung der Fächer besteht aus grobem Flechtwerk, das mit Lehm
überstrichen ist (Abb. 26).

Erwähnen wir noch, daß ein Schornstein nicht vorhanden ist, daß der
Rauch vielmehr durch die offene Tür und das Loch im Giebel entweicht,
so haben wir wohl die Haupteigentümlichkeiten der ältesten noch
vorhandenen Hausform erschöpft.

Diese ist indessen äußerst selten geworden, obgleich nach Justus Möser
kein Vitruv imstande wäre, mehr Vorteile zu vereinigen. Neubauten
werden in dieser Weise nicht mehr aufgeführt. Aber auch manches alte
Haus hat sich Umgestaltungen gefallen lassen müssen, Abänderungen auch
die Baupläne späterer, in den letzten Jahrzehnten errichtete Häuser,
so daß die in unseren Tagen erstehenden ländlichen Wohnstätten mit
den alten Bauüberlieferungen entweder nur einen lockeren Zusammenhang
wahren oder auch diesen bewußtermaßen aufgeben.

[Illustration: Abb. 49. Eickesches Haus in Einbeck.

Nach einer Photographie von Prof. W. Nürnberg in Hannover. (Zu Seite
76.)]

Ehe wir aber über dieses Schwinden eines Stückes heimischer Eigenart
klagen und etwa in die Vorwürfe einstimmen, die man geneigt ist den
Bauern zu machen, weil sie das schöne niedersächsische Landschaftsbild
durch Errichtung charakterloser Nützlichkeitsbauten verunzieren, wollen
wir uns klar werden, daß auch jenes älteste Haus, wie wir es vor
unserem inneren Auge erstehen ließen, schon seine Geschichte hinter
sich hat und an die Stelle noch älterer Gebilde getreten ist. Als
unsere Vorfahren etwa im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung sich
zur Gründung fester Wohnsitze in größerem Umfang entschlossen, haben
sie vermutlich das Zelt als Muster für das Haus genommen. Jenes aber
hatte noch keine Längswände, und so wird auch vermutlich das erste
Haus -- ähnlich den Schafställen der Lüneburger Heide -- nur aus einem
bis zur Erde reichenden Dach und zwei Giebelwänden bestanden haben.
Allmählich nötigte die Erweiterung des Raumes dazu, Ständer im Innern
anzubringen, die das Dach stützten und später ganz und gar trugen
(Abb. 25): aus dem einschiffigen wurde der dreischiffige Bau. Jetzt
erst konnten die Seitenschiffe eigene Außenwände erhalten. Zugleich
wurden sie konstruktiv vom Mittelbau losgelöst, indem sie eigene,
leichtere Dachsparren erhielten. Nun ward, wie es scheint, die Teilung
des Raumes eine feststehende: die Seitenschiffe gehörten dem Vieh,
der Mittelraum blieb frei für menschliche Arbeit und Erholung, oben
lagerten die Vorräte. Die Ständer aber gewannen eine solche Bedeutung,
daß nach der Zahl der von ihnen gebildeten Abteilungen, der »Fächer«,
die Häuser in Klassen eingeteilt wurden.

[Illustration: Abb. 50. Bremer Straße bei Beverungen. (Zu Seite 79.)]

[Illustration: §. Abb. 51. Zwei Fährleute, Vater und Sohn, aus Wehrden.
(Zu Seite 79.)]

Begnügten sich in den ältesten Zeiten die menschlichen Insassen des
Hauses zum Schlafen mit den dem Herde zunächstliegenden Teilen der
Seitenschiffe oder mit den Dachräumen darüber und zum Wohnen mit
der von der Diele noch nicht getrennten Küche, so fingen allmählich
die Wohlhabenderen an, sich an der Rückwand des Hauses eine Kammer
anzubauen, die sich allmählich zu einem völligen Wohnbau auswuchs.
Diese Änderung trat nach Jostes zu verschiedenen Zeiten ein, sicher
nirgends vor dem sechzehnten Jahrhundert, d. h. also in einer Zeit, in
welcher sich auch auf den Edelsitzen und in den Städten das Bedürfnis
nach größerem Wohnbehagen geltend machte. Ein anderer Haustypus
zeigt die Kammern seitwärts von der Küche, die nun statt der beiden
Seitenausgänge einen Hinterausgang erhält (Abb. 27).

[Illustration: §. Abb. 52. Fürstenberg. (Zu Seite 79.)]

Weitere Änderungen folgten. Die Küche ward durch eine Wand von der
Diele getrennt (Abb. 25) und erhielt einen Schornstein. Um ihr mehr
Licht zu geben, zog man ihre Wände hoch und versah sie mit Fenstern. An
anderen Teilen des Hauses wurde dasselbe Verfahren eingeschlagen, und
so mußten auch die Außenwände einen Teil der Dachlast tragen helfen.
Daher mußte dann das Gezimmer des ganzen Hauses in sich fester werden.
Es wurde zum Kasten, der desto stärker sein mußte, je schwerer er zu
tragen hatte. Die höheren Wände verlangten stärkeren Schutz gegen Wind
und Wetter: je nach den natürlichen Hilfsquellen der Gegend wurde das
Lehmflechtwerk durch Back- oder Bruchsteine ersetzt. Ebenso traten
Ziegel, im Oberwesergebiet Buntsandsteinschiefer, an die Stelle des
Dachstrohes. Solch ein schweres Dach bedarf aber keiner Windfedern.
So verschwinden vielfach die Pferdeköpfe und Giebelsäulchen, wenn sie
nicht lediglich als bedeutungsloser Schmuck weiter verwendet oder unter
dem Einfluß gelehrter Freunde des Heimatschutzes wieder eingeführt
werden. Vor neue Aufgaben stellt jetzt der Giebel die Baumeister. Der
eine läßt den alten Walm bestehen und bedeckt seine flache Wölbung
mit Ziegelpfannen, so besonders in der Gegend von Minden und Hameln;
ein anderer legt eine ebene Giebelfläche an, die aber schräg geneigt
wird, und zwar ungefähr unter demselben Winkel wie früher der Walm,
und deckt auch sie mit Pfannen, so am Nordfuß des Wiehengebirges;
die meisten aber bauen den Giebel senkrecht und decken ihn ganz oder
teilweise mit Ziegeln oder Sollinger Platten (Abb. 24 u. 62), oder
sie vernageln ihn mit Brettern, die im Osnabrückischen wagerecht, im
Lippischen und Schaumburgischen lotrecht verlaufen (Abb. 26 u. 28);
oder endlich sie führen ihn als eine Fachwerkswand mit Ziegelfüllung
bis dicht unter die First hinauf, so bei Osnabrück und Minden (Abb. 22
u. 62). Diese Eigentümlichkeiten sind übrigens nicht immer örtlich
begrenzt, sondern hängen vielfach vom Können und vom Geschmack des
Zimmermeisters oder des Bauherrn ab. Macht das alte Strohhaus in seiner
Form einen ehrwürdigen und zugleich malerischen Eindruck, so hat das
neuere Bauernhaus, das Bauernhaus hauptsächlich des achtzehnten und
neunzehnten Jahrhunderts, durch das viele außen sichtbare Holz der
Freude an der Farbe neue Nahrung gegeben. Die Ziegelfächer zeigen
entweder das natürliche Rot des Backsteins nebst sauberen weißen Fugen,
oder sie sind weiß, seltener rot oder gelb getüncht. Die Balken sind
braun oder schwarz gestrichen. Die Giebelbretter liebt der Osnabrücker
Bauer grün, in anderen Gegenden zieht man rotbraune Färbung vor. Die
Türen zeigen rohe, aber zuweilen nicht ungefällige Flachornamente.
Selten dagegen ist die Unsitte, Balken und Fächer gleichmäßig weiß zu
übertünchen, um den Eindruck des Massiven zu machen. Nur am Südfuß
des Osnings bei Halle habe ich es im Gegensatz zu den geschmackvollen
Bauten des Städtchens beobachtet, besonders aber auch im Diemeltale.

[Illustration: §. Abb. 53. Corvey. (Zu Seite 80.)]

[Illustration: Abb. 54. Eingang zur Abtei Corvey.

Photographie und Verlag von Otto Buchholtz' Buchhandlung (Ernst Ummen)
in Höxter. (Zu Seite 80.)]

Sicher ist, daß das Anbringen von Inschriften erst mit dem Fortfallen
des Strohwalms möglich oder doch üblich wurde. Über der Türe nennen der
Erbauer und die Erbauerin des Hauses ihre Namen nebst der Jahreszahl
der Errichtung. Begnügt man sich hiermit in der Regel an der Oberweser,
so lassen die Bauherren im Norden und Westen es sich nicht nehmen,
einen Segenswunsch oder frommen Spruch hinzuzufügen. Sehr verbreitet
ist z. B. der Vers: »Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut«, auch mit
dem Zusatz: »im Himmel und auf Erden«. Was zu dem Bau Veranlassung
gegeben, berichtet folgende Inschrift, die Wolf aus dem Kreise Halle
mitteilt: »Durch Feuersgluht und strenger Hand, das vorige Haus ist
abgebrannt, bewahr, O Gott, dieses Haus, vor Feuer, Schaden, Sturm und
Braus, zieh du mit deinem Segen ein, und laß es dir befohlen sein.« Mit
mißverstandener Gelehrsamkeit prahlt ein »lateinischer Bauer«, indem
er das schöne Wort »~Ora Edla Bora~« über seine Haustür setzt, wogegen
die natürliche Weisheit des folgenden Spruches angenehmer berührt: »Man
öffnet schnell die Thür, wenn einer klopfet an; wie oft klopft Gott
ans Herz, und wird nicht aufgethan.« Den Kampf zwischen Hochdeutsch
und Plattdeutsch verewigt folgende Inschrift aus dem Jahre 1609: »Nach
Dir Her verlanget mir min Gott Ich hafve Dir Las mir nicht to Skanden
werden Dat sik mine Vien nicht frowen werden.« Im Mindenschen herrschen
Bibelsprüche vor.

[Illustration: Abb. 55. Höxter, vom Felsenkeller aus gesehen.
Photographie und Verlag von Otto Buchholtz' Buchhandlung (Ernst Ummen)
in Höxter. (Zu Seite 79 bis 81.)]

Weit einschneidender als diese Ausgestaltungen des alten Typus sind
gewisse Änderungen im Grundriß. Hatte man einmal das Gezimmer des
Hauses zu einem festen Kasten gemacht, der in allen seinen Teilen das
Dach gleichmäßig trug, so konnte man dieses auch im rechten Winkel
umdrehen, oder mit anderen Worten, man konnte aus der Längsdiele eine
Querdiele machen. Dies ist östlich von den Wesergegenden in Ostfalen
vielfach geschehen. Vereinzelte Beispiele findet man aber auch in allen
Teilen unseres Gebietes.

[Illustration: §. Abb. 56. Schloß Bevern. (Zu Seite 82.)]

Eine weitere Änderung ist die, daß man Wohnende und Viehstall
miteinander vertauschte (Abb. 28). Hierbei war wohl der Wunsch
maßgebend, der Straße näher zu wohnen, vom Zimmer aus das Leben im
Dorfe überblicken zu können. Wenn wir aber diese eigentümliche Hausform
besonders an der Oberweser, und zwar hier als herrschende, vorfinden,
so werden wir sie wohl auch auf den Einfluß des Nachbargebietes mit
seinem mitteldeutschen Hause zurückführen müssen. Daß die Diele hierbei
möglichst schmal wird, um die ohnehin übermäßig getrennten Wohnzimmer
nicht noch mehr voneinander zu reißen, versteht sich von selbst
(Abb. 25 u. 27).

[Illustration: Abb. 57. Schichtung der Muschelkalk-Formation bei
Bodenwerder.

Nach einer Photographie von W. Wehrhahn in Hannover. (Zu Seite 82.)]

Auch die Zweistöckigkeit ist eine solche Abweichung von der Grundform,
die wir besonders im Süden beobachten (Abb. 62).

Noch tiefer aber als alle diese bisher erwähnten Veränderungen an
dem alten Hause sind die, welche ihm die neuen Wirtschaftsformen
des neunzehnten Jahrhunderts aufgezwungen haben. Verkoppelung und
Gemeinheitsteilung -- Stallfütterung -- künstlicher Dünger --
Vermehrung des Viehstandes -- größere Ernteerträge -- Dreschmaschinen
-- jedes dieser Worte erklärt Änderungen an der Behausung des
Landwirts. Mehr Ställe, mehr Scheuern müssen geschaffen werden, erstere
zunächst in Anbauten rechts und links von der Diele, jene unter
besonderem Dach. Die Dreschtenne ist als solche nicht mehr nötig;
sie wird zum Hausflur, also schmaler und mit vollständigen Wänden an
den Seiten. Anderseits hört das patriarchalische Zusammenleben von
Herr und Knecht mehr und mehr auf; daher werden weitere Wohnräume
nötig, und so verbreitert sich der hintere Wohnteil. Ferner ist das
Eichenholz nicht mehr zu erschwingen. Dafür liefern Eisen, Beton,
Zementpfannen, schließlich sogar gepreßtes Blech und Dachpappe billiges
Baumaterial. Was Wunder, wenn das neue, massive Bauernhaus mit
seiner nüchternen Außenseite nur noch in der breiten Haustür an der
Giebelwand eine gewisse Erinnerung an seine Vorgänger bewahrt. »Es ist
der Geist, der sich den Körper baut,« und jener ist eben ein anderer
geworden. Der Gedanke des Zusammenlebens der sämtlichen Familien- und
Wirtschaftsgenossen nebst ihrem Viehstand und ihren Vorräten unter
demselben Dache hat nun einmal aufgegeben werden müssen, und eine neue
ästhetisch wirkende Hausform fehlt noch.

[Illustration: Abb. 58. Polle. (Zu Seite 83.)]

[Sidenote: Die Volkstracht.]

Mit dem alten Hause schwindet auch die Volkstracht. Für die Männer ist
sie im ganzen Gebiete nahezu ausgestorben (Abb. 35). Daß sie den Frauen
vorangingen, darüber wird man sich nicht wundern, wenn man bedenkt, wie
viel mehr die Männer Gelegenheit haben, die Heimat zu verlassen, als
die Frauen. Aber auch weibliche Volkstrachten haben sich nur noch auf
einem schmalen Landstriche längs des Bückeberges, der Weserkette und
des Wiehengebirges erhalten. In einigen anderen Gegenden Westfalens und
Lippes sind höchstens Reste und Andeutungen, z. B. in eigentümlichen
Haubenformen, vorhanden (Abb. 28 u. 29).

[Illustration: Abb. 59. Die Steinmühle. (Zu Seite 82 u. 83.)]

Am bekanntesten ist die farbenprächtige sogenannte Bückeburger Tracht,
die auch in einigen hessisch-schaumburgischen und westfälischen
Kirchspielen rechts der Weser verbreitet ist (Abb. 30 bis 33 u. 86).
Die Männer trugen früher -- hie und da tun es einige alte Bauern
auch noch -- einen langen weißleinenen Kittel mit vielen blanken
Messingknöpfen und rotem Flanellfutter und auf dem Kopfe eine Pelzmütze
oder einen breitkrempigen Filzhut (Abb. 30).

[Illustration: Abb. 60. Bodenwerder. Rechts die Königszinne.

Nach einer Photographie von Carl Thoericht in Münden. (Zu Seite 78 u.
83.)]

Die Frauenkleidung zeichnet sich besonders durch den fußfreien,
feuerroten Tuchrock aus, dessen Stoff -- vielleicht nach seiner
friesischen Herkunft -- Friesat, sonst auch Büffel oder Schierlaken
genannt wird. Die Frauen tragen ihn stets außer beim Abendmahl, wo
ein schwarzer an seine Stelle tritt. Der Schnitt und der Farbenton
des Rockes ist in den einzelnen Landesteilen verschieden; ebenso
unterscheiden sich einige andere Stücke des Anzuges, wie Wams, Mütze,
Nackentuch, Schürze und Mantel. Man spricht daher von einem hessischen
oder Lindhorster Typus (Abb. 31), den wir z. B. in Nenndorf am Deister
noch beobachten können, von einem Friller Typus, der nördlich von
Minden herrscht, und von dem eigentlichen Bückeburger. Bei diesem
letzten fallen uns besonders die festen Mützen mit den ungeheuren
steifen Bandschleifen auf. Die letzteren sind verhältnismäßig jungen
Ursprungs. Bis gegen Ende der siebziger Jahre waren die Schleifen
noch klein und ungesteift (Abb. 30). Dann griff man zur Pappeinlage
und hatte nun ein Mittel gefunden, sie allmählich bis ins Ungemessene
zu vergrößern (Abb. 32 zeigt den Übergang). Die Folge davon ist
freilich gewesen, daß die Mütze jetzt schwer und lästig ist und
bei der Arbeit oder zu Hause vielfach gar nicht aufgesetzt wird
(Abb. 33). Ein besonders wertvolles Schmuckstück ist die »Kralle«,
die Bernsteinhalskette mit silbernem Schloß, zu der in einzelnen
Landesteilen noch eine silberne Halsbinde kommt. Überhaupt hat die
ganze Tracht den Charakter des Prunkenden, aber auch zugleich des
Soliden und Echten. Wäre das einzelne Kleidungs- oder Schmuckstück
nicht für ein Menschenleben oder gar für eine Folge von Generationen
gemacht, so würde gewiß die Tracht längst verschwunden sein.

[Illustration: Abb. 61. Schloß Hehlen. (Zu Seite 83.)]

Eine gewisse Abart des Schaumburger Kostüms herrscht am linken
Weserufer in der Mindener Gegend. Die Hauptabweichung besteht außer
in der Mützenform (Abb. 34) darin, daß die weißen Halskrausen und
leider auch die roten Röcke nebst sonstigen farbigen Bestandteilen
der Kleidung seit den sechziger Jahren verschwunden sind. Man
nennt diese Tracht daher bezeichnenderweise die »schwarze Tracht«.
Ihres Hauptreizes beraubt, fällt sie natürlich noch leichter
der Gleichmacherei zur Beute und wird sicher ziemlich bald der
vordringenden städtischen Kleidung den Platz räumen. Aber auch die
bunte Schaumburger Tracht geht, obwohl langsamer, kirchspielweise,
denselben Weg (Abb. 33) und wird wie das altsächsische Haus
nach Verlauf weniger Jahrzehnte wohl nur noch als antiquarische
Merkwürdigkeit bewundert werden können.



~VI.~ Geschichtliches.


[Sidenote: Geschichte.]

Eine Geschichte des Weserlandes zu schreiben, kann nicht der Zweck
dieses Buches sein; auch würde ein solches Unternehmen voraussetzen,
daß der Landstrich politisch eine Einheit darstellte. Das ist nun
aber fast nie der Fall gewesen, und so wird sich diese historische
Skizze, die der Beschreibung der einzelnen Landschaften vorausgehen
mag, die Aufgabe stellen, die Buntscheckigkeit der heutigen politischen
Landkarte zu erklären und nebenbei einige Ereignisse zu berühren, die
sich ausschließlich oder doch vorzugsweise im Weserland abgespielt
haben.

[Sidenote: Altertum.]

Seit dem vierten Jahrhundert v. Chr. finden wir dort fast überall
Germanen außer links von der Weser, von wo die letzten Kelten weit
später, wenn auch sicher schon vor Cäsars Feldzügen nach Westen
gedrängt worden sind. Zur Zeit der Römereinfälle wohnten an der oberen
Weser die kriegerischen Cherusker, von Angrivariern, Brukterern und
Chatten im Norden, Westen und Süden umgrenzt. Sie und ihr tapferer
und verschlagener Häuptling Arminius hatten die Führung jener Stämme
in den Freiheitskriegen gegen die römischen Feldherren Quintilius
Varus und Germanikus; in ihrem Gebiete lag der Teutoburger Wald, wo
die Legionen des Varus im Jahre 9 n. Chr. aufgerieben wurden, und
Idistavisus, wo Germanikus einen solchen Sieg davon trug, daß ihm
der Geschmack an weiteren Lorbeeren verleidet wurde. Idistavisus ist
vermutlich an der Weserkette zu suchen, doch wissen wir nicht wo; und
auch die Lage der Teutoburg wird sich wohl nie mit unumstößlicher
Gewißheit feststellen lassen. Viel für sich hat die Annahme
Clostermeiers (1822), die auch Schuchhardt neuerdings vertritt, daß die
Grotenburg bei Detmold, auf der jetzt das Denkmal des Arminius steht,
die alte Teutoburg sei. Jedenfalls ist sie eine der altgermanischen
Volksburgen, wie sie in Kriegeszeiten zum Sammeln des Aufgebots und
als Zufluchtsstätte für Menschen und Vieh benutzt wurden, und zwar in
unserem Gebiet die einzige sicher festzustellende; denn die Hünenburg
bei Bielefeld und die Sieburg im Dreieck zwischen Diemel und Weser bei
Carlshafen können auch jünger sein.

Einige Jahrhunderte nach jenen Kämpfen ist die Erinnerung an die
alten germanischen Stammesbezeichnungen verschwunden. Es leben
in Norddeutschland die kühnen, freien Sachsen, abgesehen von den
Nordalbingern in die Stämme der Westfalen, Engern und Ostfalen geteilt.
Nehmen manche Geschichtsschreiber eine friedliche Verschmelzung der
alten Völkerschaften und die allmähliche Ausdehnung des Namens Sachsen
auf die geeinte Stammesfamilie an, so stellen sich andere Forscher den
Vorgang weniger idyllisch vor. Gewichtige Stimmen sprechen von einer im
dritten und vierten Jahrhundert schrittweise vorgehenden Unterwerfung
der Länder zwischen Rhein und Elbe durch die aus Holstein kommenden
Sachsen.

[Illustration: Abb. 62. Straße in Eschershausen.

Nach einer Photographie von Prof. W. Nürnberg in Hannover. (Zu Seite
49, 53 u. 86.)]

Für ihren kriegerischen Sinn zeugt die große Zahl der von ihnen
errichteten Burgen. Es sind große befestigte Heerlager auf
unzugänglichen Bergen, vielfach nur aus einer Mauer bestehend.
Der ahnungslose Wanderer, der etwa die Amelungsenburg bei
Hessisch-Oldendorf oder den Wittekindsberg bei der Porta betritt, wird
die im Buchenwalde versteckt liegenden Wälle kaum beachten, wogegen der
Forscher in ihnen wie in vielen anderen, z. B. der Karlsschanze bei
Willebadessen, der Iburg bei Driburg, der Herlingsburg bei Schieder,
der Obensburg bei Hameln, die deutlichen Züge der altsächsischen
Befestigung erkennt.

[Illustration: Abb. 63. Adam und Eva am Ith.

Nach einer Photographie von Prof. W. Nürnberg in Hannover. (Zu Seite
86.)]

[Sidenote: Die Zeit Karls des Großen.]

Trotz ihrer Tapferkeit erlagen die Sachsen den fränkischen Eroberern,
die mit einem Netz von Straßen, Wirtschaftshöfen und Burgen das Land
überzogen. Auch von ihren Befestigungen finden wir Reste und erkennen
sie an ihrer Zweiteiligkeit. Der kleinere befriedete Raum umschloß die
Wohnung des Wirtschafters oder Befehlshabers, der größere enthielt
den nötigen Platz für Zelt- oder Barackenlager. Zu diesen Burgen
gehören u. a. Altschieder bei Schieder, die Bennigserburg und die
Heisterburg im Deister, die Babilönie bei Lübbecke und die sogenannte
Wittekindsburg bei Rulle. Diese Festen bieten in ihren Überbleibseln
dem nicht sachkundigen Beschauer ebensowenig des Merkwürdigen wie die
Sachsenlager. Viele andere, zumeist die jüngeren, haben überhaupt keine
Spuren hinterlassen, da sie in Dörfern oder Städten aufgegangen sind.
Da Karl der Große längs der Straßen und Marken alles Land der Verfügung
des Staates unterstellte, sächsische Bauern vielfach verpflanzte,
und für sich und seine Getreuen sowie für geistliche Stiftungen
bedeutende Güter aussonderte, die dann mit abhängigen Kolonisten aus
dem Frankenlande besiedelt wurden, so brachte er allmählich alle
wichtigen Plätze in die Hand sicherer Leute. Natürlich erbitterte die
Errichtung dieser großen Grundherrschaften, diese völlige Umwälzung der
Eigentumsverhältnisse die Sachsen aufs äußerste. Gleichwohl lag darin
auch ein Anreiz, sich mit der neuen Herrschaft zu versöhnen und den
Lohn der »Treue« in Gestalt reichen Königsguts entgegenzunehmen. So
vertauschte, nachdem der Engernfürst Bruno sich bereits 775 unterworfen
hatte, auch der Westfale Wittekind zehn Jahre später die Rolle des
Bauerngenerals mit der des reichen Grundherrn von Königs Gnaden.

Aufs engste war unter Karl und seinen Nachfolgern mit der politischen
Eroberung die kirchliche verknüpft. Bistümer erstanden wie Osnabrück,
Minden, Paderborn u. a. Ihre Diözesen und derer Unterabteilungen
schlossen sich ebenso wie die fränkischen Gerichts- und
Verwaltungsbezirke, die Gaue, an alte Stammgebiete und volkstümliche
Gerichtssprengel an.

Von den drei alten Provinzen Sachsens interessiert uns zumeist Engern.
Ostfalen scheidet abgesehen von einem Teil der Hilsmulde ganz aus
unserer Betrachtung aus, und westfälisch ist von dem auf Seite 4
umgrenzten Gebiet nur der Teil, der von der Linie Bünde-Brackwede
nordwestlich liegt. In Engern lag die alte Thingstätte Markloh
(d. h. Grenzwald), wo die Abgesandten der Sachsen zusammenkamen.
In Engern spielten sich auch die meisten Hauptereignisse des
sächsisch-fränkischen Krieges, Überwinterungen, Reichstage,
Belagerungen, Schlachten, ab. Man denke an die Eresburg (Marsberg), an
Herstelle, Lügde, Schieder, Detmold, Paderborn, den Süntel, Lübbecke.

[Sidenote: Das Mittelalter.]

Zur Ottonenzeit war es ruhig in den Weserlanden. Das politische
Schwergewicht hatte sich nach Ostfalen verschoben, wo es auch unter
den Saliern blieb. Engern erfreute sich allerdings häufiger Besuche
der Herrscher. Herford und Corvey sowie, ihnen nacheifernd, Paderborn
und Minden wirkten kulturfördernd; aber doch hatte das Weserland kein
Goslar, kein Hildesheim aufzuweisen. Auch von dem Emporblühen der
westfälischen Städte Osnabrück, Münster, Soest und Dortmund hatte das
Weserland, das alte Engern, wenig Vorteil.

[Illustration: §. Abb. 64. Am Rotenstein bei Eschershausen. (Zu Seite
87.)]

[Sidenote: Scheidung der Dialekte.]

