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Title: Durch Massailand zur Nilquelle
Author: Baumann, Oscar
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Durch Massailand zur Nilquelle" ***

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NILQUELLE ***



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                          Dr. Oscar Baumann.

                           Durch Massailand
                            zur Nilquelle.


[Illustration: TAFEL I. MASSAI-WEIB]



                                Durch

                      Massailand zur Nilquelle.


             Reisen und Forschungen der Massai-Expedition

                  des deutschen Antisklaverei-Komite
                       in den Jahren 1891-1893.

                                 Von

                          Dr. Oscar Baumann.


                           386 Seiten Text

   mit 27 Vollbildern und 140 Text-Illustrationen in Heliogravüre,
     Lichtdruck und Autotypie nach Photographien und Skizzen des
        Verfassers von •Rud. Bacher• und •Ludwig Hans Fischer•
     in Wien und einer Originalkarte in 1:1,500,000 reducirt von
                       •Dr. Bruno Hassenstein•.


                             BERLIN 1894.

            Geographische Verlagshandlung DIETRICH REIMER
                      Inh.: •=HOEFER & VOHSEN=•.



        Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen und der
                    Vervielfältigung vorbehalten.



                             DEM ANDENKEN

                                  AN

                         $John Hanning Speke$

                                                              GEWIDMET

                                                        vom VERFASSER.



VORWORT.


Die Expedition, deren Ergebnisse nachfolgend veröffentlicht werden,
wurde vom Deutschen Antisklaverei-Komite ausgerüstet, unter namhafter
Betheiligung der Eisenbahn-Gesellschaft für Deutsch-Ostafrika und der
Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, welch' letztere die Anregung
zu dem Unternehmen gab.

Meine Aufgabe lag in der geographischen und wirthschaftlichen
Erforschung der weiten, unbekannten Striche, die sich noch im Norden
der deutschen Interessensphäre ausdehnten. Unter Vermeidung aller
Karawanenstrassen wandte ich mich daher vorzugsweise Gebieten zu, die
vorher noch kein Europäer betreten. Der Schwerpunkt meiner Arbeiten
lag auch diesmal in der kartographischen Aufnahme der durchreisten
Länder. Deren Ergebnisse bleiben einer besonderen Publikation in
grösserem Maassstabe vorbehalten, erscheinen jedoch in der dem
Buche beigegebenen Uebersichtskarte bereits in den Hauptzügen
erkennbar. Als einziger Europäer hatte ich auch die ganze Last des
Expeditionsdienstes zu tragen. Dieser Umstand, sowie die Raschheit
mit der meine Reise ausgeführt wurde, möge als Entschuldigung
dienen, wenn der wissenschaftliche Theil dieses Buches nicht jene
Gründlichkeit besitzt, die ich selbst am meisten gewünscht hätte.
Besonders in ethnologischen Fragen war ich meist auf Erkundigungen
bei Eingeborenen angewiesen, die ich durch Befragen mehrerer Personen
zu berichtigen suchte. Immerhin mögen dabei Irrthümer unterlaufen
sein, deren Aufklärung ich meinen Nachfolgern überlasse. Wenn ich
es trotz des fragmentarischen Charakters meines Materials versucht
habe im II. Theil dieser Veröffentlichung ein allgemeines Bild der
durchreisten Länder zu entwerfen, so geschah dies keineswegs in der
Absicht, eine Monographie dieser weiten Gebiete zu schreiben. Dazu
fehlt noch so gut wie Alles. Diese Anordnung des Stoffes schien
mir nur wünschenswerth, da sie allein dem Fachmann eine leichte
Uebersicht in der täglich anwachsenden Literatur gestattet.

Es erübrigt mir noch Jenen meinen Dank auszusprechen, die meinem
Unternehmen ihre Förderung angedeihen liessen. Es sind dies die
Körperschaften, welchen ich die Mittel zu demselben verdanke, vor
Allem das Deutsche Antisklaverei-Komite, unter dem Vorsitze Sr.
=Durchlaucht des Fürsten Wilhelm zu Wied=, das mir nicht nur während
meiner Thätigkeit in Afrika volles Entgegenkommen bewies, sondern
auch in liberaler Weise die Mittel zur Herausgabe dieses Reisewerkes
bewilligte. Dadurch wurde es der Verlagsanstalt =Dietrich Reimer=,
unter der bewährten Leitung meines verehrten Freundes Consul
=Vohsen=, möglich, der Publikation die Ausstattung zu geben, in
welcher sie heute an die Oeffentlichkeit gelangt. An dieser Stelle
dürfen die Herren Maler =Rudolf Bacher= und =Ludwig Hans Fischer=
in Wien nicht unerwähnt bleiben, die nach meinen Photographien und
Zeichnungen naturwahre und dabei künstlerisch schöne Illustrationen
entwarfen.

Mit herzlichen Grüssen gedenke ich auch der Freunde in Ostafrika,
aller jener zahlreichen Europäer, seien es Deutsche, Engländer oder
Franzosen, seien es Gouvernementsbeamte, Kaufleute oder Missionare,
die meiner Expedition liebenswürdige Gastlichkeit und kräftige
Unterstützung zu Theil werden liessen. Möge ihnen ein frohes Wirken
im sonnigen Tropenlande beschieden sein!

Bei wissenschaftlichen Fachleuten fand ich freundliches
Entgegenkommen, vor Allem bei jenen ausgezeichneten Gelehrten, deren
Arbeiten im Anhang zur Veröffentlichung kommen, sowie bei Dr. =Bruno
Hassenstein=, der die Herstellung der Uebersichtskarte leitete.

Zuletzt sei es mir gestattet, jene zu erwähnen, die durch Wochen
und Monate meine einzigen Gefährten waren: die schwarzen Soldaten
und Träger der Massai-Expedition. Diese pflegen an ähnlicher Stelle
meist mit vornehmem Stillschweigen übergangen zu werden. Jedoch mit
Unrecht. Denn der Forschungsdrang und wie alle die Triebe heissen
mögen, welche den Europäer in schweren Stunden aufrecht erhalten, sie
fehlen seinen farbigen Begleitern. Und doch ist es ihre Treue, ihr
Gehorsam, ihr Heldenmuth vor dem Feinde und ihre unvergleichliche
Zähigkeit im Ertragen aller Mühsale allein, die es ihm möglich
machen, in Afrika Erfolge zu erringen.

Wien, am Weihnachtsabend 1893.

                                                     Dr. Oscar Baumann



Inhalts-Verzeichniss.


I. THEIL.
                                                                 Seite
     I.  Kapitel. =Von Tanga nach Aruscha.=

         Die Massai-Expedition. Reisevorbereitungen.
         Anwerbung der Mannschaft. Die Spitzen der Karawane.
         Aufbruch von Tanga. Ein Tag aus dem Karawanenleben.
         Unruhen im Wadigo-Land. Durch die Umba Nyika.
         Kisuani. Aruscha.                                        1-17

    II.  Kapitel. =Durch Massai-Land zum Victoria-Nyansa.=

         Die östliche Massai-Steppe. Umbugwe. Der
         Manyara-See. Das Mutyek-Plateau. Ngorongoro. Der
         Eyassi-See. Serengeti. Ikoma. Katoto.                   18-41

   III.  Kapitel. =Im östlichen Nyansa-Gebiet.=

         Katoto und Mwansa. Ukerewe. Ukara. Der Baumann-Golf.
         Gefechte in Mugango. Die Schaschi-Länder. Ngoroïne.
         Ikoma. Kämpfe in Ututwa. Ntussu. Meatu. Munyi
         Hemedis Niederlassung. Zur Nynrasa-Steppe. Der
         Salzfluss Simbiti. Die Elephantenjäger. Die Weiber
         der Karawane. Usmau und Usukuma. Mwansa.                42-67

    IV.  Kapitel. =Vom Victoria-See zum Tanganyika.=

         Durch Usinja. Ussui. Kassussura's Residenz. Uyogoma.
         An der Nil-Fähre. Urundi. Freudenfeste der Warundi.
         Der Akanyaru. Ruanda. Raserei der Warundi. Gefecht
         mit Watussi. An der Nilquelle. Uebersteigung der
         Missosi ya Mwesi (Mondberge). Am Tanganyika.            68-92

     V.  Kapitel. =Vom Tanganyika nach Irangi.=

         Das Lager der Sklavenhändler. Kämpfe mit Watussi.
         Die südlichsten Nilzuflüsse. Baumdörfer am
         Mlagarassi. Im Waldland Uha. Kirambo. Die Mission
         Urambo. Tabora. Erstürmung von Tambarale. Sunguisi.
         Die Wembere-Steppe und Usure. Turu. Ussandaui.
         Irangi.                                                93-113

    VI.  Kapitel. =Von Irangi nach Pangani.=

         Aufenthalt in Irangi. Uassi. Ufiomi und die Wafiomi.
         Wieder in Umbugwe. Iraku und die Höhlenbewohner.
         Meri. Mangati und der Gurui-Berg. Die Massai-Steppe.
         Unguu. Ankunft an der Küste.                          114-129


II. THEIL.

   VII.  Kapitel. =Zur physischen Erdkunde der erforschten
         Gebiete.=

         Allgemeine Uebersicht. Das abflusslose Gebiet. Der
         Kilimanjaro-Graben. Der grosse ostafrikanische
         Graben. Der Wembere-Graben. Das Granitplateau von
         Unyamwesi. Der Victoria-Nyansa. Die Quelle des Nil
         und das Mondgebirge. Das centralafrikanische
         Schiefergebirge und der centrale Graben.              133-155

  VIII.  Kapitel. =Die Völker des abflusslosen Gebietes.=

         Die Massai. Die Wandorobo. Die Wataturu. Die
         Wafiomi. Die Wambugwe. Die Wanyaturu. Die
         Wassandaui. Wanderungen der Stämme.                   156-195

    IX.  Kapitel. =Die Völker der Nilquell-Gebiete.=

         Die Waschaschi. Die Watussi. Die Wasinja. Die
         Warundi. Die Wanyamwesi.                              196-239

     X.  Kapitel. =Der wirthschaftliche Werth des Landes.=

         Der Karawanen-Handel. Die Massai-Karawanen. Der
         Tabora-Handel. Die Manyema-Araber. Rohprodukte des
         Landes. Anbaufähigkeit des Gebietes.
         Bevölkerungsdichtigkeit. Kulturpflanzen. Viehzucht.
         Import. Eingeborene und fremde Einwanderung.
         Ostafrikanische Eisenbahnen.                          240-261


ANHANG.

     I.  =Ueber Gesteine aus Deutsch-Ostafrika= von Dr. =Hans
         Lenk= (Leipzig)                                       263-294

    II.  =Kulturpflanzen=, gesammelt von Dr. O. Baumann. Von
         Dr. =F. Körnicke= (Bonn)                              295-296

   III.  =Ueber die Molluskenfauna Centralafrikas= von Dr.
         =Rudolf Sturany= (Wien)                               297-298

           I. Formen aus dem Tanganyika-See                    298-303

          II. Zur Fauna des Nilquellgebietes und hauptsächlich
              des Victoria-Sees                                303-309

         III. Ueber die Fauna des Manyara-Sees                 309-311

          IV. Landschnecken                                    311-314

         Uebersicht der von Dr. Baumann gesammelten Mollusken  314-315

         Verzeichniss der benutzten einschlägigen Literatur    315-322

         Figuren-Erklärung zu Taf. XXIV und XXV                   322

    IV.  =Ueber Insekten aus Deutsch-Ostafrika.=

         =Lepidopteren= von =H. Rebel= und =A. Rogenhofer=     323-341
         (Wien)

         =Coleoptera= von Custos =Gangelbauer= (Wien)          341-348

         =Orthoptera= von Hofrath =Brunner von Wattenwyl=      348-349
         (Wien)

         =Hymenoptera= von =Franz Kohl=                            350

         =Rhynchota= von =Anton Handlirsch=                        350

         =Diptera= von Professor =Friedrich Brauer=                350

     V.  =Das Watussi-Rind= von =Dr. Leopold Adametz=          351-359
         (Krakau)

    VI.  =Untersuchung von acht Schädeln= von =Prof. Dr.       360-362
         Zuckerkandl= (Wien)

   VII.  =Sprachproben= von =Dr. O. Baumann=                   363-369

  VIII.  =Mannschaft der Massai-Expedition=                    370-377

         =Index=                                               378-385



Verzeichniss der Text-Illustrationen.


                                                                 Seite

  Die Spitze der Karawane. Gez. von R. Bacher                        1

  Dr. Oscar Baumann. Photogr. von Dr. Reinhardt in Sansibar          6

  Lagerscene. Photogr. des Verf.                                    17

  Temben in Umbugwe. Nach Skizze des Verf. gez.
  von L. H. Fischer                                                 18

  Junger Mann aus Umbugwe. Photogr. des Verf.                       22

  Der Manyara-See vom Mutyek-Plateau. Nach Skizze des Verf.
  gez. von L. H. Fischer                                            29

  Massai-Kraal. Nach Photogr. des Verf. gez. von L. H. Fischer      32

  Zusammentreffen mit Waschaschi. Nach Photogr. des Verf. gez.
  von R. Bacher                                                     37

  Waschaschi-Dorf in Usenye. Nach Skizze des Verf. gez. von R.
  Bacher                                                            39

  Angel für Welse der Waschaschi                                    40

  Kanu am Victoria-Nyansa. Photogr. von Graf von Schweinitz         41

  Lager in Katoto. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer     42

  Ruderblatt, Ukerewe                                               44

  Ukara. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer               48

  Hütten und Futterschober der Wakara. Nach Skizze des Verf.
  gez. von L. H. Fischer                                            49

  Irera-Insel und Baumann-Golf. Nach Skizze des Verf. gez. von
  L. H. Fischer                                                     51

  Dorf der Waschaschi. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                           55

  Saiteninstrument der Wangoroïne                                   57

  Krieger aus Usukuma. Nach Photogr. der Verf. gez. von R.
  Bacher                                                            60

  Munyi Hemedi's Niederlassung in Meatu. Nach Skizze des Verf.
  gez. L. H. Fischer                                                62

  Feldbeil, Usukuma                                                 66

  Weiber der Karawane. Photogr. des Verf.                           67

  Gruss der Nyansa-Völker. Nach Photogr. von Graf von
  Schweinitz gez. von R. Bacher                                     68

  Dorf der Wasinja. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                           71

  Hackenklinge, Usinja                                              72

  Wassui. Photogr. des Verf.                                        74

  Armring der Warundi                                               77

  Warundi-Weiber. Nach Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher        80

  Landschaft in Nord-Urundi. Nach Skizze des Verf. gez. L. H.
  Fischer                                                           82

  Watussi-Rind. Nach Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher          85

  Wuruhukiro und der Ganso Kulu. Nach Skizze des Verf. von L.
  H. Fischer                                                        89

  Warundi vom Tanganyika. Photogr. des Verf.                        92

  Ussure. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer              93

  Mhogo hadim Kivunja. Photogr. von Dr. Szekely                     95

  Kiyonzo. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer             98

  Waha. Photogr. des Verf.                                         100

  Mission Kilimani-Urambo. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                          103

  Itandulu. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer           109

  Mann aus Turu. Nach Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher        110

  Mann aus Ussandaui. Photogr. des Verf.                           112

  Mtoro's Dorf. Ussandaui. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                          113

  Wataturu Sagiro's. Photogr. des Verf.                            114

  Ufiomi. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer             116

  Weib aus Ufiomi. Photogr. des Verf.                              117

  Landschaft in Iraku. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                          116

  Iraku-Leute. Nach Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher          120

  Pangani                                                          129

  Felsterassen des Plateaus von Nyakahama in Ost-Ussui. Nach
  Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer                          116

  Granitfelsen in Usukuma. Photogr. von Kapt. Spring               155

  Massai-Knabe. Nach Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher         156

  Pfeil zum Aderlassen der Rinder, Massai                          161

  Bogen der Wandorobo                                              167

  Wataturu-Mann aus Mangati. Nach Photogr. des Verf. gez. von
  R. Bacher                                                        170

  Alte Speerformen der Wataturu                                    172

  Schematischer Durchschnitt der Wafiomi-Erdhöhlen                 176

  Topf der Wafiomi                                                 178

  Milchgefäss der Wafiomi                                          178

  Klapper, Wafiomi                                                 178

  Wambugwe-Häuptling Mbi. Photogr. des Verf.                       181

  Tembe der Warangi. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H.
  Fischer                                                          184

  Hacke der Wambugwe                                               185

  Kalebassen-Ornamente der Wambugwe                                185

  Speer der Warangi                                                186

  Steinschleuder der Wambugwe                                      186

  Wanyaturu-Ehepaar. Photogr. des Verf.                            186

  Pfeilspitze, Wanyaturu                                           190

  Hacke mit Holzklinge der Wanyaturu                               190

  Saiteninstrument der Wanyaturu                                   190

  Bogen, Speer und Pfeilspitze der Wassandaui                      192

  Iraku-Leute. Photogr. des Verf.                                  195

  Mann aus Ussui. Photogr. des Verf.                               196

  Rückenkratzer und Fingerring der Waschaschi                      198

  Fingerring der Waschaschi                                        198

  Tabakspfeife der Wangoroïne                                      199

  Grundriss eines Weilers der Waschaschi                           199

  Schnupftabaksdose der Wangoroïne                                 199

  Flusspferdharpune der Waschaschi                                 199

  Dorfamulett, Waschaschi                                          201

  Stockschild, Waschaschi                                          201

  Lederkratzer, Waschaschi                                         201

  Hacke mit Holzklinge, Wakara                                     201

  Hacke, Ngoroïne                                                  201

  Kopfpolster, Waschaschi                                          201

  Schlagschild, Ngoroïne                                           201

  Trommel der Wakara                                               202

  Saiten-Instrument, Waschaschi                                    202

  Speer der Wangoroïne                                             203

  Milchgefäss aus Holz, Watussi                                    207

  Geräth zum Aushöhlen der Milchgefässe, Watussi                   207

  Krieger aus Ukerewe. Nach Photogr. des Verf. gez. von R.
  Bacher                                                           208

  Gefäss mit Sand zum Zahnreinigen der Wakerewe                    210

  Pfeilspitzen, Usinja                                             212

  Sichel, Ukerewe                                                  212

  Sichel der Wasinja                                               212

  Trinkkalebasse der Wakerewe                                      212

  Korbflasche der Wakerewe                                         212

  Speere der Wassui                                                213

  Topf der Watwa (Urundi)                                          213

  Holzfigur des verstorbenen Häuptlings, Ukerewe                   213

  Paradebeil der Wasinja                                           213

  Schild aus Ambatschholz, Ukerewe                                 213

  Köcher der Wassui                                                213

  Watwa-Dorf, Urundi                                               214

  Haartrachten der Warundi                                         216

  Zeug-Ornamente der Warundi                                       217

  Halsschmuck der Warundi                                          218

  Grundriss einer Hütte der Warundi                                218

  Sichel, Urundi                                                   219

  Hackenklinge, Urundi                                             219

  Topf, Ruanda                                                     219

  Speerspitze der Warundi                                          220

  Pfeilspitze, Warundi                                             220

  Hammer zum Fertigen von Rindenzeug, Urundi                       220

  Schild, Ruanda                                                   220

  Schwert, Ruanda                                                  220

  Schwert der Warundi vom Tanganyika                               220

  Pfeilbehälter der Warundi                                        220

  Topf der Warundi                                                 221

  Klapper der Zauberdoktoren der Warundi                           222

  Zaubergeräth, Warundi                                            222

  Wohnhütte mit Umgebung der Waha. Nach Skizze des Verf. gez.
  von L. H. Fischer                                                225

  Puppe der Waha                                                   226

  Speer der Waha                                                   226

  Trommel der Waha                                                 226

  Rindenzeughammer, Uha                                            226

  Wohnhütte mit Umgebung der Wanyamwesi in Urambo. Nach Skizze
  des Verf. gez. von L. H. Fischer                                 229

  Feldbeil der Wanyamwesi                                          231

  Köcher aus Urambo                                                233

  Elephantenjagdspeer, Wasukuma                                    233

  Korbnadel, Wasukuma                                              233

  Speer, Usukuma                                                   233

  Speerform der Wanyamwesi                                         233

  Puppe aus Lehm, Wasukuma                                         235

  Amulettfigur der Wasukuma                                        236

  Hüttenamulett der Wasukuma                                       236

  Schädel des Watussi-Rindes                                       239

  Tabora. Nach Skizze des Verf. gez. von L. H. Fischer             240

  Schluss-Vignette (Eisenbahn)                                     260

  Schädel des Watussi-Rindes, Seitenansicht                        354

  Schädel des Watussi-Rindes, Vorderansicht                        355



Verzeichniss der Vollbilder.


        Tafel                                                    Seite

           I.  Massaiweib. Nach Photogr. des Verf.
               gez. von R. Bacher. Heliogravüre              Titelbild

          II.  Lager am Sogonoi-Berg. Nach Skizze des
               Verf. gez. von Ludw. Hans Fischer                     8

         III.  Manyara-See und Simangori-Berg. Nach
               Skizze des Verf. gez. von Ludw. Hans
               Fischer                                              16

          IV.  Wambugwe-Krieger. Nach Photogr. des
               Verf. gez. von R. Bacher. Heliogravüre               24

           V.  Hungernder Massai. Nach Photogr. des
               Verf. gez. von R. Bacher. Heliogravüre               32

          VI.  Station Mwansa am Victoria-See. Nach
               Skizze des Verf. gez. von Ludw. Hans
               Fischer                                              40

         VII.  Felsdorf in Uaschi. Nach Skizze des
               Verf. gez. von Ludw. Hans Fischer                    40

        VIII.  Wasukuma-Weib. Nach Photogr. des Verf.
               gez. von R. Bacher                                   64

          IX.  Uebergang über den Kagera. Nach Skizze
               des Verf. gez. von Ludw. Hans Fischer                80

           X.  Missosi ya Mwesi und die Nilquelle.
               Nach Skizze des Verf. gez. von Ludw.
               Hans Fischer                                         88

          XI.  Tanganyika von Usige. Nach Skizze des
               Verf. gez. von Ludw. Hans Fischer                    96

         XII.  Pfahldorf am Mlagarassi. Nach Skizze
               des Verf. gez. von Ludw. Hans Fischer               104

        XIII.  Wanyaturu-Stockkämpfer. Nach Photogr.
               des Verf. gez. von R. Bacher.
               Heliogravüre                                        112

         XIV.  Wataturu aus Mangati. Nach Photogr.
               des Verf. gez. von R. Bacher.
               Heliogravüre                                        120

          XV.  Massai-Krieger aus Mutyek. Nach
               Photogr. des Verf. gez. von R. Bacher.
               Heliogravüre                    Titelbild zum II. Theil

         XVI.  Ausblick von Meri gegen Nord. Nach
               Skizze des Verf. gez. von Ludw. Hans
               Fischer                                             136

        XVII.  Mangati und der Gurui-Berg. Nach
               Skizze des Verf. gez. von Ludw. Hans
               Fischer                                             144

       XVIII.  »Iraku-Leute« und »Wafiomi«,
               Heliogravüre nach Photogr. des Verf.                168

         XIX.  Unterirdische Wohnstätten, Iraku. Nach
               Skizze des Verf. gez. von Ludw. Hans
               Fischer                                             176

          XX.  Hirt aus Ufiomi. Nach Photogr. des
               Verf. gez. von R. Bacher. Heliogravüre              184

         XXI.  Leute aus Iraku. Nach Photogr. des
               Verf. gez. von R. Bacher. Heliogravüre              192

        XXII.  Ornamente auf Körben der Wakerewe                   208

        XXIV.  Watussi. Nach Photogr. des Verf. gez.
               von R. Bacher                                       224

        XXIV.  Mollusken, Lichtdruck                               305

         XXV.      "          "                                    320

        XXVI.  Schädel,       "                                    360

       XXVII.      "          "                                    360



Karten.


Karte des Forschungsgebietes der Massai-Expedition des Deutschen
Antisklaverei-Komite. Nach den Original-Aufnahmen von Dr. Oscar
Baumann, reducirt von Dr. Bruno Hassenstein 1:1,500,000.

Kartons: Geologische Uebersichtskarte 1:4,000,000.
         Ethnologische Uebersichtskarte 1:5,000,000.

Schematisches Profil der Victoria-See-Bahn, 1:400,000, fünffach
überhöht Seite 256.



I. THEIL.



I. KAPITEL.

Von Tanga nach Aruscha.

Die Massai-Expedition. -- Reisevorbereitungen. -- Anwerbung der
Mannschaft. -- Die Spitzen der Karawane. -- Aufbruch von Tanga. --
Ein Tag aus dem Karawanenleben. -- Unruhen im Wadigo-Land. -- Durch
die Umba. Nyika. -- Kisuani. -- Aruscha.


[Illustration: Fahnenträger]

Am 16. November 1891 langte ich mit dem deutschen Postdampfer in
Tanga, Deutsch-Ostafrika, an. Vor meinen Blicken erhob sich die
üppige Tanga-Insel aus der tiefblauen Fluth, dahinter lugten auf
hoher Uferrampe die braunen Hütten des Städtchens zwischen schlanken
Kokospalmen hervor und tauchte der breite Bau des Forts auf, wie ein
weisser Klecks in der Landschaft erscheinend. Im Hintergrunde ragten
die bläulichen Berge Usambára's; alte liebe Bekannte. Betrat ich doch
nicht als Fremdling den Boden Afrikas, war es doch das vierte Mal,
dass ich mein Glück im dunklen Welttheil versuchte.

Einmal hatte ich Westafrika befahren und den Riesenstrom des Kongo
bis in's Herz des Kontinents, bis Stanley-Falls, verfolgt, zwei
Mal hatte ich in Ost-Afrika der Erforschung Usambára's und der
Länder bis zum Kilimanjaro mich gewidmet. Diesmal freilich stand
eine grössere Aufgabe vor mir, galt es doch die weiten gänzlich
unerforschten Massai-Gebiete zwischen Kilimanjaro und Victoria-Nyansa
zu durchziehen, welche nach den spärlichen Berichten als wasserarme,
von feindlichen Stämmen durchstreifte Wüsten dargestellt wurden.
Da mir jedoch die Haupterfordernisse des Reisenden: Kenntniss der
Sprache und Kenntniss des Landes zu Gebote standen, so blickte
ich mit Vertrauen in die Zukunft. Die Weltsprache Ostafrikas, das
Kiswahíli, spreche ich völlig fliessend und afrikanische Erfahrung
besass ich zur Genüge; so fehlten nur sorgfältige Ausrüstung und
tüchtige Mannschaft, um das Gelingen des Unternehmens -- die Gunst
des Schicksals vorausgesetzt -- wahrscheinlich zu machen.

Was die Ausrüstung anbelangt, so kann ich mich nicht zur Ansicht
Jener bekennen, welche behaupten, in Ostafrika bekomme man »Alles«.
Allerdings man bekommt mehr oder weniger Alles, aber schlecht und
theuer, so dass ein Reisender, der sich in Europa ausrüstet, selbst
wenn er das Vorzüglichste wählt, immer noch billiger wegkommt. Ein
Zelt wie das von Benjamin Edgington in London, welches mir während
zwei Reisen Obdach gewährte, ein Feldbett, Feldtisch, Feldstuhl
und Blechkoffer wie die von Silver in London, gehören nicht zu dem
»Alles«, welches man in Ostafrika erhält.

Selbst die Provisionen, die man noch am ehesten an Ort und Stelle
beziehen kann, zog ich vor, aus Europa mitzunehmen, da eine
sorgfältige, gegen alle Fälle gesicherte Verpackung draussen kaum
durchführbar ist. Die Firma Wilhelm Richers in Hamburg lieferte sie
mir in durchwegs vorzüglicher Qualität und zu sehr mässigen Preisen.
Dieselben wurden genau nach meiner Angabe in längliche Holzkisten
verpackt, deren jede ungefähr dasselbe enthielt, so dass der Verlust
einer Kiste keinen unersetzlichen Schaden verursacht hätte. Alle
hatten einen verlötheten Blecheinsatz, der erst geöffnet wurde,
wenn die Kiste in Verwendung kam und den wohlverstauten Inhalt vor
Verderben schützte.

So wurden denn alle die Kisten und Ballen der Expedition in
Tanga ausgeladen, daneben auch drei Kameele, die ich für etwaige
Wüstenwanderungen aus Aden mitgenommen und welche ihre Treiber,
braune untersetzte Araber aus Yemen, mit grosser Sorgfalt
unterbrachten. Auch 15 kohlschwarze Sudanesensoldaten, die ich
in Massaua angeworben, fanden ein vorübergehendes Heim in einer
Negerhütte, während mir selbst in den wohlbekannten Räumen des
Usagarahauses gastliche Aufnahme geboten wurde.

Noch am Abend meiner Ankunft stellten sich schwarze Freunde, meist
Getreue von meinen früheren Reisen ein, darunter auch der brave
Kihara wadi Mwamba, der 1888 die schweren Stunden der Gefangenschaft
bei Buschiri mit Dr. Meyer und mir durchgemacht. Alle erfuhren von
meinen neuen Plänen und erklärten sich unbedenklich bereit, bei der
Massai-Expedition wieder einzutreten. Auch meine treue Reisegefährtin
von der Usambára-Fahrt, die Halbaraberin Ranïe binti Abedi, meist
»Kibibi« genannt, liess nicht lange auf sich warten.

Nachdem ich mich noch einige Tage in Tanga aufgehalten und dem
späteren Engagement der Mannschaften vorgearbeitet, begab ich mich
nach Sansibar, um ein wichtiges Geschäft, den Ankauf der Tauschwaaren
zu besorgen. Während mehrerer Tage durchschlenderte ich mit Sapojee,
dem gewandten Parsi der Ostafrikanischen Gesellschaft, die Bazars,
um »Merikani« und »Kaniki«, »Mishanga kuta« und »Mutinarok«, alle
die verschiedenen Baumwollstoffe, Glasperlen und sonstigen Artikel
anzukaufen, welche im Innern Afrika's das Geld ersetzen. In Sansibar
traf ich auch einen Landsmann aus Transleithanien, den ungarischen
Sportsman Herrn =von Inkey=, der eben auf einer Jagdexkursion
begriffen war und mich bat, die Expedition bis zum Kilimanjaro
begleiten zu dürfen, was ich ihm gerne zugestand.

Bald jedoch kehrte ich wieder nach Tanga zurück, harrte doch meiner
eine wichtige Aufgabe, ja die wichtigste, welche meiner Ansicht
nach ein Expeditionsführer in Afrika zu lösen hat: die Anwerbung der
Mannschaft. Es ist allerdings in Ostafrika die Möglichkeit geboten
sich die Sache bequem zu machen: man braucht nur mit einem indischen
Agenten einen Trägervertrag zu schliessen, in welchem sich derselbe
verpflichtet, die Mannschaften bis zu einem gewissen Tage zu stellen.
Dann kann man die Zwischenzeit bequem im Lehnstuhl verträumen, in
der Ueberzeugung, am bestimmten Tage seine Leute bereit zu finden.
Dieser Vorgang scheint ungemein einfach und wurde auch thatsächlich
bis in die neueste Zeit von Gouvernements-Expeditionen sowie von
Privaten eingeschlagen. Dabei war es fast ausschliesslich der
indische Kaufmann Sewah Haji, der mit den Aufträgen der Europäer
beehrt wurde. Dieser ist nicht etwa ein indischer Grosshändler im
Stile Sir Taria Topan's, dessen Handelsbeziehungen bis ins Herz des
Kontinents reichen und der die bedeutendsten Araber wie Tippo-Tip
als seine Agenten bezeichnen kann, sondern er hat eigentliche
kaufmännische Geschäfte fast ganz aufgegeben. Seine Firma ist jetzt
ein Dienstvermittelungs-Bureau in grossem Stile, er ist Träger-
und Arbeiter-Agent, d. i. ein Mann, der durch die Unerfahrenheit
und Bequemlichkeit der Europäer und den Unverstand der Afrikaner
Reichthümer sammelt. Diese gestatten es ihm, zeitweise Reisen nach
Europa zu unternehmen, wo er von Jenen, die ihm ihr Geld in den
Rachen geworfen, zum Frühstück eingeladen wird.

Für Alle, für Deutsche, Engländer, Franzosen und für den Kongostaat
wirbt Sewah Haji Träger an. Aber er lässt sich auch dafür bezahlen.
Während er selbst dem Küstenmann höchstens 10 Rps. pro Monat, dem
Mnyamwesi und Msángo gar nur einige Ellen Baumwollstoff giebt, muss
der Europäer 15-20 Rps. monatlich bezahlen! Durch kleine Beträge, die
Sewah den Schwarzen in ihrer arbeitsfreien Zeit vorschiesst und dann
wucherisch verzinst, weiss er sich stets Leute an der Hand zu halten.
Durch hohe Bezahlungen gewinnt er einflussreiche Karawanenführer,
dafür werden die Anderen in ihren hart verdienten Löhnungen um so
mehr verkürzt. Ausser den Vorschüssen, die mit Zins und Zinseszins
bis ins Unendliche anwachsen, werden ihnen noch allerlei »Gebühren«
abgezogen, besonders wenn es sich um naivere Inlandleute handelt.
Schliesslich ist der arme Afrikaner froh, wenn er nur einige Rupies
oder etwas weissen Baumwollstoff bekommt, ja er freut sich noch, wenn
man ihm eine rothe Mütze oder sonst einen Plunder als »Bakschisch«
schenkt. Er führt ja keine Bücher, während der Inder alles schwarz
auf weiss hat und Unzufriedene auffordert, nur immerhin auf die
Station zu gehen und sich über ihn zu beschweren. Der Begriff
»Station« ist jedoch in Ostafrika noch so innig mit dem Begriffe
»Prügel« verbunden, dass Jedermann es sich dreimal überlegt dahin
klagen zu gehen, wenn er seiner Sache nicht ganz sicher ist.

Es ist jedoch begreiflich, dass die Mannschaften unter solchen
Umständen dem Unternehmen wenig Lust und Liebe entgegenbringen und
besonders wenn der europäische Gebieter, den sie am Abmarschtage zum
ersten Mal sehen, ihnen nicht zusagt, einfach davonlaufen. Geschieht
dies in der Nähe der Küste, so muss Sewah Haji selbst, sonst seine
Agenten in Tabora und Mwansa freilich Nachschub leisten und der
Karren wird mit Mühe und Noth im Gange erhalten, doch mit unendlichem
Aerger und Verzögerungen muss der Reisende die Mussestunden an der
Küste büssen.

Da ich während der Dr. Meyer'schen Expedition 1888 das Sewah
Haji'sche Trägerelend gründlich ausgekostet, so beschloss ich
mich nie mehr mit diesem oder einem andern Agenten einzulassen,
sondern meine Leute selbst zu engagiren. Schon 1890, während der
Usambára-Expedition, war mir dies trefflich gelungen, und obwohl
»Kenner« mir diesmal versicherten, dass bei der herrschenden
»Trägertheuerung« und dem »Trägermangel« Sewah Haji absolut nicht zu
umgehen sei, wollte ich dies dennoch versuchen.

Von einschneidender Wirkung für das Gelingen einer Expedition ist
die Wahl guter Karawanenführer. Für mich war dies um so mehr der
Fall, als ich beschlossen hatte, keinen europäischen Begleiter
mitzunehmen, sondern =allein= zu reisen. Vor Allem brachte mich
zu diesem Entschluss der Umstand, dass ich, wie ich offen gestehe,
mich in Afrika unter Schwarzen am wohlsten fühle. Doch würde dieses,
mehr persönliche Moment, mich selbstverständlich nicht abgehalten
haben einen Europäer mitzunehmen, falls ich dies im Interesse der
Expedition für nothwendig gehalten hätte. Ich bin jedoch zu der
Ansicht gelangt, dass man Europäer in Afrika nur da verwenden soll,
wo Schwarze absolut nicht zu brauchen sind. Dies ist bei einer
Expedition nur bezüglich der Oberleitung und der wissenschaftlichen
Forschung der Fall, denn alles Andere, von der Marschdisziplin
angefangen, bis zu den kleinsten Details des Karawanenlebens,
verstehen ja die Schwarzen unendlich besser als wir. Es ist ja
begreiflich, dass ein Mann, dessen Väter schon vor Livingstone und
Krapf nach dem Innern Afrika's zogen, der in den Verhältnissen
geboren und darin aufgewachsen ist, unter kräftiger Leitung und
bei entsprechender Befähigung ganz anderes leisten muss als ein
europäischer Neuling. Ob durch Mitnahme des Vertreters eines anderen
Faches wissenschaftlich mehr ausgerichtet worden wäre, ist noch
fraglich. Denn bekanntlich können verschiedene Fachleute sehr schwer
zusammen arbeiten und es ist ferner sicher, dass man allein, schon
durch Langeweile getrieben, weit mehr Studien macht als etwa in
angenehmer Gesellschaft.

Einer jener Leute, welche mir mehr werth sind als ein und selbst
mehrere Weisse, stellte sich mir nach meiner Rückkehr in Tanga
vor. Es war =Mzimba bin Omari=, ein Swahíli aus Bweni bei Pangani,
der s. Zt. bei der Usambára-Expedition als Träger eintrat, durch
seine Tüchtigkeit es rasch zum Askari (Soldaten) brachte und
während einer Krankheit des damaligen ersten Mnyapara (Anführers)
dessen Stelle vertrat. Diesmal hatte ich ihn selbst trotz seiner
Jugend -- er ist kaum 25 Jahr alt -- zu diesem wichtigsten Posten
bestimmt. Der Mnyapara spielt eine ähnliche Rolle in der Expedition,
wie der Feldwebel in der Kompagnie, nur dass die Expedition eben
vollständig selbstständig ist und alle Zwischenglieder zwischen
Hauptmann und Feldwebel fehlen. Mehr als einmal hat Mzimba während
meiner Abwesenheit und Erkrankung meine Stelle vertreten und ich
hatte dann stets das Gefühl dass es eben so gut, ja besser ging,
denn Mzimba hatte den Ehrgeiz, mir zu beweisen, dass er auch ohne
mich fertig werden könne. Ueberhaupt hatte er eine bei Schwarzen
seltene Selbstständigkeit und hat mehr als einmal allein Gefechte mit
Besonnenheit und Muth auf das Schneidigste geleitet. Der Mannschaft
gegenüber besass er grosse Autorität, die er hauptsächlich dadurch
aufrecht erhielt, dass er nur mit einigen jüngeren Verwandten unter
den Trägern, sonst aber mit den Leuten garnicht verkehrte. Obwohl
musterhaft gehorsam, zögerte Mzimba doch nie, eine ganz bestimmte
Meinung abzugeben, wenn ich ihn um seinen Rath befragte. Freilich
hatte er sich derart in mein Reisesystem und in meine Denkweise
eingelebt, dass er meist nur das äusserte, was mir selbst als das
richtigste erschien.

Während Mzimba ein untersetzter, lichtbrauner Bursche mit klugen
Augen und von nicht übermässiger Schönheit ist, war =Mkamba=, der
zweite Anführer der Kirongozi, ein hochgewachsener, schwarzer junger
Hüne, ein ernster, auffallend hübscher Bursche. Er war im Gegensatz
zu Mzimba Sklave, doch schienen ihn seine Fesseln gerade nicht
zu drücken, denn ungehemmt durchstreifte er jahraus jahrein das
Massailand. Er bildet den Typus eines »Msafíri« (Karawanenmannes) aus
Pangani. Heute kehrt er vom Rudolfsee zurück um einige Tage darauf
wieder nach Kavirondo aufzubrechen, bei einer Karawane zahlt man ihm
seinen spärlichen Lohn und bei der andern nimmt er schon Vorschuss
für die nächste Reise.

[Illustration: Dr. Baumann]

Eine weitere, sehr wichtige Persönlichkeit für eine Massaireise ist
der Leigwenan, der Dolmetscher. Diesen fand ich in der Person des
=Bakari bin Mfawme= aus Mtangata, der meist mit seinem Massainamen
»Kiburdangóp« genannt wurde. Er war ein im Massailand ergrauter Mann,
der die Sprache der gefürchteten Viehräuber fliessend handhabte und
eine erstaunliche Landeskenntniss besass, ein gutmüthiger, etwas
ängstlicher Swahíli.

Nachdem ich diese drei Stützen der Expedition gesichert, ging ich
daran mit ihrer Hilfe die Askari und Träger anzuwerben. Vor Allem
die =Askari=, die Soldaten. Denn es ist selbstverständlich, dass
der Reisende in unerforschten Theilen Afrika's auch heute, wo
die rothen und blauen Grenzlinien der Kolonien, Schutzgebiete und
Interessensphären Kreuz und Quer durch die Karte des Kontinents
gezogen sind, doch noch einzig und allein auf seine eigene Kraft
angewiesen ist. Die Stationen, die hunderte von Meilen weit entfernt
an den grossen Heerstrassen liegen, können ihm auch nicht den
Schatten von Schutz gewähren. Ebensowenig kann er erwarten von
der kaiserlichen Schutztruppe, die ohnehin nur das Nothwendigste
an Mannschaft besitzt, eine Bedeckung zu bekommen. Der letztere
Nachtheil ist übrigens nicht so gross als man annehmen sollte, da
es ja dem Reisenden freisteht zu thun, was bei der Schutztruppe
geschieht, nämlich Neger anzuwerben, dieselben zu uniformiren und
militärisch abzurichten. Da das Menschenmaterial genau dasselbe ist,
so ist solche eigene »Schutztruppe« jener des Gouvernements völlig
ebenbürtig, ja ich habe diesmal mit meinen selbst angeworbenen Leuten
weit bessere Erfahrungen gemacht als auf der Usambárareise mit den
7 Askari des Reichskommissariats, von welchen drei ausrissen und
überhaupt nur einer als Soldat verwendet werden konnte.

Fünfzehn Sudanesen hatte ich mir, wie erwähnt, schon mitgebracht.
Die übrigen Askari wurden zusammen mit den Trägern angeworben und
nur gutempfohlene und anscheinend intelligente Leute zu diesem
Dienst berufen. Viele darunter hatten während des Aufstandes in
der Schutztruppe gedient und sich dabei die deutschen Kommandos und
Griffe angeeignet. Ihre Ombascha's (Gefreiten) waren der Sudanese
Bahid Mohammed, ein tiefschwarzer, langer Dinkaneger und der Swahíli
Hailala wadi Baruti, ein hübscher, kluger Yao. Freilich wurde
mancher, der als Askari angeworben war, im Laufe der Zeit zum Träger
gemacht und dafür Träger, die besondere Eigenschaften zeigten, zu
Askari befördert.

Zur Anwerbung der Träger begab ich mich von Tanga nach Mtangata,
Pangani und Bagamoyo und sandte Leute nach Bondei und Muoa aus.
Ich verfolgte dabei stets den Grundsatz im Allgemeinen nur Leute
zu nehmen, die durch einen an der Küste ansässigen und bekannten
Gewährsmann empfohlen wurden. Bei Sklaven waren dies meist ihre
Herren. Mit diesem Gewährsmann wurde ein schriftlicher Vertrag
abgeschlossen, wonach er sich verpflichtete den Vorschuss des Trägers
zurück zu zahlen, falls dieser zu irgend einer Zeit davonliefe. Es
mag ja freilich langweilig sein an 200 solcher Verträge aufzusetzen,
doch sind diese das einzige Mittel welches gegen Desertionen schützt.
Irgend welche Schwierigkeit, die Leute zu bekommen, fand ich trotz
des angeblichen »Trägermangels« keineswegs. Im Gegentheil, die
Massai-Expedition war populär geworden, aus allen Dörfern kamen junge
Burschen, und Kontraktarbeiter lösten ihre Verträge um als Träger
einzutreten. Leute die 12 und 15 Rps. monatlich hatten, traten bei
mir für 10 ein; ich hätte, falls ich damals gewollt hätte, 1000 und
mehr Leute anwerben können.

Die 200 Mann, die ich angeworben, hatten sich Anfangs Januar 1892
in Tanga vereinigt und ich beschleunigte das Packen der Lasten,
um rasch fortzukommen. Denn dass zweihundert junge Burschen, die
einer unsicheren Zukunft entgegengehen, die Vorschuss erhalten
haben und täglich Zehrgeld bekommen, zu allerlei Unfug geneigt
und ganz danach angethan sind, ein Nest wie Tanga auf den Kopf zu
stellen, scheint begreiflich. Ich selbst stand diesem Treiben völlig
machtlos gegenüber, da ich die Leute, die in der Stadt zerstreut
lebten, nicht in der Hand hatte und es mir auch im Interesse der
Sache garnicht einfiel, jetzt schon die Zügel straff anzuziehen
-- dazu war im Massailand Zeit. Ich wäre denn wohl in häufigen
Konflikt mit den Behörden gerathen, wenn die löbliche Polizei in
den ostafrikanischen Küstenstädten nicht zum Glück aus Egyptern
und Sudanesen bestände und wann hätte ein Egypter oder Sudanese dem
Zauberworte »Bakschisch« jemals widerstanden? So drückten denn die
biederen Stadtsoldaten nicht nur ein sondern beide Augen zu und mir
sowohl wie dem Bezirkshauptmann blieb viel Aerger erspart. Mehrmals
am Tage erschienen Weiber welche »verführt« oder Greise, Kinder und
andere Leute die durchgeprügelt worden waren: sie alle wurden durch
einen Bakschisch zufriedengestellt. Selbst den Vali von Tanga, den
würdigen, arabischen Bürgermeister gelang es mir zu beruhigen, als
er eines Abends wuthentbrannt mit äusserst schiefgewickeltem Turban
bei mir ankam und klagte, dass einige meiner Manyema-Träger ihn aus
seiner eigenen Veranda hinausgeworfen hätten, um dort dem verpönten
Kartenspiel zu fröhnen. Ich lud ihn ein auf den Schreck einen Cognac
zu nehmen, ein Getränk, welches, nebenbei gesagt, ihm die Freuden
des islamitischen Paradieses ersetzen muss, das er sich durch dessen
Genuss, sowie durch andere, minder salonfähige Neigungen vulgo Laster
schon längst verscherzt hat. Nachdem er etwa die halbe Flasche »in
Gedanken« ausgetrunken, ging auch er befriedigt ab.

Solange meine Kerls sich begnügten die Weiber zu »verführen« und die
Männer durchzuprügeln ging, wie gesagt, alles ganz gut. Einer aber
wollte die Sache umkehren und begann damit, Weiber durchzuprügeln.
Das bekam ihm jedoch schlecht; einige schwarze Megären fielen über
ihn her, warfen ihn zu Boden und traten ihn buchstäblich todt.
Seine Gefährten fanden den armen Baraka Manyema als Leiche und
das Bezirksamt leitete eine gründliche Untersuchung ein, deren
Ende ich nicht abwartete. Denn der Boden brannte mir in Tanga
begreiflicherweise unter den Füssen und Mzimba mit seinen Getreuen
packten vom Morgen bis in die Nacht, um uns rasch flott zu bekommen.

Am 14. Januar schickte ich die 40 bepackten Massai-Esel, die
gewissermaassen den Train der Expedition bildeten unter Mkambas
Befehl voraus nach Amboni. Am Morgen des 15. liess ich meine »Bande«
antreten, jeder bekam sein Gewehr und Pulverhorn, die Askari
ihren Hinterlader, und die Lasten wurden vertheilt. Dann liess
der Tambour seine mächtige Negertrommel ertönen, der wohlbekannte
Wanyamwesimarsch, der Mganda ya Safari wurde mit Jubelgeschrei
begrüsst, Kopwe, ein halbverrückter, zwerghafter Mschambaa entlockte
einem Antilopenhorn die furchtbarsten Töne und, die deutsche Flagge
voran, setzte sich die Karawane in Bewegung. Im Vorbeimarschiren
drückte ich den deutschen Landsleuten die Hand und erhielt manches
-- oft recht ironisches -- Abschiedswort. Denn selbst alte Afrikaner
glaubten, dass sich auch bei mir die übliche Komödie wiederholen und
gleich am ersten Tage drei Viertel der Leute ausreissen würden. Der
Reisende, der heute Abschied genommen, taucht dann morgen mit langem
Gesicht wieder an der Küste auf, zur Erheiterung der schadenfrohen
Landsleute. Diesmal sollten sich diese aber geirrt haben. Keinerlei
Desertionen traten ein, die mich nöthigten wieder an die Küste
zu kommen, sondern im Gegentheil, ihre eigenen Bootleute und
Lohnarbeiter liefen rudelweise davon, um sich der Massai-Expedition
anzuschliessen, sodass sie schleunigst Boten absenden mussten um sie
wieder einzufangen.

[Illustration: TAFEL II. Lager am Sogonoi-Berg.]

Am ersten Tage lagerten wir unter den schattigen Mangos des Dorfes
=Amboni= am Sigifluss, am nächsten Morgen marschirten wir schon bei
Tagesanbruch an der Tabaksfarm vorbei und in's grasige, palmenreiche
Digoland.

Bevor ich den Reisebericht weiter verfolge, sei es mir gestattet ein
kurzes Bild unserer Märsche und unseres Lebens im Lager zu geben, wie
es sich täglich abspielte.

Schon lange vor Tagesanbruch kam in die schlummernde Karawane Leben.
Es waren die Eseljungen, die vom diensthabenden Unteroffizier geweckt
wurden, um das mühsame und langwierige Geschäft der Bepackung der
widerhaarigen Thiere zu besorgen. Unter dem wahnsinnigen Geschrei
ihres Aufsehers, Mabruki Wadudu, eines alten Bekannten von der
Meyer'schen Expedition, fingen sie die Thiere ein, legten ihnen die
mit Bananenlaub gefüllten Polster und die nach Massaiart genähten
ledernen Tragsättel mit den Lasten auf. Sobald ein zartrother Streif
sich am östlichen Himmel zeigte, schlug der Trommler die Tagwache und
Mzimba begann die Lasten zu vertheilen. Während ich eine Tasse Cacao
und einen kleinen Imbiss zu mir nahm, wurde mein Zelt abgebrochen,
dann gab ich durch einen schrillen Pfiff das Zeichen zum Abmarsch.

Den Vortrab bildete Mkamba mit 12 Askari, stets denselben Leuten. Bei
ihm befand sich der eingeborene Wegweiser, der manchmal freiwillig,
öfter gezwungen und nicht selten an der Kette marschirte. Denn ich
konnte, besonders in weglosen, wasserarmen Gegenden, das Wohl und
Wehe meiner Karawane nicht von den Launen eines Wilden abhängig
machen der, wenn er schliesslich nach einigen Tagen beschenkt wurde,
vergnügt nach Hause zurückkehrte. Mkamba wurde stets von mir über die
einzuschlagende Richtung aufgeklärt, die Details des Weges überliess
ich seinem Ermessen. Er hatte ferner auf etwaige Feindseligkeiten
der Eingeborenen scharf zu achten und war für Beseitigung von
Marschhindernissen, wie Dorngestrüpp u. s. w., verantwortlich. Seine
Leute waren mit Beilen und Waldmessern ausgerüstet.

Etwa 100 Schritt hinter dem Vortrab folgte die Karawane, deren Spitze
der Fahnenträger Askari Kipishi bildete, ein vielgereister Mann aus
Mtangata, der sein keineswegs leichtes Amt mit besonderem Geschick
versah. Von ihm hing es nämlich ab, ob die Karawane geschlossen oder
lose marschirte; lief er zu sehr, so kamen die Leute hinten nicht
nach, ging er zu langsam, so trat ein schleppendes Tempo ein, welches
für Träger sehr ermüdend ist. Diese folgten, so ziemlich stets in
derselben Reihenfolge in langer Linie dem Fahnenträger, zwischen
ihnen einzelne Askari, welche für die Marschdisziplin sorgten. Ich
hielt nämlich strenge darauf, dass die Karawane immer geschlossen
marschirte; Niemand durfte in der Eintheilung stehen bleiben oder
sich gar zur Rast niederlassen, dazu waren zwei Ruhepausen da,
die während jedes Marsches gehalten wurden. Der Marschdisziplin
war alles, Männlein und Weiblein, deren es, wie wir sehen werden,
meist gar nicht wenige in der Karawane gab, unterworfen und
Zuwiderhandelnde erhielten unfehlbar Hiebe.

Am Ende der Karawane folgte ich mit meinem »Stabe«, d. i. den Leuten,
welche die wissenschaftlichen Instrumente trugen, den Boys, Köchen
und dem Eseljungen des Reitesels, den ich stellenweise benutzte.
Selbstverständlich war ich ununterbrochen mit topographischen
Aufnahmen beschäftigt, die ich nach langjähriger Uebung halb
unbewusst ausführte. Hinter mir schwankte das eine Kameel das mir
noch geblieben -- zwei waren in Tanga gestorben -- und tönte das
wilde Geschrei der Eseltreiber und das noch tollere Wiehern der
Grauthiere. Den Schluss bildete Mzimba mit 15 Askari, ebenfalls
stets denselben Leuten. Er war verantwortlich, dass Niemand, der
zur Karawane gehörte, zurückblieb. Auch er musste die Augen tüchtig
offen halten, denn vielfach und besonders später als wir Rindvieh
mittrieben, waren die Angriffe der Eingeborenen gegen das Ende der
Karawane gerichtet. Das war auch mit ein Grund, warum ich selbst mich
näher an demselben aufhielt.

Sobald die Sonne nahe am Zenith war, begann Mkamba sich nach einem
Lagerplatz umzusehen. In Steppen und unbewohnten Gegenden handelt
es sich vor Allem um genügendes Wasser und Brennholz, waren diese
gefunden, so konnte ein Platz leicht bestimmt werden. In bewohnten
Ländern lagerten wir meist in Dörfern.

Der Fahnenträger stiess seine Flagge an der Stelle in die Erde, wo
das Lagerzelt errichtet werden sollte. Trommler und Hornist liessen
ihre Klänge ertönen und alles athmete erleichtert auf: für heute
war's wieder überstanden. Ein Theil der Askari schlug rasch mein
Zelt auf oder erbaute, falls keine Negerhütte Schatten bot, in aller
Eile eine »Kibanda«, eine Zweighütte mit Grasdach, die einen weit
angenehmeren Aufenthalt während des Tages bot als das Zelt. Die
übrigen Askari schichteten die Lasten, Munitionskisten, Blechbüchsen
mit Pulver, Tauschwaaren und Provisionskisten sorgfältig auf und
schlugen das Lastenzelt.

Die Jungen hatten inzwischen das Zelt in Ordnung gebracht und in
der Kibanda den Tisch gedeckt, der Koch den Mittagsimbiss fertig
gestellt. Bei dieser, wie bei allen Mahlzeiten hielt ich darauf,
dass die Hilfsquellen, welche das Land bot, möglichst vollständig
ausgenutzt, und auch möglichst gut gekocht wurde, da ich der Ansicht
huldige, dass eine gute Mahlzeit sicherer vor Fieber schützt als
eine Dosis Chinin oder Arsenik. Dafür, dass Reinlichkeit und Ordnung
in der Küche herrschte, sorgte die brave Kibibi, die dortselbst als
Alleinherrscherin regierte.

Die Träger hatten sich inzwischen ebenfalls Laubhütten gebaut
und begannen ihre Lebensmittel abzukochen. Dies geschah nach
Lagergenossenschaften, Kambi's, deren jede einen Aeltesten, den
Mkubwa ya Kambi, hatte. Die verschiedenen Landsleute, die Manyema,
Wadigo, Wabondei, Wasegua, Wassegeju, Wasaramo und Wanyamwesi,
die Leute von Tanga, Mtangata, Pangani, Bweni und Bagamoyo, die
Sansibariten und Sudanesen sondern sich da von einander ab, und
bilden kleine geschlossene Kreise.

Während ich Nachmittags damit beschäftigt war, meine Aufnahmen zu
ordnen und zu ergänzen, sowie ethnographische, linguistische und
andere Studien zu machen, waren die Askari darauf bedacht, das Lager
gegen einen nächtlichen Angriff zu befestigen.

In einem Dorf war das verhältnissmässig einfach, da
mittelafrikanische Siedelungen sehr häufig ohnehin mit Dornverhauen
oder anderen Schutzwehren umgeben sind. Im Busch musste jedoch stets
die »Boma«, der Stachelzaun, errichtet werden. Alle Mann hackten dann
Zweige von den dornigen Akazien und thürmten dieselben im Kreise
um das Lager so hoch auf, dass ein Darüberspringen unmöglich war.
Solche Maassregeln mögen übertrieben und unnütz erscheinen, aber
Sorglosigkeit hat in Deutsch-Ostafrika, wie ich glaube, gerade genug
schwere Niederlagen bereitet, sodass ein wenig zuviel Vorsicht nichts
schaden kann.

Gegen 5 Uhr Nachmittags versammeln sich die Kambi-Aeltesten bei
Mzimba und erhalten »Poscho«, Proviant. Die mitgebrachten oder
von den Eingeborenen erworbenen Nahrungsmittel hat dieser vor
sich aufgehäuft und giesst jedem Aeltesten mit der Kibaba, einer
Holzschüssel, soviel Portionen, als er Leute vertritt, in ein
ausgebreitetes Tuch. Dieses sogenannte »Kibabasystem« wird von
Arabern und Swahíli stets ausgeübt und war auch bei älteren Reisenden
üblich, während jetzt Europäer fast stets das »Mikonosystem«
verfolgen, d. h. den Leuten so und so viel Armlängen (Mikono)
Baumwollenzeug geben, mit welchen sie eine bestimmte Anzahl Tage
ausreichen müssen.

Schon auf der Usambára-Expedition habe ich mit Erfolg das
Kibabasystem benutzt, welches ungleich billiger und praktischer
ist. Bei der Massai-Reise, wo ich oft auf Monate Proviant für die
Mannschaften mitnehmen musste, wäre das Mikonosystem geradezu ein
Unding gewesen. Dasselbe verdankt seinen Ursprung hauptsächlich
der Abneigung vieler Europäer, für die Verpflegung ihrer Leute zu
sorgen. Sie geben denselben ihre Mikono und überlassen es ihnen,
sich Nahrung einzukaufen. Auf grossen Karawanenstrassen mag dies ja
ganz bequem sein, bei Forschungs-Expeditionen hat es jedoch seine
sehr grossen Nachtheile. Vor Allem haben viele Leute garnicht genug
Einsicht, um mit ihren Tauschwaaren sparsam umzugehen. Sie verprassen
die erhaltenen Mikono gleich nach Empfang und müssen dann bis zum
nächsten Poscho-Tage hungern oder bei den Eingeborenen mausen.
Dabei kann der Reisende seinen Leuten nicht verbieten, das Lager zu
verlassen und unter dem Vorwand Nahrung einzukaufen, weit abseits
umherzuschweifen, was auf die Disziplin schädlich einwirkt und in
feindlichen Gegenden geradezu verhängnissvoll werden kann. Ferner
ist das Mikonosystem eine Quelle fortwährender Unzufriedenheit. Denn
weiter im Innern ist das Baumwollzeug mehr werth, und der Reisende
sieht sich veranlasst, die Zahl der Mikono herabzusetzen, was stets
Stürme der Entrüstung und nicht selten Desertionen veranlasst. Der
Mann dagegen, der vom ersten bis zum letzten Reisetag seine Kibaba,
Lebensmittel, erhält, an welchen er sich sattessen kann, ist stets
zufrieden und kümmert sich wenig darum, ob der Expeditionsleiter,
der für ihn eine Art Vorsehung ist, sie billig oder theuer erworben
hat. Jagd- und Kriegsbeute, sowie die reichen Geschenke der
Inlandhäuptlinge, kommen direkt der Expedition zu Gute, während
sie beim Mikonosystem oft geradezu schädlich wirken. Denn wenn der
Mann auch im Ueberfluss schwelgt, so wird er doch seine gewohnten
Mikono verlangen und diese auf zwecklose Weise durchbringen, was zu
vielfachem Unfug Veranlassung giebt.

Zur Poschozeit werden auch die Kranken von dem dazu bestimmten
Askari vorgeführt und so gut als möglich von mir behandelt. Vor
Sonnenuntergang, kurz bevor ich mein Nachtmahl einnehme, treten die
Askari an und machen etwa eine halbe Stunde Gewehrgriffe. Dann wird
die Wache für die Nacht abgetheilt. Während der ganzen Reise stellte
ich allnächtlich vier Wachtposten auf, die unter kriegerischen
Verhältnissen auf sechs und acht verstärkt wurden. Ununterbrochen
riefen dieselben mit lauter Stimme die arabischen Zahlen, das beste
Mittel, um sich wach zu erhalten. Wenn das Wasser entfernt liegt,
so ziehen schon während der Wachabtheilung kleine Trupps von Leuten
mit Gefässen aus, um für die Nacht und den nächsten Morgen Wasser
zu schöpfen. Denn sowie es dunkel geworden, schlägt der Trommler den
Zapfenstreich und ruft die Befehle für den nächsten Tag, vor Allem ob
marschirt wird oder nicht, aus. Dann darf Niemand mehr hinaus und das
Lager verstummt allmählich.

Eine Weile noch flüstern einzelne Gruppen bei den glühenden
Lagerfeuern, doch bald sinkt alles in tiefen Schlaf. Eintönig
erschallen die Rufe der Wachtposten um das Lager, draussen jedoch
werden die Stimmen der Wildniss laut. Die Hyänen heulen und lachen in
widerlicher Weise, manchmal ertönt ein mächtiger Ruf: das Gebrüll des
Löwen. Doch trotz allem Lärm schläft man schliesslich ein, bis das
Rasseln der Trommel am nächsten Morgen zu neuer Thätigkeit ruft.

Man darf allerdings nicht glauben, dass solch regelmässiger
Dienstgang gleich von Anfang an durchführbar ist. Erst herrscht
unglaubliche Unordnung, die ungeübten Leute marschiren schlecht
und sind nicht vom Fleck zu bringen, im Lager entwickelt sich ein
unendlicher Wirrwar. Die beiden Hauptmittel des Expeditions-Chefs:
Geduld und Kurbatsch bringen täglich mehr Ordnung in das Chaos, doch
braucht es immerhin fast einen Monat bis Alles im Gange ist und Jeder
seine Thätigkeit genau kennt. Der eigentliche Lohn für die Mühen der
ersten Zeit tritt aber nach mehreren Monaten ein: dann geht alles
wie geölt, so dass die Leute selbst ihre Freude daran haben und der
Kurbatsch, welcher anfangs täglich viel zu thun hatte, verlässt nur
selten mehr seinen Ehrenplatz im Gürtel Mzimba's.