Im elften Jahrhundert verschwindet übrigens der Name Engern allmählich.
Als mit dem Sturze Heinrichs des Löwen (1180) das Herzogtum Sachsen,
das noch kurz zuvor dem Kaiser selber Trotz zu bieten vermochte,
in Stücke geschlagen ward, da lösten sich die Bande zwischen den
Ländern rechts und links der Weser. Paderborn kam an das unter dem
Erzbischof von Köln stehende Herzogtum Westfalen. Auch Minden, das
selbständig gewordene Bistum, wurde später zu Westfalen gerechnet;
durch die Maximilianische Kreiseinteilung (1512) gelangte auch
Schaumburg dazu, während die welfischen Lande den Hauptbestandteil des
niedersächsischen Kreises bildeten. Diese scharfe Scheidung scheint
auch auf die Entwicklung der Stämme von Einfluß gewesen zu sein.
Denn das niedersächsische Plattdeutsch weist von dem westfälischen
bedeutende Unterschiede auf. Heißt es in Westfalen »mī« und »dī«, so
sagt man in einem Teile Niedersachsens »meck« und »deck«; sagt der
Westfale »ick sin«, so wird man in Niedersachsen meist »ick bin« hören.
Besonders groß sind die Unterschiede des Vokalismus, insofern der
einfachen niedersächsischen Länge zumeist ein westfälischer Doppellaut
gegenübersteht; man vergleiche: Brôd -- Bräud oder Braud (Brot), Brût
-- Briut (Braut), dûsent -- diusent (tausend), Müse -- Muüse (Mäuse),
Tîd -- Tëid oder Tuid (Zeit), spräken -- spriäken (sprechen), brôken
-- bruaken (gebrochen). Auffallend ist auch das reine lange â der
Westfalen, z. B. in Wâter (Wasser), während der Niedersachse dumpf
Wáter sagt. Da die ehemals engrischen Teile Westfalens noch gewisse
Besonderheiten im Dialekt gegenüber dem Altwestfälischen haben, so ist
anzunehmen, daß das Ostengrische vom Ostfälischen (= Niedersächsischen)
aufgesogen worden ist.

[Illustration: §. Abb. 65. Lauenstein. (Zu Seite 87.)]

Doch kehren wir zu unserer Geschichte zurück. Nach der Zerstückelung
des sächsischen Herzogtums sehen wir, wie mehr und mehr die kleinen
Dynasten emporkommen und die geistlichen Herren nach Kräften rupfen.
Im Welfenlande wurde ein ansehnlicher Teil des alten Besitzes 1235 als
Herzogtum Braunschweig-Lüneburg zusammengefaßt, unterlag aber später
mannigfachen großen und kleinen Teilungen, bis sich aus dem Wirrwarr
die Fürstentümer Lüneburg, Calenberg, Göttingen, Grubenhagen und
Wolfenbüttel nebst kleineren Unterteilen herauskristallisierten. Ihre
Grenzen haben sich teils in den Grenzen des Herzogtums Braunschweig
gegen die preußische Provinz Hannover, teils in denen der hannoverschen
Regierungsbezirke gegeneinander erhalten.

[Illustration: Abb. 66. Bückeburg. Photographie und Verlag von F. H.
Hespe in Bückeburg. (Zu Seite 93.)]

Wohl könnte es uns reizen, die Geschicke auch einzelner geistlicher
Territorien und mancher urwüchsiger Dynastengeschlechter zu verfolgen,
deren Länder in dem Territorialbesitz der überlebenden Staaten
aufgegangen sind; von manchem kecken Raubzug, mancher blutigen Fehde,
mancher frommen Stiftung würden wir hören. Aber wir werden uns
begnügen, ihre Spuren da zu erwähnen, wo wir sie finden. Für eine
Geschichte der Grafen und Herren von Northeim, Dassel, Everstein,
Homburg, Spiegelberg, Schwalenberg, Pyrmont, Sternberg, Schaumburg,
Hallermund, Roden, Ravensberg, Tecklenburg ist hier kein Platz.
Auch die ferneren Schicksale unserer Landschaften werden wir nicht
verfolgen, da ihre Geschichte die Geschichte Deutschlands ist.

[Illustration: Abb. 67. Saukörnung am Kleinen Deister bei Springe.

Nach einer Photographie von W. Wehrhahn in Hannover. (Zu Seite 90.)]

[Sidenote: Die Neuzeit.]

Eine Betrachtung der politischen Karte wird uns zeigen, daß unser
Bergland unter fünf verschiedenen Herrschern steht. Von den
alten Kleinstaaten sind Braunschweig, Waldeck-Pyrmont, Lippe und
Schaumburg-Lippe erhalten. Preußen ist mit den Provinzen Hannover,
Westfalen und Hessen-Nassau, den Regierungsbezirken Hannover,
Hildesheim, Osnabrück, Minden, Münster und Cassel beteiligt. Unter
das Zepter der Hohenzollern ist die Grafschaft Ravensberg im Jahre
1609 gekommen, dann folgte 1647 die Stadt Herford, 1648 das Bistum
Minden, 1702 Ibbenbüren, 1707 Tecklenburg, 1803 die Bistümer Hildesheim
(bis 1813) und Paderborn sowie das Stift Herford. Dazu kam 1815
außer den in der Franzosenzeit verlorenen und nun wieder gewonnenen
Gebieten noch das Stift Corvey mit der Stadt Höxter. Endlich wurden
1866 Hessen-Nassau und Hannover nebst den von ihnen früher erworbenen
Ländern, vor allem den Bistümern Hildesheim und Osnabrück, der
Zollernkrone untertan.

[Illustration]



~VII.~ Die Weser von Münden bis Herstelle. Dransfelder Höhenland und
Reinhardswald.


Ehe wir von Münden aus unsere Weserfahrt antreten, sind wir
hinaufgestiegen zur Tillyschanze, jenem steinernen Turm auf einem
Vorsprung des Reinhardswaldes. Die geschichtliche Tatsache, die dieser
Stätte ihren Namen gegeben hat, wird uns mit realistischer Treue ins
Gedächtnis gerufen durch die im Inneren aufgestellten Kriegsaltertümer
und das lebensvolle Relief von Prof. Gustav Eberlein: »Die Verteidigung
der Stadt Münden im Dreißigjährigen Kriege.« Wie anders als in jenen
schrecklichen Pfingsttagen des Jahres 1626, wo die von 3000 Leichen
erfüllte Stadt der Beutegier kaiserlicher Soldateska preisgegeben war,
ist der Anblick, den jetzt das entzückte Auge von der Plattform genießt!

[Illustration: Abb. 68. Die lutherische Kirche in Bückeburg.

Nach einer Photographie von F. W. Kuhlmann in Bückeburg. (Zu Seite 94.)]

    O Heimat, du erscheinst mir
    So jugendfrisch und schön;
    Ein Tempe Deutschlands[4] bist du,
    Wie keins ich noch gesehn,
    Ein Born, woraus sich immer
    Mein durstig Herz erquickt,
    Wenn ich von deinen Höhen
    Hinab ins Tal geblickt.

    Wie bist du schön im Maien,
    In Frühlingsherrlichkeit,
    Von weißen Blütenbäumen
    Stehst du wie überschneit,
    Und schallen Kirchenglocken
    Hinein ins blühende Tal,
    Dann bist du aller Schönheit
    Vollkommnes Ideal.

[4] Der Ausdruck rührt von Goethe her.

Gern werden wir uns dieses Urteil Eberleins zu eigen machen, der sich
am Fuß des Berges, im Angesicht der Vaterstadt, sein behagliches, von
einem großen steinernen Eber bewachtes Heim geschaffen hat. In engem
Talkessel, umgeben rings von den lieblichen Formen buchengrüner Höhen,
umkränzt von Obstgärten mit zierlichen Landhäusern, blickt uns das
freundliche Rot der ziegelgedeckten Altstadt entgegen; und darüber ragt
in ehrwürdigem Grau eine Anzahl massiver Steinbauten empor, unter denen
die alten, zum Zweck der Schrotfabrikation erhöhten Befestigungstürme,
»die Hageltürme«, besonders auffallen (Abb. 36).

[Illustration: Abb. 69. Das neue Rathaus in Bückeburg.

Nach einer Photographie von F. W. Kuhlmann in Bückeburg. (Zu Seite 94.)]

[Sidenote: Münden und die Weserschiffahrt.]

Die in ihrer ursprünglichen Gestalt dem dreizehnten Jahrhundert
angehörenden Kirchen zu St. Ägidien und St. Blasien -- an der ersteren
befindet sich der Grabstein des liedberühmten ~Dr.~ Eisenbart --,
das plumpe Schloß der Calenberger Herzöge Erich ~I.~ und ~II.~
und das der Blütezeit Niedersachsens, dem Anfang des siebzehnten
Jahrhunderts, entstammende Renaissance-Rathaus (Abb. 37), sie alle
zeugen von der Bedeutung Mündens in alter Zeit. Aber auch die
Privathäuser mit ihrer an hessische und thüringische Städte gemahnenden
Holzarchitektur, mit ihren vielen überkragenden Geschossen, ihrem
zierlichen Riegelwerk und den spitzen, wohlgegliederten Dächern
erzählen uns von der Vergangenheit (Abb. 38 u. 39). Politisch und
sprachlich zu Hannover gehörig, zeigt nämlich das Gebiet von Münden
in städtischem und ländlichem Hausbau, in Dorfanlage und bäuerlicher
Erbsitte mitteldeutschen Charakter (Abb. 23). Gau- und Stammesscheiden,
deren Nachfolger die jetzigen Provinzialgrenzen von Hannover,
Hessen-Nassau und Sachsen sind, stießen hier zusammen, erlitten aber
auch gelegentlich Verschiebungen. Münden selbst wird als ursprünglich
fränkischer Ort bezeugt; es war eine karolingische »~villa~«,
zugleich wohl Brückenkopf gegen das Sachsenland. Die Burg aber ist
wahrscheinlich von Otto von Northeim, einem niedersächsischen Dynasten,
also als Bollwerk gegen Hessen gegründet worden. Nach dem Sturze
Heinrichs des Löwen kam die Stadt an die Landgrafen von Thüringen, um
gegen die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts unter die Welfenherrschaft
zurückzukehren. Der Ursprung der Siedelung erklärt sich, wenn man
einen Blick auf die Karte wirft, von selbst. Werra und Fulda waren für
die winzigen Verhältnisse des mittelalterlichen Verkehrs bedeutende
Wasserstraßen, Münden Knotenpunkt des Schiffsverkehrs, Umschlags- und
Stapelort. Eifersucht und Feindschaft gegen die Hessen veranlaßte
im Anfang des vierzehnten Jahrhunderts nach und nach die welfischen
Landesherren zur Erteilung, dann die Mündener Bürger zum Erschleichen
von Privilegien, die bis ins neunzehnte Jahrhundert galten und in
ihrer Gesamtheit unter dem Namen des Mündener Stapelrechts bekannt
sind. Danach durften alle Waren, die stromauf und stromab die Stadt
verließen, nur durch Mündener Schiffer befördert werden; auch mußte
man alle Durchgangsgüter ausladen und zu Casseler Marktpreis drei
Tage lang feilhalten. Daß Münden nicht bedeutender wurde, hat seinen
Grund darin, daß die Ufer der drei Flüsse eine für Talstraßen wenig
günstige Beschaffenheit darboten. So bevorzugte der vom Oberrhein durch
die hessische Senke kommende Überlandverkehr, soweit er auf Hamburg
und Lübeck hinstrebte, das Leinetal, dem auch jetzt die Eisenbahn
nach Hannover folgt, soweit er Bremen zu erreichen suchte, das Esse-
und Diemeltal. Die Erbauung der Eisenbahnen hat wie überall auch in
Münden zunächst zertrümmernd, dann aufbauend auf die wirtschaftlichen
Zustände gewirkt. Die Stadt ist mehr und mehr Industrieort geworden.
Der Wald der Umgegend liefert Holz zu mannigfacher Verarbeitung (vergl.
Seite 35) und Lohe für die Gerberei, der Erdboden Braunkohle, Ton und
Mühlsteine. Andere der dortigen Industrien (Zinnwaren, Tabak, Gummi)
sind weniger abhängig von örtlicher Rohstofferzeugung. Aber auch der
Schiffsverkehr hat sich mächtig gehoben, besonders in der letzten
Zeit, wozu die im Jahre 1895 dem Verkehr übergebene Kanalisierung
der Fulda bis Cassel besonders beigetragen hat. Zum Schluß wollen
wir noch bemerken, daß Münden derzeit 11300 Einwohner zählt, eine
Kgl. Forstakademie mit etwa siebzig Studierenden beherbergt und als
Sommerfrische und Touristenstadt mehr und mehr aufgesucht wird.

[Illustration: Abb. 70. Hameln gegen den Süntel. Nach einer
Photographie von H. Blesius in Hameln. (Zu Seite 94 ff.)]

[Illustration: Abb. 71. Das Rattenfängerhaus in Hameln.

Nach einer Photographie von H. Blesius in Hameln. (Zu Seite 98.)]

[Illustration: §. Abb. 72. Schloß Hämelschenburg bei Hameln. (Zu Seite
98.)]

Wir schreiten zum Tanzwerder, der wegen Hochwassergefahr unbebaut
gebliebenen äußersten Ecke des Anschwemmungsdeltas zwischen Werra
und Fulda, also sozusagen der Geburtsstätte der Weser. Hier steht
der Weserstein, leider! War es nötig, der Weser ein Denkmal zu
errichten? bedurfte es wirklich einer »Verschönerung« der Landschaft
durch Verse? und mußten diese gar in Stein gemeißelt werden als ein
»~monumentum aere perennius~«? Wir besteigen den geräumigen und
bequemen Dampfer »Kaiser Wilhelm« und fahren, durch das regelmäßig
einförmige Stampfen der Räder in süßes Träumen gewiegt, behaglich
dahin und lassen die traulichen Bilder der grünen Ufer an unseren
Blicken vorübergleiten. Wir werden gut tun, aus unserem Gedächtnis
alle Erinnerungen an eine etwa früher unternommene Donau- oder
Rheinfahrt zu verbannen; wir wollen nicht vergleichen, nicht die
Lieblichkeit der einen Landschaft an der Großartigkeit der anderen
messen, sondern unbefangen genießen. Daran wird uns auch nicht ein
vielsprachiges Gewimmel von hastigen Reisenden stören. Unser Schiff
trägt außer den Landleuten der Ufergegenden zumeist anspruchslose
Touristen aus Nordwest- und Mitteldeutschland. Gelegentlich bemerkt
man unter ihnen einige holländische Vergnügungsreisende. Weit zurück
liegt die Zeit, wo auf diesen Fluten der erste Dampfer fuhr; es war
der erste Dampfer überhaupt. Sein Erbauer war der gelehrte Hugenotte
Dionysius Papin aus Blois, seit 1687 Professor der Physik in Marburg.
Von Cassel aus fuhr er auf dem von ihm ersonnenen Beförderungsmittel
die Fulda hinab, um England damit zu erreichen. Doch schon in Münden
zerschlugen die neidischen Mitglieder der privilegierten Schiffergilde
das Teufelsfahrzeug. Seit jenem unglückseligen Septembertage des
Jahres 1707 verstrichen über 111 Jahre, bis der nächste Dampfer --
er hieß »Herzog von Cambridge« -- vom 9. bis zum 20. März 1819 die
Fahrt von Bremen nach Münden machte; doch erwies sich die Maschine
als zu schwach, das Fahrwasser als zu schwierig, und so wurden
die Fahrten nicht fortgesetzt. Erst im Jahre 1843 fuhren wieder
Dampfer auf der Oberweser, und seit 1844 unterhielt die »Vereinigte
Weserdampfschiffahrtsgesellschaft« mit dem in Paris gebauten
»Hermann« und dem bald folgenden »Wittekind« regelmäßige Fahrten. Die
jetzige Personenschiffahrt betreibt zwischen Münden und Hameln die
Wesermühlen-Aktiengesellschaft zu Hameln mit fünf stattlichen Schiffen,
die im Jahre 1908 rund 112000 Passagiere befördert haben (im Jahre 1905
etwa 60000).

[Illustration: Abb. 73. Kapelle beim Armenhaus Wangelist (Hameln).

Nach einer Photographie von H. Blesius in Hameln. (Zu Seite 98.)]

[Sidenote: Von Münden bis Carlshafen.]

Das Wesertal ist von Münden bis Carlshafen-Herstelle eng und
wenig besiedelt. Der Strom fließt im Buntsandstein, einer alten
Verwerfungsspalte dieses Gesteines folgend. Durch jahrtausendelanges
Nagen hat sich das Flußbett derartig vertieft, daß die bewaldeten Höhen
rechts und links -- dort Blümer Berg (Abb. 16), Bramwald, Kiffing,
hier Reinhardswald genannt -- die Talsohle vielfach bis zu 230 ~m~
überragen. Die Schichten dieser Berge fallen beiderseits nach der vom
Strome abgewendeten Seite ein; die Wasserscheiden liegen nahe dem Fluß,
die Hänge sind schroff, die Täler meist kurz und steil. Nur rechts sind
Schede, Nieme und Schwülme größere Bäche, die, dem Hinterlande jener
grünen Berge, nämlich der Senke zwischen Buntsandstein und Muschelkalk
entsprungen, den letzteren in hübschen Tälchen durchnagt haben.
Verzichten müssen wir auf die Aufzählung all der schmucken Dörfer,
deren Jugend die Ankunft unseres Schiffes an und noch lieber in dem
Wasser erwartet, während die überall zahlreich vorhandenen Gänse unter
lautem Protestgeschnatter in vornehmem Zuge das Flußbett verlassen.
Im allgemeinen bildet die Weser hier die Grenze zwischen Hannover und
Hessen. Doch greift dieses auch aufs rechte Ufer über. Die Bevölkerung
aber ist auf beiden Seiten niederdeutsch.

[Illustration: Abb. 74. Rinteln gegen den Taubenberg. Nach einer
Photographie des dortigen Verschönerungs-Vereins. (Zu Seite 99.)]

Links liegt der Flecken Veckerhagen (1500 Einwohner), der seine jetzt
noch bestehende kleine Tonindustrie und die Fabrik von Casseler
Braun (Umbra) ebenso wie die von 1666 bis 1903 betriebene Eisenhütte
benachbarten tertiären Bodenschätzen verdankt. Das gegenüberliegende
Hemeln ist aus einem alten karolingischen Reichshof hervorgegangen,
der wie so oft unter einer alten Volksburg angelegt worden war.
Den späteren Wohnsitz ihres adligen Gebieters werden wir in der
Bramburg zu erkennen haben, deren Ruine rechts aus dem Walde düster
emporragt; sie gehörte später den Herren von Stockhausen und wurde
wegen deren Räubereien im fünfzehnten Jahrhundert zweimal von den
braunschweigischen Landesherren zerstört. Die Domänen Hilwartshausen
und Bursfelde sind ehemalige Klöster; letzteres liegt auf dem
Geröllkegel der Nieme (Abb. 40 u. 41). Kirchengeschichtlich ist
es bekannt als Ursprungsort der Bursfelder Kongregation, eines im
fünfzehnten Jahrhundert gestifteten Verbandes von Benediktinerklöstern
zur Erhaltung der kirchlichen Zucht, kunstgeschichtlich durch seine
schöne im Jahre 1903 wieder hergestellte romanische Basilika. In
dem erweiterten Tale beim Einfluß der Schwülme haben die Flecken
Lippoldsberg (900 Einwohner) mit schönem alten Kloster und Bodenfelde
mit kleinem Umschlagsplatz (vergl. Seite 34) einige Bedeutung. Ein
besonderes Interesse beanspruchen die Hugenottenkolonien Gottestreu
und Gewissenruh. Sie sind ungefähr gleichzeitig mit Carlshafen um
1700 entstanden, als Landgraf Karl von Hessen die nach Aufhebung des
Edikts von Nantes vertriebenen Glaubensgenossen der wirtschaftlichen
Hebung seines Landes dienstbar zu machen suchte. In Gewissenruh wurden
zwölf Familien angesiedelt, von denen jede einen Streifen Waldland zur
Urbarmachung erhielt (vergl. Seite 44). Französische Inschriften an den
Häusern und dem kleinen Kirchlein[5], französische Familiennamen wie
Jouvenal, Don, Héritier, Volle, Seguin (sprich: Zeckink) und einige
schwarzäugige und dunkelhaarige Köpfe sind die einzigen Reste fremden
Wesens in dem Dörflein (Abb. 42).

[5] ~1 Août 1799. Gen. XXVIII. V. 16. Certes, L'éternel est en ce lieu
et ie nan sauoie rien.~

[Illustration: §. Abb. 75. Blick von der Bückeburger Chaussee in das
Tal von Rinteln. (Zu Seite 77.)]

[Illustration: §. Abb. 76. Dankerser Mühle bei Rinteln. (Zu Seite 77.)]

[Illustration: Abb. 77. Vlotho gegen den Amthausberg und das
Wiehengebirge.

Nach einer Photographie von Cramers Kunstanstalt in Dortmund. (Zu Seite
100.)]

[Sidenote: Carlshafen.]

Noch mehr hat sich dieses in Carlshafen verwischt, obgleich hier noch
bis 1825 von dem Pfarrer Guillaume Suchier französisch gepredigt
worden ist. Carlshafen ist eine rein künstliche Gründung (Abb. 43).
Freilich ist die geographische Lage am Einfluß des größten linken
Nebenflusses in die Weser außerordentlich günstig und hat früh zwei
Siedelungen veranlaßt. Weil aber der Baugrund an der Mündungsstelle
selbst zu feucht war, ist die eine von ihnen 2 ~km~ im Diemeltale
hinauf, die andere 2 ~km~ im Wesertale abwärts gerückt. Jene ist
Helmarshausen (1300 Einwohner) mit der im Jahre 998 von dem frommen
Freundespaar, Kaiser Otto ~III.~ und Papst Gregor ~V.~, gestifteten
Benediktinerabtei, zu deren Schutze Erzbischof Engelbert von Köln
1220 die Krukenburg dort oben erbaute (Abb. 44); diese ist das von
Karl dem Großen erbaute Herstelle, wo er den Winter 797/98 verbrachte
und eine Kirche gründete. Herstelle war zu einem festen Lager und
dauernden Stützpunkt seiner Regierung bestimmt; zeitweilig kam sogar
die Errichtung eines Bistums in Frage. Jetzt ist Helmarshausen ein
hauptsächlich von Steinbrucharbeitern und Zigarrenmachern bewohntes
Städtchen, die Krukenburg die schönste Ruine des Wesergebiets,
Herstelle ein westfälisches Dorf, überragt von einem Kloster und
einem modernen Schloß. Mit der Erbauung von Carlshafen oder, wie
es ursprünglich nach der alten Volksburg darüber (vergl. Seite 57)
genannt wurde, Sieburg, wurde am 29. September 1699 begonnen. Landgraf
Karl wollte hier mit allen Mitteln des aufgeklärten Despotismus die
Entstehung einer Handels- und Hafenstadt erzwingen; der Verkehr sollte
den lästigen Mündener Stapel umgehen und auf der kanalisierten Diemel
und Esse bis Hofgeismar und dann über Land nach Cassel gelenkt, der
Kanal aber womöglich bis zur Lahn nach Marburg fortgeführt werden.
Französische und deutsche Ansiedler erhielten billige Wohnungen und
allerhand Vergünstigungen. Die Stadt bietet, aus der Vogelschau von
den hessischen Klippen gesehen, das Bild vollendeter Symmetrie: in der
Mitte der jetzt unbenutzte Hafen, daneben zwei stattliche Gebäude, dann
gleiche Wohnblöcke, deren Häuser -- außer den etwas größeren Eckbauten
-- je fünf Fenster Front, zwei Stockwerke und einen einfenstrigen
Dacherker haben. Die weitschauenden Pläne Karls versanken mit seinem
Tode von selbst ins Nichts. Jetzt hat das 1900 Einwohner zählende
Städtchen als Erwerbsquellen Stein-, Tonröhren- und Holzindustrie, dazu
Zigarrenfabrikation und ein kleines Solbad; ein Invalidenhaus besteht
noch seit den Tagen des edlen Landgrafen; auch lockt die entzückende
Lage, neben der Mündens sicherlich die reizvollste im Wesertal,
zahlreiche Sommerfrischler herbei.

Von den Landschaften an dem obersten Stück des Weserlaufs werden die
links den Wanderer mehr anlocken. Rechts ist die Buntsandsteinzone
schmal, und nur in ihr herrscht zusammenhängender Wald, so besonders
im Bramwald (Totenberg 406 ~m~), dem man freilich stellenweise
noch anmerkt, daß bis vor 40 Jahren 1700 Rinder, 7500 Schafe, 3200
Schweine und zahllose Gänse bei ihm zu Gaste gingen. Das hübsch
an der Nieme gelegene Lewenhagen ist ein bescheidener Luftkurort.
Das östlich dahinter liegende Dransfelder Höhenland, das meist dem
Muschelkalk angehört, wird überragt von malerischen Basaltkuppen,
wie dem aussichtreichen Hohen Hagen (506 ~m~) und dem Dransberg,
deren Steinbrüche auch hauptsächlich den 1400 Einwohnern des alten,
hochgelegenen Städtchens Dransfeld (Bahnhof 301 ~m~) Unterhalt gewähren
(Abb. 45).

[Illustration: §. Abb. 78. Exten bei Rinteln. (Zu Seite 100.)]

[Sidenote: Der Reinhardswald.]

Der Reinhardswald links der Weser ist für den Naturfreund ein
lohnenderes Wandergebiet. Er besteht aus einer fast 30 ~km~ langen,
durchschnittlich 10 ~km~ breiten Buntsandsteinscholle von etwa 400 ~m~
Höhe, auf der basaltische Kuppen wie der Gahrenberg (464 ~m~) und
der Staufenberg (472 ~m~) aufgesetzt sind. An ihrem Fuße finden sich
tertiäre Ablagerungen, aus denen u. a. am Gahrenberg Braunkohle
bergmännisch gewonnen wird. Das Innere des Waldes ist fast unbewohnt.
Beberbeck ist ein königliches Hauptgestüt mit weit ausgedehnten
Bergweiden, auf denen sich etwa 350 edle Rosse (Halbblut) in Freiheit
tummeln, die malerische Sababurg (im Volksmunde ist der ursprüngliche
Name Zappenburg erhalten) ein 1490 erbautes, jetzt halb zerfallenes
Jagdschloß der hessischen Landgrafen, Gottsbüren, das einzige,
übrigens sehr alte Dorf des inneren Waldes, im vierzehnten Jahrhundert
durch seine Wallfahrtskapelle, jetzt durch eine Kirchenorgelfabrik
berühmt. Das malerische, von einer Burg überragte Ackerstädtchen
Trendelburg an der Diemel (650 Einwohner) liegt schon außerhalb des
Gebirges (Abb. 46). In diesem selbst herrscht ringsum der Wald,
ununterbrochener Wald. Der Reinhardswald ist alter Reichsforst, wurde
aber im Jahre 1018 von Kaiser Heinrich ~II.~, dem letzten Sachsen,
seinem Freunde, dem Bischof Meinwerk von Paderborn, für das Bistum
geschenkt. Nach mehrfacher Teilung und Besitzvertauschung kam er bis
zum sechzehnten Jahrhundert nach und nach ganz an Hessen.

[Sidenote: Reinhardswald und Solling.]