Freilich, wer die zügellose wüste Schaar gesehen hätte, die am Morgen
des 16. Januar mit mir =Amboni= verliess, der hätte wohl kaum geahnt
wie wohlerzogen und tüchtig diese Leute noch werden sollten. Mit Horn
und Trommel voran gings unter stetem Jubelgeschrei durch's Digoland,
so dass die erschreckten Wadigo mit Weib und Kind ihre Dörfer
verliessen und spornstreichs in den Busch entsprangen.

Der Augenblick, das Digoland zu besuchen, war gerade kein günstiger.
Wenige Wochen vorher hatten die Wadigo wieder einmal zuviel Palmwein
getrunken. Sie, die immer ganz gute Unterthanen waren, rissen auf
einmal die deutsche Flagge herab und erklärten sich für unabhängig.
Einen deutschen Offizier, der mit wenigen Soldaten und sehr wenig
Munition hinkam, um sie zur Vernunft zu bringen, empfingen sie
mit heftigem Feuer. Unter den obengenannten Umständen musste er
sich nach kurzer Gegenwehr zurückziehen, wobei ihn die Wadigo
bis Amboni verfolgten und die Scheunen der Pflanzer-Gesellschaft
niederbrannten. Nun wurde Ernst gemacht. Dampferweise kamen Soldaten
aus Dar-es-Salaam und Freiherr von Bülow wurde beauftragt, die Wadigo
zu pacificiren. Es gelang ihm dies sehr leicht; nach den ersten
Schüssen liefen die Wadigo davon und das übliche Strafverfahren mit
Dorfbrennen und Viehforttreiben konnte eingeleitet werden.

Drei Tage nachdem Freiherr von Bülow das Land verlassen, langte ich
mit meiner Expedition darin an. Begreiflicherweise mussten die Wadigo
in dem Erscheinen von 200 Bewaffneten, die mit Lärm und Trommelschall
einzogen, einen neuen Rachezug sehen. Sie suchten das Weite, und als
wir unter einem prachtvollen Baum vor dem Dorfe =Gombelo= lagerten,
sahen wir keine Seele. Einige Träger, die sich von der Karawane
entfernt hatten, wurden abseits mit Pfeilen beschossen.

So stand ich denn vor der Nothwendigkeit, entweder meine Leute gleich
in den ersten Tagen hungern zu lassen oder schon hier, so nahe an
der Küste, mit dem leidigen Fouragiren zu beginnen. Das erstere hätte
zweifellos viele Desertionen, möglicherweise den Ruin der Expedition
veranlasst, ich zögerte also nicht, den Leuten zu erlauben, den zur
Nahrung nöthigen Maniok aus den Feldern zu ziehen. Dass diese es
dabei nicht bewenden liessen und wohl auch manchmal ein Hühnchen
mitgehen liessen, ist bei der begreiflicherweise noch mangelhaften
Disziplin in einer drei Tage alten Expedition nicht verwunderlich.

Bemüht, möglichst rasch aus diesen unangenehmen Gegenden zu kommen,
zogen wir durch die damals völlig menschenleeren Distrikte von
Mgandi, Kaerua und Buiti. Erst in =Daluni=, das zwischen prachtvollen
Kokospalmen am Fusse des Usambára-Gebirges liegt, liefen die Leute
nicht davon und wir konnten Lebensmittel einkaufen, womit ich die
leidige Wadigo-Affaire für erledigt hielt. Dieselbe hatte aber noch
ein Nachspiel. Als nämlich die Wadigo erfuhren, dass sie diesmal
nicht »amtlich« geplündert worden waren, führten sie beim Bezirksamt
Klage. Dieses leitete die Klage weiter, nach Dar-es-Salaam, nach
Berlin, nach Coblenz, wo das Antisklaverei-Komite veranlasst wurde,
eine Schadenersatz-Summe zu zahlen. So löste sich denn alles in
Wohlgefallen auf: die Wadigo bekamen ihr Geld, welches ihre Verluste
an Maniok und Hühnern mindestens zehnfach deckte, das Bezirksamt
hatte sein »amtliches« Recht durchgesetzt, das Komite hatte gezahlt
und konnte zahlen, da es wusste, dass mein Vorgehen im Interesse
der Expedition dringend geboten war -- und ich zog inzwischen, von
allen diesen »amtlichen« Vorgängen nichts ahnend, landeinwärts, der
unamtlichen afrikanischen Freiheit zu!

Ein kurzer Aufenthalt in Daluni diente dazu, die wenigen Nachzügler
bei der Karawane zu versammeln, und am 22. Januar traten wir den
Marsch längs der steil ansteigenden felsigen Mschihui-Berge durch die
Umba-Nyika an. In Folge des ungewöhnlich frühzeitigen und reichlichen
Regens hatte die Steppe gewissermaassen ihr Frühlingskleid angelegt.
An Stelle der gelben harten Gräser sprossen zarte junge Halme
hervor, die Baobabs, die sonst ihre mächtigen Aeste blattlos in
die Lüfte recken, zeigten reiches Laub, und selbst die Akazien und
Dornbüsche verhüllten ihre stachlige Aussenseite mit dichtem Grün.
Von Wassermangel war keine Rede; die Bäche, die sonst als trockene
Gräben nur Marschhindernisse bilden, führten das erfrischende Nass
in Mengen und Niemand beachtete die Wasserbaobabs, jene natürlichen
Baumcisternen, die oft in der trockenen Zeit aus den unversiegbaren
Wasservorräthen ihrer Innenhöhlung dem Wanderer Labsal bieten.

Die fruchtbare Oase von Kitivo, welche die Stelle bezeichnet wo der
Umba aus den Usambárabergen tritt, bot uns und unsern noch wenig
geübten Leuten Gelegenheit zur Ruhe und Erholung. Inkey und ich
benutzten den Ruhetag zu einem Ausflug in das prächtige Hochthal von
Mlalo, das Dr. Meyer und ich 1888 entdeckt, und wo die Mitglieder
der deutschen Mission uns begrüssten, die auf mein Anrathen sich dort
niedergelassen hatten.

Um die Nordspitze Usambáras herum zogen wir nach =Mnasi=, wo mein
alter Bekannter, der Häuptling von Mbaramu, mir Wegweiser durch
die Steppe verschaffte. Da die Wasserverhältnisse günstige waren,
beschlossen wir, den Umweg über Gonja zu vermeiden und direkt
auf Kisuani loszugehen. Mehr aus alter Gewohnheit als weil es
wirklich nöthig war, machten wir beim letzten Wasserplatz von Mnasi
»Telekesa«, d. h. wir kochten gegen Mittag ab, alle Gefässe wurden
gefüllt, das Kameel bekam eine Last voller Schläuche und, gegen die
Eventualitäten einer wasserlosen Nacht gerüstet, brachen wir um 1
Uhr Nachmittags auf. Durch lichte, mit spärlichem Stachelgestrüpp
bedeckte Steppen, aus der einzelne Felskuppen sich erhoben, führte
die ziegelrothe Linie unseres Pfades. Die mächtigen Abfälle Usambáras
entfernten sich immer mehr; im Westen tauchte die dunkle Mauer
des Pare-Gebirges in der Abenddämmerung mit solcher Klarheit auf,
dass man die weissen Rauchsäulen der Schmieden erkennen konnte.
Gerade als die Sonne sich anschickte, hinter den Pare-Bergen zu
verschwinden, entdeckte Mkamba einen kleinen Wassertümpel und wir
lagerten, erfreut, umsonst Telekesa gemacht zu haben. Durch ähnliches
Land zogen wir am nächsten Tage zum Kambaga-Fluss, der, in der
Trockenzeit völlig wasserlos, nun reichlich fliessendes Wasser in
seinem tief eingerissenen Bett führte. Vom Lager aus hatte man einen
schönen Blick auf die unbewohnte Tusso-Kette mit ihren grünen Hängen
und der steilen, felsigen Krone. Am 31. Januar erreichten wir nach
einem starken Marsch um den Nordostvorsprung Süd-Pare's, =Kisuani=,
jene fruchtbare, an Sorghum, Mais, Zuckerrohr und Hülsenfrüchten
reiche Niederlassung. Dort hatte sich seit meinem letzten Besuch
manches verändert, ein kleiner Militärposten war entstanden, dessen
Besatzung, ein Swahíli-Gefreiter und vier Mann, uns unter der
deutschen Flagge empfing.

Ich beschloss, in Kisuani einige Tage zu verweilen, um die
Verproviantirung der Karawane für die Massai-Reise zu beginnen, denn
dass im Massai-Land gegenwärtig absolut nichts zu bekommen ist, war
mir zu Genüge bekannt und ich hatte keine Lust, meine Expedition
den Fährnissen einer Hungerperiode auszusetzen. Die Kunst des
Afrikareisens besteht ja zum sehr grossen Theil in der Lösung der
Verpflegungsfrage, und die Geschichte der Forschung lehrt uns, dass
die grössten Schwierigkeiten immer aus dieser entstanden. Ein voller
Magen ist für den Afrikaner -- und vielfach auch für den Europäer --
gleichbedeutend mit Ausdauer, Muth und Unternehmungslust; ein leerer
ist feige und gänzlich unbrauchbar. Von diesem Grundsatze ausgehend,
sandte ich denn täglich Abtheilungen in's Gebirge, die reich beladen
mit Mais wieder herabkamen. Eine Anzahl Ziegen, die wir aus dem
Küstengebiet mitgebracht und die nicht mehr vom Fleck kamen, liess
ich schlachten und das Fleisch zum Dörren aufhängen. Dies lockte
zahlreiche Hyänen an, welche Nachts das Lager umheulten, einmal
sogar eindrangen und einen Träger in die Ferse bissen. Dieser erholte
sich erst nach Wochen von der Wunde und behielt von nun an den Namen
»Komboa fissi« (der von der Hyäne Befreite).

Mein liebenswürdiger Reisegefährte Herr von Inkey, der bisher das
Klima sehr gut vertragen und auch schon mit Erfolg gejagt hatte,
wurde in Kisuani von starken Fiebern ergriffen und beschloss, in
Eilmärschen nach dem Kilimanjaro aufzubrechen, von dessen Höhen-Klima
er rasche Erholung hoffte. Vor seiner Abreise hatte er die Güte,
mir seinen photographischen Kodak-Apparat zur Verfügung zu stellen
der mir fernerhin gute Dienste erwies. Er brach am 5. Februar auf
und ich blieb von nun an als einziger Europäer bei der Expedition.
An demselben Tage begrüsste ich Herrn Dr. Peters, der auf der Reise
nach der Küste in Kisuani durchkam. In seiner Begleitung befand
sich ein Swahíli Mwalim, der von Kibongoto aus nach dem Manyara-See
geschickt worden war. Er behauptete auch denselben erreicht zu
haben und brachte allerlei Nachrichten über den See, die mir sehr
unwahrscheinlich klangen und sich auch später als Lügen erwiesen.
Der Mann hat den See zweifellos niemals erreicht und die von
ihm mitgebrachten Salzproben irgendwo bei Ober-Aruscha, wo sich
Salzefflorescenzen genug finden, aufgelesen.

Kisuani verlassend zogen wir zwischen den beiden Komplexen
Mittel-Pares hindurch, auf welchen jetzt weit mehr Felder und
Siedelungen wahrnehmbar sind, als zur Zeit meines früheren
Besuches (1890), ein Umstand, der jedenfalls der Verminderung der
Massai-Gefahr zu danken ist. Den niedrigen Sattel zwischen Mittel-
und Nordpare überschreitend gelangten wir nach dem Westfuss dieses
Gebirges, wo wir uns im Lagerplatz =Pare ya Baussi= mehrere Tage
aufhielten. Derselbe liegt schön unter einigen schattigen Bäumen
und gewährt einen prächtigen Ausblick auf den Kilimanjaro mit der
schimmernden Schneespitze, deren Dom sich scharf vom tiefblauen
Tropenhimmel abhebt. Der Zweck unseres Aufenthaltes war theils
Beschaffung neuen Proviantes aus dem fruchtbaren Usangi-Gebirge,
theils Auffindung eines Wegweisers für die Massai-Steppe. Der
Proviant war leicht beschafft, bestand jedoch leider hauptsächlich
aus Erbsen, die für solche Zwecke nicht sehr geeignet sind, da sie
schon bei geringer Feuchtigkeit zu keimen anfangen, während Mais- und
Sorghum-Vorräthe sich besser halten. Weniger leicht ging es mit dem
Führer. Denn als solcher war nur ein erwachsener Massai, ein Elmóruo,
denkbar. Da die in Folge der Viehseuche sehr ausgehungerten Massai
zu jener Zeit vielfach an den Fuss von Nordpare kamen um gegen Esel
Nahrungsmittel einzutauschen, so erschien uns der gewählte Platz als
günstig.

Es dauerte denn auch gar nicht lange so brachten meine Askari einen
Massai, einen hochgewachsenen, ernsten Mann von ca. 40 Jahren, der
sich Elmóruo =Ndaikai= nannte. Ich fragte ihn, ob er den Weg zum
Manyara kenne, was er bejahte, worauf ich ihm vorstellte, dass es
unbedingt nothwendig sei, dass er uns dahin führe. Ndaikai war zwar
über die Aussicht, einen solchen Spaziergang von 14 Tagen zu machen,
nicht angenehm überrascht, die Zwangslage jedoch, in der er sich
befand, sowie die Aussicht täglich reichlich zu essen zu bekommen,
versöhnten ihn rasch mit seinem Schicksal. Ndaikai war für uns eine
so kostbare und theure Person geworden, dass wir nicht umhin konnten
ihn mit den stärksten Banden an uns zu fesseln. Diese bestanden aus
einer Eisenkette, die wir dem Trefflichen um den Hals legten um ihn
an einem Fluchtversuch zu hindern, welcher uns in der pfadlosen
Steppe dem Verderben preisgeben konnte. Auch das nahm Ndaikai in
Erkennung der Sachlage keineswegs übel und lachte nach genossener
Mahlzeit behaglich den Askari an, der ihm mit scharf geladenem Gewehr
Gesellschaft zu leisten pflegte. Ich will gleich vorausschicken,
dass Ndaikai solche Sympathie für die Expedition fasste, dass er,
als seine Ketten schon längst gelöst waren, als Hirt bei uns blieb,
die ganze Reise mitmachte und schliesslich beim Scheiden buchstäblich
Thränen vergoss.

Quer durch die ziemlich dürre, fast graslose Nyika zogen wir auf
breitem Massaipfad am Baumannhügel vorbei zu der Ruvu-Furth, wo der
Fluss durch eine Insel in zwei Arme getheilt und leicht durchwatbar
ist und erreichten am 16. Februar die fruchtbare, bananenreiche
Oase =Aruscha=. An diesem wichtigen Karawanenplatz befindet
sich eine deutsche Station, die seit Jahren das Schicksal hat,
abwechselnd errichtet und aufgelassen, dann wieder errichtet und
wieder aufgelassen zu werden. Gegenwärtig war gerade das letztere
der Fall und ich bezog das einsame Stationsgebäude, in dem 1890, bei
meinem letzten Besuch, reges Leben herrschte. Bald kam der Häuptling
Shengele mit einem Geschenk an Ziegen, wofür ich ihm ausser dem
üblichen Baumwollzeug noch einige Citronenkerne gab mit der Weisung
diesen nützlichen Baum in Aruscha anzupflanzen.

[Illustration: TAFEL III. Manyara-See und der Simangori-Berg.]

Ausser meiner Karawane lagerte noch die des Swahíli Munyi Hatibu aus
Tanga in Aruscha, die ebenfalls dem Massailande zustrebte und mit
deren erfahrenen Leitern ich die Aussichten unserer Unternehmungen
besprach. Stand doch die Expedition in Aruscha an einem Wendepunkt.
Die Gegend zwischen der Küste und dem Kilimanjaro war mir von
früher her genau bekannt und ist schon zum beliebten Tummelplatz
für Sportsmen und Globetrotter geworden. Von nun an sollte die
eigentliche Forschungsarbeit beginnen. Denn das Litemagebirge,
das ich 1890 erstiegen, und das sich westlich von Aruscha erhebt,
bezeichnete so ziemlich die Grenze unserer Kenntniss. Was dahinter
lag war auf hunderte von Meilen unbekannt, unerforscht -- ein weisser
Fleck auf der Karte.

[Illustration: Lagerscene.]



[Illustration]

II. KAPITEL.

Durch Massai-Land zum Victoria-Nyansa.

Die östliche Massai-Steppe. -- Umbugwe. -- Der Manyara-See. -- Das
Mutyek-Plateau. -- Ngorongoro. -- Der Eyassi-See. -- Serengeti. --
Ikoma. -- Katoto.


Die Erkundigungen, welche ich bei vielgereisten Karawanenführern
eingezogen, hatten mir die Ueberzeugung verschafft, dass ich, in
Luftlinie von Aruscha zum Victoria-Nyansa haltend, mindestens 40
Tagereisen ohne Nahrung zurückzulegen habe. Dieser Umstand erschien
mir stets als die grösste Schwierigkeit meiner Aufgabe. Während
von anderer Seite die Massai-Gefahr als nahezu unüberwindliches
Hinderniss für diese Route angesehen wurde, hielt ich diese für
vollkommen unerheblich. Denn Swahíli-Karawanen und in neuerer
Zeit auch Europäer durchziehen besonders in der englischen
Interessen-Sphäre Jahr aus Jahr ein das Massai-Land, ohne dass die
Massai -- die eben nur Viehräuber sind -- ihnen irgend welche ernste
Schwierigkeiten bereiten. Dass sie selbst im schlimmsten Fall nichts
weniger als unüberwindliche Gegner sind, ist auch schon oft bewiesen,
und gerade jetzt, wo die Viehseuche sie dem Hungertode nahe brachte,
erschienen mir alle Befürchtungen als einfach lächerlich. Die
Karawane für 40 Tage zu verproviantiren, war jedoch nahezu unmöglich,
und ich beschloss, einen Umweg nicht zu scheuen, um unterwegs einen
bewohnten und Proviant liefernden Platz anzulaufen. Deren gab es nur
zwei, im Norden Ober-Aruscha, im Süden Umbugwe. Ober-Aruscha war und
ist Europäern stets feindlich gesinnt, ich konnte fast sicher darauf
rechnen, dort angegriffen zu werden, wobei noch die Möglichkeit der
Proviantbeschaffung zweifelhaft wurde. Von Umbugwe war nur bekannt,
dass dort eine Swahíli-Karawane einmal niedergemacht worden und das
Land seither sorgfältig gemieden wird. Auf beiden Routen sah ich mich
also der Wahrscheinlichkeit eines Kampfes gegenüber, ich zögerte
nicht, jene zu wählen, welche geographisch interessanter war: die
über Umbugwe.

Nachdem ich derart über den einzuschlagenden Weg mir klar geworden,
setzte ich am 17. Februar über den Ronga und brach am nächsten
Tage in südwestlicher Richtung auf. Durch leicht ansteigendes Land
mit Baobabs und hohen Schirmakazien zogen wir, zahlreiche tief
einschneidende Wasserrisse überschreitend, längs der Ausläufer der
Litemaberge nach =Njoronyór= (Sickerwasser), einer dem Berghang
entströmenden Quelle, an welcher hohe Tamarinden und Baumeuphorbien
gedeihen. Früher war dies eine beliebte Viehtränke der Massai, jetzt
war kein Mensch zu sehen, nur ein abgemagertes, halb blödsinniges
Massai-Weib wankte mit stierem Blick durch das Lager, die Ueberreste
der Trägermahlzeiten sammelnd. Es war dies die erste jener
schrecklichen Hungergestalten, die wir nun täglich im Massailande
sehen sollten, und die, vom Honig der Waldbienen und von wilden
Früchten lebend, einem sichern Tode entgegen gehen.

Am Morgen des 19. Februar erstiegen wir leicht die Höhe der
Litema-Ausläufer, die sich jenseits sanft zur weiten Massai-Steppe
abdachten. Ein offenes Grasland mit spärlichen Stachelbüschen
öffnete sich unsern Blicken, aus dem in der Ferne, gleich Inseln,
die felsigen Kuppen einzelner Berge auftauchten. Jede Spur
eines Weges endete, und durch die charakteristischen Hügel als
Landmarken geleitet, verfolgte unser kundiger Wegweiser Ndaikai
durch dick und dünn seinen Pfad. Doch gab es wenig Hindernisse,
nur ein kleines Kriechgewächs (Mbigiri) verursachte durch seine
scharfen Kapselfrüchte den Leuten Schwierigkeit. Wir begegneten
einem wandernden Trupp Massai, Krieger, Elmóruo und Weiber, alle
ausgehungert und elend, mit Eseln, auf welchen Töpfe und allerlei
Hauskram aufgethürmt war, mit einigen Ziegen und Schafen.

Abends erreichten wir nach mühsamem Marsche den =Benne=-Berg,
dessen felsigen Klüften ein Rinnsal entströmt, in dem die Massai
Tränketümpel abgedämmt haben. Dort fanden wir zwei Massaikinder, die,
von ihrem Stamm verlassen, dem Hungertode nahe waren. Das eine von
ihnen, ein Knabe, hatte merkwürdigerweise blaue Augen und blondes
Haar, was sich zu seinem braunen Gesicht ganz sonderbar ausnahm.
Gelabt schlossen sich beide der Karawane an und blieben von da ab
unsere Kostgänger.

Zwischen Benne-Berg und =Sogonoi= dehnt sich eine fruchtbarere
Mulde mit saftigerem Gras und reichem Baumwuchs aus, nach deren
Durchschreitung wir wieder in die Steppe gelangten. Schon Vormittags
trafen wir auf den Felsblock =El Muti=, in welchem sich ständige
Wassertümpel finden, und lagerten unter einem hohen Baobab mit
prächtigem Blick auf die felsigen Hänge des Sogonoi-Berges. Der
21. Februar brachte uns durch dornige, fast graslose Nyika zum
=Donyo-Lukutu=, einem felsigen Bergkegel, an dessen Fuss ein kleines
Gewässer klare, ständige Tümpel bildet. Wir fanden bei diesen
einige Massai-Krieger mit ihren Nditos (junge Mädchen), welche sich
Laubhütten erbaut und Ziegen geschlachtet hatten. Sie kamen von einem
benachbarten Kraal und sahen ziemlich wohlgenährt aus. Einer der
jungen Leute erklärte, sich uns anschliessen zu wollen, da er kein
Massai, sondern ein geraubter Mnyamwesi sei, und keine Lust mehr
habe, den Massai zu spielen. Da er auch im Typus von seinen Gefährten
abwich, und diese die Richtigkeit seiner Angaben anerkannten, wurde
er wirklich in die Karawane aufgenommen. Die Träger rasirten seine
Frisur ab, wuschen ihn und gaben ihm einen Lendenschurz. Obwohl er
fast gar kein Kinyamwesi mehr, sondern nur Massai sprach, lernte er
doch unglaublich rasch Kiswahíli und wurde uns als »Mabruki Massai«
noch recht nützlich.

Abends erstieg ich eine Felskuppe unweit des Berges, von der man
einen weiten Ausblick auf die Steppe genoss, mit ihrem unendlichen
Gefolge von dunklen Schirmakazien und lichten Grasflecken mit
den scharfen Profilen der Kuppen, die daraus hervorragen, mit dem
schneegekrönten Kilimanjaro und der dunklen Pyramide des Meruberges
als grossartigen Hintergrund.

Bei der bisherigen Wanderung durch die Steppe war mir besonders der
fast völlige Mangel an Wild aufgefallen. Im Jahre 1890 sah ich am
Pangani und in der Umgebung von Aruscha ungeheure Heerden, allerdings
in der trockenen Zeit, wo die Thiere sich in der Nähe der Wasserläufe
aufhalten. Trotzdem zeigt die starke Abnahme hier die furchtbare
Wirkung der Viehseuche, welche nicht nur Rinder, sondern auch Büffel,
Gnus und Antilopen befiel und von allen Thieren nur Nashorn und
Elephanten verschonte. Westwärts von Donyo Lukutu sah ich zum ersten
Mal grössere Wildmengen, Antilopen und Zebras, auch eine Heerde
Giraffen tauchte auf. Dort gab es noch Vertreter des Jägervolkes der
Wandorobo, die sich meist scheu verbergen und nur selten mit Bogen
und vergifteten Pfeilen aus dem Busch treten.

Das Land ist hier leicht gewellt, zwischen den grösseren Schwellungen
liegen Mulden, die in der herrschenden Regenzeit Lachen oder dicken
schwarzen Koth enthielten der besonders den Eseln das Durchkommen
erschwerte. Täglich fielen von Mittag ab schwere Regengüsse herab,
auch merkte man, dass wir unmerklich höhere Plateautheile erstiegen,
denn es wurde oft empfindlich kalt. Vor uns tauchte die breite
Bergmasse des Donyo Kissale auf; je mehr wir uns demselben näherten,
desto welliger wurde das Land, das zahlreiche tiefe Wasserrisse
durchzogen. Die Vegetation wurde reicher, an den Kuppen sah man
saftigeres Gras und einzelne Laubbäume.

Am 26. Februar lagerten wir bei einem Bach am =Donyo Kissale=. Auch
dort befanden sich ehemals zahlreiche Massai-Kraale, deren Spuren
noch sichtbar waren. Wir sahen anfangs keinen Menschen, und erst
Nachmittags fanden die herumstreifenden Träger einen sterbenden
Elmoran, der verzweifelt mit den Händen nach Waldhonig wühlte. Er
wurde gelabt und konnte erzählen, dass er sich auf einem -- Raubzug
befand, doch seien seine Gefährten schon sämmtlich verhungert.
Natürlich blieb auch dieser Massai Gast der Karawane und hat die
ganze Reise mitgemacht.

Westlich vom Donyo Kissale dehnt sich eine gänzlich pfadlose, durch
Dorngestrüpp und sumpfige Wiesen schwer passirbare Wildniss aus.
Wild gab es hier massenhaft und nicht selten hörte man beim Vortrab
Schüsse: ein Nashorn hatte sich in blinder Wuth auf die Karawane
gestürzt. Eine dieser Bestien konnte ich durch einen Blattschuss aus
dem österreichischen Repetir-Karabiner erlegen.

Der Wassermangel, den wir gefürchtet, trat allerdings nirgends ein,
im Gegentheil, wir wateten fast fortwährend im Sumpf, doch hatten wir
nur schlechtes, fauliges Wasser zum Trinken, so dass die Fälle von
Ruhr sich mehrten und ein Mann derselben erlag. Der erste Todesfall
in der Karawane macht stets tiefen Eindruck, der ganze Ernst des
Unternehmens tritt den Leuten klar vor die Augen, wenn mitten in der
Wildniss der erste Todte in sein einsames Grab gesenkt wird.

Ich selbst, der ich es anfangs unterlassen hatte mein Trinkwasser
abzukochen, hatte einen Ruhranfall, der sofort nachliess, als ich
gekochtes Wasser trank. Ich führte es von da ab strenge durch, mir
stets Trinkwasser für mehrere Tage im Voraus abkochen zu lassen und
in einem filzumzogenen Fass mitzuführen.

Am 1. März lichtete sich der Busch, die Sümpfe endeten und wir
betraten ein offenes Parkland. Spärlich begraste Wiesen bedeckten
einen sandigen Boden: an den trockenen Wasserrinnen standen ungeheure
Baobabs, umgeben von Akazien. Stellenweise erhob sich eine schlanke
Borassus-Palme; im Westen tauchte ein dunkler Bergwall auf, in
dem ich den Abfall der zweiten Plateaustufe, den Westrand des
ostafrikanischen Grabens vermuthete.

Als wir in einem schönen Hain gelagert waren, machte uns Ndaikai die
Mittheilung, dass wir morgen »Ol Mangati Ltoroto«, das Kriegsland
Umbugwe, erreichen würden. Mzimba hielt eine Rede an die Träger, in
der er sie zu Vorsicht und friedlicher Haltung ermahnte, vertheilte
dann Munition und am nächsten Morgen zogen wir dem »Kriegslande« zu.
Ndaikai hatte richtig wahrgesagt, nach wenigen Stunden erreichten
wir einen Fusspfad -- den ersten seit Aruscha -- und begegneten bald
darauf einem Weibe, das entsetzt ein Bündel Feuerholz wegwarf und
spornstreichs in den Busch lief. Wir durchzogen hierauf einen Gürtel
von Sorghum-Feldern und betraten bald darauf das Dorfgebiet von
=Umbugwe=.

Vor unseren Blicken dehnte sich eine weite tischflache Ebene aus,
auf welcher die viereckigen, kaum meterhohen Lehmbauten (Tembe,
siehe Kopfleiste des Kapitels) der Eingeborenen, gleich Schachteln,
verstreut waren. Dazwischen weideten grosse Heerden von Rindern,
Eseln und Kleinvieh und den Hintergrund bildete der Steilabfall
des Plateaus. Die Nachricht vom Anlangen einer Karawane hatte sich
schon im Lande verbreitet; schlanke, wohlgebaute Krieger, mit Schild
und zwei Wurfspeeren, kamen von allen Seiten an, und bald waren
wir von einer dichten Menschenmenge begleitet. Kurz vor Betreten
des Tembe-Gebietes wurden wir aufgehalten, da die Krieger, wie es
hiess, erst den Geistern opfern wollten. Dazu brauchten sie vor allem
Glasperlen, die wir ihnen des lieben Friedens halber gaben, dann
schlachteten sie ein Schaf und bespritzten uns mit dem Mageninhalt,
damit das Erscheinen des ersten Weissen dem Lande Glück bringe.
Obwohl sie noch nie einen Europäer gesehen, schenkten sie mir doch
keine besondere Aufmerksamkeit, hauptsächlich deshalb, weil mir
ein allzugrosser Konkurrent für ihre Schaulust zur Seite stand: das
Kameel, das unter Mohammeds Führung gravitätisch hinter der Karawane
einherschritt.

Wir schlugen unser Lager beim Tembe des Häuptlings =Mtakayko= auf. Da
wir in der völlig offenen Gegend natürlich keinen Dornzaun errichten
konnten, so waren wir fortwährend von zahlreichen Kriegern umdrängt,
die immer lauter ihren Wunsch nach »Mahongo« (Wegzoll) kundgaben.
Ich liess ihnen mittheilen, dass ich ihnen Lebensmittel gern abkaufen
wolle, versprach ihnen auch ein Geschenk, erklärte jedoch, dass ich
dem Zwang eines Wegzolles (Mahongo) nicht Folge leisten würde. Sie
schienen damit auch zufrieden, es kam sogar der Häuptling Mtakayko in
schwer betrunkenem Zustande und erhielt ein kleines Geschenk, worauf
die Weiber massenhaft Mehl und andere Nahrungsmittel brachten und zu
sehr billigen Preisen verkauften. Schon hoffte ich, meine Absicht,
mich in Umbugwe zu verproviantiren, in Frieden durchführen zu können.

Die Eingeborenen drängten sich inzwischen an meine Leute heran,
brachten ihnen Pombe (Bier) und luden sie ein, mit ihnen in ihre
Temben zu kommen. Obwohl ich streng verboten hatte das Lager zu
verlassen, liessen sich doch einige Leute verleiten, mit den Wambugwe
zu gehen und sogar die Nacht bei ihnen zu verbringen. Ich liess
dieselben am nächsten Morgen aufs Empfindlichste züchtigen und hoffte
dadurch dem Herumstreifen der Träger ein Ziel gesetzt zu haben.

[Illustration: Junger Mann aus Umbugwe.]

Am Morgen des 3. März kamen zahlreiche Weiber mit Proviant und es
entspann sich ein lebhafter Handel. Einige Pangani-Leute, welche der
seiner Zeit in Umbugwe zersprengten Karawane angehört hatten und fast
gänzlich zu Wambugwe geworden waren, erschienen ebenfalls im Lager.
So verlogen sie auch der lange Umgang mit den Eingeborenen gemacht
hatte, so merkte man doch aus ihren Reden, dass nicht alles richtig
sei. Thatsächlich wurde das Benehmen der Krieger immer erregter,
die Askari konnten sie kaum vom Eindringen in unser Lager abhalten
und mehrfache Prügeleien zwischen diesen und jungen Kriegern fanden
statt.

Ich selbst litt an jenem Tage am Fieber und sass im Schatten
des Tembe, als mir gegen 3 Uhr Nachmittags gemeldet wurde,
dass sämmtliche Weiber plötzlich das Lager verlassen hätten und
die Krieger sich um dasselbe schaarten. Einem der verwilderten
Pangani-Leute, der eben spornstreichs davon lief, rief ich noch die
Frage nach: was es gebe? Er antwortete: »die Wambugwe wollen Krieg!«
und enteilte schleunigst.

Ich liess meine Mannschaft das beherrschende flache Dach des
Tembe besetzen und blickte auf die zahlreichen braunen Gestalten,
die wie in einem Ameisenhaufen, etwa hundert Schritte vom Tembe,
durcheinanderliefen, wild schrieen, mit den Waffen drohten, und
von Anführern offenbar zu einem Angriff geordnet wurden. Ich hielt
es für unbedingt nothwendig, diesem zuvor zu kommen, liess daher
meine Leute an den vier Seiten des Tembe antreten und hatte eben
zum Laden befehligt, als einige Lagerälteste mit dem Ausdruck
des Entsetzens auf mich zustürzten und mich beschworen, nicht zu
schiessen, da einige ihrer Lagergenossen trotz des strengen Verbots
zu Wambugwe-»Freunden« gegangen seien. In solchen Lagen ist rascher
Entschluss nothwendig. Ich erwog daher, dass die verblendeten Leute
unter den gegenwärtigen Verhältnissen vielleicht gar nicht mehr
am Leben seien und dass ein energischer Angriff der Wambugwe das
Schicksal der Expedition möglicherweise gefährden, ein Zuwarten den
Abwesenden aber doch nichts mehr helfen könnte. Ich befahl daher
den Leuten, in die Eintheilung zu gehen und liess nach allen Seiten
Salven auf die Kriegerschaar abgeben. Dieselben gingen zwar bei der
noch geringen Uebung meiner Leute etwas zu hoch, doch fielen immerhin
einige Gegner und die Wirkung war eine vollständige. Mit Windeseile
liefen die eben noch so stolzen Krieger radienförmig nach allen
Weltgegenden davon. Einige standhaftere Abtheilungen liess ich durch
Schützen verjagen und begann dann sofort das Dorfgebiet nach den
abwesenden Trägern zu durchsuchen. Eine Anzahl derselben fanden wir
noch durch ein Wunder unverletzt; einer wurde mit schwerer Stichwunde
im Unterleib aufgefunden und hauchte bald seinen Geist aus, acht
Mann waren »vermisst«, d. h. in diesem Falle todt. Eine grosse
Rinderheerde, die in der Nähe des Tembe weidete und eine andere, die
sich im Tembe befand, wurden erbeutet, dazu noch zahlloses Kleinvieh
und Esel.

Am Abend liess ich die Posten auf acht verstärken und auf das
Tembedach aufstellen. Den Dienst hatte der Swahíli-Gefreite Hailala,
doch ging auch der Sudanese Bahid mit ihm, die Posten zu visitiren
und kam mir zu melden, dass sie richtig aufgestellt seien. Ich sehe
den langen kohlschwarzen Dinka-Neger heute noch vor mir, wie er im
Scheine des Lagerfeuers in strammer Haltung die Meldung machte.
Konnte ich doch damals nicht ahnen, dass ich ihn zum letzten Mal
lebend gesehen! In der Nacht kam er nämlich auf den unsinnigen
Gedanken, sich mit vier anderen dienstfreien Sudanesen aus dem Lager
zu schleichen, offenbar um in den Temben der Wambugwe nach Pombe
(Bier) zu suchen. Ein nächtlich in der Ferne abgegebener Schuss wurde
von den Posten im Lager vernommen, die Abwesenheit der 5 Soldaten
wurde konstatirt, eine Magnesiumfackel als Zeichen angezündet,
Raketen stiegen auf, Trommel und Horn mussten ohne Unterlass ertönen.
Aber Niemand kam.

Ich konnte nicht daran denken, vor Tagesanbruch Patrouillen zu
entsenden, so bald jedoch die erste Dämmerung sich wahrnehmbar
machte, übergab ich den Befehl über das Lager an Mzimba und zog
bei feinem Regen durch die Ebene. Wir durchsuchten die zerstreuten
Temben, was keine ganz ungefährliche Aufgabe war, da in dem
stockfinsteren, von Verschlägen und Vorrathskörben erfüllten Innern
leicht ein Gegner verborgen sein konnte. Es war begreiflich, dass
die Askari unter diesen Umständen bei dem leisesten Geräusch Feuer
gaben, wobei leider ein armes Weib erschossen wurde. Um Aehnliches
zu verhüten, schlugen wir dann Löcher in das flache Dach der Temben,
durch welche Licht eindrang, die Gefahr des Durchsuchens gemindert
wurde, und wir einige Männer und Weiber antrafen und zu Gefangenen
machten. In einem Tembe fanden wir ein Seitengewehr und einen
blutigen, einem Sudanesen gehörigen Rock, in einem anderen einen mit
frischem Blut gefüllten Topf. Diese Funde machten fast jede Hoffnung
schwinden, dass die vermissten Sudanesen noch am Leben seien.
Von ihren Leichen fanden wir jedoch keine Spur und begannen schon
anzunehmen, dass die Wambugwe sie -- wie ihre eigenen Todten vom
vorigen Tage -- fortgeräumt hatten, als wir auf Gruppen von Aasgeiern
und Marabus aufmerksam wurden, welche mehrere von einander entfernte
Punkte in der Ebene umkreisten. An diesen fanden wir die nackten,
von Speerstichen zerfleischten, von den Geiern zerrissenen Leichen
der fünf Soldaten. Alle waren im Rausch und offenbar ohne Gegenwehr
erstochen worden; nur ein einziger, Mohammed Adam, ein herkulischer
Bornu-Neger, hatte sein Leben theuer verkauft. Einen Gegner schoss
er nieder -- sein Schuss hatte uns bei Nacht alarmirt -- einen
zweiten erschlug er durch einen Kolbenhieb, bevor ihn der tödtliche
Speer erreichte. Neben ihm lag, ebenfalls von Speeren durchbohrt,
sein Hund, Pesa, ein räudiger afrikanischer Köter, für welchen der
Mann eine kindische und oft bespöttelte Zärtlichkeit hatte -- er war
seinem Herrn in den Tod gefolgt.

Rasch senkten wir die Gefallenen in eine Grube und wandten unsere
Schritte in trüben Gedanken dem Lager zu. Wohl hatten wir einen
leichten Sieg über einen Volksstamm erkämpft, der bisher der
Schrecken aller Gegner -- die Massai nicht ausgenommen -- gewesen
war. Aber 14 unserer Leute waren erlegen, nicht sowohl den Speeren
der Gegner als ihrer eigenen, wahnsinnigen Verblendung. So sehr
dieser Verlust mir damals nahe ging, so ist es doch unbestreitbar,
dass derselbe auf den Fortgang der Expedition von gutem Einfluss
war. Denn nichts vermochte den Geist der Disziplin, die Ueberzeugung
nur im blinden Gehorsam ihr Heil zu suchen, bei der Mannschaft so zu
stärken, als die blutige Katastrophe in Umbugwe.

[Illustration: TAFEL IV. WAMBUGWE]

Mzimba hatte die kleinen Temben in der Umgebung des Lagers zerstören
lassen, um freies Schussfeld zu bekommen, und die zahlreichen grossen
und kleinen Zelte auf dem flachen Dach, mit den Gruppen bewaffneter
Leute und der mächtigen Rinderheerde im Vordergrunde, boten einen
abenteuerlichen Anblick. Eine Schaar Wambugwe-Krieger, die sich
mit Kriegsgeschrei näherten, hatte Mzimba durch langsames, aber
wohlgezieltes Feuer verjagt, selbst eine grosse Zahl älterer Leute,
die vom Dach eines Tembe etwa 1000 Schritte Entfernung -- also nach
ihrer Ansicht ausser Schussbereich -- das Lager betrachteten, wurden
durch eine Kugel auseinander gesprengt.

Plötzlich zeigte sich am Rande der Ebene ein weiss gekleideter
Mensch der ein Tuch schwang. Mzimba vermuthete sofort einen Swahíli,
winkte auch seinerseits mit einem Tuch und der Mann kam ins Lager.
Er entpuppte sich als der Elephantenjäger Mbaruk aus Pangani --
meist Magati genannt -- der südlich von Umbugwe gejagt hatte und auf
den Lärm des Gefechts herbeikam. Die Wambugwe baten ihn dringend zu
uns zu gehen um den Frieden zu vermitteln. Als Mbaruk zu ihnen kam,
wollten die Wambugwe den Kampf erst fortsetzen, doch übte die in
die Reihen ihrer Aeltesten auf so grosse Entfernung einschlagende
Kugel, die einen angesehenen Mann traf, entscheidende Wirkung. Ich
theilte Mbaruk, den ich im Lager fand, mit, dass ich gerne mit den
Wambugwe Frieden schliessen wolle, falls die Gewehre der gefallenen
Leute ausgeliefert und keinerlei Feindseligkeiten ihrerseits mehr
unternommen, vor Allem kein Versuch gemacht würde uns die erbeutete
Rinderheerde abzujagen. Mbaruk kehrte zu den Wambugwe zurück, die
eine grosse Volksversammlung abhielten, während meine Leute an den
ungeheuren Vorräthen sich gütlich thaten. Durch die 250 erbeuteten
Rinder, waren wir jeder Sorge um den Proviant enthoben und war die
Erreichung des Victoria-Nyansa für mich nicht mehr zweifelhaft.

Am Morgen des 5. März kam Mbaruk mit einigen anderen Makua
(Elephantenjägern) und zwei zitternden Greisen als Abgesandten der
Wambugwe. Dieselben brachten mir Grasbüschel als Friedenszeichen,
stellten 10 der Gewehre zurück und behaupteten die anderen nicht mehr
finden zu können. Ich erklärte mich damit zufrieden und übergab ihnen
die Gefangenen bis auf zwei Männer, die ich als Wegweiser benöthigte.
Die Makua waren hocherfreut über die Niederlage der Wambugwe, die
sie stets durch Erpressungen und Räubereien gequält hatten, was jetzt
ihrer Ueberzeugung nach, ein Ende hatte.

Am 6. März erschienen nochmals Wambugwe mit Friedensversicherungen,
die ich beschenkte, ihnen auftrug, fernerhin Karawanen nicht mehr
zu belästigen und ihnen versprach, das Land in Jahresfrist wieder zu
besuchen. Dann brachen wir gegen Mittag mit grösster Vorsicht auf, da
es mir doch undenkbar schien, dass die Wambugwe keinen Versuch machen
würden uns die Heerde abzujagen. Wir nahmen den Tross, die Rinder
und Packesel diesmal in die Mitte, zu beiden Seiten der Marschkolonne
liess ich als Flankendeckung kleine Askari-Abtheilungen marschiren,
welche die Temben nach etwa versteckten Gegnern absuchten. Ebenso
wurde dem Vortrab die grösste Vorsicht eingeschärft. Doch es
ereignete sich nichts, nur in der Ferne sahen wir die dunklen
Gestalten der Eingeborenen umherlaufen. Unbehindert überschritten wir
den Moburu-Bach und erreichten das Ufer des =Kwou=.

Dieser Fluss war so angeschwollen, dass die den Elephantenjägern
bekannte Furth nicht passirbar war, der gefangene Mbugwe gab jedoch
an, eine andere zu kennen. Am Morgen des 7. März führte er uns auch
an eine buschbedeckte Uferstelle, welche ich erst durchsuchen liess
bevor wir an den Fluss vorrückten. Ich liess sofort das jenseitige
Ufer von Askari besetzen und der Übergang begann, bei dem das Wasser
den Leuten bis an die Brust ging. Erst gegen Mittag war die ganze
Karawane mit Esel und Rinder drüben und wir bezogen einige hundert
Schritte weiter in dichtem, von Moskitos wimmelndem Gestrüpp, das
Lager. Wie nothwendig die Vorsichtsmaassregeln gewesen waren, zeigte
der Umstand, dass, sobald wir das Ufer verlassen, am jenseitigen
grosse Mengen bewaffneter Wambugwe-Krieger auftauchten, die sich
anschickten den Fluss zu überschreiten. Einige Wachtposten jedoch,
die ich im Uferschilf verborgen zurückgelassen hatte, verjagten sie
leicht, durch mehrere Schüsse.

Durch die Ereignisse in Umbugwe hatte die Expedition den Zuwachs
einer Rinderheerde bekommen, die nun, fast während des ganzen
weiteren Verlaufs der Reise, einen Bestandtheil derselben bildete.
Unsere Massai, von Ndaikai bis zum kleinen blondköpfigen Lalagiréh
waren darüber ganz glücklich, lagen stundenlang an den Eutern
und sogen die lange entbehrte Milch. Beim Marsch pflegte Ndaikai,
dessen Führerpflichten jetzt erledigt waren, mit einer Kalebasse
vorauszugehen und durch Klopfen auf dieser, sowie durch scharfes
Pfeifen die Leitrinder zu locken. Die Heerde selbst wurde von den
übrigen Massai, deren Zahl sich später vermehrte, sowie durch Askari
getrieben, lief vortrefflich und machte uns weit weniger Mühe als
die Esel. Abends bekamen Rinder und Esel einen abgegrenzten Raum in
der Einzäunung. Ihr Schnauben und Stampfen war Nachts zwar manchmal
störend, doch reichlich entschädigte mich dafür der Genuss von
frischem Rindfleisch, von Milch und Butter, die jetzt in der Karawane
niemals ausgingen. Für die Bedürfnisse der Mannschaften wurden
täglich vier Rinder geschlachtet.

Durch hochbegrastes, pfadloses Land ging es am 8. März nordwärts
zwischen dem versumpften, von Borassuspalmen gesäumten Kwou und
dem Abfall des Gebirges, dessen Saum lichter Wald bedeckte. Nach
wenigen Stunden erreichten wir das Südende des =Manyara=-Sees, den
wir von Umbugwe aus undeutlich wahrgenommen und der nun als weite,
glänzende Fläche vor uns lag. Der See ist ein Salzsee, weisse
Krusten bedecken die lehmigen Ufer, doch zeigen Schneckenschalen und
ungeheure Schwärme von Flamingos und Silberreiher an, dass er reiches
thierisches Leben enthält. Längs des Westufers, dem wir entlang
wanderten, zieht sich ein flacher sandiger Wiesenstreifen, worauf
dichte Wald- und Unterholz-Vegetation bis zum nahen Fuss des Abfalls
reicht, der theils bewaldet, theils hoch begrast ist. Mehrere klare
Bäche entströmen den Bergen und münden in den See. Am 10. März kamen
wir an einer heissen, stark nach Schwefel riechenden Quelle vorbei,
die zwischen Schilf entspringt und sich in den See ergiesst. Das
jenseitige Ufer des Manyara ist flach und wüstenhaft, im Nordosten
ragt der langgestreckte Simangor-Berg auf, im Norden sieht man den
abgestutzten Kegel des Geleï und in der Ferne den Dongo-Ngai.

Am 11. März erreichten wir das Nordende des Manyara, dessen Strand
mit Treibholz, Vogelknochen, Schneckenschalen, sowie von einer
dichten schlammigen grau-weissen Salzablagerung bedeckt ist. Der
See selbst erscheint stellenweise wie gefroren durch die glänzenden
Salzschichten die auf den Sandbänken aufliegen. Wir lagerten unter
schönen Akazien am Fusse des hier kaum 100 m hohen Abfalles in
anscheinend völlig menschenleerer Wildniss.

Am 12. März hatten wir eben unser Lager verlassen und waren in
die offene Steppe gezogen, als plötzlich aus dem Walde hinter uns
einige hundert Krieger mit blitzenden Speeren hervorbrachen, die
mit wildem Geschrei auf uns zurannten. Wir hielten sie zuerst für
Wambugwe die gekommen waren, uns einen Abschiedsbesuch abzustatten
und feuerten auf sie, anscheinend ohne Jemand zu treffen, worauf sie
schleunigst kehrt machten und eiligst gegen Süden davonliefen. Erst
dann erkannten wir aus dem Kriegsschmuck, dass es gar keine Wambugwe,
sondern Massai waren, die es offenbar auf unsere Rinderheerde
abgesehen hatten, jedoch auf so warmen Empfang nicht gefasst
waren. Es ist ja sicher, dass der Anblick so vieler Rinder auf die
ausgehungerten Massai so wirken musste wie auf einen Verschmachtenden
der einer dampfenden Schüssel, und wir konnten daher darauf rechnen,
den Besitz unserer Heerde nicht ruhig geniessen zu können. Nach
landläufigen Swahíli-Begriffen galt es überhaupt als unerhörtes
Wagniss, mit einer Rinderheerde das Massailand zu passieren, da diese
die Begierde der Viehräuber aufs Höchste anreizen musste.

Wir überschritten zwei ansehnliche, dem Manyara zufliessende
Bäche, und zogen in der Senkung zwischen dem Plateauabfall und
Simangor-Berg durch staubige, fast vegetationslose Nyika nordwärts.
Zahlreiches Wild, Strausse, Antilopen und besonders viele Nashorne
tummelten sich in der Ebene, letztere waren durch Schwärme kleiner
weisser Vögel erkennbar, die über ihrem breiten Rücken flatterten.
Der Plateauabfall wird hier sehr steil und sein Obertheil ist
von schroffen Felswänden gebildet, in welche die Wasserrisse
einschneiden. Bei der Ausmündung eines derselben liegt an klarem
Bache unter schönen Bäumen der Marago (Lagerplatz) =Leïlelei=,
der von Massai und Karawanen benutzt wird. Hier trafen wir mit der
Route zusammen, die von Ober-Aruscha kommend nach Elmarau führt und
früher ziemlich oft von Karawanen begangen worden ist. In neuerer
Zeit geschah dies seltener, da die Massai von Mutyek und Serengeti
als besonders bösartig galten. Dennoch hatte wenige Wochen vor uns
ein Swahíli (Munyijumah Kitubui) aus Tanga den Weg von Elmarau über
Leïlelei--Ober-Aruscha nach der Küste mit nur 50 Mann zurückgelegt,
was gewiss beweist, dass die Gefahr der Massai-Route keine
nennenswerthe ist. Ein bedenklicher Umstand waren freilich unsere
Rinder, und der Dolmetsch Kiburdangop, der den Weg aus Erfahrung
kannte, schien in Hinblick auf diese keineswegs siegesgewiss.

Der 13. März war dem mühsamen Anstieg auf das Plateau gewidmet. Ueber
den mit mächtigen Basalt-Klötzen bestreuten Hang führt ein schmaler
Viehpfad der Massai, auf dem die Leute ganz gut, sehr schwer aber die
Esel und das Rindvieh fortkamen, sodass wir nach langen Mühen erst
gegen Abend die prächtige Plateauhöhe erreichten. Dort entschädigte
uns ein herrlicher Blick auf den glänzenden Manyara-See, der hier
in seiner ganzen Ausdehnung mit dem steilen Westufer und dem fernen
Ufiomi-Berge im Süden sichtbar ist, und mit dessen Entdeckung eine
der Aufgaben der Massai-Expedition gelöst war.

Eine prächtige, kühle Luft erfrischte uns auf der Höhe, klare Bäche
rauschten zwischen den zart begrasten Hängen: im Norden tauchten
dunkle, waldbedeckte Höhen auf. Am nächsten Morgen machten wir nur
einen kurzen Marsch und lagerten am =Lmorro=-Bach, wo wir uns einen
Tag aufhielten um die Lasten theilweise umzupacken. Der Verlust
an Mannschaft in Umbugwe machte sich fühlbar, auch hatten unsere
Packesel durch den Stich der Ndorobo-Fliege gelitten. Dieses Insekt
hält sich an Wasserläufen auf und wird Eseln dadurch gefährlich,
dass es dieselben in den After sticht, was Schwellungen und den Tod
herbeiführt. Unsere Rinderheerde erforderte dringend neue Kräfte als
Treiber und unsere Lasten hatten nicht wesentlich abgenommen.

Um sie zu verringern wurden die Zeuglasten etwas schwerer gemacht
und einzelnes Zeug als Vorschuss an die Leute abgegeben. Dennoch war
noch zuviel da und ich kam zu dem Beschluss, Lasten fortzuwerfen, da
sonst die Reise verzögert und der Erfolg in Frage gestellt worden
wäre. Wir machten also eine Grube und versenkten darin Glasperlen,
Messingdraht, allerlei Spieldosen und anderen Flitterkram, von dem
es gut ist wenn man ihn in Afrika hat, und eben so gut, wenn man
ihn nicht hat. Dann schütteten wir die Grube zu und zündeten nach
dem Rezept Kiburdangops ein Feuer darauf an, dessen Asche den Platz
selbst nach Jahren noch erkenntlich macht.

Nun hatten wir unsere gewohnte Beweglichkeit wieder und es blieb
übrig die gefallenen 5 Askari aus den Reihen der Träger zu ergänzen.
Schon längst hatte ich für solchen Fall Leute angemerkt, die mir
durch besondere Tüchtigkeit aufgefallen waren, darunter einen Namens
Bakari Juku, der besonderer Erwähnung verdient. Er war ein echter
Digo, der nur mangelhaft Swahíli sprach, ein untersetzter Bursche
von ungewöhnlicher Körperkraft. Zwischen seinen breiten Schultern
sass, fast ohne Hals, ein dicker kohlschwarzer Kopf, dessen Gesicht
bedenkliche Aehnlichkeit mit einer Flusspferd-Physiognomie besass.
Aus diesem Antlitz, das durch zahllose Pockennarben keineswegs
verschönt wurde, blickten ein paar so kühn unternehmende Augen,
dass sie unwillkürlich für den Burschen einnahmen. Er hat sich denn
auch als Askari glänzend bewährt: wo es einen Sturm oder sonst ein
tolles Unternehmen gab, war Juku immer Allen voran. Dabei war er von
unermüdlicher Arbeitskraft, hat er doch einmal, als Noth an Mann war,
zwei Lasten auf dem Kopf und einen kranken Kameraden auf dem Rücken,
stundenweit getragen!

[Illustration: Der Manyara-See vom Mutyek-Plateau.]

Die neuen Askari wurden also eingekleidet und am 16. März der
Marsch über das Plateau fortgesetzt. Sehr unangenehm war für uns
der Mangel eines Wegweisers, da Ndaikai hier völlig fremd war
und auch Kiburdangop sich an die Details der Route nicht mehr
erinnerte. Solange es über offene grasige Kuppen ging, war die
Aufgabe verhältnissmässig einfach, doch es sollte ein Wald vor uns
zu passiren sein und dazu bedurften wir unbedingt eines Führers.
Wie gerufen kamen uns daher zwei Elmoran, die am Murerá-Bach
plötzlich auftauchten und wie sie sagten, durch den Geruch unserer
Rinder angelockt worden waren. Dass wir so liebe Gäste nicht mehr
losliessen, bedarf kaum der Erwähnung. Einer der beiden Krieger war
der Leigwenan (Anführer) der jungen Leute von Mutyek, ein auffallend
hübscher Bursche mit feinen, anziehenden Gesichtszügen und schlankem,
tadellosem Körperbau. Er erzählte uns, dass seine Leute gerade
auf einem Kriegszuge gegen Umbugwe begriffen seien und fragte uns,
ob wir denselben nicht begegnet seien. Wir dachten sofort an den
Zwischenfall am Manyara-See und meinten, dass wir allerdings die
»flüchtige« Bekanntschaft dieser Herren gemacht hätten. Gewaltig
imponirte dem Leigwenan, dass wir die Wambugwe, mit welchen die
Massai nie fertig werden konnten, besiegt und ihnen so viel Vieh
abgenommen hatten. Er wurde hierauf unser begeisterter Freund und
trug uns sogar an, mit ihm ein Kompagniegeschäft im Viehrauben zu
gründen. Natürlich hatte er noch niemals einen Weissen gesehen. Er
hatte keine Ahnung, dass ich der Vertreter einer anderen Rasse sei,
sondern hielt mich, wie dies auch Dr. Fischer geschah, für eine Abart
der Küstenneger. (Laschomba neïbor = weisse Küstenneger).

Am Morgen des 17. hatten die rüstig voranschreitenden Krieger bald
einen rothen Viehpfad gefunden, der durch prächtige Grashalden
bergan ging und uns in dichten tropischen Hochwald führte. Verfilzte
Krautvegetation und zahlreiche Nesselpflanzen bedeckten den Boden;
die einzelstehenden dicken, aber nicht sehr hohen Bäume waren an der
Windseite mit Moosen und Flechten bedeckt und umrankt von zahllosen
Schlingern. Wir bezogen mitten im Walde am murmelnden Bach, den
prachtvolle Schmetterlinge umgaukelten, ein Lager. Gegen Abend fielen
dichte Nebel nieder und es wurde empfindlich kalt.

Auf stets gutem Viehwege, der von förmlichen Mauern dichten
Krautwuchses eingesäumt ist, ging es am 18. März weiter durch den
Bergwald. Von 9 Uhr an durchzogen wir ein offenes, von kleinen
sumpfigen Bächen durchzogenes Grasland mit eingestreuten reizenden
Waldgruppen. Gegen Mittag sahen wir uns plötzlich am Rande eines
Steilabfalles und blickten in den oblongen Kessel von =Ngorongoro=
hinab, eine alte Kraterruine, deren Westseite ein kleiner See
einnimmt, und deren grasige Sohle von zahlreichem Wild belebt ist.
Wir stiegen steil zum Kessel ab und lagerten am Rande des Abfalles.
Die Zelte waren noch nicht aufgeschlagen, als der Kameeltreiber
Mohammed ganz verstört erschien und meldete, das Kameel sei sterbend
zusammengebrochen. Dieses treffliche Thier hatte in der letzten
Zeit am Manyara und in der heissen Steppe nördlich davon sichtlich
zugenommen. Das kalte Plateau jedoch und gar der feuchte Urwald
waren zu viel für das arme Wüstenschiff, es bekam Bluthusten und
schleppte sich nur mit Mühe vorwärts. Ich war daher über Mohammeds
Mittheilung keineswegs erstaunt und gab ihm einige Leute mit, um das
Kameel vielleicht noch durchzubringen. Doch wenige Stunden später
kam der Araber sehr betrübt und übergab mir die Halfter des Kameels:
die treue Bestie hatte ausgelitten. Es war wirklich rührend, wie
sehr Mohammed sich diesen Verlust zu Herzen nahm, er wurde förmlich
trübsinnig und magerte sichtlich ab.

Abends umschlichen einzelne Massai-Krieger das Lager, wohl mit der
Absicht, Vieh zu stehlen, doch verging die Nacht bei verstärkten
Posten ruhig. Früh gings durch die leichtgewellte Senkung sanft
bergab, dem Seeboden zu. Der schwarze Humus der Mulde war schön
begrast, doch stellenweise mit vulkanischem Gerölle bedeckt.
Zahlreiche Massai-Elmoran gaben uns im Morgennebel das Geleit,
prächtige, malerische Gestalten mit ihren bunten Schilden und
glänzenden breiten Speeren. Auch der Laibon (Zauberer) von Ngorongoro
erschien in einem Mantel aus Affenfell. Die Leute benahmen sich
keineswegs unverschämt, denn der Leigwenan hatte sie schon darüber
belehrt, dass mit uns nicht zu spassen sei. Sie waren ziemlich
wohlgenährt und besassen noch einiges Kleinvieh, auch lieferten
die Wildmassen der Ebene ihnen Nahrung. Diese waren wirklich
grossartig: in Heerden tummelten sich Antilopen, langmähnige Gnus
und leichtfüssige Zebras, einzeln oder zu zweien tauchten die
breiten Rücken der Nashorne auf. Obwohl ich nichts weniger als ein
grosser Nimrod bin, erlegte ich doch an diesem Tage ein Gnu und
drei Nashorne, welch' letztere wir den Massai überliessen. Von den
benachbarten Kraals, die sich als dunkle Kreise aus der Grasfläche
hoben, kamen Schaaren meist magerer, kahlköpfiger Massai-Weiber, im
Eisenschmuck rasselnd, um sich Fleisch zu holen.

Im Schatten eines riesigen Baumes, unweit eines Wäldchens schlugen
wir das Lager auf. Stets herrschte in diesen Höhen eine kühle
angenehme Luft, besonders Mittags, wenn die Sonnenstrahlen
den feuchtkalten Morgennebel durchbrachen, war der Aufenthalt
ein köstlicher und nichts erinnerte an die Tropen. Die einzige
Unannehmlichkeit waren zahlreiche Fliegen, die bei den Massai eine
der ägyptischen ähnliche Augenkrankheit erzeugen.

Für einen Jäger wäre dieser Lagerplatz ein paradiesischer gewesen.
In der Nähe des Wäldchens hausten zahlreiche Perlhühner, deren
ich mir einige zum Frühstück erlegte, in einem Tümpel grunzten
Flusspferde und in der weiten Ebene tummelten sich ungeheure
Wildmassen, die sehr wenig scheu waren, obwohl sie von Wandorobo
und neustens auch von Massai viel gejagt wurden. Diese erlegten das
Wild meist mit dem Speer, theils indem sie Gnus, die nicht sehr
schnell laufen, verfolgten und sie niederstiessen, theils indem
sie sich schlangenähnlich an schlummernde oder grasende Nashorne
heranschlichen und ihnen die Waffe in den Leib rannten.

Wir hielten einen Rasttag in Ngorongoro, den ich zur Besichtigung
einiger Massai-Kraals benutzte. Ich fand dort die freundlichste
Aufnahme. In dem Hof, den die niedrigen, lederbedeckten Zelthütten
umgaben, riefen mir die Elmoran, die Krieger ihr »Sowai!« zu; vor
den Hütten kauerten Greise mit scharfgeschnittenen Gesichtszügen und
Nditos (Mädchen) mit glänzenden schwarzen Augen lugten, behangen
mit Eisen- und Glasperlenschmuck, aus dem Innern hervor. Mein
ständiger Begleiter bei diesen Spaziergängen war der Leigwenan, den
ich durch das Geschenk eines Kalbes glücklich gemacht hatte. Um den
Dornzaun unseres Lagers sammelten sich inzwischen Schaaren jener
Jammergestalten, die jetzt für das Massai-Land bezeichnend sind.
Da waren zu Skelette abgemagerte Weiber, aus deren hohlen Augen
der Wahnsinn des Hungers blickte, Kinder die mehr Nacktfröschen
als Menschen glichen, »Krieger« die kaum auf allen Vieren kriechen
konnten und stumpfsinnige, verschmachtende Greise. Diese Leute
verzehrten Alles: gefallene Esel waren für sie ein Schmaus, aber auch
Knochen, Häute, ja selbst Hörner des Schlachtviehs verschmähten sie
nicht. Ich liess den Unglücklichen nach Kräften Nahrung geben und die
gutmüthigen Träger theilten ihre Rationen mit ihnen; aber ihr Appetit
war unersättlich und immer neue Hungrige kamen herbeigewankt. Sie
waren Flüchtlinge aus Serengeti, wo die Hungersnoth ganze Distrikte
entvölkert hatte, und kamen als Bettler zu ihren Landsleuten in
Mutyek, die selbst kaum genug zu essen hatten. Schwärme kreischender
Geier folgten ihnen nach, ihrer sicheren Opfer harrend. Täglich bot
sich uns von nun an der Anblick dieses Elends, zu dessen Linderung
wir doch kaum etwas thun konnten. Eltern boten uns ihre Kinder zum
Verkauf gegen ein Stückchen Fleisch an und wussten dieselben, als
wir solchen Handel ablehnten, geschickt beim Lager zu verstecken und
sich aus dem Staube zu machen. Bald wimmelte die Karawane von solchen
kleinen Massai und es war rührend, zu beobachten, wie die Träger sich
dieser armen Würmer annahmen. Kräftigere Weiber und Männer verwendete
ich als Viehhirten und errettete dadurch eine ganze Anzahl vom
Hungertode.

[Illustration: Massai-Kraal.]

Am 21. März zogen wir im Ngorongorokessel weiter, vorbei an einem
Wandorobo-Lager, dessen Umgebung mit Wildabfällen bestreut war,
um welche sich Raben, Marabus und Geier zankten. In einem schönen
Akazienwald unweit des Sees lagerten wir. Die Ebene vor uns
beherbergt wieder zahlreiche Rhinozerosse, darunter prachtvolle,
schneeweisse Exemplare, deren ich eines erlegte. Mzimba zog
Nachmittags zum ersten Mal im Leben auf die Jagd und schoss ein
Nashorn. Auch andere meiner Leute haben im Laufe der Expedition
mehrfach Nashorne erlegt, da die Jagd dieser Thiere keineswegs so
besonders schwierig und gefährlich ist, als es nach den Berichten
der Berufs-Nimrode erscheinen könnte. Vor Allem ist das Nashorn
nicht sehr scheu und wenn der Wind nur halbwegs günstig ist, so kann
man sich ohne Weiteres bis auf 30 Schritte nahen, ohne dass es sich
stören lässt. Um auf 30 Schritte ein Rhinozeros zu treffen braucht
man gerade kein hervorragender Schütze zu sein, und wenn die Kugel
in den Oberleib oder (mit dem kleinkalibrigen Gewehr) in den Kopf
einschlägt, so fällt das Thier meist ohne Weiteres. Verwundet man
es an einer anderen Stelle, so läuft es entweder davon, und zwar so
schnell, dass eine Verfolgung selten Erfolg hat, oder es greift den
Jäger an. Dieser Moment wird von den Nimroden meist besonders grell
ausgemalt. Ihre Begleiter laufen gewöhnlich davon und nur der Nimrod
hält dem anstürmenden Koloss Stand. Das klingt sehr gefährlich, der
»anstürmende Koloss« ist aber so gut wie blind, ein Schritt auf die
Seite genügt und er rast vorbei, bleibt dann stehen und blickt sich
verwundert nach dem Jäger um, der ihm dann in aller Ruhe von nächster
Nähe eine zweite Kugel in den Leib jagen kann.

[Illustration: TAFEL V. HUNGERNDER MASSAI]

Gegen Abend kamen Wandorobo ins Lager, die uns geheimnissvoll
meldeten, dass die Krieger eines benachbarten Kraals einen Ueberfall
auf uns beabsichtigten. Ich zweifelte zwar sehr daran, dass Jemand
einen solchen wagen könnte, liess aber dennoch die Dornverhaue
besonders sorgfältig anlegen und Nachts die Posten verstärken.

Kaum hatte ich mich in mein Zelt zurückgezogen, als ein Schuss
krachte. Alles lief an die Einzäunung, das Magnesium-Licht, das für
solche Zwecke stets bereit war, flammte auf und zwei splitternackte
Massai-Krieger wurden gefangen genommen, die versucht hatten, in den
Viehkraal einzudringen. Wir begannen nun wirklich an die Möglichkeit
eines Ueberfalls zu denken, doch ereignete sich nichts ähnliches
mehr, nur einige Hungergestalten näherten sich dem Lager, auf welche
die Posten ohne sie zu erkennen in der Dunkelheit Feuer gaben. Am
nächsten Morgen sah ich zu meinem tiefsten Bedauern zwei dieser
Unglücklichen von Kugeln durchbohrt vor der Einzäunung liegen. Neben
ihnen stand ein langer hagerer Greis mit wirrem, weissen Haar, der
uns wüthende Flüche zurief. »Ihr schwelgt in Milch und Fleisch,«
sagte er, »und schiesst auf uns, die wir vor Hunger sterben. Seid
verflucht!« Ich liess dem Armen ein Stück Fleisch geben, dass er mit
thierischer Gier roh verschlang, um dann in seinen wilden Ausbrüchen
fortzufahren. Die Karawane hatte sich schon entfernt und immer noch
tönte das Geschrei des Unglücklichen hinter uns her.

Wir stiegen auf gutem Viehweg den steilen Westhang des Kessels
hinan und erreichten das Plateau von =Neirobi=. Dasselbe hat
2400 m Seehöhe; lange Nebelstreifen ziehen über die mit saftigem
Grün bedeckten Weiden in welchen einzelne knorrige, mit Flechten
behangene Bäume verstreut sind. An lichter gefärbtem Gras und dichtem
Brennesseldickicht waren alte Massai-Kraals erkennbar, deren Bewohner
jetzt gänzlich verschwunden waren oder als Verhungernde umherirrten.
Einige derselben schlossen sich uns wieder an. Das Massai-Element
fing überhaupt an, in der Karawane zuzunehmen und es war komisch zu
sehen, wie rasch der stolze Elmoran sich in »Laschomba« (Swahíli)
mit Fez und Lendentuch verwandelte. Sogar eine ganze Familie zog
mit, bestehend aus Mutter, einer hübschen jungen Tochter, zwei
halbwüchsigen Jungen und einem Säugling, der fast garnicht schrie und
mit Kuhmilch gefüttert wurde.

Am Morgen des 23. März zogen wir leicht bergan über das kalte,
neblige Plateau von =Neirobi=, stets durch prächtiges Weideland,
dessen fetter Boden von tief eingetretenen Viehwegen durchschnitten
ist. Zu unserer Linken stiegen grasige Kuppen auf. So schön und
fruchtbar das Land auch war, so wirkte die ewige Folge niedriger
Graswälle doch eintönig, um so mehr als nichts eine Veränderung ahnen
liess.

Plötzlich merkte ich eine Bewegung an der Spitze der Karawane, die
Leute stellten ihre Lasten nieder und deuteten gegen Süden. Ich
beschleunigte meine Schritte und konnte einen Ruf des Erstaunens
nicht unterdrücken als ich auf der Kuppe angelangt war. Zu unseren
Füssen lag, von steilen, felsigen Hängen eingesäumt, eine ungeheure
Spalte, ein Graben im geologischen Sinne, bei dem man förmlich sah,
wie ein Stück des Plateaus 1000 Meter weit abgerutscht war. An der
Sohle dieses Grabens lag, von sandigen Ufern umgeben, ein blauer See,
dessen südlicher Verlauf mit dem Horizont verschwamm. Am Westufer
stiegen die Randberge des Serengeti-Plateaus auf, an das Ostufer
schloss sich eine Reihe paralleler Ketten an, die in den Iraku-Bergen
gipfeln, welche als lange Mauer am Horizont stehen. Ueber diese erhob
sich, fast genau im Süden, ein mächtiger, dunkler Kegelberg. Es war,
wie ich später erfuhr, der =Gurui=-Berg, den ich schon in Umbugwe
gesehen, aber durch die vorgelagerten Berge nicht in seiner Bedeutung
erkannt hatte. Der See, welcher sich in der Tiefe ausdehnte, wurde
von den Massai =Eyassi=-See genannt. Er ist auch ein Salzsee, doch
grösser als der Manyara und das Sammelbecken jener Wasserläufe
Unyamwesis, die dem Wembere-System angehören. Dies war mir schon
damals zweifellos und wurde später direkt nachgewiesen.

Wir schlugen unser Lager auf einer beherrschenden Kuppe am Rande des
Steilabfalles auf und von meinem Zelt aus genoss ich den herrlichen
Anblick des sonnenbestrahlten Sees, den ich als erster Europäer
schaute. Am 24. März unternahm ich mit einigen Askari und einem
Massaiführer den Abstieg zum See. Pfadlos kletterten wir durch
vegetationsreiche Schluchten, überschritten Bäche und gelangten
schliesslich an den letzten sehr steilen Abfall, der dicht mit
Aloë, Euphorbien und Stachelgestrüpp bedeckt war. Auch durch dieses
Dickicht erkämpften wir unsern Weg, mussten eine fast senkrechte,
sandige Tuffwand überschreiten und gelangten bei glühender Hitze
Nachmittags an einen Bach am Seeboden. Ein heftiger Fieberanfall
nöthigte mich, dort zu verbleiben und ich sandte einige Askari zum
nahen Seeufer um Salz- und Wasserproben einzusammeln. Von Moskitos
gequält, von zahlreichen Hyänen umheult, verbrachten wir die Nacht
am Bach und stiegen am nächsten Tage auf besserem Wege durch ein
schönes, von Phönixpalmen erfülltes Thal zur Höhe. Schon unterwegs
begegneten wir Leuten vom Lager, die ausgezogen waren, uns zu suchen,
da man uns schon Tags vorher zurück erwartet hatte. Im Lager wurden
wir mit Freudengeschrei empfangen, da man schon ernstlich um uns in
Sorge gewesen war und die Leute baten mich dringend, keinen Ausflug
mehr, und sei es der kleinste, ohne ihre Begleitung zu machen.

Durch welliges Land mit dunklem, lehmigem Boden auf dem viel Klee
gedieh, gings am 26. weiter zum =Njogomo=-Bach der dem Eyassi-See
zufliesst. Am 27. stiegen wir über eine Höhe und dann sanft ab zur
weiten, fast baumlosen Ebene von =Serengeti=. Dieselbe hat weit
weniger schönes Weideland als Mutyek, ist sehr sanft gewellt und
von flachen Thalrissen durchzogen. Hier lagen einige Massai-Kraals
zerstreut in deren Nähe Ziegen weideten. Während wir vorbeizogen,
kamen alte Leute, Elmoruo, an und riefen uns zu, dass die Krieger mit
uns Frieden halten wollten falls wir ihnen einen Tribut an Rindern
geben würden. Wir antworteten durch Mabruki Massai, den Findling
von Donyo Lukutu, dass uns unter diesen Umständen an einem Frieden
nichts gelegen sei. Mabruki, der ja selbst Elmoran gewesen, und die
Sitten der Massai natürlich genau kannte, erklärte, dass die Krieger
uns nun bestimmt angreifen würden. Thatsächlich kamen einige hundert
Leute auch bald mit geschwungenen Speeren hinter uns hergelaufen.
Es wäre mir nun ein Leichtes gewesen, über diese Krieger einen
»glänzenden Sieg« zu erringen, den Kraal zu »stürmen« und die Ziegen
zu erbeuten, ich bemitleidete jedoch diese Hungerleider, die in
ihrem Raubanfall nur dem Gebote des Magens folgten und begnügte mich,
sie durch einige wohlgezielte Kugeln zu verjagen. In 5 Minuten war
kein einziger mehr zu sehen. Die Karawane hatte ihren Marsch keinen
Augenblick unterbrochen. Das war unser einziges »Gefecht« mit Massai,
den blutgierigen, furchtbaren Räubern, deren Gebiet, »nur mit 1000
Europäern« passirbar ist.

Die Bodenschwellungen verschwanden bald gänzlich und über eine
leicht geneigte, staubige Ebene ging es abwärts. Wild, welches am
Neirobi-Plateau spärlich gewesen, war hier wieder in grossen Mengen
sichtbar, in langer Reihe, gleich einer Kavallerie-Abtheilung liefen
Strausse mit Windeseile durch die Steppe. Bei einem einzelnen,
Wasserlöcher enthaltenden Felshügel, =Duvai=, lagerten wir und
waren bald von zahlreichen Wandorobo umgeben, die hier in grösserer
Zahl leben. Sie waren hier keineswegs jener elende Pariastamm, als
welchen man diese Jäger sonst kennen lernt, sondern ein schöner,
hochgewachsener Schlag und mit ihren kräftigen Bogen und vergifteten
Pfeilen keineswegs zu verachtende Gegner. Die Jagd schützt sie vor
dem Hunger, ja manchmal unternehmen sie auch Raubeinfälle in das
bewohnte Gebiet von Usukuma und treiben Vieh fort, welches sie jedoch
nicht züchten, sondern sofort schlachten. Gegen uns benahmen sie sich
freundlich und mit Leichtigkeit bekam ich hier Sprachproben dieses
merkwürdigen Jägervolkes.

Der nächste Tag führte uns durch flaches, von seichten, meist
wasserlosen Senkungen durchzogenes Land. Eine derselben enthielt den
kleinen Salzsee Lgarya, dessen Ufer von zahlreichen Flamingos belebt
ist. Dichte Staubwolken begleiten hier den Gang der Karawane, die
Schirmakazie, jener echte Nyikabaum trat auf, wir waren wieder im
Steppenland.

Gegen Mittag des 29. März verschwanden auch die Akazien und wir zogen
durch eine weite, fast völlig baumlose Grasebene, eine richtige
Prairie, aus welcher im Nordwesten die flache Kuppe Kiruwassile
auftauchte. Selbst Wild war in dieser Einöde selten, doch begegnete
man auf Schritt und Tritt Gnu-Sceletten, von Thieren, die der Seuche
erlegen waren. Unser Ziel bildete eine einzelne Akazie, die wir
stundenweit vorher sahen und an deren Fuss sich Löcher mit lehmigem
Wasser befanden. Der Marsch war ein besonders anstrengender gewesen,
da die Leute ausser ihren Lasten auch Brennholz mitnehmen mussten,
welches es in dieser Graswüste nicht giebt.

Die Wirkung der langen Märsche, sowie jene der ungewohnten
Fleischnahrung machte sich bei der Mannschaft überhaupt schon
geltend. Die Pangani-Leute allerdings, die an Massai-Reisen gewöhnt
sind, hielten sich vorzüglich, die aus Bagamoyo dagegen litten
schwer. Selbst grosse Portionen konnten ihren an Pflanzenkost
gewöhnten Magen nicht sättigen, Fälle von Entkräftung verbunden mit
ruhrartigen Zuständen traten ein. Dann ergriff einzelne Leute ein
Zustand völliger Muthlosigkeit, sie legten sich am Wege nieder und
erklärten sterben zu wollen. In solchen Fällen that Mzimba mit ein
paar Kurbatschhieben oft Wunderwirkung: der Sterbende erhob sich
und marschirte weiter. Anders freilich war es, wenn es einem der
Leute gelang, sich abseits von der Route im Grase zu verbergen, wo
er ohne Nahrung, ohne einen Tropfen Wasser dalag, den Tod erwartend.
Im Lager wurde er natürlich vermisst und Askari, die keine Müdigkeit
kennen durften, ausgesandt ihn zu suchen. Meistens wurden solche
Leute aufgefunden und gerettet, in manchen Fällen aber brach die
Nacht herein, die Askari kamen unverrichteter Sache zurück und wenn
draussen die Hyänen ihr grässliches Konzert begannen, wussten wir,
dass unser Kamerad verloren war.

Am 30. März hatten wir den tafelförmigen =Kiruwassile=-Berg erreicht,
dem eine Kette kleiner Granithügel vorgelagert ist, zwischen deren
mächtigen Felsblöcken Euphorbien und Stachelgestrüpp gedeihen, und
lagerten an dem klaren Wassertümpel eines Baches. Durch Parkland ging
es am folgenden Tage weiter, wo manchmal röthlicher Granit zu Tage
tritt, dessen Platten durch viele Sprünge zerrissen sind, so dass der
Boden wie gepflastert aussieht. Steil stiegen wir eine Plateaustufe
ab und gelangten in schön begrastes, fruchtbares Land, in dem einige
verlassene Wandorobo-Grashütten die einzigen Spuren menschlicher
Siedelung sind. Einzelne Sorghum-Pflanzen und Kalebassen-Geranke,
das wild dazwischen wächst, wurde mit Freuden begrüsst, zeigten sie
uns doch die Nähe kultivirter, ackerbautreibender Distrikte an.
Am trockenen, tief eingerissenen Lossergasch-Bach, der schon dem
Nilsystem angehört und den Oberlauf des Simiyu bildet, schlugen wir
unser Lager auf. Die Massaiführer sagten uns, dass =Ikoma=, oder wie
sie es nennen, =Elmarau=, eine von Waschaschi bewohnte Landschaft,
nur noch zwei Tagereisen entfernt sei: wir beschlossen daher alles
aufzubieten, um rasch dahin zu gelangen. Denn täglich mehrten sich
die Todesfälle durch Entkräftung, zwei, drei Mann brachen unterwegs
zusammen und andere schleppten sich nur noch schwer fort. Alle Askari
trugen Lasten und mühsam keuchte die Karawane auf dem sonnenglühenden
Pfad vorwärts. Das Land war arm an wasserführenden Bächen, von
zahllosen Regenschluchten durchfurcht und theilweise mit dichtem
Dorngestrüpp bewachsen. Nachmittags entdeckten die scharfen Augen
der Träger am Horizont saftig grüne Parthien: es waren die Felder von
=Elmarau=. Doch konnten wir sie an diesem Tage nicht mehr erreichen
und waren noch einmal auf Fleischdiät angewiesen.

[Illustration: Zusammentreffen mit Waschaschi.]

Am Morgen des 2. April gelangten wir schon frühzeitig an den breiten
trockenen Bach Orangi, der von hochstämmiger Gallerie-Vegetation
eingesäumt ist und reichliche Wasserlöcher enthielt. Zwischen den
Bäumen des rechten Ufers erblickten wir roth bemalte, hochgewachsene
Gestalten mit Bogen und Pfeil, meist in charakteristischer Haltung
auf einem Bein stehend. Es waren Leute aus =Ikoma=, die zur Jagd
hierher gekommen waren und mit Erstaunen die Karawane erblickten.
Doch war es ja schon öfter geschehen, dass bekleidete Fremdlinge aus
dem Massai-Land zu ihnen kamen; sie begrüssten uns auf Kinyamwesi und
zeigten uns damit an, dass wir das Massai-Sprachgebiet verlassen und
uns wieder bei Bantuvölkern befanden. Einige Glasperlen machten sie
rasch zu unseren Freunden und auf einem richtigen Feldwege, einem
wahren Labsal nach der pfadlosen Wildniss, zogen wir Ikoma zu. Mit
Jubelgeschrei begrüssten die Leute die ersten Felder, wo Sorghum,
Mais, Eleusine und andere Kulturpflanzen sorgfältig angebaut waren.
An dem wasserführenden Ormuti-Bach betraten wir das Dorfgebiet,
ein offenes, leicht gewelltes Grasland mit verstreuten Hütten und
kreisrunden, von buschigen Euphorbienhecken umgebenen Komplexen, in
deren einem wir lagerten.

Die friedlichen Eingeborenen kamen völlig unbewaffnet, auch
viele, meist sehr üppige Damen erschienen und brachten in netten
Körbchen Mehl zum Verkauf, so dass die Leute wieder in gewohnter
Nahrung schwelgen konnten. Auch mir erschien ein Kürbiss, den
der Koch bereitete, als eine köstliche Delikatesse, denn ausser
Brennessel-Spinat hatte ich seit Umbugwe kein frisches Gemüse
gegessen.

In dem Wunsch rasch Mehl zu bekommen hatten wir bei der freundlichen
Haltung der Eingeborenen, unserm Grundsatz widersprechend, denselben
Zutritt in's Lager gewährt. Sie benutzten diese Gelegenheit jedoch,
um mit grosser Geschicklichkeit zu mausen, ja einer stahl sogar mein
Rosshaarkissen, das die Jungen zum Auslüften hingebreitet hatten.
Ich liess hierauf einige Weiber an die Kette legen und forderte die
erschrockenen Eingeborenen auf, die gestohlenen Gegenstände wieder
zurückzubringen, was auch in kaum einer Viertelstunde geschah, worauf
wir die gefangenen Schönen wieder laufen liessen.

Unsere Freundschaft mit den Eingeborenen wurde durch diesen etwas
summarischen Vorgang in keiner Weise getrübt, da er vollkommen den
afrikanischen Rechtsanschauungen entspricht und von Eingeborenen
untereinander sehr oft ausgeübt wird. Thatsächlich ist es in einem
Lande, wo keine Polizei existirt auch nahezu unmöglich, zu seinem
Recht zu kommen ohne dieses Geiselsystem.

Wir hielten uns am nächsten Tage in Ikoma auf, stets umschwärmt
von den harmlos friedlichen Eingeborenen, die für Glasperlen und
Messingdraht ungeheure Mengen Mehl und andere Lebensmittel, auch
grosse Welse brachten. Am Morgen des 4. April, an welchem ich einen
zweiten Rasttag halten wollte, meldete mir Mzimba zu meinem sehr
grossen Erstaunen, dass vier Träger ausgerissen seien. Natürlich
waren es Wabondeï, diese unverbesserlichen Davonläufer, die so
spät ihr Heil in der Flucht gesucht. Im Interesse der Disziplin
schien es mir unumgänglich nothwendig, diese Leute zu fangen und
ich beschloss, abermals zu dem afrikanischen Verfahren zu greifen.
Vier eingeborene Geiseln wurden festgenommen und ich eröffnete
den Ikoma-Leuten, dass ich diese erst freigeben würde, wenn meine
vier entsprungenen Träger eingebracht würden. Die Eingeborenen
fanden diesen Vorgang sehr begreiflich und baten uns, zum Schein
abzuziehen, da sich die Flüchtlinge wohl erst dann wieder zeigen
würden. Wir brachen denn auch nach dem zwei Stunden entfernten Dorf
=Niasiro= auf, das etwa 100 Hütten hat, die auf der Kuppe eines
Hügels zwischen dunklem Euphorbiengestrüpp verstreut liegen. Am
Fusse rauscht der ansehnliche, fischreiche =Grumeti=-Bach. Auch
hier überboten sich die Eingeborenen an Freundlichkeit und Mzimba
veranstaltete unter einem schattigen Baum einen förmlichen Markt und
häufte Lebensmittel-Vorrath an, als ob wir noch einmal das Massailand
passiren sollten.

[Illustration: Waschaschi-Dorf in Usenye.]

Am Morgen des 6. April wurden die vier Deserteure gebunden
eingeliefert und die Geiseln, die sich bei uns sehr behaglich gefühlt
hatten, nahmen reich beschenkt Abschied. Die feigen Eingeborenen, die
vor den Flinten der Ausreisser Furcht hatten, lockten dieselben erst
freundlich an, fielen dann über sie her und legten sie in Fesseln.
Sie wurden von ihren Kameraden mit höhnischen Zurufen und Pfiffen
empfangen, erhielten ihre tüchtige Strafe und wurden an die Kette
gelegt. Als ich sie fragte, warum sie fortgelaufen seien, meinten
sie: die Massai-Reise habe sie ermüdet und sie wollten als Sklaven
bei den Eingeborenen bleiben um auf eine andere Karawane zu warten.
Wenn man bedenkt, dass oft viele Jahre vergehen, bevor eine Karawane
nach Ikoma kommt, so kann man das Unsinnige dieses Planes ermessen.

Die weitere Reise führte uns durch =Usenye=, einer reich bebauten,
von stärkeren Hügelwellen durchzogenen Landschaft, mit zahlreichen
grossen Dörfern, in deren Innern die Euphorbien- und Dornhecken
förmliche Irrgärten bilden. Am 7. April überschritten wir den
=Rubana=, einen nach den Karten sehr bedeutenden Fluss, der aber
in Wirklichkeit nur ein schmaler Bach ist. Schon damals schien mir
zweifelhaft, dass dieses Gewässer der Unterlauf des =Ngare dabasch=,
eines ansehnlichen Flusses im Massailand sein sollte. Jenseits
des Rubana betraten wir wieder pfadloses Steppengebiet und zogen
unter Führung eines Usukuma-Händlers, den wir in Ikoma getroffen,
schnurgerade auf einen Kegelberg, Tschamliho, los. Das Land war offen
und grasig, nur die zahlreichen Wasserrisse von Laubbäumen, Akazien
und Tamarinden eingesäumt. Viele Antilopen und Gnus sowie einzelne
Nashorne tummelten sich in der Ebene; von Büffeln sah man auch hier
nur Scelette.

Am 9. April erreichten wir den Tschamliho-Berg, der den höchsten
Punkt des Distriktes =Ikiju= bezeichnet, ein bewohntes, bergiges
Land. Auch hier leben Waschaschi, wohlgenährte kräftige Leute in sehr
einfacher Kleidung, mit Bogen und Pfeil bewaffnet.

Sie hatten unser Herannahen schon bemerkt und zogen uns entgegen,
eine feindliche Invasion fürchtend, beruhigten sich jedoch bald, als
sie uns als Küstenkarawane erkannt. Auch sie pflegen auf einem Fuss
zu stehen und den anderen oberhalb des Knies aufzustemmen.

[Illustration: Angel für Welse der Waschaschi.]

Auf steinigem Pfade durchzogen wir mehrere an den Hängen verstreute
Dorfgebiete und lagerten an einem Bach, wohin die nun völlig
zutraulichen Eingeborenen uns reichliche Lebensmittel brachten. Am
nächsten Tage trugen sie sogar die Lasten der Leute, als wir auf
steilem, schlechten Felsweg den Berg jenseits wieder abstiegen und
dann ein wasserreiches, theilweise versumpftes Thal durchzogen.
Stellenweise ragten abenteuerlich geformte Granitfelsen auf, meist
in der Nähe der Dörfer gelegen und den Eingeborenen als Warte
dienend. Am 11. April führte ein angenehmer Marsch uns durch offenes
welliges Land mit vielen Dörfern und prächtigen Anpflanzungen der
verschiedensten Kulturgewächse, unter welchen Gurken, Kürbisse,
Arachis und Maniok auffielen. Getrocknete Fische wurden uns zum
Verkauf angeboten, welche zugleich mit Fischereigeräth in den Hütten
uns die Nähe des Victoria-Nyansa anzeigten.

Am 12. April begannen wir bei leichtem Regen den ziemlich steilen
Abfall der Schaschi-Berge abzusteigen. Kaum eine halbe Stunde vom
Lager eröffnete sich uns plötzlich der Ausblick auf die dunkle Fläche
des Speke Golfes mit dem fernen Horizont des Nyansa. Ein grauer
Himmel umspannte die Landschaft, der Majita-Berg im Norden und die
Nassa-Berge im Süden waren nur undeutlich sichtbar.

Dennoch war es für mich ein freudiger Augenblick: konnte ich mir doch
sagen, dass der schwierigste Theil unserer Aufgabe gelöst war. Die
direkte Route durch das Massai-Land, die als unpassirbar galt und
die ein Stanley geplant und als zu schwierig aufgegeben hatte, diese
Route war von der Massai-Expedition in der kurzen Zeit von 2½ Monaten
bewältigt worden.

[Illustration: TAFEL VI. Station Mwansa am Victoria-See.]

Vor den Schaschi-Bergen dehnte sich eine flache, von einzelnen
Wasserrissen durchzogene Grasebene aus, durch die unser Weg dem See
zu führte. Ungeheure Heerden von Gnus, Antilopen und Zebras waren
sichtbar, auch ein Rhinozeros konnte ich erlegen und die Träger
knallten ein zweites gemeinsam nieder, nachdem sie ihm ein förmliches
Feuergefecht geliefert. Gegen Mittag erreichten wir das Papyrus-Ufer
des Nyansa beim Distrikt =Katoto=. Zwischen Feldern und zerstreuten
Hütten waren Fische auf Gestellen zum trocknen ausgelegt, in den
Papyrussaum des Ufers hatte man für die Kanus Strassen gehauen
und durch diese blickte man hinaus auf die schimmernde Fläche des
afrikanischen Binnenmeeres.

[Illustration: Kanu am Victoria-Nyansa.]



[Illustration]

III. KAPITEL.

Im östlichen Nyansa-Gebiet.

Katoto und Mwansa. -- Ukerewe. -- Ukara. -- Der Baumann-Golf.
-- Gefechte in Mugango. -- Die Schaschi-Länder. -- Ngoroïne. --
Ikoma. -- Kämpfe in Ututwa. -- Ntussu. -- Meatu. -- Munyihemedis
Niederlassung. -- Zur Nyarasa-Steppe. -- Der Salzfluss Simbiti.
-- Die Elephantenjäger. -- Die Weiber der Karawane. -- Usmau und
Usukuma. -- Mwansa.


In dem ansehnlichen, von festem Stangenzaun umgebenen Hüttenkomplex
des Häuptlings schlugen wir wenige Schritte vom Nyansa, in Katoto,
unser Lager auf. Die Eingeborenen, mit Ziegenfell bekleidete
Waschaschi, waren rasch mit uns befreundet und brachten Lebensmittel.
Wir schwelgten in seltenen Genüssen wie Fischen, Zuckerrohr, Tomaten
und vorzüglichen Gurken, wozu in den nächsten Tagen noch Bananen
aus Ukerewe und Reis aus Usukuma traten. Behaglich lagen die Leute
am Strand, nahmen auch trotz der Krokodile eifrig Bäder im Nyansa,
beobachteten die Flusspferde, die manchmal ihr breites Maul über
die Wasserfläche erhoben, die Tauchervögel, die mit unendlicher
Leichtigkeit der Bewegung über das Wasser schwebten und die Kanus,
die von kräftigen Ruderern getrieben, den sonnenbestrahlten See
belebten. Sie bemerkten dabei auch merkwürdige scheinbare Ebbe- und
Flutherscheinungen des Nyansa und kamen eilig, mir dies zu melden.
Ich lachte über diese Wahrnehmung, da das Vorkommen von Gezeiten
bei einem Binnengewässer wie dem Victoria-See ganz ausgeschlossen
erscheint. Wie gross war jedoch mein Erstaunen, als ich in den
nächsten Tagen thatsächlich einen Wechsel des Niveaustandes um ca.
30 cm wahrnehmen konnte! Die Erklärung dafür bieten die regelmässigen
Seewinde die täglich einsetzen und das Steigen des Wasserspiegels am
Ufer hervorrufen.

Das Dolce far niente meiner Leute wurde fast täglich durch mächtige
Donnerwetter gestört, die stets Nachmittags mit unerhörter Wucht
hereinbrachen. Einmal wurde sogar ein Askari vom Blitz gestreift, war
mehrere Tage fast blind, erholte sich jedoch dann vollständig.

Da ich die Absicht hatte meiner Mannschaft in Katoto längere Erholung
zu gönnen, so begann ich unter einigen schönen Baumakazien grössere
Lagerhütten zu errichten, theils um uns einen angenehmeren Aufenthalt
zu schaffen, theils um die Leute zu beschäftigen. Mit Eifer
schleppten Träger und Eingeborene, die unsere besten Freunde waren,
Stangen und Papyrus herbei und bald erhoben sich leichte luftige
Hütten mit Grasdächern, in welchen es sich sehr gut leben liess.
(Siehe Kopfleiste des Kapitels.)

Ich verbrachte meine Zeit mit wissenschaftlichen Arbeiten, mit
Jagdexkursionen in der nahen wildreichen Steppe und Kanufahrten
auf dem Nyansa. Bald nach meiner Ankunft, hatte ich Boten an die
englische Mission Nassa gesandt und auch die deutsche Station Mwansa
verständigt. Kompagnieführer =Langheld= machte sich sofort nach
Empfang dieser Nachricht auf und am 22. April hatte ich die Freude,
ihn in Katoto zu begrüssen. Ich folgte seiner Einladung, ihn nach
Mwansa zu begleiten, übergab die Expeditionsleitung für einige Tage
an Mzimba und schiffte mich mit ihm in dem grossen Boote von Mr.
Stokes ein.

Bei frischer Brise segelten wir rasch über die Fluth des
Speke-Golfes, welcher hier im innersten Theil der Bucht grau und
mit zahllosen salatartigen Wasserpflanzen bedeckt ist. Um 2 Uhr
Nachmittags landeten wir am schilfreichen Strand der fruchtbaren,
dicht bewohnten Landschaft =Nassa=, wo auf einer Anhöhe die englische
Mission der »Church Missionary Society« gelegen ist. Sie besteht
aus einigen blättergedeckten Lehmhütten mit niedrigen dumpfen
Räumen und einer Rundhütte als Kirche. Von derselben geniesst man
einen prächtigen Blick auf den Speke-Golf und seine bergigen Ufer.
Wir kamen gerade in einem ungünstigen Augenblick, denn der eine
Missionar war am Morgen gestorben und der andere, ein bleicher
junger Engländer, der nun völlig einsam seine Tage hier verbringen
sollte, von dem Todesfall natürlich sehr angegriffen. Dennoch liess
er es sich nicht nehmen uns zu bewirthen und setzte uns ein Mahl
vor, das, wie meist in englischen Missionen, hauptsächlich aus
Konserven bestand. Einige derselben waren mir deshalb merkwürdig,
weil sie der Sendung entstammten, die Dr. Hans Meyer und ich 1888
nach dem Victoria-Nyansa befördert hatten. Da wir, durch den Aufstand
gehindert, nicht an den See gelangten, wurden die Provisionen an
die englische Mission abgegeben und ich hätte nicht gedacht, dass
wenigstens ein kleiner Theil derselben doch noch ihrem ursprünglichen
Zweck, nämlich dem, von mir gegessen zu werden, zugeführt werden
sollte.

Unter den Eingeborenen der Umgebung hat die Mission so gut wie gar
keine Erfolge und dient wohl hauptsächlich als Transport-Station
für Uganda. Auch die Zöglinge entstammen fast ausschliesslich dem
englischen Seeufer. Besonders merkwürdig ist in Nassa ein Schuppen,
in dem sich die Bestandtheile des Dampfers befinden, den die
Mission am Nyansa erbauen wollte. Mit grossen Opfern an Geld und
Menschenleben wurden diese Eisentheile in's Herz Afrika's befördert
und verrosten jetzt -- ein Fall, der im Innern Afrika's keineswegs
vereinzelt dasteht.

Längs des Südufers, an dem sich felsige, theilweise bewohnte
Inselchen hinziehen, segelten wir am nächsten Morgen weiter und
langten Nachmittags in der von mächtigen Granitblöcken eingesäumten
Landschaft Sina an, an deren Strand sich der Nyansa in prachtvollen
dunkelgrünen Wogen bricht. Nach dem Sonnenuntergang, der mit seltener
Farbenpracht stattfand, segelten wir weiter und waren am Morgen
an der Mündung der Bukumbi-Bai, die westlich durch die theilweise
waldige Insel =Yuma= bezeichnet ist. Dieselbe ist dadurch merkwürdig,
dass darauf ein Engländer Namens Wise als Einsiedler lebt. Er hatte
den Wunsch, sein Leben ungestört und beschaulich zu verbringen und
hielt eine Insel im Nyansa dafür als den geeignetsten Ort. Er sollte
sich aber getäuscht haben; denn der Geist der »Amtlichkeit« schwebt
auch über den Wassern des Victoria-Nyansa. Die Rechtstitel, welche
Wise auf den Besitz der früher fast unbewohnten Insel erworben,
wurden bestritten. Als Gartenarbeiter wurden ihm einmal Kinder
von der Station übergeben, dann, nachdem er sie schon abgerichtet,
ohne Grund wieder abgenommen und Mr. Wise ist wahrscheinlich zur
Erkenntniss gekommen, dass man mitten in London viel ruhiger leben
kann als mitten im Victoria-Nyansa.

[Illustration: Ruderblatt, Ukerewe.]

Längs des von riesigen Granitblöcken eingesäumten Ostufers der Bai
fuhren wir nach Süden. Die Bai ist durchsetzt von zahlreichen kleinen
Felsinseln und belebt von Möwen und Tauchervögeln. Wir begegneten
in derselben einem Kiganda-Kanu der Station Mwansa, das uns mit
der angelangten europäischen Post entgegenkam und stiegen, da der
Wind nachgelassen hatte, in dasselbe über. Es war das erste Mal,
das ich diese fest und schlank gebauten röthlichen Fahrzeuge mit
ihren originellen Schiffsschnäbeln sah, die sich an Leichtigkeit der
Bewegung mit allen afrikanischen Fahrzeugen messen können. Am oberen
Kongo werden grosse, aber weit plumpere Kanus gebaut, höchstens die
Dualla in Kamerun verstehen ähnliche Boote herzustellen. An diese
erinnert auch das Rudern im Sitzen mit spitzen Paddeln, die von 20-30
Ruderern mit grosser Kraft und Gleichmässigkeit geführt werden. Den
Takt giebt ein nicht unmelodischer Gesang, den ein Vorsänger angiebt,
welcher zugleich auf kleine lecke Stellen zu achten hat und dieselben
mit Bast verstopft.

Gegen 4 Uhr Nachmittags fuhren wir in die tiefe, von felsigen,
malerischen Inseln durchzogene Bai von Mwansa ein und sahen die
Station, hinter der eine dunkle, mit Granitblöcken bestreute Waldhöhe
sich erhebt. Eine breite, von Papayas und Aloë eingesäumte Strasse
führte vom See zur Station. Diese ist von einer festen Lehmmauer
umgeben und besteht aus einem Stein- und einem Luftziegel-Haus,
sowie Askari-Wohnungen und Wirthschafts-Gebäuden. Ueberall herrschte
musterhafte Reinlichkeit und Ordnung und am Exerzierplatz sah man
die schwarzen, theilweise am See selbst engagirten Soldaten, in
tadelloser Uniform ihre Uebungen mit derselben Strammheit ausführen,
wie man sie an der Küste zu sehen gewöhnt ist. Unweit des Strandes
lag ein hübscher Garten in welchem Tomaten, rothe Rüben, Kartoffeln
und andere europäische Kulturgewächse vortrefflich gediehen und
auch mit Papayas, Kokospalmen und Mangobäumen Anbauversuche gemacht
wurden.

Die Station war eine der schönsten die ich in Innerafrika gesehen und
legte einen glänzenden Beweis für die Thatkraft des Kompagnieführer
Langheld und seiner braven Untergebenen, Feldwebel Kühne und Hofmann,
ab. Aber nicht nur in diesen Aeusserlichkeiten zeigte sich die
Tüchtigkeit dieser Männer, sondern auch in der ganzen Stellung des
Deutschthums am Victoria-Nyansa. Mit den Engländern in Uganda sowohl,
wie mit der französischen und englischen Mission und mit dem Händler
Mr. Stokes unterhielt Kompagnieführer Langheld vorzügliche, nie
getrübte Beziehungen. Trotz seiner geringen Truppenmacht stand er
bei den Eingeborenen in hohem Ansehen, diese leisteten ihre Abgaben
und waren jederzeit bereit Arbeiter, Träger und Kanus der Station zu
stellen. Obwohl er den Schwarzen oft genug »deutsche Hiebe« ertheilt
hatte, nennen sie ihn doch »bwana Msuri« (der gute Herr) und standen
sich im Allgemeinen vorzüglich mit ihm.

Ich hielt mich nur kurze Zeit in Mwansa auf und kehrte dann mit
dem Stokes'schen Boot nach Katoto zurück. Wir liefen unterwegs die
reizende unbewohnte Vesi-Insel an, die mit mächtigen Granitblöcken
bedeckt ist, zwischen welchen üppige Vegetation und schattige Bäume
gedeihen. In Katoto fand ich alles in bester Ordnung; nur einige
Massai, welchen das Klima ungewohnt war, erkrankten und starben bald
darauf.

Um die Expedition leichter beweglich zu machen, sandte ich eine
Anzahl Lasten mit dem Boot nach Mwansa, da ich diese Station später
wieder zu berühren gedachte. Die Packesel, die bis zum See ihre
Schuldigkeit gethan hatten, wurden in den Ruhestand versetzt und
über Land nach Mwansa geschickt, ebenso eine Anzahl Rinder, die
den Grund zu der Heerde der Station und zu dem später vielgerühmten
Milch- und Butterreichthum derselben legten. Auch 16 schwächliche
Träger entliess ich, welche mit Kompagnieführer Langheld an die Küste
gingen. Durch die Verminderung der Lasten wurde eine Anzahl Leute
dienstfrei und ich wählte aus den Trägern 12 »Ruga-Ruga«, junge
bewegliche Burschen, die Askaridienste thaten und sich vorzüglich
bewährten. Sie wurden in Katoto nothdürftig eingedrillt.

Am 6. Mai verliessen wir unser Lager in Katoto endgiltig um die
Erforschung des östlichen Nyansa-Gebietes zu beginnen.

Längs des Nordufers des Speke-Golfs wandernd, durchzogen wir
stundenlang das Feld- und Dorfgebiet von Katoto, das sich längs des
papyrusreichen Nyansa hinzieht und betraten dann lichten Wald, durch
den wir nach der ärmlichen Niederlassung =Butimba= gelangten. Hier
hat der Nyansa stellenweise steile, felsige Ufer und ist frei von
Schilf, so dass man oft schöne Ausblicke geniesst. Durch Parkland,
stets in der Nähe des Seeufers, dem hier felsige Inseln vorgelagert,
ging es am nächsten Tage weiter. Das Land war früher von einem
mächtigen Hirtenstamm, den Wataturu, bewohnt, welche jedoch den
Massai und Wakerewe erlagen, ihren Wohnsitz verliessen und jetzt
als elende Parias in Ukerewe ihr Dasein fristen. Ihr früheres
Dorfgebiet war nicht einmal von Pfaden durchzogen, da die Bewohner
des Nyansa-Ufer nur in Kanus mit einander verkehren. So gelangten wir
denn direkt aus wegloser Wildniss in das Fischerdorf von =Hakahi=,
zum grossen Entsetzen der Einwohner, die hier am Nyansa-Ufer und auf
der nahe gelegenen Insel =Matschwera=[1] ein weltverlassenes Dasein
führen.

  [1] Matschwera wurde später von Kapitain Spring besucht und
      mit den Nachbareilanden »Augusta-Inseln« getauft.

Auch am 8. Mai durchzogen wir hügeliges, von schönen Baumgruppen
durchsetztes Parkland, am Fusse des 300 m hohen Kiruwiru-Berges.
Zwischen den Bäumen erblickten wir oft den tiefblauen Nyansa, aus
dem die bergige Insel =Nafua= mit ihren weissen Strandriffen sich
malerisch erhebt. Leider liess ich mich durch diese landschaftlichen
Reize verleiten, am Seeufer zu lagern, was ich Nachts durch einen
wahren Kampf mit unzähligen Moskitos büssen musste. Ich bin in puncto
Moskito ziemlich abgehärtet und glaubte schon in jüngeren Jahren am
Kongo das höchste Maass derselben genossen zu haben. Aber ich sollte
mich geirrt haben: die Nacht am Speke-Golf übertraf alles dagewesene.
Es gab nur einen Menschen in der Karawane, der in dieser Nacht
einschlief und dieser war ein -- Wachtposten.

Am 9. Mai überschritten wir den =Rugedsi=-Kanal, jene schmale
Strasse, welche die Insel =Ukerewe= vom Festland trennt. Er ist
zu beiden Seiten von sumpfigem Papyrusgebiet eingeschlossen, durch
welches man waten muss, bevor man zu dem meist 30 Schritte breiten
und selten über ein Meter tiefen Kanal kommt. In demselben befinden
sich labyrinthartig angeordnete Fischreusen durch welche eine starke
Strömung nach Nord zieht. Der Wechsel des Wasserstandes macht sich
hier besonders stark bemerkbar, indem Morgens etwa ½ m weniger Wasser
ist als Mittags, was den Eingeborenen genau bekannt ist.

Nachdem wir uns durch den Schlamm- und Schilfsumpf des Ukerewe-Ufers
gearbeitet, zogen wir durch eine schöne, reich bebaute Ebene.
Dieselbe führt zu einer prächtigen kleinen Bucht, in der felsige
Inseln sich erheben und die von sanften Kuppen eingeschlossen ist,
auf welchen zwischen wilden Granitblöcken üppige Bananenhaine und die
braunen Kegeldächer der Hütten auftauchen.

Wir lagerten in einem Dorfe, das von reichen Pflanzungen umgeben war,
unter welchen besonders riesige Maniokstauden auffielen. Wir befanden
uns auf der gesegneten Insel =Ukerewe=, dem Lande des Häuptlings
=Lukonge=, der sich 1877 durch die verrätherische Ermordung zweier
Missionare eine traurige Berühmtheit erworben. Gegenwärtig freilich
zieht er andere Saiten auf, hat schon zahlreiche Reisende bei sich
gesehen und sandte auch uns Boten und Geschenke nach Katoto entgegen,
indem er mich in sein Land einlud.

Am nächsten Tage sollten wir seine Residenz erreichen. Da der Weg
dahin vielfach versumpft ist, zog ich es vor, die Karawane über Land
zu senden und selbst ein Kanu zur Ueberfahrt zu benutzen. Im Westen
dehnte sich das üppige, bananenreiche Gestade von Ukerewe aus und im
Nordosten tauchte die grasige, breite Masse des Majita-Tafelberges
auf, während uns die kräftigen Schläge unserer Ruderer durch die
Grantbai gegen Norden führten. Bei dem durch hohe Schattenbäume
bezeichneten Hauptdorf =Bukindo= landeten wir und durchschritten das
Thor der Befestigung, die aus Stangen und pandanusähnlichen Pflanzen
gebildet ist.

Vor der koncentrischen inneren Umzäunung fand ich die
Expeditionsmannschaft, sowie Lukonge mit seinen »Grossen« bereits
versammelt. Er ist ein lichtfarbiger, wohlbeleibter Mann, der mit
seinem glatten Gesicht und dem faltigen Gewande lebhaft an einen
Landpfarrer erinnert und stark von seiner höchst urwüchsig mit
Bocksfell bekleideten Umgebung absticht. Er schien sich übrigens
garnicht wohl zu fühlen, denn die Reisenden die ihn vor mir besucht
hatten, waren stets im Kanu mit geringer Begleitung gekommen. Eine
solche Masseninvasion war ihm offenbar unheimlich und die Blutthat
von 1877 tauchte vielleicht vor seinem Gewissen auf. Er begrüsste
mich daher verlegen, lud mich ein im innersten Hüttenkomplex zu
lagern und verschwand dann schleunigst auf Nimmerwiedersehen. Die
meisten seiner Unterthanen folgten seinem Beispiel und drückten
sich in die Büsche, sodass wir uns plötzlich als Herren des grossen,
mehrere hundert Hütten zählenden Dorfes sahen.

Es fehlte uns dort an nichts, Vorräthe, auch vorzüglicher Honig und
Bananenwein waren in den geräumigen Hütten massenhaft vorhanden.
Dennoch war ich über diese Lage nichts weniger als erbaut. Lukonge
hatte nämlich auch Baumwollzeuge und allerlei andere Tauschwaaren
in seinen Hütten zurückgelassen, und mir dadurch eine unangenehme
Verantwortung für eventuelle Diebereien meiner Leute aufgeladen. Ich
schickte daher Boten nach ihm aus, um ihn aufzufordern, doch zurück
zu kommen und sein Eigenthum wegzuräumen oder bewachen zu lassen.
Er rief den Boten jedoch von Weitem zu, wir möchten nehmen was uns
beliebe und ihm nur sein Leben lassen.

Der Zweck meiner Reise nach Ukerewe, war hauptsächlich der Besuch der
Insel =Ukara=, von der allerlei Seltsames verlautete. Der englische
Missionar Wilson, der dort vor Jahren landen wollte, wurde daran von
einer kriegerischen Bevölkerung verhindert, in welcher er =Zwerge=
erkannte. Schon Stanley hatte erfahren, dass die Wakara ihrer
Zauberkünste wegen berüchtigt seien. Als ich in Bukindo die Absicht
aussprach, dahin zu fahren, erklärte man allgemein, die Wakara würden
das nicht zulassen und im äussersten Fall Mittel finden, ihre Insel
unsichtbar zu machen.

Mit Mühe brachte ich die nöthige eingeborene Rudermannschaft für zwei
Kanus auf und fuhr am 11. Mai mit 12 Askari und meinen Dienerjungen
los. Wir bewegten uns erst längs der reich bebauten, durch wilde
Anhäufungen von Granitblöcken ausgezeichneten Küste von Ukerewe, an
welcher sich im Innern der Insel hochstämmige Wälder anschliessen. Zu
unserer Rechten tauchten die offenen grasigen Kweru-Inseln auf. Gegen
Mittag umschifften wir ein Kap und fuhren die kleinere Insel =Schisu=
entlang.

[Illustration: Ukara.]

Vorläufig hatten die Wakara noch keine Anstalten getroffen, ihre
Insel unsichtbar zu machen. Vor uns ragte das Eiland auf mit seinen
felsigen, röthlichen Bergen im Osten, an denen sich in der Mitte eine
grasige Senkung, und im Westen felderbedeckte, von wilden Felszähnen
gekrönte Höhen anschlossen. An der letzteren Seite näherten wir uns
der sandigen Küste und sahen die nackten Eingeborenen am Strande wild
umherlaufen und ihre Rinder in Sicherheit bringen. Von Zwergen konnte
ich nichts wahrnehmen, manche Leute waren wohl unter Mittelmaass,
andere dagegen normal gewachsen, eine Wahrnehmung die nach mir auch
andere Reisende gemacht, so dass Wilson's Angabe sich als irrthümlich
erwies.

Der Moment war übrigens zu anthropologischen Beobachtungen wenig
günstig, denn zahlreiche dunkle Krieger sammelten sich auf der
hellgelben Fläche des Ufersandes, drohten uns mit gespanntem Bogen
und winkten uns heftig ab. Als wir darauf keine Rücksicht nahmen,
zogen sie sich auf etwa 50 Schritt zurück, wo Granitblöcke ihnen
Deckung boten und liessen uns ruhig landen, so dass ich schon hoffte
mit ihnen friedlich auszukommen. Unser Dolmetsch, ein Mkerewe-Mann,
begann mit ihnen zu sprechen, wurde jedoch durch ein Wuthgebrüll
unterbrochen; einzelne Pfeile schwirrten und die Krieger, lauter
nackte Burschen mit schmalem Lendenschurz, mit Bogen, Pfeilen und
Speeren rückten auf uns an. Ich zögerte nicht mehr meine zwölf
Leute antreten zu lassen und eine Salve abzugeben, die volle Wirkung
ausübte, indem einige Krieger fielen, andere verwundet wurden und die
übrigen sich schleunigst davon machten. Unter diesen Umständen war an
eine nähere Untersuchung der Insel nicht zu denken und ich begnügte
mich mit einem Rundgang, bei dem wir fortwährend von den Kriegern
belästigt wurden und Mühe hatten sie von uns abzuhalten.

[Illustration: Hütten und Futterschober der Wakara.]

Der rothe Lateritboden der Insel ist von vielen Wasserrissen
durchschnitten und bestreut mit riesigen Granitblöcken, zwischen
welchen die Felder mit Sorghum und Arachis und niedrige, stellenweise
in Reihen gepflanzte Bäume verstreut sind, deren reiches Laub den
zahlreichen Rindern als Nahrung dient. Dazwischen kleine Waldgruppen,
in welchen die spitzen Kegelhütten der Eingeborenen liegen. Trotz
ihrer Wildheit scheinen diese doch einen gewissen Kulturgrad zu
besitzen, wie die schön gehaltenen Felder und Baumschulen, sowie
die Trockenmauern, als Wellenbrecher, die sie am Strande errichten,
andeuten. Von einem hohen Punkte der Insel bot sich uns ein
herrlicher Ausblick auf den tiefblauen, mächtigen Nyansa mit seinen
bergigen, üppig grünen Gestaden.

Wir wandten uns gegen Abend wieder dem Strande zu, was den Wakara
Veranlassung zu einem neuen Angriff gab, der jedoch so gründlich
abgeschlagen wurde, dass ihnen die Lust zu weiteren verging. Schon
früher hatten sie versucht, sich der Boote zu bemächtigen, doch
eröffneten die drei Askari, die ich dort als Wache zurückgelassen, im
Verein mit den Küchenjungen, die gerade das Nachtmahl kochten, ein
mörderisches Feuer auf sie und verjagten sie ohne Schwierigkeit. Am
Strande verzehrte ich die unter so erschwerenden Umständen bereitete
Mahlzeit und schiffte mich dann wieder ein, um über die Agnes-Strasse
nach Schisu zu fahren.

Mit der Raschheit der Aequinoctien war die Nacht hereingebrochen und
prächtiger tropischer Mondschein übergoss die glatte Fläche des Sees
mit strahlendem Licht. Eine laue Brise strich vom Lande herüber,
dessen dunkle Umrisse sich vor uns erhoben, taktmässig tauchten die
spitzen Ruder in die Fluth und pfeilschnell durchschnitten unsere
Kanus den glänzenden Spiegel des Nyansa. Der melodische Gesang
der Ruderer in seiner eintönigen Schwermüthigkeit übte, verbunden
mit der ergreifenden Ruhe der Natur und dem Gedanken an die eben
überstandenen Gefahren, einen tiefen Eindruck auf mich aus und ich
werde diese nächtliche Nyansafahrt so leicht nicht vergessen.

Am Morgen des 13. Mai fuhren wir von Schisu, wo wir übernachtet
hatten, ab, und langten gegen Mittag in Bukindo an. Dort hatte sich
nichts verändert, Lukonge war immer noch abwesend und wir hatten alle
Mühe, genügende Kanus aufzutreiben, um die Ueberfahrt der Expedition
nach Majita zu bewerkstelligen. In zehn Kanus wurden Lasten und
Träger mit Mühe und Noth verladen, und meine Leute mussten selbst
rudern. Anfangs ging es ganz lustig vorwärts, doch in der Grant-Bai
sprang starker Gegenwind auf und wir kamen kaum vom Fleck. Das Kanu
in welchem ich mich befand fing an stark zu lecken und füllte sich
immer mehr mit Wasser. Die Lage wurde bedenklich, das Wasser drang
wie durch ein Sieb ein, die Wellen schlugen in's Kanu und wir sassen
bis zum Knie im Wasser. Die braven Manyema-Träger, die als Ruderer
arbeiteten, sangen jedoch lustig weiter, während alle dienstfreien
Hände mit Mützen, Körben und Töpfen das Wasser ausschöpften, so
dass wir glücklich das Festland gegenüber Ukerewe erreichten. Wir
kalfaterten unser Fahrzeug so gut es ging und fuhren in die Bai ein,
deren Nordufer durch den hohen Tafelberg von Majita bezeichnet ist
und deren Ostufer -- nach der Karte zu schliessen -- die grasige,
leicht ansteigende Landschaft Bwenyi bildete, wo wir Nachmittags
anlangten und in einem kleinen Dorfe lagerten.

Da einige Kanus noch im Rückstande waren, blieben wir am 14. Mai in
Bwenyi, ein Aufenthalt, den ich zur Besteigung des Bwenyi-Hügels
benutzte, wo sich mir ein überraschender Anblick bot. Bwenyi war
nicht das Ufer des Festlandes sondern eine von tiefen, fjordartigen
Kanälen durchfurchte Halbinsel, die nur an der Südseite eine
schmale Verbindung mit dem Lande hatte. Mit hohen grünen Ufern und
zahlreichen bergigen Inseln erstreckte sich gegen Osten eine tiefe
Bucht in's Land, die an Länge fast dem Speke-Golf gleichkam und von
deren Existenz die Karten nichts ahnen liessen. Diese Bucht, die ich
damals als erster Europäer erschaute, wurde später von Kapt. Spring
nach mir, als dem Entdecker, »=Baumann-Golf=« genannt.

Am 15. Mai marschirten wir über die Landzunge, welche Bwenyi
mit dem Festlande verbindet. Auf derselben liegen Dörfer, deren
Bewohner ihre Ziegen und Rinder durch einen eigenartigen Bau gegen
feindliche Ueberfälle sichern. Sie errichten nämlich an der kaum
100 Schritte breiten, schmalsten Stelle der Landenge einen etwa 3
m hohen festen Steinwall, dadurch ihre Halbinsel künstlich in eine
Insel verwandelnd. Sie selbst verlassen dieselbe nur in Kanus und wir
hatten grosse Mühe, mit den Lasten diesen Steinwall zu passiren.

[Illustration: Irea-Insel und Baumann-Golf.]

Längs des Fusses des Kiruwiru zogen wir durch offenes Steppenland
zum sumpfigen Ende der Iramba-Bai, eines tief einschneidenden Armes
der Hauptbucht und gelangten am nächsten Tage nach kurzem Marsch am
papyrusreichen Nyansa-Ufer zum Dörfchen Biruscha. Dasselbe liegt auf
einer Landzunge gegenüber der reizenden Berginsel =Irea=, die, wie
alle Eilande des Baumann-Golfes, bewohnt und hoch hinauf mit üppigen
Pflanzungen bedeckt ist. In den nächsten drei Tagereisen umgingen
wir das Ostufer des Baumann-Golfes. Pfadlos zogen wir durch weite
baumlose Ebenen, die durch den Regen in einen Morast verwandelt
waren. Bei glühendem Sonnenbrand durchwanderten wir diese Einöden,
aus welchen im Osten die Schaschi-Berge auftauchten, fanden oft kaum
ein trockenes Fleckchen für das Lager und hatten empfindlich unter
Brennholzmangel und Mosquitos zu leiden. Ein dichter Papyrusgürtel
verhüllt von dem niedrigen Lande aus meist den freien Blick auf den
Nyansa.

Am 20. Mai überschritten wir die schmale flache Landenge, welche
die breite Bergmasse von Majita mit dem Festland verbindet und
erreichten das Ufer des offenen Nyansa gegenüber den Kurasu-Inseln.
Die Wakwaya, ein den Waschaschi nahestehender Stamm, hatten hier
zahlreiche Dörfer angelegt, die sich stundenlang in ununterbrochener
Reihe am felsigen Nyansa-Ufer hinziehen. Schöne geräumige Hütten
bilden Ortschaften, die auf der Landseite von dichten buschigen
Euphorbienhecken abgeschlossen sind, durch welche nur ganz niedrige,
mit Stachelgestrüpp versperrbare Thore führen. An diese Hecken
schliessen sich die weiten Felder, in welchen hauptsächlich Mawele
(Penicillaria) mit seinen hohen Stengeln gedeiht und besonders
viele Tabakpflanzungen auffallen. Die Eingeborenen begegneten uns
freundlich, warnten uns jedoch vor ihren Nachbarn, einem Gemisch
von Waruri und Wagaya, die den Distrikt Mugango bewohnen. Da solche
Warnungen sehr häufig und meist wenig begründet sind, legten wir kein
besonderes Gewicht darauf und brachen am 21. Mai nach =Mugango= auf.
Wir überstiegen die Hügelketten, welche eine Halbinsel ausfüllen
und gelangten an das Ende der Mugango-Bucht, die von zahlreichen
Dörfern eingesäumt ist. Die Eingeborenen sassen mit ihren 3 m langen
Speeren unbeweglich auf Termitenhügeln und anderen erhöhten Punkten
und betrachteten die Karawane, welche durch die Felder zog. Sie
waren jedoch keineswegs unfreundlich und als wir an den Suguti-Bach
gelangten, der nicht durchwatbar ist, führten sie uns etwa eine
Stunde landeinwärts, wo eine natürliche Brücke den Uebergang
ermöglicht. Auf schwankenden Baumstämmen kletterten wir hinüber und
lagerten jenseits auf einem Hügel, weit ausserhalb des Dorfgebiets.

Nachdem die letzten Nachzügler angelangt waren, wurde mir das
Fehlen eines Sudanesen-Soldaten gemeldet. Diese Leute zeigten sich
den Strapazen in keiner Weise gewachsen, waren als Soldaten nicht
mehr und kaum noch als Viehtreiber verwendbar, und Mzimba hatte
seine liebe Noth sie vom Fleck zu bringen. Diesmal war nun doch ein
Nachzügler seinem Späherblick entgangen oder hatte sich, wie dies bei
den Sudanesen zu jener Zeit gewöhnlich war, vor demselben verborgen.
Uns lag nun die Aufgabe ob, diesen Sudanesen zu suchen und ich sandte
10 Mann unter Kipishi und 7 Mann unter dem Askari Munyishomari,
der schon meine Usambára-Expedition mitgemacht, um dem Vermissten
nachzuforschen. Bei der friedlichen Haltung der Eingeborenen hielt
ich es keineswegs für bedenklich, so kleine Abtheilungen auszusenden.

Gegen 3 Uhr Nachmittags hörte ich heftiges Schiessen und schloss
daraus, dass die Patrouillen angegriffen worden seien. Ich brach
sofort mit 20 Mann in höchster Eile auf und kam eben zurecht um zu
sehen, wie die Leute der Abtheilung Kipishi sich verzweifelt gegen
eine riesige Uebermacht von Eingeborenen wehrten, die mit den Speeren
wüthend auf sie eindrangen und sie immer weiter zurückdrängten. In
ihrer blinden Wuth sahen diese Wilden uns gar nicht anrücken und
eine plötzlich in ihre Flanke einschlagende Salve machte furchtbare
Wirkung. In wilder Flucht lösten sich die überlebenden Gegner auf
und unsere hart bedrängten Leute begrüssten mit Jubel ihre Rettung.
Es war auch Hilfe in der Noth! Ein braver Ruga-Ruga, Borafya,
lag von Speerstichen durchbohrt am Boden, viele Andere bluteten
aus zahlreichen Wunden. Zwei Mann, der Anführer Kipishi und sein
Vetter Hassani fehlten und wir eilten weiter um sie aufzufinden. Im
Dorfgebiet, unweit des Nyansa, fanden wir die Leiche Kipishis, die
Brust von Speeren zerfleischt. Hier hatte der räuberische Angriff
stattgefunden.

Kipishi und seine Leute waren auf eine Anzahl Eingeborener gestossen
und hatten sie gefragt, ob sie den vermissten Sudanesen nicht gesehen
hätten. Da drangen die Krieger plötzlich auf sie ein; nach heftiger
Gegenwehr, in der er zwei Mann fällte, fiel Kipishi und die anderen
zogen sich dann langsam zurück. Von Hassani war nichts zu sehen und
wir verzweifelten schon, ihn zu finden als wir von der Mündung des
Suguti her laute Rufe hörten. Bald darauf wurde Hassani, mit dem
Gewehr in der Hand und nur leicht verwundet aus dem Wasser gezogen.
Er hatte an der Seite Kipishis bis zu dessen Ende ausgehalten, war
dann, von den Gefährten abgeschnitten und von wüthenden Schaaren
verfolgt, in den schilfreichen See gesprungen. In Kanus folgten ihm
die Eingeborenen und stachen mit den langen Speeren in's Wasser,
doch Hassani, ein geschickter Schwimmer und Taucher, wusste sich zu
verbergen und rettete sich dadurch.