Die für den Forstmann nicht gerade erfreulichen Schicksale des Waldes
als solchen, über die auf Seite 30 bis 32 das Nötige gesagt worden
ist, haben eine den Naturfreund fesselnde Mannigfaltigkeit des
Landschaftsbildes hervorgerufen. Außer dem eigentlich bodenständigen
Buchenwald finden sich weite, parkartig mit vereinzelten alten Eichen
bestandene Blößen, die früher Hutezwecken dienten. Vielfach auch sind
die Eichen später mit jungen Buchen forstgerecht unterbaut. In den
sechziger Jahren wurden, um die Blößen nicht ganz der Viehweide zu
entziehen, sie aber zugleich auch forstlichen Zwecken dienstbar zu
machen, kreisförmige Plätze von 4 bis 6 ~m~ Durchmesser bei 14 ~m~
Dreiecksverband mit kleinen Entwässerungsgräben umgeben und miteinander
verbunden. Der Aufwurf diente zur Erhöhung des Platzes, der mit je 25
Stück junger Fichten bepflanzt wurde. Diese sind nun herangewachsen und
bilden die auffallende Erscheinung der »Klümpse«. An ihre Stelle tritt
neuerdings allmählich richtiger Fichtenwald, der im Gahrenberger Revier
bereits 22% der Forstfläche (gegen 3% vor hundert Jahren) bedeckt.
Stellenweise bereitet auf der Hochfläche allerdings der versauerte und
vertorfte Boden der Aufforstung Schwierigkeiten.

Im Mittelalter noch ein Tummelplatz von Tausenden wilder Eber, verarmte
der Reinhardswald später allmählich in bezug auf seinen Wildstand, und
als gar im Revolutionsjahre die Jagd freigegeben worden war, zählte
man bald danach (1852) im Holzhäuser Revier nur 8 Stück Rotwild, 14
Stück Schwarzwild und 14 Rehe gegen 98, 86 und 76 fünf Jahre vorher.
Jetzt ist seit 1866 ein Gebiet von 8000 ~ha~ eingegattert, und es
wird darin ein mäßiger Bestand an Rot- und Schwarzwild gehalten
(Abb. 47). Auch Auerwild kommt vereinzelt vor. In jedem Herbst findet
die akademische Hubertusjagd im Forstbezirk Gahrenberg statt, nach der
unter Fackelschein die Beute durch Münden getragen, auf dem Markte eine
Rede gehalten und beim Kommers das Jagdgericht abgehalten wird.



~VIII.~ Solling, Homburg und Vogler.


Ähnlichen Charakter wie der Bramwald und der Reinhardswald zeigt auch
der Solling, jene große Buntsandstein-Ellipse, die nach Einmündung
der Schwülme in die Weser dem Hauptstrom die westliche Richtung
seines Nebenflusses aufzwingt. Es fehlen hier jedoch die basaltischen
Durchbrüche, wenn wir nicht die von der Schwülme an drei Seiten
umflossene Berggruppe, die in der 461 ~m~ hohen Bramburg gipfelt,
noch zum Solling rechnen wollen. Die Bramburg ist die nördlichste
ausgebildete Kuppe aus Basalt Deutschlands überhaupt. Die Brüche dort
oben sind mit maschinellen Hilfsmitteln allerart ausgestattet. Sie
sind die bedeutendsten in der Gegend und haben den Gipfel des Berges,
der eine prachtvolle Fernsicht gewährt, bereits völlig umgestaltet.
Der leitende Ingenieur und eine Anzahl Arbeiter wohnen oben, andere
in den benachbarten Ortschaften. Bei der Gewinnung der Steine kommt
es vor allem darauf an, das eben gebrochene Material schnell hinter
Strohwänden oder unter Schuppen zu bergen und möglichst bald zu
verarbeiten. Solange es nämlich noch frisch ist, läßt es sich leicht
spalten und zu rechteckigen Klötzen behauen; sobald aber die Sonne
es beschienen hat, zerspringt es unter dem Hammer zu unregelmäßigen
Stücken, und statt der Pflastersteine ist nur Schotter zu gewinnen. So
kostet oft ein unerwarteter Sonnenschein, vor dem frisch gebrochene
Steine nicht mehr gerettet werden konnten, dem Werke eine Menge Geld.
Die Ursache des »Verbrennens« der Steine ist noch nicht einwandfrei
festgestellt. Am Südfuße der Bramburg liegt der uralte Flecken
Adelebsen (1500 Einwohner), in dem die Adelsfamilie gleichen Namens
ihr Stammschloß mit einem ungeheuren Bergfried hat. Am Nordfuß ist
Volpriehausen zwar ein altes Dorf, aber ein ganz junger Industrieplatz.
Abgesehen davon, daß es die Bahnstation für die Bramburgbrüche
ist (eine Betriebsbahn verbindet diese damit), verdankt es seine
Bedeutung dem großen Kaliwerk, das aus Tiefen von 400 bis 600 ~m~
jenes für die Landwirtschaft so wichtige Mineral zugleich mit reinem
Steinsalz heraufbefördert. Als Betriebsmittel dient die in der Nähe
bei Delliehausen gewonnene Braunkohle; doch ist deren Lager nahezu
erschöpft.

[Illustration: §. Abb. 79. Schloß Varenholz. (Zu Seite 101.)]

[Sidenote: Der Solling.]

Der Solling bietet an seinen Rändern meist keinen reizvollen Anblick,
da er sich allmählich erhebt und die Äcker weit an seinen Hängen
emporsteigen. Nur bei Carlshafen und Fürstenberg hat die Weser ihn
angenagt, so daß der Dampfer dicht unter steilen Felsen dahingleitet.
Von den bisher besprochenen Buntsandsteingebieten unterscheidet
sich der Solling durch eine größere Ausdehnung und seine annähernd
kreisrunde Form. Da die Schichten des Gesteins horizontal liegen, so
ist der Abfluß von der Mitte der Hochfläche erschwert, und es bilden
sich Hochmoore wie am Moosberg, der wohl daher seinen Namen hat.
Strahlenförmig fließen nach allen Seiten Bäche, die sich ziemlich enge,
allmählich tiefer werdende, landschaftlich recht reizvolle Wiesentäler
nach den Rändern der Hochfläche hin genagt haben; von jenen fließt die
Ilme zur Leine, die Aale zur Schwülme, die Rottmünde und die Holzminde
zur Weser. Die zwischen den Tälern stehen gebliebenen breiten Rücken
haben annähernd gleiche Höhe und wachsen für das Auge eines ferner
stehenden Beschauers zu einer einzigen Ebene zusammen. Auch die Gipfel,
unter denen die Große Blöße mit 528 ~m~ der höchste Berg zwischen
Harz und Sauerland ist, überragen die Fläche so wenig, daß vor der
Herausgabe der preußischen Meßtischblätter stets der Moosberg (513 ~m~)
als die bedeutendste Kuppe des Gebirges, als der König des Sollings,
genannt wurde. So haben also preußische Offiziere diesen König
entthront. Die Silhouette des Sollings erscheint unter diesen Umständen
außerordentlich einförmig. Was das Gebirge reizvoll macht, das ist
der stundenlang ununterbrochene Wald (Abb. 18, 20 u. 21). Berühmt
sind außer vereinzelten Prachteichen auch einige um die Mitte des
achtzehnten Jahrhunderts angepflanzte Eichenalleen. Im übrigen aber ist
der Wald -- jetzt vielfach Fichtenbestand -- ein Ergebnis der neueren
verständigen Forstkultur (Seite 30 ff.).

An Siedelungen ist das Innere des Gebirges arm. Daß deren früher
mehr vorhanden waren, beweisen die Kirchenruinen, wie wir deren
im Schwülmetale bei Adelebsen und in der Wüstung Friewohle unweit
Volpriehausen zwei noch stattliche finden, während sich an anderen
Stellen nur eben die Grundmauern unter Laub und Gras erkennen lassen.
Dagegen ist das Gebirge mit einem Kranz von Dörfern und Städten
umgeben. Carlshafen, Adelebsen und Volpriehausen haben wir bereits
erwähnt. An der Bahnstrecke Ottbergen-Northeim, welche einer alten
Handelsstraße zum Harze folgt, liegt noch Uslar (2500 Einwohner)
inmitten fruchtbaren Getreide- und Rübenbodens mit Eisenhütte,
Obstweinfabrikation und Teppichweberei und Hardegsen (1300 Einwohner)
am Durchbruch des Flüßchens Espolde durch den öden Muschelkalkzug der
Weper, überragt von dem hohen, düsteren »Mushaus«, dem Überrest einer
sehr alten, zeitweilig den Braunschweiger Herzögen gehörigen Burg.
Baulich interessant sind noch das alte Schloß Nienover bei Bodenfelde
und die romanische Basilika des Klosters Fredelsloh.

[Sidenote: Einbeck.]

Nordöstlich vom Solling und von ihm getrennt durch den Bergzug, der
die Ruine der alten ehemaligen Welfenburg Grubenhagen trägt (293 ~m~),
liegt am Rande einer fruchtbaren Keuper- und Liasmulde die einstige
Hansastadt Einbeck (8700 Einwohner), von alters her berühmt durch
ihre Leinweberei und noch mehr durch das Bier, von dem schon Herzog
Erich ~I.~ von Calenberg auf dem Wormser Reichstage Luthern eine Kanne
spendete. Die Brauerei nimmt neben anderen Gewerbezweigen, z. B. der
Zuckerfabrikation und der Fahrradindustrie, noch immer eine Hauptstelle
in der Arbeit der Bewohner ein und liefert besonders pasteurisiertes
Flaschenbier zur Ausfuhr in die Tropen. Bedeutende Kirchen, ein
stattliches Rathaus und schöne geschnitzte Holzhäuser aus der
Renaissancezeit bezeugen die ehemalige Blüte der Stadt (Abb. 48 u. 49).
Während Einbeck früher an der Kreuzung zweier bedeutender Straßen lag,
nämlich der von Göttingen nach Hannover, welche an dieser Stelle das
enge, feuchte Leinetal vermied, und der zur Weser bei Bodenwerder, wird
es jetzt von der durchgehenden Bahnlinie nicht berührt. Es liegt an
einer Seitenbahn, die im Ilmetal aufwärts bis zu dem Städtchen Dassel
(1500 Einwohner) führt. Daß dieses einst der Sitz eines mächtigen
Grafengeschlechtes war -- man denke an Ludolf, den Kanzler des Rotbarts
--, ist an sichtbaren Spuren nicht mehr zu erkennen. Interessanter ist
das benachbarte von Herzog Erich ~I.~ von Calenberg 1530 erbaute Schloß
Erichsburg.

Nördlich davon liegt Stadtoldendorf, ein braunschweigisches
Städtchen von 3500 Einwohnern, Station der Bahn Kreiensen-Holzminden
(Berlin-Cöln). Der Zechstein birgt hier, besonders nach der
benachbarten Homburg zu, einen mächtigen Gipsstock, der in mehreren
Brüchen ausgebeutet wird. In einigen Fabriken werden daher Gipsdielen
hergestellt.

[Sidenote: Elfas. Homburg.]

Die am Westrande des Solling liegenden Orte mögen später bei einer
fortgesetzten Betrachtung des Weserlaufes besprochen werden. Vorher
hätten wir noch ein Wort über den Buntsandsteinzug Elfas-Homburg-Vogler
zu sagen. Das Fehlen eines gemeinsamen Namens zeigt uns, daß wir
es trotz der geologischen Zusammengehörigkeit dieser Berge mit drei
gesonderten Gruppen zu tun haben. Am wenigsten tritt der Elfas
(380 ~m~) hervor. Bedeutender ist die Homburggruppe, in ihren beiden
Hauptgipfeln 400 ~m~ überragend. Auffallend ist -- zumal im Gegensatz
zu der Weichheit der Linien in dem benachbarten Sollinggebiet -- die
in dieser Formation so seltene malerische Kuppelform des Berges,
der die Ruinen der alten Dynastenburg trägt. Es ist nicht viel von
ihr erhalten. Denn schon hundert Jahre nachdem 1409 der letzte
der Herren von Homburg, wie die Sage meldet, unter der Hand eines
Eversteiner Grafen am Altare zu Amelunxborn verblutet war, ließen die
Braunschweiger Herzöge die Burg verfallen und bauten aus den Steinen
das neue Amtshaus in Wickensen. Aber der Pallas ist nebst einigen
Gewölberesten mitten im grünen Buchenwald noch erkennbar. Der Besuch
der Trümmer sowie der Blick von dem Stumpf des zerbröckelten Bergfrieds
auf das Städtchen zu Füßen wird den Wanderer sicherlich für die Mühen
des Aufstieges belohnen.

[Sidenote: Vogler.]

Zum Vogler werden wir von Stadtoldendorf aus unseren Weg am besten
durch das liebliche Hooptal nehmen; so heißt das oberste Stück der von
dem Forstbach in die Hochebene eingewaschenen Schlucht. Bald überrascht
uns hier der Anblick des Klosters Amelunxborn, hart oben am Rande
der schroffen Talwand gelegen. Wir finden hier eine auch sonst sich
aufdrängende Beobachtung bestätigt, daß die Zisterziensermönche nicht
nur landwirtschaftliche Praktiker ersten Ranges, sondern auch Menschen
von einem hervorragenden Verständnis für landschaftliche Schönheit
gewesen sein müssen. Im Jahre 1129 vom Grafen Siegfried von Northeim
gestiftet, auf den auch die Erbauung der Homburg, wenn auch vielleicht
nicht die erste, zurückgeführt wird, ist es die älteste Klostergründung
jenes Ordens in Niedersachsen. Die schöne romanisch-gotische
Doppelkirche dient jetzt der Domäne und den Nachbardörfern als
Gotteshaus.

[Illustration: Abb. 80. Möllenbeck gegen die Weserkette (Papenbrink,
Lange Wand, Luhdener Klippe). Nach einer Photographie von W. Siekmann
in Rinteln. (Zu Seite 101.)]

Der Vogler ist von den drei Berggruppen die ausgedehnteste. Der Kamm
zieht sich in einem flachen, nach Osten geöffneten Bogen etwa zehn
Kilometer weit hin, sendet nach beiden Seiten viele starke Äste aus
und gipfelt in dem 460 ~m~ hohen Ebersnacken, einem der herrlichsten
Aussichtspunkte des Wesergebietes. Die Fülle schönen Buchenwaldes,
die starke Entwicklung leicht zu überblickender Täler, die reiche
Gliederung, die auch in der edlen Silhouette des Gebirges ihren
Ausdruck findet, verleihen dieser Berggruppe einen ganz besonderen
Reiz. An Siedelungen finden sich fast versteckt nur zwei arme
Holzhacker-Dörflein. Der Name des einen, Heinrichshagen, hat zusammen
mit dem des Bergzuges selbst Anlaß zu der Sage gegeben, hier habe König
Heinrichs Vogelherd gestanden. An seinem Nordwestende, der Königszinne,
erreicht der Vogler in steilem Absturz bei Bodenwerder die Weser, deren
Lauf wir von Herstelle ab nunmehr noch verfolgen müssen (Abb. 60).

[Illustration: Abb. 81. Süntelbuche auf der Schafweide bei Hülsede.

Nach einer Photographie von W. Wehrhahn in Hannover. (Zu Seite 101.)]



~IX.~ Die Weser von Herstelle bis Hameln.


[Sidenote: Das Wesertal.]

Unterhalb Carlshafens, bei Herstelle, verläßt die Weser das reine
Buntsandsteingebiet und tritt durch das von den hannoverschen Klippen
rechts, von den hessischen Klippen und ihrer westlichen Fortsetzung
links gebildete Tor in den zweiten der Seite 24 u. 25 genannten
Talabschnitte hinaus. Der Eindruck der offenen Landschaft wird
abgesehen von der größeren Entfernung der Talwände auch durch deren
Lücken hervorgerufen, die sich an den Mündungen der Zuflüsse befinden,
aber zu der Bedeutung von Wässerchen wie die Nethe, die Holzminde, der
rechtsseitige Bever- und der Forstbach in keinem Verhältnis stehen. Den
Gegensatz zwischen den beiden jüngsten Gliedern der Trias, die unser
Tal scheidet, haben wir reiche Gelegenheit zu beobachten. Sanft erhebt
sich rechts der Solling; weit steigen die Felder an seinen Hängen
hinauf, so daß von dem Walde vielfach nur ein Streifen zu sehen ist
und die Gipfelhöhe des Sandsteingebirges unterschätzt wird. Links fällt
das Höxtersche Höhenland steil ab. Im Gegensatz zu der abgerundeten
Form der Gehänge, die wir am Reinhardswalde beobachtet haben, bildet
der Muschelkalk winklige Abstürze, deren steilste Stelle oben am Rande
des Plateaus liegt, während unten stellenweise aufgehäufte Schuttkegel
die Steilheit mildern. Diese Form des Bergprofils wiederholt sich bei
allen Vorsprüngen der Hochfläche, die sich kulissenartig voreinander
schieben, und erinnert trotz der kleineren Verhältnisse an den Nordrand
der Schwäbischen Alb (Abb. 55). Als Grund dieser Erscheinung haben wir
die Tatsache anzusehen, daß beim Sandstein mehr die mechanischen, beim
Kalk mehr die chemischen Kräfte des Wassers abtragend gewirkt haben.
Dieses führt den Kalk gelöst oder in so kleinen Teilchen zu Tale, daß
an der Böschung selbst fast nichts liegen bleibt, während sich der
aus dem Sandstein losgerissene Schutt überall da ablagert, wo das
schwächere Gefälle die lebendige Kraft des Wassers mindert.

[Illustration: §. Abb. 82. Der Hohenstein gegen den Süntel. (Zu Seite
28 u. 102.)]

An Siedelungen werden wir zuerst rechts das hannoversche Dorf
Lauenförde, links die westfälische Stadt Beverungen an der Bever (2400
Einwohner) bemerken, das früher von Herstelle aus nur mit einem Umweg
über das rechte Ufer erreichbar war, während seit den vierziger Jahren
die seinerzeit viel bewunderte und auch jetzt noch schöne Bremer Straße
oben am Berge dorthin führt (Abb. 50). Ferner erwähnen wir links das
Schlößchen Blankenau und das Dorf Wehrden mit stattlichem Edelsitz
(Abb. 51). Aber schon von ferne ragt uns rechts auf hohem Sandsteinfels
das Dorf und das ehemalige Schloß Fürstenberg (180 ~m~) entgegen
(Abb. 52). In seinen älteren Erinnerungen auf die Grafen von Dassel und
Everstein zurückgehend, interessiert es uns erst von dem Zeitpunkt an,
wo Herzog Karl von Braunschweig-Wolfenbüttel, ergriffen von dem um die
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts herrschenden Porzellanfieber, durch
den der Höchster Fabrik abspenstig gemachten »Arkanisten« Benckgraff
die Fabrikation jener edlen Topfware hier einführte. Die Fabrik, seit
1853 in Privatbesitz, hat sich im vorigen Jahrhundert lange Zeit
hindurch auf die Herstellung kunstloser Massenartikel beschränkt,
arbeitet aber neuerdings wieder nach den aus den letzten Jahrzehnten
des achtzehnten Jahrhunderts stammenden Modellen, die zum Teil einen
hohen Kunstwert besitzen.

[Illustration: §. Abb. 83. Turm der Schaumburg gegen die Paschenburg.
(Zu Seite 102.)]

Läßt es sich ermöglichen, so werden wir in Fürstenberg einen kurzen
Aufenthalt machen und uns an der Aussicht erfreuen, die wir von den
Terrassen der Gasthäuser auf die Täler der Weser und Nethe genießen
können. Bald ist dann auch das freundliche Höxter nebst dem nahen
Corvey erreicht.

[Sidenote: Höxter.]

Höxter ist ursprünglich ein karolingischer Königshof und wird seinen
Ursprung der sächsischen Volksburg auf dem Brunsberge zu verdanken
haben, wie so oft die fränkischen Höfe die Nähe solcher alten
Befestigungen aufsuchten. Hier schenkte Ludwig der Fromme den aus
Corbie in der Pikardie eingewanderten Benediktinern, die sieben Jahre
zuvor an einem nicht zu bestimmenden Orte »Hetha« eine Tochteranstalt
gegründet, diese aber wegen der Unwirtlichkeit des Platzes aufgegeben
hatten, 822 den Grund und Boden für eine neue Niederlassung; das ist
das im Mittelalter so hoch berühmte Corvey. Seinen Ruhm verdankt es
dem raschen Wachstum seines Konvents und seiner Besitzungen, dem Eifer
seiner Insassen für ihre Pionierarbeit im Interesse der Kultur und der
stattlichen Anzahl in Kunst und Wissenschaft hervorragender Männer, die
in seinen Mauern geweilt haben. Wir erinnern nur an Hrabanus Maurus,
den späteren Abt von Fulda und Erzbischof von Mainz, an Anschar, den
Apostel des Nordens, an die Maler Theodegar und Anderedus, an den
Baumeister Luitolf, an den Geschichtsschreiber des Sachsenlandes
Widukind und den ersten deutschen Papst, Gregor ~V.~ Bekannt ist, daß
die sonst verschollenen fünf ersten Bücher von Tacitus' Annalen im
Jahre 1514 in der dortigen Klosterbibliothek wieder aufgefunden worden
sind. Die Blütezeit des Klosters ist freilich bereits mit dem elften
Jahrhundert zu Ende gegangen. Seine Reichsunmittelbarkeit hat es 1803
verloren; später ist es zu einer Standesherrschaft geworden, die sich
seit dem Jahre 1834 im Besitz der Hohenloheschen Familie, gegenwärtig
des Herzogs von Ratibor, befindet.

Von den alten Bauten ist nicht viel erhalten. Am interessantesten
ist die westliche Vorhalle der Kirche, das älteste erhaltene Bauwerk
Westfalens, mit Säulen in frühchristlichem (vorromanischem) Stile.
Der größte Teil der Gebäude rührt von dem um 1700 errichteten Neubau
des Abtes Florentius v. Velde her, dessen italienische Bauleute in
dem benachbarten Lüchtringen noch einige schwarzäugige Nachkommen
hinterlassen haben sollen. An Sehenswürdigkeiten werden noch gezeigt
eine Galerie mit den Bildnissen der fünfundsechzig Äbte, die in ihrer
Bedeutung meist sehr überschätzte Bibliothek von 60000 Bänden und das
Grab Hoffmanns von Fallersleben, der hier als Bibliothekar im Jahre
1874 gestorben ist (Abb. 53 u. 54).

Die westfälische Stadt Höxter entwickelte sich teils unter dem
Einfluß des Klosters, teils als Brückenort der Handelsstraße vom
Rhein nach Braunschweig und Magdeburg. Sie teilte die politischen
Geschicke Corveys. Jetzt zählt sie 7700 Einwohner, die ihre Arbeit
außer beim Ackerbau auch in einigen Industrien (u. a. Zement) finden.
An kirchlichen und profanen Baudenkmalen hat sie noch einige hübsche
Stücke aus alter Zeit bewahrt (Abb. 55).

[Illustration: §. Abb. 84. Die Arensburg. (Zu Seite 103.)]

[Sidenote: Holzminden.]

Weniger bevorzugt durch landschaftliche Reize der Lage ist Holzminden
(9900 Einwohner), das sich mit Höxter in die Stellung als Übergangsort
teilt, ihm aber als Hauptstapelplatz der Sollinger Sandsteine überlegen
ist. Welche Bedeutung dieser Industrie zukommt, geht zur Genüge
schon aus der Tatsache hervor, daß in dem braunschweigischen Kreise
Holzminden 22½ % der erwerbstätigen Bevölkerung mit Gewinnung und
Verarbeitung von Steinen und Erden beschäftigt sind, im hannoverschen
Kreise Uslar aber 13,9%. Die meisten und besten Brüche liegen eben an
der West- und Nordseite des Sollings. Der Sandstein findet sich in zwei
verschiedenen Formen, nämlich als Block oder als Platte. Die Blöcke
werden als Bau- und Werksteine benutzt, zu Trögen, Krippen, Ausgüssen
und dergleichen verarbeitet; die Platten dagegen finden als Fliesen zum
Bedecken der Fußböden in Küchen und Hausfluren, als Trottoirbelag und
besonders auch als Dachsteine Verwendung. Das Behauen der Blöcke, die
Herstellung der Behälter, das Zurechtschneiden und Glätten der Schiefer
geschieht großenteils an Ort und Stelle, ehe die Ware auf dem Schiff
oder der Eisenbahn verfrachtet wird.

[Sidenote: Bevern.]

Von der Burg, welche die Grafen von Everstein hier einst besaßen,
ist keine Spur erhalten. Wohl aber kann man ihr Stammschloß auf dem
schroffen Muschelkalkrücken des Burgberges, 10 ~km~ nordöstlich von
Holzminden, noch an den Wällen und Gräben erkennen. Von hier aus übte
dieses Geschlecht, dessen Besitz mit seinem Aussterben (1408) an die
Welfen überging, seine Herrschaft über große Teile Niedersachsens bis
ins Göttingische und auf das Eichsfeld aus. An dem Fuß des Berges
verdient der Flecken Bevern am Beverbach (2200 Einwohner) einen Besuch
wegen seines herrlichen Renaissance-Schlosses; es wurde 1603 bis 1612
von einem Herrn von Münchhausen erbaut und diente zeitweilig den
Herzögen von Braunschweig-Bevern zum Wohnsitz (Abb. 56).

[Sidenote: Ohsen.]

Bei der Domäne Forst tritt nun die Weser in das Muschelkalkplateau ein,
das sie erst bei Ohsen an der Emmermündung ganz verläßt. Zeitweilig
nähert sich freilich der Strom bei Bodenwerder dem Buntsandstein des
Voglers und weiter abwärts den Keuperbergen von Grohnde. Im allgemeinen
aber bleibt der Charakter des engen Durchbruchstales durch den
Muschelkalk bestehen, in dessen Windungen wir alte Spalten zu erkennen
haben mögen. Vortrefflich lassen sich die Schichten des Gesteins da
beobachten, wo der Fluß den Felsen unmittelbar bespült, und wo erst die
neuere Technik Raum für Straßen geschaffen hat (Abb. 57 u. 59). Bald
steht der Felsen kahl, nur mit einigem Gestrüpp und farbig blühenden
Kalkpflanzen bewachsen; stellenweise haben aber auch einige Bäume,
so am Breitenstein bei Rühle die zählebige Eibe, jener sonst fast
ausgestorbene Waldbaum, festen Fuß fassen können.

[Illustration: §. Abb. 85. Die Weserkette bei Rinteln (Lange Wand,
Luhdener Klippe). (Zu Seite 103.)]

[Sidenote: Polle. Brevörde.]

Der nächste bedeutendere Ort ist links Polle (1000 Einwohner), von
»wo ein mit Liasgebilden erfülltes Tal einen bequemen Zugang von der
Weser zur Hochfläche ermöglicht« (Guthe). Der Flecken ist unter dem
Schutze einer eversteinischen Burg entstanden, deren Ruinen auf einem
kleinen Bergkegel hart am Ufer eine besondere Zierde des Wesertales
bilden (Abb. 58). Bald ist auch Brevörde erreicht, wo eine Kunststraße
in vielen Schlangenwindungen von der Hochebene herabkommt, und die
berühmte alte Steinmühle, früher Dohlensteinmühle, die ein aus der
Felswand sprudelnder Quell treibt (Abb. 59). Bei dem malerischen
Dörfchen Rühle kommen wir an den Vogler, dessen ziemlich steile
Buchenhänge wir nun bis Bodenwerder zu unserer Rechten behalten.

[Illustration: §. Abb. 86. Porta Westfalica von Süden. (Zu Seite 103.)]

[Sidenote: Bodenwerder.]

Daß Bodenwerder (1600 Einwohner), wie sein Name (~Insula Bodonis~)
sagt, auf einer Insel liegt, werden die wenigsten der Reisenden
bemerken, die sich dieser Perle des Wesertales nähern, da der linke Arm
der Weser sich allmählich bis zu völliger Winzigkeit verengert. Der
Ort scheint im elften Jahrhundert von den Herren von Homburg begründet
worden zu sein, deren Erbe fast gleichzeitig mit dem der Eversteiner
an die Welfen fiel. Die Bedeutung des Ortes lag darin, daß die von
rechts hier einmündende Lenne in ihrem Tal einen natürlichen Zugang
zur Hilsmulde, sowie nach Alfeld, Einbeck und Northeim gewährte. So
war Bodenwerder der gegebene Umschlagsort für Bremer Waren, die nach
der mittleren und oberen Leine bestimmt waren. Die neue Eisenbahn
Emmerthal-Vorwohle und der Hafen an der Lennemündung sind dazu
bestimmt, die alten Verhältnisse einigermaßen wieder herzustellen
(Abb. 60).

[Sidenote: Kemnade.]

Das anschließende Dorf Kemnade besitzt noch von einem im zehnten und
elften Jahrhundert gegründeten Benediktinerinnenstift eine schöne
flachgedeckte Pfeilerbasilika mit einfachen und schlanken Formen (1046
geweiht). In ihr liegt der wegen seinen Aufschneidereien bekannte
Freiherr von Münchhausen († 1797), der in Bodenwerder ein Gut besaß,
begraben.

[Sidenote: Hastenbeck. Hameln.]

Auf der ferneren Fahrt wird uns noch das Renaissanceschloß des
Grafen Schulenburg in Hehlen (Abb. 61) und der hübsche Flecken
Grohnde auffallen, ferner an der Emmermündung die Dörfer Hagenohsen
und Kirchohsen, sowie endlich das Rittergut Ohr unter dem steil
abfallenden Ohrberg, einem beliebten Ausflugsort mit schönem,
an exotischen Gewächsen reichen Park. Die üppige Fruchtebene zu
unserer Rechten, überragt von dem Kalkrücken des Scheckens mit der
altsächsischen Obensburg, ist das Schlachtfeld von Hastenbeck, auf
dem am 26. Juli 1757 Hannoveraner und Franzosen miteinander stritten.
Links öffnet sich das breite Tal der Humme. Aber schon winken uns die
Türme Hamelns; das Schiff gleitet auf der spiegelblanken, durch die
Wehre aufgestauten Flut dahin, und während wir uns in den zauberischen
Anblick der alten Stadt vertiefen, die am Fuß der grünen Berge mit
ihren Türmen höher und höher emporzuwachsen scheint, legt der Dampfer
dicht oberhalb der Brücke neben dem stattlichen Bonifatius-Münster an.
Wir sind am Ziele unserer Reise angelangt.

[Illustration: Abb. 87. Das Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Porta
Westfalica.

Nach einer Aufnahme von Hofphotograph C. Colberg in Oeynhausen. (Zu
Seite 104.)]



~X.~ Die Hilsmulde.


[Sidenote: Der Hils. Eschershausen.]

Während der Fahrt, die wir auf dem schmucken Dampfer talwärts machten,
sind uns unterhalb Holzmindens auf der rechten Seite der Weser,
wenn die nahen Hügel oder das Voglergebirge den Blick in die Ferne
nicht völlig versperrten, einige Berge aufgefallen, deren Form und
Höhe unser Interesse erweckten. Es war der zackige Kamm des Iths und
die waldige Höhe des Hilses. Beide gehören zu dem Gebirgssystem der
Hilsmulde, über deren merkwürdigen geologischen Bau auf Seite 18 das
Nötige gesagt ist. Wir erinnern nur daran, daß eine Wanderung von der
Leine oder Weser bis etwa nach Grünenplan über eine Anzahl ringförmig
einander umschließender Berge und Täler führt, von denen jedesmal
die folgende Zone eine spätere Form der Erdrinde darstellt als die
vorhergehende von den ältesten Gebilden der Trias bis zu den jüngsten
der Kreide. Von der Weser aus führt uns eine Eisenbahn in die Hilsmulde
hinein, die Linie Emmerthal-Vorwohle. Sie überschreitet den Strom
bei Bodenwerder (vergl. Seite 83) und verfolgt dann das Längstal der
Lenne, dessen Westrand durch den Buntsandstein des Voglers gebildet
wird, während im Osten hinter einer niedrigen Muschelkalkkette sich
der Ith erhebt. Wir erreichen bald Eschershausen (1900 Einwohner),
ein braunschweigisches Städtchen, im elften und zwölften Jahrhundert
durch flämische Einwanderer wenn auch wohl nicht gegründet, so doch
hauptsächlich besiedelt (Abb. 62). Früher hat es als Kreuzungspunkt
der Straßen Alfeld-Holzminden und Einbeck-Bodenwerder eine gewisse
Bedeutung gehabt. Jetzt ist es zusammen mit dem nahen Vorwohle der Sitz
einer lebhaften Zement- und Asphalt-Industrie. Der Rohstoff dieser
letzteren ist ein bis zu 15% mit Erdpech durchtränkter Kalkstein, der
teils durch Tagebau, teils in Stollen und Gruben gewonnen wird, und
aus dem sowohl Stampfasphalt als Gußasphalt in ziemlich beträchtlichen
Mengen hergestellt wird.

[Illustration: Abb. 88. Minden. Verlag von Julius Bleek in Minden. (Zu
Seite 104.)]

[Illustration: Abb. 89. Inneres des Doms zu Minden. (Zu Seite 106.)]

[Sidenote: Der Ith.]

Der Ith erscheint uns, von Eschershausen gesehen, gleichsam wie
eine zinnengekrönte Mauer. Der zackige Kamm zieht sich, bis 439 ~m~
ansteigend, nach Nordwest 20 ~km~ paßlos hin; denn die beiden
Landstraßen, die ihn überschreiten, klimmen bis zur Kammhöhe hinauf.
Dann knickt er plötzlich nach Osten um. Dieser südwestlichen Mauer
entspricht eine ähnliche, wesentlich längere ohne Gesamtnamen im
Nordosten, nur daß diese sich mehr in einzelne Berge auflöst und durch
zwei Bäche, die Glene und die Wispe, durchbrochen ist. Im Norden klafft
zwischen der Ost- und der Westmauer eine etwa 5 ~km~ weite Öffnung,
der die Saale entströmt. Im Süden ist der äußere Ring überhaupt nicht
geschlossen; doch legt sich hier die Hilshöhe (s. Seite 88), wenn
auch nicht vollständig, in die Lücke hinein. Die ganze Ellipse von
fast 40 ~km~ Länge und 10 ~km~ Breite besteht aus Gebilden des weißen
Jura, dessen Schichten nach dem Inneren der Mulde ziemlich steil
einfallen und dem Wanderer, der sie von der Außenseite her nehmen will,
schroffe, dräuende Dolomitklippen entgegenhalten. Manche von ihnen
haben geradezu die Form von Keulen oder Nadeln, wie die berühmten
Steine »Adam und Eva« bei Coppenbrügge (Abb. 63). Der Kamm hebt und
senkt sich fortwährend und ist, besonders auf dem Ith, äußerst schmal.
Eine Gratwanderung ist daher recht beschwerlich; denn selbst der
Buchenwald, der nur mager gedeiht, gewährt nicht immer ausreichenden
Schatten. Aber doch welch ein Genuß, von den Rotensteinfelsen bei
Eschershausen (Abb. 64), von den Dielmisser Felsen, von dem Mönchstein
bei Lauenstein oder vom Kahnstein bei Salzhemmendorf, hoch oben
am Rande der senkrechten Wand stehend, auf das fruchtbare Vorland
hinabzuschauen, in dem die Dörfer sich eng geschlossen und ziegelrot
wie auf der Landkarte aus dem gelb, braun und grün gezeichneten Gelände
abheben. Noch mühseliger freilich ist es, sich durch die Felswildnis
hindurchzuarbeiten, welche die äußeren Abhänge jener Bergketten
begleitet. Aber lohnend ist auch das, zumal wenn wir so interessante
Punkte aufsuchen wie die Teufelsküche bei Coppenbrügge, wo der
gewaltige Garnwindel- oder Wackelstein auf schmaler Basis ruht, oder
die Kammersteine am Selter bei Freden mit ihrer Höhle.

[Illustration: §. Abb. 90. Bergkirchen auf dem Wiehengebirge. (Zu Seite
107.)]

Das zwischen jenen Bergen eingeschlossene Becken ist ebenfalls reich
an gutem Ackerboden, birgt aber auch viele verwertbare Mineralien,
wie Kalk, Gips, Ton, Braunkohle und Eisenerz. So hat es sich denn
auch gelohnt, eine normalspurige Kleinbahn von Voldagsen an der Linie
Hameln-Hildesheim bis zu der Eisenhütte bei Delligsen in die Hilsmulde
hineinzuschieben. Sie berührt zunächst das reizende Lauenstein
(1200 Einwohner), das sich fast in den oben erwähnten Knick des Ith
hineinschmiegt und von schön bewaldeten Hügeln umgeben ist (Abb. 65).
Der Ort ist unter dem Schutz einer den Herren von Homburg gehörigen und
in ihren Resten noch erhaltenen Burg entstanden, wie auf der anderen
Seite des Gebirges der Flecken Coppenbrügge seinen Ursprung einer Feste
der Grafen von Spiegelberg zu verdanken scheint, die jetzt als Amthaus
dient.

Salzhemmendorf (1300 Einwohner) am Fuße des Kahnsteins hat seine Saline
1873 eingehen lassen, besitzt aber noch sein kleines Solbad, wenn auch
die riesigen Kalksteinbrüche den Flecken fast ganz zum Industrieorte
zu machen drohen. Duingen (1100 Einwohner) dagegen sieht seit den
siebziger Jahren allmählich seine alte, bodenständige Steingutindustrie
dahinschwinden, die dem Wettbewerb mit dem billigen Emailgeschirr auf
die Dauer nicht standhalten kann. Der tertiäre Ton, der sich dort
in vereinzelten Nestern findet, wurde von selbständigen Meistern,
von denen gegenwärtig nur noch vier das Gewerbe fortsetzen, auf dem
Drehrade mit der Hand zu Töpfen, Schüsseln, Krügen usw. verarbeitet
und in kleinen Öfen mit Stroh gebrannt. An die Stelle der Erzeugung
von Topfware ist jetzt zum Teil der Handel mit solcher getreten. Man
läßt sie von auswärts kommen, z. B. aus Bunzlau, und fährt sie in den
Dörfern herum, wo die Landleute sie unmittelbar vom Wagen kaufen.

[Illustration: Abb. 91. Königl. Kurhaus in Bad Oeynhausen.

Nach einer Aufnahme von Hofphotograph C. Colberg in Oeynhausen. (Zu
Seite 107/108.)]

Ein viel besuchtes Plätzchen in der Nähe ist die berühmte
Lippoldshöhle, eine vermutlich sehr alte Wohn- und Befestigungsanlage,
die, vielleicht mit Benutzung natürlicher Höhlen, in den Korallenkalk
des Reuberges bei Brunkensen hineingearbeitet worden ist. Sie liegt an
dem Durchbruchstale der Glene, die hier einer Papierfabrik dienstbar
gemacht ist, und hatte wohl den Zweck, diesen Engpaß zu sperren. Dies
wird um so wahrscheinlicher, als auf dem Reuberge einst die Burg
Hohenbüchen lag, und als in der Familie ihrer Besitzer, der Herren
von Rössing, der Name Lippold nicht selten war. Die Sage aber hat die
alte Höhle zum Räubernest gemacht, was ja in einem gewissen Sinne auch
nicht unrichtig ist; sie weiß von Lippolds Freveltaten schauerliche
Mären zu erzählen und läßt ihn selbst verdientermaßen auf dem
Rabensteine enden. Oft suchen die Schulen der Umgegend den romantischen
Platz auf. Die jugendlichen Wandersleute steigen dann gerne auf der
schwankenden Leiter zu des Räubers »Stube« und »Kammer«, kriechen
mit den Wachsstümpfen in der Hand durch den niedrigen, schmalen
Gang zum »Schornstein« und lassen sich durch diesen zur »Küche« und
zum »Pferdestall« herab, derweil die besonneneren Begleiter sich im
Schatten der Felsen an der plätschernden Glene der Rast erfreuen und
den Zauber der märchenhaften Umgebung auf sich wirken lassen.

[Sidenote: Ith und Hils.]

In den südöstlichen Teil des besprochenen Juraringes ist nun ein
kleinerer Ring sozusagen eingeschaltet, der der Kreideformation
angehört; es ist der eigentliche Hils selbst. Er übertrifft den Jurazug
an Höhe, da er im Großen Sohl und in der Bloßen Zelle bis zu 471 und
477 ~m~ ansteigt. Auf der Karte gleicht er einem menschlichen rechten
Ohr; er zeigt nur im Osten eine Öffnung, und diese wird durch das
Tal der Wispe gebildet. Steigt ihr hinauf zu einer kahlen Stelle des
breiten Hilsrückens, so überschaut ihr ein Waldland von echtem, herbem
Mittelgebirgscharakter. Denn auf dem Hilssandstein gedeihen ausgedehnte
Fichtenwälder und nur auf den jüngeren Formationen, besonders dem
Pläner, findet sich Buchenwald. Bäuerliche Siedelungen fehlen hier
gänzlich. Inmitten dieser kleinen, aber durch Naturschönheiten
besonders bevorzugten Berggruppe liegt tief im Kessel Grünenplan,
eine ganz junge Gründung. Denn den Kern des braunschweigischen Dorfes
bildet eine Spiegelglashütte, die des billigen Brennholzes wegen
im Jahre 1740 angelegt wurde, und zwar, wie es scheint, an Stelle
älterer, wieder verlassener Hütten. Wer möchte es glauben, daß dieses
Dorf viele weit gereiste und sprachkundige Männer beherbergt! Es sind
Vogelhändler, die aus dem Oberharz die kleinen gefiederten Sänger,
zumal Kanarienvögel, beziehen und sie dann selbst in überseeische
Länder, besonders nach Süd- und Mittelamerika, bringen. Zu diesen
Erwerbszweigen tritt neuerdings die Fremdenindustrie. Denn Grünenplan
kommt als Sommerfrische immer mehr in Aufnahme.

[Illustration: Abb. 92. Osnabrück vom Gertrudenberge aus gesehen.

Nach einer Photographie von J. H. Evering Wwe. in Osnabrück. (Zu Seite
108/109.)]



~XI.~ Osterwald, Deister und Bückeberg.


[Sidenote: Der Osterwald.]

Nördlich von der Hilsmulde und von ihr geschieden durch die breite
Niederung der Saale, durch welche nach Überwindung des Scheckenpasses
bei der alten Sachsenfeste Obensburg die Eisenbahn Hameln-Hildesheim
der Leine bei Elze zustrebt, erhebt sich ein bis zu 419 ~m~ Höhe
ansteigender, sanft gewölbter Rücken aus Wealdensandstein, in seinem
östlichen Teile Osterwald, im westlichen Nesselberg genannt. Es ist
trotz des reichen Waldbestandes landschaftlich ein etwas einförmiges
Gebiet. Wirtschaftlich wichtig ist dagegen seine Kohle und sein
feinkörniger, von den Architekten hochgeschätzter Sandstein, der
z. B. für das Berliner Reichstagsgebäude verwendet worden ist. Kohle
und Stein werden in zahlreichen Brüchen und mehreren Gruben bei dem
hochgelegenen Dorfe Osterwald gewonnen. Reizvoller ist die im Norden
sich anschließende jurassische Kette, deren Dolomitklippen, der Weiße
Stein, die Barenburg mit ihren alten Wallresten, der Drakenberg und die
romantische Landgrafenküche, ziemlich steil nach der Ebene abfallen.
Gern besucht man daher diese Punkte von Hannover aus, lieber noch die
idyllische Holzmühle in einem Quertale dieses Zuges und den Saupark
bei Springe, in dem der Kaiser jedes Jahr im Spätherbst ein Treiben
auf Schwarzwild abzuhalten pflegt, und wo man zu anderen Zeiten die
schwarzen Vettern unseres Hausschweines an den Futterstellen friedlich
schmausen sehen kann (Abb. 67).

[Sidenote: Saupark. Deister.]

Der Saupark, auch Kleiner Deister genannt, bildet mit dem Ebersberge,
der bereits zum eigentlichen Deister gehört, die beiden Torpfosten
der Deisterpforte, eines strategisch wichtigen Passes, durch den die
Eisenbahn Hannover-Hameln hindurchführt (Abb. 5).

Auch der Deister ist ein beliebtes Ausflugsziel der Hannoveraner trotz
seiner Einförmigkeit. Sein Hauptreiz besteht, wenn wir nicht die
Bennigser- und die Heisterburg (Seite 58) mit fachmännischem Interesse
betrachten, in dem prächtig gedeihenden Buchenwalde, der fast alles
überzieht, meist sogar den gleichmäßig gestreckten, breiten Kamm, der
400 ~m~ nur an einer Stelle überragt, überall aber die sanften Nord-
und die steileren Südhänge, sowie die flachen, gleichgerichteten
Auswaschungstäler, die den Nordabhang in eine große Zahl sogenannter
»Brinke« teilen.

Ähnlich wie der Osterwald besteht auch der Deister aus einem Kern
von Wealdensandstein mit einem vorgelagerten Weißjuragürtel (Näheres
Seite 9). Dieser liegt aber im Süden, nicht wie dort im Norden.
Infolgedessen ist hier im Gegensatz zum Osterwalde die Ausbeutung der
Kohlenlager und Sandsteinbänke von Norden her begonnen worden, und der
Norden hat auch zuerst seine Bahnverbindung in der Linie Weetzen-Haste
erhalten.

[Illustration: Abb. 93. Der Markt in Osnabrück mit Rathaus,
Stüve-Denkmal, Ratswage und Marienkirche.

Nach einer Photographie von Karl F. Wunder in Hannover. (Zu Seite 110.)]

Als Siedelungen am Deister sind außer Springe (3100 Einwohner),
dem in einer fruchtbaren Mulde gelegenen ehemaligen Hauptort der
Grafschaft Hallermund, der einige Teppichfabriken besitzt, noch
folgende zu nennen: an der Nordostseite Barsinghausen, der Mittelpunkt
des Kohlenbergbaues und des Touristenverkehrs, mit schöner, alter
Klosterkirche, an der Nordwestecke Nenndorf mit ziemlich bedeutendem
Bade, das die stärksten Schwefelquellen Deutschlands besitzt, und dicht
dabei das Städtchen Rodenberg (1700 Einwohner) mit einer Saline.

[Sidenote: Der Bückeberg.]

Die Rodenberger Aue trennt den Deister vom Bückeberge, der zwar anders
streicht als der Deister, aber der gleichen Formation angehört und auch
landschaftlich ihm in gewissem Grade ähnelt. Freilich hat hier der
Buchenwald auf weite Strecken den Fichtenpflanzungen weichen müssen.
Die Sandsteinbrüche befinden sich hier in höheren Lagen als am Deister
und Osterwald, nämlich oben auf dem Kamm, so daß die Schutthalden
den Bergzug meilenweit kenntlich machen. Die Steine werden in der
Regel oben nur roh behauen und dann auf Wagen zu Tale befördert. An
Vortrefflichkeit stehen sie keinen anderen nach und haben daher auch
für manchen berühmten Bau, wie das Antwerpener Rathaus, das Schloß und
die Börse in Amsterdam und den Kölner Dom, das Material geliefert.
Die Kohlenflöze liegen hier jedoch tiefer als am Deister. Gegenüber
dem überwiegenden Stollenbetrieb dort haben wir daher hier Schächte.
Sie liegen am Nordfuße des Gebirges in der Gegend von Obernkirchen;
die Kohlen können meist unmittelbar auf den Stationen der Bahn
Rinteln-Stadthagen verladen werden und gelangen zum großen Teil in
Rinteln zu Schiffe.

[Illustration: §. Abb. 94. Tecklenburg. (Zu Seite 114.)]

[Sidenote: Die Wealdenkohle.]

Die Wealdenkohle, welche nicht nur an den zuletzt besprochenen drei
Bergzügen, sondern auch am Süntel, an der Nordseite des Wiehengebirges
und im Amte Iburg bei Osnabrück vorkommt, nimmt nach Alter und
Beschaffenheit eine Mittelstellung zwischen der eigentlichen Steinkohle
der Karbonzeit und der Braunkohle ein. Die beste ist die am Bückeberge,
die der westfälischen an Heizkraft fast gleichkommt; dieser steht die
Deisterkohle nach, und die Osterwaldkohle ist noch geringer.

Die ältesten Werke sind die am Bückeberge; denn sicher hat dort
ein geregelter Betrieb schon im Jahre 1520 bestanden; weniger
einwandfreie Nachrichten lassen den Bergbau sogar bis auf das
vierzehnte Jahrhundert zurückgehen. Am Osterwalde legte Herzog Julius
von Braunschweig-Lüneburg in den achtziger Jahren des sechzehnten
Jahrhunderts die ersten Gruben an, um die Salinen von Hemmendorf mit
Steinkohlen zu befeuern; am Süntel, von dem weiter unten die Rede
sein wird, und am Deister begann die Bergwerkstätigkeit zur Zeit
des Dreißigjährigen Krieges, wobei allerdings erwähnt werden mag,
daß damals am Deister schon von verlassenen Stollen die Rede war,
an deren ehemaligen Betrieb sich alte Leute noch erinnern wollten.
Der eigentliche Aufschwung des Bergwerksbetriebes setzt erst mit
der Entstehung der Hannover-Lindener Industrie im zweiten Viertel
des neunzehnten Jahrhunderts ein. Für sie war das Vorhandensein der
Deisterkohle geradezu eine Vorbedingung.

Der Besitz der verschiedenen Werke liegt teils in Privathänden, teils
in denen des Staates. Die Kohlenfelder am Bückeberg beutet Preußen mit
Schaumburg-Lippe gemeinsam aus. Die gesamte Förderung des besprochenen
Gebietes betrug ohne Osterwald und Süntel im Jahre 1907 fast eine
Million Tonnen, die Belegschaft rund 6300 Mann.

[Sidenote: Stadthagen.]

Im Gegensatz zum Osterwalde und Deister ist der Bückeberg nicht völlig
unbewohnt. Nein, gerade auf der höchsten Stelle hat sich eine kleine
Ansiedlung von Steinbruchsarbeitern und -beamten gebildet. Am Nordfuße
liegt Stadthagen (6700 Einwohner) mit hübschem schaumburg-lippischem
Schloß. Der Ort, früher Grevenalveshagen, d. h. Graf Adolfs (des
Vierten) Hagen, ist ursprünglich eine der Seite 44 erwähnten
Hagenkolonien aus dem dreizehnten Jahrhundert, von denen aus der
Nachbarschaft noch Krebshagen, Wendhagen, Kathrinhagen u. a. zu nennen
sind.

[Sidenote: Obernkirchen.]

Wesentlich älter ist Obernkirchen (4200 Einwohner), das den Ursprung
seines ehemaligen Benediktinerinnenklosters auf die Zeit Ludwigs des
Frommen zurückzuführen sucht. Die gut wiederhergestellte gotische
Hallenkirche ist sehenswert. Die Einwohner des Orts finden in den
Steinbrüchen und Gruben, sowie auch in der bedeutenden Glashütte
Schauenstein Beschäftigung.

[Illustration: Abb. 95. Schloß Iburg. (Zu Seite 114.)]

[Illustration: Abb. 96. Burg Ravensberg im Jahre 1839.

Nach einer photographischen Reproduktion (Eigentum des
Verschönerungs-Vereins in Halle i. W.) von H. Baumann in Bielefeld. (Zu
Seite 114.)]

[Illustration: Abb. 97. Burg Ravensberg.

Nach einer Photographie (Eigentum des Verschönerungs-Vereins in
Halle i. W.) von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 114.)]

[Sidenote: Bückeburg.]

Als eine westliche Fortsetzung des Bückeberges ist der niedrige Zug
des Harrl anzusehen, der an dem Tal der Bückeburger Aue bei dem
lieblich gelegenen Schwefelbade Eilsen beginnt und bei Bückeburg, der
schmucken Hauptstadt des Schaumburger Ländchens, sein Ende erreicht
(Abb. 66). Das alte Grafengeschlecht der Schaumburger, vor deren
scharfem Schwerte so Dänen wie Sarazenen erbebten, ist seit 1640
ausgestorben, und die lippische Dynastie, die jetzt dort sitzt, hat
von dem weiten Länderbesitz ihrer Vorgänger nur ein kleines Stückchen
zu behaupten vermocht. Der Herrscher aber, der der Residenzstadt ihr
Gepräge aufgedrückt hat, ist Fürst Ernst, der vorletzte Schaumburger,
gewesen. »Die heute noch vorhandenen Reste der Kunstschöpfungen dieses
Fürsten,« sagt Haupt, »... atmen eine so leidenschaftliche Liebe zu
den prächtigsten und üppigsten Mitteln des Renaissancestils, ein so
überzeugtes, unwiderstehliches Fortstürmen auf dem Wege der Übertragung
italienischer Kunst ins Nordischere, daß man nur hier völlig ermessen
kann, welch herrliche, aufblühende nationale Kunst durch den
unglückseligsten aller Kriege erdrückt ist.« Hierher gehören vor allem
die so wenig bekannten prachtvollen Innendekorationen des Bückeburger
Schlosses und der lutherischen Stadtkirche, die schwungvolle Fassade
derselben (Abb. 68), die Schloßkirche, das Tor des Schloßplatzes und
die schönen Bronzefiguren von Adrian de Vries im Schloßgarten. Der
einheitliche Kunstcharakter des Städtchens, den auch Neubauten wie das
stattliche Schloß der Fürstin Mutter und das neue Rathaus (Abb. 69)
gewahrt haben, das Fehlen lärmender Industrie, die hübsche Lage am
Fuße des buchengrünen Harrl, der Reiz der bunten Volkstrachten in der
Umgebung haben Bückeburg (5700 Einwohner) zu einem beliebten Ruhesitz
von Rentnern und Pensionären gemacht.

[Illustration: Abb. 98. Straße in Halle i. W.

Nach einer Photographie (Eigentum des dortigen Verschönerungs-Vereins)
von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 114.)]



~XII.~ Von Hameln nach Osnabrück. Süntel, Weserkette und Wiehengebirge.


[Sidenote: Hameln.]