In dunkler Nacht kehrten wir ins Lager zurück und erfuhren, dass
von der Abtheilung Munyishomari's noch Niemand angelangt sei. Es
war anzunehmen, dass auch diese, noch dazu schwächere Patrouille
angegriffen und möglicher Weise aufgerieben worden war. Wir suchten
durch Raketen, Signalschüsse und Trommeln etwa versprengte Leute
anzulocken, doch blieb unser Bemühen lange vergeblich.

Erst gegen zwei Uhr Nachts rief ein Mann von aussen die Wachtposten
an; es war der Askari =Kiroboto=, ein ruhiger, intelligenter
Bursche aus Tschumbageni bei Tanga. In strammer Haltung berichtete
er mir, dass die Abtheilung Munyishomari's verrätherisch von
riesiger Uebermacht angegriffen und zersprengt worden sei. Die
Askari Munyishomari, Sadiki und einen Sudanesen sah er fallen, dann
verlor er seine Gefährten aus dem Gesicht, verbarg sich in dichtem
Dorngestrüpp und brach erst Nachts nach dem Lager auf. Ich fragte
ihn, ob er selbst nicht verwundet sei, worauf er sich umwandte und
ich einen meterlangen Pfeil in seinem Nacken stecken sah, der dann
nur mit der Zange aus dem Rückgratknochen entfernt werden konnte!
Ausserdem hatte er noch eine breite Speerwunde in der Hüfte.

Mit diesen schweren Verwundungen war der Mann stundenlang Nachts
in wegloser Wildniss umhergeirrt und hatte dann noch die Kraft, in
strammer Haltung, das Gewehr bei Fuss, eine Meldung abzustatten;
gewiss ein Beweis, dass die höchste Stufe der Disziplin auch
schwarzen Soldaten erreichbar ist. Und doch war der Mann ein Swahíli,
gehörte also einem Stamme an, der von Vielen als »feig« verrufen ist.
Es ist ja überhaupt eine eigene Sache um die sogenannte Feigheit
der Neger. Dieselben Sudanesen, die heute als Muster von Muth und
Disziplin gelten, sind in ihrer Heimath als Feiglinge verrufen,
die sich von Sklavenjägern gleich Schafen wegtreiben und ausrauben
liessen; dieselben Bakongo am unteren Kongo, die Vielen -- und mir
selbst -- als das elendeste, feigste Gesindel Afrikas erschienen, sie
bilden heute als Soldaten des Kongostaates den Schrecken der Araber
in Manyema.

Mit dem Soldatenkleid scheint der Schwarze -- und vielfach ja auch
der Weisse -- einen anderen Menschen anzuziehen und wer es versteht,
diesem den rechten Geist einzuflössen, der kann auch den Neger zum
Helden erziehen.

Am 22. Mai setzte ich mit einer Abtheilung über den Fluss, um nach
etwaigen Ueberlebenden der Patrouille Munyishomari's zu suchen.
Ich hatte jedoch kaum einen Kilometer zurückgelegt, als Schiessen
und wüthendes Angriffsgeschrei der Eingeborenen mich in's Lager
zurückriefen. Bald nach meinem Abmarsch sah Mzimba plötzlich, wie
aus dem Boden gewachsen, Hunderte schwarzer Krieger mit wilden
Federkopfputz auf das Lager anrücken. Er liess sofort die Trommel
rühren, um mich zurückzurufen, besetzte den Flussübergang, schickte
eine Patrouille in die rechte Flanke, um den Eingeborenen ein
Umzingeln des Lagers unmöglich zu machen und griff diese hierauf,
ohne ihr Kommen zu erwarten, energisch an. Ein paar wohlgezielte
Salven -- die Leute bekamen mit der Zeit Uebung -- richteten schwere
Verheerungen an und ich kam gerade zurecht, um auch meinerseits durch
energischen Flankenangriff die Niederlage zu vollenden. Ihre Waffen
grösstentheils wegwerfend rannten die Krieger -- wohl 800 an der Zahl
-- davon; die Panik war so gross, dass wir einige derselben abfangen
konnten. Wir brannten hierauf sämmtliche Dörfer nieder und schickten
einen der Gefangenen an die Eingeborenen ab, um sie aufzufordern, die
Gewehre der gefallenen Soldaten herauszugeben, was auch geschah.

Am 23. Mai verliessen wir das Ufergebiet des Nyansa und marschirten
durch welliges, unbewohntes Land, aus welchem sich im Osten der
ansehnliche Mrandirira-Berg erhob. Jenseits des Kihemba-Baches
trafen wir auf Dörfer freundlicher Waschaschi, bei welchen wir
gastliche Aufnahme fanden und uns einen Tag erholten. Dort erfuhren
wir erst, warum die Mugango-Leute uns überhaupt angefallen hatten.
Der Wagaya-Häuptling Kaditi von Irieni hatte ihnen nämlich bei
der Nachricht von unserem Herannahen geweissagt, dass unsere
Gewehre nicht losgehen und sie unsere Tauschwaaren erbeuten würden.
Vielleicht hätten sie aber doch einen Angriff nicht gewagt, wenn der
Zwischenfall mit dem vermissten Sudanesen nicht eingetreten wäre.
Dieser kranke, wehrlose Mensch war von ihnen niedergemacht worden,
worauf sie die abgesandten Patrouillen, die sie für Strafabtheilungen
hielten, angriffen. Die leichte Zersprengung derselben ermuthigte sie
zu dem grösseren Angriff, der ihnen verhängnissvoll wurde.

Am 25. Mai durchzogen wir stärker gewelltes Kampinen-Land, aus dem
die dunklen Euphorbienhecken der Dörfer hervorsahen. Diese lehnen
sich meist an malerische Anhäufungen ungeheuerer Granitblöcke, deren
Zinnen den Eingeborenen als Aussichtsthürme dienen. Zugleich sind
diese auch der beliebte Aufenthalt zahlreicher grosser Affen und von
weitem ist es oft schwer zu unterscheiden, ob Affen oder Waschaschi
auf den Felsen herumklettern. Zwischen Felsen am Gipfel eines
Hügels lag auch das Dorf =Uanékera=, wo wir zwischen den braunen
Kegeldächern der Hütten lagerten. Wir wurden freundlich aufgenommen
und erhielten massenhaft Arachis, die hier die Hauptnahrung bildet.
Diese Erdnuss, die geröstet einen mandelähnlichen Geschmack hat,
ist in kleinen Mengen recht angenehm zu geniessen, erregt jedoch als
ständige Nahrung selbst bei abgehärteten Negermagen Beschwerden, so
dass es erstaunlich ist, wie die Waschaschi dieser Gegend oft fast
ausschliesslich davon leben können.

[Illustration: Dorf der Waschaschi.]

Trotz der Freundschaft wurden wir Nachts durch vergiftete Pfeile
belästigt, die von unsichtbaren Schützen, die wahrscheinlich in den
Klüften der Felsen verborgen waren, auf die Lagerfeuer abgeschossen
wurden. Morgens erschienen die Dorfältesten und fragten uns,
freundlich lächelnd, wie wir geschlafen hätten. Als wir uns über die
Pfeilschüsse beklagten, meinten sie, das sei ein kleiner Scherz, den
die Krieger sich fremden Reisenden gegenüber zu erlauben pflegten.
Ich befahl hierauf den Askari, eine der nebenstehenden Vorrathshütten
für Getreide anzustecken. Als die Flamme emporloderte wollten die
Aeltesten sich erschrocken entfernen, doch beruhigte ich sie mit der
Versicherung, dass dies nur ein kleiner Scherz sei, den ich mir so
liebenswürdigen Gastfreunden gegenüber nicht versagen könnte. Nachdem
wir uns derart gegenseitig Beweise unseres Humors gegeben, nahmen wir
mit süss-saurer Miene von einander Abschied.

Es ist bemerkenswerth, dass bei solcher summarischen Vergeltung doch
schliesslich fast immer der Schuldige getroffen wird. So wusste --
wie ich später erfuhr -- der Besitzer der verbrannten Vorrathshütte
sofort die nächtlichen Pfeilschützen herauszufinden und für seinen
Schaden verantwortlich zu machen.

Je weiter wir uns vom Nyansa entfernten, desto bergiger wurde das
Land; an den Hängen wechselten stets Gras mit Feldern und kleinen
Waldgruppen, in den Mulden rieselten zahlreiche wasserreiche Bäche
und die Höhen waren von wilden Felszähnen gekrönt, zwischen welchen
die Hütten der Eingeborenen, umgeben von dichtem Euphorbiengestrüpp,
verborgen lagen. Nördlich von uns dehnte sich eine breite Senkung
aus, die der =Mara=fluss als silbernes Band durchzog, der sich, an
Stelle des Rubana, als Unterlauf des =Ngare dabasch= erwies.

Am 27. Mai durchzogen wir ein unbewohntes Gebiet und erreichten
die Landschaft =Uaschi=, ein leicht gewelltes, an Feldern reiches
Kampinenland mit einzelnen verstreuten Kuppen, die von wilden
Anhäufungen ungeheurer Granitblöcke bedeckt sind, zwischen welchen
die Hütten gleich Adlernestern kleben. Mit ihren langen Speeren
kletterten die Wauaschi mit unglaublicher Gewandheit über die
Felsplatten und schienen bereit, ihre Hochburgen energisch zu
vertheidigen, falls wir daran gedacht hätten, sie anzugreifen. Kaum
hatten sie jedoch unsere friedliche Absicht erkannt, als sie uns
freundlich in ihr Hauptdorf führten. Hier beginnt der Einfluss der
Massai sich in Moden sehr geltend zu machen, die Ohrläppchen werden
ungeheuer ausgedehnt und auch der Fell-Ueberwurf nach Massai-Art
getragen. Die Nachbarschaft dieser Viehräuber zwingt die Eingeborenen
auch, sich derart in den Felsen zu verbergen.

[Illustration: TAFEL VII. Felsdorf in Uaschi]

Am 28. Mai ging es durch eine breite, leicht versumpfte Niederung
und über eine Hügelkette, auf der die letzten Dörfer von Uaschi
lagen. Da es dort keine Felsen als natürliche Festungen gab, so
mussten die Eingeborenen Steinwälle um ihre Dörfer aufrichten,
deren einer (um das Dorf Matongo) einen Umfang von über 2 Kilometer
hatte und mit Dornengestrüpp bedeckt war. Jenseits der Hügel
ging es wieder in eine sumpfige Senkung, die nach den Regengüssen
schwer passirbar war, sodass wir erst am Morgen des 29. Mai wieder
Bergland erreichten. Dasselbe gehörte der Landschaft =Ngoroïne= oder
=Ungroïme= an, die ähnlich wie Elmarau (Ikoma) ein Ultima Thule
der Massai-Karawanen bildet. Das erste Dorf lag in einer Schlucht
zwischen hohen Felsblöcken und war auf der einzig zugänglichen Seite
durch eine etwa 2 m hohe Steinmauer abgeschlossen, deren Thor von
Innen fest verrammelt war. Da draussen kein Raum zum Lagern war,
während sich drinnen ein grosser freier Platz befand, riefen wir die
Eingeborenen, die in drohender Haltung mit Bogen und Speeren zwischen
den Felsen hockten, zu, uns aufzunehmen. Doch sie legten als Antwort
nur die Pfeile auf und drohten, den ersten der sich der Mauer nähern
würde, niederzuschiessen. Dieser erste war der dicke Digo-Askari
Bakari Juko, der ohne Befehl, wie gewöhnlich laut fluchend die
Mauer erkletterte. Die Bogen spannten sich, unsere Gewehre waren
schussbereit, doch kein Pfeil schwirrte, kein Schuss krachte; andere
stiegen Bakari nach, öffneten gemüthlich das Thor von innen und mit
grossem Halloh zog die Karawane ins Dorf. Als wir uns nach unseren
Gegnern umsahen, waren diese erst garnicht zu sehen, dann kamen
sie demüthig und unbewaffnet und wurden noch unsere besten Freunde.
Später brachten sie sogar ein originelles Saiten-Instrument an, zu
dessen Klang sie hübsche Tänze aufführten. Es waren grosse, schön
gewachsene Leute mit angenehmen Zügen und eigenartigem, aus Fasern
bestehendem Kopfputz.

[Illustration: Saiteninstrument der Wangoroïne.]

Ein tüchtiges Fieber -- wohl die Folge der häufigen Sumpfwanderungen
-- fesselte mich für einige Tage an dieses Dorf. In wenig behaglichem
Zustande sass ich am Morgen des 1. Juni vor meinem Zelt, als einige
Leute auf mich zukamen und mir meldeten »safari anakuja«, eine
Karawane kommt. Bald erschien denn auch eine abgemagerte, verrissene
Gesellschaft, in der wir kaum unsere alten Freunde, die Leute
Munyi Hatibu's aus Tanga, den wir in Aruscha verliessen, wieder
erkannten. Sie liessen sich an den Lagerfeuern nieder und es ging
ans Austauschen der Erlebnisse. Meine Soldaten und Träger wussten
viel von blutigen Kämpfen zu erzählen, aber auch die Leute von Munyi
Hatibu's Karawane hatten viel durchgemacht. In Ober-Aruscha waren sie
durch Hongo-Erpressungen eines Theils ihrer Waaren beraubt worden.
Dann zogen sie, meinen Spuren folgend, nach Elmarau. In Mutyek und
Serengeti fanden sie freundliche Aufnahme bei den Massai, litten
jedoch sehr unter Hunger und 60 Mann gingen auf diesem Marsche zu
Grunde. Nun hatten sie sich im Hauptdorf von Ngoroïne niedergelassen,
und der Trupp dem wir begegneten, war ausgeschickt worden um nach
Elfenbein zu forschen.

In ihrer Begleitung brachen wir am 3. Juni auf, durchzogen schönes,
reich bebautes und dicht bewohntes Hügelland und erreichten am
Morgen des 4. Hindi, das ausgedehnte Hauptdorf von Ngoroïne, das in
einer Mulde am Fusse einer niedrigen Bergkette liegt. Dort hatte
Munyi Hatibu ein Lager erbaut und lebte auf bestem Fusse mit den
Eingeborenen. Im Vergleich zu unserer wohlgenährten Mannschaft,
bot die seinige ein wahres Bild des Jammers. Es fiel mir auf,
dass Munyi Hatibu fast gar keine Massai in der Karawane hatte, und
ich fragte ihn ob sich denn keine Verhungernde ihm angeschlossen
hätten. »Allerdings,« meinte Munyi Hatibu, »wandten sich zahlreiche
dieser Elenden an mich und es that mir leid genug, sie dem sicheren
Tode preisgeben zu müssen, aber es musste doch geschehen, denn ich
habe keine Lust mich an der Küste als Sklavenhändler aufhängen zu
lassen.« Und er hatte nicht Unrecht. Denn ein Swahíli, der an der
Küste behaupten wollte, er habe bei ihm aufgefundene, eingeborene
Kinder nur aus Menschlichkeit aus dem Inneren mitgenommen, der würde
höchstens ein Lächeln seiner Richter über eine so dumme Ausrede
hervorrufen!

Munyi Hatibu bereitete mir eine Ueberraschung, indem er mir die
Lasten aushändigte, die ich beim Lmorro-Bach in Mutyek vergraben
hatte. Dem schlauen Swahíli war das Versteck nämlich nicht entgangen
und er war ehrlich genug, mir mein Eigenthum nun zu übergeben,
so dass ich, wie Polykrates zu seinem Ring, nun wieder zu meinen
Glasperlen kam. Mit den Geschäften war der alte Händler keineswegs
zufrieden, er hatte bisher fast gar kein Elfenbein bekommen und
beabsichtigte nach Kavirondo zu ziehen. Den Mara, der einige Meilen
nördlich von Ngoroïne vorbeifliesst, kennt man hier schon unter dem
Namen Ngare dabasch, sodass der Zusammenhang dieser beiden Gewässer
nachgewiesen war.

Wir befanden uns wieder an der Grenze des Massai-Landes, östlich
von uns dehnten sich weite, unbewohnte Gebiete aus. Wir bogen jedoch
gegen Süden um, durchzogen erst eine ausgedehnte, buschbedeckte Ebene
und gelangten an den letzten Dörfern von Ngoroïne vorbei nach =Nata=.
Es ist dies eine wellige Landschaft mit niedrigen Akazien, mit vielen
Wasserläufen und fruchtbaren Boden, auf welchem die Pflanzungen
der Nata-Leute gedeihen, deren zahlreiche Niederlassungen überall
verstreut sind. Hier entspringt der =Rubana=, den wir am 7. Juni als
kleinen Bach überschritten um dann in einem von dichtem Dorn- und
Euphorbiengestrüpp umgebenen Dorfkomplex zu lagern. Die Eingeborenen,
die völlig den Waschaschi von Ikoma glichen, empfingen uns mit der
Freundlichkeit, die diesem harmlosen Stamm eigen ist, und brachten
besonders viel Honig. Sie trugen einen eigenartigen Kopfschmuck aus
Käferflügeldecken, der beim Gehen klapperte.

Als ich gegen Abend gerade beim schwarzen Kaffee sass, kamen
plötzlich die Dorfältesten ganz angstbebend und beschworen mich, sie
zu retten, »die Massai kämen.« =Diese= Gefahr konnte mich allerdings
nicht im Genuss meines »Schwarzen« stören; ich begnügte mich, einige
Askari vor das Dorf zu schicken. Wirklich hörte man nach einiger
Zeit einen gellenden Gesang: es war ein Trupp Elmoran, die unweit des
Dorfes vorbeikamen, wohl ein paar arme, hungrige Teufel, die irgendwo
einige Ziegen gestohlen hatten und nun mit Triumphgeschrei heimwärts
zogen. Zu ihrem Glück dachten sie nicht daran, unser Dorf zu
belästigen und ihr Gesang verklang in der Ferne. Die angsterfüllten
Waschaschi hatten sich jedoch so gründlich verkrochen, dass wir sie
selbst am nächsten Morgen nicht mehr zu sehen bekamen.

Ein tüchtiger Marsch brachte uns am 8. Juni durch stets offenes,
bewohntes Land nach =Ikoma=, wo wir den alten Lagerplatz vom 2.
April wieder bezogen. Auch diesmal standen wir in freundlichem
Verkehr mit den Eingeborenen. Zwei weitere Tagereisen brachten uns
durch die südlichen, am Grumeti gelegenen Dorfgebiete Ikomas, deren
äusserstes =Urungu= ist. Die Dörfer mit ihren Feldern schliessen
sich meist an den schmalen, aber hochstämmigen Galleriewald des
fischreichen Grumeti, während das übrige Land, dornige, offene Nyika
ist. Auch das niedrige Stachelgestrüpp hörte auf als wir am 11.
Juni erst den Grumeti, dann dessen Randberge überschritten und in
weite, fast baumlose Grassteppe eintraten. Einzelne Wasserrisse mit
schmalen, dunklen Vegetationsbändern durchzogen die gelbe Fläche,
am Horizont standen reihenweise hohe Schirmakazien und Gruppen von
Borassus-Palmen. Grosse Heerden von Antilopen umschwärmten uns. Ein
ausgetretener Pfad durchschnitt diese Einöde, der den Handelsweg
der Wasukuma, der nördlichsten Wanyamwesi mit den Schaschi-Gebieten
bildet. Wir begegneten mehrfach kleinen Gruppen derselben, die mit
Hackenklingen und trockenen Fischen gegen Norden zogen.

Durch topographische Arbeiten aufgehalten, war ich gerade ein gutes
Stück hinter der Karawane zurückgeblieben, als ich wahrnahm wie
die Träger, die sich eben zu kurzer Rast niedergelassen, plötzlich
aufstanden und ein wüthendes Feuer auf einen Punkt in der Ebene
eröffneten. Leider lag dieser Punkt gerade zwischen ihnen und mir,
sodass ich mich zu meinem geringen Vergnügen im dichtesten Kugelregen
befand. Doch zum Glück hörte das Schiessen bald auf und ein mächtiges
Triumphgebrüll ertönte; die Leute hatten, wie ich beim Näherkommen
sah, einen =Löwen= getödtet. Derselbe erhob sich plötzlich aus dem
Grase, wo er wahrscheinlich sanft geschlummert hatte, und bekam
sofort ganze Salven in den Leib gefeuert. Ganz ausser sich vor Freude
rissen die Leute dem Thiere das Herz aus und verschlangen es, um
Löwenmuth zu bekommen, was jedenfalls nichts schaden konnte.

Die trockene Jahreszeit machte sich immer mehr geltend, in den
Wasserrissen fanden sich nur spärliche Tümpel, das hohe Gras war
gelb und dürr und in der Ferne stiegen schon die weissen Wolken der
Grasbrände auf, die Nachts den Himmel mit glühender Lohe übergossen.

Am Mittag des 12. Juni betraten wir wieder bewohntes Gebiet von
=Ututwa=, eine Landschaft, die bereits dem nördlichen Usukuma
angehört. Mit ihren trockenen Wasserschluchten, ihren öfter von
Granitkuppen gekrönten Hügelzügen, machte sie gerade nicht den
Eindruck besonderer Ueppigkeit; doch die weiten, dem Schnitt
entgegenreifenden Sorghumfelder bewiesen, dass auch dieser Boden
kulturfähig ist. Auch die Dörfer, deren Hütten zwischen den Felsen
gelagert sind, machten den Eindruck des Wohlstandes. Die in Schmutz
starrenden Eingeborenen freilich, mit ihren Ziegenfellschürzchen, die
oft kaum die =Brust= bedecken, mit ihren Lederschilden, Speeren und
wildem Kopfputz, machten keinen übermässig civilisirten Eindruck.
Dennoch waren es schon echte Wanyamwesi, Leute, deren viele an der
Küste gewesen und die Weltsprache Ostafrikas, das Kiswahíli, recht
leidlich verstanden. Obwohl noch nie ein Weisser das Land betreten,
erregte mein Erscheinen hier doch kein besonderes Aufsehen. Die
Leute führten uns ins Dorf, brachten reichlich Nahrung und feierten
dann ein Freudenfest, bei dem viel Pombe getrunken und Hanf geraucht
wurde, was für uns noch unangenehme Folgen haben sollte.

[Illustration: Krieger aus Usukuma.]

Als wir nämlich am Morgen des 13. Juni aufbrachen, rotteten sich
zahlreiche halb betrunkene Krieger zusammen und verfolgten uns mit
wildem Geschrei. Gegen dieses hatten wir nichts einzuwenden, wohl
aber dagegen, dass sie uns später mit Pfeilen beschossen, was wir mit
der üblichen Salve beantworteten, die auch hier ihre Wirkung nicht
verfehlte. Die Schaar der Betrunkenen stob auseinander. Aber die
Schüsse liessen leider auch die Nüchternen vermuthen, dass wir Böses
im Schilde führten, und überall sah man dunkle Krieger-Gestalten aus
den Dörfern hervorkommen und, in langen Linien schwärmend, sich uns
nähern. Ich rief ihnen Friedensversicherungen zu, die sie jedoch nur
mit Kriegsgeschrei erwiderten, das in komischer Weise das Geheul der
Hyäne, U-u-hi! nachahmte. Ich besetzte ein Dorf, das von Menschen
verlassen schien, liess die Lasten dort zurück und begann dann, den
Gegner anzugreifen. Mit wohlgezielten Salven -- der besten Feuerart
gegen Wilde -- trieben wir die U-u-hi-Schreier in die Flucht und bald
rannten sie querfeldein, verfolgt von ironischem U-u-hi-Geschrei
meiner Leute. Die Träger hatten inzwischen die Granitfelsen, die
beim Dorfe lagen, gründlich untersucht und in den Klüften zahlreiche
Weiber und Kinder gefangen. Nun waren wir die Herren der Situation --
zwar kehrten die Hyänen-Krieger noch einmal zurück, doch wurden sie
ebenso leicht, und zwar diesmal allein von den Trägern verjagt, die
sich dies als Gunst erbeten hatten, und aus ihren Vorderlader-Flinten
tadellose Salven abgaben. Einige junge Burschen, die offenbar zu
den Habitués der Exerzierplätze von Tanga und Pangani gehörten,
kommandirten dabei mit der schnarrenden Schneidigkeit eines alten
Unteroffiziers.

Nachmittags kamen einige alte Leute mit einer Ziegenheerde ins Lager
und erklärten, sie hätten nun genug des Krieges, wir möchten diese
Heerde nehmen und ihnen ihre Weiber geben, was auch geschah. Es
dauerte keine Viertelstunde, so kamen die Eingeborenen wieder ins
Lager, begannen Lebensmittel zu verkaufen als ob nichts geschehen
wäre und erzählten uns, dass so und so viel Leute todtgeschossen
wurden. Einer meinte ganz harmlos: »Wir haben jetzt unsere Prügel:
das genügt uns.« Ganz scheint es ihnen aber doch nicht genügt zu
haben, denn als mehrere Wochen später Lieutenant Werther durch das
Land kam, griffen sie ihn ebenfalls an und holten sich neue Hiebe.

Am 14. Juni erreichten wir nach Ueberschreitung des Duma-Baches die
Landschaft =Ntussu=. Eine weite, leicht gewellte Ebene dehnte sich
vor uns aus, in der sich nur einzelne Granithügel erhoben. Ungeheure
Sorghum-Felder bedeckten das Land, in welchen man überall die
Gestelle mit den schreienden und winkenden, lebenden Vogelscheuchen
erblickte. Dazwischen grosse Dörfer mit breiten, ausgetretenen
Wegen zwischen Euphorbienhecken, an welchen die kleinen eingezäunten
Hüttenkomplexe grenzen. Die Eingeborenen nahmen uns mit Begeisterung
auf, viele von ihnen waren an der Küste gewesen, was sie nicht
abhielt in sehr einfacher Fellkleidung, oft sogar splitternackt
einherzulaufen.

Am 17. Juni verliessen wir Ntussu und traten auf viel begangenem
Wege, der nach den Salzlagern des Nyarasa führt, in die Steppe. Das
Land wurde fast völlig flach, ausgedehnte Wiesengründe ohne Baumwuchs
wechselten mit niedrigen Bodenschwellungen, auf welchen ärmliches
Stachelgestrüpp gedieh. Am 18. überschritten wir den Simiyu-Fluss,
der kein fliessendes Wasser enthielt und dessen tiefes Bett von
dürren Akazien eingesäumt ist. Inmitten verbrannter, öder Steppe
lagerten wir bei einigen Tümpeln, unweit eines riesigen einzelnen
Baobabs Namens Mwandu, der von den Wasukuma als Sitz eines Geistes
verehrt und mit Grasbüscheln bestreut wird.

Am 19. Juni wurde das Land welliger, von breiten, trockenen
Wasserrissen durchzogen. Einzelne Felskuppen tauchten auf und vor
unseren Blicken dehnten sich weite, gelbe Sorghumfelder: wir hatten
die Landschaft =Meatu=, jenen äussersten Vorposten Usukuma's gegen
die Steppe zu, erreicht. Aus den dunklen Euphorbien-Hainen der Dörfer
kamen Eingeborene hervor: es waren nicht nur Wasukuma, sondern auch
=Wataturu= die hier eine Kolonie besassen und sich durch scharfe
hamitische Gesichtszüge auszeichneten.

An diesem weltentlegenen Platz, nach allen Seiten hin von Einöden
umgeben, hatte ein Halbaraber =Munyi Hemedi= (Mwelekwanyuma)
eine Niederlassung gegründet und sandte seine Jäger hinaus in die
weite Steppe zur Verfolgung des edlen Dickhäuters, dessen Zähne
ihn in diese Einsamkeit gelockt hatten. Munyi Hemedi hatte schon
von unserem Herannahen gehört und kam uns entgegen. Es war ein
netter lichtfarbiger Swahíli mit intelligentem Gesichtsausdruck, in
tadelloses Weiss gekleidet. In seiner Gesellschaft befand sich eine
Schaar baumlanger, herkulischer Gestalten in zerfetzter Küstentracht,
viele mit weissem Haar und kühn blitzenden Augen, das lange Feuerrohr
geschultert: die Elephantenjäger. Sie wurden gewöhnlich Makua
genannt, da die ersten Leute, die dieses abenteuerliche Gewerbe
betrieben, dem Stamm der Makua angehörten. Gegenwärtig sind es Leute
aus allen Küstengegenden, die sich der Elephantenjagd widmen, in
kleinen Trupps Jahre und Jahrzehnte lang das Innere durchstreifen,
sich in Wildnisse wagen, die selbst ein Eingeborener kaum jemals
betritt und in ihren Zügen bis Unyoro und Manyema vordringen.

[Illustration: Munyi Hemedi's Niederlassung in Meatu.]

Zwischen zwei Felskuppen hatte Munyi Hemedi seine Niederlassung
errichtet. Ihren Mittelpunkt bildete ein von einem Tembe
umschlossener Hof, rings herum waren Hütten im Eingeborenen- und
Küstenstil verstreut, alles nett und rein gehalten. Zahlreiche Weiber
in Küstentracht begrüssten mit Jubelgeschrei die Karawane und noch
zahlreichere braune, halbnackte Kinder lugten aus den Hütten hervor.
Die Letzteren waren fast alle hier geboren, denn die Niederlassung
bestand schon seit sechs Jahren. Erfreut, wieder einmal unter
civilisirten, oder doch halbcivilisirten Menschen zu sein, schlugen
wir Lager und ahnten nicht, dass unsere Ankunft zur Auflösung dieser
hübschen Niederlassung Veranlassung geben sollte.

In reichen Mengen brachten die Eingeborenen Mehl und Hülsenfrüchte;
sie alle schienen Munyi Hemedi, der sie mit seinen Jägern vor
einigen Jahren aus Massai-Gefahr errettet, sehr hoch zu achten. Ich
beschloss, in Meatu eine Anzahl kranker Leute, darunter besonders
Kiroboto, der noch stets in der Hängematte getragen werden musste,
zurückzulassen, ebenso auch das Vieh und den grössten Theil der
Lasten, um mit leichter Expedition einen Vorstoss in das Gebiet des
Eyassi-See zu machen. Dieser war den Elephantenjägern unter den Namen
Mangora wohl bekannt, doch erklärten sie, dass ein direkter Vorstoss
nach Westen in gegenwärtiger trockener Jahreszeit nicht möglich wäre
und verwiesen uns auf den Pfad, der nach den Salzlagern von Nyarasa
führt.

Wir brachen am 22. Juni auf, überschritten den Semu-Fluss, der klare
Wassertümpel enthält und betraten das Dorfgebiet von =Igulya=, dem
südlichsten Bezirk von Meatu, das gut bebautes Land und schöne
Wiesen, aber nur schlechtes, faulig riechendes Trinkwasser hat.
Dann gelangten wir in unbewohntes, vom Pfad der Salzkarawanen
durchschnittenes Land. Der Boden war stets leicht gewellt, oft mit
Quarzsplitter bestreut und mit dünnen Streifen Gras bewachsen.
Einzelne breite, sandige Bachbette durchziehen die Senkungen
und enthielten Wassertümpel, in anderen konnte man durch Graben
schlechtes Wasser erlangen. Lichter, hochstämmiger Schirmakazienwald
wechselte mit ödem, verbranntem Grasland und Stachelgestrüpp.
Dicke Baobabs sind häufig, in welchen die Kletterpfosten eines
Steppenvolkes, der =Wanege=, zu sehen sind, welche die Bäume auf der
Suche nach Waldhonig ersteigen. An den Bachrissen gedeiht oft dichte
Gallerievegetation, Tamarinden und ganze Wälder von Borassus-Palmen,
in deren Schatten üppiges Grün aufschiesst. Wild sieht man nur wenig,
doch giebt es auffällig viel Löwen, die Nachts das Lager umbrüllten.

Am 25. Juni stiegen wir den niedrigen aber steilen Abfall zum
=Wembere=-Graben ab. Vor uns dehnte sich eine ungeheure Fläche
mit erst sandigem, dann lehmigem Boden ohne Graswuchs aus, nur
stellenweise bedeckt mit kriechendem Akaziengestrüpp. Zahlreiche
Nashorne belebten den Rand dieser Wüste, von welchen ich eines,
ein riesiges, weibliches Thier erlegte. Am Marago Mihinani fanden
wir durch Graben Wasser in einem Bachriss und lagerten, um am
nächsten Morgen weiter zu ziehen. Immer öder wurde die Steppe, der
Strauchwuchs hörte fast ganz auf und in dicken Krusten bedeckte
weisses, glänzendes Salz den Boden, das unter unseren Tritten wie
Schnee knirschte.

Von Nordost, vom Eyassi-See her raste fast ununterbrochen ein
Sturmwind über die Ebene, geschwängert von dichten salzigen
Staubwolken, die alles einhüllen und ein intensives Durstgefühl
hervorrufen. Fern im Norden tauchten durch den Staubnebel die dunkeln
Umrisse der Neirobi-Berge auf. Auch die übliche Wüsten-Staffage,
gebleichte menschliche Skelette, morsches Tragzeug und zerbrochene
Töpfe, fehlte nicht: Eine Wasukuma-Salz-Karawane war hier vor
längerer Zeit von Massai überfallen und niedergemacht worden.
Wild ist nicht mehr zu sehen und die einzigen lebenden Bewohner
scheinen mächtige Sandvipern, die mehrmals fauchend neben uns ihr
geschwollenes Haupt erhoben.

Wir erreichten den =Simbiti=-Fluss, ein brackisches Gewässer mit
lehmigem Löss-Ufer, auf welchem Schwärme von Flamingos und Pelikanen
sitzen: der Unterlauf des Wembere. Die Leute waren durch den
Durst, den salziges Wasser nicht stillen konnte, aufs Aeusserste
erschöpft: ein weiteres Vorgehen in dieser Wüste hätte sicher Opfer
an Menschenleben gefordert. Da jedoch der Zweck unseres Ausfluges,
der Nachweis des Zusammenhangs zwischen Wembere und Eyassi-See,
zweifellos nachgewiesen war, so hielt ich eine Verlängerung desselben
nicht mehr für unumgänglich nöthig und trat den Rückweg nach Meatu
auf anderer Route an.

Man sollte glauben, dass eine Wüste, in der ein Salzwind weht, zwar
kein paradiesischer, aber doch ein gesunder Aufenthalt sei. Es erwies
sich jedoch das Gegentheil; ein grosser Theil der Mannschaft und auch
ich selbst wurde von heftigen Fiebern ergriffen. In solcher Zeit, wo
man sich kaum auf dem Reitesel erhalten kann, wo der Kopf glüht und
wilde Fieberbilder jedes klare Denken verwirren, in solchen Momenten
die topographische Aufnahme ununterbrochen durchzuführen, gehört zu
den schwierigsten Aufgaben des wissenschaftlichen Reisenden. Erst in
Meatu, wo wir am 1. Juli anlangten, fand ich die nöthige Erholung und
gönnte mir und meinen Leuten eine Rast von 10 Tagen.

Während dieser Zeit hatten die Elephantenjäger, besonders aber ihre
Weiber und Töchter, sich sehr mit meinen Leuten befreundet und lagen
Munyi Hemedi fortwährend in den Ohren, diese Einöde zu verlassen,
und sich mir anzuschliessen. Da dieser sehr begreiflicher Weise
nichts davon wissen wollte, seine Niederlassung ohne besonderen
Grund aufzugeben, so suchten sie ihn durch ein schlaues Manöver
dazu zu zwingen. Einige Jäger brachen nämlich einen Streit mit den
Eingeborenen vom Zaun, griffen sie an und brannten eines ihrer Dörfer
nieder. Dadurch aufgeregt, sammelten sich die Wasukuma, die sonst
stets sehr friedliche Leute gewesen, in grossen Schaaren und rückten
gegen das Dorf, so dass es meines Einschreitens bedurfte, um sie zu
verjagen. Dann erklärten die von Munyi Hemedi nicht abhängigen Jäger,
etwa 20 Mann, mit mir aufbrechen zu wollen. Die übrigen 40 wollten
zwar bei ihm aushalten, redeten dem ängstlichen Manne jedoch ein,
dass dies unter den gegenwärtigen Umständen gewagt sei.

Als wir am 10. Juli aufbrachen, schloss sich uns ein ganzer Tross
von Jägern mit Weib und Kind an. Munyi Hemedi hoffte bis zum
letzten Augenblick bleiben zu können, doch als er sah, wie einer
nach dem Anderen uns nachfolgte, packte schliesslich auch er seine
Siebensachen und zog ab: die Niederlassung war verlassen.

Am =Nenge=-Bach, einem Wasserplatz am Rande der Steppe, hielt ich
mit den Jägern grosse Berathung ab. Die 20 Makua, welche nicht Munyi
Hemedi's Leute waren, sondern nur seine Niederlassung bewohnten,
sagten sich endgiltig von ihm los, die übrigen gelang es mir zu
bewegen, bei ihm zu bleiben, doch nur unter der Bedingung, dass er
Meatu, das sie schon gründlich satt hatten, verliesse. Es blieben
nur die Alten und Gebrechlichen, darunter ein feister Blinder, der
Jahre in seiner Hütte kauernd verbracht hatte und nun kaum mehr gehen
konnte. Diese willigte ich ein, nach Mwansa zu bringen, wo sie unter
dem Schutze der Station ihr Dasein fristen konnten. Munyi Hemedi
zog auf mein Anrathen mit seinen Leuten ab nach Uduhe, wo er mehrere
Monate später von Herrn Wolf gesehen wurde.

[Illustration: TAFEL VIII. Wasukuma-Weib.]

Ich schloss mit den Makua, welche der Expedition beitraten, einen
Vertrag, worin sie sich zu unbedingtem Gehorsam und zu allen
Arbeiten bereit erklärten, wofür ich ihnen versprach, für sie eine
Niederlassung im elephantenreichen Umbugwe zu gründen. Ich forderte
sie dann auf, mir ihr Oberhaupt zu zeigen, worauf die baumlangen
Kerle, unter denen sich auch einige grauhaarige befanden, zu
meinem Erstaunen einen kleinen, hübschen Jungen von etwa 12 Jahren
anbrachten. Es stellte sich heraus, dass sie wirklich alle die
Sklaven dieses Jungen waren. Obwohl ich also seine Oberherrlichkeit
anerkennen musste, bestimmte ich doch als seinen Stellvertreter
den ältesten Jäger Fundi Mazazwa. Dann fragten mich die Leute, wie
ich hiesse, worauf ich ihnen meinen Namen nannte. Denselben fanden
sie »ngumu« (hart) und fügten in der blumenreichen Ausdrucksweise
des Kiswahíli hinzu: »Umevunja mapori ya Massai, umevunja nguvu za
washenzi, umevunja mji etu: bassi jina lako bwana Kivunja!« (Du bist
durch die Massai-Steppen gebrochen, Du brachst die Kraft der Wilden,
Du hast unsere Niederlassung gebrochen [gesprengt]: so heisse denn
»der Brecher«.) So hatte ich denn einen schönen Namen und war auch
für meine Leute von nun an stets der Bwana Kivunja.

Mit den Makua war das Element des »ewig Weiblichen« in der Karawane
zur wahren Hochfluth angewachsen. Dasselbe war schon früher in
stetem Steigen begriffen; aus den drei Weiblein, mit welchen wir
Tanga verliessen, waren schon längst dreissig und mehr geworden;
denn solch' eine Karawane übt auf die Schönen des Landes eine
zauberhafte Anziehungskraft. Gar mancher schwarzen Dame aus Umbugwe
und Schaschi, aus Ukerewe und Usukuma gefiel der flotte, reinliche
Swahíli besser als der schmutzige Gatte mit seinem Ziegenfellchen.
Nachts verliess sie das sichere Heim und lief der Karawane oft
tagelang nach, um im Lager flüchtig geknüpfte Bande zu dauernden
zu machen. Selbst dem Sultan Lukonge waren mehrere seiner zahllosen
»Sultaninnen« -- und nicht die schlechtesten -- ausgerückt, indem sie
einen ganzen Träger dem hundertsten Theil eines Sultans vorzogen.
Nur selten kam der erboste Ehegatte nachgeeilt und erhielt die
ungetreue Gattin zurück, meist liess er sie laufen und freute sich
wohl noch darüber. Doch nun kamen plötzlich über sechzig Weiber und
zahlreiche Kinder zur Karawane, denn jeder Makua hatte mindestens
drei »Surias« (Kebsweiber) bei sich. Man sollte glauben, dass solcher
Tross den Marsch verzögert, was jedoch kaum der Fall ist. Bepackt mit
hohen Schachteln, in welchen Mehl und andere Lebensmittel verstaut
sind, mit Kochgeschirr und allerlei Hausrath, womöglich noch einen
Sprössling auf dem Rücken, marschirten die Weiber tapfer mit. Selbst
die Kinder liefen im scharfen Tempo der Karawane und wurden, wenn sie
müde waren, von ihren kraftvollen Vätern auf die Schulter gehoben.
Im Lager war das Walten der Weiber ein höchst wohlthätiges; die
ermüdeten Leute konnten ihre Ruhe völlig geniessen, denn das Sammeln
von Brennholz und Wasserholen, das Mehlmahlen und Kochen, dies alles
besorgten die Weiber, während die muntern Kinder durch Spiele und
heiteres Wesen Leben in das Bild brachten.

Die Makua machten sich von Anfang an nützlich und bewiesen, dass
sie in der Kunst des Buschlebens uns doch noch weit über waren. Vor
allem verstanden sie es vorzüglich in unglaublicher Schnelligkeit
wasserdichte und behagliche Grashütten aufzurichten, was meine Leute
ihnen bald ablernten, wodurch unser Lager einen besonderen Charakter
erhielt. Auch als geschickte Jäger zeigten sie sich und lieferten
häufig grosses und kleines Wild für die Küche.

Vom Nenge-Bach, der nur spärlich Wassertümpel enthält, zogen wir
durch fast flache, trostlose Baumsteppen zum Marago =Saïd bin Sef=,
einem Lagerplatz, der nach dem früheren Vorstand der Araber-Kolonie
Magu benannt ist, wo einige Lachen uns Erquickung boten. Am 12. Juli
durchwanderten wir, von den Makuas geführt, wegelose, offene Steppe
und überschritten den =Simiyu=, der zu dieser Jahreszeit nur grosse
Tümpel enthält, in welchen sich Welse und sogar Flusspferde finden,
die zur Regenzeit vom Nyansa aus hierher gelangen.

[Illustration: Feldbeil, Usukuma.]

Durch flache Steppe gelangten wir zu den nahe aneinander gelegenen
Dorfgebieten von =Dudumo= und =Sagayu=, kleinen, an die Steppe
grenzenden Ortschaften, welche von Flüchtlingen aus Uduhe, Usmau
und Ntussu bewohnt sind, die schöne Kulturen und ansehnliche Hütten
besitzen. In einer der letzteren fand ich zu meinem Erstaunen
ein französisches Erbauungsbuch und eine Kiganda-Bibel und erfuhr
später, dass dieselben von dem Ueberfall einer Missions-Karawane in
Sengerema herstammten. Gegenwärtig sollen die Bücher als Kopfputz bei
Tänzen dienen, eine Verwendung, die ihre frommen Verfasser wohl kaum
voraussahen.

Am 15. Juli passirten wir abermals den hier völlig trockenen
Simiyu-Fluss und gelangten in die Landschaft =Nyasambe=, wo Wasukuma
aus Mwagala wohnen, die besonders viel Baumwolle bauen. Sie spinnen
daraus ungemein schöne feste Doppelgewebe, eine Kunst, die in Usukuma
weit verbreitet ist. Am 16. Juli überschritten wir mit dem trockenen
Ididi-Bache die Grenze von =Usmau=. Eine weite, sanft gewellte Ebene
dehnte sich vor uns aus, überall sah man Felder von ungeheurer
Ausdehnung, dazwischen die ansehnlichen von Euphorbien umgebenen
Dorfkomplexe. Angebaut wird hauptsächlich Sorghum, weniger Mawele
(Penicillaria), vereinzelt auch Reis. Die Eingeborenen sind grosse
Reisende, fast alle jungen Leute sind an der Küste gewesen und neben
fast nackten Burschen mit elendem Ziegenfell sieht man Gestalten
mit Flanellbeinkleidern, schwarzem Salonrock und mächtigem grauen
Schlapphut. Sie erzählten mir allerlei Neuigkeiten, darunter auch
die von meinem eigenen Tode. Der Europäer, meinten sie nämlich, der
früher in Katoto sass, sei von den Wagaya todtgeschlagen worden.
Andere behaupteten, er wäre vielleicht doch nicht ganz todt, habe
jedoch eine Speerwunde erhalten. Ich lachte damals über dieses
Negergeschwätz, konnte ich doch nicht ahnen, dass sich ein schlauer
Europäer (der Stationsvorsteher von Mwansa) finden würde, der
nichts eiligeres zu thun hatte, als diesen Unsinn nach der Küste zu
melden, von wo er nach Europa gelangte und dort unnütze Besorgnisse
hervorrief.

Am 19. Juli hatten wir Usmau hinter uns und betraten Usukuma im
engeren Sinne, wie die Landschaften am Nyansa genannt werden.
Am nächsten Tage stiegen wir den steilen Abfall zum See ab und
erreichten gegen Mittag die Station =Mwansa=. Wieder breitete sich
der herrliche See vor uns aus und drüben, jenseits der Bai, tauchten
die grünen Ufer Usinja's verheissungsvoll aus der tiefblauen Fluth.

[Illustration: Weiber der Karawane.]



IV. KAPITEL.

Vom Victoria-See zum Tanganyika.

Durch Usinja. -- Ussui. -- Kassussura's Residenz. -- Uyogoma.
-- An der Nil-Fähre. -- Urundi. -- Freudenfeste der Warundi. --
Der Akanyaru. -- Ruanda. -- Raserei der Warundi. -- Gefecht mit
Watussi. -- An der Nilquelle. -- Uebersteigung der Missosi ya Mwesi
(Mondberge). -- Am Tanganyika.


An den Gestaden der Bukumbi-Bai stand die Expedition abermals an
einem Wendepunkt. Der Marsch durch's Massai-Land und die Erforschung
der östlichen Nyansa-Gebiete war vollendet, nun hätte programmmässig
die Reise nach den südlichen Massai-Gebieten folgen sollen. Ich
brachte es jedoch nicht über mich, meine Schritte ostwärts, nach
der Küste zu lenken. Denn im Westen, an der Grenze des deutschen
Schutzgebietes, lockten mich gänzlich unbekannte Striche, welche
die letzten Räthsel des alten Nilproblems bargen. Allerdings hatte
Stanley vor fast zwanzig Jahren vergeblich versucht in jene Gebiete
einzudringen und das mächtige Prestige, welches dieser Reisende
mit Recht geniesst, hatte seither andere abgehalten, ihre Schritte
dahin zu lenken. Aber ich besass eine vorzüglich eingeschulte,
leistungsfähige Mannschaft; das Material der Expedition war noch
in gutem Stande, ich selbst fühlte mich gesund und kräftig: wenn es
irgend Vorbedingungen gab die ein Gelingen erhoffen liessen, so waren
es diese.

[Illustration]

In den Instruktionen freilich, die meine Auftraggeber mir fürsorglich
mitgegeben, war das Gebiet meiner Forschungen so ziemlich umgrenzt
und von jenen entfernten Ländern stand keine Zeile darin zu lesen.
Aber solche Instruktionen sind ja nur dazu da, um nicht befolgt
zu werden: entweder sie verlangen zu viel oder zu wenig von dem
Reisenden, im letzteren Fall werden sie überschritten -- »und wenn es
glückt, so ist es auch verziehn.«

So begann ich denn meine Vorbereitungen für den Marsch nach dem
Westen. Ich liess alle Lasten, die nicht unbedingt nöthig waren,
bei Seite packen, wählte eine Anzahl schwacher Leute aus und sandte
diese, sowie einige angeworbene Wasukuma, unter Befehl des Askari
=Mzee bin Jumah=, eines älteren, vorsichtigen Mannes, voraus nach
Tabora mit der Instruktion, mich dort zu erwarten. Ferner entliess
ich sämmtliche Sudanesen bis auf einen (Faraj Abdallah) und gab
sie an die Station Mwansa ab, da sie für meine Zwecke gänzlich
unbrauchbar waren. Alle Leute, mit Ausnahme der Sudanesen, schieden
nur sehr ungern von der Expedition und mussten förmlich gezwungen
werden, mit Mzee zu marschiren, obwohl sie ganz gut wussten, welch'
abenteuerliche Reise wir vorhatten.

Der Aufenthalt in Mwansa war nicht übermässig angenehm. An die Stelle
des liebenswürdigen Kompagnieführers Langheld war ein Feldwebel
getreten, der als Gärtner wohl vorzügliche Eigenschaften besass, im
Uebrigen jedoch mit seinem Vorgänger nicht rivalisiren konnte. Dazu
kam, dass mir ein Unfall passirte, der leicht ernste Folgen haben
konnte. Ein Träger kam nämlich eines Morgens zu mir und erklärte,
sein Gewehr wolle nicht losgehen. Als ich selbst versuchte, ging das
Gewehr allerdings los, aber nach rückwärts und scharfer Pulverdampf
drang mir in die Augen. Eine heftige Entzündung war die Folge, die
mich zwang, acht Tage mit verbundenen Augen im Zimmer zu sitzen.
Ich siedelte während dieser Zeit nach =Nyegesi= über. Es war dies
eine französische Missions-Station, die für einige Zeit an die
Seen-Expedition des Antisklaverei-Komite vermiethet worden war
und wo mein armer Landsmann Baron =Fischer= vor Kurzem seinen Tod
gefunden. Seine gründlichen topographischen Kenntnisse -- er war
ein Zögling des Wiener militärisch-geographischen Instituts -- sowie
sein wissenschaftlicher Eifer liessen glänzende Leistungen von ihm
erwarten, als er leider durch ein tückisches Fieber dahingerafft
wurde. Zur Zeit meiner Anwesenheit befand sich in Nyegesi nur der
Steuermann Blatt, welcher in der zur Werkstatt umgewandelten Kapelle
eifrig an einem Boote hämmerte.

Während ich in Nyegesi krank lag, hatte Mzimba das Uebersetzen
der Karawane über die Bucht mit grossem Geschick besorgt. Es war
das keineswegs eine leichte Aufgabe, da uns nur wenige und sehr
elende Kanus zu Gebote standen und besonders die Rinder grosse
Schwierigkeiten machten. Dieselben in das schmale Fahrzeug zu
verladen, erwies sich als unmöglich und so mussten sie schwimmend
über den breiten Seearm gelangen, was auch ganz gut ging.
Am 2. August bezog Mzimba in =Ngoma=, einem kleinen Dorf des
Wasinja-Häuptlings Rotakwa, das Lager. Ich selbst konnte erst am 7.
August Nyegesi verlassen. Ich begab mich zu jener felsigen Landzunge,
von der aus die Ueberfahrt stattfindet und setzte in etwa einer
Stunde an's andere Ufer, wo ich von meinen Leuten mit Freudengeschrei
begrüsst wurde.

Eine Musterung ergab, dass alles in schönster Ordnung war: alle
kränklichen und schwächlichen Leute waren mit Mzee nach Tabora
gegangen, die Lasten waren bedeutend vermindert und leicht verpackt
worden, für die 30 Rinder, die wir mithatten, waren reichlich
Treiber vorhanden und der Unternehmungsgeist, der aus den Blicken der
gesunden, nun völlig ausgeruhten Leute sprach, war mir eine Gewähr
des Erfolges.

In meinem Haushalt war eine kleine Aenderung vorgegangen indem
der Koch, den ich von der Küste mitgebracht, nun nicht mehr da
war. Ich hatte ihn an einen Agenten der britisch-ostafrikanischen
Gesellschaft, den ich in Mwansa traf, abgetreten, da die Küchenjungen
und besonders die Küchenmädchen, von welchen es jetzt wimmelte,
ihm seine Kunst bereits abgelernt hatten. Ueber ihnen stand, als
unumschränkte Herrscherin, die »Mami safari«, Kibibi, die alle
Strapazen und Entbehrungen mit gleich unverwüstlicher Gesundheit und
trefflichem Humor ertrug.

Auch einer meiner Dienerjungen musste krankheitshalber in Mwansa
bleiben, doch fand ich vollen Ersatz an =Hamadi= (Pflaume), einem
etwa vierzehnjährigen Jungen, der durch den Tod seines Herrn, eines
Unteroffiziers, dienstfrei in Mwansa weilte. Trotz seiner Jugend
hatte er schon viel mitgemacht und war bei der verhängnissvollen
Wahehe-Expedition Zelewsky's mit dabei gewesen. Es war der richtige
Buschboy, ein anstelliger, aufgeweckter Junge und ein Kerl, der
selbst im dichtesten Kugel- und Pfeilregen nicht von seinem Herrn
wich.

Am Tage meiner Ankunft in Ngoma gebar ein Makuaweib einen Sprössling,
der blassroth gefärbt war und sich -- wie alle neugeborenen Neger
-- nur durch den Typus von europäischen Säuglingen unterschied.
Erst nach Tagen bricht das dunkle Pigment durch und der kleine
Mensch erscheint in schwarzer Farbe. Dieser Junge, der mir zu Ehren
den Namen Kivunja erhielt, war der erste einer langen Reihe von
Nachfolgern, die alle unterwegs das Licht der Welt erblickten. Unter
dem Grasdach der Lagerhütte, ja oft in einem Gebüsch am Wege wurde
das Weib von Wehen überkommen und am nächsten Tage schon konnte sie,
mit dem Neugeborenen auf dem Rücken, weiter marschiren.

Am 9. August verliessen wir das buchtenreiche Ufer des Nyansa und
zogen durch leicht gewelltes, von lichtem Steppen-Wald bedecktes
Land. Die grosse Trockenzeit nahte ihrem Ende und einzelne Schauer
deuteten das Herannahen der kleinen Regen, der mwua za mwaka,
an. Gelb und dürr hingen die Blätter an den Bäumen, wodurch die
Landschaft ein herbstliches Gepräge erhielt, das durch die traurigen,
verbrannten Grashalden, den trüben Himmel und besonders durch den
scharfen Nordwind gesteigert wurde, der vom Nyansa herüberstrich.
Doch schon machte sich die Wirkung der jüngsten Regen bemerkbar, aus
den schwarzen Brandflächen spross das zartgrüne, junge Gras hervor
und neben dürrem Laub schlugen an den Bäumen grüne Knospen aus -- ein
Bild der ewig jungen Tropenwelt. In dem gänzlich unbewohnten Gebiet
sah man Spuren früherer Siedelungen; die Ackerfurchen sind noch
erkennbar und nicht selten trifft man tief ausgeriebene Mahlsteine.
Die Wangoni haben diese früher reichen Gebiete entvölkert.

[Illustration: Dorf der Wasinja.]

Am 12. August gelangten wir wieder zu Dörfern, die dem
Wasinja-Distrikt =Ugulula= angehören. Ausgedehnte Maniokfelder, in
welchen gleichzeitig auch süsse Kartoffeln gebaut werden, bedecken
hier das Land, in den Wasserrissen und Mulden gedeihen prächtige,
tiefschattige Wäldchen, überragt von schlanken Phönix-Palmen.
Ueberall sieht man kleine Dörfer mit leichten lebenden Hecken,
an welchen sich Bohnengerank hinaufschlingt, und in denen die
netten Grashütten unregelmässig verstreut sind. Neben ihnen stehen
Vorrathshütten aus eigenthümlichem, cigarrenförmigem Grasgeflecht,
welche Getreide enthalten. Die Eingeborenen sind Wasinja, geschickte
Schmiede, welche ihr Handwerk in offenen Grashütten ausüben und
schöne Speere, Pfeile und Hacken anfertigen, eine Kunst, der sie
das viele Baumwollzeug verdanken, das sie von anderen Stämmen
eintauschen. Ihr Häuptling Mtikiza besuchte uns und bat, wir möchten
einen seiner Feinde bekämpfen, was uns natürlich gar nicht einfiel.

Ausser diesem menschlichen hatten Mtikiza und seine Leute noch
einen thierischen Feind, der nicht so leicht zu besiegen war. Es
war das ein alter Bekannter von der Westküste Afrika's, den ich
hier zum ersten Male traf, ohne sagen zu können, dass mich dieses
Wiedersehen besonders erfreute. Ich meine den =Sandfloh=, Pulex
penetrans, jenes widerliche Insekt, welches sich in die Zehen und in
andere Körpertheile des Menschen einbohrt. Als ich 1885 den Kongo
bereiste, war der Sandfloh, der bekanntlich aus Brasilien stammt
und von Schiffen mit Sandballast nach West-Afrika gebracht wurde,
erst am Stanley-Pool. Durch die Kongo-Dampfer gelangte er rasch nach
Stanley-Falls und verbreitete sich über Manyema, von wo er allmählich
bis Ujiji und Tabora kam. An das Westufer des Nyansa soll er direkt
durch die Stanley'sche Expedition eingeschleppt worden sein. Es
wird sicher nicht mehr lange dauern, bis er die Ostküste Afrika's
erreicht, ja vielleicht erleben wir, dass er von dort über Indien
seinen Triumphzug um die Welt fortsetzt.

[Illustration: Hackenklinge, Usinja.]

Wer seine Füsse rein hält und täglich untersuchen lässt, um die
etwa eingedrungenen Thiere zu entfernen, der hat diese Plage nicht
besonders zu fürchten. Wird jedoch ein Sandfloh -- der einmal
eingedrungen, nicht mehr schmerzt -- vernachlässigt, so schwillt
er zu Erbsengrösse an und erzeugt schliesslich Geschwüre, die, wenn
massenhaft auftretend, Blutvergiftung und den Tod veranlassen können.
Besonders in Gegenden, wo das Thier neu auftritt, wo also dessen
Behandlung nicht bekannt ist, richtet es geradezu Verheerungen an.
Wir sahen in Usinja Leute, welchen die Glieder einzeln abfaulten, ja
ganze Dörfer waren in Folge dieser Plage ausgestorben. Ich suchte
derselben dadurch zu begegnen, dass ich bei meiner Mannschaft eine
strenge Strafe für Jeden ansetzte, der sich wegen Sandfloh fussmarode
meldete. Dadurch erreichte ich, dass die Leute ihre Füsse sorgfältig
visitierten, und litt fast gar nicht unter diesem Uebel.

In den nächsten Tagen zogen wir durch flaches Land längs des Emin
Pascha-Golfes, der in zahlreiche papyrusreiche Buchten endet. Die
Landzungen zwischen diesen sind meist mit Busch bedeckt. Am Ende der
Buchten wechselt Sumpfgebiet mit offenem, theilweise bebautem Land,
in welchem grosse Schmiedehütten verstreut lagen. Die eigentlichen
Dörfer waren fast ganz im Papyrus des Ufers verborgen und gegen
aussen durch hohes Gras fast unsichtbar. Als wir im Dorfe =Irangala=
lagerten, fing eine der Grashütten, die in nächster Nähe meines
und des pulvergefüllten Lastenzeltes lagen, Feuer, welches ohne das
energische Eingreifen der Askari und Makua leicht schweres Unheil
hätte anrichten können. So wurde jedoch alles Feuergefährliche rasch
beiseite geschafft und schliesslich verbrannte nichts als eine --
Kaffeemühle.

Am 19. August erreichten wir die äusserste Südwestecke des Nyansa,
wo die Hütten und ärmlichen Felder von =Amranda= liegen. Hier
kreuzten wir die Route Stanley's und Emin Pascha's und lagerten
etwas nördlicher in Busirayombo, dem Hauptdorf von =Bukome=, das
an Papyrusufer in öder, staubiger, buschbewachsener Gegend liegt.
Es hat etwa dreissig Hütten und ist die Residenz eines blutjungen,
etwas beschränkt aussehenden Häuptlings mit Wahumatypus, der
einen Schutzbrief von Dr. Stuhlmann besass und in dessen Reisewerk
abgebildet ist. Er brachte mir Bananen und Pombe und erhielt ein
Gegengeschenk, das von ihm und seinem Gefolge buchstäblich mit
stürmischem Applaus aufgenommen wurde. Hier, wie in ganz Usinja
und den westlichen Gebieten, ist es nämlich Sitte, Höhergestellte
durch Niederknien und Händeklatschen zu begrüssen, welches in Bukome
besonders kräftig gehandhabt wurde. (Siehe Abb. pg. 63.)

Etwas nördlich lag eine kleine Handelsniederlassung Mr. Stokes',
des irischen Händlers, dessen Angestellter, ein netter Mnyamwesi,
mir seinen Besuch machte. Bei dieser Station ist der Nyansa nicht
mehr von Papyrus eingeengt. Bei Busirayombo besitzt er gelblich
schmutziges und übelriechendes Sumpfwasser, in dem Wasserwanzen
umherschwimmen und das Abends ganze Wolken Mosquitos ausspeit, die
eine keineswegs angenehme Zugabe zu den tausenden von Sandflöhen
bilden.

Am 21. August verliessen wir ohne Bedauern Bukome und zogen
westwärts, durch einen unbewohnten Streifen, der Landschaft Ussui
zu. Ziegelrother Lateritboden bedeckte die hügelige, mit jungem,
lichtem Buschwald, Akazien und einzelnen Baumeuphorbien bestandene
Landschaft. Wir passirten einen Hügel, von dem die Eingeborenen
Raseneisensteine als Erz gewinnen, und erreichten Mittags das
erste Dörfchen von =Ussui=. Dasselbe zeigte sich uns als ein reich
bebautes, ziemlich stark gewelltes Land, das hauptsächlich von
Sorghum- und Patatenfeldern bedeckt ist, in welchen die kleinen, von
Bananenhainen umgebenen Dörfer liegen. In der Umgebung reifen auch
schöner Tabak und Tomaten. Die Eingeborenen, die fast alle in Zeug
gekleidet waren, besitzen viele Schmieden und begegneten uns scheu,
weil sie noch nicht wussten, wie ihr König Kassussura sich zu meinem
Besuche stellen würde.

Am 23. August überstiegen wir zwei hohe felsige Kämme, zwischen
welchen leicht gewelltes, bewohntes und bebautes Land lag. Von der
letzten Höhe stiegen wir in ein weites Thal ab, dessen untere Hänge
mit Bananenhainen und Feldern bedeckt waren. Jenseits lag der grosse
Hüttenkomplex =Kassussura's=, des Häuptlings von Ost-Ussui, eines der
mächtigsten eingeborenen Potentaten in Deutsch-Afrika.

Von Bananen umschlossen lagen in der Nähe die ärmlichen Hütten einer
Niederlassung Mr. Stokes', deren einzigen Reiz ein hoher Schattenbaum
bot. Eine andere, aus Swahíli-Hütten bestehende Handelsstation hatte
der Inder Kipilipili gegründet, der augenblicklich nicht anwesend
und durch den Araber Pangalala vertreten war. Auch Stokes hatte
einen intelligenten Araber Namens Raschid in Ussui stationirt, der
uns freundlich begrüsste. Er war im Innern Afrika's gross geworden,
hatte Burton und Speke gekannt und wies uns die Stelle des Dorfes
Uthungu, wo der grosse Forscher vor 30 Jahren durchgekommen. Auch die
Eingeborenen erinnerten sich deutlich an Speke und erzählten, er habe
dem Vorgänger des jetzigen Häuptlings durch Schiessen sehr imponirt.

Von Kassussura erfuhr ich nicht viel Gutes, er sollte persönlich
zwar recht freundlich, doch sehr habsüchtig sein und keine Karawane
ohne Wegzoll (Hongo) passiren lassen. Einen deutschen Reisenden
hatte er noch nicht bei sich gesehen und die Araber versicherten,
dass es ohne Hongozahlen nicht abgehen werde. Wirklich erschien
auch nach einiger Zeit ein Würdenträger mit einer Anzahl Leute als
Abgesandter Kassussura's, der ein ziemlich unverschämtes Benehmen zur
Schau trug. In solchen Fällen schadet es nie, die Unverschämtheit
durch noch grössere zu übertrumpfen; bevor daher der Abgesandte
eine Hongoforderung stellen konnte, fragte ich ihn, warum er mit
leeren Händen zu mir komme, ob denn Kassussura nicht wisse, dass
er an mich Hongo zu bezahlen hätte? Der Würdenträger war erst ganz
starr darüber, dass er, der gekommen war, um Hongo zu fordern, nun
selbst Hongo zahlen sollte; aber ein Rundblick durch das Lager mit
den Askari und Ruga-Ruga machte ihn doch nachdenklich, und in dieser
Stimmung kehrte er zu seinem Herrn zurück.

[Illustration: Wassui.]

Die Araber begannen nun eifrig verrostete Schiessprügel und Schwerter
zu putzen und meinten, es müsse unbedingt zu blutigen Kämpfen
kommen, denn so etwas lasse sich der grosse Kassussura in seinem
eigenen Lande nicht bieten. Aber nichts dergleichen geschah: am
Abend erschien eine ganze Schaar von Wassui, die ungeheure Massen
Lebensmittel anschleppten, das Hongo Kassussura's. Zugleich kam
auch der Würdenträger, nun ganz kleinlaut, und erklärte, dass der
König zwar mein Freund sei, aber doch den heissen Wunsch hege, mich
=nicht= zu sehen. Ich glaubte auf das Vergnügen seiner Bekanntschaft
verzichten zu können und sandte ihm ein schönes Geschenk, welches ihn
sehr befriedigte und zu neuer Spende veranlasste.

Den 24. August verbrachte ich in der Stokes'schen Niederlassung,
wo sich auch ein ganz weisser Egypter befand, der kränklich und
von Sandflöhen gequält war. Es war einer der Leute Emin Pascha's,
Namens Hassan, der mit Stanley aus Equatoria abgegangen, jedoch in
Karagwe liegen geblieben war. Von da ab wurde er von verschiedenen
Arabern ernährt und beherbergt, war jedoch halb verrückt, was sich
hauptsächlich darin äusserte, dass er von Jedermann, z. B. auch von
mir, seinen rückständigen egyptischen Sold verlangte. Ich hätte den
Armen gern mitgenommen, doch konnte er kaum gehen.

Am selben Tage liess ich pro forma die Einwilligung Kassussura's zum
Marsch durch sein Land einholen, die er bereitwilligst ertheilte und
uns vier Mann als Wegweiser und Geleit mitgab. Gleichzeitig schickte
er eine Heerde Ziegen und an 100 Lasten Bananenmehl und süsse
Kartoffeln und bat um eine deutsche Flagge und um Stellung unter
deutschen Schutz, ein Ansuchen womit ich ihn an die Station Bukoba
verwies.

Am 25. August zogen wir an dem bananenreichen, aber anscheinend nicht
sehr stark bewohnten Residenzdorf Nyaruvungu vorbei, überstiegen
ein Joch und gelangten in ein Grasland mit offenen Büschen, das von
Sorghumfeldern, Bananenhainen und freundlichen Hütten unterbrochen
war. Stellenweise erhebt sich ein hoher Laubbaum, von früherer
stärkerer Waldbedeckung zeugend. Höher ansteigend gelangt man in
das Plateauland am Msenyi, das von tief einschneidenden Thälern
durchzogen ist, deren Gewässer dem Urigi-See zuströmen. Die Höhen
bedecken wellige, ausgedehnte Weidegebiete, die mit ihrem üppigen
Graswuchs und der kühlen Luft, die auf ihnen herrscht, an Mutyek
erinnern. Nur fehlten dort die kleinen Bananenhaine und Felder der
weit zerstreuten Siedelungen, an welchen sich die Eingeborenen,
schlanke Leute mit sanften, angenehmen Gesichtszügen zeigten, die uns
knieenden Gruss darbrachten.

Schon früh hielten Kassussura's Wegweiser bei einem freundlichen
Dörfchen und meinten, dass dieser Ort uns zum Lager bestimmt sei.
Da wir noch weiter marschiren wollten, baten sie uns dringend
zu bleiben, da Kassussura's Programm, das er schon durch Boten
überall hin verkündet hatte, sonst gänzlich zerstört würde, was
ihnen eventuell den Kopf kosten könnte. Thatsächlich sah man schon
von allen Hängen mit Lebensmittel und Pombe beladene Eingeborene
herabsteigen, denn in diesen Ländern ist der Reisende überall Gast
des Königs und zwar eines Königs dem alles im Lande gehört und
demgegenüber niemand Privat-Eigenthum besitzt. Eine Art Polizei
erschien, die mit langen Knüppeln Ordnung hielt und tüchtig auf die
Eingeborenen einhieb, falls sie in das Lager eindringen oder uns
sonst irgendwie belästigen wollten. Denn wir hatten natürlich der
Bitte der Wegweiser nachgegeben und gelagert, worauf diese ihre Köpfe
wieder etwas sicherer zwischen den Schultern sitzen fühlten. Doch
sollte einer von ihnen noch einmal an diesem Tage für sein Haupt
zittern müssen, indem er einen Regenschirm verlor, den Kassussura ihm
vor einigen Tagen geschenkt hatte. Eine solche Nichtachtung seines
Geschenkes würde sicher mit dem Tode bestraft worden sein und der
Arme war der Verzweiflung nahe, bis er zum Glück seinen Regenschirm
wieder fand.

Je weiter wir gegen Westen vordrangen, desto bergiger und reizvoller
wurde das Land. Zwar behielten die Höhen noch Plateaucharakter,
doch fielen sie nach allen Seiten in steilen, oft in schroffen
terassenförmigen Felswänden abstürzenden Hängen nach den engen
Bachthälern ab. Auf felsigem Pfade stiegen wir zu den grasigen,
von ziegelrothen Viehwegen durchschnittenen Thälern ab. Die
Eingeborenen der spärlichen, weit zerstreuten Dörfer pflegten mich
meist in Gruppen zu erwarten, die etwa zehn Schritte vor mir Halt
machten, worauf die Leute einzeln laufend ankamen und knieend und
händeklatschend ihren Gruss »Kssura!« riefen. Das Baumwollzeug
beginnt hier abzunehmen und macht der Fellkleidung Platz. Das
Lager im Dorfe Uakilinda war durch eine riesenhafte Ricinuspflanze
merkwürdig, die etwa 10 Meter hoch war, einen dicken Stamm und
ausgebreitete Aeste besass.

Am 27. August verliessen wir das Gebiet des Urigi-See's und
betraten den Grenzdistrikt Kassussura's, der weit trockener und
weniger fruchtbar ist. Während sonst überall klare Bäche in den
Thälern rieseln, trifft man hier auf trockene Wasserrisse und an
den Hängen tritt oft rothbraunes, metallisch glänzendes Gerölle zu
Tage, zwischen welchem nur einzelne, niedrige Bäumchen ihr Dasein
fristen. Auch der graue Boden der Thäler scheint wenig fruchtbar. Wir
bestiegen einen hohen Kamm, auf dem eine duftende Veilchenart gedieh
und hatten einen weiten Blick über den Distrikt =Nyakawanda= mit
seinen bräunlichen, tafelförmigen Bergen und den fernen Höhen von Uha
im Süden.

Das Land ist wenig bewohnt, stundenweit liegen die kleinen
ärmlichen Dörfchen von einander entfernt. Das grösste ist jenes
des »Gouverneurs« von Nyakawanda, das einen Stachelzaun besitzt,
der durch zahllose Spinngewebe von Weitem das Aussehen einer Mauer
bekommt. Auch das Thierleben dieser Gegend, überhaupt der Länder
westlich vom Nyansa, ist sehr arm, Wild trifft man fast gar nicht
und selbst die unvermeidliche Hyäne liess sich Nachts selten hören.
Vielleicht war daran die empfindliche Kälte schuld, die besonders in
den frühen Morgenstunden das Thermometer auf 5 Grad Celsius fallen
liess.

Am 28. August verliessen wir Kassussura's Land und durchzogen eine
wilde von Bergkämmen durchschnittene, steinige, wasserarme Gegend,
die den südlichsten Zipfel von Karagwe bildet und gänzlich unbewohnt
ist. Sie trennt Ost-Ussui von West-Ussui oder =Uyogoma=, dessen
erste Dörfer wir am Morgen des 29. August erreichten. Hier herrschte
der Häuptling =Yavigimba= (Ruavigimba) der von unserem Nahen und
friedlichen Absicht offenbar schon gehört hatte, denn an der Grenze
erwarteten uns andere Wegweiser, und Lebensmittel wurden überall
bereit gehalten.

Am 29. August kreuzten wir vor =Kaponora's= Dorf die Route Stanley's
und traten in gänzlich unbekanntes Gebiet ein. Für die nächsten
Tagereisen, soweit Yavigimba's Herrschaft reichte, konnten wir
Erkundigungen einziehen, darüber hinaus jedoch lag =Urundi=, ein
Land, mit dem keinerlei Verkehr bestand und von dem nur dunkle
Gerüchte in's Ausland drangen. Vor der Massai-Tour konnten wir doch
Nachrichten über die zu bereisende Gegend einziehen, diesmal jedoch
tappten wir völlig im Dunkeln, betraten eine terra incognita im
buchstäblichen Sinne des Wortes, ein Land, in dem der Kompass uns als
einziger Leitstern diente.

Das östliche Uyogoma war kein besonders einladendes Gebiet, ein
steriles Bergland mit unendlichen Hügelzügen, mit wenigen, ärmlichen
Dörfern. Die Bewohner sind dunkler, negerhafter als die Leute in
Ost-Ussui, sie gehören bereits der Warundi-Gruppe an und einige
meiner Leute, die in Ujiji am Tanganyika geboren waren, konnten sich
fliessend mit ihnen verständigen.

Von =Rusengo= an trat der Plateau-Charakter schärfer zu Tage, grasige
Halden dehnten sich aus, in welchen einige Laubbäume verstreut
waren. Die engen Thälchen haben ein schwaches Gefälle und sind von
Papyrus-Massen erfüllt, zwischen welchen dünne, sumpfige Gewässer
sickern. Die Niederlassungen waren weit auf den Hochebenen verstreut
und schlecht gehaltene Felder umgaben die verfallenen Grashütten.
Erst am 1. September erreichten wir ein etwas grösseres Dorf, die
Residenz des Häuptlings Yavigimba. Derselbe zeigte sich vorerst
nicht, doch kamen zahlreiche Eingeborene, die ihren Kniefall machten
und reichlich Lebensmittel brachten, obwohl sie anscheinend selbst
nicht sehr viel hatten. Alle waren mit langen Stäben und Speeren
ausgerüstet, die sie bei der Begrüssung weglegten und trugen am
Unterarm einen merkwürdigen dicken Holzring, der beim Bogenspannen
dienlich ist. Sie sprachen kein Kisinja mehr, sondern nur Kirundi und
scheinen früher eifrig Viehzucht getrieben zu haben, die jedoch durch
die Seuche schwer litt.

[Illustration: Armring der Warundi.]

Am 2. September kam Yavigimba, ein hochgewachsener dunkelfarbiger
Mann, um Geschenke mit mir auszutauschen. Es war ihm sehr um die
Freundschaft der Europäer zu thun und er bat mich dringend, ihm als
sichtbares Zeichen eine Flagge zu geben. Hier war ein Verweisen nach
Bukoba nicht mehr möglich, denn dieser Ort lag für Yavigimba gänzlich
aus der Welt, ich nahm daher keinen Anstand, ihm eine deutsche
Flagge und eine Bescheinigung zu geben, die jederzeit gegen einen
Schutzbrief eingetauscht werden konnte.

Wenn ich gehofft hatte, in Yavigimba's Residenz etwas Sicheres über
Urundi zu erfahren, so sollte ich mich getäuscht haben. Zwar erzählte
man mir allerlei von den blutgierigen, kriegerischen Warundi, die
keine Fremden in ihr Land liessen, von ihrem König Mwesi, der
irgendwo an unbekanntem Orte throne, von zahlreichen »Nyansa«,
welche das Land bewässern -- aber irgend welche Klarheit konnte ich
nicht erlangen. Von dem »Akanyaru«, dem Alexandra-See, den Stanley
erkundet, kannte man allerdings den Namen und berichtete, dass er
ein »Nyansa« sei, der Tage lang mit Kanus befahren würde, so dass ich
hoffen durfte, einen grossen See zu entdecken.

Noch zwei Tagereisen hatten wir durch Uyogoma zurückzulegen, dann
überschritten wir einen Kamm und stiegen sanft in ein Thal ab, das
von mauerartigen, von verbranntem Gras geschwärzten Tafelbergen
gesäumt ist. Die Wassui der kleinen zerstreuten Dorfkomplexe folgten
uns schaarenweise mit ihren langen Speeren, leisteten ihren Gruss und
schlossen sich dann in lachenden und scherzenden Gruppen der Karawane
an.

Schon in den Morgenstunden erreichten wir das Ufer eines breiten
Flusses, der seine graubraunen Wogen zwischen hohen von üppiger
Vegetation gekrönten Ufern dahin wälzte. Mit Bewegung blickte
ich in die Fluthen dieses Stromes, aus welchem steile Granitriffe
hervorragten; war es doch der =Quellfluss des Nil=, hier Ruvuvu,
später =Kagera= genannt, bildete er doch die Westgrenze von Ussui
gegen jenes räthselhafte Urundi, in welches wir nun eindringen
sollten!

Doch das Leben des Reisenden gewährt keine Frist zu langen
Betrachtungen; schon hatte Mkamba den primitiven Einbaum, der als
Fähre dient, in Beschlag genommen und mit kräftigen Stössen und
Ruderschlägen beförderten die Wassui-Fährleute die ersten Askari
an's linke Ufer. Hinter der Karawane, die sich am Ufer niederliess
und allmählich übergeführt wurde, sammelten sich hunderte von Wassui
und bedeckten dicht gedrängt als schwarze bewegliche Masse mit
blitzenden Speeren die Hügelhänge und das Ufer. Auf der Felsinsel
im Flusse hockten zahlreiche Eingeborene, gleich Affen sassen sie
auf Baumstämmen, die in den Fluss hinausragten, ja sie schwammen
trotz der vielen Krokodile darin herum, um das Schauspiel unseres
Uebergangs zu geniessen.

Mit dieser Bewegung am rechten stand die Ruhe am linken Ufer in
grellem Widerspruch. Wussten die Warundi etwa nicht, dass wir
kamen, oder brüteten sie abseits Arges? Sollten die vielen Tage
des Friedens, die wir genossen nun wirklich ein Ende haben und wir
wieder blutigen Kämpfen entgegengehen? Die Askari am linken Ufer
schienen ähnliches zu vermuthen, sie hatten Wachen ausgestellt und
Mkamba's hohe Gestalt tauchte auf dem Gipfel eines Termitenhügels
auf, unbeweglich in die Ferne spähend.

Plötzlich -- ich befand mich gerade im Kanu -- ertönte aus dem
Dickicht des Ufers von Urundi ein langgezogenes Jauchzen und wie
durch Zauberschlag tauchten plötzlich zahlreiche dunkle Gestalten mit
langen Stäben aber ohne Waffen auf. Im Gänsemarsch kamen sie, Laub
und ihre Stäbe schwingend, an, kräftige Gestalten mit originellen
Haartouren und braun und grau gemusterten zipfelförmigen Ueberwürfen
aus Rindenzeug, das von nun an das einzige Bekleidungsmaterial
bildete. Auf der Höhe der Rampe stellten sie sich in zwei oder
drei Reihen an und führten jenen merkwürdigen Tanz auf, den ich
dann noch unzählige Male sehen sollte, ohne dass er seinen Reiz
für mich verlor. Derselbe wird weder von Trommeln, noch von Gesang,
noch von irgend einem Instrument begleitet. Den Takt giebt einfach
der Tanzschritt, der durch mehr oder weniger kräftige Tritte
bezeichnet ist. Unter Leitung eines Vortänzers führen die Massen
mit unglaublicher Gleichmässigkeit und Geschicklichkeit diese Tänze
auf, dass der Boden dröhnt und mächtige Staubwolken die Tänzer
umhüllen. Mit hocherhobenen Armen schwingen sie zierlich ihre Stäbe
und Laub, schreiten vor- und rückwärts, führen gleichzeitig hohe
Sprünge aus und fallen dabei niemals aus dem Takt, der durch die
Fusssohle gegeben wird. Dabei verliert der Tanz nie das Gepräge einer
kraftvollen Anmuth; besonders die Vortänzer könnten es in kühnen
und doch eleganten Sprüngen mit jedem Ballettänzer aufnehmen. Für
einen alten Unteroffizier müsste der Tanz der Warundi geradezu ein
Labsal sein, denn was ist der schneidigste Parademarsch gegen diese
komplizirten, fortwährend wechselnden und doch unglaublich taktfest
ausgeführten Tanzschritte!

Zum Schluss stimmten alle wieder das eigenthümliche Jauchzen oder
besser gesagt Jodeln in der Fistel an, rissen Blätter von den Bäumen
und streuten dieselben knieend vor mir aus. Während die Karawane
übersetzte und wir am Ufer Lager schlugen, kamen immer neue Schaaren
von Tänzern und die früheren lagerten in malerischen Gruppen auf
der Uferrampe. Es war ein grossartiges Schauspiel. Am rechten Ufer
standen Kopf an Kopf die Wassui, in dicht gedrängten Massen die
Hügel bedeckend, am linken trampelten, jauchzten und klatschten
hunderte von Tänzern in der grellen Sonne, einer Bande Wahnsinniger
gleichend. Bei den Wassui sah man noch einzelne Fetzen Baumwollzeug,
einige Glasperlen, die äussersten Vorposten der alles umfassenden
europäischen Industrie, hier nichts dergleichen; Kleidung und Schmuck
war echtes, unverfälschtes Afrika. Erst gegen Abend verzogen sich die
Menschenmengen und es erschienen die Aeltesten der Gegend, um mir ein
laubbekränztes Schaf und eine Sorghum-Aehre als Friedenszeichen zu
überbringen.

Am 6. September verliessen wir den von leichten Morgennebeln
überlagerten Nil und traten in welliges Grasland ein, dessen
zahlreiche kleine Thäler von Papyrus erfüllt und von felsigen
Thalstufen unterbrochen sind, über welche das klare Wasser
der Bäche rieselt. Fast kein Baum oder Strauch ist auf den
theilweise verbrannten Grasfeldern sichtbar und die Dörfer mit
ihren Bananenhainen und den glänzendblättrigen Ficusbäumen, die
Rindenstoff, theilweise auch Brennholz liefern, heben sich gleich
dunkelgrünen Inseln von den gelbbraunen Flächen ab. Dieses Alpenland,
welches unter gewöhnlichen Umständen wohl recht ruhig dalag, glich
nun einem gestörten Ameisenhaufen. Von allen Seiten eilten dunkle
Gestalten auf den schmalen Pfaden der Hänge oder querfeldein auf uns
zu, während von den entfernten Dörfern Hornstösse ertönten, unser
Kommen anzeigend.

Vor den Hüttenkomplexen standen die alten Leute, knieten bei unserem
Herannahen nieder, klatschten und reichten mir Grasbündel unter
allerlei schönen Redensarten, die ich noch unzählige Male hören
sollte. In langen Reihen, mit Stäben und ausgebreiteten Armen
kamen die Krieger laufend herbei, traten längs unseres Pfades an
und führten ihren Tanz auf, worauf sie uns mit jubelndem Geschrei
vorliefen und von neuem zu tanzen begannen.

Etwas im Hintergrunde hielten sich die Weiber mit ihren grauen
Lendenschürzen und den Ueberwürfen, die bei Verheiratheten den Busen
decken, während die wohlgeformten Brüste der jungen Mädchen frei
bleiben. Singend begleiteten sie die Karawane, in den offenen Armen
Laubzweige tragend.

Einige Leute hatten sich als eine Art Festordner aufgeworfen und
hieben tüchtig in die andrängende Masse ein. Denn alle diese Menschen
blieben keineswegs bei ihren Dörfern zurück, sondern zogen lachend
und jubelnd hinter uns her. Von einer Anhöhe zurückblickend, sah
ich bald tausende von braunen, wildbewegten, in der Sonnengluth
glänzenden Leibern mit geschwungenen Stäben und Laubzweigen einer
Bacchanten-Schaar gleichend.

[Illustration: Warundi-Weiber.]

Den ungeheuren Lärm übertönten Rufe wie »Mwesi!« »Mkasi ya Urundi!«
(Beherrscher Urundi's) »Viheko visima« (Grosser König) und »Tuli
Wahutu« (Wir sind Sklaven), die mein Dolmetscher mir übersetzte
und die mich schliessen liessen, dass die Begeisterung der Warundi
einen besonderen Grund haben müsse. Bei der allgemeinen Raserei war
es nicht so leicht, diesen zu erfahren und erst nach einigen Tagen
brachten meine Leute das richtige heraus.

[Illustration: TAFEL IX. Uebergang über den Kagera.]

Die Warundi waren nämlich sonst von einem Herrschergeschlecht regiert
worden, welches seine Abkunft vom Mond (mwesi) herleitete und dessen
Königstitel »=Mwesi=« war. Der letzte Mwesi, namens Makisavo (das
Bleichgesicht) war seit langem verschollen, lebte aber der Tradition
nach im Monde fort und wurde vom Norden her erwartet. Als nun
plötzlich ein weisser Mensch vom Norden ins Land kam, sahen sie in
ihm den ersehnten Herrscher, den Mwesi Makisavo.

Dagegen war nichts zu machen; eine Schaar wahnsinniger Fanatiker ist
bekanntlich Vernunftsgründen nicht zugänglich, ich war und blieb für
sie der Mwesi, und derart zum Pabst-König von Urundi befördert, blieb
mir nichts anderes übrig, als meine Würde mit möglichstem Anstand zu
tragen.

Anfangs machte mir die Sache übrigens viel Spass, die topographische
Aufnahme war zwar durch den unaufhörlichen ohrenzerreissenden Lärm
erschwert, aber das Schauspiel dieses grossartigen afrikanischen
Volkslebens bot doch das höchste Interesse. Besonders im Lager
entwickelten sich förmliche Tanzfeste. In weitem Kreise kauerten und
standen die Volksmengen um einen freien Platz, auf welchem die Tänze
stattfanden.

In der rechten den langen Stab, in der linken Laub haltend, führten
die Krieger der einzelnen Gegenden nach einander die schwierigsten
»Pas« auf. Oft hatten sich die jungen Leute desselben Ortes
mit gleichartigem Rindenzeug bekleidet, ja eine Gruppe, die mir
durch besondere Geschicklichkeit auffiel und von einem jungen,
prachtvoll gebauten Krieger geführt wurde, trug schneeweiss bemalte
Lederschurze. Komisch war eine Anzahl nackter Knaben, die jedesmal
mitzutanzen versuchten, darunter oft kleine Bengel, die kaum die
Beine heben konnten. Diese durften Fehler im Tanz machen: doch wehe
dem erwachsenen Tänzer der nur den geringsten für Nicht-Warundi kaum
wahrnehmbaren Fehltritt machte, er wurde mit Hohngeschrei verjagt und
konnte froh sein wenn er ohne Prügel davon kam.

Nach den Männern traten Weiber an, die Verheiratheten in aschgrauer
Kleidung, die Kinder auf dem Rücken, die Ledigen mit ganz schmalen
Lendenschurzen, kleine Mädchen nackt. Sie stellten sich im Halbkreis
auf, dessen Mitte zwei schön gewachsene junge Mädchen einnahmen,
die mit ausgebreiteten Armen einen reizenden Tanz im spanischen
Fandango-Styl aufführten, begleitet von Händeklatschen und angenehm
weichem Gesang. Nichts, als die anmuthigen Bewegungen der Arme
erinnerte hier an den obscönen »Bauchtanz« der Orientalen und vieler
Negerstämme, bei welchem die Tänzerin fast unbeweglich steht. Hier
wurde regelrecht mit den Beinen und zwar mit einer Kühnheit und
Anmuth getanzt, um welche jede Ballerine die schwarzbraune Kollegin
beneiden könnte. Der wohlklingende, wechselvolle Gesang der sanften
Frauenstimmen und der Anblick dieser schlanken Wesen, welche mit
ständigem Lächeln jene kunstvollen Tänze aufführten, gaben ein
Schauspiel von eigenthümlichem Zauber. Auf das Schöne folgte das
Groteske in Gestalt einiger alten Weiber, die mit »süssem« Grinsen,
zum Halloh der Träger, ihre runzeligen Glieder verrenkten.

Um Nahrungsmittel brauchten wir hier nicht zu sorgen; der Wunsch,
etwas zu kaufen, wurde garnicht begriffen; denn dem Mwesi gehört eben
alles, was im Lande ist, er nimmt sich was ihm beliebt und was er
nicht nehmen kann wird ihm lastenweise von allen Seiten angebracht.
Grosshörnige Rinder, Ziegen und Schafe, Unmengen von Bananen und
Hülsenfrüchten, zahlreiche Krüge mit Pombe kamen fortwährend,
ohne dass irgend jemand von uns etwas verlangte oder erbat. Selbst
die sonst unvermeidliche Bettelei der Neger verstummte dem Mwesi
gegenüber. --

Das Land behielt stets den Charakter eines grasigen von engen
Papyrusthälchen durchzogenen Berglandes. Manchmal hat man eine breite
Senkung zu überschreiten, die stets versumpft und mit verfilzter,
schwimmender Grasvegetation bedeckt ist, in welche man leicht
einsinkt. Die Warundi häuften hier Bündel von Gras auf, um uns das
Ueberschreiten zu erleichtern. In dieser Gegend lebt auch ein den
Pygmäen verwandter Stamm der Watwa, der in ärmlichen Grashütten
haust.

[Illustration: Landschaft in Nord-Urundi.]

Wir durchzogen die reich bewohnten Distrikte von =Gutaha= und
=Mukivuye= und erreichten am 10. September =Intaganda=, eine
Landschaft am rechten Ufer des breiten Thales, welches der
papyrusreiche =Akanyaru=-Fluss durchströmt. Dieser gab Veranlassung
zur Entstehung der Sage vom Nyansa ya Akanyaru, dem Alexandra-See
Stanley's.

Jenseits tauchten hohe grasige Berge mit den dunkeln Punkten der
Siedlungen auf; es war =Ruanda=, das räthselhafte Königreich, in
welchem weisse Neger vermuthet wurden, jenes Fabelland, von dem viele
Reisende gehört, das aber noch Keiner betreten hatte. Mein Wunsch,
die Nilquellfrage endgiltig zu lösen, hielt mich davon ab, eine
nähere Erforschung dieses Landes vorzunehmen, jedenfalls wollte ich
es jedoch besuchen und beschloss daher am nächsten Tage den Akanyaru
zu übersetzen.

Die moralische Kraft meiner Leute, besonders der Askari, wurde zu
jener Zeit auf eine harte Probe gestellt. Denn darüber waren wir
uns völlig klar, dass diese tolle Freundschaft der Warundi, welche
ausschliesslich auf Aberglauben begründet war, jeden Augenblick
durch irgend welche zufälligen Ereignisse in das Gegentheil
umschlagen konnte. Zwar kam alles unbewaffnet und nur mit langen
Stäben, doch die Speerspitze steckte in Laub eingewickelt unter dem
Rindenzeug, und jeden Augenblick konnten die friedlichen Tänzer sich
in speerschwingende blutgierige Gegner verwandeln. Ein strenger
Wachtdienst wurde daher Tag und Nacht unterhalten und Befehle
ausgegeben, welche es uns ermöglichen sollten, jeden Moment einen
Angriff abzuwehren.

Das Bewusstsein der trotz aller Freundschaft stets drohenden
Gefahr, der Anblick der tausendköpfigen Menschenmasse, welche
gleich einem brausenden Meere sich längs der Karawane hinwälzte,
das ununterbrochen andauernde Getöse, alles das war im Stande auch
die härtesten Gemüther zu beeinflussen. Vom Tanganyika, dem wir
zustrebten, hatte hier kein Mensch eine Ahnung und immerfort ging es
nach Westen, unbekannten Fernen zu. Ich versicherte ja freilich, dass
der Tanganyika nicht mehr weit sei, aber auch das Vertrauen in die
Wissenschaft des Weissen hat in solchen Fällen seine Grenzen. Dazu
kam, dass Mzimba an einer Augenentzündung erkrankt und fast blind
war, also nichts zur Hebung des guten Muthes der Mannschaft beitragen
konnte.

Als wir denn in Intaganda lagerten und das wilde Stampfen und
Jauchzen der Warundi draussen ertönte, hielten die Askari unter
sich eine Berathung und schickten mir eine Deputation, welche mich
bat, zurückzukehren, denn sie wollten nicht mehr weiter ins Innere
reisen und den Akanyaru nicht übersetzen. Dies wäre nun vielleicht
der Moment gewesen, meine Leute antreten zu lassen, nach berühmten
Mustern eine begeisternde Rede zu halten und an ihre Treue und ihren
Muth zu apelliren. Vielleicht wären sie mir dann -- ebenfalls nach
berühmten Mustern -- zu Füssen gefallen und hätten gerufen: »Mit Dir
gehen wir bis an's Ende der Welt.«

Aber ich versäumte leider diese Gelegenheit und begnügte mich, der
Deputation einige harte Gegenstände, die sich gerade in meiner Nähe
befanden, an den Kopf und sie aus meinem Zelt hinaus zu werfen. Als
dann gegen Abend die Askari zur Wachabtheilung antraten, fragte ich
sie, ob vielleicht noch jemand von mir etwas wünsche, worauf sie
versicherten, dass sie ganz und gar zufrieden seien.

Am Morgen des 11. September übersetzten wir den Akanyaru. Von
Intaganda aus marschirten wir zuerst über eine bergige, von Dörfern
bedeckte Halbinsel, welche in die Papyrus-Sümpfe einschneidet. Dann
stiegen wir steil zum Akanyaru ab und betraten den von Wurzelstöcken
durchsetzten, jetzt völlig trockenen schwarzen Boden der Ufer, in
dem 2-3 m hohe Papyrus-Halme gedeihen. Der erste Arm des Flusses war
etwa 10 m tief und nicht durchwatbar. Am linken Ufer, welches schon
zu Ruanda gehört, zeigte sich anfangs keine Seele, und ich begann mit
meinen Leuten die Ufer nach einem Kanu abzusuchen.

Da traten drüben einige Wanyaruanda, mit Speeren und Haumessern
bewaffnet, aus dem Schilf. Die Warundi riefen ihnen zu, die Speere
wegzulegen, da der Mwesi ihr Land besuchen wolle. Dies geschah
sofort; auf einen gellenden Schrei des Anführers erschienen noch etwa
50 Leute und begannen unaufgefordert eine eifrige Thätigkeit. Einige
holten zwei grosse, im Schilf verborgene Kanus, in welche sie, mit
ausgehöhlten Rudern arbeitend, die Karawane überzusetzen begannen.
Andere flochten lange Seile aus Papyrus, die sie über den Fluss
spannten, worauf sie in Form von Papyrusbündel Scheiterhaufen darauf
häuften und festbanden. Auf diese Art errichteten sie in unglaublich
kurzer Zeit eine Brücke, auf welcher die Träger, ja selbst Rindvieh
und Esel trockenen Fusses übersetzen konnten.

So marschirten wir in =Ruanda= ein, als jedoch unser reichliches
Gefolge von Warundi nachdrängen wollte, widersetzten sich
die Eingeborenen und auch ich, der ich froh war, die unruhige
Gesellschaft loszuwerden, machte meine Autorität als Mwesi geltend
und schickte sie heim. Sie blieben zurück und lange tönte ihr
Ruf »Gansa gansa Mwami« (sei gegrüsst Häuptling) hinter uns her.
Noch überschritten wir einen zweiten, ebenfalls überbrückten Arm
und verliessen dann den Papyrusgürtel um den Hang eines steil
ansteigenden Grasberges zu betreten.

Auch hier standen grosse Menschenmengen, auch hier wurde getanzt
und gejubelt und die Weiber, unter welchen es sehr hübsche gab,
empfingen uns mit »offenen Armen« und sangen, ihre Laubzweige
schwingend, wohlklingende Lieder. Doch fehlte der tolle Fanatismus
Urundi's, ich war eben hier nicht mehr der Mwesi, sondern höchstens
ein ausländischer Potentat, dem man einige Aufmerksamkeiten erweist.
Wir lagerten auf der Höhe in einem schönen bananenreichen Dorfe
=Mundabi=, das gut gebaute, wohnliche Hütten besass. Dort stellten
sich mir einige Häuptlinge, Watussi, mit völlig abessinischen
Gesichtstypen vor, die hier =Kigere=, den König von Ruanda,
vertraten. Auch in der Verproviantirung zeigte sich ein Unterschied
mit Urundi, man brachte zwar reichlich Lebensmittel, aber man
erwartete und bekam Gegengaben. Die beiden nächsten Tage verbrachten
wir in Mundabi und ich zog eingehende Erkundigungen über das
Vorhandensein eines Sees in Ruanda ein, erhielt jedoch hier, im Lande
selbst negative Antworten. Die Eingeborenen führten öfter Tänze auf,
haben es jedoch in der Kunst Terpsichorens nicht annähernd so weit
gebracht wie die Warundi.

Am 14. September zogen wir durch stark welliges, offenes Land
mit grünenden Thälern und steilen Hängen gegen Südwest. Ueberall
rieselten klare Bäche, welche in zahlreiche Gräben abgeleitet, die
schönen Felder bewässerten. Ueberhaupt waren die Kulturen und Dörfer
in Ruanda viel besser gehalten als in Urundi, ein Umstand, der bei
sonst ganz gleichartiger Bevölkerung wohl der Ruhe im Lande, im
Gegensatz zu dem politisch zerfahrenen Urundi, zu danken ist. Auch
ziemlich viele Rinder mit ungeheueren Hörnern sind zu sehen.

Die Eingeborenen bereiteten uns überall einen freundlichen Empfang,
die Weiber sangen und die Aeltesten überreichten uns mit Laub
umwundene Spaten als Friedenszeichen. Ueberall gab es Watussi,
die durch schlanken Körperbau und fast europäischem Typus sofort
auffielen. Einige waren lichter gefärbt und haben wohl zur Entstehung
der Sage von den weissen Negern Veranlassung gegeben. Sie benahmen
sich etwas zurückhaltend und erklärten stets, wir müssten erst die
Erlaubniss Kigeres zum Verlassen des Landes einholen, bevor wir uns
der Grenze näherten. Merkwürdigerweise hielt man uns im Lande für
gänzlich unbewaffnet, da Gewehre völlig unbekannt waren.

[Illustration: Watussi-Rind.]

Am nächsten Morgen zogen wir durch mehrere Dörfer, wo wir mit
gewohntem Jubelgeschrei empfangen wurden, und wandten uns dem Abfall
gegen den Akanyaru zu, der auch hier die Grenze Urundi's bildet. In
dem offenen, grasigen Lande konnte ich die ganze Karawane übersehen
und bemerkte, dass plötzlich etwa dreissig mit Bogen bewaffnete
Eingeborene sich dem Vortrab entgegenstellten. Es waren Watussi,
welche Mkamba zuriefen, wir dürften das Land nicht verlassen, bevor
Kigere dies bewilligt. Mkamba hielt dies für einen Scherz, da er doch
nicht annehmen konnte, dass dreissig Leute die Karawane aufhalten
wollten, und marschirte ruhig weiter. Da vertheilten die Krieger sich
seitwärts von der Route und begannen ganz gemüthlich, Pfeile auf uns
zu schiessen. Natürlich genügten einige Schüsse, um sie zu verjagen,
worauf unsere Massai-Viehtreiber sie mit ihren langen Speeren
verfolgten. Damit war dieser Zwischenfall erledigt und im nächsten
Dorfe erscholl wieder Freudengeschrei und Weibergesang.

Wir stiegen über steile Hänge nach dem Akanyaru ab. In den Schluchten
rauschten Gewässer, die von Schirmakazien und Laubbäumen eingesäumt
waren. Solche bezeichneten auch den Lauf des Akanyaru, der hier
als vielgewundener, reissender Bergstrom gegen Nordost floss.
Während wir den Fluss durchwateten, sammelten sich jenseits riesige
Menschenmengen an, das »Gansa mwami« erscholl, Alles jubelte, tanzte,
klatschte und tobte wie wahnsinnig im Kreise herum -- kurz, wir waren
wieder in =Urundi=.

In den nächsten Tagen durchzogen wir die Distrikte =Mugitiva=
und =Rusiga=. Das Land steigt immer mehr an und erhebt sich zu
bedeutender Seehöhe. Grasige, langgezogene Rücken durchziehen das
Land und fallen in steilen Hängen zu den meist sumpfigen Thälern
ab. Im Südwesten taucht allmählich eine hohe waldige Bergkette auf,
in der ich die Wasserscheide gegen den Tanganyika vermuthete. Die
zahlreichen Gewässer bildeten die hintersten Wasser des Nil, dessen
Quelle wir uns immer mehr näherten. Die bananenreichen Dörfer waren
von Feldern umgeben, in welchen besonders eine vorzügliche Erbsenart
gedieh, auf den Wiesen weideten zahlreiche Rinder mit ungeheurem
Gehörn.

Der Fanatismus der Warundi erreichte hier seinen Höhepunkt. Ungeheure
Volksmassen kamen von allen Seiten angezogen und wälzten sich gleich
einem Strom hinter uns her. Andere Schaaren zogen voraus, gleich
einem Heuschreckenschwarm über alles im Lande herfallend. Sie rissen
Vorräthe und Hausgeräth aus den Hütten, die Felder waren in wenigen
Minuten kahl, ganze Heerden von Rindern wurden mitgetrieben und
von meinem rasenden Gefolge oft buchstäblich in Stücke zerrissen.
Die ungeheuren Pombemassen, die sich in den Dörfern fanden, trugen
ebenfalls nicht zur Beruhigung der Gemüther bei.

Die Bewohner der Ortschaften liessen sich nicht immer ruhig
ausplündern, es fanden blutige Gefechte vor der Karawane statt, bei
welcher Leute schwer verwundet, mehrere sogar erschlagen wurden.
Aber sobald ich mich näherte, legten beide Theile die Waffen
nieder, warfen sich buchstäblich unter die Hufe meines Reitesels und
riefen ihr »gansa mwami!« Die tollste Raserei entwickelte sich in
unmittelbarer Nähe meiner Person. Männer, Weiber und Kinder drängten
mit fürchterlichem Geschrei und fanatisch verzerrten Zügen auf mich
ein; denn den Mwesi gesehen oder gar berührt zu haben, galt als das
höchste Glück. Kurbatschhiebe und selbst Kolbenschläge der Askari
waren völlig wirkungslos, mit blutüberströmten Gesichtern kehrten die
Gezüchtigten sofort wieder und heulten knieend ihr »gansa mwami«.

Der fortwährende Anblick dieser aneinander gepressten schwarzen
Leiber, das Getöse, welches die Luft erzittern machte, und der
Wahnsinn, der aus dem ganzen Treiben sprach, machten auf mich den
tiefsten Eindruck. Ich rechne es mir zur Ehre an, in jenen Stunden
die topographische Aufnahme auch nicht eine Minute unterbrochen zu
haben. Wenn mir das überhaupt möglich war, so verdanke ich dies nur
meinen braven Askari, die dieser Volksmasse gegenüber ihr kaltes Blut
behielten.

Natürlich wandte sich die Wuth der Leute oft gegen sie, wollten sie
die Warundi doch von ihrem Mwami abhalten. So kam es, dass am 17.
September die Askari erst durch Stockhiebe, dann durch Bisse und
schliesslich sogar durch Messerstiche verwundet wurden. Als einem
jungen Manyema-Ruga-Ruga gar die Unterlippe abgebissen wurde, war es
kein Wunder, dass er Feuer gab. Wie es in solchen Fällen zu gehen
pflegt, krachten gleich mehrere Schüsse, und bevor mein sofort
gegebener Pfiff zum »Feuer einstellen« sich Geltung verschaffte,
bedeckten zu meinem tiefen Bedauern etwa 30 Warundi todt und schwer
verwundet den Boden.

Eine Todtenstille trat ein und wir erwarteten nun, den längst
gefürchteten Umschlag der Stimmung eintreten zu sehen. Aber nichts
dergleichen geschah, ein gellender Freudentriller einer hohen
Frauenstimme unterbrach das Schweigen, das »gansa mwami« erscholl
wieder aus tausend Kehlen, die Krieger tanzten wenige Schritte von
den Leichen ihrer Landsleute, und in das Aechzen der Sterbenden
mischte sich der Jubelgesang der Weiber. Es war ein schreckliches
Bild.

Obwohl ich mich selbst und in Anbetracht der Umstände auch die
Askari von jeder Schuld freisprechen musste, rief ich doch im Lager
die Aeltesten der Gegend zusammen und erklärte mich bereit, das in
Afrika in solchen Fällen übliche Blutgeld zu zahlen. Aber sie hielten
das für einen Scherz. »Der Mwesi«, sagten sie, »thut und lässt was
er will, schlägt todt wen er will, ja, ein Mwesi, der keine Leute
todtschlägt, wäre gar kein richtiger Mwesi.«

Im Lager war natürlich lebhafte Bewegung. Die Volksmengen, welche
uns begleiteten, lagerten meist etwas abseits und äfften Nachts
die Rufe unserer Wachtposten nach. Zu mir kamen fortwährend Leute
mit Geschenken, kamen Zauberer mit weiss bemalten Gesichtern, eine
Klapper schwingend und mit künstlich heiserer Stimme Beschwörungen
murmelnd, ja es kamen Leute, welche selbst meinem Esel Geschenke an
Vieh und Pombe anboten und sich um sein Wasser, als einer kostbaren
Medizin, schlugen. Einmal brachte man mir einen uralten weisshaarigen
Mann und fragte mich, ob ich ihn kenne. Ich bedauerte nicht die Ehre
zu haben, worauf der Alte meinte, ich habe ihn wohl vergessen, er
aber erinnere sich noch genau daran, mich schon früher als Mwesi
gesehen zu haben.

Die Träger hatten damals eine bequeme Zeit, denn unterwegs galt es
bei den Warundi als eine vielbeneidete Ehre, die Lasten des Mwesi zu
schleppen und im Lager bedurfte es nur eines Winkes, um Eingeborene
zum Wassertragen und anderen Verrichtungen zu veranlassen.

Am 18. September überschritten wir den Nil, der hier, wie an der
Grenze von Ussui, Ruvuvu genannt wird, einen stark fliessenden, etwa
5 m breiten Bach, und wandten uns nach Nordwest, um dessen Quelle
zu erreichen. In den zahlreichen Dörfern hausen viele Watussi, die
sich zum Unterschied von den Warundi scheu und ablehnend verhielten.
Sie stellen gewissermaassen einen Raubadel vor und waren daher
von dem Erscheinen eines Mwesi, der ihnen angenehme anarchische
Zustände beenden konnte, keineswegs erbaut. Die Warundi warnten mich
mehrfach vor ihnen und als ich sie aufforderte, doch alle Feinde
von mir abzuwehren, was ihnen bei ihrer riesigen Uebermacht nicht
schwer fallen könne, erklärten sie, dass dies nicht anginge, sie
als »Wahutu« (Unterworfene) könnten unmöglich mit ihren Herren, den
Watussi, kämpfen, dies müsse der Mwesi schon selbst besorgen.

Als wir am 18. September von einer Anhöhe abstiegen, fiel mir auf,
dass unser Warundi-Gefolge langsam zurückblieb und plötzlich bemerkte
ich etwa 200 Watussi, die mit Bogen und Speer bewaffnet von der Höhe
auf uns anstürmten. Ich bestieg schleunigst mit meinen Askari eine
Kuppe im Hang, liess einige Salven auf die Angreifenden abgeben
und warf sie ohne Schwierigkeit. Als ich die Höhe erstieg, war
ich natürlich überzeugt, dass alle bei mir befindlichen Leute mir
dahin folgen würden. Zum Unglück blieb jedoch der Massai-Dolmetsch
=Bakari= (Kiburdangop) mit seinem Freunde, dem Elmoruo Ndaikai
von Unter-Aruscha am Wege stehen. Einige Watussi bemerkten diese
beiden, stürzten auf sie los und verwundeten Bakari am Oberarm.
Allerdings stiess Ndaikai die beiden Krieger nieder, doch als er mit
blutrauchendem Speer zu mir kam, um den Vorfall zu melden, war es
zu spät, Bakari war bereits dem Blutverlust erlegen. Nun geriethen
unsere Massai-Hirten, die Bakari stets besonders geneigt waren, in
grenzenlose Wuth; unterstützt von den Elephantenjägern unternahmen
sie eine Verfolgung der Watussi und stiessen viele derselben nieder.

Den braven Bakari, der sechs Jahre seines Lebens im Massai-Lande
verbracht und dem ich fast alles verdanke, was ich über Sprache und
Sitten der Massai erfahren, senkten wir in die Erde -- eine Tagereise
von der Nilquelle.

[Illustration: TAFEL X. Missosi ya Mwesi und die Nilquelle.]

Am 19. September verfolgten wir den Ruvuvu-Nil aufwärts, der hier
ein kleines, nicht viel über einen Meter breites Bächlein ist, das in
schmalem, leicht sumpfigem Thal zwischen hohen und steilen Grashängen
rauscht. Nach einigen Stunden erreichten wir eine Stelle, wo das Thal
sich gabelt und zwei kleine, kaum einen halben Meter breite Rinnsale
sich einen. Hier war die Ansicht der Eingeborenen getheilt, welche
der beiden Quellen als Ruvuvu, als =Nil=, zu bezeichnen sei. Doch
schien mir dies von nebensächlicher Bedeutung, da die Schluchten,
wie man deutlich wahrnehmen konnte, in den westlich ansteigenden
theilweise waldigen Bergen ihr Ende erreichen und kaum einen
Kilometer oberhalb des Vereinigungspunktes zu reinen Regenschluchten
werden, die nur periodisch Wasser führen. =Wir standen am Ursprung
des Kagera, des mächtigen Hauptstromes des Victoria-Nyansa,
welchen die Engländer Alexandra-Nil nennen, weil er zugleich der
Quellfluss des Nil ist, wir standen an der= •Quelle des Nil•. Das
uralte Problem, in welches zuerst Licht geworfen zu haben =Spekes=
unvergänglicher Ruhm ist, fand hier seine endgiltige Lösung, das Ziel
welches Stanley 1874 vergeblich angestrebt, war erreicht.

Wir erstiegen eine grasige Höhe zwischen den beiden Quellschluchten
und lagerten im kleinen Watussidorf =Unyange=. Unser Gefolge
an Warundi hatte stark abgenommen, denn merkwürdigerweise gilt
diese Stelle ihnen als heilig und wird mit abergläubischer Scheu
betrachtet. Hier wurden einst die verstorbenen Mwesi begraben.

[Illustration: Wuruhukiro und der Ganso Kulu.]

In einem dunklen Hain, dem =Wuruhukiro=, unweit des linken
Quellrinnsals, ruhten die Träger der Königsleichen, die Bestattung
fand dann am Gipfel des =Ganso Kulu=, eines hohen Grasberges, statt.
In den Berg-Wäldern irren, nach dem Glauben der Warundi, heute
noch die Geister der verstorbenen Mwesi, nach welchen das Gebirge
=Missosi ya Mwesi= genannt wird. Dieser Name, welcher wörtlich
übersetzt »=Mondberge=« heisst, überraschte mich aufs höchste, denn
wen würde er hier, an der Quelle des Nil, nicht unwillkürlich an die
Mondberge der Alten erinnern, welche das räthselhafte Haupt des Nil
beschatteten?

In Unyange trat wieder ein freudiges Ereigniss ein, im Lager der
Elephantenjäger wurde ein Sprössling geboren, den ich Caput Nili
taufte; der leidenden Wöchnerin zuliebe blieben wir am 20. September
am Platze. Die Watussi machten sich mehrmals unangenehm bemerkbar,
ja sie umschlichen Nachts das Lager und versuchten während eines
schweren Wolkenbruches mit Hagelwetter einen Angriff. Sie wurden zwar
ohne Schwierigkeit geworfen, doch mit der Nachtruhe war es vorbei und
mehrmals wurde die Umgebung bei eiskalter, stockdunkler Regennacht
mit der Magnesiumfackel abgeleuchtet, die grelle Lichtstrahlen
über die weiten, schweigenden Grashalden warf. Am nächsten Morgen
zeigten uns die Warundi eine grosse Schaar Watussi, die auf einem
entfernten Hang Kriegsrath hielten. Ich störte diese Berathung sehr
unangenehm durch einige wohlgezielte Schüsse mit dem Repetiergewehr
und zum nicht endenwollenden Erstaunen der Warundi stob der Haufe
auseinander. Bald darauf loderten überall Feuer in den Dörfern auf:
die Warundi steckten die Dörfer der Watussi an, die sie nun für
endgiltig besiegt hielten.

Am 21. September kletterten wir auf lehmigen, durch den Regen
schlüpferig gemachten Pfaden über steile hohe Grasberge welche
die Ausläufer der Missosi ya Mwesi bilden und lagerten im Dorfe
=Demera=, wo die Hütten hübsch aus Bambus erbaut waren. Selbst hier,
einige Tagereisen vom Tanganyika wusste man nichts von der Existenz
dieses Sees und die Entmuthigung meiner Leute wuchs täglich. Ich
beschloss nun die Missosi ya Mwesi zu übersteigen, da ich nach der
Breitenbestimmung genau wusste, dass das Nordende des Tanganyika
nicht mehr fern sein konnte. Natürlich musste ich zu diesem Zwecke
die Eingeborenen über die vorhandenen Pfade ausfragen, was wieder
das Missliche hatte, dass dadurch die Watussi Nachricht über unsere
Bewegungen erhielten.

Zum Glück brachten die Askari bei Demera einen alten Mtussi ein,
der, peinlich befragt, uns mittheilte, dass seine Landsleute einen
Angriff im Bergwalde planten, was mir dann auch von Warundi bestätigt
wurde. Ein Waldkampf gehört in Afrika bekanntlich zu den misslichsten
Sachen, ich beschloss daher die Watussi ruhig auf uns lauern zu
lassen und das Gebirge an einer anderen Stelle zu überschreiten.

Am 22. September ging es bei kühlem Wetter steil bergan; über die
Grasfelder flogen Nebelstreifen, während in den Thalrissen prächtiger
Wald mit weissen schlanken Stämmen und hohen tiefgrünen Laubkronen
gedieh. Dort sah ich zum ersten Mal seit Jahren wieder den grauen
Papagei, einen alten Bekannten aus West-Afrika. Weiter oben ersetzten
strauchartige Erika's die Stelle des europäischen Krummholzes und
einzelne 3-4 m hohe, an Königskerzen erinnernde Pflanzen (Lobelia)
fallen auf. Ganz nahe an der Kammhöhe trafen wir noch mehrere
kleine Warundidörfer, deren, trotz der Kälte fast nackte Bewohner
zu unserer Begrüssung herbeieilten. Steil stiegen wir durch dichtes
Bambusgestrüpp ab, das mit seinen zahllosen schlanken Zweigen und
dem zarten matt-grünen Laubgefieder einen reizenden Anblick gewährt.
Wir passirten einen dem =Russisi= zufliessenden klaren Bergbach
und überstiegen einen zweiten hohen Kamm, der ganz mit Bambus und
hochstämmigem dichten Wald bedeckt und von schmalen in den Lehmboden
tief eingetretenen Pfaden durchzogen ist.

Erst Nachmittags traten wir aus der dunkeln Wildniss und gelangten in
das Dorfgebiet der Landschaft Imbo, wo Bananenhaine und reiche Felder
die Hänge bedecken. Am Fusse des Berges dehnte sich ein welliges Land
aus, wo sich Feld an Feld reiht und unzählige Rauchsäulen die Weiler
bezeichnen. Westlich davon liegt das breite flache Thal des Russisi
mit seinen fernen dunkeln Randbergen, die schon dem Territorium des
Kongostaates angehören. Im Süden schloss ein scharfer, heller Streif
das Bild. Es war der =Tanganyika=, und ich zeigte ihn meinen Leuten,
doch schüttelten sie ungläubig die Köpfe. Erst als die Sonne für
einen Augenblick die Wolken durchbrach und die Wasserfläche silbern
erglänzte, da ging ein Jubelschrei durch die Karawane: Al hamdu
lillahi, tumepona! (Gott sei Dank, wir sind gerettet.)

Wir lagerten in einem kleinen Dorfe, dessen Bewohner uns freundlich,
aber ohne Begeisterung aufnahmen; auch ich sagte »Gott sei Dank«,
denn die Mwesi-Tollheit war vorüber. Es waren echte Warundi, welche
dieses gesegnete Land bewohnten. Das Auftreten anderer Kulturpflanzen
zeigte die Nähe des völkerverbindenden Sees an. Am 23. September
stiegen wir von der Höhe ab und marschirten durch welliges von
Bachthälern durchzogenes Land, auf dessen fettem Humusboden prächtige
Felder der Eingeborenen gedeihen, in welchen die Bananenhaine
und Komplexe halbkugeliger Hütten verstreut sind. Auch der
glänzendblättrige Rindenbaum wird überall gebaut und zur Verfertigung
des schönen, ziegelrothen Zeuges verwendet. Man sah ziemlich viel
Vieh auf der Weide und in den Dörfern gab es reichlich Nahrung,
Tabak und vortrefflichen Honig. Das Benehmen der Eingeborenen war
gerade nicht unfreundlich, aber scheu; vor allen Dörfern standen
Bewaffnete: sie hatten offenbar schon Küstenkarawanen und nicht von
der besten Seite kennen gelernt, denn der Araber =Rumaliza= (Mohammed
bin Halfan) aus Ujiji pflegte seine Sklavenjagden bis hierher
auszudehnen.

Am 24. September betraten wir in der Landschaft =Utavuka= die
Russisi-Ebene, welche mit hohem Graswuchs, Dorngestrüpp und
Baumeuphorbien einen steppenhaften Eindruck macht. Nur wo die
wasserreichen Bäche aus den Bergen treten, dehnen sich üppige
Bananenhaine und ganze Wälder herrlicher Oelpalmen aus, die mich
lebhaft an Westafrika erinnerten. Besonders fällt der Reichthum
an Schmarotzerpflanzen auf, die an den Blattansätzen der Palmen
herauswuchern und oft förmliche Bäume am Baum bilden. Dazwischen
flatterte in kreischenden Schaaren der graue Papagei.

Am 23. war der Marsch durch sumpfige Stellen erschwert und führte
dann durch offenes sandiges Alluvialgebiet, in welchem die glühende
Sonnenhitze lästig wurde, bis endlich ein Blick auf den wogenden
=Tanganyika= alle Mühe vergessen liess. Wir durchzogen einen
Bananenhain, der seine Ufer säumt und lagerten knapp am Strande in
einem kleinen Dorfe.

Der Anblick der sich von dort bot gehört zu dem Grossartigsten was
ich in Afrika geschaut. Vor uns dehnte sich, ein riesiges Binnenmeer,
der tiefblaue Tanganyika mit seiner donnernden, oceanartigen
Brandung. Hinter dem üppigen, palmbekränzten Ufer erhoben sich im
Osten die grünen Urundiberge, während im Westen, scheinbar direkt
den Fluthen entsteigend, die gewaltige dunkle Bergmauer von Uvira
aufragte.

Mit Behagen athmeten wir die köstliche Seebrise ein und liessen
uns selbst durch Krokodile den Genuss eines Bades nicht verkürzen.
Hatten wir doch den schwierigsten Theil unserer Reise hinter uns,
standen wir doch an der äussersten, westlichsten Grenze des deutschen
Interessengebietes und führte unser Weg fortan doch der aufgehenden
Sonne entgegen, nach der Küste, nach der Heimath!

[Illustration: Warundi vom Tanganyika.]



[Illustration]

V. KAPITEL.

Vom Tanganyika nach Irangi.

Das Lager der Sklavenhändler. -- Kämpfe mit Watussi. -- Die
südlichsten Nilzuflüsse. -- Baumdörfer am Mlagarasi. -- Im Waldland
Uha. -- Kirambo. -- Die Mission Urambo. -- Tabora. -- Erstürmung von
Tambarale. -- Sunguisi. -- Die Wembere-Steppe und Usure. -- Turu. --
Ussandaui. -- Irangi.


Am Tanganyika trafen wir zum ersten Male seit Wochen wieder auf
Küstenleute. Unweit unseres Lagers lag, von festem Stangenzaun
umgeben, eine Niederlassung des Arabers Mohamed bin Halfan aus
Ujiji, besser bekannt unter dem Namen =Rumaliza=. Doch die freudige
Begrüssung, die sonst beim Zusammentreffen mit Swahíli stattfand,
blieb hier aus; scheu hielten sich die Insassen des Ortes in ihrer
Befestigung und Nachts zeugte das fortwährende Dröhnen einer Trommel,
dass sie scharfe Wacht hielten.

Für mich lag darin nichts verwunderliches, denn Rumaliza, ein
Sklavenhändler und Kompagnon Tippo-Tips, galt seit jeher als Feind
des Europäerthums und stand damals in dringendem Verdacht, mit dem
aufrührerischen Häuptling Sike von Unyanyembe unter einer Decke zu
stecken. Das war mir bekannt, doch konnte ich nicht wissen, dass
zur selben Zeit am Südufer des Tanganyika blutige Kämpfe zwischen
Belgiern und Arabern stattfanden, und dass in Manyema der grosse
Entscheidungskampf zwischen dem Kongostaat und den Arabern begonnen
hatte. Doch liefen dunkle Gerüchte von Kämpfen der Europäer mit
Rumaliza bei mir ein, und die Warundi meldeten mir, dass Bakari, der
Häuptling Rumaliza's in Ruwenga, jenseits der Russisi-Mündung einen
Angriff auf mich plane. Diesem galt es unter allen Umständen zuvor zu
kommen. Ich schickte also einen meiner Elephantenjäger, der früher in
Manyema gewesen, nach dem arabischen Lager und liess dessen Anführer
auffordern, zu mir zu kommen.

Nach längerer Zeit erschienen sie auch, wüst aussehende Kerle in
zerrissener Küstentracht und mit langen Flinten. Es war derselbe
Schlag Leute, mit welchen ich vor Jahren an den Stanley-Fällen des
Kongo viel zu thun hatte; Menschen, die sich Sansibariten nennen,
weil sie nothdürftig Kiswahíli sprechen, und doch nur Sklaven aus
Innerafrika sind, die niemals die Küste gesehen. Sie berichteten
übereinstimmend mit den Warundi, dass =Bakari= (=Kapokora=) das
Oberhaupt dieser Gegend sei, und erklärten sich bereit, einen
Brief an denselben zu bringen. Denn es war natürlich mein Wunsch,
mit diesen Leuten gütlich auszukommen, da mir an dem Risiko eines
Gefechtes mit Arabern wenig gelegen war, um so weniger, als dasselbe
auf keinen Fall der Expedition irgend etwas nützen konnte. Ich
beschloss daher, an Bakari zu schreiben.

Solche Briefe sind keineswegs leicht zu verfassen, da sie, wenn zu
friedlich gehalten, leicht den Eindruck der Aengstlichkeit machen
und dadurch geradezu den Angriff herausfordern. Mein Sekretär für
diese Art Korrespondenz war der Askari Mwalim bin Kivuma aus Tanga,
ein braver, ernster Bursche, der zum Unterschied von dem endlosen
Phrasengewäsch seiner Landsleute einen geradezu lapidaren, an antike
Inschriften erinnernden Styl besass. Als Beispiel sei der Brief an
Bakari angeführt, den er für mich verfasste:

   Salaam, baada ya salaam nimekuja mzungu mdachi. Kana unataka
 kupigwa njo upigwe. Kana unataka amani nami nataka amani. Lete
 sawadi zako kwa sababu baada ya siku tatu nitaondoka. Hii ndio
 maneno yangu, bwana kivunja. Dr. O. B.

   (Gruss, nach dem Gruss: ich, ein deutscher Reisender, bin
 gekommen. Willst du geschlagen werden, so komme und werde
 geschlagen. Willst du Frieden, so will auch ich Frieden. Sende deine
 Geschenke, denn in drei Tagen reise ich ab. Dieses ist meine Rede.
 Bwana Kivunja. Dr. O. B.)

Die Wirkung dieses Briefes war ganz die gewünschte: denn schon
am nächsten Morgen schickte Bakari Reis und Fische als Geschenk
und liess mir versichern, dass er gänzlich friedlich gesinnt sei.
Offenbar scheute er das Abenteuer eines Kampfes mit einem Europäer,
der in drei Tagen abzog.

Bis 30. September erfreuten wir uns des angenehmen Aufenthaltes
am See. Ein besonders eigenartiges Schauspiel bot das nächtliche
Fischen der Eingeborenen bei Fackelschein, welches einen Kranz
hellleuchtender Brände über die dunkle Wasserfläche zog.