Eine Wanderung über die Weserkette nimmt naturgemäß von Hameln ihren
Ausgang (Abb. 70). Die Stadt (20700 Einwohner) liegt an einer von
der Natur selbst zum Brücken-, Umschlags- und Mühlenort bestimmten
Stelle. Das den Überschwemmungen ausgesetzte Gebiet ist hier sehr
schmal, schmaler als oberhalb und unterhalb der Stadt. Ferner führen
abgesehen von dem Wesertale selbst von rechts die Täler der Hamel
und Remte, von links die der Emmer und Humme dem Orte alte Straßen
und neuerdings Eisenbahnen zu. Die Weser aber ist durch eine Insel
und ein noch nicht völlig von den Wassern durchnagtes Felsenriff
aufgestaut, was die Anlage von Mühlen erleichterte, aber die Schiffer
zum Umladen zwang. Was in diesen Verhältnissen Ungünstiges lag, hat
die moderne Technik siegreich überwunden. Das gefürchtete »Hameler
Loch« hat nach Anlage geräumiger Schleusen seine Schrecken verloren.
Wohl aber blühen noch die großartigen Müllereien, die jetzt der
Weser-Mühlen-Aktien-Gesellschaft gehören. Die beiden Mühlenwerke
werden durch 16 Turbinen mit rund 1500 Pferdekräften betrieben und
können täglich etwa 6000 Zentner vermahlen. Außerdem geben die Wehre
Gelegenheit zum Lachsfang, der seit alten Zeiten dort betrieben,
seit Mitte des vorigen Jahrhunderts aber durch die Anlage von
Lachsbrutanstalten in der Nähe der Stadt wesentlich lohnender gemacht
worden ist. Stehen wir auf der eisernen Brücke, welche den Mühlenwerder
mit den beiderseitigen Ufern verbindet, so können wir die Fischer
beobachten, wie sie das schwere quadratische Netz wieder und wieder in
die bewegte Flut senken und dann an einem plumpen Holzhebel emporziehen.

[Illustration: Abb. 99. Kette des Teutoburger Waldes bei Halle mit
Blick auf den Ravensberg.

Nach einer Photographie (Eigentum des Verschönerungs-Vereins in
Halle i. W.) von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 114.)]

[Illustration: Abb. 100. Idyll aus Amshausen bei Halle i. W.

Nach einer Photographie von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 114.)]

Nicht zu vergleichen mit den Verkehrsverhältnissen einer Zeit, die
noch nicht lange hinter uns liegt, ist die Güterbewegung auf der
Weser, wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Wurden
durch die Hameler Schleuse zu Berg und zu Tale im Jahre 1881 erst
48256 Tonnen hindurchbefördert, so konnte man im Jahre 1891 bereits
155540, im Jahre 1901 dagegen 311309 und im Jahr 1907 endlich gar
491368 Tonnen notieren. Es hat sich also der Verkehr im Laufe von 26
Jahren verzehnfacht. Bei der immer stärker werdenden Produktion von
Kali, dem zurzeit hauptsächlichsten Ausfuhrartikel der Weser, dürfte
auch in der Folgezeit auf eine große Steigerung zu rechnen sein. Von
allen Umschlagplätzen aber von Cassel bis Minden einschließlich hatte
im Jahre 1906 der Hameler Hafen mit einer viertel Million Tonnen den
größten Verkehr.

[Illustration: Abb. 101. Blick auf Bielefeld. Nach einer Photographie
von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 28 u. 114.)]

Vorüber sind die Zeiten, wo die sogenannten Bremer »Böcke« von 15 bis
20 Pferden mittels eines am Maste befestigten Seiles unter endlosem
»Hüh!« und »Hoh!« der Treiber stromauf geschleppt wurden und den
kleineren »Hinterhang« nebst den noch kleineren »Bullen« hinter sich
herzogen. Drei auf diese Weise vereinigte Schiffe hießen »eine Mast«.
Stromabwärts ließen die Schiffer ihre Fahrzeuge treiben und machten
durch einen lauten harmonischen Dreiklang die Fährleute von weitem auf
ihr Kommen aufmerksam, damit das Drahtseil rechtzeitig in den Strom
hinabgelassen werden konnte. Hat Schreiber dieser Zeilen jene Art des
Verkehrs noch in seinen Knabenjahren mitangesehen, so wird es ihm und
wohl auch dem Leser schwer, sich in jene Zeit zu versetzen, wo selbst
der Treidelzug mit Pferden eine Neuerung war, die stellenweise mit
alten Verboten zu kämpfen hatte. Im Jahre 1815 bestand ein solches
allerdings nur noch auf der lippischen Strecke, wo selbst damals nur
mit Menschen getreidelt werden durfte.

[Illustration: Abb. 102. Burg Sparenberg (Bielefeld) vom Johannisberg
aus gesehen.

Nach einer Photographie von Ernst Lohöfener in Bielefeld. (Zu Seite
114.)]

Kehren wir nach dieser Abschweifung noch einmal zur Stadt Hameln
zurück! Was ihren baulichen Charakter anlangt, so reichen sich
hier Mittelalter und Neuzeit die Hand. Da bewundern wir das
ehrwürdige Bonifatius-Münster, dessen Ursprung vielleicht noch auf
die Karolingerzeit zurückgeht, dessen älteste erhaltene Teile der
Spätblüte des romanischen Stiles und dessen Umbauten der gotischen
Zeit angehören. Da erfreuen wir uns an den Renaissance-Schöpfungen
jenes unbekannten Meisters, der in dem Hochzeitshause einen Bau für
allgemeine städtische Zwecke, in dem sogenannten Rattenfängerhause ein
behagliches Patrizierheim und in den benachbarten Schlössern Schwöbber
und Hämelschenburg Edelsitze nach dem neuen Geschmack von 1600
herzustellen wußte (Abb. 71 u. 72). Umgeben ist die Stadt von einem
Kranz zierlicher Landhäuser. Und wahrlich man kann es verstehen, wenn
wirtschaftlich unabhängige Menschen sich diesen Wohnplatz aussuchen.
Lockt der Ort doch auch Jahr für Jahr einen immer stärker werdenden
Schwarm von Touristen herbei, die hier teils die Dampfschiffahrt in
die Oberwesergegenden antreten, teils zu Fuß oder im Motorboot die
beliebten Punkte der Umgegend aufsuchen. Zu diesen gehört außer dem
Seite 84 erwähnten Ohrberg der Klüt, ein unmittelbar über der Stadt am
linken Weserufer ziemlich schroff aufsteigender Berg, im achtzehnten
Jahrhundert von dem Fort George, jetzt von einem steinernen Turme
bekrönt. Unvergleichlich ist der Blick von dort oben auf die schmucke
Stadt, das fruchtbare Tal und die gegenüberliegenden Bergketten.

Von Hameln nach Minden fehlt es an einem regelmäßigen
Personendampferverkehr. Nur Sonntags im Sommer fährt ein Schiff
stromabwärts. Das Tal ist bis Erder zu breit, der Wasserspiegel
zu tief, um immer eine freie Umschau zu ermöglichen. So benutzen
wir denn lieber die Bahn Hameln-Löhne, die das fruchtbare, von
schön profilierten Bergen umrahmte Tal durchzieht (Abb. 80). Hier
hat Fischbeck von seinem alten Augustinerinnenkloster, das jetzt
als adliges Fräuleinstift weiter besteht, noch eine flachgedeckte
romanische Basilika von hervorragender Schönheit. Es folgen
Hessisch-Oldendorf (1900 Einwohner) und Rinteln (5300 Einwohner), zwei
Städte, deren hübsche alte Fachwerkshäuschen großenteils noch nicht
von der entstellenden Tünche befreit sind, mit denen Ungeschmack und
Großmannssucht sie im vorigen Jahrhundert bekleidet hat[6].

[6] Wie in den vierziger Jahren selbst die Gebildeten jedes Verständnis
für die behaglichen alten Bauformen verloren hatten und nur für lange,
weiße Mauern schwärmten, dafür enthält das in der Einleitung erwähnte
Buch von Boclo zwei charakteristische Stellen. An Hameln weiß der
»Begleiter auf dem Weserdampfschiff« nur das Gefängnis(!) zu rühmen. Er
bittet, »nicht zu übersehen, wie großartig-modern Hameln sich ausnimmt,
in dem Moment, wo man es zuerst erblickt. Die großen neuen massiven
Korrektionsgebäude maskieren nämlich die ganze übrige, ältliche nicht
eben schöne (!) Stadt ... und lassen vermuten, Hameln wäre nach diesem
modernen Stile eben gebaut worden.« Von Rinteln heißt es: »Die Straßen
Rintelns würden viel länger, die Stadt viel schöner sein, wenn nicht
bei weitem die meisten Häuser mit der Giebelseite nach der Straße
gerichtet wären. Der Grund mag darin liegen, daß Rinteln ... früher
eine Ackerstadt war. Man sieht dies noch daraus, daß viele Häuser statt
der Türme hohe Tore haben.«

[Illustration: Abb. 103. Haus in der Oberntorstraße in Bielefeld.

Nach einer Photographie von Ernst Lohöfener in Bielefeld. (Zu Seite
114.)]

[Sidenote: Rinteln.]

Rinteln ist die Hauptstadt des preußischen Kreises Grafschaft
Schaumburg, d. h. des nach dem Aussterben der einheimischen Herrscher
an Kurhessen gefallenen Teiles von dem Schaumburger Erbe (Abb. 74).
Das Dorf Rinteln lag ursprünglich auf der rechten Seite der Weser,
die Stadt wurde im dreizehnten Jahrhundert vom Grafen Adolf ~IV.~, dem
Dänenbesieger, auf dem linken Ufer gegründet, hat aber in den letzten
Jahrzehnten mit ihrer jungen Industrie die alte Heimstätte wieder
mit in Beschlag genommen. Im Jahre 1621 gründete hier Fürst Ernst
(Seite 93) eine Universität, die König Jerome im Jahre 1809 zugleich
mit Helmstedt eingehen ließ. Dem Königreich Westfalen blieben ja
noch die Hochschulen zu Marburg, Göttingen und Halle, mehr als genug
für die wissenschaftlichen Bedürfnisse des Königs »Loustic«. Während
der kurfürstlichen Zeit war Rinteln als das »hessische Sibirien«
verschrien. In diesen entlegenen Teil des Staates schickte man gern
unfähige oder auch allzu steifnackige Beamte. Früher war die Zahl der
Behörden größer. Aber auch die jetzigen erhalten ihre Beamtenschaft in
der Regel aus dem Hauptteil des Regierungsbezirks Cassel. So ist denn
hier in der westfälischen Bevölkerung ein hessischer Einschlag immerhin
bemerkbar.

[Illustration: Abb. 104. Rathaus und Theater in Bielefeld.

Nach einer Photographie von Ernst Lohöfener in Bielefeld. (Zu Seite
114.)]

[Sidenote: An der Lippischen Porta. Vlotho.]

Unterhalb Erder verengert sich das Tal. Der Fluß windet sich wieder
durch ein Stück des Keupergebirges hindurch und bildet die sogenannte
»Kleine« oder »Lippische Porta«. Das mit ihr beginnende Durchbruchstal
ist nur kurz, es mißt kaum 10 ~km~; aber innerhalb desselben vollführt
die Weser einen ihrer schärfsten Knicke. Bei dem westfälischen
Industriestädtchen Vlotho (4700 Einwohner), das sich malerisch unter
seine alte Dynastenburg auf dem Amthausberg schmiegt, geht sie aus
der westlichen plötzlich in die nördliche Richtung über (Abb. 77).
Hier verläßt die Bahn das Wesertal, um auf die linksseitigen Höhen
nach Oeynhausen und Löhne hinaufzusteigen. Die Weser aber tritt in das
breite Tal ein, das bereits die Werre in ostwärts gewendetem Laufe
durchfließt. Dieser Richtung folgt sie selber und erreicht alsbald die
Westfälische Pforte.

[Illustration: Abb. 105. Grabmal Wittekinds in der Kirche zu Enger. (Zu
Seite 116.)]

[Sidenote: Der Süntel. Die Weserkette.]

Diesem Zielpunkte wird der rüstige Wanderer lieber auf anderen Wegen
zustreben. Vielleicht wird er von Hameln aus das linke Weserufer
verfolgen; er wird über den aussichtsreichen Taubenberg gehen, das
uralte Dorf Exten (Abb. 29 u. 78) an der forellenreichen Exter
besuchen, die dort einer alt eingesessenen Stahlwarenindustrie
dienstbar gemacht ist, und die ansehnlichen Baulichkeiten
des tausendjährigen Klosters Möllenbeck (Abb. 80) sowie das
Renaissanceschloß Graf Simons ~VI.~ zur Lippe in Varenholz
bewundern (Abb. 79). Der Hauptstrom der Touristen aber folgt der
nördlichen Weserkette, deren schöne Wellenlinie zwar vom Tal und den
gegenüberliegenden Höhen aus besser zu beobachten ist, deren kühle
Buchenhallen aber nebst manchen sehenswerten Punkten einen Besuch
des Gebirges selbst fordern. So sind wir denn an dem östlichen Ende
jenes etwa 115 ~km~ langen Zuges angelangt, der früher in seiner
ganzen Ausdehnung von der Hamel zur Hase den Namen Süntel führte.
Jetzt begegnet uns diese Bezeichnung zunächst in seinem östlichen
und höchsten Stück, das sich aus Wealdensandstein aufbaut und bis zu
437 ~m~ ansteigt. Am Nordostfuße liegt Münder (3300 Einwohner) mit
Solbad, Stuhlfabriken und Kohlengruben (vergl. Seite 92), von wo eine
Eisenbahn durch die Senke zwischen Süntel und Deister nach Nenndorf
führt. Steigen wir von dort statt von Hameln zur Höhe hinan, so werden
wir hier und da einer nur noch in kleineren Beständen vorhandenen,
interessanten Baumform begegnen, der Süntelbuche, die sich außerdem nur
am Jura in geringem Maße vorfindet; sie wächst völlig krumm und ist
daher anders als zu Heizzwecken nicht zu verwenden (Abb. 81). Von dem
Süntelturm aus, an dessen lohnender Fernsicht wir uns lange erfreuen,
sehen wir unseren Weg deutlich vor uns. Zwei bis drei Tage lang werden
wir, wenn wir die Porta zu Fuß erreichen wollen, der Bergkette zu
folgen haben, die wir hier in der Verkürzung erblicken. »Auf eine
Kette von niederen Vorbergen gestellt, zieht das Hauptgebirge von dem
eigentlichen Süntel aus gegen Abend bis zur Porta Westfalica, zumeist
scharf und steil gegen das Tal abfallend. Die schöne Scheitellinie
der Bergwand ist wellenförmig gewunden, und häufige, symmetrisch
wechselnde, flach eingeschnittene Buchten bezeichnen eine Reihe der
ausgezeichnetsten Berge, welche ebensowohl durch ihre malerischen
Formen und namentlich ihre grotesken Felsenhäupter, als durch die
herrlichen Aussichten, welche man von ihnen genießt, die ganze
Aufmerksamkeit des Wanderers in Anspruch nehmen« (Franz Dingelstedt).
Der Übergang vom Süntel zur eigentlichen Weserkette macht sich wenig
bemerkbar, nur daß der Fichtenwald vom Buchenwald abgelöst wird.
Daß wir uns auf dem Gebiete des Weißen Juras befinden, verraten uns
erst die Klippen, auf die wir am Hohenstein (332 ~m~) unerwartet
heraustreten. Großartiger noch und massiger, von tieferen Kaminen
zerklüftet als am Ith, fallen hier die Dolomitfelsen in das waldige
Vorland ab. Als dunkele Flecken heben sich die vielhundertjährigen
Eiben an unzugänglichen Standorten von dem lichtgrauen Gestein ab
(Abb. 82). Von einsamen Waldtälern ist der mächtige Steinklotz auf
drei Seiten umschlossen. Tiefe, nachdenkliche Stille umgibt uns hier
oben. Gern wollen wir es glauben, was die Überlieferung behauptet, daß
der vereinzelt vorspringende Fels, der heute den Namen Teufelskanzel
führt, einst ein altgermanischer Opferaltar gewesen sei, und immerhin
annehmbar erscheint uns die Hypothese, daß die Namen der benachbarten
Hochfläche, des einen Tales und seines Wasserlaufes sowie des einen
Dorfes im Tal -- Dachtelfeld (= Prügelfeld), Totental, Blutbach,
Weibeck (= Kampfbach) -- an den Sieg Wittekinds über die Franken im
Jahre 782, wenn nicht gar an Idistavisus erinnern sollen.

[Illustration: Abb. 106. Waldchaussee von Detmold zum Jagdschloß
Lopshorn.

Verlag der Hinrichs'schen Hofbuchhandlung (H. Knöner) in Detmold. (Zu
Seite 116.)]

Durch frische Täler und über buchenbewachsene Hügel geht es fort
zur Paschenburg, zur Schaumburg und zur Arensburg. Die erste ist
ein hochgelegenes Gasthaus (336 ~m~), das wegen seiner Fernsicht
berühmt ist. Lassen sich doch von dort oben angeblich 23 Windungen
der Weser und 136 Ortschaften zählen. Die Schaumburg, der Stammsitz
des gleichnamigen Grafengeschlechtes, liegt unmittelbar darunter auf
einem Vorberge. Von dem Schloß sind noch eine Anzahl teils bewohnte,
teils halb zerfallene Baulichkeiten ohne großen Kunstwert vorhanden
(Abb. 83). Die Lage aber und der Blick auf das am Berge hängende
Dörfchen Rosenthal ist von zauberhafter Schönheit. Auch die Arensburg,
welche auf kleinem Hügel den Paßübergang von Rinteln nach Obernkirchen
beherrscht, ist ursprünglich eine Ritterburg gewesen, jetzt aber
ein Lustschlößchen des Fürsten von Bückeburg mit wohlgepflegten,
geschmackvollen Parkanlagen (Abb. 84). Das nahe Steinbergen wird als
Sommerfrische viel besucht.

[Illustration: Abb. 107. Donoper Teich bei Detmold.

Verlag der Hinrichs'schen Hofbuchhandlung (H. Knöner) in Detmold. (Zu
Seite 116.)]

[Sidenote: Die Porta Westfalica.]

Von der Schaumburg bis zur Porta Westfalica führt der Touristenweg
nicht über die Kämme der Einzelberge, die sich in regelmäßigem Wechsel
erheben und bis zur Höhe der südlichen Vorberge herabsenken, sondern
auf einer Zwischenstufe, auf der Grenzlinie des Weißen und Braunen
Juras (Abb. 85). Von den Gipfeln sind viele bis obenhin bewaldet; ihrer
schönen Fernsicht wegen werden hauptsächlich die Luhdener Klippe mit
steinernem Turm, der oben kahle Papenbrink, die Nammer Klippe und der
Jakobsberg besucht, der bereits einen der Torflügel der Porta bildet.
Seinen Namen hat der Berg durch Friedrich den Großen erhalten. Bei
einem Besuche der Gegend fand er dort einen seiner Kriegsinvaliden,
namens Jakob, der ihm selbstgezogene Trauben[7] vorsetzte. Dies
veranlaßte den König, den bisherigen Tönniesberg in Jakobsberg
umzunennen.

[7] Weinbau wurde auch sonst an der Weser getrieben. Bei Höxter ging er
zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts ein. Wie bei Höxter gibt es auch
bei Lübbecke einen »Weinberg«.

In die Porta blicken wir von der auf dem Gipfel errichteten
Bismarcksäule oder von der benachbarten Jakobsklippe wie aus der
Vogelschau hinab. Durch ein Felsentor von nur etwa 800 m Breite strömt
friedlich der blanke Fluß dahin; keine Stromschnelle, kein Strudel
zeugt mehr von der Arbeit, die das Wasser hier verrichten mußte,
als es diese Bergkette in demselben Maße, wie sie sich hob, langsam
durchnagte (Abb. 86). Landstraßen geleiten den Fluß auf beiden Seiten;
auf dem rechten Ufer freilich ist der Raum für sie und die Eisenbahn
erst durch Felssprengungen gewonnen worden. Das fortwährende Rollen
der Züge verrät uns, daß wir uns an einer echten Völkerpforte, einem
der wichtigsten Tore zwischen Rhein und Elbe, befinden. Der Flecken am
Südfuße des Berges, 200 ~m~ unter uns, ist Hausberge, genannt nach dem
»Haus am Berge« (auch als Schalksburg bezeichnet), das die edlen Herren
vom Berge dort besaßen; sie waren angeblich Nachkommen Wittekinds, und
ihnen gehörte auch der gegenüberliegende Hof Wedigenstein.

Dieser war wohl der Herrenhof zu der Volksburg oben auf dem
Wittekindsberge, der den westlichen Torflügel der Porta und den Anfang
des Wiehengebirges bildet. Von dem alten Ringwall ist kaum noch
etwas zu sehen. Die kleine graue Wittekindskapelle, der Rest eines
ehemaligen Klosters namens Margaretenklus, sowie die merkwürdig hoch
gelegene steingefaßte Wittekindsquelle fallen als Zeugen der frühen
Besiedelung mehr in das Auge. Die Hauptzier des Berges aber ist das
Denkmal, das die Provinz Westfalen durch Kaspar Zumbusch und Bruno
Schmitz dem Gründer des Deutschen Reiches hat errichten lassen. Unter
hohem steinernem Hallenbau, dessen Fernwirkung aufs beste berechnet
ist, steht des alten Kaisers ehrwürdige Gestalt, die Rechte zum Segnen
erhoben (Abb. 87).

Leider ist dieser durch Natur und Kunst ausgezeichnete Platz wenig
geschont worden. Gerade mitten an der schmalsten Stelle des Tales
liegt ein garstiges Eisenwerk, das die in der Nachbarschaft gefundenen
Erze ausbeutet, und die Talwände sind durch Steinbrüche verunziert.
In ihnen wird der wertvolle grobkörnige Portasandstein gewonnen,
während der benachbarte Hügelzug Bölhorst, nördlich vom Wittekindsberg,
Wealdenkohlen birgt.

[Illustration: §. Abb. 108. Berlebeck. (Zu Seite 116.)]

[Sidenote: Minden.]

Eine Wegstunde stromabwärts liegt die Regierungsbezirks-Hauptstadt
Minden (25400 Einwohner), deren Ursprung auf die Zeit Karls des Großen
zurückgeht (Abb. 88). Dieser gründete hier für das Engerland ein
Bistum, das bis zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges reichsunmittelbar
blieb. Trotz des Ausmündens der Weserstraße und der Wege vom Rhein und
von der Ems (Eisenbahnlinien Cöln-Hannover und Rheine-Hannover) hat
sich Minden unter der Ungunst politischer Verhältnisse nur langsam
entwickeln können. Immerhin hat es als Umschlagshafen an der Weser
jetzt die zweite Stelle eingenommen. Die Industrie des Ortes hat
keinen einheitlichen Charakter. Erwähnen möchten wir aber hier einen
Gewerbezweig, der sich über ein weites Gebiet auf beiden Seiten der
Weser bis nach Osnabrück, Bielefeld und Detmold, ja bis nach Höxter
und Carlshafen ausdehnt und von größter sozialer Bedeutung ist. Das
ist die Verarbeitung des auf der Weser eingeführten Bremer Tabaks.
Vielfach ist die Zigarrenmacherei an Stelle der Weberei getreten,
die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zugrunde ging, und wird
wie sie als Hausindustrie gepflegt. Meist sind die Arbeiter kleine
Grundbesitzer und Pächter, Heuerlinge, die neben der Arbeit für
den Verleger auch etwas Landwirtschaft betreiben, und die an ihrer
Lohnarbeit auch die Familienglieder teilnehmen lassen. Nach einer
Schätzung der Mindener Handelskammer zählen die genannten Bezirke
abgesehen von den Oberweserorten rund 27000 ansässige Tabakarbeiter.
In den Kreisen Minden, Lübbecke und Herford sind 3500 Häuser im
Besitz von Zigarrenmachern, und allein in dem Herfordischen Amte
Gohfeld-Mennighüffen wird in 1400 von 3400 vorhandenen Häusern
Zigarrenarbeit getrieben.

[Illustration: Abb. 109. Detmold gegen das Hermannsdenkmal. Verlag der
Hinrichs'schen Hofbuchhandlung (H. Knöner) in Detmold. (Zu Seite 116.)]

[Illustration: §. Abb. 110. Das Fürstliche Schloß in Detmold. (Zu Seite
116.)]

Von der Vergangenheit Mindens erzählt uns hauptsächlich der Dom, dessen
ehrwürdig plumper Turm aus der romanischen Zeit in einem merkwürdigen
Kontrast zu den edlen und freien Formen seines gotischen Schiffes steht
(Abb. 89). Besonders berühmt sind die »überaus prachtvollen, in dieser
Art für Westfalen unerreicht und überhaupt vielleicht unübertroffen
dastehenden Fenster« (Lübke).

Nach diesem Abstecher kehren wir zu unserer Gebirgswanderung zurück,
deren größter Teil noch vor uns liegt; denn etwa 70 ~km~ trennen die
Porta von der Hase. Aber es mindern sich die Reize des Gebirges links
der Weser mehr und mehr. Die Gliederung ist einfacher, sie geschieht
fast nur durch einige tief einschneidende Quertäler. Die Klippen aus
Korallenkalk fehlen ebenso wie die malerischen Vorberge, die wir in
der eigentlichen Weserkette beobachtet haben. Mißt der Wittekindsberg
277 ~m~ über den Meeresspiegel, und erreichen zwei Berge bei Lübbecke
noch 320 ~m~, so nimmt das Gebirge weiterhin an Höhe und Breite ab
und endigt westlich von Bramsche in Hügeln, welche die Diluvialebene
kaum noch überragen. Daß die Bewaldung nur dürftig ist, wurde Seite 30
bereits erwähnt. Von Osterkappeln ab tritt Nadelwald an Stelle der
Buchen.

[Sidenote: Das Wiehengebirge.]

Der Name Wiehengebirge (vielleicht = Wittekindsgebirge) kommt der Kette
im Volksmunde nur bis in die Gegend von Lübbecke zu; weiterhin gibt es
auf eine längere Strecke hin keinen volkstümlichen Gesamtnamen; und
erst im Osnabrückischen wird wieder die Bezeichnung Süntel gebraucht.

Als einheitlicher, ungegliederter Wall zieht sich das Gebirge von der
Porta bis zu dem Passe, den man nach dem hoch auf dem Sattel reitenden
Dorfe Bergkirchen (163 ~m~) zu benennen pflegt (Abb. 90). Bald folgt
ein etwas tieferer Paß, die Wallücke; Eisengruben haben hier zur Anlage
einer Kleinbahn nach Löhne Veranlassung gegeben. Weitere Erwähnung
verdient höchstens noch das Städtchen Lübbecke (4000 Einwohner), das
bereits in den Kriegen Karls des Großen eine Rolle gespielt hat, und
das Solbad Essen.

[Illustration: §. Abb. 111. Donopbrunnen in Detmold. (Zu Seite 116.)]

[Sidenote: Oeynhausen.]