Die arabische Niederlassung, die aus einigen Negerhütten bestand,
war gefüllt mit Sklaven, meist Weibern und Kindern, von welchen
nur einige Fusseisen trugen, während die andern frei umherliefen.
Diejenigen, welche sich schon länger in der Station aufhielten,
sahen halbwegs gut genährt aus, ein neuer Transport jedoch, der
von Ruwenga ankam, bestand fast nur aus skelettartig abgemagerten
elenden Gestalten, aus deren tiefliegenden Augen der Hunger sprach.
Es waren meist Leute aus Ubmari, Uvira und Ubembe, Gegenden, die
von Rumaliza's Leuten unaufhörlich verheert werden, die trotz ihrer
Fruchtbarkeit nun fast brach liegen, und wo die von Pocken und Elend
decimirten Eingeborenen ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen oder
selbst von den Leuten der Araber aufgelesen werden.

Obwohl die Händler viele kleine Stationen errichten, um die
Verproviantirung zu erleichtern, wüthet doch fast fortwährend
Hungersnoth in denselben, und die Krokodile des Tanganyika haben
an den täglich hineingeworfenen Leichen ein reiches Mahl. Denn die
ausgesogenen Gegenden können den Unterhalt dieser Massen nicht mehr
bestreiten, die nur langsam in Kanus nach Ujiji zur Weiterfracht
befördert werden.

[Illustration: Mhogo hadim Kivunja.]

Aus Mitleid kaufte ich einige dieser Elenden, aufgeweckt
aussehende Jungen, für Spottpreise, um eine rothe Mütze, zwei Meter
Baumwollstoff u. s. w., frei, und gab sie später an Missionen ab.
Es war unglaublich, wie rasch diese armen Kinder sich erholten: ein
Bad, ein Fetzen Zeug als Lendenschurz, eine tüchtige Mahlzeit -- und
der stumpfsinnige, verzweifelnde Wilde ward zum heiteren, leidlich
aussehenden Menschenkind.

Besonders rasch und gründlich veränderte sich Mhogo hadim Kivunja,
ein Knirps, den ich in der Nähe des arabischen Lagers als schielendes
kleines Scheusal mit runzeligem Greisengesicht aufgelesen. Er wurde
später mein persönlicher Diener und weilt in dieser Eigenschaft heute
noch bei mir. Doch Niemand würde in dem lebhaften, gesunden Jungen
das elende Sklavenkind wiedererkennen, welches ich für eine Schüssel
Maniok (Mhogo) und einen Meter Baumwollzeug am Tanganyika erstanden.

Am 30. September verliessen wir =Usige=, wie die von Warundi
bewohnte Landschaft am Nordende des Tanganyika genannt wurde, um den
Rückmarsch anzutreten. Natürlich wählten wir dazu nicht den Weg über
Ujiji und die vielbetretene Karawanenstrasse, sondern hielten direkt
Südost durch gänzlich unbekanntes Gebiet auf Urambo zu. Die Leute
Rumaliza's, die uns abziehen sahen, schüttelten bedenklich die Köpfe
und meinten, wir würden in dieser Richtung wohl nicht weit kommen,
denn die Araber hätten sich da oben im Gebirge mehr als einmal
blutige Köpfe geholt.

In den nächsten Tagen stiegen wir steil zur Höhe des Abfalls
an. Der Hang ist von Warundi bewohnt und reiche Bananen- und
Maniokpflanzungen dehnen sich zwischen völlig offenen, baumlosen
Weidegebieten aus. Zahlreich sind die kleinen von Dornhecken
umgebenen Dörfer, deren freundliche Eingeborene verwundert die
Karawane anstarrten. Am 2. Oktober erreichten wir den Kamm, warfen
einen letzten Blick auf die mächtige Fläche des Tanganyika, der
düster zwischen seinen Steilufern lag und betraten ein welliges
Grasland.

Wir waren hier wieder im Nilgebiet; die klaren, in den Thälern
rauschenden Bäche bildeten die südlichsten Zuflüsse des »Vaters der
Ströme«. Hier hausten ausschliesslich jene kühnen Hirten hamitischer
Abstammung, die Watussi, und ihre ärmlichen Weiler mit ihren Distel-
und Stachelgestrüpphecken, mit ihren malerischen hohen Bambusstauden
und kleinen Erbsen- und Kürbisfeldern, waren überall verstreut; auf
den Wiesen weideten zahlreiche, grossgehörnte Rinder. Diese Watussi
waren es, welche Rumaliza und sein Gefolge geschlagen hatten.

Zuerst zeigten sie uns gegenüber keine feindlichen Absichten, nur
alte Leute mit scharfen Zigeunergesichtern hockten unbeweglich am
Wege und starrten uns misstrauisch an. Als wir jedoch eine Anhöhe
hinanstiegen, erblickten wir auf deren Höhe eine grosse Schaar
bewaffneter Krieger, welche den Weg versperrten. Sie riefen uns zu,
wir möchten sofort umkehren und das Land verlassen, sonst würde es
uns wie jenen ergehen, die vor uns gekommen seien. Ich liess ihnen
antworten, dass wir nur friedliche Absichten und mit den Arabern
nichts gemein hätten, ja gleich ihnen ihre Feinde seien. Ein wildes
Kriegsgeschrei und Pfeilschüsse waren die Antwort. Ich liess einige
Salven abgeben und ging dann sofort zum Sturm über, bei dem die
Gegner geworfen wurden, worauf wir die Anhöhe besetzten.

Die Watussi, die offenbar von unserem Angriff überrascht waren,
sammelten sich jedoch schnell, stürmten mit furchtbarem Geheul und
geschwungenen Speeren wieder an und gaben erst nach, als sie durch
erneuerte Salven erhebliche Verluste erlitten hatten. Dann begannen
sie sich über die weite Hochfläche zu zerstreuen.

[Illustration: TAFEL XI. Der Tanganyika von Usige.]

Da wir in dieser Gegend gänzlich ohne Wegweiser waren, musste ich
eine Abtheilung Askari entsenden, welcher es auch nach langer Mühe
und einer förmlichen Jagd gelang, einen der langbeinigen Watussi
und ein Weib festzunehmen, die uns in den nächsten Tagen über das
Grasplateau führten.

In =Mhororo= erreichten wir am 3. Oktober wieder ein Warundi-Dorf
und traten am 4. in den vorzugsweise von Watussi bewohnten Distrikt
=Issasu=, der von steileren, theilweise steinigen Kuppen durchzogen
wird, deren Hänge mit zartem Gras bedeckt sind. Schon bei unserem
Eintritt in das Land liefen uns viele Watussi mit Bogen und Speer
nach und begannen schliesslich den Nachtrab zu beschiessen. Mzimba,
dessen Augenleiden nun wieder völlig geheilt war, warf sie jedoch
zurück und erbeutete eine Heerde von über 200 grosshörnigen Rindern.
Von allen Bergen erscholl das Kriegsgeschrei der Watussi, aber nur
wenige wagten sich in die Nähe der Karawane und griffen sie mit
unglaublicher Kühnheit -- natürlich erfolglos -- an.

Gegen Mittag kamen wir in ein Dorfgebiet der Warundi, die uns
unbewaffnet mit Tänzen und Jubelgeschrei empfingen und die Watussi,
welche uns noch nachfolgten, mit den Waffen in der Hand verjagten, da
diese, wie sie sagten, »den Krieg in ihr Land brächten«.

Zu jener Zeit machte sich der Mangel an Kugeln für die Vorderlader
unangenehm bemerkbar, die wir erst durch Steine und hartgebrannten
Töpferthon, dann (in Unyamwesi) durch Eisenkugeln ersetzten.
Patronen für die Hinterlader besassen wir noch reichlich, was der
ausschliesslichen Anwendung des Salvenfeuers zu danken war, durch
welche eine grosse Munitionsersparniss ermöglicht wurde. Mehr als
5-10 Patronen per Mann wurden selten bei einem Gefecht verschossen,
was bei Anwendung anderer Feuerarten entschieden unmöglich gewesen
wäre. Auch machte ich die Beobachtung, dass die Leute, die ja im
Schiessen nicht sehr gut ausgebildet waren, bei Salven ungleich
ruhiger und besser schossen, als bei Einzelfeuer. Da Salven auf
wilde Gegner auch einen weit grösseren Eindruck machen, so wurde
Einzelfeuer überhaupt gänzlich untersagt und Niemand durfte ohne
direktes Kommando schiessen.

Mein Vorgehen den Eingeborenen gegenüber war stets von dem
Grundsatze geleitet, dass die =festeste= Hand zugleich auch die
=mildeste= sei. Der Eindruck, welchen der erste Europäer in neuen
Gebieten hervorruft, bleibt oft entscheidend für lange Jahre. Allzu
friedfertige Haltung wird leicht als Aengstlichkeit aufgefasst und
giebt Veranlassung zu eingeborenem Uebermuth, der später nur durch
Ströme Blutes gebrochen werden kann. Energisches Auftreten dagegen,
welches auch einen Kampf nicht scheut, der bei dem moralischen
Uebergewicht unserer Waffen meist sehr unblutig verläuft, bringt den
Eingeborenen von vornherein eine heilsame Achtung vor Europäern bei,
welche die sicherste Gewähr späterer friedlicher Entwicklung ist.

Am 15. Oktober überschritten wir den Luaga und Msuávula, ansehnliche
reissende Bäche, die zwischen ziemlich steilen Hängen rauschen und in
ihrer sandigen Thalsohle die unglaublichsten Krümmungen machen. Den
Msuávula bis zu seiner Quelle verfolgend, erstiegen wir einen höheren
Grasberg; in zahlreichen Thalrissen bilden kleine Bäche hübsche
Wasserfälle, an welchen Gruppen reizender Baumfarne auffallen.
Auf der Höhe trafen wir ein offenes, leicht geneigtes Plateau, in
dessen grasigen Halden die Felder und Dorfgruppen von =Kiyonzo=
verstreut sind. Jedes Dorf bildet mit seinem stachligen Zaun, mit
seinen dichten Bananen- und Ficus-Beständen einen kleinen Hain,
der unvermittelt und kreisrund aus der grasigen Umgebung absticht.
Im Innern sind die Dörfer durch Hecken in förmliche Irrgärten
verwandelt, bieten jedoch einen schattigen, kühlen Aufenthalt.

[Illustration: Kiyonzo.]

Am 7. Oktober überschritten wir einen kleinen, aber tief
eingerissenen Bach, was mit den Rindern fast eine Stunde in Anspruch
nahm, kamen an dem charakteristisch spitzen Felskegel Ulembera
vorüber und passirten den vielgewundenen =Luvirosa=-Bach, unweit
welchem wir in einem kleinen Dorfe, das theilweise von Watwa-Töpfern
bewohnt war, lagerten.

Am 8. Oktober überstiegen wir eine mässig hohe, aber steile und
steinige Bergkette, welche dadurch merkwürdig ist, dass sie die
Wasserscheide zwischen Kongo und Nil bildet. Nach Nord laufen die
kleinen Gewässer in den Luvirosa und Nil, dem Victoria-See und
Mittelmeer zu, im Süden sammeln sich die Wasser des Mlagarassi,
der dem Tanganyika zuströmt, welcher durch den Lukuga-Kongo mit dem
Atlantischen Ocean in Verbindung steht.

Aus der kühlen, feuchten Höhe stiegen wir in ein heisses, trockenes
Tiefland ab, in dem es augenscheinlich schon lange nicht geregnet
hatte. Mächtige ziegelrothe Lateritmassen, in welche die Gewässer
tiefe Rinnen eingegraben, bedecken das theilweise steinige Hügelland.
Doch war das Land keineswegs unfruchtbar und schöne Felder umgaben
die Dörfer der südlichsten Warundi, die hier leben. Zum ersten
Mal in Urundi sah man Baumwollzeug, ein Anzeichen der grossen
Karawanenstrasse, die Unyamwesi durchschneidet, während nördlich
von der Wasserscheide alles gänzlich unberührt von jedem fremden
Einfluss war. Aber auch ein sehr böser Gast hatte sich in diesen
Theil Urundi's eingeschlichen: die Pocken. Ich empfand es nun schwer,
dass der Impfstoff, den ich seiner Zeit von Europa mitgebracht, an
der Küste keine Wirkung mehr besass, denn auch in der Karawane brach
die Seuche aus. Durch strenge Absonderung der Kranken konnte ich das
Umsichgreifen derselben verhindern, aber fast zwei Monate dauerte es,
bis wir das Uebel gänzlich los wurden, und mehrere Askari und Träger,
darunter der letzte Sudanese Faraj Abdallah erlagen demselben.

Am 10. Oktober verliessen wir das Dorfgebiet und traten in den
dichten Laubwald ein, welcher das Thal des =Mlagarassi= bedeckt.
Unterholz fehlte gänzlich und seine Stelle vertrat dürres,
schneeweiss gebleichtes Bambusgestrüpp. Nach langem Marsch bei
glühendem Sonnenbrand erreichten wir schöne Bohnenfelder und ein Dorf
unweit des Mlagarassi, der zwischen Lehmufern nach Nord fliesst. Das
Dorf, offenbar eine Neugründung und der südlichste Ort Urundi's, war
ganz eigener Art. Zum Schutz gegen wilde Thiere waren die Hütten auf
leichten Bambusplattformen in der Höhe der Bäume errichtet und nur
durch primitive Leitern zugänglich. Die Grashütten auf ihren luftigen
Höhen, die dunklen Gestalten der Eingeborenen auf den schwankenden
Plattformen gaben in dem grünen Rahmen des Laubwaldes ein eigenartig
malerisches Bild.

Am 11. Oktober überschritten wir den Mlagarassi und betraten die
Landschaft =Uha=. Dieselbe ist ihrer grössten Ausdehnung nach mit
Miombo-Wäldern bedeckt, die in der trockenen Jahreszeit kein sehr
üppiges Aussehen hatten. Die Gras- und Krautvegetation, welche den
Boden bedeckte, war verbrannt und in schwarze Asche verwandelt, die
Stämme waren vielfach verkohlt und dürr hingen die Blätter an den
Zweigen. Die Eingeborenen, Waha, welche die Dörfer der Waldlichtungen
bewohnen, gleichen vielfach den Warundi, stehen jedoch in steter
Verbindung mit Unyamwesi. Sie waren früher ihrer Habsucht und
Gewaltthätigkeit wegen berüchtigt, wir lernten sie als ruhige, völlig
harmlose Menschen kennen. In dem Distrikte =Ruvungu= wird der Wald
von offenen Strichen unterbrochen, wo auf nacktem, ziegelrothem
Lateritboden niedriges, glänzendblättriges Gesträuch kleine Oasen
bildet, bei welchen eine schöne Primelart gedeiht. Sonst dehnt
sich überall dichter endloser Wald aus, in dem die Siedelungen weit
zerstreut sind und der so wasserarm ist, dass einzelne Dörfer ihr
Trinkwasser stundenweit aus dem Mlagarassi schöpfen müssen.

Am 16. Oktober standen wir wieder am Mlagarassi, dessen rechtes Ufer
besiedelt ist, während sich am linken weites, theilweise versumpftes,
grasiges Ueberschwemmungsgebiet ausdehnt. Wir übersetzten den
knietiefen Fluss und lagerten jenseits am Waldrande. Hier sah
ich einige Zebras, das einzige Wild, welches mir westlich vom
Victoria-See begegnete. Bei glühender Sonnenhitze ging es am 17.
Oktober nach =Iwanda=, das in einem ausgetrockneten Papyrussumpf
gelegen ist, bei welchem einige halb verschmachtende Marabus ein
trauriges Dasein führten und in dem, von Staub bedeckt, einige
Rindenkanus lagen, die zur Regenzeit die Ueberfahrt vermitteln.
Unsere langhörnigen Watussi-Rinder, welche wasserreiche Höhen gewohnt
waren, fielen zu Dutzenden und die Heerde schwand täglich.

[Illustration: Waha.]

Am 19. Oktober durchzogen wir ein offenes Grasland mit breiten,
zur nassen Jahreszeit versumpften Senkungen, in welchen die
wasserliebende Raphia-Palme ihre nun dürren Wedel trübselig hängen
liess und traten in ein weites Waldgebiet ein. Nur Elephantenjäger
durchstreifen zeitweise diese gänzlich pfadlose Wildniss, in der die
Richtung durch Axthiebe an den Bäumen bezeichnet ist. Ein Verirren
konnte hier verhängnissvoll werden, denn viele Stunden weit sind
die spärlichen Wasserplätze von einander entfernt. Alles Gras war
abgebrannt und nur abenteuerliche Termitenbauten erhoben sich aus
dem kahlen rothen Boden. Auch einzelne Baumstämme waren den Flammen
erlegen und sperrten als verkohlte Strunke den Weg. Besser hatten die
kieselharten, blendend weiss gebleichten, dürren Bambusrohre Stand
gehalten, deren Gruppen überall als ungeheure Besen aufragten.

Wir mussten -- zum ersten Mal auf der ganzen Reise -- die Nacht ohne
Wasser verbringen und bezogen mitten im Walde ein unverfälschtes
Buschlager. Es war eine herrliche, laue Tropennacht. Nur die
eintönigen Rufe der Wachtposten unterbrachen die Waldesstille und
hochlodernde Lagerfeuer übergossen die schlanken, grauen Baumstämme
und das malerische Gewirr der zierlichen weissen Bambusrohre mit
phantastischem Licht.

Am 20. Oktober erreichten wir schon Morgens einen kleinen, niemals
austrocknenden Tümpel, =Itanga=, und trafen dort auf einige
Eingeborene, die in der Waldeinsamkeit die Rinde der Bäume abschälten
und zu Schachteln und Rindenzeug verarbeiteten. Dann ging es weiter
durch den Wald. Erst bei Sonnenuntergang betraten wir offenes Land,
in dem die schlanke Form der Borassuspalme das Auge erfreute, und
gleich darauf das grosse Dorf =Makindi=, wo wir gastliche Aufnahme
fanden. Meiner Gewohnheit gemäss schlug ich das Zelt zwischen den
netten Grashütten der Eingeborenen auf, wurde jedoch Nachts aus
demselben vertrieben und musste vor dem Dorfe lagern. Dies geschah
nicht etwa durch feindliche Menschen, sondern durch zahllose Ratten,
die bei den grossen Getreidevorräthen des Dorfes geradezu Legion
waren und mein Bett buchstäblich überschwemmt hatten. Auch Mzimba
hatte im Lastenzelt einen förmlichen Kampf mit diesen Scheusalen zu
bestehen.

Da diese sich Tags über zum Glück verloren, hielten wir am 21. in
Makindi Rast und erhielten den Besuch des weiblichen Häuptlings
dieser Gegend, eines zarten, kränklichen, aber nicht unschönen
Weibes, dessen feine Züge deutlich den hamitischen (Watussi-) Typus
trugen. Der Aberglaube verbietet der »Sultanin«, das Hauptdorf
zu betreten; so traf ich denn draussen unter einer Palme mit ihr
zusammen, wo sie mit schwacher Stimme und müdem Aufschlag der
tiefschwarzen Rehaugen um »Medizin« bat.

Am 22. Oktober ging es durch eine weite, völlig baumlose Steppe,
die zur Regenzeit ein Kothmeer bildet, mit Wasserarmen, die nur im
Rinden-Kanu passirbar sind. Auch jetzt waren sie ziemlich mühsam zu
durchwaten und die schlammige schwarze Fluth reichte den Leuten bis
zur Brust. Dieser schmale, unbewohnte Streifen bildet die Grenze
zwischen Uha und =Kirambo=, der ersten Landschaft von Unyamwesi,
deren Grenzdorf wir am 23. Oktober erreichten.

Wir waren nun wieder in einer Gegend, die auf der Karte stand,
bei dieser Reise eine seltene Ausnahme und auch die Dörfer und
Felder, besonders die Reis-Kulturen zeigten uns, dass wir uns der
Karawanenstrasse näherten. Ganz besonders imponirte uns das Hauptdorf
Kirambo's, die Residenz =Mlamira's=, das wirklich eine kleine Stadt
genannt zu werden verdient. Aussen zieht sich um den Ort ein tiefer
Schutzgraben, dessen Wall mit dichtem, buschigem Euphorbiengestrüpp
bepflanzt ist. Durch ein Thor betritt man den ersten koncentrischen
Ring und gelangt an einen festen Stangenzaun, vor dem abermals ein
tiefer Graben gezogen ist. Den dritten und innersten Ring bildet ein
starker Lehmbau, ein Tembe, innerhalb welches, durch labyrinthartig
verlaufende Zäune geschützt, Mlamira's Hütten gelegen sind.

In allen Ringen verstreut liegen die zahlreichen Kegelhütten, die
schönsten und sorgfältigsten, die ich jemals im Innern Afrika's
gesehen. Die grössten sind jene Mlamira's, im Centrum des Dorfes
aufragende 12 m hohe Pagoden, die für Hunderte von Menschen Platz
haben. Zahlreiche Taubenschläge beleben das Bild und überall
beschatten Ficusbäume die kahlen Dorfplätze. Sie dienten früher zur
Anfertigung des Rindenzeuges, doch ist letzteres längst durch das
Baumwollzeug ersetzt, welches die unternehmenden Bewohner von der
Küste holen. Hier trägt Alles Gewehre, die Männer kleiden sich mit
weissem und blauem Zeuge, die Weiber mit bunten Tüchern nach Art der
Swahíli-Weiber. Man könnte sich ohne viel Phantasie in ein Küstendorf
versetzt denken, ein wunderbarer Kontrast gegen das wenige Tagereisen
entfernte, gänzlich unberührte Urundi.

Obwohl noch kein Europäer sein Dorf besucht -- die Route Stanley's
verlief etwas östlich davon -- hatte der junge Häuptling Mlamira,
ein gutmüthig aussehender, schüchterner Bursche, doch eine deutsche
Flagge und einen Schutzbrief, den er sich aus Tabora hatte holen
lassen. Er nahm uns sehr freundlich auf und stellte reichliche
Vorräthe von Reis, die uns besonders erfreuten. In den nächsten
Tagen ging es durch die zu Urambo gehörigen Landschaften =Mtimbi=
und =Msennyi=, in welchen stets Miombo-Wald mit Feldern wechselt
und die Bewohner sich in ausgedehnten, befestigten Dörfern
zusammenschliessen. Verschiedene Kulturpflanzen, rother Pfeffer,
Tomaten und Citronen, eine Seltenheit im Innern, traten auf, ja
jenseits des trockenen Igombe-Baches fanden wir beim Dorfe Mpegusi
sogar Mango-Bäume, Granaten und Guayaven, welche die Stelle der
früheren arabischen Niederlassung Msenne bezeichnen. Wir waren an
der grossen Karawanenstrasse; nirgends erregte unser Erscheinen
Aufsehen und die Eingeborenen, die uns in ihrer reichen Zeugkleidung
unglaublich civilisirt vorkamen, standen höchstens neugierig vor
ihren Dörfern und riefen uns auf Kiswahíli oder gar -- auf deutsch
ihren Gruss zu.

Aehnlich wie die Eisenbahnen in Europa, so wirken die grossen,
alten Karawanenstrassen in Afrika unglaublich nivellirend. Ein und
derselbe Typus von Leuten zieht sich längs derselben bis ins Herz des
Kontinents, während wenige Meilen abseits, oft schon in der Nähe der
Küste das unverfälschte Afrikanerthum blüht. Wer nur die Heerstrasse
gesehen, kann kaum sagen, dass er in Afrika war.

Wenn schon die bekleideten Wanyamwesi mir den Eindruck höherer
Kultur gemacht hatten, so sollte ich in Urambo noch ganz andere
Civilisation kennen lernen, denn am 30. Oktober erreichten wir die
englische Mission =Kilimani-Urambo=. Schon der äussere Anblick hatte
gar nichts Afrikanisches. Auf dem Gipfel einer Anhöhe, erhob sich ein
nettes Gebäude im Schweizer-Styl, umgeben von Wirthschaftsbauten und
eingebettet in einem Hain von Citronen. Hier hatten nun schon seit
vier Jahren Mr. und Mrs. Shaw ihr Heim, letztere eine junge englische
Lady, die ihrem Gatten ins Innere des dunkeln Welttheils gefolgt war.
Ich fand die liebenswürdigste Aufnahme bei dem Ehepaar und wurde auch
dem Baby vorgestellt, einem reizenden kleinen Mädchen, das in Urambo
geboren ist und mit seiner zarten, weissen Haut mir, der ich Monate
lang nur schwarze Gesichter gesehen, fast als höheres Wesen erschien.

[Illustration: Mission Kilimani-Urambo.]

In der Häuslichkeit sprach sich deutlich das Wirken einer Frau
aus. In allen Räumen herrschte Ordnung und Behaglichkeit und bei
Tisch erschienen auf blüthenweisser Decke Porzellangeschirre und
geschliffene Gläser. Wenn Mrs. Shaw sich hauptsächlich mit dem
Hauswesen beschäftigte, so war ihr Gatte ein wahres technisches
Genie, Schlosser, Zimmermann, Tischler, Seifensieder in einer Person
und konnte mit Stolz die schön eingelegten Möbel und sogar einen
Kamin zeigen, den er zur Erhöhung der Wohnlichkeit in seinem elegant
eingerichteten Salon aufgebaut. Porzellangeschirr, ein Kamin, ein
Salon -- in =Urambo=! Nun, mehr konnte man im Innern Afrika's, 700
Kilometer von der Küste, nicht verlangen.

Die Mission hat eine Anzahl Zöglinge, Knaben und Mädchen, die sich
Abends in dem luftigen Dachraum des Hauses zur Andacht versammeln.
Mr. Shaw spricht ein kurzes Gebet, dann singen die Kinder, durch
Mrs. Shaw am Harmonium begleitet, einige Lieder. Die schwarze Schaar
hat es im Singen recht weit gebracht, und wenn man diese Choräle
mit meist bekannten Melodien, darunter auch die der österreichischen
Volkshymne hört, so vergisst man, dass sie aus Negerkehlen ertönen
und unwillkürlich fliegen die Gedanken nach der Heimath.

Leider ist der Gesang so ziemlich der einzige Gegenstand, in
welchem die Mission bei ihren Schülern Erfolge erringt. Bei
der ausserordentlichen Gleichgültigkeit der Wanyamwesi für alle
religiösen Dinge ist es kaum möglich Proselyten zu machen. Die
Missionskinder erhalten als Löhnung für ihre Thätigkeit als
Schuljungen 2 Doti Baumwollzeug monatlich, doch selten hält es einer
auch nur ein halbes Jahr aus und der Wechsel ist ein fortwährender.
In zwölf Jahren, seit die Mission besteht, wurde noch kein einziger
Schwarzer zum Christenthum bekehrt! Dabei stehen die Missionare
auf bestem Fuss mit den Eingeborenen. Zu Lebzeiten Mirambo's, des
bekannten »Napoleon von Unyamwesi«, kam dieser Häuptling oft allein
und ohne Bedeckung in die Mission und vertrat stets energisch
deren Interessen, indem er jede Schädigung ihres Eigenthums
streng bestrafte. Ebenso hielt es auch sein Bruder und Nachfolger
Mpanda Charo. Der jetzige Häuptling Tuga Moto (Sprühfeuer), ein
halbwüchsiger, auffallend hübscher Junge, der mir, behängt mit
Schmuck und Seidentüchern am Tage nach meiner Ankunft seinen Besuch
machte, verbringt ganze Monate in der Mission und begegnet dem
Ehepaar Shaw mit grösster Achtung.

Wenn daher auch der äussere Erfolg der Mission nur ein geringer
ist, so kann doch der Einfluss auf die Bevölkerung nicht hoch
genug angeschlagen werden. Der fortwährende, nahe Verkehr mit
einem gebildeten Europäer hat offenbar bei den in so hohem Grade
entwickelungsfähigen Warambo seine Wirkung nicht verfehlt und
wenn die Warambo im Küstenaufstand sowohl, wie in den Kämpfen in
Unyamwesi stets auf Seiten der Deutschen standen und stets eifrige
und gehorsame Bundesgenossen waren, so ist das in erster Linie der
Mission von Urambo, mit ihrem Leiter Mr. Shaw zu danken.

Wir verliessen Urambo am 3. November und zogen durch schwach
bewohntes Waldgebiet der Landschaft Usagali zu. Aus dem Laubholz
ragten stellenweise wilde Granitblöcke auf. Die Dörfer waren theils
von Stangenzäunen, theils von jenen starken Lehmbauten, den Temben,
umgeben, die im mittleren Unyamwesi die Dörfer zu kleinen Festungen
machen. Wasser war spärlich und musste oft weit her aus dem Igombe
geholt werden, in dessen Tümpel zahlreiche Welse sich aufhielten.

Am 7. November stiegen wir an einer Felskuppe vorbei in eine
weite, grasige Mulde. Bärtige Araber auf weissen leichtfüssigen
Maskat-Eseln, gefolgt von bewaffneten Sklaven jagten, eine Wolke
Staub aufwirbelnd, durch die Ebene, schlanke Wasserträgerinnen
in bunter Küstentracht folgten in malerischer Haltung, die den
schöngeformten Arm zur Geltung bringt, den schmalen Pfaden, und
Swahíli-Leute in weissem Talar riefen uns ihr »Yambo« zu.

Aus dem Grau der Ebene tauchten allmählig dunkle Parthien auf, man
unterschied Gruppen schattiger Mangobäume, aus welchen vereinzelt
verkümmerte Kokospalmen ihr Haupt erheben, dazwischen die braunen
Dächer der runden und kegelförmigen Hütten und die flachen blendend
weissen der Temben: der Knotenpunkt des Karawanenverkehrs, das
Emporium Central-Afrika's, =Tabora=.

[Illustration: TAFEL XII. Pfahldorf am Mlagarassi.]

Ueber dem höchsten Tembedach wehte das deutsche Reichsbanner;
darunter die unbewegliche Silhouette des Sudanesenpostens, der sich
scharf von dem lichten Hintergrund abhob: die kaiserliche Station.

Wir betraten bald die staubigen Plätze, die sich zwischen den
verstreuten Siedelungen ausdehnen und hielten, von grosser Volksmenge
begleitet unseren Einmarsch in Tabora. Der erste Bekannte den wir
trafen, war zu meiner Freude der Askari Mzee bin Jumah, der mir
meldete, dass er die Lasten von Mwansa richtig hierhergebracht
habe. Bei den kriegerischen Verhältnissen, die damals in Unyamwesi
herrschten, war ich um diesen Mann bereits besorgt gewesen, doch
hatte er seine keineswegs leichte Aufgabe, mit seltenem Geschick
anstandslos gelöst. Wenige Augenblicke später drückte ich dem
deutschen Stationsvorsteher Med. Dr. =Schwesinger= und den Offizieren
der belgischen Expedition die Hand, die sich eben auf dem Durchmarsch
zum Tanganyika in Tabora befanden.

Der Aufenthalt in Tabora gehört nicht zu meinen angenehmsten
Erinnerungen. Schon der Ort ist nichts weniger als anheimelnd mit
seinen öden staubigen Strassen, seinen Kehrichthaufen und vielfach
verlassenen halbverfallenen Temben und Hütten, ein Bild Grau in Grau,
welches deutlich spricht, dass Tabora das Emporium Central-Afrika's
-- gewesen ist.

In der Station herrschte trübe Stimmung, denn die Spannung
mit =Sike=, dem aufrührerischen Häuptling, der inzwischen sein
wohlverdientes Ende gefunden, war damals am stärksten und fortwährend
fanden aufregende Schauri mit übel beleumundeten Arabern, mit Seliman
bin Masud, Ali bin Nasor und anderen verrätherischen Schuften
statt, die unter der Maske tiefster Demuth nur mühsam den wilden
Europäer-Hass verbargen. Die Belgier litten unter dem obligaten
Träger-Elend und so war an Geselligkeit nicht zu denken. Die einzige
Gelegenheit, bei der ich sämmtliche Europäer von Tabora versammelt
sah, war eine -- Hinrichtung, bei der ein Mörder an einen Baum
beim Marktplatz aufgeknüpft wurde. Man wollte durch diese Exekution
moralischen Eindruck auf die Bevölkerung machen, doch schien dieser
Zweck nicht erreicht, denn kaum einer der zahlreichen, feilschenden
Marktbesucher wandte den Kopf nach dem baumelnden Landsmann.

Ich erlitt einen schweren Verlust in Tabora durch den Tod meines
Askari =Kihara wadi Mwamba= aus =Kwa Kyege= bei Mkusi in Bondeï,
jener braven Seele die 1888 Dr. Meyers und meine Gefangenschaft bei
Buschiri getheilt und in seltener Treue bei uns ausgehalten hatte. Er
erlag einem perniciösen Fieber.

Ausser den Lasten die ich von Mwansa hergeschickt, fand ich auch
Waffen und Munition, die von der Küste für mich angelangt waren, in
Tabora. Es war mir daher garnicht unangenehm als täglich zahlreiche
Leute sich meldeten, die unter dem Schutze der Expedition als
freiwillige Träger nach der Küste gehen wollten, und ich nahm solche,
wenn sie nur halbwegs kräftig waren, gerne an. Auch ein langer
dürrer Araber erhielt die Erlaubniss sich mit seinen Leuten uns
anzuschliessen, ein echter Maskater, der jahrelang im Innern Afrika's
Alles versucht und nichts erreicht hatte. Derselbe erschien täglich
Nachmittags zum Thee und machte eifrige Versuche mich zum Islam zu
bekehren.

Auch die Expeditions-Damen erhielten in Tabora einen namhaften
Zuwachs, meine Leute machten nämlich in den fünf Tagen unseres
Aufenthalts die unerhörtesten Eroberungen und gar manche schwarze
Schöne fand in der Nacht nach unserem Abmarsch eine Hinterthür, durch
die sie dem Haremszwang entsprang und dem heissgeliebten Träger oder
Askari nachrannte.

Am 15. November verliessen wir Tabora und zogen am 16. durch lichten,
wasserlosen Wald nach =Uyui=, wo ein befestigtes Dorf und eine
Niederlassung des Mr. Stokes sich befindet, eine ehemalige Mission,
die jetzt in recht baufälligem Zustande ist. Ich selbst wurde dort
-- nach langer Pause -- von einem starken Fieber ergriffen, das
mir erst am 20. November den Weitermarsch gestattete. Durch die
Grenzdörfer von Uyui ging es nach =Ndara=, wo zahlreiche kleine
Tembedörfer mit viereckigem Grundriss und schmutzigem, winkeligem
Innern in der ziemlich dürren Landschaft verstreut liegen. Von
dort brachte uns ein zweitägiger, wasserloser Marsch durch öden
Steppenwald nach =Tambarale=, dem Dorfe =Mwana Tombolo's=. An die
Stelle des Miombowaldes traten Schirmakazien, Stachelgestrüpp und
Baumeuphorbien, in den Mulden reckten ungeheure Baobabs ihre riesigen
Aeste -- wir näherten uns dem Massai-Land.

Aus der Wildniss tretend, erblickten wir am Morgen des 23. November
das Dorf =Tambarale=. Ein dreifacher Ring fester Tembebauten, dessen
äussere Umfassung wohl 4 Kilometer im Umfang hielt, umschloss einen
Platz, in dem wenige Rundhütten ihre Kegeldächer erhoben. Auf der
höchsten flatterte die schwarz-weiss-rothe Flagge und liess uns
schliessen, dass wir einem freundlichen Dorfe nahten.

Durch das Thor des äussern Tembe traten wir in den ersten Ring und
lagerten bei einem schattigen Baum, unweit des einzigen Brunnens des
Ortes. Eingeborene waren hier nur spärlich zu sehen. Einer erschien
und legte einen vom Lt. Langheld unterschriebenen Schutzbrief vor
mir auf den Boden, worauf er sich schleunigst entfernte. Während
ich noch über diese sonderbare Art, einen Schutzbrief vorzuweisen,
nachdachte, krachten plötzlich Schüsse und einige Askari kamen, um
zu melden, dass sie vom innersten Tembering aus beschossen würden.
Ich dachte erst an einen Irrthum und eilte in den koncentrischen
Raum zwischen dem zweiten und dritten Tembering, wurde jedoch aus den
Schussscharten des letzten Tembe mit heftigem Feuer und einem Hagel
von Pfeilen empfangen.

In der Eile hatte ich nur wenige Askari mit mir genommen und
versuchte, mit diesen das niedrige Thor des Tembe zu stürmen, ein
mörderisches Feuer aus allernächster Nähe streckte jedoch sofort
5 Mann todt nieder, mehrere wurden verwundet und ich selbst durch
den Oberarm geschossen, so dass ich durch den Blutverlust gezwungen
wurde, den inneren Tembering zu verlassen.

Ich liess die Kugel durch den Koch herausschneiden und begann mit
Mzimba über die weiteren Schritte zur Einnahme des Ortes zu berathen.
Denn dass wir einen so verrätherischen, grundlosen Angriff nicht
unbestraft dulden konnten, war uns völlig zweifellos. Wir schossen
erst Brandpfeile und Brandraketen auf die Strohdächer der Hütten im
Innenraum, doch ein leichter Regen vereitelte unser Bemühen.

So warteten wir denn bis zum Einbrechen der Dunkelheit,
vertheilten hierauf, um die Hinterlader-Munition zu schonen, die
Vorderlader-Schützen auf das Dach des zweiten Temberinges und
eröffneten bei Magnesiumlicht ein ununterbrochenes Feuern auf
den Innenraum. Der Gegner erwiderte dies kräftig, aber gänzlich
wirkungslos, da er stets aus den Schussscharten feuerte und daher
unseren höher stehenden Leuten nichts anhaben konnte.

Unaufhörlich krachten die Schüsse, gellend tönte das Geschrei der
Weiber aus dem Innenraum, rasselnd schallten die Trommeln, und die
Kämpfenden riefen sich wilde Flüche zu. Besonders ein Bursche aus
Tabora war im Fluchen gross: Tomba mbwa! (Heirathe einen Hund!) rief
er hinein, und von dort erschallte das Kriegsgeschrei »Mwana Kiunge!«
womit Sike von Unyanyembe gemeint war. Damit war mir auch klar, dass
der ganze Anschlag auf Anstiften dieses Häuptlings geschehen war und
einen direkt deutschfeindlichen Charakter hatte.

Nach und nach wurde das Geschrei im Innern schwächer. Das
wohlgenährte Feuer hatte schwere Verheerungen angerichtet, Todte und
Verwundete lagen bei den Hütten umher, und wir hielten den Augenblick
zum Sturm gekommen. Natürlich konnten wir nicht daran denken, einen
so ausgedehnten Ort von allen Seiten zu bestürmen, wir erstiegen
daher rasch das Dach des innersten Temberinges und eröffneten ein
kräftiges Feuer auf die letzten Vertheidiger, worauf gleichzeitig das
Thor aufgeschlagen und der Innenraum besetzt wurde. Die noch lebenden
Insassen suchten in verzweifelter Flucht nach der anderen Seite ihr
Heil: breite Blutspuren bezeichneten ihren Weg.

Tambarale war unser und die erbitterten Leute wollten sofort Brand
an die Hütten legen; doch liess ich dieselben erst untersuchen, was
sich als sehr nothwendige Vorsicht erwies, denn grosse Pulvervorräthe
lagen im Innern. Auch Zeug wurde in ziemlicher Menge vorgefunden und
kam meinen schon recht zerrissen aussehenden Leuten sehr zu statten.

Am 24. November steckten wir Tambarale an, was bei den Tembebauten
keineswegs leicht war, so dass erst gegen Mittag der leichenerfüllte
Schauplatz unseres Kampfes eine rauchende Brandstätte war.

Man wird nun vielleicht die Frage aufwerfen, warum ich mich in dieses
Gefecht einliess und mein Leben sowie das meiner Leute auf's Spiel
setzte, wo mir doch als »Privatmann« frei stand, nach den ersten
Schüssen abzuziehen und eine Klageschrift an das Gouvernement in
Dar-es-Salaam zu leiten? Es ist auch möglich, dass die Erstürmung
Tambarales mir in gewissen Kreisen keinen Dank, sondern sogar den
Vorwurf eines unberechtigten Eingriffs in amtliche Rechte einbringen
mochte. Aber erwägen wir einmal die Folgen, welche das obengenannte
»korrekte« Vorgehen gehabt hätte! Wenige Tage nach mir passirte die
Expedition =Gemmer= Tambarale. Sie führte an 500 Wanyamwesi-Träger
und bedeutende Waffen und Munitions-Vorräthe in Lasten verpackt
bei sich, besass fast gar keine Soldaten und war zur Vertheidigung
gänzlich unfähig. Diese hatte Sike im Auge gehabt, als er seinem
Verbündeten Mwana Tombolo den Auftrag gab, die nächste europäische
Karawane anzugreifen. Denn er konnte nicht ahnen, dass ich plötzlich
auf einer Seitenroute ankommen würde.

Hätte ich nun diesen Angriff nicht mit vollständiger Niederlage des
Gegners beantwortet, so wäre die Expedition Gemmer überfallen, und,
da sie nahezu wehrlos war, vernichtet worden. Die Hinterlader und
Patronen wären den Aufständischen unter Sike in die Hände gefallen
und es ist fraglich, ob es dann gelungen wäre, derselben Herr zu
werden. Die Postverbindung mit dem Victoria-See, die damals über
Tabora schon unterbrochen war, wäre auch auf der direkten Route
gesperrt und die Seestation gänzlich abgeschnitten worden. Mir
aber wäre für mein »korrektes« Vorgehen wahrscheinlich der Vorwurf
schmähliger Feigheit gemacht worden. Denn ein Reisender im Innern
Afrika's besonders auf wenig betretenen Pfaden, kann eben =kein=
Privatmann sein, wie immer er sich anstellen möge, er ist und
bleibt für die Eingeborenen der Vertreter seiner Nation, ja des
Europäerthums überhaupt, und muss danach handeln, wenn er die Flagge,
unter der er reist, nicht mit Schmach bedecken und der grossen
Sache nicht schaden will, für welche wir alle, sei es nun amtlich
oder nicht amtlich, unser Leben einsetzen. Solchen Personen, welche
die Gewähr für ein umsichtiges Vorgehen nicht bieten, möge man das
selbstständige Reisen im Innern einfach verweigern, da sie durch
planloses Handeln die Kolonie schwer schädigen können. Bewährte
Führer jedoch statte man unbedingt mit den Rechten und Pflichten
der Gouvernements-Expeditionen aus, wie das auch vom Kongostaate den
Expeditionschefs der grossen Gesellschaften gegenüber stets gehalten
wird.

Von Tambarale begaben wir uns einige Stunden nördlich nach
=Sunguisi=, dem südlichen Grenzdorf von =Ussongo=, jenem Distrikt,
den der bekannte deutschfreundliche Häuptling =Mtinginya= beherrscht.
Von den Eingeborenen gastlich aufgenommen, beschloss ich, dort die
Heilung meiner Wunde abzuwarten. Bei sorgfältiger antiseptischer
Behandlung, in welcher ich schon einige Uebung besass, ging dieselbe
ziemlich rasch von statten, so dass ich schon am 10. Dezember
aufbrechen konnte.

Während des Aufenthalts in Sunguisi kam die Karawane des Kapt. Gemmer
und später jene des Grafen =Schweinitz=, der nach der Küste zog,
durch, und es fehlte mir daher nicht an europäischer Gesellschaft.
Auch Mtinginya machte mir seinen Besuch, war hocherfreut über die
Niederlage seines alten Gegners Mwana Tombolo und schenkte meinen
Leuten zwei Lasten Baumwollzeug. Der Unterhäuptling in Sunguisi, ein
behäbiger, gutmüthiger Mann, dessen höchster Stolz seine zahllosen --
Kinder waren, benahm sich musterhaft und räumte mir sein geräumiges
Tembe ein. Ein Theil dieses Baues stürzte allerdings eines Morgens
ein, erschlug einen Massaihirten und begrub mehrere Askari und
Weiber, die aber nur unwesentlich beschädigt wurden. Man wird jedoch
auf afrikanischen Reisen nach und nach so abgestumpft, dass mich
dieser Unfall keineswegs abhielt, den Rest des Tembe weiter zu
bewohnen.

Am 10. Dezember lagerten wir in =Maragano=, einem kleinen Dorfe am
Saume des Buschwaldes und traten am nächsten Morgen in denselben
ein. Die Regenzeit setzte langsam ein, häufig gingen leichte
Schauer nieder und die Baobabs und niederen Büsche trugen grünes
Laub. Ein wenig begangener, durch Gestrüpp recht erschwerter Pfad
führt durch diese Wildniss an den Rand des =Wembere=-Grabens, den
wir am 12. Dezember erreichten. Er war durch malerische Haufen
riesiger Granitblöcke bezeichnet, zwischen welchen Baobabs und
schöne grüne Vegetation gedieh. Auf diesen Felsmassen lagen die
kleinen Dörfer =Nyambeïu= und =Itandulu= verstreut. Besonders das
letztere, eine neue Niederlassung mit weissen spitzen Kegelhütten,
lag hochromantisch zwischen mächtigen Felszähnen. Einen dieser
erkletterte ich, und überblickte die weite, tischflache Wemberesteppe
zu meinen Füssen, mit dem niedrigen Saum der jenseitigen Randberge.

[Illustration: Itandulu.]

Am 13. und 14. Dezember durchschritten wir theilweise bei Regen
die Steppe, welche hier weit schmäler als beim Simbiti ist. Sie
ist vollkommen offen, fast graslos und nur zahlreiche, nach den
Eyassi ziehende Schwärme von Wasservögeln, von Flamingos, Enten und
Pelikanen, beleben das eintönige Bild. Gegen den Ostrand zu, treten
niedriges Stachelgestrüpp auf sandigem Boden, stellenweise sogar
schönes Gras und einzelne riesige Baobabs auf und man erreicht die
sanft ansteigende Randhöhe auf welcher mit Pfostenverschanzung das
Dorf =Urugu= liegt.

Durch hügeliges, theilweise mit schönem Miombowald bedecktes Land
ging es am 15. Dezember nach Ost. An den meist trockenen, breiten
Bachrissen stehen malerische Gruppen schlanker Fächerpalmen. Wir
kamen an dem grossen Dorfe =Buschora= (Mangura) vorbei, das zwischen
Sorghum- und Reisfeldern gelegen ist und erreichten Mittags =Ussure=,
einen von zwei hohen Kegelhütten überragten Tembebau an dessen
Westecke die von Dr. Peters gehisste deutsche Flagge wehte. (Siehe
Kopfleiste des Kapitels.) Seine damalige Freundin Saratita war
jedoch inzwischen verstorben und an ihrer Stelle regierte Mlewe ein
intelligenter junger Häuptling und eifriger Elephantenjäger, der
vorzüglich Swahíli spricht.

Ussure ist ein Grenzland Unyamwesi's, östlich davon dehnt sich
die Landschaft =Turu= aus, deren Bewohner, die nackten Wanyaturu,
als bösartig berüchtigt sind. Erst Stanley, dann anderen Reisenden
traten sie feindlich entgegen, auch gegen Dr. Stuhlmann, der wenige
Monate vor mir das Land durchzog, benahmen sie sich unverschämt,
ohne jemals ernstlich gezüchtigt worden zu sein. Die Folge war, dass
ihre Frechheit ins Grenzenlose wuchs und dass keine kleine Karawane
mehr unbehelligt das Land durchziehen konnte. Kurz vor meinem
Durchzug waren Leute der Araber in Irangi, die mit Vieh aus Unyamwesi
heimkehrten dort überfallen und gänzlich ausgeraubt worden.

[Illustration: Mann aus Turu.]

Bevor wir bewohntes Land erreichten, hatten wir einen wasserarmen
Steppenwald zu durchziehen und erst am 18. Dezember betraten wir die
ausgedehnte, leicht gewellte Ebene von =Turu=. Lichter, sandiger
Boden bedeckt auf weite Strecken das Land, das stellenweise mit
spärlichem Gestrüpp bestanden ist. Vereinzelt ragt ein hoher Baobab
oder eine Anhäufung wilder Granitblöcke auf. In der Ferne erhebt
sich eine riesige, dunkle Bergpyramide: der =Gurui=. Von dunkelen
Euphorbienhecken umgeben, sind die elenden kleinen Temben der
Wanyaturu verstreut, ärmliche, niedrige Lehmbauten, in welche man
förmlich hinein kriechen muss. Dazwischen liegen die Felder, die
mit hölzernen Hacken bebaut werden. Die Eingeborenen, die in ihrer
Nacktheit originell aussehen, gleichen sehr den Waschaschi in Elmarau
und benutzen auch dieselben originellen Stockschilde wie diese. Sie
verhielten sich anfangs scheu, belästigten uns jedoch vorerst nicht.

Erst am 19. September, als wir den salzigen =Singisa=-See
passirt hatten, in den tiefe Wasserrisse einmünden, zogen sie uns
schaarenweise mit Kriegsgeschrei nach. Wir beachteten dies nicht
weiter, bis sie Pfeile auf den Nachtrab schossen, einen Scherz, den
sie sich meinen Vorgängern gegenüber mehrfach ungestraft erlaubt
hatten. Diesmal waren sie jedoch an die Unrechten gekommen, wovon sie
einige scharfe Salven belehrten, welche die freche Gesellschaft in
wilde Flucht auflösten. Wir erbeuteten eine Heerde, in der die Araber
von Irangi viele Stücke wiederfanden, die ihnen von den Wanyaturu
geraubt worden waren. Ich gab meiner Gewohnheit gemäss selbst einige
Schüsse ab, wobei meine Wunde wieder aufbrach und mir in den nächsten
Tagen heftige Schmerzen verursachte.

Am Morgen des 19. Dezember stiegen wir zu einer Kammhöhe an und sahen
uns abermals am Rande des grossen ostafrikanischen Grabens, dessen
westlichen Abfall wir bei Leilelei im März erstiegen. Derselbe war
hier nicht so steil wie im Massai-Land: tief unten lagen auf der
flachen Sohle die Temben der Wanyamwesi-Kolonie =Unyanganyi=. Ueber
theils grasigen, theils mit Dorngestrüpp bedeckten Hang, auf dessen
Vorstufen vereinzelte Niederlassungen lagen, ging es bergab nach
der sandigen Sohle, in der ungeheure Baobabs und kleine Wanyaturu-
sowie grosse Wanyamwesi-Temben verstreut sind. Die Kolonisten,
intelligente Leute aus Urambo, empfingen uns sehr freundlich, sie
haben die hiesigen Wanyaturu völlig zu Paaren getrieben und leben
jetzt auf gutem Fusse mit ihnen. Sie wiesen ein Schreiben von Dr.
Stuhlmann vor, der einige Monate früher durch Unyanganyi gekommen.
Da ich ersah, dass er den direkten Weg nach Irangi eingeschlagen, so
beschloss ich über Ussandaui zu marschiren.

In den nächsten Tagen zogen wir durch dorniges, schwer gangbares
Steppenland gegen Süden. Breite, gegen Ugogo verlaufende Bachbette
durchschneiden das Land, dessen Steppencharakter durch den jüngsten
Regen mit Grün übertüncht war. Am 24. Dezember lagerten wir unter
hohen Akazien bei den klaren felsigen Igonda-Wasserlöchern. Die
Wanyamwesi-Ansiedler in Ussandaui hatten von meiner Ankunft erfahren
und brachten mir Eier und Feldfrüchte entgegen, ein Geschenk, das
mich am Weihnachtsabend doppelt erfreute.

Am Christtag hielten wir unsern Einzug in Ussandaui und lagerten
im Dorf des freundlichen Kolonisten =Kipilipili=, das zwischen
ungeheueren Affenbrodbäumen am Fusse eines felsigen Hügels liegt.
Von besonderem Interesse war mir das Volk von Ussandaui mit seiner
merkwürdigen, durch Schnalzlaute an die Hottentotten erinnernden
Sprache.

Am 26. Dezember gings durch hügeliges bewohntes Land. An den meist
trockenen Bachbetten lagen die niedrigen Temben der Eingeborenen
und ihre Felder, in welchen die Aussaat eben vollendet war. Aus
den felsigen Höhen im Norden erhob sich die dunkele, waldige Kuppe
des Tuyui. Bei dem an einen Felsblock geklebten Tembe des Mnyamwesi
=Mtoro=, bezogen wir Mittags das Lager. Mtoro, ein hochgewachsener
alter Mann, war das Oberhaupt der Wanyamwesi-Kolonisten in Ussandaui,
überhaupt der eigentliche Beherrscher des Landes und unter den
primitiven Eingeborenen ein wahrer Pionier der Kultur, oder doch der
Halbkultur.

Durch unbewohntes, vorherrschend flaches Land mit einzelnen felsigen
Kuppen ging es nordwärts, theils durch lichten Wald, theils durch
dornenreiche Steppe. Wir kamen an Dr. Fischer's Lagerplatz von 1885
vorbei und gelangten am Abend des 28. Dezember an einen felsigen,
wasserführenden Riss in den Vorhöhen der Irangi-Berge. Gegen Abend
erschien =Ali bin Nasor=, ein Araber von =Irangi=, der mir mit
reichen Geschenken entgegengeeilt war. Er war der Zweite im Range
der arabischen Kaufleute in Irangi und lebte auf gespanntem Fusse
mit seinem ungleich bedeutendern Nebenbuhler =Saïd bin Omar=, dem er
auf jede Weise den Rang abzulaufen suchte. Er bot Alles auf um sich
mit den neuen Herren Ost-Afrika's, den Deutschen, auf guten Fuss zu
stellen. Er ist ein intelligenter Maskataraber, und ich war immerhin
erfreut wieder einmal mit einem vernünftigen Menschen sprechen zu
können, wenn auch seine übertriebene Demuth und die fortwährenden
Versicherungen seiner Liebe zu den Deutschen mich nicht sehr angenehm
berührten.

[Illustration: Mann aus Ussandaui.]

Am 29. Dezember ging es ziemlich steil durch Wald zum breiten,
wasserlosen =Bubu=. Wir verfolgten das sandige Bett eines
Nebenflüsschens, in dem sogar etwas Wasser rieselt und das sich
zwischen freundlichen, bewaldeten Hügeln schlängelt. Später lichtet
sich der Wald und in den Feldern der Ansiedler und Eingeborenen wird
der ziegelrothe, frisch geackerte Boden sichtbar. Kurz bevor wir
Irangi erreichten begegnete uns ein prächtiger Zug von Arabern und
Swahíli mit goldgestickten Mänteln und blendend weissen Hemden, mit
blitzenden Schwertern und Dolchen im Gürtel. Es war Saïd bin Omar,
der mit seinem Gefolge zu meiner Begrüssung ankam, ein vornehmer
Araber, der mich mit orientalischer Würde und Höflichkeit empfing,
bei der man jedoch so ziemlich durchmerkte, dass er Europäern
nicht übermässig grün ist. Die besseren arabischen Kreise halten
sich überhaupt noch etwas reservirt und jene Gestalten, die mit
überschwänglicher Demuth den siegreichen europäischen Machthabern die
Füsse lecken, sind oft die grössten Schufte. Die Zeit wird auch hier
klärend auf die Verhältnisse einwirken.

[Illustration: TAFEL XIII. WANYATURU STOCK-KÄMPFER]

Unter solchen Betrachtungen, von welchen ich natürlich nichts laut
werden liess, näherten wir uns der Niederlassung. Auf niederer Kuppe
lagen zwischen hohen Baobabs die ansehnlichen Temben der Araber,
umgeben von reichen Kulturen von Weizen- und Zuckerrohrfeldern, aus
welchen sich -- ein seltener Gast in Ost-Afrika -- die schlanke
Dattelpalme erhob. Ueber dem Ganzen wehte auf hoher Stange das
schwarz-weiss-rothe Banner, das die Araber uns zu Ehren gehisst
hatten.

Unter Flintenknallen und Jubelgeschrei hielten wir unsern Einmarsch.
Ein Theil meiner Leute, die Elephantenjäger, waren hier so gut wie
zu Hause, auch die anderen fanden Landsleute, Freunde und Bekannte
und das Ziel der Reise, die ersehnte Küste, schien in greifbare Nähe
gerückt.

[Illustration: Mtoro's Dorf, Ussandaui.]



VI. KAPITEL.

Von Irangi nach Pangani.

Aufenthalt in Irangi. -- Uassi. -- Ufiomi und die Wafiomi. -- Wieder
in Umbugwe. -- Iraku und die Höhlenbewohner. -- Meri. -- Mangati und
der Gurui-Berg. -- Die Massai-Steppe. -- Unguu. -- Ankunft an der
Küste.


Wenn wir Weihnachten im Busch verlebt hatten, so wollten wir
wenigstens das neue Jahr 1893 unter Menschen antreten. So blieben wir
denn fünf Tage in =Irangi= und liessen uns die Gastfreundschaft der
Araber gefallen, die in Anbetracht der Umstände geradezu glänzend
war. Sie hatten auch Grund, der Expedition wohlgesinnt zu sein,
denn unsere Kämpfe in Umbugwe hatten ihnen dieses Handelsgebiet
erschlossen, und die Ausbeute an Elfenbein war grösser als seit
Jahren.

So schwelgten denn die Leute in reichlichen Vorräthen und bei
mir erschienen täglich nicht weniger als achtmal kleine Karawanen
zierlich gekleideter Sklaven, die auf schönen Metalluntersätzen
verdeckte Schüsseln brachten. Da gab es Reis und Würfelfleisch in
Gewürzsauce, süsses Gebäck von einheimischem Weizenmehl, Datteln und
parfümirten Sherbet -- all' die Leckerbissen einer echt arabischen
Mahlzeit.

In den Morgenstunden kamen in farbenprächtigem Aufzuge die
vornehmsten Araber und Swahíli zur »Barasa«. In dem lichten Vorraum
eines Tembe brachten wir, auf bunte Strohmatten gekauert, eine
Viertelstunde mit jenen nichtssagenden, konventionellen Gesprächen
zu, die bei solchen Gelegenheiten im Orient üblich sind.

Ausser Elephantenjägern und Karawanenleuten gab es in Irangi auch
viele Massai, die vor der Hungersnoth geflüchtet waren und für kleine
Dienstleistungen gefüttert wurden. Unter diesen fand unser braver
Elmoruo Ndaikai seine längst vermissten Kinder. Mit zitternder
Hand betastete er die Verlorengeglaubten, heisse Thränen liefen
über sein wetterhartes Gesicht und kaum konnte man den blutgierigen
Krieger wiedererkennen, den ich gar oft in Gefechten die Gegner mit
breitklingigem Speer zerfleischen sah. Seines Bleibens bei uns war
nun nicht mehr länger, reich beschenkt mit Rindern nahm er Abschied
und zog mit seinen Kindern in die Steppe hinaus.

Am 4. Januar rüsteten auch wir zum Aufbruch von Irangi, wobei die
Araber es sich nicht nehmen liessen, mir 40 Bewaffnete mitzugeben,
eine Hilfstruppe, die mich ein wenig an jene drei Schutzmänner
erinnerte, welche einmal in bewegter Zeit einem marschirenden
Infanterieregiment »als Bedeckung« beigegeben wurden. Vor meiner
Abreise schickte ich vier meiner Leute als Postboten nach Pangani,
theils um Nachrichten an die Küste gelangen zu lassen, theils um
die gänzliche Ungefährlichkeit der »Massairoute« einmal durch ein
auffallendes Beispiel darzulegen. Es sei gleich erwähnt, dass diese
Leute Pangani in der unglaublich kurzen Zeit von 13 Marschtagen
erreichten, ohne von Eingeborenen irgendwie belästigt worden zu sein.

Wir selbst wandten uns Umbugwe zu. Die Araber und ihre Leute
erreichen dieses Land meist auf allerlei Umwegen, bei welchen sie
die Landschaft =Uassi= umgehen, deren Bewohner als boshaft und
kriegerisch gefürchtet sind. Ich sah jedoch keinen Grund, von der
direkten Route über Uassi abzuweichen. Durch ein sandiges Thal ging
es von Kondoa nach Simba's Niederlassung. Beiderseits erhoben sich
kahle Hügelzüge, die Thalsohle war mit Stachelgestrüpp bedeckt und
nur am Rande der Höhen ragten einzelne Baobabs und riesige, schattige
Waldbäume auf.

Am Morgen des 5. Januar ging es steil hinan zur Höhe des
Uassi-Plateaus. Kalte Winde trieben Nebelstreifen über das wellige
Land, dessen sandigem Boden die Wauassi einen kärglichen Ertrag
abringen. Diese standen abseits bei ihren niedrigen, kleine Höfe
einschliessenden Temben, begrüssten uns mit Kriegsgeschrei und riefen
uns zu, wir möchten unsere Rinder hergeben. Wir kümmerten uns nicht
darum, sondern zogen mit grösster Vorsicht durch das theilweise
mit Gestrüpp bedeckte Land, stets verfolgt von den lärmenden
Wauassi-Kriegern. Als wir wieder offenes Tembegebiet betraten,
begannen dieselben Pfeile auf uns zu schiessen. Um sie zu verjagen,
liess ich durch eine kleine Abtheilung eine Salve abgeben, worauf
die meisten spornstreichs davonliefen und einige vor Schreck -- in
Ohnmacht fielen. Gänzlich unverwundet wurden sie von uns aufgelesen
und haben uns als Wegweiser gute Dienste geleistet.

Auf dringende Bitten der Leute aus Irangi lagerte ich schon in den
Morgenstunden und liess zahlreiche Temben der Wauassi einäschern, um
diese für ihre fortwährenden Räubereien zu bestrafen. Nachmittags
zeigte sich eine bewaffnete Schaar derselben auf einem Hügel und
stiess ihr Kriegsgeschrei aus. Um den Irangi-Leuten zu zeigen von
was für »Helden« sie sich gewöhnlich ins Bockshorn jagen liessen,
sandte ich meinen boy Hamadi und =zwei Küchenjungen= aus, die von
einem Tembedach ein kräftiges Feuer auf die Kriegerschaar -- es waren
mindestens 200 Mann -- eröffneten und sie in wilde Flucht auflösten.
Der ganze Vorgang hatte den Erfolg, dass es den Arabern gelang mit
den Uassi-Leuten ein Abkommen zu treffen und dass von nun an nie mehr
Karawanen in Uassi belästigt wurden. Es war dies das letzte Mal, dass
die Expedition von den Waffen Gebrauch machen musste.

[Illustration: Ufiomi.]

Zwei Tage marschirten wir durch unbewohntes, grasiges, von lichtem
Akazienwald bedecktes Plateaugebiet und stiegen am 8. Januar nach der
Landschaft =Ufiomi= ab. Zu beiden Seiten des langgestreckten, blauen
Maitsimba-Sees dehnen sich bebaute Landschaften, aus welchen die
viereckigen, ziegelrothen Flecken der Tembendächer hervorstechen. Im
Nordost ragt die dunkle, waldige Masse des Ufiomi-Berges auf.

Die Eingeborenen, welche vor den Temben oder auf den Dächern hockten,
sahen mit ihren verschlissenen Lederschürzen, den Laubmassen im
Ohrlappen und dem verfilzten Haar, in dem eine ruppige Feder steckte,
unglaublich wüst aus. Sie galten jahrelang als äusserst bösartig und
ihr Land wurde von allen Fremden sorgfältig gemieden. Sei es, dass
sie ihre Sitten geändert haben, sei es, dass die Niederlage ihrer
Nachbarn sie gewitzigt hatte: sie begnügten sich uns anzustarren
und unternahmen nichts Feindliches. Nachmittags hatten wir sogar das
Vergnügen die Damenwelt Ufiomi's kennen zu lernen, die sich bisher
in den Dachsbauen verborgen hatte, welche diese Eingeborenen in den
Lehmboden ihrer Hütten graben, und nun kothbespritzt ans Tageslicht
kam. Aus ethnographischem Interesse besuchte ich eine dieser
Schutzhöhlen, musste etwa fünf Minuten durch einen beängstigend
niedrigen Schacht bergabkriechen und gelangte dann in einen grösseren
Raum, der durch einen Luftschacht mit der Oberfläche in Verbindung
steht.

Von Ufiomi, das wir am 10. Januar verliessen, ging es leicht bergab
durch fruchtbares, waldiges Land. Zwischen den Bäumen erblickt
man die glänzende Fläche des Manyara-See. Auch die graue Ebene
von =Umbugwe= wurde sichtbar und erweckte die Erinnerung an unsere
Todten, die nun fast ein Jahr in fremder Erde lagen.

Ich war einigermaassen gespannt darauf, wie man uns in Umbugwe
empfangen würde. Nachdem unsere Kämpfe im März 1892 in Deutschland
bekannt geworden, waren nämlich einige »Kenner« aufgestanden,
welche die Meinung aussprachen, dass Umbugwe nun endgiltig für
alle Karawanen gesperrt sei. Ich war zwar vom Gegentheil überzeugt
und die Erfahrungen der Irangi-Araber bewiesen dasselbe, aber wer
kann mit Bestimmtheit auf die Gesinnung so unbeständiger, wilder
Völkerschaften zählen?

[Illustration: Weib aus Ufiomi.]

Mit gewohnter Vorsicht betraten wir daher am 11. Januar das
Tembengebiet Umbugwe's, aber schon die ersten Eingeborenen zeigten
uns, dass sich hier viel verändert hatte. Statt der Kriegerschaaren,
die uns bei der ersten Ankunft umschwärmt, erblickten wir überall
friedliche, unbewaffnete Menschen, die uns ihr »Tálala« als Gruss
boten. Bald kam Mbaruk, der Elephantenjäger, der immer noch hier
weilte und mit ihm die Führer von Küsten-Karawanen, welche die
Freundlichkeit der Eingeborenen nicht genug loben konnten. Bei dem
ernsten freundlichen Häuptling =Mbi=, dem stets wie ein Schatten sein
ewig heiterer Minister folgte, schlugen wir das Lager auf.

In den nächsten Tagen trat ich eine kleine Rundreise durch Umbugwe
an, die mich zu =Kutadu= und auch nach dem Schauplatz unserer
früheren Kämpfe in =Mtakayko's= Land brachte. Ueberall wurden
wir freundlich, wenn auch etwas scheu empfangen und erhielten
von allen Häuptlingen, auch von Mtakayko, reiche Geschenke. Unter
diesen Umständen hielt ich es nicht für gewagt, den grössten Theil
der Karawane in Umbugwe zurück zu lassen und mit einer kleinen
Abtheilung die Reise nach =Iraku= anzutreten. Natürlich durften die
Zurückgebliebenen einzeln das Lager nicht verlassen, eine Maassregel,
die eben nur durchführbar ist, wenn man Poscho (Wegzehrung) in
natura und =nicht= in Zeug an die Leute vertheilt. Denn sonst kann
man es ihnen nicht verbieten, einzeln auszuziehen und Lebensmittel
einzukaufen, was kriegerische Eingeborene geradezu zu Mordthaten
auffordert. Allerdings erfordert die Verpflegung in natura mehr
Erfahrung und der Expeditionsführer muss auf Wochen hinaus auf
Beschaffung von Proviant bedacht sein.

Mit leicht beweglicher Schaar verliess ich am 17. Januar Umbugwe,
übersetzte den Kwou-Fluss und zog auf gutem Wege durch buschbedecktes
Land nach dem Fuss des Steilabfalls. Auf einer Vorkuppe desselben
lagerten wir und genossen bei Abenddämmerung einen schönen Blick
auf die Seen Manyara und Laua ya Sereri und auf die weite, graue
Massaisteppe über deren Horizont, wie ein lichtes Phantom der
glänzende Schneedom des Kilimanjaro aufragte.

Nachts wurden wir von einem wilden Thiere, über dessen zoologische
Stellung Meinungsverschiedenheiten herrschten, belästigt, welches
zwei Mal in's Lager einbrach und erst einen Askari an der Schulter,
dann einen Jungen an der Ferse verwundete. Die Patienten wurden
am nächsten Morgen nach Umbugwe zurückgeschickt, während wir den
steilen, felsigen Hang des Abfalls hinanstiegen.

Je höher wir kamen, desto frischere Luft wehte uns entgegen, bis wir
die offene, grasige Hochfläche von =Iraku= erreichten. Zahlreiche
Bäche durchschneiden das gewellte Land, im Norden und Nordosten
ragen dunkle Waldberge auf. Die Eingeborenen gleichen völlig den
Wafiomi, leben auch in ähnlichen Temben und sehen womöglich noch
schmutziger, abenteuerlicher und wilder aus. Dennoch kamen sie uns
sehr freundlich entgegen und machten den Eindruck friedfertiger
Menschen. Als Ackerbauer leisten sie wirklich Hervorragendes; weite
Strecken bedecken die schön gehaltenen, viereckigen Felder, die
eben umgeackert wurden und als rothe Quadrate an den grasigen Hängen
erschienen. Ueberall konnte man eifrig hackende Eingeborene sehen.

Durch ähnliches Gebiet, in dem sich ein stolzer Gipfel erhob, auf
seiner Höhe förmliche Felszinnen tragend, ging es am 19. Januar
nach der Residenz des Wataturu-Häuptlings =Sagiro=. Derselbe hat
eine bewegte Vergangenheit hinter sich, er hat schon im Massai-Land,
in Unyanyembe und Usongo residirt und wurde von seinen Erbfeinden,
den Massai, in diese entlegenen Höhen verdrängt. Seine Leute, unter
welchen man auffallend wohlgebildete, echt hamitische Gestalten
trifft, sehen verkommen aus, schmutzig und elend ist auch sein Dorf,
ein halbverfallener Tembenring.

[Illustration: Landschaft in Iraku.]

Am 20. Januar ging es südwärts durch Iraku. Ueberall dehnte
sich reich bebautes Land aus, von rothen Viehpfaden durchzogen,
und belebt von Farnen- und Phönixpalmen-Gruppen. Hier haust
ein uralter Häuptling, der mit seiner langen, schmutzig weissen
Haar- und Bartmähne wie ein Kobold aussah. Ueberall standen die
abenteuerlichen Gestalten der Eingeborenen in neugierigen, harmlos
freundlichen Gruppen am Wege und boten mit ihren scharfgeschnittenen
Zigeuner-Gesichtern und dem Leder-Ueberwurf einen originellen
Anblick. Das Merkwürdigste waren ihre Wohnungen, in die Erde
eingelassene, geräumige Erdställe, in welchen es bei der herrschenden
Kühle trotz der Dunkelheit ganz angenehm war. An den Eingängen
standen dichtgedrängt die fellbekleideten Weiber, darunter auch
manches ganz niedliche Höhlenmädchen, die uns vergnügt anlachten,
aber bei dem leisesten Versuch sich zu nähern, in ihrem Mauseloch
verschwanden.

[Illustration: Iraku-Leute.]

Am 22. Januar verliessen wir das Dorfgebiet von Iraku, dessen
letzte Siedelungen am Rande des Steilabfalles liegen und stiegen auf
felsigem Pfade dem Kwou-Thale zu. Ueppige Krautvegetation bedeckt
die rauhen Felswände aus deren Spalten reizende Phönixpalmen ihre
schlanken Wipfel erheben.

Am klaren Kwou, dessen Ufer hochstämmiger Galleriewald säumt,
lagerten wir und stiegen am nächsten Morgen über reich bewachsenen
Hang zur welligen Plateaulandschaft =Meri= an. Hier haust eine kleine
Kolonie von Irakuleuten und Wataturu, heitere, gutmüthige Leute,
die in schönen Temben leben, welche in Gruppen geordnet, mit den
ziegelrothen Dächern sich scharf aus der grünen, hügeligen Umgebung
abheben. Ringsum dehnen sich prächtige Felder hinter welchen der
begraste Berg ansteigt. Das Schönste an Meri ist jedoch die herrliche
Aussicht über den gewaltigen Steilabfall des Grabens, die Niederung
mit ihren schimmernden Seen, die graubraune Steppe mit ihren dunklen
Gebirgsinseln und in weiter Ferne die Bergriesen des Meru und
Kilimanjaro. Letzterer hatte eben eine neue Schneehaube bekommen und
erschien in scharfen, blendend weissen Umrissen am Horizont.

[Illustration: TAFEL XIV. WATATURU AUS MANGATI]

Hinter Meri ging es wieder steil bergan. Die Hänge bedeckten Gras
und Farnvegetation. Manch' schöne Blumen, darunter reizende Primeln,
leuchteten daraus hervor und wurden von farbenprächtigen, kleinen
Vögeln umflattert. Dann traten wir in dunklen Laubwald ein, der
völlig jenem von Mutyek glich. Lange Bartflechten hingen von den
moosbedeckten mittelhohen Laubbäumen, dichte Krautvegetation, meist
Nesseln und Farne, bedeckte den Boden. Stellenweise öffnete sich
eine kleine Lichtung und breite Elephantenpfade durchschnitten diese
herrliche unbewohnte Wildniss. Erst am nächsten Morgen verliessen wir
den Wald und durchzogen ein offenes grasiges Land bis zum Rande des
Steilabfalles. Vor uns stürzte ein schroffer, theils felsiger, theils
bewaldeter Felshang mit eingestreuten Gruppen von Phönixpalmen ab. In
der Tiefe erblickten wir die leicht gewellte, theils offene, theils
mit Busch bedeckte Landschaft =Mangati= mit dem Balangda-See und den
Temben der Wataturu. Uns gegenüber jedoch ragte in greifbarer Nähe,
von dunklen Basaltwänden gekrönt, die kühne Bergpyramide des =Gurui=
auf.

Durch Gestrüpp und Wald ging es auf felsigem Wege in die Tiefe. Bald
hatten wir die Sohle des Grabens und die Niederlassung Barabeïda
erreicht, wo ein jüngerer Bruder Sagiro's regierte. Hier lernte ich
das Volk der Wataturu in seiner ganzen Ursprünglichkeit kennen.
Langbeinige Krieger mit wildem Kopfschmuck von Straussenfedern
kamen herbeigeeilt, auf den Kehrichthaufen kauerten Gruppen von
Weibern mit Lederzeug und rasselndem Eisenschmuck, schwarzäugige,
schmutzige Kinder auf dem Rücken tragend. Allen sieht man auf den
ersten Blick die hamitische Abkunft an und negerhafte Züge sind hier
nicht zu finden. Auch in Mangati fanden wir freundliche Aufnahme und
bekamen reichlich Lebensmittel geliefert. Ein Ausflug brachte mich
am nächsten Tage zum salzigen =Balangda=-See, der den Eingeborenen
Kochsalz liefert. Von hier präsentirt der Gurui sich wieder anders,
aber stets als prächtiger Bergriese.

Leider konnte ich meinen Wunsch, diesen Gipfel zu ersteigen,
nicht erfüllen, denn ein Fieber, gegen das ich seit einigen Tagen
ankämpfte, warf mich nun zu Boden und zwang mich, einen Tag in
Barabeïda zu verbleiben. Obwohl mir am 27. Januar nicht viel besser
war, reiste ich doch ab, um mein Fieber durch Ortsveränderung zu
kuriren. Dieses alte Buschmittel versagte auch diesmal seine Wirkung
nicht; als wir gegen Mittag am papyrusreichen =Bubu= lagerten,
erholte ich mich ganz leidlich.

Durch bergiges, licht bewaldetes, fruchtbares Land ging es am
28. Januar an's Westufer des Maitsimba-See und nach unserem alten
Lagerplatz in Ufiomi. Auf einer anderen Route längs des Kwou, der
tief in den Lehmboden eingerissen ist, erreichten wir am 30. Januar
Umbugwe wieder. Ich fand dort alles in bester Ordnung, meine Leute
hatten mit den Wambugwe gutes Einvernehmen erhalten und reiche
Vorräthe für den Marsch durch die Massai-Steppe gesammelt.

Noch hatte ich in Umbugwe eine Pflicht zu erfüllen, die Errichtung
der Niederlassung, die ich in Meatu den Elephantenjägern zugesagt.
Als Oberhaupt derselben bestimmte ich =Mwanangwa Swetu=, einen
intelligenten Häuptling aus Unyamwesi, und wies demselben den Platz
zur Errichtung einer Station an. Mit grossem Geschick hat dieser Mann
seine Aufgabe gelöst und meinen Nachfolgern in Umbugwe gute Dienste
geleistet. Von den Jägern blieben die meisten zurück, nur wenige, die
sich vollkommen in die Expedition eingelebt, zogen mit uns nach der
Küste.

Unter jenen, welche zurückblieben, gab es auch Leute, die schon
Jahrzehnte im Innern zugebracht und unter andern Umständen vielleicht
gern ihre Heimath wieder gesehen hätten. Wenn ich sie aber fragte,
warum sie nicht mit nach der Küste wollten, meinten sie meist:
»Hatutaki ku cheza ngoma ya Wazungu« (Wir wollen den Weissen nichts
vortanzen). Diese Redensart stammt von den grossen Tanzfesten her,
die von den Stationschefs bei festlichen Gelegenheiten, z. B. dem
Erscheinen eines Oberbeamten zuweilen »amtlich« inscenirt, und von
den Eingeborenen als lästiger Zwang empfunden werden.

Ueberhaupt ist es bemerkenswerth, dass weniger die grossen
politischen Umänderungen, als die kleinen Polizeinörgeleien von der
ostafrikanischen Bevölkerung als Druck gefühlt werden. Dass statt
des Sultans von Sansibar nun ein deutscher Gouverneur regiert, ist
den Leuten ganz gleichgiltig, aber dass sie nach 9 Uhr Abends nicht
mehr spazieren gehen dürfen, Lampen brennen sollen, bei Tänzen und
sonstigen Kleinigkeiten erst amtliche Erlaubniss einholen müssen,
dann aber wieder auf Kommando, wenn sie keine Lust dazu haben, tanzen
sollen, scheint den Swahíli unerträglich. Sie wollen ja gern Alles
thun, im Nothfall selbst Steuern zahlen und für die Behörde arbeiten,
aber =tanzen= wollen sie, wenn es =ihnen= Spass macht und nicht, wenn
es der »Bwana mkubwa« befiehlt. Ein Bakschisch an die farbige Polizei
befreit ja freilich von diesen und von den meisten anderen Lasten,
wer aber darüber nicht verfügt der muss eben tanzen. Der grosse Mann
freilich, zu dessen Ehren solche Feste arrangirt werden, ahnt von
alledem nichts und sieht wohlgefällig dem »muntern Treiben« zu, wirft
auch vielleicht einige Rupies unter die tanzenden Weiber, die ihnen
nachträglich von den Polizisten wieder abgenommen werden. Zum Glück
versteht er und seine Umgebung meist so gut wie kein Swahíli, sonst
würde er grosse Augen zu den sonderbaren Schmeicheleien machen, die
ihm in Form von Huldigungsliedern an den Kopf geworfen werden.[2]

  [2] Ich hörte selbst einmal wie die Weiber bei solcher
      Gelegenheit von den »Bwana mkubwa« (grossen Herren)
      sangen:

        Oh -- ho ana tumbo kaua bweta
        Oh -- ho kofia kana kiungo etc.
        (Oh -- ho, er hat einen Bauch wie eine Schachtel
        einen Hut wie einen Mehlkorb u. s. w.)


Wenn ich auch überzeugt bin, dass solche Erscheinungen zu den
Kinderkrankheiten einer jungen Kolonie gehören, die sich mit der Zeit
verlieren, so konnte ich es doch meinen alten Elephantenjägern nicht
übel nehmen, dass sie es unter solchen Umständen vorzogen in Umbugwe
zu bleiben.

Am 3. Februar nahmen wir Abschied von den Zurückbleibenden und
traten den Marsch durch die Massai-Steppe an. Um deren Erforschung in
grossen Zügen zu vollenden, beschloss ich dieselbe in einer schrägen
Linie nach Mgera in Nord-Unguu zu durchqueren. Als Führer für die
ersten Tage dienten uns einige Wambugwe, später Massai, die wir von
Irangi zu diesem Zwecke mitgenommen. Nach Verlassen der Felder von
Umbugwe kamen wir an das Südende des salzigen Laua ya Sereri-Sees
und traten dann in lichten Akazien- und Baobab-Wald ein. Vorbei an
den nördlichen Ausläufern des Ufiomi-Gebirges gelangten wir an den
kleinen Sickerbach Tschem-Tschem, wo wir lagerten.

Schwärme kahlköpfiger Aasgeier, die übliche Staffage der Lager im
Massai-Land, hatten sich eingestellt und bedeckten die umliegenden
Baumwipfel. Sie waren diesmal besonders frech und rissen in
pfeilschnellem Fluge nicht selten den Leuten die Fleischstücke aus
der Hand oder vom Feuer weg. Diese rächten sich, indem sie den Geiern
mit der -- Angel nachstellten. Sie banden eine gewöhnliche Fischangel
mit einer Schnur an einen Ast und hingen ein Stück Fleisch daran.
Ich lachte erst über diese komische Idee und war sehr erstaunt nach
wenigen Minuten einen der gefrässigen Raubvögel an der Schnur zappeln
zu sehen, mit dem Haken tief im Rachen.

Der nächste Marsch führte uns durch pfadlosen Steppenwald zum
=Tarangire=-Fluss, der tiefe Tümpel enthielt, in welchen die
Leute massenhaft Welse fingen. Am jenseitigen Ufer lag der frische
Leichnam eines Nashorns, das von einem Löwen gefällt worden war. Der
Wüstenkönig, den unsere Ankunft in seiner Mahlzeit gestört hatte, kam
Nachmittags wieder um dieselbe zu vollenden. Es war ein riesiges,
männliches Thier, der erste Löwe, den ich auf meinen langjährigen
afrikanischen Reisen lebend in Freiheit sah. Natürlich versuchte
ich ihn anzupürschen, doch nahm er schleunigst Reissaus und jagte in
langen Sätzen über die Ebene davon.

Am 5. Februar ging's durch Steppenland, das öfter gänzlich offene,
in der Regenzeit jedenfalls versumpfte Senkungen unterbrachen,
dem =Sambo=-Berg zu, der mit seinen südöstlichen Ausläufern, den
Lolduman-Hügel, vor uns auftauchte. Viel Wild war zu sehen, darunter
besonders Rhinozeros, deren ich eines, meine Leute zwei erlegten. Wir
fanden Abends etwas Wasser in einem Thalriss und zogen am nächsten
Tage durch die, von tiefen Schluchten zerrissenen Vorhöhen des Sambo,
einigen Wasserlöchern zu, die südlich von diesem Bergkegel lagen.
Zu jener Zeit brachen wir nicht Morgens, sondern stets Mittags auf,
um die Sonne im Rücken zu haben und lagerten erst Abends. Ich selbst
wurde fast fortwährend von kleinen Fiebern geplagt und konnte nur mit
Mühe topographische Arbeiten verrichten.

Ueber breite, flache Bodenwellen, deren Höhen mit Buschwald bedeckt
sind, gingen wir am 7. Februar weiter. In einem felsigen Riss fanden
wir Nachmittags Wasser, in das unsere durstigen Rinder förmlich
hineinsprangen. Durch die Wegweiser verleitet, marschirten wir
jedoch noch weiter, einem Wasserplatz zu, der angeblich nahe war.
Doch erreichten wir ihn nicht und mussten wasserlos in der Steppe
lagern. Mit seinem ziegelrothen Boden, seinen Termitenbauten und
dürrem Stachelgestrüpp, schien das Land eine rechte Einöde und ich
dachte eben darüber nach, wie selten wohl ein Mensch hierher gelangen
mochte, als sich die Büsche theilten und eine Schaar Wandorobo
hervortraten. Sie jagten in der Umgebung und waren stark mit Massai
gemischt, die in ihrem Elend zu Wandorobo wurden. Auch einige
schreckliche Hungergestalten waren unter ihnen, die Ueberreste ganzer
Stämme, deren Gebeine in der Steppe bleichten.

Die Wandorobo führten uns am nächsten Morgen zum Wasserriss
=Kivululo=, in dem viele ständige Tümpel sich ansammeln. Dann ging
es bei glühendem Sonnenbrand wieder in die Steppe hinaus; auf weite
Strecken ist das Land mit niedrigem, schwer passirbarem Gestrüpp
bedeckt, über welches Heerden von Giraffen ihre langen Hälse erheben.
Wir sollten Abends ein Wasserloch erreichen, fanden dasselbe jedoch
leer und mussten abermals ohne Wasser lagern.

Am 9. Februar ging es auf den langen Felshügel =Neibor-murt= zu,
der wie ein riesiger Elephantenrücken aus der welligen Steppe
hervorragte. An seinem Fusse lagen, von Schattenbäumen umgeben,
einige Tümpel. Dort hatten Jäger aus Usegua ein Lager geschlagen und
durchstreiften mit einigen Massaiführern die Steppe nach Wild und
Elfenbein. Zum letzten Mal erblickten wir vom Neibor-murt die fernen
Gipfel des Kilimanjaro und zogen dann weglos durch Dorngestrüpp nach
Südosten. Die alten Viehpfade der Massai waren alle verwachsen,
nur mit dem Buschmesser kamen wir Schritt für Schritt vorwärts.
Glühend brannte die Sonne auf den nackten, rothen Boden zwischen
den Stachelbüschen und selbst die Nacht brachte uns kein Labsal,
denn ohne Wasser mussten wir abermals bei einem Felshügel =Ndigira=
lagern.

Die furchtbare Hitze, der Wassermangel und die schwierigen
Terrainverhältnisse stellten an die mit Proviant schwer
bepackte Mannschaft harte Anforderungen. Die »alte Garde« der
Massai-Expedition allerdings war Allem gewachsen und behielt ihr
flottes Marschtempo und ihren guten Muth bei. Die Neulinge jedoch,
die in Tabora hinzugekommen, hauptsächlich die Wanyamwesi fielen
vollständig ab, waren auf's Aeusserste erschöpft und kaum noch
vorwärts zu bringen. Solche Steppenmärsche sind überhaupt die besten
Prüfsteine für die Leistungsfähigkeit einer Mannschaft. Wenn ich die
Ostafrikaner nach ihrer Eignung zu Pionier-Expeditionen eintheilen
sollte, so würde ich die Pangani-Leute entschieden obenan stellen.
An Massai-Reisen gewöhnt, halten sie unter allen Umständen, bei
jeder Nahrung aus und sind auch vor dem Feinde muthig. Besonders die
Sklaven aus Bwenyi, meist Manyema, sind ein vorzügliches Material.
Ihnen fast ebenbürtig sind die Wadigo, ausdauernde, muthige Bursche,
die noch dazu nicht das unruhige Wesen der Manyema besitzen.

Die echten Tanga- und Mtangata-Leute, sowie die Wassegeju sind
vielfach ebenfalls in Massai-Reisen erfahren, stehen jedoch
den Pangani-Leuten im Allgemeinen nach. Die Wabondeï sind weder
physisch noch moralisch ähnlichen Aufgaben gewachsen, besser sind
Waschambaa und Wasegua, unter denen besonders die Wanguu sich als
zähe, tapfere Leute auszeichnen. Unter den Bagamoyo-Trägern muss
man die echten Wasaramo von der Küstenbevölkerung unterscheiden.
Erstere sind weniger brauchbar, letztere recht tüchtig, aber mehr für
Karawanenstrassen-Dienst und zu Soldaten verwendbar. Bezüglich der
Nahrung sind sie weit empfindlicher als die Pangani- und Tanga-Leute,
passen also weniger zu Forschungsreisen.

Ganz unbrauchbar zu jeder richtigen »Buschfahrt«, abseits von der
Heerstrasse, sind Wanyamwesi und vor Allen Wasukuma. So ausdauernd
diese bei guten Rationen und reichlichem Wasser auf gewohnten Wegen
sind, so wenig bewähren sie sich in nur einigermaassen ungewöhnlichen
Verhältnissen. Betreffs der Sudanesen machte ich schlechte
Erfahrungen, so vorzüglich dieselben im Stationsdienst und auf
kleinen Expeditionen, sowie vor dem Feind sich bewähren, so wenig
sind sie grossen Strapazen gewachsen, wie auch Stanley erfahren hat.
Die Expeditionen der Schutztruppe, welche höchstens einige Wochen
hindurch Anspannung aller Kräfte erfordern, dann aber wieder lange
Ruhepausen gewähren, sind natürlich in keiner Weise mit einer grossen
Forschungs-Expedition zu vergleichen, die Monate und Jahre lang
dauert und Kräfte, die für die Schutztruppe genügen, sind für solche
Zwecke noch lange nicht ausreichend.

Besonders bei wasserlosen Märschen zeigt sich der Unterschied
zwischen erfahrenen und unerfahrenen Leuten. Während erstere mit
ihrem Trinkwasser haushalten, trinken letztere alles unterwegs,
sind dann im Lager dem Verschmachten nahe und am nächsten Morgen
marschunfähig. So war es auch am 11. Februar: Eine ganze Anzahl
Wanyamwesi blieb verzweifelt liegen, während wir unsern Marsch durch
die glühende Wüste -- Steppe ist für diese fast kahle rothe Fläche
zu gering -- eilig fortsetzten. Gegen Mittag erreichten wir einen
ansehnlichen Wassertümpel, =Mabani=, und Mensch und Vieh schlürften
mit Wollust das schwarze, schlammige Nass. Die unermüdlichen Askari
hatten kaum den ersten Durst gelöscht, als sie Gefässe mit Wasser
füllten und zurückliefen, um die Wanyamwesi zu laben. Sie fanden
dieselben fast sterbend, konnten jedoch alle retten und brachten sie
ins Lager. Auch hier hatten einige Elephantenjäger aus Pangani ihr
Lager aufgeschlagen und bereits recht ansehnliche Elfenbeinvorräthe
gesammelt.

Von nun an ging es mit dem Wasser besser; Graswuchs bedeckte
stellenweise das Land, Tümpel mit rothem, grünem oder schwarzem
Wasser waren ziemlich häufig: wir näherten uns dem Rand der
Steppe. In der Ferne tauchten die Berge von =Unguu= auf, bewohntes
Gebiet, dessen erster Anblick Jubelgeschrei hervorrief. Am
14. Februar lagerten wir unweit des =Talama=-Berges bei einer
Wandorobo-Niederlassung. In dichtem Gestrüpp verborgen lagen die
elenden, halbrunden Grashütten, an der Einzäunung standen schlanke
Männer, auf den Bogen gestützt und zwischen den Hütten, inmitten von
Fleisch- und Knochen-Ueberresten, kauerten ihre eisengeschmückten,
kahlköpfigen Weiber.

Am 15. Februar veränderte sich die Landschaft; nach kurzem Marsch
durch offene Steppe traten wir in lichten Laubwald ein, das Land
wurde hügelig, die wohlbekannten Formen der Unguuberge traten
näher, an den Hängen nahm man die grünen Vierecke der Felder wahr.
Nachmittags wurden auch die zaunumgebenen Gruppen der spitzen
Kegelhütten wahrnehmbar und mit Trommelklang und Hörnerschall
marschirten wir in das Grenzdorf Unguus, in Kwa Maligwa ein.

Am nächsten Morgen erreichten wir =Mgera=, den Hauptort dieser
Gegend, der mir schon von 1890 her bekannt war. Damals machten mir
die Eingeborenen einen ziemlich urwüchsigen Eindruck, jetzt, wo wir
von den Höhlenmenschen kamen, erschienen sie mir in ihrer reichen
Baumwollkleidung als hochcivilisirte Menschen. Die gutmüthige,
dicke »Königin« Mandaro, eine alte Bekannte, machte mit einigen ganz
niedlichen Hofdamen ihre Aufwartung.

Mehr als das freute mich jedoch das Eintreffen der Postboten, die
mir lang ersehnte Nachrichten von der Heimath brachten. Hatte ich
doch während der ganzen Reise nur zweimal veraltete Postsendungen
bekommen! Wir waren eben zu schnell gereist, die Herren, die an der
Küste die Beförderung der Posten leiteten, rechneten mit dem üblichen
Schneckengang der Expeditionen, und wenn eine Sendung irgendwo
eintraf, war ich immer schon längst über alle Berge. Der Grund, warum
wir so rasch vorwärts gekommen, liegt, wie ich glaube, hauptsächlich
darin, dass wir niemals Gewaltmärsche machten, dass es uns niemals
auf einen oder zwei Rasttage ankam, dass wir überhaupt =niemals
Eile= hatten. »Haraka haïna baraka« (Eile bringt kein Glück) sagt
der Swahíli, und was das Reisen im Innern anbelangt, hat er gewiss
Recht. Jede unnütze Ueberanstrengung der Kräfte, jede überstürzt
eingeleitete und mangelhaft vorbereitete Unternehmung rächt sich
durch endlose Aufenthalte, die dem Reisenden alle Lust benehmen und
den Geist der Mannschaft schwer schädigen.

Wenn es der Küste zu geht, ist es freilich ein alter Karawanenbrauch,
dass die letzten Tage in Gewaltmärschen zurückgelegt werden. Die
Sehnsucht nach den Fleischtöpfen der Küstenstädte, nach dem »Msonga
nyuele«, dem geflochtenen Haar der reizenden Swahíli-Damen, lässt
die Leute nicht ruhen. So ging es denn förmlich im Trab hügelauf,
hügelab, durch die reich bebauten Gehänge Usegua's. Mir war die
Gegend schon bekannt und im Fluge gings bei Makoma, der Stätte
unserer blutigen Kämpfe von 1890, und den zahllosen grossen und
kleinen Dörfern vorbei.

Selbst ein Krieg, der etwas abseits von unserer Route »wüthete«,
konnte unser Interesse nicht erregen. Es kämpften da Leute des
verstorbenen räuberischen Häuptlings Kiro mit einer eingeborenen
Regierungspartei, die im amtlichen Auftrage diese Rebellen bestrafen
sollte. Der »Krieg« bestand darin, dass alle 10 bis 20 Minuten ein
Schuss fiel; zur Mittagszeit und bei Regenwetter wurde überhaupt
nicht Krieg geführt. Ob dieser gemüthliche Kampf heute noch »tobt«
oder ob die Regierungspartei inzwischen der gerechten Sache zum Sieg
verholfen, ist mir nicht bekannt.

Uebrigens konnte ich es den braven Kämpfern nicht übel nehmen, wenn
sie sich die Sache etwas bequem machten, denn die Sonne brannte in
diesen Tagen ganz höllisch, es herrschte das, was man sich gewöhnlich
unter einer »afrikanischen Hitze« vorstellt. Dieser und meiner
schadhaft gewordenen Kopfbedeckung verdanke ich es, wenn ich am
Nachmittag des 20. Februar plötzlich von einem Hitzschlag getroffen
wurde, der mich vom Reitesel herab bewusstlos ins Gras warf.

Als ich nach Stunden aus tiefer Ohnmacht erwachte, fand ich mich
blitzschnell durch einen nächtlichen Wald schwebend, den zahlreiche
strahlende Lichter mit feenhaftem Glanz übergossen. Ich glaubte
mich schon in einem Zauberreich, als ich, durch die scharfe
Morgenbrise völlig zum Bewusstsein gebracht, erkannte, dass ich
durch einen Wald getragen wurde, während vor und hinter mir Askari
mit Magnesiumfackeln liefen. Meine Leute hatten mich nämlich, nach
vergeblichen Versuchen mich zu erwecken, in eine Hängematte gepackt
und im Laufschritt den Marsch angetreten, um mich nach Pangani zum
Arzt zu bringen.

Glücklicherweise siegte meine kräftige Natur und als bei Morgengrauen
die Palmenwipfel der Pangani-Ufer sichtbar wurden, war ich schon
wieder auf den Beinen. In der Zucker-Plantage eines Arabers in
=Mauia= fanden wir freundliche Aufnahme und Unterkunft in dem
schönen, kühlen Steingebäude. Vom Hause blickte ich hinab auf
den grauen, langsam dahinfliessenden Pangani mit seinen üppigen,
palmengekrönten Ufern.

Jenseits lagen Tschogwe, Pongwe und Mundo, die frühere Schamba
Buschiri's. Welche Fülle von Erinnerungen bargen diese Namen für
mich! Hier war ich 1888 mit Dr. Hans Meyer von bewaffneten Schaaren
Buschiri's geführt, und meiner letzten Habe beraubt worden. Tagelang
mussten wir an diesen lachenden Palmenufern in Ketten unser
Schicksal, einen wahrscheinlich schrecklichen Tod erwarten, dem
wir nur durch ein Wunder entgingen. Mehr jedoch als unser Leben,
bedauerten wir damals das Missglücken unserer Expedition, das
Fehlschlagen unserer grossen Pläne. Und doch sollten wir beide diese
Pläne noch einmal zur Wahrheit machen: Hans Meyer hat als erster
den stolzen Gipfel des Kilimanjaro bestiegen und mir ist es gelungen
unsere weiterreichenden, damaligen Entwürfe zur Wahrheit zu machen.
Buschiri, unser Gegner von 1888, fand den verdienten Tod und über dem
Schauplatz unserer Leiden weht die deutsche Flagge!

Nachmittags verliessen wir Mauia und zogen durch die reichen
Pflanzungen des rechten Pangani-Ufers. Stolz erhob sich die
königliche Kokospalme und der herrliche, schattige Mangobaum
verbreitete süssen Duft. Mit den letzten Strahlen der Sonne zogen wir
in Bweni, gegenüber Pangani, ein und sahen in magischer Beleuchtung
die Steingebäude des ansehnlichen Städtchens am jenseitigen Ufer.

Die Deutschen Pangani's, die von meiner Ankunft wussten, kamen mir
im Boot entgegen und ich konnte den Herren Pfrank, von Rode und
Dietert die Hand drücken, alten afrikanischen Bekannten, die in ihren
blüthenweissen Anzügen, mir zerfetztem, kothbespritztem Buschmann
ungeheuer civilisirt vorkamen.

Dumpf rollte die Trommel, die Freudenschüsse der Leute erklangen
und die Luft erzitterte von ihrem Jubelgeschrei. Stolz wehte die
zerschlissene Flagge der Massai-Expedition im Abendwind. Und sie
hatte ein Recht auf die Expedition stolz zu sein, der sie durch 14
Monate ein Banner gewesen!

=An 4000 Kilometer hatten wir durcheilt, wovon mehr als zwei
Drittheile durch gänzlich unerforschtes Gebiet führten. Die riesigen
weissen Flecken, welche die Karte des nördlichen Deutsch-Ost-Afrika
aufwies, waren ausgefüllt, weite Landstriche, die noch keines Weissen
Fuss betreten, erforscht und Völker, die bis auf den Namen unbekannt
waren, besucht worden. Zwei grosse Seen, der Manyara und Eyassi und
eine tiefe Bucht des Victoria-Nyansa waren entdeckt und die letzten
Räthsel des alten Nilquellproblems gelöst worden. Zahlreiche Kämpfe
hatten wir zu bestehen gehabt, konnten jedoch mit Stolz behaupten,
dass durch unsere Expedition das deutsche Ansehen in Afrika keinen
Schaden gelitten hatte.=

Zum letzten Male erklang am nächsten Tage, dem 22. Februar, die
Karawanentrommel und die Mannschaft trat vor dem Usagarahaus in
Pangani an, um ihren hart verdienten Lohn in Empfang zu nehmen. Die
Braven erhielten ihn nebst einem reichen Geschenk und standen dann,
ihrer Entlassung harrend, im Vorhofe des Gebäudes.

Noch einmal überblickte ich alle die dunkelfarbigen Gesichter,
deren jedes einzelne eine Fülle von Erinnerungen für mich barg.
Ich gedachte der schweren Zeiten, die wir gemeinsam verlebt und der
Erfolge, die wir errungen, ich gedachte Jener die diese Stunde nicht
erlebt, die den Heldentod vor dem Feinde gefunden oder Krankheit und
Elend im Innern Afrika's erlegen waren.

Die Träger begannen ungeduldig zu werden. Bei der Auszahlung, als
sie ihrem »Bwana kivunja« die Hand drückten, war wohl manchem dieser
leichtlebigen jungen Burschen etwas weich zu Muthe geworden, nun
forderte die Gegenwart ihr Recht, es galt die sauer verdienten
Silberlinge rasch wieder anzubringen.

Ernster standen ihnen gegenüber die Askaris. Für diese wäre nun der
Augenblick gekommen gewesen, mir nach dem Muster der Stanley'schen
Getreuen zu Füssen zu fallen und mich dann im Triumph zu tragen. Doch
nichts dergleichen geschah, sie standen nur stramm, wie es braven
Soldaten geziemt. Aber ich hatte gelernt in den Augen meiner Leute
zu lesen und sah recht wohl, dass im Innern dieser harten Buschläufer
mehr vorging als das unbewegliche Aeussere verrathen mochte.

Mit einem »Lebt wohl!« entliess ich meine Mannschaft. Kwaheri bwana!
scholl es aus hundert Kehlen zurück. Rasch verliessen die Träger,
langsamer die Askaris den Hofraum, doch dauerte es keine Minute und
der Letzte war um die Ecke gebogen.

Die Massai-Expedition war zu Ende.

[Illustration: Pangani.]

[Illustration: TAFEL XV. MASSAI-KRIEGER VON MUTYEK.]



II. THEIL.



[Illustration]

VII. KAPITEL.

Zur physischen Erdkunde der erforschten Gebiete.

Allgemeine Uebersicht. -- Das abflusslose Gebiet. -- Der
Kilimanjaro-Graben. -- Die Massai-Steppe. -- Der grosse
ostafrikanische Graben. -- Der Wembere-Graben. -- Das Granitplateau
von Unyamwesi. -- Der Victoria-Nyansa. -- Die Quelle des Nil und
das Mondgebirge. -- Das centralafrikanische Schiefergebirge und der
centrale Graben.


Das Forschungsgebiet der Massai-Expedition, von welchem nachfolgend
die Rede sein soll, dehnt sich von der nördlichen Küstenlinie
Deutsch-Ostafrika's, der sogenannten Tangaküste, bis zur Westgrenze
der Interessensphäre, die durch den Verlauf des Tanganyika-See
gekennzeichnet ist. Dieses ungeheure Gebiet lässt sich in
verschiedene, ziemlich scharf von einander getrennte Abschnitte
theilen.

An die schmale =Küstenzone=, für welche das Auftreten jurassischer
Kalke und Thonschiefer bezeichnend ist, schliesst sich eine Kette
krystallinischer Gebirgsinseln, die unter dem Namen =Ostafrikanisches
Schiefergebirge= zusammengefasst werden.

An diese Gebiete reiht sich westlich eine Zone, die durch grossartige
geologische Störungen bemerkenswerth ist. Dieselbe ist vor Allem
durch den Verlauf des =grossen ostafrikanischen Grabens= bezeichnet,
jener ungeheuren meridionalen Bruchlinie, welche, wie =Suess= so
meisterhaft nachgewiesen, vom Todten Meer bis Ugogo durch fast 40
Breitengrade zu verfolgen ist. Als Nebenbruch lässt sich im Osten
jener Graben auffassen, dem der Meru und Kilimanjaro, vielleicht
auch der Kenia entstiegen und dessen südlichen Verlauf das
Panganithal undeutlich kennzeichnet, im Westen die Wembere-Spalte,
die als Sackgasse in das Massai-Plateau eingerissen ist. Das ganze
ausgedehnte Gebiet entsendet keinen Wasserlauf zum Meere und lässt
sich daher als =abflussloses Gebiet= bezeichnen.

Im Westen von dieser theils krystallinischen, theils jungeruptiven
Zone dehnt sich eine weite einförmige Hochebene aus, das
=Granit-Plateau von Unyamwesi=, in welches nördlich das Becken
des Victoria-Nyansa eingelagert ist. Theils dem Nil, theils dem
Tanganyika-Gebiete angehörend, ist es durch den fast vollständigen
Mangel ständig fliessender Gewässer ausgezeichnet.

Vom Granitplateau gelangt man landeinwärts abermals in ein
krystallinisches Gebirge, das, dem ostafrikanischen Schiefergebirge
fast gleichlaufend, als =centralafrikanisches Schiefergebirge=
bezeichnet werden kann. Hier nimmt besonders die Hydrographie unser
Interesse in Anspruch; schneidet doch hier die Wasserscheide zwischen
Tanganyika-Kongo und Nyansa-Nil durch, liegt doch hier die Quelle der
Hauptader des Victoria-See, die =Quelle des Nil=. Das Schiefergebirge
stürzt in steilen Wänden zu einer anderen ungeheuren Spalte ab,
dem centralafrikanischen Graben, dessen Sohle der Tanganyika-See
einnimmt.

Das Vorland und die Komplexe des ostafrikanischen Schiefergebirges
wurden schon an anderer Stelle[3] eingehend beschrieben, wir
beginnen daher in der Beschreibung der einzelnen Abschnitte mit dem
=abflusslosen Gebiet=.

  [3] Usambára und seine Nachbargebiete. Berlin 1891.

Im Westen des Panganiflusses bei Aruscha erhebt sich das
=Litema-Gebirge=, in seinen höchsten Punkten bis über 1700 m
ansteigend und gegen Süden in niedrigen Kuppen verlaufend. Es bildet
den Westrand des =Kilimanjaro-Grabens=, jenes Seitenzweiges der
grossen Spalte, dem die vulkanischen Bergriesen des Kilimanjaro
und Meru entstiegen. Das Litema-Gebirge ist der Hauptmasse nach
krystallinisch mit stellenweiser Ueberlagerung archaischer,
graphithaltiger Kalke und vorherrschend nordwestlichem Streichen mit
nordöstlichem Fallen unter etwa 45°. Doch sind die Schichten vielfach
stark verworfen und es haben grosse Störungen stattgefunden, wie auch
das Vorhandensein jungeruptiver Durchbrüche anzeigt.

Das Litema-Gebirge fällt gegen das Pangani-Thal ziemlich steil, weit
sanfter gegen die bedeutend höhere =Massai-Steppe= ab. Dieselbe
bildet ein Plateau, welches allmählich bis zu 1500 m ansteigt, um
dann eben so sanft gegen die Sohle des grossen Grabens zu fallen.
Es ist durch das gänzliche Fehlen ständig fliessender Gewässer,
überhaupt durch Wasserarmuth, bezeichnet. Aus der weiten, leicht
gewellten Ebene erheben sich insular einzelne Bergkuppen, die bis
zu 17-1800 m ansteigen und nicht nur weithin sichtbare Landmarken in
dieser Wildniss bilden, sondern in ihren Klüften meist auch Quellen
und Wassertümpel bergen. Im Norden sind es die Gruppen des Benne-
und Sogonoi-Berges, des Mella, Lukutu und des ansehnlichen Donyo
Kissale, welche im Distrikt Sogonoi und Balanga aufragen. Weiter im
Süden erheben sich der Sambo, Neibor múrt, Kinyarók und die einzelnen
spitzen Felsberge der Massai-Landschaft Kiwaya, welche einerseits bis
zu den bewohnten Höhen von Unguu, andererseits bis zu den Vorbergen
des Irangi-Gebirges in der Ebene verstreut sind.

Ueberall in der Steppe und in den Bergkuppen herrscht Gneiss
und krystallinischer Schiefer vor, mit leicht geneigten meist
landauswärts fallenden Schichten und verschiedenen, aber fast immer
den meridionalen genäherten Streichungsrichtungen. Nur im Süden,
gegen Unguu zu, treten Spuren jüngerer Kalke auf, die das frühere
Vorhandensein von Süsswasserseen anzudeuten scheinen, deren einer,
der Kinyaróksee, heute noch besteht und die vielleicht den südlichen
Verlauf der Kilimanjaro-Spalte bezeichnen.

Während in der trockenen Zeit die Massai-Steppe durch Wassermangel
vielfach ganz unpassirbar ist, sammelt sich in der Regenzeit das
Wasser in den flachen Mulden und verwandelt diese in Sümpfe. Solche
Senkungen sind meist vollkommen offen, grasig, in der trockenen Zeit
oft fast vegetationslos und von tiefen Rissen im schwarzen Boden
durchfurcht, während höher gelegene Striche mit Steppenvegetation,
Dorngestrüpp und Schirmakazien bedeckt sind, aus welchen vereinzelt
Baobabs aufragen. Eine reichere Vegetation, darunter stellenweise
sogar Laubwald, tritt am Fusse und an den Hängen der Bergkuppen auf.

Von Menschen fast ganz verlassen, ist die Massai-Steppe der
Tummelplatz grosser Wildmengen. Die Büffel zwar und die anderen
wilden Rinderarten haben durch die Viehseuche 1891 schwer gelitten
und sind fast ganz verschwunden. Aber Zebras und Antilopen, Giraffen
und Strausse treiben sich noch in Heerden umher und besonders
massenhaft tritt das Nashorn auf, meist in Gruppen von 2 bis 3
die Wildniss durchstreifend. Selbst Elephanten kommen noch vor und
auch Löwen und Leoparden sind ziemlich häufig. Raubvögel folgen in
Schwärmen jeder Karawane.

Die Regenzeit scheint in der Massai-Steppe früher als an der Küste,
gewöhnlich Mitte Februar einzusetzen. Sie wird durch heftige Ostwinde
eröffnet, die überhaupt das ganze Jahr hindurch vorherrschen. Die
Temperaturschwankungen sind sehr bedeutend, an glühenden Sonnenbrand
unter Tage schliessen sich eisig kalte Nächte. In der Trockenzeit
eine wasserlose Wüste, in der Regenzeit ein Sumpf, stets eine
pfadlose, schwer zugängliche Wildniss, bildet die Massai-Steppe kein
sehr vielversprechendes Gebiet.

Der grosse =ostafrikanische Graben= ist besonders scharf durch seinen
Westrand, den Steilabfall des Massai-Plateaus, charakterisirt.
Derselbe wurde im Norden von Dr. Fischer bis zur Breite des
Natron-Sees erforscht, im Süden vermuthete man seine Fortsetzung
in den Muhalala-Bergen in Ugogo, doch das Zwischenglied war noch
unbekannt. Am Natron-See ist der Graben einerseits durch das
Massai-Gebirge, den sogenannten Mau-Abfall, dem der thätige Vulkan
des Donyo ngai entsteigt, andererseits durch den Tafelberg des Geleï
bezeichnet.

Südwärts schreitend, gelangt man in die schon von Dr. Fischer
erkundete flache Senkung, die sich zwischen dem Natron-See und dem
Manyara-See ausdehnt. Sie hat fast dieselbe Höhe wie der Manyara-See
und weist Spuren von Kalksinter und Gerölle auf, welche auf eine
frühere grössere Ausdehnung des Manyara und möglichen Zusammenhang
mit dem Natron-See hinweisen. Im Osten erhebt sich die wahrscheinlich
krystallinische Masse des Simangori-Berges. Im Westen ragt der
hier fast 700 m hohe, ungemein schroffe Abfall des Plateaus auf.
Dieses ist von unregelmässigen Höhenzügen bedeckt, zwischen welchen
verschiedene Gewässer dem Manyara-See zufliessen. An dieser Stelle
ist also die von Suess angenommene Aufwulstung der Grabenränder
nicht wahrzunehmen, während sie weiter südlich, wo der Mto ya Matete
unweit des Plateaurandes entspringt und westlich abfliessen soll,
möglicherweise auftritt. Am Abfall sowohl wie am Plateau stehen
ausschliesslich junge Eruptivgesteine, vorherrschend Basalte an,
die auf den Höhen vielfach mit rother Lateritmasse überlagert sind.
Als Eruptionscentrum kann hier der oblonge Kessel am Ngorongoro
betrachtet werden, der, von steilen Tuffwänden eingesäumt, eine
flache Sohle besitzt, deren westlicher Theil von dem kleinen
Ngorongoro-See eingenommen wird, dem mehrere Bäche zuströmen. Am Ufer
des Sees stehen jüngere Kalke an.

Weiter südlich senken sich die Berge des Abfalls bedeutend ab,
sind am Nordende des Manyara-Sees ca. 200 m hoch und steigen dann
wieder zum Plateau von Iraku an. Der Manyara-See (1000 m) erfüllt
ein seichtes Becken und besitzt nach der Jahreszeit wechselnden
Wasserstand, trocknet jedoch niemals gänzlich aus. Er nimmt im Norden
und Westen mehrere wasserreiche Bäche, im Süden den ansehnlichen
Kwou-Fluss auf. An seinem Westufer entspringen mehrere heisse Quellen
(Temp. ca. 80° C.). Der Manyara ist ein Salzsee, sein Wasser ist
nicht trinkbar und dicke Salzschichten bedecken das Ufer.

[Illustration: TAFEL XVI. Ausblick von Meri (Iraku) gegen Nord.]

Wie aus der chemischen Untersuchung[4] ersichtlich, sind die Salze
des Manyara vor Allem durch ihren Soda-Gehalt ausgezeichnet, während
Salpetersäure und Magnesia-Salze ihnen gänzlich fehlen. Durch den
letzteren Mangel unterscheidet das Wasser des Manyara sich wesentlich
von dem des todten und kaspischen Meeres, sowie vom Seewasser, wie
denn überhaupt die Seen des ostafrikanischen Grabens nicht, wie der
Tanganyika und Nyassa als Relictenseen, sondern als Ueberreste eines
früheren Flusssystems zu betrachten sind. Darauf deutet auch die
niedere Fauna des Manyara, welche trotz seines Salzgehaltes reine
Süsswasserformen aufweist und besonders auf die Nilfauna hinweist.
Aus ähnlichen Vorkommnissen im Rudolf-See schloss Suess, dass die
Entstehung des Grabens in einer Zeit erfolgt sein müsse, wo die
gegenwärtige Nilfauna bereits bestand oder doch einen der jetzigen
sehr ähnlichen Charakter hatte. Was die Schnecken des Manyara
anbelangt, so gehören dieselben allzu weit verbreiteten Arten an,
um einen solchen Schluss direkt zu gestatten, auch scheint eine
Verschleppung von Schneckeneiern durch Vögel leicht möglich. Doch
wird die Suess'sche Annahme durch das massenhafte Auftreten junger
Eruptivgesteine im Grabengebiet, deren Entstehung ihrem Charakter
nach bis in die geologische Gegenwart fällt, bekräftigt.

  [4] Siehe Anhang.

Am Manyara-See besteht der Abfall nicht mehr aus Basalten,
sondern der liegende Gneiss mit meist nordöstlichem Streichen und
verschiedenen oft sehr steilen Fallrichtungen tritt hier und am
Plateau von Iraku zu Tage.

Die südliche Fortsetzung des Manyara-See bildet der flache Boden von
Umbugwe, ein Alluvialgebiet, in dem einzelne krystallinische Hügel
aufragen und das von dem theilweise versumpften Kwoufluss und seinen
Nebenbächen durchzogen wird. Es ist zweifellos alter Seeboden und
der Laua ya Sereri, östlich von Kutadu's Land, ein Salzsee, der in
dürren Jahren manchmal eintrocknet, stand früher mit dem Manyara
in Verbindung. Der Boden Umbugwe's ist salzig und das Wasser der
Lachen, die sich nach starkem Regen in grosser Ausdehnung bilden,
ist nicht trinkbar. Westlich von Umbugwe erhebt sich der Steilabfall
bis zur Höhe von 1900 m und ist gekrönt vom Plateau von Iraku, das
durchschnitten von zahlreichen Bächen des Kwousystems weit tiefere
Thäler, überhaupt weit gebirgigeres Terrain besitzt als Mutyek.
Ueberall steht, wie schon erwähnt, Gneiss und krystallinischer
Schiefer an, in einzelnen Kuppen in romantischen Felsbildungen
aufragend. Weiter westlich scheint das Land stark abzuflachen und
nimmt immer mehr Steppencharakter an.

Südlich von Umbugwe steigt die Sohle des Grabens sanft um etwa 100
m und das Auftreten von Basalt und Tuff zeigt eruptive Durchbrüche
an. Auf der Höhe der derart erreichten Stufe liegt die Landschaft
Ufiomi mit dem kleinen Maitsimba-See (1440 m), dem einzigen in der
langen Reihe der Grabenseen, der Süsswasser enthält. Er verdankt dies
dem Vorhandensein eines Abflusses, der allerdings nur nach starkem
Regen oberirdisch Wasser führt, stets jedoch an unterirdischem
Sickerwasser reich ist, das in den Kwou mündet. Oestlich vom
Maitsimba erhebt sich der vulkanische Ufiomiberg bis ca. 2500 m; er
ist der nördliche Ausläufer des Plateau von Uassi, welches hier den
sehr scharfen Ostrand des Grabens bildet. Es steigt bis zu 1700 m
an, besitzt sowohl gegen den Graben als gegen die Massaisteppe sehr
schroffe Abfälle, hat leicht gewelltes Terrain, meist periodische
Wasserläufe und besteht aus Gneiss und krystallinischen Schiefern mit
vorherrschend meridionaler Streichungsrichtung und steilem Fall gegen
Westen.

Im Westen des Maitsimba-See sind mehrere Höhenzüge dem Steilabfalle
vorgelagert, der sich schroff und felsig zum Plateau von Meri bis
über 2000 m hoch erhebt. Ihm entströmen die Nebenbäche des Bubu,
der erst mit papyrusreichem Ufer östlich von der Landschaft Mangati
verläuft, als breites, sandiges Bett bei Irangi vorbeifliesst und
schliesslich in Ugogo in altem Seeboden verläuft. Bei Mangati macht
der Steilabfall, der auch hier aus krystallinischen Schiefern in sehr
stark gestörten Schichtenlagen besteht, plötzlich einen Bogen nach
Westen, um nach einigen Kilometern als bedeutend niedrigere Stufe
nach Südwest zu streichen. Aus der dadurch gebildeten Bucht erhebt
sich vollkommen isolirt der vulkanische Kegel des =Gurui=[5] bis zu
3200 m, der 1885 von Dr. Fischer in Irangi zuerst gesehen worden war.
Sein Obertheil besteht fast ganz aus steilen, schwarzen Basaltwänden,
die Hänge sind theils grasig, theils bewaldet. Zwischen Gurui und dem
schroffen Abfall dehnt sich die leicht gewellte Landschaft Mangati
aus, in deren Westecke der kleine Salzsee Balangda (1600 m) liegt.
Derselbe trocknet in dürren Jahren oft fast ganz ein, dann bilden
sich starke Salzablagerungen an den Ufern, die von den Eingeborenen
gewonnen und als Kochsalz benutzt werden, als welches sie vorzügliche
Eigenschaften besitzen.[6]

  [5] So und nicht »=Igruivi=« heisst dieser Berg.

  [6] Die chemische Untersuchung siehe im Anhang.

Südlich vom Gurui senkt sich die Sohle des Grabens wieder bis zu 1360
m, welche Höhe sie in der Landschaft Uyanganyi erreicht. Den Westrand
bildet hier der Abfall des Plateaus von Turu, welches bis zu 1820
m ansteigt und einen sehr deutlich ausgeprägten Randwall gegen den
Graben zu besitzt. Sowohl an der Sohle des Grabens wie am Plateau
von Turu steht Granit an, welches Gestein hier aus Unyamwesi in das
Grabengebiet übergreift.

Das Plateau von Turu besitzt sandigen, salzhaltigen Boden,
nähert sich mit den zahlreich verstreuten Granitkuppen dem
Landschaftscharakter Unyamwesi's und ist von trockenen Wasserrissen
durchzogen, deren einige in den kleinen Singisa-Salzsee münden, der
ebenfalls von den Eingeborenen ausgebeutet wird.[6] An seinen Ufern
streift eine recente Kalkscholle an.

Weiter nördlich entdeckte Lieutenant Werther einen anderen kleinen
Salzsee, von welchem ich auch durch Eingeborene erfuhr. Derselbe
liegt in einem ähnlichen Kessel wie der See von Ngorongoro, also
wahrscheinlich in vulkanischem Gebiet.

Südlich von Unyanganyi ist die Grabensohle durch den Verlauf trockner
Bäche bezeichnet, während der Abfall niedriger, aber stets deutlich
ausgeprägt verläuft und in die Stufe von Muhalala-Ugogo übergeht.
Oestlich vom Graben steigt allmählich das Plateau von Ussandaui,
mit aufgesetzten höheren Kuppen wie den Tuyui an, welches durchweg
aus Granit besteht und erst an seinem Ostrand gegen den Bubu zu,
durch höhere krystallinische Gebirge mit vorherrschend meridionalen
Streichungsrichtungen eingesäumt wird. Dasselbe Gestein tritt auch
in den niedrigen Bergen von Irangi auf, die bereits dem System der
Massai-Steppe angehören.

Ohne direkten Zusammenhang mit dem grossen Graben, aber doch
nur als Seitenbruch desselben, verläuft der Wembere-Graben in
vorherrschend nordöstlicher Richtung. Er bildet, wie erwähnt, eine
Sackgasse und ist in seinem nördlichen Theil vom Eyassi-Salzsee
(1050 m) eingenommen, der einen dem Manyara ähnlichen Charakter,
aber sandigere und völlig vegetationslose Ufer besitzt. Er enthält
ebenfalls scharfes untrinkbares Wasser,[7] muss aber dennoch gleich
dem Manyara ein Thierleben beherbergen, da zahlreiche Wasservögel
seine Fläche beleben. In trockenen Jahren mag der jedenfalls seichte
Eyassi einschrumpfen, trocknet jedoch niemals völlig oder auch nur
erheblich aus und überschwemmt zur Regenzeit weite Gebiete.

  [7] Die chemische Untersuchung siehe im Anhang.

Im Norden des Sees erhebt sich das Plateau von Sirwa bis über 2000 m.
Es besitzt ähnlichen Charakter wie Mutyek und hat hohe vulkanische
Berge aufgesetzt, die 3000 m jedenfalls übersteigen. Nur am Fusse
des Abfalles tritt das liegende Gestein als Gneiss auf, darüber
lagern verwitterte Tuffe, Basalte und andere Eruptivgesteine. Von
der Plateauhöhe strömen dem Eyassi-See mehrere wasserreiche, von
Phönixpalmen begleitete Bäche zu. Die Berge seines Westufers sind im
Norden anfangs noch hoch und stürzen in steilen Hängen ab, am Ostufer
streichen parallele, immer höher ansteigende Bergketten. Weiter
südlich sind die Grabenränder weniger hoch und erheben sich bei
Mbusi am Westrand kaum 100 m über der Sohle, während der Ostrand bei
Issansu etwas höher sein dürfte. Hier tritt überall Granit auf, der
in der Sohle des Grabens von grauen Lehmmassen überdeckt ist. Diese
Nyarasa-Steppe bildet die südliche Fortsetzung des Eyassibodens und
ist stellenweise von dicken Salzefflorescencen bedeckt, welche ein
vorzügliches Kochsalz[7] liefern.

Ueber die Ebene weht fast fortwährend ein heftiger
staubgeschwängerter Nordostwind, welcher an Löss erinnernde
Lehmterassen anhäuft. In diesen finden sich Sumpfschnecken, die oft
ganz calcinirt aussehen und doch das lebende Thier enthalten, das
offenbar in der feuchten Jahreszeit erwacht. Während dieser ist
die Nyarasa-Steppe grösstentheils überschwemmt. Sie wird von dem
ca. 30 m breiten, brackigen Simbitifluss durchzogen, der zwischen
Lehmmauern dem Eyassi zuströmt. Er bildet den Unterlauf des Wembere
und der zahlreichen meist periodischen Wasserläufe des östlichen
Unyamwesi. Bei besonders starken Winden macht sich eine Gegenströmung
aus dem Eyassi im Simbiti bemerkbar und sein Wasser ist dann
völlig ungeniessbar. Noch ein anderer ansehnlicher Fluss, den die
Elephantenjäger Mto ya matete (Fluss der Phönixpalmen) nennen, soll
von Osten her in den Eyassi münden.

Weiter südlich in der Breite von Iramba wird die Grabensohle
schmäler und erhält den Namen Wembere-Steppe, welcher auf grössere
Gebiete übertragen wurde, während er thatsächlich nur diesem
schmalen Streifen zukommt. In Unyamwesi, in der Breite von Ussure
ist die Sohle des Grabens 1120 m hoch, während die Randberge völlig
unbedeutend, aber stets deutlich wahrnehmbar verlaufen. Sie sind
vielfach von Granitzinnen gekrönt (siehe Abb. pag. 109), während die
Sohle selbst stets mit Alluvialmassen bedeckt, zur Trockenzeit eine
Wüste, zur Regenzeit ein Morast ist. Bei Ussure und in Iramba erheben
sich niedrige Hügelzüge, die allmählich in das Plateau von Turu
übergehen. Gegen Süden zu lässt sich der Graben bis in die Gegend von
Turu verfolgen.

Bezüglich des =Landschafts-Charakters= sind die Niederungen und
Plateaus in den Grabengebieten sehr verschieden. Die Grabensohle
trägt im grossen Ganzen den Typus der Steppenvegetation, Akazien,
Baobabs herrschen vor, bei Umbugwe treten einzelne Borassuspalmen
auf. Wo jedoch die Nähe der Gebirge reichlichere Niederschläge
erzeugt und besonders an fliessenden Gewässern grünt üppige Gras- und
Krautvegetation und der Ackerbau findet vorzügliche Bedingungen.