Wollten wir von Minden die Bahn nach Osnabrück benutzen, so würden
wir anfangs dem Laufe der Werre und Else entgegenfahren, dann dem
der Hase folgen (vergl. Seite 26). Die Weser überschreiten wir bei
Rehme, dem übertausendjährigen, und erreichen dann eine der jüngsten
Städte Westfalens, das Solbad Oeynhausen (3400 Einwohner). Die
ersten Bohrversuche durch den Berghauptmann v. Oeynhausen, nach dem
der Ort genannt ist, gehen auf das Jahr 1830, die Anlage der ersten
Bäder bis 1845 zurück. Später nahm der Staat die Ausgestaltung der
Anlagen in die Hand. Jetzt besitzt der Ort, der sich seit 1885 der
Stadtrechte erfreut, verschiedene warme und kalte Solquellen, die
jährlich rund 15000 Gäste zu dem freundlich gelegenen, geschmackvoll
und behaglich eingerichteten Bade locken und außerdem zur Gewinnung
von Kochsalz dienen (Abb. 91). Das tiefste Bohrloch ist bis auf
707 ~m~ hinabgetrieben. Löhne ist ein bedeutender Eisenbahn-Knotenpunkt
mit verschiedenen industriellen Anlagen, Bünde (5000 Einwohner) ein
reizloses Städtchen, bekannt durch seine Zigarrenfabriken, seine Würste
und seine Missionsfeste, Melle (3200 Einwohner) ein bescheidenes Solbad
inmitten äußerst fruchtbaren Ackerlandes.

[Sidenote: Elsetal. Piesberg. Osnabrück.]

Nicht mit zum Wiehengebirge oder zum Süntel können wir aber die Berge
rechnen, die sich zwischen jener zusammenhängenden Bergkette und der
Else-Hase-Rinne, vielfach gegliedert, von Ost nach West ziehen. Sie
sind stellenweise, so bei Melle und in der Gegend von Schledehausen,
gut bewaldet und entbehren des landschaftlichen Reizes nicht. Ein
besonderes Interesse beansprucht der nordwestlich von Osnabrück
gelegene Piesberg wegen seines im Jahre 1899 leider eingegangenen
Kohlenbergwerkes, das eine ausgezeichnete Anthrazitkohle förderte, und
wegen der mächtigen, noch jetzt von etwa 1000 Arbeitern ausgebeuteten
Steinbrüche. Der dort gewonnene Kohlensandstein ist außerordentlich
hart, aber recht grobkörnig. Er wird besonders als Pflaster- und
Schotterstein verwendet. Zum Werkstein eignet er sich nicht; wohl aber
wird der ausgewaschene Splitterkies mit Zement zu einem Kunststein
namens Durilith verarbeitet, den man in Osnabrück vielfach zum Bau
monumentaler Fassaden benutzt.

[Illustration: Abb. 112. Das Hermannsdenkmal.

Nach einer Photographie von H. Baumann in Bielefeld. (Zu Seite 116.)]

[Sidenote: Osnabrück. Der Osning.]

Daß Osnabrück (60000 Einwohner) eine sehr alte Siedelung ist,
vielleicht die älteste unseres ganzen Gebietes, dafür spricht
mancherlei; so das Vorhandensein zahlreicher Steingräber, wie sie
sonst in unserem Gebiete nicht vorkommen, ferner aber auch der alte
germanische Name Osnabrück selbst, der vermutlich als Götterbrücke zu
deuten sein wird, wie Osning als Götterberg (s. Seite 110). Schwanken
auch die Annahmen über die Entstehungszeit der Steingräber oder Dolmen,
deren wir in den Karlssteinen am Piesberg ein treffliches Stück
besitzen, so fällt sie doch wohl kaum später als in die Mitte des
letzten vorchristlichen Jahrtausends. Die Gründung des Bistums erfolgte
wohl bald nach dem entscheidenden Siege der Franken über Wittekind an
der Hase (783), jedenfalls aber noch vor 787. Osnabrück ist also das
älteste und wohl auch das bedeutendste sächsisch-karolingische Bistum
gewesen. Um die Domfreiheit, die -- wahrscheinlich schon vor der
Gründung der ersten Kirche -- von Bauern, später Ackerbürgern, bewohnt
war, bauten sich Handwerker und Gewerbetreibende an. So erlangte der
Ort, der später dem Westfälischen Städtebunde, sowie auch der Hansa
beitrat, eine große Bedeutung als Handelsstadt und betrieb einen
schwunghaften Export von Erzeugnissen der Landwirtschaft, besonders
der Viehzucht, wie Schinken, Häuten und Wolle, sowie von Leinwand und
Tuch. Die Tuchmacherei, die im Jahre 1600 noch über 300 selbständige
Meister beschäftigte, erlag in der Folgezeit der englischen Konkurrenz,
während sich die Leinweberei zwar länger hielt, aber infolge der Wirren
des Siebenjährigen Krieges und infolge des Überganges vom Handbetrieb
zum Maschinenbetrieb schwere Krisen durchmachen mußte. Die heutige
Regierungsbezirks-Hauptstadt, deren schnelles Wachstum erst seit dem
großen Kriege von 1870 beginnt -- denn im Jahre 1868 zählte sie noch
19600 Seelen gegen 59600 im Jahre 1905 --, ist nach ihrem industriellen
Charakter in erster Linie Metallstadt. Erster Arbeitgeber in diesem
Gewerbezweige ist der Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein,
der außer der Georgsmarienhütte am Fuße des Dörenberges südlich von
Osnabrück noch in der Stadt selbst das Eisen- und Stahlwerk, außerdem
aber Erzfelder am benachbarten Hüggel, am Schafberg bei Ibbenbüren
(s. Seite 110), an der Wallücke (vergl. Seite 107) und bei Werne in
Westfalen besitzt. Auch der Piesberg gehört ihm. Im ganzen beschäftigt
er weit über 6000 Arbeiter und erzeugte im Jahre 1907 über 300000
Tonnen Roheisen, Halb- und Fertigfabrikate. Als Gegenstände des
Osnabrücker Gewerbefleißes sind besonders Eisenbahnbedarfsartikel wie
Schienen, Schwellen, Weichen, Wegschranken, ferner aber Drahtröhren,
Maschinen allerart, Brücken, Dachkonstruktionen, Kochherde, Kraftwagen
und Musikinstrumente zu nennen, die in einer großen Anzahl von Fabriken
erzeugt werden. Stark ist der Gegensatz zwischen dem modernen und dem
mittelalterlichen Osnabrück, die noch nebeneinander bestehen. Niemand,
der vom Gertruden- oder Westerberg das malerische Städtebild auf sich
wirken läßt, wird sich diesem Eindruck entziehen können (Abb. 92). Zwar
hat der Bischof, der seit dem Westfälischen Frieden seine Landeshoheit
in der merkwürdigen Weise mit dem Welfenhause teilen mußte, daß
abwechselnd ein katholischer Prälat und ein protestantischer Prinz das
Fürstentum regierte, seit 1803 seine Reichsunmittelbarkeit verloren.
Aber doch werden wir noch einen Begriff von der einstigen Bedeutung
dieses kirchlichen Mittelpunktes empfinden, wenn wir den wuchtigen
spätromanischen Bau des Domes und die schönen gotischen Gotteshäuser,
die Johannis-, Marien- und Katharinenkirche, betrachten. Anderseits
zeugen das stattliche spätgotische Rathaus nebst der Ratswage (Abb. 93)
und die hübschen Wohnhäuser aus dem sechzehnten Jahrhundert von dem
stolzen, tüchtigen Bürgersinn, der aus Osnabrück das gemacht hat, was
es ist, und der auch bis jetzt nicht geschwunden ist.

[Illustration: §. Abb. 113. Die Externsteine. (Zu Seite 118.)]



~XIII.~ Osning, Teutoburger Wald und Egge.


[Sidenote: Teutoburger Wald.]

Das 100 ~km~ lange, schmale Gebirge, das mit dem niedrigen Huckberg
unfern der Ems beginnt und bei Horn in Lippe in dem Velmerstot gipfelt
und endet, hat im Mittelalter den Namen Osning, auch Osnegge, geführt;
diese Bezeichnung umfaßte zugleich den südlich anschließenden Zug vom
Velmerstot bis zum Diemeltale, der heute kurzweg Egge genannt wird.
Egge, hochdeutsch Ecke, bedeutet soviel wie Schneide, enthält also eine
ähnliche Bildvorstellung wie der Ausdruck Kamm. Asen-Egge ist also
der Götter-Bergkamm. Jetzt wird der Name Osning besonders der Strecke
von Örlinghausen bis Osnabrück beigelegt. Der aus Tacitus' Annalen
stammende Name Teutoburger Wald wurde erst im neunzehnten Jahrhundert,
nach den Befreiungskriegen, auf unser Gebirge, und zwar zunächst
auf den sogenannten Lippischen Wald bezogen, seitdem der Detmolder
Archivrat Clostermeier unter Hinweis auf die alte Befestigung der
Grotenburg und auf deren mittelalterlichen Namen Teut den Nachweis zu
führen versucht hatte, daß dort der Ort der Varusschlacht sei.

[Illustration: §. Abb. 114. Die Kreuzabnahme, Hochrelief an den
Externsteinen. (Zu Seite 118.)]

Ohne auf die geologische Erklärung des Gebirges (s. Seite 12 ff.)
zurückzugreifen, möchte ich nur daran erinnern, daß wir es mit mehreren
-- zwei oder auch stellenweise drei -- parallelen Ketten zu tun haben.
Dazwischen ziehen sich schmale Längstäler hin. Aber auch an Quertälern
fehlt es nicht, die in der Regel bis auf den Grund des Gebirges
hinabgehen. Zu ihnen gehört die Brochterbecker Schlucht, durch welche
die Eisenbahn Ibbenbüren-Gütersloh hindurchgeht, ferner die Pässe von
Iburg, Borgholzhausen und Bielefeld, die Dörenschlucht und mehrere
kleinere Einschnitte.

Sehen wir von den inselartig aus der Diluvialdecke des Flachlandes
links der Ems auftauchenden Hügeln ab, so haben wir das nordwestliche
Ende des Osnings bei Bevergern am Dortmund-Ems-Kanal zu suchen.

Die Reise über diesen Bergzug aber werden wir am zweckmäßigsten in
Ibbenbüren beginnen. Der Ort (5500 Einwohner), die Hauptstadt der
ehemaligen Grafschaft Ober-Lingen, liegt nicht unmittelbar am Osning,
sondern am Fuße des nördlich vorgelagerten Schafberg-Plateaus, das uns
insofern interessiert, als es neben dem Hüggel und dem Piesberg bei
Osnabrück allein in unserem Gebiete die paläozoischen Formationen, und
zwar das obere Karbon, vertritt. Es liegen dort sieben abbauwürdige
Flöze, die von etwa 800 Bergleuten meist für Rechnung des Staates
ausgebeutet werden.

[Sidenote: Osning-Wanderung.]

Eine Kammwanderung von Ibbenbüren zunächst bis Bielefeld erfordert drei
bis vier Tage. Ihre Reize bestehen hauptsächlich darin, daß von den
geologisch verschiedenen Parallelketten bald die eine, bald die andere
die Führung übernimmt. Folgen wir stets der höchsten, so genießen wir
immer wieder wechselnde Landschafts- und Vegetationsbilder. Anfangs
schreiten wir auf der Sandsteinkette dahin. Sie hat hier trotz ihrer
geringen Höhe etwas Ernstes, Starres. Ihre Flora ist noch ganz die
der benachbarten Heide; Birke und Kiefer bilden den spärlichen Wald,
Hülse und Wacholder ein niederes Buschwerk, und Heidekraut und
Preißelbeere bedecken den Boden. Nur vereinzelt ragen nackte Felsen
aus dem sonst abgerundeten Rücken hervor und bringen es uns zum
Bewußtsein, daß wir nicht mehr auf Dünen oder auf den Geschieben der
Eiszeit dahinschreiten. Unter jenen Steingebilden sind die Dörenther
Klippen wegen ihrer grotesken Formen berühmt. Ungehindert aber schweift
der Blick über die flacheren Landstriche im Norden und Süden und
besonders hier weit hinein in die Münstersche Tieflandsbucht. Von
Tecklenburg ab werden wir dagegen auf den buchenbedeckten Plänerhöhen
wandern, die uns nur hie und da einen Ausblick aus dem Waldesschatten
erlauben, dafür aber auch zuweilen einen recht lohnenden, wie der
Große Freden (210 ~m~) bei Iburg. Hier umfaßt das Auge einen weiten
Horizont waldiger Höhen. Es sind außer der parallelen Sandsteinkette
noch einige besondere Gruppen, die im Norden vorgelagert sind. Unter
ihnen überragt der viel besuchte, wuchtige Dörenberg (331 ~m~),
zwischen Iburg und Georgsmarienhütte gelegen, den Osningzug selbst um
ein beträchtliches. Nach einer längeren Wanderung durch einförmiges
Stangengehölz, das bei Borgholzhausen endigt, haben wir zwischen dem
Ravensberg und Halle die Wahl, ob wir auf der Südkette im Buchenwalde
oder auf der Nordkette über kahle Sandsteinhöhen dahinschreiten wollen.
Von Halle ab bilden die letzteren unbestritten den Hauptkamm. Äußerst
lohnend ist ein Spaziergang über diesen an sich öden Rücken bei kühlem
Herbstwetter, wenn der scharfe Südwestwind uns am Lodenmantel zaust,
und wenn zwischen den jagenden Wolken immer neue Landschaftsbilder mit
stets wechselnden Beleuchtungen in den beiden so grundverschiedenen
Landschaften, dem fruchtbaren Ravensberger Hügellande und der sandigen
Münsterbucht, vor unseren Blicken auftauchen. Freilich den würdigen
Abschluß erhalten diese Genüsse erst, wenn wir vom Dreikaiserturm,
den man in die alte Hünenburg (s. Seite 57) eingebaut hat, oder vom
Schützenhaus auf dem Johannisberge auf das freundliche Bielefeld zu
unseren Füßen hinabschauen.

[Illustration: Abb. 115. Lemgo. Nach einer Photographie von Clemens
Bolzau in Lemgo. (Zu Seite 121.)]

Vergessen wir aber nicht, unterwegs den interessanten menschlichen
Siedelungen gebührende Beachtung zu schenken. Da sind zunächst die drei
stolzen Hochburgen zu nennen, die der Sage nach einst ein mächtiger
Sachsenfürst aus Wittekinds Geblüte für seine Töchter Thekla, Ida und
Ravenna erbaut hat. Tecklenburg, Iburg, Ravensberg. Von der Feste
Tecklenburg, deren fehdelustige Insassen über einen ausgedehnten
Länderbesitz verfügten, stehen nur noch die Ringmauern. Im Jahre 1701
starben die Grafen aus, und ihr Schloß gab man dem Verfalle preis.
Wohl aber liegt das malerische Städtchen (1000 Einwohner), das einst
im Schutze der Burg entstand, noch heute auf seiner luftigen Höhe
(200 ~m~) und lockt durch die Reize seiner Lage zahlreiche Ausflügler
herbei (Abb. 94).

Der gleichen Gunst erfreut sich Iburg (900 Einwohner), dessen Burg
auf einem 142 ~m~ hohen Einzelhügel einen wichtigen Paß beherrscht.
In dem Benediktinerkloster, das die Osnabrücker Bischöfe im Jahre
1070 hier gründeten, haben sie sechs Jahrhunderte hindurch ihre
Residenz gehabt und damit wohl ebensosehr ihren strategischen Blick
wie ein tiefes Verständnis für die landschaftlichen Reize dieses
Fleckchens Erde bewiesen. Von den ursprünglichen Gebäuden ist infolge
wiederholter großer Brände nicht viel auf unsere Tage gekommen, und
die Ersatzbauten, die jetzt die Spitze des Hügels krönen -- sie dienen
zu Verwaltungszwecken -- wirken im Landschaftsbilde weniger durch
künstlerische Formen als durch ihre imponierende Massigkeit und ihre
bevorzugte Lage (Abb. 95).

Trauriger noch waren die Geschicke der Burg Ravensberg (Abb. 96, 97
u. 99). Wohl ragt noch der gewaltige alte Bergfried und bietet uns
ein köstliches Luginsland. An ihn aber lehnt sich eine bescheidene
Försterwohnung anstatt des Schlosses, das im Jahre 1673 von dem
Bischof von Münster, Bernhard von Galen, zusammengeschossen worden
ist. Eine Stadt schließt sich an den Ravensberg nicht unmittelbar an.
Borgholzhausen (1300 Einwohner) liegt eine halbe Stunde nördlich,
Werther (2100 Einwohner) mehr östlich und das saubere, altertümliche
Halle (1800 Einwohner) etwas weiter südlich (Abb. 98 u. 99).
Erwähnenswert ist, daß hier wie in dem an derselben Bahnstrecke
Osnabrück-Bielefeld liegenden Dissen (2000 Einwohner) die Herstellung
feiner Fleischwaren fabrikmäßig betrieben wird. Man ist darin uralten
westfälischen Überlieferungen treu geblieben. Denn es ist bekannt, daß
Westfalen schon seit dem elften Jahrhundert seine Schinken und Würste
weithin versandte, und daß sich in Cöln, Frankfurt und Mainz Markt-
und Stapelplätze für diesen wohlschmeckenden Handelsartikel befanden
(Abb. 100).

[Sidenote: Bielefeld.]

Bielefeld (72000 Einwohner), der Hauptort der Grafschaft Ravensberg,
die durch Erbschaft 1346 an Jülich, 1514 an Cleve und 1609 endlich
an Brandenburg fiel, wird im Anfang des elften Jahrhunderts zuerst
erwähnt (Abb. 101 bis 104). Es verdankt einerseits seine Entstehung
der wichtigen alten Straße vom Rhein zur Weser, die wie auch jetzt
die Cöln-Mindener Bahn das Gebirge hier in einem bequemen Passe
durchschneidet, anderseits seine Stellung als Hauptstadt dem
schützenden Bergneste Sparenberg, das, geschmackvoll ausgebaut, noch
jetzt das reizende Stadtbild wirksam belebt. Dort steht auch das
Standbild des Großen Kurfürsten inmitten der von ihm oft und gern
bewohnten Baulichkeiten, aus deren Fenstern er auf sein geliebtes
»Spinn- und Linnenländchen« herabzuschauen liebte. Das Leinengewerbe,
dem auch er seine Förderung durch Anlage von staatlichen Leggen
angedeihen ließ, hat recht eigentlich den Weltruf Bielefelds
begründet. Mindestens seit dem sechzehnten Jahrhundert ist das
Spinnen und Weben von Flachs im Ravensbergischen heimisch. Wie diese
Beschäftigung aus den bescheidenen Anfängen eines landwirtschaftlichen
Nebengewerbes herangewachsen ist, wie sie sich aus einem ländlichen
zu einem städtischen Gewerbe, vom Handwerk zur Fabrikation
exportfähiger Ware entwickelte, wie sie nach schweren Krisen der
allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und der besonderen ihres
Produktionszweiges durch Anpassung an die veränderten Umstände zu neuer
Blüte hinaufstieg, ist hier nicht der Ort zu erzählen. Erwähnt mag nur
werden, daß die erdrückende Konkurrenz der Baumwolle und der Maschine
um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts glücklich überwunden wurde
durch Anlage mechanischer Spinnereien und Webereien. Gegenwärtig sind
die Ravensberger Spinnerei und die Bielefelder mechanische Weberei die
größten Werke ihrer Art in ganz Deutschland. Aber mit ihnen wetteifern
am Orte zahlreiche andere Firmen, die auch verwandte Gewerbe, u. a.
Seiden- und Plüschweberei und vor allem die Wäschefabrikation und die
Konfektion betreiben. Für diese letzteren Betriebe war die Herstellung
von Nähmaschinen zunächst ein Hilfsgewerbe. Doch bildete es den
Übergang zur Metallindustrie, die jetzt in Fahrrad-, Automobil-,
Maschinen- und anderen Fabriken bereits ein größeres Arbeiterheer
beschäftigt als die Gewebeindustrie. Von der Blüte des modernen
Bielefeld legt der stattliche Rathaus- und Theaterbau von 1903 ein
beredtes Zeugnis ab (Abb. 104).

[Illustration: §. Abb. 116. Marktplatz in Lemgo. (Zu Seite 121.)]

[Sidenote: Bielefelds Umgebung.]

Zum Einflußbereiche der Stadt gehören auch die neuerdings zu
beträchtlicher Größe angewachsenen Nachbardörfer, von denen u. a.
Schildesche mit altem, berühmtem Kloster 7700, Brackwede 9600 Einwohner
zählen. Bei letzterem Orte liegen auch die großartigen Krankenanstalten
von Bethel, die, im Jahre 1866 aus den Liebesgaben christlicher
Freunde gegründet, sich unter der Leitung des unermüdlichen Pastors v.
Bodelschwingh zu nie geahnter Ausdehnung entwickelt haben (Abb. 101 im
Vordergrunde). Die ganze Siedelung zählt etwa 5000 Seelen, darunter
4000 Kranke, meist Epileptiker, und arbeitet mit einem jährlichen
Budget von drei Millionen Mark. Um dies zu verstehen, dürfen wir
nicht vergessen, daß die Grafschaft Ravensberg von jeher ein Land
äußerst regen religiösen Lebens gewesen ist, wie auch die großartige
Missionstätigkeit daselbst beweist.

[Sidenote: Herford.]

Die zweitgrößte Stadt Ravensbergs ist Herford (28900 Einwohner), am
Einfluß der Aa in die Werre gelegen. Im frühen Mittelalter wegen
seines hochberühmten, bis 1803 sogar reichsunmittelbaren Stiftes der
Nachbarstadt Bielefeld weit überlegen, hat das »heilige Herford« in
wirtschaftlicher Entwicklung nicht völlig gleichen Schritt halten
können. Immerhin sind seine Spinnereien, seine Möbel- und seine
Zigarrenfabriken von Bedeutung; die alten Kirchen und Bürgerhäuser
erfreuen noch heute den Kunstfreund. Wie Herford, so birgt auch der
auf Seite 39 erwähnte Flecken Enger Erinnerungen an den Sachsenherzog
Wittekind, dessen schönes, allerdings späteren Zeiten entstammendes
Grabdenkmal sich in dem ehrwürdigen Kirchlein des Ortes befindet
(Abb. 105).

[Sidenote: Lippischer Wald.]

Die weitere Bergwanderung vom Sparenberge nach Südost bietet uns
zunächst ähnliche Eindrücke wie vor Bielefeld. Bei dem hochgelegenen,
von Sommerfrischlern geschätzten Dorfe Örlinghausen überschreiten
wir die Grenze des Fürstentums Lippe; dahinter auf dem Tönsberge
besuchen wir die Reste des ehemaligen befestigten Sachsenlagers, das
in den Kriegen gegen Karl den Großen eine Rolle gespielt hat. Später
müssen wir vielfach tief durch den aus der benachbarten Senne in die
Schluchten des Gebirges hereingewehten Sand stapfen, bis wir an der
sogenannten Dörenschlucht den eigentlichen Lippischen Wald erreichen
(Abb. 8).

Hier sind wir an dem reizvollsten Stück des Gebirges angelangt. Die
Gliederung des Berggeländes ist mannigfaltiger, die Gipfel höher,
die Täler bedeutender geworden. Näher aneinander drängen sich die
verschiedenen Landschaftsformen. Frischer Buchenwald, hochstämmige
Fichtenbestände, lichte Parks stattlicher Eichen und echte Heide mit
Kiefern und Wacholderbüschen wechseln je nach der Beschaffenheit des
Untergrundes (Abb. 1 u. 106). Dabei werden die Forsten, die meist
Staatsgut sind, sorgfältig gepflegt und weisen in den eingehegten
Teilen einen stattlichen Wildstand auf. Noch anziehender aber wird die
Landschaft durch mächtige Felsen wie die Externsteine und durch hübsche
Wasserflächen wie die an ihrem Fuße aufgestaute Lichtheupte (Abb. 113)
und den Donoper Teich (Abb. 107).

[Sidenote: Detmold.]

Welcher aber von den vielbesuchten Orten ist der Glanzpunkt
des Gebirges? Ist es Berlebeck, das hübsche Dorf, das sich im
waldumschlossenen Talkessel bis in das Herz des Gebirges hineinzieht,
hier überragt von dem Schloßhügel der ehemaligen Falkenburg, dort
von dem modernen Pensionshause Johannaberg? (Abb. 7 u. 108). Ist es
Detmold, die schmucke Residenz mit dem ansehnlichen Renaissanceschloß,
mit den geräumigen Plätzen, sauberen Straßen, schattigen Gärten und
Spaziergängen und den zahlreichen freundlichen Landhäusern? Detmold
(13200 Einwohner) ist zwar ein uralter Ort -- denn schon im Jahre 783
besiegte Karl der Große die Sachsen bei Theotmalli, d. h. bei der
Volksgerichtsstätte --, aber in seiner heutigen Erscheinung ist es
durchaus modern (Abb. 12 u. 109). Residenz ist es seit 1511. Einzelne
Bestandteile des Fürstenschlosses gehen allerdings auf das fünfzehnte
Jahrhundert zurück; seine heutige Renaissancefassade aber gab ihm
der Umbau von 1557 (Abb. 110). Da die natürlichen wirtschaftlichen
Hilfsquellen Detmolds nicht groß sind, so mußte der Staat und der
Hof der Stadt geben, was sie zu dem bedeutendsten Platze des Landes
machte. So legte der prachtliebende Graf Friedrich Adolf um 1700 die
schönen Parks und Promenaden an, und so vermehrten spätere Zeiten
die öffentlichen Gebäude und Denkmäler, unter denen der niedliche
Donopbrunnen von Hölbe (Abb. 111) erwähnt werden mag.

[Sidenote: Hermannsdenkmal.]

Die eigentliche Sehenswürdigkeit von Detmold ist aber doch die
Grotenburg (388 ~m~) mit dem Hermannsdenkmal (Abb. 1 u. 112). Von
dem Großen Hünenring, der alten Befestigung, die früher den Gipfel
des Berges umzog, und in der Clostermeier und neuerdings Schuchhardt
die altgermanische Teutoburg erkennen wollen, ist nur wenig erhalten
(vergl. Seite 57). Mehr fällt dem Touristen die am Fuß des Berges
gelegene, wohl erst aus der sächsischen Zeit stammende Wegschanze
auf, die man den Kleinen Hünenring nennt. Das Denkmal Armins, das
die Kuppe des Berges noch um fast 54 ~m~ überragt, besteht aus einem
besteigbaren steinernen Rundtempel, der eine herrliche Umschau gewährt,
und der aus Kupfer geschmiedeten Kolossalfigur des Cheruskerhäuptlings
darüber. Es ist Ernst v. Bandels Lebenswerk, dessen Vollendung ihm erst
nach fünfzigjähriger Arbeit und nach einer schier endlosen Kette von
Enttäuschungen im Jahre 1875 gelungen ist.

[Illustration: §. Abb. 117. Erker mit Laube am Rathaus in Lemgo. (Zu
Seite 121.)]

[Sidenote: Die Externsteine.]

Wie diese Stätte ist noch eine andere durch Natur und Kunst in gleicher
Weise ausgezeichnet. Ich meine jene gewaltigen Sandsteinfelsen, die
am Nordfuß des Gebirges bei dem Städtchen Horn (1100 Einwohner)
gleich Riesensäulen phantastisch aus dem Boden emporsteigen und unter
dem Namen Externsteine bekannt sind (Abb. 113). Der eine der Felsen
birgt in seinem Inneren eine Kapelle nebst einigen Nebenräumen. Sie
ist im Jahre 1115 von einem Paderborner Bischof geweiht, und man
hat lange Zeit geglaubt, daß die Mönche des Klosters Abdinghof in
Paderborn, die im Jahre 1093 die Gegend käuflich erwarben, auch die
Schöpfer der Grotte seien. Demgegenüber weist Anton Kisa auf ein in
den Boden gemeißeltes Becken hin, das er nur aus der Benutzung bei
heidnischen Opfern glaubt erklären zu können. Ebenso sei die Anlage
einer zweiten Kapelle oben auf dem Nachbarfelsen nur in der Weise zu
deuten, daß dort ein heidnisches Heiligtum bestanden habe, an dessen
Stelle die Abdinghöfer, dem sonstigen Verfahren der Kirche getreu,
ein christliches gesetzt hätten. »Die Externsteine weisen demnach die
drei charakteristischen Merkmale altgermanischer Kultusstätten auf,
das Grottenheiligtum, das obere Heiligtum und den am Fuße des Felsens
vorbeifließenden Bach.« An dem Ufer dieses letzteren haben die Mönche
ein »heiliges Grab« angelegt. So war denn das Ganze zum Wallfahrtsorte
geworden. Aus dieser Bestimmung erklärt sich auch der merkwürdigste
Bestandteil der mittelalterlichen Anlage, das kolossale Hochrelief,
das in die Außenwand des Kapellenfelsens hineingearbeitet worden
ist, ein Werk einzig in seiner Art, das bedeutendste frühchristliche
Skulpturdenkmal Norddeutschlands überhaupt (Abb. 114). Da sehen wir
staunend die lebensgroßen Gestalten des Nikodemus und des Joseph von
Arimathia, wie sie den Heiland vom Kreuze heben; daneben stehen Maria
und der Evangelist Johannes. Gottvater aber schwebt darüber mit der
Siegesfahne und hält die Seele Jesu in Kindesgestalt auf dem Arme,
während Sonne und Mond mit Schleiern ihr Antlitz kummervoll verhüllen.
Darunter befindet sich noch eine stark verwitterte symbolische
Darstellung des Sündenfalles, ein kniendes Menschenpaar, in die
Windungen eines abenteuerlichen Drachen verstrickt.

[Illustration: §. Abb. 118. Fürstliches Schloß in Pyrmont. (Zu Seite
121.)]

[Sidenote: Egge.]

Der Lippische Wald endet mit dem 468 ~m~ hohen, aussichtreichen
Velmerstot. Da der südwärts gerichtete Zug der Egge, der allmählich
breiter und flacher wird, weniger landschaftliche Reize besitzt
und uns an ihm nur vereinzelte Siedelungen, wie der bedeutende
Eisenbahnknotenpunkt Altenbeken, das kleine Stahlbad Driburg (2700
Einwohner) unter der ehemaligen Sachsenfeste Iburg und das Dorf
Neuenheerse mit seiner romanischen Stiftskirche interessieren würden,
so nehmen wir hier auf der luftigen Höhe Abschied vom Teutoburger Walde
und überschauen das weit vor uns ausgebreitete Hügelland von Lippe,
Pyrmont und Südwestfalen, dem unsere letzte Reise gelten soll.

[Illustration: §. Abb. 119. Inneres der Kreuzkirche in Lügde. (Zu Seite
121.)]



~XIV.~ Zwischen Teutoburger Wald und Weser.


[Sidenote: Das Lippische Hügelland.]

Da wir in den letzten beiden Abschnitten den zusammenhängenden
Bergzügen gefolgt sind, haben wir ein interessantes Gebiet bisher fast
umgangen. Es ist das Hügelland zwischen Teutoburger Wald und Weser, das
sich von der Talfurche Bielefeld-Porta im Nordwesten bis zum Diemeltale
im Südosten hinzieht und durch die Emmer und die Nethe in das Lippische
Hügelland, das Höxtersche Höhenland und die Warburger Börde geteilt
wird. Wir haben es hier mit einem äußerst mannigfaltig gegliederten
Gelände zu tun, dessen Oberfläche hauptsächlich von den verschiedenen
Gesteinen des Keupers (Abb. 3), im Süden und Osten auch von Muschelkalk
gebildet wird, wogegen Buntsandstein nur an der Umrandung des Pyrmonter
und des Driburger Kessels zu finden ist. Im Süden zeigen sich auch
einzelne basaltische Durchbrüche. Einige Teile dieses Gebietes sind
nur als flachwellig zu bezeichnen, wie z. B. die Gegend an der unteren
Werre und Bega, das Dreieck zwischen Bielefeld, Herford und Lage, sowie
die Börde im Süden. Stattlichere Höhengruppen weist der Norden Lippes
zwischen Bega und Weser auf, wie den Bornstapel, die Lemgoer Mark, die
Sternberger Höhen, den Hohen Asch und den Taubenberg, deren zwischen
300 und 400 ~m~ hohe Gipfel wegen ihrer Fernsichten geschätzt sind.
Einen tiefen Talkessel mit schroffen, über 300 ~m~ hohen Rändern bietet
das Emmertal bei Pyrmont und Lügde, ein vermoortes Hochplateau der
Schwalenberger Wald (446 ~m~), den man auch als das Mörth bezeichnet,
eine einsame kegelförmige Hochwarte der Köterberg (497 ~m~), endlich
steilrandige Muschelkalkhöhen das Gelände längs der Weser und der
Nethe. An sogenannten landschaftlichen Sehenswürdigkeiten ist dieses
Gebiet verhältnismäßig arm, und da es auch in bezug auf die Bewaldung
den anderen Teilen unseres Gebietes nachsteht, locken nur wenige Punkte
einen größeren Touristenschwarm herbei. Das aber, was man als intimere
Reize einer Landschaft bezeichnet, wird der Wanderer, wenn er sich
Zeit läßt, in lauschigen Tälern, malerischen Dörfern und Gehöften,
interessanten Hausformen und Volkstypen in reichem Maße finden (Abb. 26
bis 29, 78 u. 122). Mit Recht singt daher der lippische Poet Stockmeyer:

    Voll Gottes Segen und voll Fleißes Frucht
    Ist unser Land, ein Land voll Lieblichkeiten,
    Wo Berg und Auen um den Vorrang streiten.
    Ja, welcher Wandrer hätte es besucht
    Und dächte nicht der freundlichen Gefilde
    In diesem frohen, lebenswarmen Bilde,
    Das Anmut, Reiz und Schönheit uns bereiten!

[Illustration: Abb. 120. Schwalenberg.

Verlag der Hinrichs'schen Hofbuchhandlung (H. Knöner) in Detmold. (Zu
Seite 122.)]

[Sidenote: Lemgo.]

Ihren Anfang mag unsere Reise von Salzuflen (5800 Einwohner) nehmen,
dem altertümlichen Salinenstädtchen mit dem kleinen Solbade und
der weltberühmten Hoffmannschen Stärkefabrik, die an Größe auf
dem europäischen Festlande ihresgleichen nicht hat. Über Lage
(5500 Einwohner), wo sich die beiden Bahnen des Lipperlandes,
Bielefeld-Hameln und Herford-Altenbeken, kreuzen, geht es nach Lemgo
(9000 Einwohner), dem man mit freundlicher Übertreibung den Namen des
lippischen Nürnberg gegeben hat (Abb. 115 bis 117). Tatsächlich ist
es die älteste und vormals bedeutendste Stadt des Fürstentums. Welche
Rolle es in Altwestfalen spielte, ersehen wir aus dem Umstande, daß es
zur Taxe der Hansa mit weit höheren Beiträgen als Hameln und Bielefeld
herangezogen wurde. Von dem ehemaligen Wohlstande zeugen eine Menge
älterer Bürgerhäuser, deren spitze, straßenwärts gerichtete Giebel noch
das Formprinzip der Gotik verraten, während die in Holz oder Stein
geschnittenen Ornamente bereits dem Geschmack der Renaissance huldigen.
Die gleiche Stilmischung beobachten wir an dem neben den beiden
Hauptkirchen bedeutendsten Bauwerke Lemgos, dem herrlichen Rathause,
während das nahe Schloß Brake ein reiner Renaissancebau ist.

[Illustration: §. Abb. 121. Das Rathaus in Schwalenberg. (Zu Seite
122.)]

[Sidenote: Pyrmont.]

Der Vollständigkeit halber erwähnen wir noch die Städtchen Barntrup
(1700 Einwohner) und Blomberg (3600 Einwohner) mit ihren alten
Schlössern und wenden uns zu dem Bade Pyrmont (3900 Einwohner), das
den Hauptort einer waldeckischen Exklave, einer ehemals selbständigen
Grafschaft, bildet (Abb. 118). Die kohlensauren Stahl- und Solquellen
scheinen von alters her bekannt gewesen zu sein. Doch beginnt der
eigentliche Aufschwung erst mit dem sechzehnten Jahrhundert. Die
heilkräftigen Wasser und die liebliche Umgebung des Talkessels, dessen
Wände überall bis zu 200 ~m~ relativer Höhe emporsteigen, lockte
besonders die vornehme Welt, während das nicht allzuferne Bad Meinberg
immer einen etwas bescheideneren Besucherkreis hatte. Im siebzehnten
und achtzehnten Jahrhundert strömten Fürstlichkeiten und Adlige,
aber auch Künstler und Gelehrte aus ganz Europa in Pyrmont zusammen.
Merkwürdig mutet es uns an, daß in diesem Bade, das jetzt in erster
Linie bleichsüchtige Damen aufsuchen, Männer wie der Große Kurfürst,
Peter der Große, Friedrich der Große und Blücher den Eisengehalt ihres
Blutes glaubten verstärken zu sollen.

[Sidenote: Lügde.]

Das Emmertal ist uralter Kulturboden. Lügde (2700 Einwohner), das noch
jetzt ein ausgezeichnetes romanisches Kirchlein (Abb. 119) besitzt,
ist eine alte karolingische »~villa~«, Schieder, unterhalb der
altsächsischen Skidroburg gelegen, der zugehörige Reichshof, in dem
Karl der Große vermutlich im Jahre 784 das Weihnachtsfest gefeiert hat.

[Sidenote: Schwalenberg.]

Bis in die Karolingerzeit reicht auch die Geschichte Schwalenbergs
oder wenigstens seines Grafengeschlechtes zurück. Das Gebiet dieses
Herrscherhauses war im Mittelalter weit ausgedehnt; es reichte von
der Diemel bis zum Deister; die Herrschaften Waldeck, Pyrmont und
Sternberg sind nur spätere Abzweigungen seines Besitzes, die Klöster
Marienmünster und Falkenhagen, deren edle Baulichkeiten uns noch heute
erfreuen, seine Gründungen. Wie das zuletzt genannte Stift und das
Schloß Sternberg, das auf waldiger Höhe unweit Lemgos das Begatal
überragt, wurde auch die Burg und die Stadt Schwalenberg (Abb. 120) von
dem Grafen Volkwin ~III.~ erbaut, der seinen Wohnsitz von der früheren
Burg Schwalenberg, später Oldenburg genannt, dorthin verlegte. Von dem
damaligen Schloßbau steht nur noch ein schmuckloser Flügel auf einem
Bergkegel am Fuße des Mörths; um diesen Hügel aber schmiegt sich noch
jetzt das Städtchen (800 Einwohner), dessen geschmackvoll ausgebautes
Rathaus von 1579, 1603 und 1909 eine Perle deutscher Holzarchitektur
ist (Abb. 121).

[Sidenote: Die Ziegler.]

Obgleich wir nunmehr an der Ostgrenze des Lipperlandes angelangt sind,
können wir es nicht verlassen, ohne eines für das ganze Fürstentum
höchst charakteristischen Gewerbes, der Ziegelei, zu gedenken. Dieser
Arbeitszweig ist, wie es scheint, nicht sehr alt, hat sich vielmehr
wohl erst nach dem Dreißigjährigen Kriege ausgebildet. Ungenügender
Verdienst in der Heimat veranlaßte damals viele Männer, als Grasmäher
und Torfstecher nach Holland und Friesland zu gehen. Im Jahre 1682 wird
aber neben dieser Auslandsarbeit auch das Ziegelstreichen erwähnt.
Auf die beweglichen Klagen der »gehorsamen Stände und Ritterschaft«
wegen der Leutenot in der Landwirtschaft erließ der Landesherr eine
Verordnung, in der es heißt: »wobei wir auch denenjenigen, welche sich
bishero zu gewisser Zeit des Auslaufens in fremde Länder angemaßet,
daselbst Ziegelarbeit sich zu bedienen, solche ihre bisherige
Gewohnheit, und zwar einem jeden bei Strafe 50 Goldfl. alles Ernstes
verbieten.« Aber Verbote und Plackereien halfen nicht viel. Die Zahl
der Ziegler wuchs, und zwar besonders 1842 nach dem Brande Hamburgs,
1846 nach der mehrfach erwähnten Leinenkrisis, die dem Gewerbe viele
ehemalige Weber zuführte, und 1871 nach dem Kriege. Jetzt dürfte ihre
Zahl etwa 15000 betragen, d. h. über 10% der gesamten Bevölkerung.

[Illustration: §. Abb. 122. Lippischer Hirtenjunge. (Zu Seite 122.)]

Die Ziegelmacherei ist Saisonarbeit. Sobald die ersten Lenzwinde wehen,
verlassen die sangesfrohen Scharen das Heimatland, kaum der Schule
entwachsene Knaben, rüstige Männer und bärtige Greise, um in allen
deutschen Gauen, ja selbst in Holland, Dänemark, Polen und Ungarn ihrem
Verdienst nachzugehen. Während der Arbeitsmonate lebt der Ziegler
äußerst einfach und mäßig. Erbsen und immer wieder Erbsen sind seine
tägliche Kost und dazu Wurst, Speck und Schinken aus dem heimischen
Vorrat. Denn das verdiente Bargeld muß der Gattin oder den alten Eltern
heimgebracht werden, die inzwischen mit Hilfe der Kinder mühselig den
Garten und das Stückchen Acker bestellt, für das Vieh, vor allem für
die zahlreichen Ziegen gesorgt und Haus und Hof in Ordnung gehalten
haben (Abb. 27 u. 122). Wehe dem, der sich zu unnützen Ausgaben hat
verleiten lassen und die erwarteten hundert Taler nicht abgeben kann!
Verachtung ist sein Lohn. Wie aber den wackeren Zieglern zumute ist,
wie schwer ihnen der Abschied von der schönen Heimat fällt, wie sie
sich auf die wohlverdiente Ruhe des Winters freuen, das erfahren
wir am besten aus den »Zieglerliedern«, den Gedichten, die Heinrich
Wienke in Brakelsiek bei Schieder, ein echter Ziegler und ein echter
Poet, nunmehr schon in vierter Auflage seinen Kameraden gewidmet hat
(Abb. 123). Da heißt es z. B. in dem »Abschiedstrost«:

    Reich' mir, lieb Weib, den Wanderstab,
    Er steht in jener Ecke,
    Und wenn ihn deine Hand mir gab,
    So reis' ich frisch und fröhlich ab,
    Du weißt, zu welchem Zwecke.

    »Zu welchem Zweck, das weiß ich ja,
    Doch, Schatz, ich kann dir's sagen,
    Es kränket meine Seel', fürwahr,
    Daß du für uns mußt alle Jahr
    Dich in der Ferne plagen.«

    O darum quäl' dich nicht so sehr,
    Bin ich's doch nicht alleine,
    Denn wandern müssen noch viel mehr.
    Gott führ' mich fröhlich wieder her,
    Und bleib' ich aus, dann weine.

[Illustration: Abb. 123. H. Wienke, Ziegler und Volksdichter in
Brakelsiek (Lippe). (Zu Seite 123.)]

[Sidenote: Im Nethegau.]

Aber auch wir werden von dem Land der roten Rose und damit von den
Weserbergen überhaupt, sowie von dem Teutoburger Walde Abschied
nehmen müssen. Die südlichen Teile unseres Hügellandes enthalten zwar
insbesondere im sogenannten Nethegau noch einige interessante Stätten,
wie z. B. die Edelsitze Rheder und Hinnenburg bei dem Städtchen Brakel
(3600 Einwohner) oder den hochgelegenen Flecken Dringenberg mit seiner
alten bischöflich paderbornischen Burg. Aber weder diese Orte noch das
freundliche Tal der Nethe selbst werden uns dauernd fesseln können. Wir
eilen wiederum der Weser zu und gelangen so zurück in die Gegenden,
von denen unsere Rundreise ihren Ausgang nahm. Sie ist vollendet. Wird
es die letzte Fahrt sein, die wir nach diesem lieblichen Landstriche
machen? Ich für mein Teil hoffe es nicht.

    Und tönen wieder die Gesänge
    Der Lerchen an des Himmels Blau,
    Dann lockt mich aus der dumpfen Enge
    Der liebe, alte Heimatgau:

    Das Wogen reicher Saatenfelder,
    Der fetten Wiesen üppig Grün,
    Das Quellenrauschen kühler Wälder,
    Der Hügel frisches Buchengrün,

    Des Stromes traulich klarer Spiegel,
    Des Fährmanns Hütte strohgedeckt,
    Des Dörfleins übermooste Ziegel
    In Apfelblüte fast versteckt;

    Es locken Mauern mich und Wälle
    Der weltentrückten kleinen Stadt,
    In schmalen Gäßchen manche Stelle,
    Die einst so gern mein Fuß betrat,

    Auch stolzer Burgen morsche Trümmer,
    Von Efeuranken überdeckt,
    Der Bergzug, der in blauem Schimmer
    Sich neblig in die Ferne streckt.

    Das alles lockt aus dumpfer Enge
    Mich in den lieben Heimatgau.
    Denn, horch! schon tönen die Gesänge
    Der Lerchen an des Himmels Blau.

[Illustration]



Literatur.


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 Calenberg (Zeitschr. d. hist. Ver. f. Niedersachsen). Hannover 1866.

 M. Staercke, Die lippischen Ziegler. Detmold 1901.

 Berichte der Handelskammern Göttingen, Hannover, Minden, Bielefeld und
 Osnabrück 1905 bis 1907.

 B. Uhl, Die Verkehrswege der Flußtäler um Münden. Hannover u. Leipzig
 1907.

 W. Peßler, Das altsächsische Bauernhaus in seiner geograph.
 Verbreitung. Braunschweig 1906.

 F. Jostes, Westfälisches Trachtenbuch. Bielefeld, Berlin und Leipzig
 1904.

 H. Jellinghaus, Zur Einteilung der niederdeutschen Mundarten. Kiel
 1874.

 C. Schuchhardt (vorher A. v. Oppermann), Atlas vorgeschichtlicher
 Befestigungen in Niedersachsen ~I~ bis ~VIII~. Hannover 1887 bis 1905.

 K. Rübel, Die Franken, ihr Eroberungs- und Siedelungssystem. Bielefeld
 u. Leipzig 1904.

 W. Lübke, Die mittelalterliche Kunst in Westfalen. Leipzig 1853.

 A. Kisa, Die Externsteine (Jahrb. d. Vereins v. Altertumsfreunden im
 Rheinl. Heft 94). Bonn 1893.

 A. Wurm, Osnabrück. 2. Aufl. Osnabrück 1906.

 H. E. und M. Marcard, Pyrmont und seine Umgebungen. Paderborn 1861.

 R. Francke, Geschichte der Stadt Carlshafen. 2. Aufl. Carlshafen 1899.

 Festschrift zur 650jährigen Jubelfeier Schwalenbergs. Hannover 1906.

 L. Puritz, Der hannoversche Tourist. 12. Aufl. Hannover 1907.

 E. Görges, Wegweiser durch das Weserbergland. 7. Aufl. Hameln 1902.

 H. Thorbecke, Der Teutoburger Wald. 10. Aufl. Detmold 1909.

 H. Aschenberg, Der Teutoburger Wald. Münster 1906.

Benutzt wurden noch die amtlichen Darstellungen der Kunst- und
Altertumsdenkmäler der verschiedenen Gebiete, soweit sie erschienen
sind, ferner eine große Zahl von Lokalführern und zahlreiche kleinere
Aufsätze in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften.



Verzeichnis der Abbildungen.


     Abb.                                                          Seite

       1. Das Hermannsdenkmal im Morgennebel                           2

       2. Das Verwerfungssystem entlang dem Egge-Gebirge zwischen
          Driburg und Willebadessen                                    6

       3. Die Keuperlandschaft bei Aerzen, südwestlich von Hameln      8

       4. Profil durch Weserkette und Bückeberge                       9

       5. Blick vom Deister über das Tal von Springe zum Saupark
          und Nesselberg                                              10

       6. Der Deister-Saupark-Sattel                                  10

       7. Das Längstal der Cenomanmergel bei Berlebeck im
          Teutoburger Walde                                           11

       8. Dünenlandschaft im Lippischen Walde                         12

       9. Südrand der Dünenbildungen am Teutoburger Walde             13

      10. Schematisches Profil des Osnings                            14

      11. Die Hebungslinien des Teutoburger Waldes                    14

      12. Der Teutoburger Wald bei Detmold                            15

      13. Kohlensäuresprudel bei Herste                               16

      14. Profil durch Falkenhagener Liasgraben und Köterberg         16

      15. Das Wiehengebirge als Schichtstufe auf dem Nordflügel
          des Osning-Sattels                                          17

      16. Buchenhochwald am Blümer Berg bei Münden                    20

      17. Eibenruine bei Freudental unweit Münden                     21

  §.  18. Der Meiler ist »holtrei«. Aus dem Solling                   22

  §.  19. Köhlerhütte im Vogler                                       23

  §.  20. Köhler im Solling auf dem brennenden Meiler                 24

  §.  21. Köhler im Solling beim Verpacken fertiger Kohlen            24

      22. Sattelmeierhof Nordhof bei Enger                            25

  §.  23. Fränkisches Gehöft in Niederscheden bei Münden              26

      24. Hof in Kalkriese bei Engter (Osnabrück)                     27

  §.  25. Diele in Sudenfeld, Kreis Iburg                             28

  §.  26. Gehöft in Linnenbecke bei Vlotho                            29

  §.  27. Diele eines lippischen Zieglerhauses in Heidelbeck          30

  §.  28. Gasthaus in Volksen bei Rinteln                             31

  §.  29. Motiv aus Exten bei Rinteln                                 32

      30. Bauernfamilie aus Meinsen bei Bückeburg. Älterer Typus      33

      31. Bauermädchen aus der Gegend von Nenndorf                    33

      32. Schulmädchen aus Eisbergen (Kreis Minden) auf dem
          Kirchgang                                                   34

  §.  33. Bauernmädchen aus Uffeln bei Vlotho                         35

      34. Bauersfrau aus Hahlen bei Minden                            36

      35. Bauer aus Hahlen bei Minden                                 36

      36. Münden und das Fuldatal                                     37

      37. Das Rathaus in Münden                                       38

  §.  38. Der Marktplatz in Münden                                    39

  §.  39. Die Vorstadt Blume in Münden                                39

      40. Bursfelde                                                   40

  §.  41. Klosterkirche in Bursfelde                                  41

  §.  42. Hugenotten aus Gewissenruh                                  42

      43. Carlshafen vom Diemeltal aus gesehen                        42

      44. Helmarshausen und die Krukenburg gegen den Solling          43

  §.  45. Basaltbruch am Hohen Hagen                                  44

  §.  46. Trendelburg an der Diemel                                   45

      47. Hirschfütterung im Reinhardswald                            45

      48. Das Rathaus in Einbeck                                      46

      49. Eickesches Haus in Einbeck                                  47

      50. Bremer Straße bei Beverungen                                48

  §.  51. Zwei Fährleute, Vater und Sohn, aus Wehrden                 48

  §.  52.  Fürstenberg                                                49

  §.  53.  Corvey                                                     50

      54. Eingang zur Abtei Corvey                                    50

      55. Höxter, vom Felsenkeller aus gesehen                        51

  §.  56. Schloß  Bevern                                              52

      57. Schichtung der Muschelkalk-Formation bei Bodenwerder        53

      58. Polle                                                       54

      59. Die Steinmühle                                              54

      60. Bodenwerder                                                 55

      61. Schloß  Hehlen                                              56

      62. Straße in Eschershausen                                     57

      63. Adam und Eva am Ith                                         58

  §.  64. Am Rotenstein bei Eschershausen                             59

  §.  65. Lauenstein                                                  60

      66. Bückeburg                                                   61

      67. Saukörnung am Kleinen Deister bei Springe                   62

      68. Die lutherische Kirche in Bückeburg                         63

      69. Das neue Rathaus in Bückeburg                               64

      70. Hameln gegen den Süntel                                     65

      71. Das Rattenfängerhaus in Hameln                              66

  §.  72. Schloß Hämelschenburg bei Hameln                            67

      73. Kapelle beim Armenhaus Wangelist (Hameln)                   68

      74. Rinteln gegen den Taubenberg                                69

  §.  75. Blick von der Bückeburger Chaussee in das Tal von Rinteln   70

  §.  76. Dankerser Mühle bei Rinteln                                 71

      77. Vlotho gegen den Amthausberg und das Wiehengebirge          72

  §.  78. Exten bei Rinteln                                           73

  §.  79. Schloß Varenholz                                            75

      80. Möllenbeck gegen die Weserkette (Papenbrink, Lange Wand,
          Luhdener Klippe)                                            77

      81. Süntelbuche auf der Schafweide bei Hülsede                  78

  §.  82. Der Hohenstein gegen den Süntel                             79

  §.  83. Turm der Schaumburg gegen die Paschenburg                   80

  §.  84. Die Arensburg                                               81

  §.  85. Die Weserkette bei Rinteln (Lange Wand, Luhdener Klippe)    82

  §.  86. Porta Westfalica von Süden                                  83

      87. Das Kaiser Wilhelm-Denkmal an der Porta Westfalica          84

      88. Minden                                                      85

      89. Inneres des Doms zu Minden                                  86

  §.  90. Bergkirchen auf dem Wiehengebirge                           87

      91. Königl. Kurhaus in Bad Oeynhausen                           88

      92. Osnabrück vom Gertrudenberge aus gesehen                    89

      93. Der Markt in Osnabrück                                      90

  §.  94. Tecklenburg                                                 91

      95. Schloß Iburg                                                92

      96. Burg Ravensberg im Jahre 1839                               93

      97. Burg Ravensberg                                             93

      98. Straße in Halle i. W.                                       94

      99. Kette des Teutoburger Waldes bei Halle mit Blick auf den
          Ravensberg                                                  95

     100. Idyll aus Amshausen bei Halle i. W.                         96

     101. Blick auf Bielefeld                                         97

     102. Burg Sparenberg (Bielefeld) vom Johannisberg aus gesehen    98

     103. Haus in der Oberntorstraße in Bielefeld                     99

     104. Rathaus und Theater in Bielefeld                           100

     105. Grabmal Wittekinds in der Kirche zu Enger                  101

     106. Waldchaussee von Detmold zum Jagdschloß Lopshorn           102

     107. Donoper Teich bei Detmold                                  103

  §. 108. Berlebeck                                                  104

     109. Detmold gegen das Hermannsdenkmal                          105

  §. 110. Das Fürstliche Schloß in Detmold                           106

  §. 111. Donopbrunnen in Detmold                                    107

     112. Das Hermannsdenkmal                                        109

  §. 113. Die Externsteine                                           110

  §. 114. Die Kreuzabnahme, Hochrelief an den Externsteinen          111

     115. Lemgo                                                      113

  §. 116. Marktplatz in Lemgo                                        115

  §. 117. Erker mit Laube am Rathaus in Lemgo                        117

  §. 118. Fürstliches Schloß im Pyrmont                              118

  §. 119. Inneres der Kreuzkirche in Lügde                           119

     120. Schwalenberg                                               110

  §. 121. Das Rathaus in Schwalenberg                                121

  §. 122. Lippischer Hirtenjunge                                     122

     123. F. Wienke, Ziegler und Volksdichter in Brakelsiek (Lippe)  123

Die mit §. gekennzeichneten Abbildungen sind photographische Aufnahmen
des Verfassers.

[Illustration]



Register.


  Aa 115.

  Aale 75.

  Adam und Eva 58 (Abb. 63). 86.

  Adelebsen 75. 76.

  Aerzen 8 (Abb. 3).

  Alfeld 35.

  Altenbeken 11. 22. 119.

  Altenteil 41.

  Alte Weser 25.

  Altschieder 58.

  Amelith 33.

  Amelungsenburg 57.

  Amelunxborn 77.

  Amshausen 96 (Abb. 100).

  Amthausberg 100.

  Anerbe 40.

  Angrivarier 56.

  Ansiedlungsformen 36.

  Anthrazitkohle 108.

  Arensburg 81 (Abb. 84). 102.

  Arminius 56.

  Aue, Bückeburger 5. 93.

  Aue, Rodenberger 26. 91.


  Babilönie 58.

  Bad Eilsen s. Eilsen.

  Bad Oeynhausen s. Oeynhausen.

  Barenberg 10.

  Barenburg 89.

  Barntrup 121.

  Barsinghausen 9. 90.

  Basaltbruch 44 (Abb. 45).

  Bauernhof 25 (Abb. 22) bis 32 (Abb. 29). 38. 40. 43. 45.

  Bauerschaften 43.

  Beberbeck 73.

  Bega 26. 119. 120. 122.

  Bennigsen 4.

  Bennigserburg 58. 90.

  Bentberg 18.

  Bergkirchen 87 (Abb. 90). 107.

  Besitzverhältnisse 35.

  Berlebeck 10. 11 (Abb. 7). 104 (Abb. 108). 116.

  Bethel 115.

  Bever 79.

  Beverbach 78. 82.

  Bevergern 5. 10. 112.

  Bevern 52 (Abb. 56). 82.

  Beverungen 79.

  Bevölkerung 33 (Abb. 30) bis 36 (Abb. 35).

  Bielefeld 10. 14. 15. 97 (Abb. 101) bis 100 (Abb. 104). 112. 114. 115.

  Bielefeld, Paß von 112.

  Bielstein 8. 12.

  Bifurkation 26.

  Bismarcksäule 103.

  Blankenau 79.

  Blankenrode 10.

  Blomberg 121.

  Blöße, Große 76.

  Bloße Zelle 11. 88.

  Blume 39 (Abb. 39).

  Blümer Berg 20 (Abb. 16). 68.

  Blutbach 102.

  Bodenfelde 34. 35. 70.

  Bodenwerder 7. 18. 53 (Abb. 57). 55 (Abb. 60). 78. 82. 83.

  Bölhorst 104.

  Bonenburg 7.

  Borgentreich 7.

  Borgholzhausen 10. 112. 114.

  Borgholzhausen, Paß von 112.

  Bornstapel 120.

  Brackwede 14. 115.

  Brakel 7. 18. 124.

  Brakelsiek 123.

  Bramburg (Berg) 12. 74.

  Bramburg (Ruine) 70.

  Bramsche 107.

  Bramwald 34. 68. 73.

  Braunkohle s. Kohlen.

  Braunschweig 62.

  Breitenstein 82.

  Bremer Böcke 96.

  Bremer Straße 48 (Abb. 50).

  Brevörde 83.

  Brinke 90.

  Brochterbecker Schlucht 112.

  Brukterer 56.

  Brunkensen 88.

  Brunsberg 80.

  Buche 31.

  Bückeberg 5. 9. 13. 91. 92.

  Bückeburg 9. 61 (Abb. 66). 63 (Abb. 68). 64 (Abb. 69). 93. 94.

  Bückeburger Aue 5. 93.

  Bückeburger Tracht 54. 55.

  Büffel 55.

  Bullen 96.

  Buke 11.

  Bükefaß 33.

  Bünde 108.

  Burgberg 82.

  Burgen 57.

  Bursfelde 40 (Abb. 40). 41 (Abb. 41). 70.

  Bursfelder Kongregation 70.


  Carlshafen 25. 26. 35. 42 (Abb. 43). 68. 70. 72. 75. 76.

  Chatten 56.

  Cherusker 56.

  Coppenbrügge 8. 18. 86. 87.

  Corvey 50 (Abb. 53 u. 54). 59. 62. 80.


  Dachtelfeld 102.

  Dampfschiffahrt 67.

  Dankerser Mühle 71 (Abb. 76).

  Dassel 62. 76.

  Deister 4. 5. 9. 10. 13. 19. 90. 92.

  Deister, Kleiner 90.

  Deisterpforte 90.

  Delliehausen 75.

  Delligsen 87.

  Desenberg 11.

  Detmold 10. 15 (Abb. 12). 59. 102 (Abb. 106). 103 (Abb. 107). 116.

  Diele 28 (Abb. 25). 30 (Abb. 27). 46.

  Dielmisser Felsen 8. 87.

  Diemel 26. 72. 74. 110.

  Diluviale Vereisung 12.

  Dissen 114.

  Dogger 8.

  Dohlensteinmühle 83.

  Dolmen 108.

  Donoper Teich 103 (Abb. 107). 116.

  Dörenberg 10. 108. 112.

  Dörenschlucht 112. 116.

  Dörenther Klippen 112.

  Dortmund-Ems-Kanal 112.

  Drakenberg 89.

  Dransberg 73.

  Dransfeld 73.

  Dransfelder Höhenland 5. 26. 73.

  Dreikaiserturm 112.

  Driburg 58. 119.

  Dringenberg 124.

  Duingen 87.

  Duinger Berg 18.

  Dünenlandschaft 12 (Abb. 8). 13 (Abb. 9).

  Durrbeke 22.

  Durilith 108.

  Dürre Holzminde 22.

  Dyas 7.


  Ebersberg 90.

  Ebersnacken 78.

  Egge-Gebirge 4. 5. 6 (Abb. 2). 11. 13. 20. 110. 119.

  Eibe 21 (Abb. 17). 28. 82.

  Eiche 31.

  Eichenberg 5.

  Eilsen 9. 93.

  Einbeck 8. 46 (Abb. 48). 47. (Abb. 49). 76.

  Einbeck-Markoldendorfer Becken 18.

  Einzelhof 43.

  Eisbergen 33. 34.

  Eiszeit (Vereisung) 12.

  Eißen 11.

  Elfas 5. 7. 18. 77.

  Else 26. 107.

  Elze 18. 89.

  Emmer 26. 82. 84. 94. 119.

  Emmertal 120. 121.

  Enger 39. 101 (Abb. 105). 115.

  Engern 57. 59.

  Erder 25. 99. 100.

  Eresburg 59.

  Erichsburg 76.

  Esch 43.

  Eschershausen 8. 57 (Abb. 62). 59. 86. 87.

  Espolde 76.

  Esse 72.

  Everstein 62. 82.

  Exten 32 (Abb. 29). 73 (Abb. 78). 100.

  Exter 26. 100.

  Externsteine 10. 110 (Abb. 113). 111 (Abb. 114). 116. 118.


  Fahrenberg 11.

  Falkenburg 116.

  Falkenhagen 17. 122.

  Feldrom 11.

  Fischbeck 99.

  Flurzwang 38.

  Forst, Domäne 24. 82.

  Forstbach 24. 77. 78.

  Forstkultur 30.

  Fort George 98.

  Fränkisches Haus 44.

  Fredelsloh 76.

  Freden 87.

  Freden, Großer 112.

  Friesat 55.

  Friewohle 76.

  Friller Tracht 55.

  Fulda 22. 37 (Abb. 36).

  Fürstenberg 49 (Abb. 52). 75. 79. 80.


  Gahrenberg 11. 73.

  Garnwindelstein 87.

  Gehöft s. Bauernhof.

  Gehrdener Berg 10.

  Geologie 5 ff.

  George, Fort 98.

  Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenverein 108.

  Georgsmarienhütte 7. 108.

  Germanen 56.

  Gertrudenberg 110.

  Geschichte 56 ff.

  Gesmold 26.

  Gewissenruh 44. 70.

  Glene 86. 88.

  Gohfeld-Mennighüffen 106.

  Gottestreu 70.

  Gottsbüren 74.

  Grevenalveshagen 92.

  Grohnde 82. 83.

  Große Blöße 75.

  Großer Hünenring 116.

  Großer Freden 112.

  Groß-Freden 18.

  Großer Sohl 88.

  Grotenburg 10. 15 (Abb. 12).

  Grubenhagen 76.

  Grubenhagener Berge 5.

  Grünenplan 11. 84. 89.


  Hageltürme 64.

  Hagen, Hoher 12. 44 (Abb. 45). 73.

  Hagenohsen 84.

  Hahlen 25. 36.

  Halle 50. 94 (Abb. 98). 112. 114.

  Hallermund 62. 90.

  Hamel, Fl. 26. 94.

  Hameler Loch 94.

  Hameln 8. 12. 25. 35. 58. 65 (Abb. 70) bis 68 (Abb. 73). 94. 98. 99.

  Hämelschenburg 67 (Abb. 72). 98.

  Hammerslust 8.

  Hannover, Prov. 62.

  Hardegsen 76.

  Harrl 9. 93. 94.

  Hartröhren 26.

  Hase 26. 106. 107.

  Hasselburg 18.

  Hastenbeck 84.

  Hausberge 25. 104.

  Hausformen 44.

  Hausindustrie 106.

  Hedemünden 24.

  Hehlen 56 (Abb. 61). 83.

  Heimberg 11.

  Heinrichshagen 78.

  Heisterberg 19.

  Heisterburg 58. 90.

  Helmarshausen 43 (Abb. 44). 72.

  Hemeln 70.

  Hemmendorf 92.

  Herbram 11.

  Herford 59. 62. 106. 115.

  Herlingsburg 58.

  Hermannsborn 15.

  Hermannsdenkmal 2 (Abb. 1). 15 (Abb. 12). 105 (Abb. 109).
    109 (Abb. 112). 116.

  Herrmannsberg 8.

  Herste 15.

  Herstelle 24. 59. 68. 72. 78.

  Hessendorf 44.

  Hessen-Nassau 62.

  Hessischer Typus 55.

  Hessisch-Oldendorf 57. 99.

  Hetha 80.

  Heuerlinge 36.

  Hildesheim (Bistum) 62.

  Hille 46.

  Hils 5. 10. 12. 13. 18. 20. 26. 84. 87. 88.

  Hilwartshausen 70.

  Hinterhang 96.

  Hochmoore 75.

  Hof s. Bauernhof.

  Hohenbüchen 88.

  Hohenstein 8. 79 (Abb. 82). 102.

  Hoher Asch 120.

  Hoher Hagen 12. 44 (Abb. 45). 73.

  Holter Sattel 16.

  Holzindustrie 35.

  Holzkohle 33.

  Holzminde 75. 78.

  Holzminden 18. 81.

  Holzmühle 90.

  Homburg, Geb. 5. 7. 18. 76. 77.

  Homburg, Ort 62.

  Hooptal 77.

  Horn 10. 110. 118.

  Höxter 18. 51 (Abb. 55). 62. 80. 81. 103.

  Höxtersches Höhenland 5. 79. 119.

  Huckberg 110.

  Hugenotten 42 (Abb. 42).

  Hüggel 7. 108. 112.

  Hülsede 78 (Abb. 81).

  Humme 26. 84. 94.

  Hünenburg 10. 112.

  Hünenring 116.

  Hunte 26.

  Hüssenberg 11.


  Ibbenbüren 62. 108. 112.

  Ibbenbürener Bergplatte 7.

  Iburg b. Driburg 58. 119.

  Iburg b. Osnabrück 10. 91. 92 (Abb. 95). 112. 114.

  Iburg, Paß von 112.

  Idistavisus 57. 102.

  Idtberg 11.

  Ilme 75. 76.

  Inseln 25.

  Ith 7. 8. 12. 13. 18. 20. 58 (Abb. 63). 84. 86.


  Jakobsberg 103.

  Jakobsklippe 103.

  Johannaberg 116.

  Johannisberg 112.

  Jura 8.


  Kahnstein 8. 12. 18. 87.

  Kaierde 11. 35.

  Kaiser Wilhelm-Denkmal 84 (Abb. 87). 104.

  Kali 75.

  Kalkriese 27 (Abb. 24).

  Kammersteine 87.

  Kämpe 28. 43.

  Karlsschanze 58.

  Karlssteine 108.

  Kathrinhagen 92.

  Kaufunger Wald 4.

  Kelten 56.

  Kemnade 83.

  Kiffing 68.

  Kirchohsen 84.

  Kleine Porta 100.

  Kleiner Deister 5. 90.

  Kleiner Hünenring 116.

  Klima 19 ff.

  Klümpse 74.

  Klus 9.

  Klüt 8. 98.

  Kohlenbergbau 75. 90. 91. 92.

  Kohlenbrennerei 34.

  Kohlenmeiler 22 (Abb. 18). 24 (Abb. 20 u. 21).

  Kohlensandstein 108.

  Kohlensäuresprudel 16 (Abb. 13).

  Köhlerhütte 23 (Abb. 19).

  Königstunde 39.

  Königszinne 55 (Abb. 60). 78.

  Köterberg 8. 16 (Abb. 14). 20. 120.

  Kralle 55.

  Krebshagen 92.

  Kreideformation 9.

  Krukenburg 43 (Abb. 44). 72.

  Külf 18.


  Lachsfang 96.

  Lage 120.

  Landgrafenküche 89.

  Lange Wand 77 (Abb. 80). 82 (Abb. 85).

  Laten 38.

  Lauenförde 35. 79.

  Lauenstein 60 (Abb. 65). 87.

  Leggen (Bleichen) 114.

  Leibzucht 41.

  Leine 7. 26. 75.

  Leinenweberei 114.

  Lemgo 8. 113 (Abb. 115) bis 117 (Abb. 117). 121. 122.

  Lemgoer Mark 8. 120.

  Lenne 26. 83. 86.

  Lewenhagen 73.

  Lias 8.

  Lichtheupte 116.

  Lindhorster Typus 55.

  Linnenbecke 29 (Abb. 26).

  Lippe 62.

  Lippische Porta 100.

  Lippischer Wald 12 (Abb. 8). 111. 116.

  Lippisches Hügelland 5. 119.

  Lippoldsberg 70.

  Lippoldshöhle 88.

  Löhne 100. 108.

  Lübbecke 58. 59. 103. 106. 107.

  Lügde 59. 119 (Abb. 119). 120. 121.

  Luhdener Klippe 8. 77 (Abb. 80). 82 (Abb. 85). 103.


  Malm 8.

  Margaretenklus 104.

  Marienmünster 122.

  Markloh 59.

  Markoldendorf 8.

  Marsberg 59.

  Mast 98.

  Meier 38.

  Meinberg 15. 121.

  Meinsen 33.

  Meißner 4.

  Melle 108.

  Minden 55. 58. 59. 62. 85 (Abb. 88). 86 (Abb. 89). 104. 106.

  Möllenbeck 77 (Abb. 80). 101.

  Mönchstein 8. 87.

  Moosberg 75. 76.

  Mörth 120. 122.

  Münden 5. 24. 35. 37 (Abb. 36) bis 39 (Abb. 39). 63 ff.

  Mündener Stapelrecht 66. 72.

  Münder 19. 101.

  Mushaus 76.


  Nammer Klippe 103.

  Nenndorf 19. 55. 91. 101.

  Nesselberg 9. 10 (Abb. 5 u. 6). 18. 89.

  Nethe 26. 78. 119. 120.

  Nethegau 4. 123. 124.

  Neuenheerse 119.

  Neuenkirchen 17.

  Niedersächsisch-Plattdeutsch 60.

  Niederscheden 26 (Abb. 23).

  Niederschlagsverhältnisse 20.

  Nieme 68. 70. 73.

  Nienover 76.

  Northeim 62.


  Obensburg 18. 58. 84. 89.

  Obernkirchen 9. 91. 92.

  Oeynhausen 17. 88 (Abb. 91). 100. 107.

  Ohr 84.

  Ohrberg 84. 98.

  Ohsen 25. 82.

  Oldenburg 122.

  Oldendorf, Hessisch- 57. 99.

  Örlinghausen 9. 110. 116.

  Ortschaften 43.

  Osnabrück 58. 59. 89 (Abb. 92). 90 (Abb. 93). 108.

  Osnabrückisches Hügelland 5.

  Osnegge 110.

  Osning 5. 11. 12. 13. 14 (Abb. 10). 108. 110. 112.

  Osterkappeln 107.

  Osterwald, Dorf 89.

  Osterwald, Geb. 5. 9. 10. 18. 89.

  Ostfalen 57.


  Paderborn 58. 59.

  Paderborn (Bistum) 62.

  Paderborner Hochfläche 5.

  Papenbrink 77 (Abb. 80). 103.

  Papin, Dionysius 67.

  Paschenburg 80 (Abb. 83). 102.

  Piesberg 7. 16. 17. 108. 112.

  Plattdeutsch 60.

  Polle 17. 54 (Abb. 58). 82.

  Poppenstein 8.

  Porta Westfalica (Westfälische Pforte) 5. 8. 12. 25. 57. 83 (Abb. 86).
    84 (Abb. 87). 100. 103. 104.

  Porta, Kleine oder Lippische 100.

  Pottaschegewinnung 33.

  Preußen 62.

  Pyrmont 7. 17. 62. 118 (Abb. 118). 119. 120. 121. 122.


  Rattenfängerhaus 66 (Abb. 71). 98.

  Ravensberg 62. 93 (Abb. 96 u. 97). 95 (Abb. 99). 112. 114.

  Ravensbergisches Hügelland 5

  Rehme 25. 107.

  Reihendörfer 44.

  Reinhardswald 4. 5. 11. 18. 31. 45 (Abb. 47). 63. 68. 73. 74.

  Remte 94.

  Reuberg 88.

  Rinteln 69 (Abb. 74) bis 71 (Abb. 76). 91. 99. 100.

  Roden 62.

  Rodenberg 91.

  Rodenberger Aue 26. 91.

  Rosenthal 102.

  Rotenstein 59 (Abb. 64). 87.

  Rottmünde 75.

  Rühle 82. 83.

  Rulle 58.


  Saale 86.

  Sababurg 11. 73.

  Sachsen 57.

  Sachsenlager 58. 116.

  Sächsisches Haus 45.

  Salzhemmendorf 87.

  Salzuflen 17. 120.

  Sandebeck 12.

  Sandsteine 81. 91.

  Sattelmeierhöfe 39. 25 (Abb. 22).

  Saukörnung 62 (Abb. 67).

  Saupark 9. 10 (Abb. 5 u. 6). 13. 18. 90.

  Schafberg 108. 112.

  Schalksburg 104.

  Schauenstein 92.

  Schaumburg 59. 62. 80 (Abb. 83). 102.

  Schaumburg, Grafschaft 99.

  Schaumburger Tracht 56.

  Schaumburg-Lippe 62.

  Schecken 18. 84.

  Scheckenpaß 89.

  Schede 68.

  Schieder 58. 59. 122.

  Schierlaken 55.

  Schildesche 115.

  Schledehausen 108.

  Schwalenberg 62. 120 (Abb. 120). 121 (Abb. 121). 122.

  Schwalenberger Wald 8. 120.

  Schwaney 11.

  Schwöbber 98.

  Schwülme 26. 68. 70. 74. 75.

  Selter 8. 13. 18. 87.

  Sieburg 72.

  Siedelungsformen 38.

  Skidroburg 122.

  Solling 4. 5. 7. 12. 18. 20. 31. 34. 43 (Abb. 44). 74. 75. 76. 81.

  Sollinger Wald 18.

  Sooldorf 19.

  Sparenberg 98 (Abb. 101). 114.

  Spiegelberg 62.

  Springe 9. 18. 35 62 (Abb. 67). 90.

  Stadthagen 10. 92.

  Stadtoldendorf 7. 76.

  Stapelrecht, Mündener 66. 72.

  Staufenberg 11. 73.

  Steinbergen 103.

  Steinbrüche 108.

  Steingräber 108.

  Steinmühle 54 (Abb. 59). 83.

  Steinsalz 75.

  Stemberg 10.

  Stemmer Berg 10.

  Sternberg 62. 122.

  Sternberger Höhen 120.

  Süntel 5. 7. 9. 13. 20. 26. 59. 65 (Abb. 70). 79 (Abb. 82). 91. 92.
    101. 107.

  Süntelbuche 78 (Abb. 81). 101.

  Süntelturm 101.


  Tabakfabrikation 106.

  Tanzwerder 67.

  Taubenberg 69 (Abb. 74). 100. 120.

  Tecklenburg 62. 91 (Abb. 94). 112. 114.

  Temperaturverhältnisse 19 ff.

  Tertiär 11.

  Teufelskanzel 102.

  Teufelsküche 87.

  Teutoburg 57. 116.

  Teutoburger Wald 4. 9. 11 (Abb. 7). 13 (Abb. 9). 14 (Abb. 10). 13. 20.
    57. 95 (Abb. 99). 110. 111.

  Theotmalli 116.

  Thüster Berg 18.

  Tillyschanze 63.

  Tönniesberg 103.

  Tönsberg 10. 116.

  Totenberg 73.

  Totental 102.

  Trachten s. Volkstrachten.

  Treidelschiffahrt 98.

  Trendelburg 45 (Abb. 46). 74.

  Trias 7.

  Twielbiäke 26.


  Uffeln 35.

  Uslar 76.


  Varenholz 75. 101.

  Varusschlacht 111.

  Veckerhagen 68.

  Velmerstot 110. 119.

  Vinsebeck 15.

  Vlotho 17. 72 (Abb. 77). 100.

  Vogler 5. 7. 18. 34. 77. 78. 82. 83. 86.

  Voldagsen 87.

  Volksen 31 (Abb. 28).

  Volkstrachten 33 (Abb. 30) bis 36 (Abb. 35). 54.

  Völmerstot s. Velmerstot.

  Volpriehausen 75. 76.


  Wackelstein 87.

  Wald 27 ff.

  Waldeck 122.

  Waldeck-Pyrmont 62.

  Wallücke 107. 108.

  Wangelist 98 (Abb. 73).

  Warburg 11.

  Warburger Börde 5. 7. 11. 119.

  Wealdenkohle 91. 104.

  Wehrden 79.

  Weibeck 102.

  Weinbau 103.

  Weißer Stein 89.

  Wendhagen 92.

  Weper 5.

  Werra 22.

  Werre 7. 26. 107. 115. 119.

  Wertheim 35.

  Werther 114.

  Weser 22 ff. 63 ff. 75. 100. 107.

  Wesergebirge 13. 19.

  Weserkette 9 (Abb. 4). 77 (Abb. 80). 82 (Abb. 85). 102.

  Wesermühlen-Aktiengesellschaft 68. 96.

  Weserstein 67.

  Westerberg 110.

  Westfalen 57. 62.

  Westfälische Pforte s. Porta Westfalica.

  Westfälisch-Plattdeutsch 60.

  Wickensen 77.

  Wiehengebirge 5. 16. 17 (Abb. 15). 20. 72 (Abb. 77). 87 (Abb. 90). 91.
    104. 107.

  Wiem 46.

  Wienke 123.

  Willebadessen 58.

  Windfedern 45.

  Winterberg 8.

  Wispe 86. 88.

  Wittekind 58. 108. 115.

  Wittekindsberg 57. 107.

  Wittekindsburg 58.

  Wittekinds Grabmal 101 (Abb. 105). 115.

  Wittekindskapelle 104.

  Wittekindsquelle 104.


  Zappenburg 73.

  Zelle, Bloße 11. 88.

  Ziegelei 122. 123.

  Zwieselbach 26.

[Illustration]

[Illustration: KARTE DES WESERBERGLANDES.]



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  | Anmerkungen zur Transkription                                  |
  |                                                                |
  | Inkonsistenzen wurden beibehalten, wenn beide Schreibweisen    |
  | gebräuchlich waren, wie:                                       |
  |                                                                |
  | Amthaus -- Amtshaus                                            |
  | Ansiedelung -- Ansiedlung                                      |
  | Domes -- Doms                                                  |
  | Egge-Gebirge -- Eggegebirge                                    |
  | Eisenbahn-Knotenpunkt -- Eisenbahnknotenpunkt                  |
  | Gebietes -- Gebiets                                            |
  | Gesteines -- Gesteins                                          |
  | Linnenbecke -- Linnenbeke                                      |
  | Neocom -- Neokom                                               |
  | Osning-Achse -- Osningachse                                    |
  | Umschlagplätzen -- Umschlagsplatz                              |
  | Weser-Mühlen-Aktien-Gesellschaft                               |
  |     -- Wesermühlen-Aktiengesellschaft                          |
  | Wesergebietes -- Wesergebiets                                  |
  |                                                                |
  | Interpunktion wurde ohne Erwähnung korrigiert.                 |
  | Im Text wurden folgende Änderungen vorgenommen:                |
  |                                                                |
  | S. 8 »Mönchsstein« in »Mönchstein« geändert.                   |
  | S. 20 »unserm« in »unserem« geändert.                          |
  | S. 26 »Neihe« in »Nethe« geändert.                             |
  | S. 42 »auf dem Familiennamen« in »auf den Familiennamen«       |
  |       geändert.                                                |
  | S. 47 »Baulüberlieferungen« in »Bauüberlieferungen« geändert.  |
  | S. 54 »ausstorben« in »ausgestorben« geändert.                 |
  | S. 59 »selbstständig« in » selbständig« geändert.              |
  | S. 60 »gewesen sein« in »gewesen zu sein« geändert.            |
  | S. 84 »Seite 18« in »auf Seite 18« geändert.                   |
  | S. 86 »Tagesbau« in »Tagebau« geändert.                        |
  | S. 94 »Bückeburges Schlosses« in »Bückeburger Schlosses«       |
  |       geändert.                                                |
  | S. 100 »Durchbruchtal« in »Durchbruchstal« geändert.           |
  | S. 108 »Kohlesandstein« in »Kohlensandstein« geändert.         |
  | S. 112 »Rava« in »Ravenna« geändert.                           |
  | S. 130 »Mönchsstein« in »Mönchstein« geändert.                 |
  | S. 130 »Rosental« in »Rosenthal« geändert.                     |
  | S. 131 »Walllücke« in »Wallücke« geändert.                     |
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