Von den Plateaus sind die südlichen, Turu, Ussandaui und das südliche
Uassi trocken, sandig und von geringer Fruchtbarkeit; schon im
nördlichen Uassi und am Ufiomiberg macht sich reicherer Waldwuchs
geltend und die wasserreichen, kühlen Hochplateaus von Iraku und
Mutyek gehören zweifellos zu den besten Gebieten Ost-Afrika's.
Dieselben sind hauptsächlich von schönem Weideland mit kleinen
eingestreuten Laubbäumchen bedeckt, dessen ziegelrother fetter
Boden, wie man in Iraku sehen kann, für Ackerbau sehr geeignet ist.
Die hohen Parthien bedeckt tropischer Hochwald mit überwuchernder
Krautvegetation und Unterholz. Während in den Niederungen die
Temperaturunterschiede sehr scharf an einander grenzen, herrscht
auf diesen Höhen stets eine angenehme, kühle Luft, selbst Mittags
ist die Sonnenwärme nur behaglich und Morgens tritt oft recht
empfindliche Kälte ein. Die Unterschiede der Jahreszeiten machen
sich auf den Plateaus weniger geltend, indem auch in der trockenen
Zeit Niederschläge häufig sind. In der Grabensohle bemerkte ich
gegen Abend ziemlich regelmässige Nordwinde, die über die Salzseen
hinwegstreichend fast an Seebrisen erinnern, aber nicht gesund und
malariahaltig sind, wie denn überhaupt die Niederungen ziemlich
fieberreich genannt werden müssen.

Durch die vielen besiedelten Distrikte ist das Thierleben
zurückgedrängt, aber immer noch grossartig genug. Die nördlichen
Wembere-Gebiete, das Mutyek-Plateau und vor allem Ngorongoro
beherbergen ungeheure Wildmassen, unter welchen das Rhinozeros in
erstaunlicher Menge auffällt. Dieser Dickhäuter, der das Glück hat,
keine kostbaren Zähne zu besitzen, kann sich ungestört vermehren,
während gegen die Elephanten ein wahrer Vernichtungskrieg geführt
wird, der ihn auch in vielen Gegenden, wie am Gurui, ausgerottet
hat. Löwen und Leoparden sind häufig und richten in den Heerden der
Eingeborenen Schaden an. Das Flusspferd kommt in allen Gewässern
des Grabens und im Eyassi-See, sowie auch im Ngorongoro-See vor,
Krokodile jedoch nirgends. Von den Muscheln und Schnecken ist im
Anhang ausführlich die Rede. Sie dienen grossen Schwärmen von
Wasservögeln, Flamingos, Enten und Marabus als Nahrung. In den
Bächen, selbst in Tümpel periodisch fliessender Gewässer leben grosse
Welse.

Im Wembere-Graben besitzt, wie gesagt, der Charakter nackter,
trockener Salzwüste die Oberhand. Auch die umrahmenden Höhen sind
wenig einladend. Nur im Norden und Osten des Eyassi-Sees dehnen sich
fruchtbare Plateaus aus, welche an Mutyek und Iraku erinnern. Die
bewohnten Landschaften Issansu, Iramba und Eyambi besitzen einen
an Turu erinnernden ärmlichen Boden, sonst ist Alles Wildniss, von
wasserarmen, in der Trockenzeit gänzlich versiegenden sandigen Rissen
durchzogene, wellige Baumsteppe, die der Kultur wenig Aussicht
eröffnet und erst weitab vom Graben in Meatu einerseits und in
Hindamara andererseits besseren, wasserreichen Landstrichen Platz
macht.

Schon bei Besprechung der westlichen Grabengebiete ist mehrfach von
Granit die Rede gewesen. Dieses Gestein gelangt weiter landeinwärts
im =Granitplateau von Unyamwesi= zur fast völligen Alleinherrschaft.
Dieses weite Gebiet, welches das Süd- und Ostufer des Victoria-Nyansa
umfasst, im Süden über Tabora hinaus und im Westen bis Uha reicht,
zeichnet sich durch sehr grosse Einförmigkeit aus. Das Terrain ist
flach oder leicht gewellt, Gebirge sind selten und werden durch
wilde Anhäufungen von Granitblöcken ersetzt, die in mehr oder weniger
grossen Abständen verstreut sind.

Die Gewässer dieses Gebietes, die einerseits dem Simbiti-Eyassi,
andererseits dem Victoria-Nyansa und dem Tanganyika zuströmen,
zeichnen sich durch Wasserarmuth aus. Die Wembere-Zuflüsse sind fast
alle periodisch und liegen den grössten Theil des Jahres trocken.
Auch der in den Mlagarassi mündende Igombe, der fliessendes Wasser
geführt haben soll, besitzt solches nun schon seit Jahren nicht mehr
und besteht nur aus einer Reihe tiefer Tümpel, die nur zur Regenzeit
unter einander in Verbindung stehen. Nicht viel wasserreicher
sind die Zuflüsse des Victoria-Nyansa. Der Simiyu-Fluss, der
im Massai-Land entspringt und bei seiner Mündung ein breites,
schiffbares Aestuarium besitzt, liegt fast das ganze Jahr trocken.
Zur Regenzeit schwillt er allerdings zeitweise ungeheuer an, doch
für gewöhnlich enthält er nur Tümpel. Wasserreicher ist der Rubana,
der in Nata entspringt, den Grumetri aufnimmt und sich als ständig
fliessendes Gewässer in einem Aestuarium des Speke-Golfes ergiesst.
Auch er besitzt jedoch sehr wechselnden Wasserstand. Noch mehr ist
dies bei den nördlich verlaufenden Flüssen, dem Suguti und Mara, der
Fall, die jedoch ebenfalls nicht ganz auszutrocknen scheinen. Der
Mara ist der Unterlauf des Ngare dabasch (Ngare = Wasser, dabasch
= breit, aber seicht), der zahlreiche Abflüsse des Massai-Plateaus
aufnimmt. Fischer sah im Januar 1886 »wenig lehmfarbiges Wasser in
tiefem, breitem Bett«, bei meiner Anwesenheit in Ngoroïne im Mai 1892
überschwemmte der Mara seine Ufer und war schwer passirbar.

Alle anderen Gewässer Unyamwesi's, sowohl jene, die dem südlichen
Victoria-Nyansa, als jene, die dem Wembere-Gebiet zufliessen, sind
sämmtlich Regenschluchten, mit oft breitem, sandigem Bett, in welchem
man durch Graben Wasser erhält, in dem sich jedoch nur selten ein
Rinnsal findet.

Von eigentlichen Gebirgen kann nur östlich vom Victoria-See die Rede
sein, wo die Berge Baridi, Ikiju, Kiruwiru und Majita, sowie die von
Uhemba, Uaschi und Ngoroïne sich als vereinzelte, fast tafelförmige
Massive aus den Ebenen erheben. Die letzteren bilden den grössten
Theil des Landes. Im westlichen Massailand sind sie völlig flach,
von niedrigen Senkungen durchzogen, in deren einer der kleine Salzsee
Lgarria liegt, und unterbrochen von zerstreuten Granithügeln, wie dem
Kiruwassile und Duvai.

In ganz Usukuma und Unyamwesi, sowie in Usinja und den südlichen
Nachbargebieten ist das Land wellig, mit den oben erwähnten steilen
Granitkuppen, die der Landschaft ein eigenartiges Gepräge geben.

Der =geologische Bau= des Granitplateaus ist, wie erwähnt, ein
ungemein gleichartiger. Fast überall herrscht eine mächtige
Granitüberlagerung vor und krystallinisches Gestein tritt nur selten
zu Tage, noch vereinzelter junge Sedimentgesteine.

Vom Grabengebiet kommend, fand ich in Serengeti Arkosen als
Verwitterungsprodukte des Granits anstehend. Der Duvai-Hügel besteht
aus weissem Quarzit, am Kiruwassile-Hügel steht ausser Granit auch
röthlicher Quarzit an. Solcher findet sich auch am Mbelegeti in
Usenye, sowie nördlich bei Mosonge und in Nata am Rubana-Fluss, wo
ein meridionales Streichen mit Fall gegen Ost unter ca. 10° erkennbar
ist. An den Bächen Elmaraus, sowie am Nyansa, am Kiruwiru, bei den
Irambabergen und am Majita treten Grauwacken und Hornblende-Schiefer,
ebenfalls in meridionalem Streichen, und sehr steiler Fallrichtung
gegen Osten, oft in senkrechten Schichten auf. Zwischen Kiruwassile
und Elmarau ist ein kleiner Durchbruch von älterem Eruptivgestein
zu bemerken. Ein solcher findet sich auch in Irangala am Emin
Pascha-Golf. In den Schaschibergen und in Ngoroïne steht an den
Bächen vielfach Amphibolit an, während die Höhen von Granitblöcken
gebildet werden. Von Kalken fand ich nur eine Spur in Elmarau, sowie
kleine Schollen im Serengeti und Ntussu. In ganz Usukuma, Usinja und
Unyamwesi, von Ussandaui bis Uha fand ich =ausschliesslich= Granit
anstehen.

Einförmig wie der geologische Aufbau ist auch der
=Landschaftscharakter= des Landes. Zwischen den besiedelten und
oft sehr intensiv bebauten Gebieten dehnen sich unbewohnte Striche
aus, die nur in dem östlichen Nyansagebiet den Charakter offener
Savannen haben, sonst überall mit Steppenwald bedeckt sind. Im Osten
ist der Massai-Charakter mit Dorngestrüpp, Akazien und einzelnen
Baobabs, mit wilden Phönixpalmen an den Wasserbetten vorherrschend,
im Westen bedeckt Miombowald (meist Caesalpiniaceen) in seinen
lichten Beständen weite Gebiete. Die centralen Theile, vor Allem
die südlichen Nyansagebiete, zeigen eine Mischung der beiden
Vegetationsformen. Klimatisch folgt das Granitplateau im Allgemeinen
den Küstenjahreszeiten, ist jedoch wahrscheinlich trockener
als diese. Nach der Erfahrung alter Leute nimmt die Trockenheit
alljährlich zu und manche Bäche, die noch vor Jahren Wasser führten,
liegen jetzt als sandige Betten. In der trockenen Zeit ist Unyamwesi
nicht viel leichter zu bereisen als die Massai-Steppe; die Brunnen
liefern schlechtes, spärliches Wasser, und in den weiten Wildnissen,
die sich zwischen den Dörfern ausdehnen, muss man oft ohne Wasser
lagern. Dennoch ist der Boden ein fruchtbarer und die Niederschläge
genügen für reichen Anbau, wie die schönen Kulturen der Eingeborenen
beweisen.

Im Norden des Granit-Plateaus ist das ungeheure Becken des
=Victoria-Nyansa= eingelagert. Dessen im Süden und Osten ziemlich
stark gegliederte Küsten fallen theils in 4-5 m hohen Steilwänden
ab, theils sind sie flach und mit dichtem Papyrusgürtel gesäumt,
in welchem der wasserliebende, korkartige Ambatsch-Baum verstreut
ist. Aehnlichen Charakter weist der in zahlreiche Arme gegliederte
Emin Pascha-Golf auf. Die Bukumbi-Bai oder der Smith-Sund hat fast
durchweg felsige Küsten. Solche ziehen sich auch am Südufer des
Speke-Golfes dahin, dessen Ostende bei Katoto flach und papyrusreich
ist. Die Nordküste des Spekegolfes ist gebirgig und steil, sie ist
durch den schmalen, durchwatbaren Rugedsi-Kanal von der fruchtbaren,
langgestreckten Granitinsel Ukerewe getrennt, welcher wieder das fast
kreisrunde Eiland Ukara vorgelagert ist. Nördlich vom Rugedsi-Kanal
schneidet der tiefe, vielgegliederte Baumann-Golf ein, mit hohen
Halbinseln und Inseln im Westen, mit flachen Papyrusufern im Osten.
Er ist durch eine schmale Landenge, welche das Majita-Massiv mit dem
Festlande verbindet von der Majita-Bai getrennt. Weiter nördlich ist
der Verlauf der Küstenlinie nur oberflächlich bekannt und haben wir
möglicherweise recht wesentliche Veränderungen der Karte zu erwarten.

Der Victoria-Nyansa ist in dem besprochenen Theile sehr inselreich,
ausser den genannten sind noch zahlreiche, meist felsige Eilande
darin verstreut.

Das Wasser des Sees ist an tiefen Stellen und steilen Küsten
dunkelgrün, ganz süss und wohlschmeckend, in flachen Theilen wird es
gelblich bis braun und hat dann einen schlechten Sumpfgeschmack.

Nach verschiedenen Erkundigungen, welche ich einzog, =fiel= das
Niveau des Victoria seit etwa 1880 um mehr als einen Meter, =steigt=
jetzt jedoch wieder. Die alte Fluthmarke ist an felsigen Küsten
deutlich wahrnehmbar. Eine eigenthümliche, schon von mehreren
Reisenden beobachtete Erscheinung ist die scheinbare Ebbe und Fluth
im Victoria-See. Am Speke-Golf ändert sich der Wasserstand um ca.
50 cm und ist Morgens am niedrigsten, Mittags am höchsten. Ich
beobachtete dies im Mai, doch ist diese Niveauschwankung während des
ganzen Jahres angeblich eine ziemlich regelmässige. So durchwaten
die Eingeborenen den Rugedsi-Kanal stets Morgens, während sie
in der Mittagszeit mit Kanus durchfahren. An der Westküste des
Sees, in Bukoba, wurde diese Erscheinung von Dr. Stuhlmann nicht
beobachtet. In Kavirondo dagegen beobachtete Pringle ein Schwanken
von 6 zu 12 cm, dessen Höhepunkt gegen Abend erreicht wurde. Ob
diese eigenthümlichen Schwankungen ausschliesslich den Winden ihre
Entstehung verdanken oder ob Seiche-Erscheinungen dabei eine Rolle
spielen, mag spätere Forschung entscheiden.

Nach sehr starkem Regen soll der See merklich anschwellen. Er besitzt
eine starke Strömung gegen Norden, welche besonders im Rugedsi-Kanal
sehr kräftig sichtbar wird. Die Wassertiefen sind zweifellos
erheblich. Auf offener See fand ich im Speke-Golf und der Bukumbi-Bai
bei 10 m nirgends Grund, an felsigen Küsten finden sich Tiefen von
5-7 m nahe am Ufer, bei flachen sind die Tiefen natürlich geringer.

Der Fischreichthum des Nyansa ist ein auffallend ungleicher, in der
Bukumbi-Bai und im Emin Pascha-Golf sehr gering, ausserordentlich
gross dagegen am Ostende des Speke-Golfes bei Katoto. Krokodile und
Flusspferde sind überall häufig. Was die Ufer anbelangt, so reicht
im Süden das wellige, mit Granitblöcken bedeckte Gebiet von Unyamwesi
bis an dieselben heran. Im Osten sind die fruchtbaren Ufergebiete oft
durch einen Steppenstreifen von den östlichen Hochländern getrennt,
von welchen nur ein Komplex, der von Majita und Kiruwiru, bis an
die Küste tritt. Auch jener Theil der Westküste, den ich bei Bukome
kennen lernte, hat wasserarme Gegenden in nächster Nähe des Sees.

Dennoch scheint mir Lugard's Ansicht der Berechtigung zu entbehren,
dass der Victoria-See aus unterirdischen Quellen bedeutende Zuflüsse
empfange. Denn der Ausfluss des Nil in Uganda ist nur um ein Drittel
wasserreicher als der Einfluss, der Kagera-Nil, und dieses Drittel
wird durch die übrigen Zuflüsse des Sees immerhin reichlich ergänzt.
Sein eigenes Volumen erhält der See der Verdunstung gegenüber nicht
nur durch die Niederschläge, welche er selbst aufnimmt, sondern
auch durch die ungeheure Wassermasse die ihm sämmtliche Gewässer zur
Regenzeit zuführen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Binnenseen Centralafrika's,
welche Grabenseen sind, ist der Victoria-See ein echtes Becken, bei
dessen Entstehung keine grossen geologischen Störungen thätig waren.
Stuhlmann fasst zwar den westlichen Steilrand des Sees als Bruchlinie
auf, eine Ansicht, die durch das Auftreten älterer Eruptivgesteine
bei Irangala eine gewisse Stütze erhält. Doch war die betreffende
Störung jedenfalls nur eine rein lokale und spielte bei der
Entstehung des Victoria-Sees keine bedeutende Rolle. Ob die Theorie
Stuhlmann's, dass der Victoria-See ursprünglich mit dem Eyassi
zusammenhing, Begründung hat, mag spätere Forschung lehren. Vorläufig
scheint das fast völlige Fehlen junger Sedimente, vor Allem von
Kalken, zwischen Victoria-See und Eyassi eher dagegen zu sprechen.

[Illustration: TAFEL XVII. Mangati und der Gurui-Berg]

Die Frage der =Zuflüsse des Victoria-Nyansa= hat besonders deshalb
Interesse, weil sie unzertrennlich mit dem alten =Problem der
Nilquellen= verbunden ist. -- Durch =Speke's= ewig denkwürdige
Reise ist dieses Problem entschieden seiner Lösung am nächsten
gebracht worden. Mit der Entdeckung des Victoria-Sees und seines
Hauptzuflusses des =Kagera=, den Speke Kitangule nennt und bei
dessen Anblick ihn hoher Stolz erfüllte, sowie des Ausflusses des
Nil, traten die Nilquellen aus ihrem undurchdringlichen Dunkel.
Wenn auch noch Niemand dieselben erreicht hatte, so war es doch
zweifellos, dass sie irgendwo zwischen Tanganyika und Victoria-See
liegen mussten. Damit war die Frage, soweit sie ein =historisches=
Interesse bot, gelöst, und mit Recht konnte in diesem Sinne Speke
sein berühmtes Telegramm absenden: »The Nile is settled«.

Anders verhält es sich, wenn man die Frage vom rein =geographischen=
Standpunkte betrachtet. Da ergiebt sich als zweifellose, von Speke
selbst anerkannte Thatsache, dass der Kagera der Quellfluss des
Nil, der Ursprung des Kagera also die =Quelle des Nil= ist. Die
Wassermasse, die der Kagera dem See zuführt und die nur um ein
Drittel geringer ist als jene des Murchison-Nil, die Bedeutung dieses
Stromes, neben welchem alle anderen Zuflüsse vollkommen verschwinden,
hat selbst bei den Eingeborenen die Ueberzeugung festgesetzt, dass
der Kagera »die Mutter des Flusses von Jinja«, der Nil sei.

Auf dem Programm, welches Stanley für seine grosse Expedition 1874
entworfen, stand auch die Entdeckung der Kagera-Nil-Quelle. Mit der
diesem grossen Forscher eigenen Thatkraft drang Stanley längs des
Kagera, den er Alexandra-Nil nennt, aufwärts, war jedoch gezwungen an
der Grenze von Urundi abzulenken und den Fluss zu verlassen. -- »Ich
bin mir wohl bewusst, dass ich nicht bis in die Tiefe eingedrungen
bin« sagt Stanley an der betreffenden Stelle seines klassischen
Reisewerkes. Bis 1892 wurde kein weiterer Versuch gemacht die Quelle
des Nil zu erreichen und mit Recht konnte Reclus im 10. Band seiner
»Nouvelle Géographie Universelle« sagen: »On cherche encore cette
tête du Nil, comme au temps de Lucain, personne n'a eu la gloire de
voir le Nil naissant.«

Am 19. September 1892 erreichte ich mit meiner Expedition die Quellen
des Kagera-Nil und damit war das letzte Räthsel des alten Nilproblems
gelöst. Wenn man überhaupt an dem von hervorragenden Geographen und
Reisenden angenommenen Standpunkt festhält, dass der Kagera, der
Alexandra-Nil der Engländer, der Quellfluss des Nil sei, so muss der
Ursprung des Kagera folgerichtig auch als =Quelle des Nil= angesehen
werden. Dass der Fluss, dessen Ursprung ich am 19. September
erreichte, wirklich der Kagera-Nil ist, ergiebt sich aus folgender
Thatsache.

Am Einfluss in den Ruayana-See (Windermere) besass der Kagera im März
1875, also während der höchsten Regenzeit, nach Stanley eine Breite
von 45 m und eine Maximaltiefe von 15 m. An der Kitangule-Fähre,
200 Kilometer weiter stromabwärts, war der Kagera zur selben Zeit an
100 m breit und 17 m tief, während er in der trockenen Jahreszeit,
wo ihn Graf Schweinitz 1892 an der Mündung befuhr, 80-100 m breit
und durchschnittlich 8 m tief war. Nach Stuhlmann war der Kagera in
der Regenzeit 1891 bei Kitangule 60 m breit und mehrere Meter tief.
Obwohl die Einmündung eines noch unbekannten =grossen= Zuflusses
auf der von Stanley rekognoszirten Strecke Ruayana-Kitangule
ausgeschlossen, verdoppelt sich doch das Wasserquantum des Flusses
auf dieser Strecke, durch Aufnahme der zahlreichen Bergwässer.

Oberhalb des Ruayana-See erforschte Stanley den Kagera, der 17 Seen
durchfliesst und mit üppiger Wasservegetation[8] bedeckt ist, bis zu
einer Stelle, die kaum 50 Kilometer von jener entfernt ist, wo ich
den Kagera in Ussui überschritt. Stanley erkundete, an der Stelle wo
er den Kagera verliess, dass derselbe oberhalb der Aufnahmestelle des
Akanyaru ein Fluss von nicht sehr bedeutender Breite und Tiefe sei.

  [8] Vid. auch Stuhlmann, Mit Emin Pascha, p. 229.

Bei der Ruanilo-Fähre, wo ich den Kagera überschritt, war derselbe
Anfang September, also in sehr trockener Jahreszeit und bei
ungewöhnlich niedrigem Wasserstand, ein reissendes Gewässer von
35 m Breite und 3 m Tiefe. Er besass steile, 3 m hohe Ufer und
an Fluthmarken war deutlich zu erkennen, dass er dieselben in
der Regenzeit ganz überschwemmt. Der Akanyaru wurde zur selben
ungewöhnlich trockenen Jahreszeit überschritten und bestand aus
zwei Armen, deren einer 10 m breit und 5 m tief, der andere 5 m
breit und 1 m tief und langsam fliessend war. Auch hier zeigten
weite Papyrusbestände und Fluthmarken an, dass der Akanyaru in
der Regenzeit mindestens auf das Vierfache seines Wasserquantums
anschwillt, was mir auch von Eingeborenen bestätigt wurde.

Bei dem ungeheuer raschen Anwachsen der Gewässer in jenem Gebiet,
welches z. B. das Wasserquantum des Akanyaru in wenigen Kilometern
verdoppelt, wie ich mich an den beiden Ueberschreitungsstellen
überzeugen konnte, ist es völlig zweifellos, dass diese beiden
Gewässer im Stande sind, das von Stanley in der Regenzeit am Ruayana
beobachtete Wasserquantum zu liefern. Die Einmündung eines =grossen=
Zuflusses, der etwa als Quellarm in Betracht kommen könnte, zwischen
Stanley's südlichstem Punkt und meiner Ueberschreitungsstelle des
Kagera ist also, wenn schon überhaupt mehr als unwahrscheinlich, so
durch das Wasserquantum allein völlig ausgeschlossen. Der von mir
überschrittene Fluss =ist der Kagera-Nil= nicht nur seiner Bedeutung
nach, sondern auch im Volksmunde.

Der Kagera-Fluss führt in seinem Oberlauf, schon in der Breite von
Ussui, den Namen Ruvuvu. Dieser Name bleibt ihm bis zu seiner Quelle,
während die unbedeutenden Nebengewässer sämmtlich andere Namen
führen. Bei solchen Strom-Quellen ist jedoch selbst in Europa stets
der Volksmund entscheidend und muss es auch hier sein, besonders da
er hier den thatsächlich wasserreichsten Flusslauf als Quellfluss
benennt, was bei europäischen Flüssen nicht immer der Fall ist. Dass
die Eingeborenen sich der Bedeutung des Kagera-Ursprunges wenigstens
theilweise bewusst sind, bezeugt die abergläubische Scheu mit der
sie die Stelle umgeben, wie denn der Kagera von der Quelle bis zur
Mündung, in der =Grant= aus abergläubischen Gründen nicht lothen
durfte, ein geheiligter Fluss, auch in diesem Sinne der »heilige Nil«
ist.

Neben der Ansicht, welche den Kagera-Fluss als Quellarm betrachtet,
kann noch jene in Betracht kommen, die den Victoria-See selbst als
Quelle des Nil annimmt. Diese Annahme hätte Berechtigung, wenn der
Victoria-See das Sammelbecken vieler kleiner, gleichartiger Gewässer
wäre. Dies ist aber, wie wir oben gesehen haben, nicht der Fall,
dem Kagera gegenüber sind alle Zuflüsse vollkommen unbedeutend; der
Victoria Nyansa ist also =nicht= die Quelle des Nil, ebensowenig
wie der Bodensee die Quelle des Rhein ist, obwohl auch dieser andere
Zuflüsse als den oberen Rhein aufnimmt. Wenn englische Geographen,
aus begreiflichen nationalen Gründen, neuerdings den Victoria-See
als Nilquelle verfechten, so möchte ich daran erinnern, dass gerade
die Engländer den Kagera stets »Alexandra-Nil« nannten und dadurch
bezeugten, dass der =Kagera= eben für sie der =Nil= war.

Ausser dieser immerhin diskutirbaren Ansicht giebt es noch eine,
die nicht die Quelle des Kagera, sondern den südlichsten Punkt des
Nilsystems überhaupt als Quelle des Nil annimmt. Diese Ansicht ist
deshalb eine vollkommen unerhörte, weil dieselbe bei keinem anderen
Fluss der Welt Geltung hat. Es giebt sehr viele bedeutende Ströme,
bei welchen die Quelle von Nebengewässern in Luftlinie weiter von der
Mündung entfernt ist, als die des Hauptstromes, ohne dass letztere
dadurch aus ihrer Stellung verdrängt wird. Wo freilich der Hauptstrom
sich in ein Gewirre verschieden benannter Quellbäche auflöst, hat die
Wahl des entferntesten als Hauptquelle Berechtigung, wo dies jedoch,
wie beim Kagera, nicht der Fall ist, erscheint ein solches Verfahren
gewaltsam und unberechtigt.

Von Reisenden hat, soviel mir bekannt, noch keiner diese unnatürliche
Auffassung angenommen. So entdeckte Stanley im südlichen Unyamwesi
Wasserläufe, welche, wie schon aus der Höhe vermuthet und durch meine
Reise nachgewiesen wurde, nicht dem Nil, sondern dem Eyassigebiet
angehören. Stanley konnte dies auf seiner Reise nicht wissen, sondern
glaubte südliche Zuflüsse des Simiyu entdeckt zu haben. Obwohl
diese, wenn sie wirklich dem Nilgebiet angehören würden, weitaus
die südlichsten Gewässer desselben wären, glaubte Stanley doch nicht
daran, die Nilquelle entdeckt zu haben, sondern strebte diesem Ziel
durch Verfolgung des Kagera zu.

Die Annahme des südlichsten Punktes des Nilgebietes als Quelle des
Nil muss also, als durchaus unbegründet, verworfen werden. Uebrigens
ist auch für jene Theoretiker, welche doch daran festhalten wollen,
die Nilquellfrage als =gelöst= zu betrachten. Denn die südlichsten
Zuflüsse des Nil sind zweifellos jene Bäche, welche ich auf der Reise
vom Tanganyika südostwärts in Süd-Urundi überschritt. Der äusserste,
der Luvirosa, ein von Südwest herkommendes ½ m tiefes und kaum 3 m
breites Bächlein, überschritt ich am 7. Oktober und verfolgte einen
direkt von Süd kommenden Bach bis zum Ursprung, der sich nahe an
der Wasserscheide gegen den Mlagarassi befindet. Es ist als sicher
anzunehmen, dass die Quelle dieses Rinnsals unter ca. 3° 46´ s. Br.
der südlichste Punkt des Nilsystems ist. Die Quelle des Luvirosa,
deren beiläufige Lage mir von den Eingeborenen gezeigt wurde, muss,
nach der Kammrichtung des Gebirges zu schliessen, etwas =nördlicher=
liegen. An der Stelle, wo ich den Luvirosa überschritt, hatte
derselbe fast genau dasselbe Wasserquantum, wie der Mswavula-Bach,
den ich am 5. Oktober überschritt und bis zum Ursprung verfolgte.
Derselbe war vom Ueberschreitungspunkt ca. 14 Kilometer entfernt
und es ist daher sehr wahrscheinlich, dass der Luvirosa in gleicher
Entfernung von der Ueberschreitungsstelle entspringt.

Der Grund, warum ich diesen Bach, dessen Ursprung man mir, wie
gesagt, am Berghang zeigte, nicht bis zur Quelle verfolgt habe, lag
einerseits in der untergeordneten Bedeutung, die ich der ganzen
Annahme beilegte, andererseits in dem Umstand, dass mir nicht
bekannt war, dass ich im Begriffe stand, das Nilgebiet zu verlassen.
Aber auch wenn ich mir die Mühe gegeben hätte, den Luvirosa und
alle seine Nebenrinnsale zu verfolgen, so würde dies doch zwecklos
gewesen sein, denn die Differenz, um die es sich handeln kann, ist
sicher nicht grösser als einige Kilometer, also so klein, dass sie
innerhalb der Fehlergrenzen der topographischen Aufnahme fallen, wie
sie ein Forschungsreisender auszuführen im Stande ist. Künftigen
Generationen, die vielleicht eine Mappierung von Urundi ausführen,
wird es vorbehalten sein, den mathematisch südlichsten Punkt des
Nilgebietes auszufinden. Sehr wahrscheinlich wird sich der Ursprung
des von mir verfolgten Baches als solcher erweisen, vielleicht auch
der eines anderen, ja bei den gewundenen Läufen dieser Gebirgswässer
ist es nicht unwahrscheinlich, dass irgend ein Lauftheil am
südlichsten liegt, der also dann, nach der Theorie des »südlichsten
Punktes«, als Quelle des Nil zu betrachten wäre, eine Möglichkeit,
welche das absurde der ganzen Annahme darlegt.

=Wie immer man über das Nilquell-Problem denken möge, soviel
ist sicher, dass durch die Massai-Expedition des Deutschen
Antisklaverei-Komite die letzten Schleier desselben gelüftet
wurden, -- dass das »Caput Nili Querere« von nun an endgiltig der
Vergangenheit angehört.=

Fern sei es von mir, den Ruhm eines =Speke= zu schmälern, jenes
kühnen Forschers, der das Dunkel, welches über der Nilquelle lag,
mit einem Schlage gelichtet. Seiner und =Stanley's= Pionierarbeit
verdanke ich es ja vor Allem, wenn es mir gelungen ist, ihre Pfade
weiter verfolgend, als erster Weisser die Quelle des Nil zu schauen.

Von der Nilquelle zu reden ohne die =Mondberge= zu erwähnen
scheint unmöglich, ist es doch in neueren Afrikawerken geradezu
Mode geworden, deren Lage mit Beigabe von allerlei alten Karten zu
erörtern. Der Streit, ob dieser oder jener Berg mit dem ptolemäischen
Mondberge gemeint sei, scheint mir jedoch ein ziemlich müssiger,
da er bei den Alten eine genaue Kenntniss der innerafrikanischen
Geographie voraussetzt, welche sie kaum besessen haben.

Wie weit die Beziehungen der alten Egypter nach Innerafrika reichten
ist allerdings nicht leicht abzusehen. Jedenfalls ist die Behauptung
Stuhlmanns[9], dass ihre Kenntniss des Nil nur bis Wadi Halfa
gereicht habe, durchaus irrig und steht im Widerspruch mit dem
Ergebniss der egyptologischen Forschung. Am Berge Barkal, also weit
oberhalb Wadi Halfa fand Lepsius[10] Tempelruinen, deren älteste aus
der Zeit Amenhotep III. (ca. 1500 v. Chr.) stammen. Inschriften, die
auch von Brugsch[11] vielfach citirt werden, gaben auf den Denkmälern
vom Barkal-Berge Auskunft über jene aethiopischen Pharaonen, die als
25. Dynastie eine Fremdherrschaft in Egypten ausübten.

  [9] A. a. O. pag. 847.

 [10] Briefe aus Egypten, Aethiopien und der Halbinsel des
      Sinai, Berlin 1852.

 [11] Geschichte Egyptens, pag. 415 und 677 ff.

Weiter südlich, zwischen Nil und Atbara, fand Lepsius die ausgedehnte
Ruinenstätte von Meroë mit zahlreichen Pyramiden und am blauen Nil,
also oberhalb Chartum beim Dorfe Soba, traf derselbe Forscher[12]
eine Statue des Osiris. Dass sich weiter südlich noch keine Denkmäler
gefunden haben, kann keineswegs als Beweis angeführt werden, dass den
alten Egyptern diese Länder nicht bekannt waren. Denn auch in vielen
asiatischen Landschaften, die sie auf ihren Kriegszügen oder Razzias
nachweisbar berührten, finden sich keine egyptischen Baureste. Es
kann im Gegentheil als erwiesen gelten, dass die Egypter bis tief in
den Sudan vorgedrungen sind. Senaar (Essi-n-arti-Flussinsel, nach
Brugsch) war ihnen bekannt und ist vielleicht mit dem Reiche Alo
oder der Landschaft Asmak identisch, in welcher Psametik egyptische
Soldaten ansiedelte. Punt, das Somaliland, wird schon in der ältesten
Zeit genannt und eine Landschaft Gureses, die auf den Siegestafeln
Tothmes III. (1600 v. Chr.) fungirt, identificirt Brugsch mit
Kassala[13]; während derselbe Forscher in den Volksstämmen der Kar
oder Kal die heutigen Galla sieht. Aus den geographischen Angaben
der altegyptischen Urkunden, die uns besonders Dümichen zugänglich
gemacht, liessen sich noch zahlreiche Beweise dafür anführen,
dass die alten Egypter im Sudan thatsächlich festen Fuss gefasst
hatten. Wie weit von dort aus der Einfluss der egyptischen und
der verwandten aethiopischen Kultur bis ins Innere des Kontinents
reichte ist heute noch nicht abzusehen. Erst das vergleichende
Studium der ethnologischen Belegstücke mit jenen der altegyptischen
Kultur scheint geeignet darüber Klarheit zu verbreiten. Jeder, der
Innerafrika kennt und unbefangen die Darstellungen der Denkmäler
betrachtet, wird unwillkürlich von der erstaunlichen Aehnlichkeit
betroffen, welche viele altegyptische Waffen und Geräthe mit solchen
Centralafrika's bieten. Besonders die Abbildungen der schwarzen
unterworfenen Völker mit ihrer eigenartigen Haartracht zeigen
überraschende Analogien.

 [12] A. a. O. pag. 163.

 [13] A. a. O. pag. 345.

Jedenfalls ist es zweifellos, dass die alten Egypter mit den Stämmen
des innersten Afrika's in Berührung traten. Ob diese direkt oder
durch importirte Sklaven[14] und Sklavenhändler geschah, scheint von
untergeordneter Bedeutung. Jedenfalls hatten sie Gelegenheit sich
Kenntnisse über das Quellland des Nil zu erwerben und haben solche
auch thatsächlich besessen. Die »Quelle« des Nil bei der Insel Philae
wurde im rein symbolischen Sinne aufgefasst, wie auch von Egyptologen
wie Dümichen und Lauth[15] anerkannt wird. Letzterer nennt die Quelle
bei Philae (Elephantina) einen Quasi-Ursprung, und citirt einen
egyptischen Geographen Asamon, der schon in früherer Zeit wusste,
dass der Nil aus einem See kam. Auch die bekannten Angaben von
Herodot, Diodor und Aristoteles von den Nilsümpfen und Pygmäen, die
ja nur aus egyptischen Quellen entsprungen sein können, beweisen uns,
dass die Alten von jenen Ländern Kenntnisse besassen. Diese wurden
zur Zeit des Ptolemäus ergänzt und erweitert und gaben Nachricht von
der Existenz von Seen und schneebedeckten Gebirgen, aus welchen der
Nil entspringt.

 [14] Zu den Nehasiu-»Schwarzen« der Alten gehörten auch
      die Pygmäen. Einer derselben wurde unter Pepi II. der
      6. Dynastie (ca. 3000 v. Chr.) über Wadi Halfa aus
      dem »Geisterlande« Innerafrika's eingeführt um bei
      Trauertänzen zu fungiren (Schiaparelli tomba egiziana
      della 6. Dynastia pag. 50).

 [15] Egyptens Vorzeit pag. 159.

Die =Gesammtheit dieser Gebirge= und nicht ein einzelner Berg,
war das =Mondgebirge= und nur die Frage scheint interessant, wie
die Alten gerade auf diese Bezeichnung kamen. Die Erklärung, dass
Gebel Kamar, Mondberg, zugleich silberner, weisser Berg bedeutet,
hat schon Beke widerlegt. Denn sie setzt selbstverständlich voraus,
dass Ptolemäus den Namen von den Arabern übernommen und unrichtig
übersetzt habe. Nun ist aber das arabische Wort Kamar (Mond), welches
allein mit Komr (weiss) verwechselt werden konnte, verhältnissmässig
jüngeren Datums und kommt erst im Koran-Arabisch vor. Im
hymyarischen, welches zu Ptolemäus und Marinus von Tyrus Zeiten
gesprochen wurde, heisst der Mond »warkh«, was eine Verwechslung
ausschliesst. Auch nennen die Inder, in deren geographischen Werken
das Nilquellgebiet ebenfalls erwähnt wird, die Berge offenbar
nach griechischer Quelle Somagiri (Mondberge). Ob allerdings das
»Monemugi«, welches Pigafetta und Giovanni Botero im 16. Jahrhundert
in Westafrika erkundeten, irgend etwas mit den ostafrikanischen
Mwesi-Ländern zu thun hat, scheint mir sehr zweifelhaft.

Jedenfalls ist das Auftreten der Bezeichnung =Mwesi=, =Mond=, in
den fraglichen Gebieten in hohem Grade auffallend. Schon Reichard
hat auf diesen Umstand hingewiesen und Unyamwesi, das Mondland,
geradezu mit den Mondbergen identifiziert. Diese Theorie ist
jedoch deshalb irrig, weil der Name Unyamwesi, wie ich nachweisen
konnte, kein nationaler, sondern von Küstenleuten und Arabern dem
Lande beigelegt ist. Nach der arabischen Geographie vermutheten
sie dort ein Mondland und nannten das Land Unyamwesi, ähnlich wie
die Salomons-Inseln so getauft wurden, weil man in ihnen das Ophir
Salomons zu erkennen glaubte. In Urundi jedoch tritt der Name Mwesi,
den schon Burton[16] erkundete, als einheimischer, als Titel des
alten Herrschergeschlechtes auf. Dass dieses Wort wirklich »Mond«
bedeutet und nicht etwa eine Abart der verbreiteten Bantuform für
Häuptling Munyi, Bena u. s. w. ist, ist zweifellos. Denn einerseits
ist diese Form im Kirundi durch »Mwami« (Herrscher), die auch im
Kiganda auftritt, vertreten, anderseits wurde mir stets ausdrücklich
versichert, dass Mwesi »Mond« bedeute und dass das Königsgeschlecht
vom Mond herstamme. Mwesi makisavo, der bleiche Mond hiess der letzte
Herrscher, mit welchem ich identificirt wurde.

 [16] Burton erfuhr von Urundi, dass es ein streng monarchisches
      Land sei, dessen lichtfarbiger Mwami (Sultan) Mwesi 6 Tage
      nordöstlich vom Tanganyika an der Kitangule- (Kagera-)
      Quelle sitze. Das Land galt als vollkommen unzugänglich.
      (Journal R. G. Soc. 1859, pag. 253.) Es scheint mir
      wahrscheinlich, dass der Mwesi damals schon eine mythische
      Persönlichkeit war.

Es liegt mir fern zu behaupten, dass die Missosi ya Mwesi, welche ich
an der Quelle des Nil fand, mit den Mondbergen der Alten identisch
seien. So sehr diese Bezeichnung mich auch überraschte, so ist es
doch mehr als unwahrscheinlich, dass die Alten von dieser Lokalität
Kenntniss hatten.

Etwas Anderes ist es, wenn man ganz Urundi in Betracht zieht, das
heute noch bei allen Nachbarstämmen =Charo cha mwesi=, =Mondland=,
heisst. =Was= der Name Mwesi dem Lande bedeutet, mag aus der
Beschreibung der Reise hervorgehen. Darf man nun nicht annehmen,
dass dieser Mwesi, dessen blosse Nennung heute noch ruhige Ackerbauer
in rasende Fanatiker verwandeln kann, einst noch grössere Bedeutung
hatte und dass sein Reich weite Striche im Nil-Quellgebiet umfasste?
Ist es undenkbar, dass die Alten, die von den Pygmäen und Nilseen
hörten, nicht auch durch dunkle Negergerüchte von diesem »Mondland«
vernahmen und nach demselben die Gebirge, aus welchen der Nil seine
Wasser sammelt, »Mondgebirge« nannten? --

Wenn wir, zur geographischen Beschreibung zurückkehrend, die Gebiete
westlich vom Victoria-Nyansa überblicken, so finden wir dieselben
erfüllt von vorherrschend meridional streichenden Gebirgszügen, die
als =centralafrikanisches Schiefergebirge= zusammengefasst werden
können. Dieselben tragen theils den Charakter durch Erosion vielfach
zerrissener Plateaus, theils gliedern sie sich in Kammgebirge. Im
Gegensatz zu Unyamwesi ist der Typus der ständig fliessenden Gewässer
hier der normale, und periodische Wasserläufe kommen nur vereinzelt
vor.

Durch die Wasserscheide zwischen Nil und Kongo ist das Gebiet in
zwei klimatisch recht wesentlich unterschiedene Hälften getrennt,
von welchen die nördliche, das Nilgebiet, aus wasserreichen Höhen,
die südliche, das Gebiet des Mlagarassi, aus trockenen, in ihrem
Charakter vielfach an Unyamwesi erinnernden Gebieten besteht.

In hydrographischer Beziehung betritt man, vom Victoria-See kommend,
erst das Gebiet des Urigi-Sees, der zeitweise einen Abfluss in den
Nyansa besitzen soll und gelangt dann in das Kagera-Nilgebiet.

Von Urundi und Ruanda strömen dem Kagera zahlreiche Bäche zu,
darunter auch der ansehnliche Akanyaru, der als wildes Bergwasser
in den Missosi ya Mwesi unweit der Nilquelle entspringt und dann in
breitem, papyrusreichen Thal, die Grenze zwischen Ruanda und Urundi
bildend, gegen Nordost fliesst.

Bekanntlich fungirte der Akanyaru fast zwanzig Jahre lang als
»Alexandra-Nyansa« auf den Karten. Stanley hatte nämlich in Karagwe
und Ussui von der Existenz eines Nyansa ya Akanyaru gehört und darin
sehr begreiflicher Weise einen See vermuthet. Nach meinen Erfahrungen
bezeichnen die Eingeborenen jener Striche jedes Gewässer als Nyansa,
während der Name für See »Tanganyika« lautet. So wurden mir der
Victoria- und Albert-Edward-See als »Tanganyika« bezeichnet, selbst
der Urigi-See war für die Leute von Ruanda ein »Tanganyika«. Stets
wurde mir versichert, dass ein solcher »Tanganyika«, also ein See,
in Ruanda nicht existiere. Nyansa ya Warongo, zweifellos identisch
mit dem »Mworongo« Stuhlmanns, ist ein Nebenfluss des Akanyaru.
Nach allem, was ich erfuhr, scheint mir die Existenz irgend eines
namhaften Seebeckens im Nilquellgebiet so gut wie ausgeschlossen.
Das einzige Gewässer, über dessen Charakter ich verschiedene Angaben
hörte, ist der =Kifu=, den die einen »Nyansa« (Fluss), die anderen
»Tanganyika« (See) nannten. Alle stimmten jedoch darin überein, dass
er südlich von den Mfumbiro-Bergen liege und einen Abfluss nach dem
Russisi habe, also nicht mehr dem Nilgebiet angehört. Vielleicht ist
er mit dem Oso-See Stanleys identisch.

Die Gewässer des Urundi-Plateaus, theilweise schon jene von Ussui
zeigen sämmtlich einen gleichförmigen Charakter. Nur grössere Flüsse,
wie der Kagera und Akanyaru haben breitere, tiefe Thäler erodiert,
sonst zeigt sich bei allen Wasserläufen ein System von Thalstufen.
Die engen Thäler sind mit papyrusreichen Hochsümpfen erfüllt, durch
welche der Bach träge sickert, um dann in felsigen Schnellen eine
Stufe zu überwinden und in ein neues Papyrusthal einzutreten. In
Ost-Ussui treten öfter sehr schön erhaltene Felsterrassen an den
Thalhängen auf (vid. Kopfleiste des Kapitels), in Urundi sind
diese durch die Verwitterung und durch Ueberlagerung mächtiger
Lehmschichten verschwunden und die Thäler von steilen, grasigen
Hängen eingeschlossen. In Süd-Urundi fehlen die Papyrussümpfe und die
Flüsse besitzen in den Absätzen der Stufen etwas breitere Thäler mit
Alluvialmassen, welche sie in vielgewundenem Lauf durchschneiden.

Weit wasserärmer als das Nilgebiet ist, wie erwähnt, jenes des
=Mlagarassi=, der jedoch selbst ständig Wasser führt und einen
merkwürdigen, fast kreisförmigen Lauf besitzt. Er entspringt nämlich
in der Landschaft Uganda nördlich von Ujiji, fliesst hierauf, einen
Bogen gegen Norden bildend, durch die Landschaften Urundi und Uha,
biegt sodann wieder gegen Westen um und mündet südlich von Ujiji in
den Tanganyika.

In Uha, wo ich ihn kennen lernte, ist er ein Flachland-Fluss mit
breitem Ueberschwemmungsgebiet. Er nimmt dort einige ziemlich
wasserreiche Bäche, sonst wohl nur periodische Läufe auf, deren
grösster der Igombe ist.

Ueber das Gebiet des =Russisi= konnte ich, wie oben erwähnt, nur
gerüchtweise Nachricht einziehen. Von den Urundi-Bergen fliessen ihm
zahlreiche wasserreiche Bäche zu. Er soll in der Regenzeit ziemlich
weit aufwärts mit Kanus befahrbar sein und keine Schnellen besitzen.

Unweit Ruwenga soll eine heisse Quelle entspringen. Die wenigen Tage,
die ich am =Tanganyika= zubrachte, sind nicht im Stande der ziemlich
reichen Litteratur über diesen See Neues hinzuzufügen. Von früh 10
Uhr bis Sonnenuntergang wehte im September ein kräftiger Südwind,
der in dieser Jahreszeit regelmässig auftreten soll. Das Wasser war
leicht brackisch, aber geniessbar. Nach Aussage der Eingeborenen
fällt der See stark und breite Sanddünen zeigen die Fläche, die er
früher bedeckte. Auch die von Hore und Livingstone gesehene Insel
konnte ich nicht mehr wahrnehmen.

Was die =orographische Gliederung= anbelangt, so trifft man in
Ost-Ussui leicht gewellte Landschaften, die von einzelnen meist N.
N. O. verlaufenden Kämmen durchschnitten werden. Weiter landeinwärts
treten diese näher aneinander und nehmen Plateaucharakter an. In
Urundi ist das allmählich ansteigende Land durch die Erosion in ein
ziemlich regelloses Gewirre von Kuppen verwandelt, in welchem die
meridionale Kammrichtung kaum noch erkennbar ist. Den Westrand bildet
der riesige, fast 3000 m hohe Wall der Missosi ya Mwesi, der jenseits
steil nach dem Centralafrikanischen Graben abstürzt.

Durch den Tanganyika und das Russisi-Thal, durch den Albert-Edward-
und Albert-See charakterisirt, bildet der =Centralafrikanische
Graben=, wie schon Dr. =Hans Meyer= ausgeführt, eine mehr lokale aber
kaum weniger grossartige Störungslinie als der Ostafrikanische. Die
Seen sind sämmtlich durch leicht brackisches Wasser ausgezeichnet
und der Tanganyika legitimirt sich durch die Fauna deutlich als
Relicten-See. Zum Unterschied vom ostafrikanischen Graben, bei
welchem der Westrand allein durchwegs scharf ausgeprägt ist, scheinen
hier beide Ränder in gleicher Deutlichkeit aufzutreten. Am Tanganyika
sowohl wie am Albert- und Albert-Edward-See tritt der Westrand als
schroffe Mauer auf; ebenso präsentirt sich der Ostrand im Süden
als die Missosi ya Mwesi, im Norden als Ruvensori bis über die
Schneegrenze aufragend.

Die von Suess vermuthete Aufwulstung der Grabenränder, tritt hier
bei den Randgebirgen deutlich auf. Ueberall bildet die Höhe des
Abfalls auch die Wasserscheide, auf der einen Seite die des Kongo,
auf der anderen die des Nil, dessen Ursprung sich in nächster Nähe
des Grabens befindet. Aehnlich wie der Gurui sich in der Sohle des
Ostgrabens erhebt, so ragen hier die Mfumbiro-Vulkane auf, einen
deutlichen Beweis für den Bruchcharakter dieser Senkung liefernd.

Von dem östlichen Randwall des Tanganyika zweigt jener Kamm ab,
welcher die Wasserscheide zwischen Kagera und Mlagarassi bildet und
erst steil und felsig ist, dann immer mehr abflacht. Südlich davon
sind nur niedrige Hügelzüge vorgelagert, aus welchen man in das
Flachland von Unyamwesi tritt.

Der =geologische Bau= ist durch das Vorherrschen krystallinischer
Gesteine bezeichnet; nur selten und meist an grossen Flussläufen, wie
dem Kagera und Akanyaru, werden die liegenden plutonischen Gesteine,
Granit und Diabas, durch die Erosion blosgelegt. In Ussui und Urundi
bis zum Akanyaru ist Quarzit vorherrschend mit meist N. N. O. -- S.
S. W.-Streichen und steilem W. N. W.-Fallen. Derselbe ist vielfach
mergelich verwittert und oft mit dicken Lateritmassen überlagert.
Vereinzelt tritt Gneiss, Glimmerschiefer und Urthonschiefer in
gleicher Lagerung auf, letzterer am Muhembaberg graphithaltig. In
Ruanda tritt Gneiss auf, während im südlichen Urundi wieder Quarzit
vorherrscht. Auch in Uha steht krystallinisches Gestein an, welches
vielfach eisenschüssig verwittert ist und sich an das Granitgebiet
von Unyamwesi anschliesst. --

Wahrscheinlich paläozoische Sedimente treten an einigen Punkten
Urundi's auf, Kalke fand ich nur in Uha, doch sollen solche auch bei
Ruvenga am Westufer des Tanganyika anstehen.

Das =Klima= ist in ganz auffallender Weise durch die Wasserscheiden
beeinflusst, indem das Gebiet des Kagera fruchtbar und reicher
an Niederschlägen ist als das Tanganyika-Gebiet, während das
Urigi-Gebiet etwa die Mitte zwischen beiden einhält. -- Der Grund
liegt wohl hauptsächlich in der verschiedenen Seehöhe, möglicherweise
auch in herrschenden Windrichtungen, deren Erforschung der Zukunft
vorbehalten bleibt.

An das Klima ist die Vegetation gebunden, welche den
=Landschaftscharakter= bestimmt. Durch einen Steppenstreifen ist
das Nyansa-Ufer von Ussui getrennt, ein vorherrschend offenes,
grasiges Gebiet in dem nur Siedelhaine und vereinzelt hohe
Laubbäume aufragen. Diese verschwinden im centralen Ussui, das
einen sehr dürren Charakter mit rothem, eisenschüssigem Gerölle und
spärlichem Gestrüpp an den Hängen besitzt. West-Ussui und Urundi
sind fast ganz Weideland, mit Wiesen die alljährlich abbrennen und
deren Eintönigkeit nur durch die dunkelgrünen Papyrus-Sümpfe und
Siedelhaine unterbrochen wird. Erst an den Hängen der Missosi ya
Mwesi tritt Bergwald mit zahlreichen Bambus auf. Das südliche Urundi,
welches schon dem Mlagarassi-Gebiet angehört, ist ziemlich trocken
und steinig. Uha ist ein Waldland; auf ungeheuren Strecken bedeckt
mit wasserarmen, lichten Laubwäldern, in welchen Caesalpiniaceen
vorherrschen und welche als Miombowälder in das östliche Unyamwesi
übergreifen. Die einzige Unterbrechung dieser Wälder bilden in Uha
ausgedehnte, zur Regenzeit versumpfte Savannen. Da das ganze Gebiet
mehr oder weniger dicht besiedelt ist, so ist Wild ziemlich spärlich
und findet sich nur in den Wildnissen von Uha. --

Wenn wir das ganze Gebiet überblicken, so finden wir in demselben
eine uralte Kontinentalmasse, in welcher Sedimente nur eine
untergeordnete Rolle spielen und die durch das Vorherrschen primärer
Gesteine ausgezeichnet ist. Die gebirgsbildenden Motoren, die in
Europa und Asien durch Faltung das Antlitz der Erde veränderten,
übten hier keine wahrnehmbare Wirkung. An ihre Stelle traten
grossartige Störungslinien, welche das Land, in geologisch
jüngster Zeit, in einzelne Schollen zerrissen und es zu einem der
merkwürdigsten und bedeutungsvollsten Gebiete der Erdoberfläche
machten.

[Illustration: Granitfelsen in Usukuma.]



VIII. KAPITEL.

Die Völker des abflusslosen Gebietes.

Die Massai. -- Die Wandorobo. -- Die Wataturu. -- Die Wafiomi. --
Die Wambugwe. -- Die Wanyaturu. -- Die Wassandaui. -- Wanderungen der
Stämme.


Wie aus der allgemeinen Beschreibung hervorgeht, ist das abflusslose
Gebiet durch das immerhin bedeutende Auftreten von Steppenstrichen
bezeichnet. Zwar sind dieselben nicht annähernd so ausgedehnt
als man vermuthete und viele Gegenden, die als Wüsten bezeichnet
wurden, erwiesen sich als ausserordentlich fruchtbar, ja mit als
die besten Länder Ostafrika's. Aber immerhin ist das Gebiet, welches
menschlicher Siedelung einen günstigen Boden bietet, ein beschränktes
und selbst von diesem ist nur ein geringer Theil ständig bewohnt,
das übrige bildet den ungeheuren Weide- und Jagdgrund nomadischer
Volksstämme. Gerade die schwierige Zugänglichkeit des Gebietes hat
jedoch seine Bewohner in einer Ursprünglichkeit und Unberührtheit
erhalten, wie sie in heutiger Zeit nur selten anzutreffen ist.

[Illustration: Massai-Knabe.]

Mehrere der Stämme des abflusslosen Gebietes werden hier zum ersten
Mal genannt, von den meisten anderen kannte man nur den Namen, ohne
von ihrer Lebensweise und ihrer ethnographischen Zugehörigkeit auch
nur das Geringste zu wissen, da kein Reisender dieselben vorher
gesehen hatte.

Dies ist allerdings nicht bei jenem Stamme der Fall, der dem ganzen
Gebiete gewissermaassen seinen Stempel aufgedrückt hat, bei den
=Massai=. Gründliche Forscher, wie Krapf, Dr. Fischer, Thomson und
v. Höhnel, haben diesen Stamm in seinen nördlichen Wohnsitzen kennen
gelernt und bei der ausserordentlichen Einheitlichkeit der Massai
haben die Beschreibungen die sie entworfen im Allgemeinen auch
für unser Gebiet Geltung. Dabei haben diese Forscher die Massai in
ihrer Glanzperiode gesehen, während ich auf der letzten Reise sie im
tiefsten Elend fand.

Wenn ich dennoch nachfolgend eine Beschreibung dieses merkwürdigen
Hirtenvolkes gebe, so geschieht dies, weil ich durch monatelangen,
täglichen Verkehr mit den Massai-Hirten der Expedition, sowie durch
einen selten vorzüglichen Dolmetsch in der Lage war, manches zur
Ergänzung der Berichte obengenannter Reisenden zu erfahren.

Die =Massai-Völker= zerfallen in zwei Gruppen, die =Mbarawui=,
von den Küstenleuten =Wakuavi= genannt und die Massai im engeren
Sinne. Die Sprache der beiden Stämme ist dialektisch verschieden,
auch finden sich Unterschiede in den Sitten und vor Allem ist das
Stammesbewusstsein beider Völker so stark ausgeprägt, dass eine
Unterscheidung derselben berechtigt erscheint. Der Swahíli-Name
»Mkuavi« wurde mir von einem gleichnamigen hohen Laubbaum mit rothen
Früchten abgeleitet, der in Bondeï und im Hinterlande von Mombas
gedeiht und von den Waschambaa Mambia genannt wird. Nach diesem Baum
benannten die Küstenleute die hochgewachsenen Mbarawui, das erste
Massai-Volk mit dem sie in Berührung kamen.

Die Nachrichten, welche ich über die Kämpfe dieser beiden Stämme
erfuhr, lassen sich so ziemlich mit den von Thomson erkundeten in
Einklang bringen.

Die Mbarawui sassen ursprünglich zu beiden Seiten des Pare-Gebirges
und wohl auch in der Kiwaya-Steppe, von wo aus sie das Küstengebiet
zu verheeren pflegten. Die Massai lebten am Manyara-See, in der
Sogonoi-Gegend, in Kisongo und nordöstlich vom Kilimanjaro bis
Ukambani hin. Nach Thomson litten die Wakuavi sehr unter Dürre
und hatten sich eine Niederlage von den Wagogo geholt. Wie man mir
mittheilte, drängten die von Süden kommenden Wambugwe auf die Massai
und vertrieben sie vom Manyara. Mag nun dieser, oder ein anderer
Grund als Veranlassung gedient haben, genug, die Massai bekriegten
die ohnehin geschwächten Wakuavi und vertrieben sie aus ihren
Wohnsitzen. Ein Theil wurde versprengt und fand in Usegua, Unguu
sowie im Pare-Gebirge (als Wambugu) eine Zuflucht als halbansässige
Viehzüchter oder schloss sich den Bantu-Ackerbauern von Taveta, Kahe,
Ober- und Unter-Aruscha an. Der grösste Theil der Wakuavi zog jedoch
nach Nguruman, wo damals noch keine Massai lebten. Dort theilten sie
sich: eine Abtheilung besiedelte Ndare Serian (Friedens-Schaf) am
Ngare dabash, die andere die Gegenden am Naivascha-See, vor Allem
Guas Ngischu. Dort fand der von Thomson erwähnte Verzweiflungskampf
mit den Massai statt. Besiegt zog die Hauptmasse der Guas
Ngischu-Wakuavi nach Leikipya, dem »Neuland«, wo sie mit der Zeit
wieder grosse Macht erlangten. Andere schlossen sich den Bantu
(Wassegeju) von Nguruman und Sonyo, andere den, wahrscheinlich
den Kamassia verwandten Urbewohnern von Njemps am Baringo und
den Kavirondo an. Theilweise gingen sie in diesen Ackerbaustämmen
auf, nicht ohne denselben in Tracht und Sitten, vielfach selbst in
der Sprache ihr Gepräge aufzudrücken. Auch in Ngoroïne findet man
zahlreiche angesiedelte Wakuavi.

Erst nach Verdrängung der Wakuavi aus Guas Ngischu besiedelten
die Massai das Plateaugebiet, Mutier, Ndasekera und Serengeti, die
ursprünglichen Wohnsitze der Wataturu.

Das weite Massai-Land, welches früher der ungeheuere Weideplatz der
Massai-Heerden war, ist jetzt in verschiedene Distrikte wie Kiwaya,
Simangiro, Mutyek u. s. w. getheilt, deren jeder ein bestimmtes
Schildwappen führt, an dem sich die Krieger erkennen. Innerhalb der
einzelnen Distrikte sind stets fast alle Massai-Stämme vertreten,
die als mehr oder weniger vornehm gelten und wahrscheinlich noch aus
der unbekannten Urheimath der Massai stammen. So giebt es überall
Vertreter der Stämme Muleïlyan, Leisseri, Leitoyo, Mamasita, Mágesen,
Marumwai, Lugumai, Maguveria und des Schmiedestammes der Elkonono,
die ebenfalls Massai sind, aber von den anderen verachtet werden.

Die Massai sind meist hochgewachsen, schlank und langbeinig. Ihre
Körperformen sind selten voll, sondern auch bei Männern vielfach
zart und weibisch, doch oft von grosser Schönheit. Dennoch besitzen
sie bedeutende Muskelkraft und Ausdauer. Die Extremitäten sind
zierlich und schmal, die Haut ist meist dunkler als chokoladebraun
und erstaunlich weich und sammetartig. Der Gesichtstypus variirt
sehr. In Sogonoi und Kiwaya, also im Steppengebiet, findet man oft
negerhafte Züge, hier treten auch vollere Körperformen auf. Fast
rein hamitisch sehen die Plateau-Massai, also die von Mutyek und
Serengeti aus. Dieselben haben regelmässige Züge, schmale Nasen und
glänzende, schwarze Augen die manchmal leicht schiefgestellt sind. Im
Alter werden die Züge hart und oft adlerartig scharf. Häufig trifft
man sogenanntes Hamiten-Haar. Wenn der Kopf frisch rasirt ist, so
erscheint das nachwachsende schwarze Haar bis zur Länge von ca. 1
cm völlig glatt und bekommt dann erst eine leichte Kräuselung, die
an die Kraushaare mancher Europäer erinnert. Beim echten Wollhaar
erscheinen dagegen schon die ersten Haaransätze gekräuselt. Dieses,
an der Küste bei Mischlingen von Arabern und Negern nicht seltene
Hamiten-Haar findet sich bei den Plateau-Massai häufig, etwas
seltener bei jenen des Tieflandes die häufig Wollhaare haben.

Im Allgemeinen machen die Massai den Eindruck eines hamitischen
Stammes, der in verschiedenen Gegenden mehr oder weniger starke
Blutmischungen mit Bantu erhalten hat. Den tiefschwarzen, typisch
negerhaften Sudanesen, welchen sie sprachlich so nahe stehen,
gleichen sie physisch in keiner Weise.

Das Haar wird von jungen Leuten kurz getragen. Krieger lassen
dasselbe lang wachsen und flechten es in fadendünne Strähnen, so dass
es von weitem wie schlichtes Haar aussieht. Diese Strähnen werden
mit Fett und rother Lehmfarbe eingerieben und verschiedene Frisuren
daraus geflochten, bei welcher die mit langem, bastumwundenen
Zopf überwiegt. Die eigenthümliche Art der Beschneidung (Incision)
beschreibt Thomson ausführlich.

Die Weiber tragen den Schädel rasirt. Die beiden oberen, vorderen
Schneidezähne werden bei beiden Geschlechtern vorgebogen, die
entsprechenden unteren ausgebrochen, doch ist diese Sitte nicht mehr
allgemein üblich. Die Ohrläppchen werden durchlöchert und bis zur
Länge von 10 cm und darüber ausgedehnt. Darin tragen die Krieger
Eisenspiralen, an welchen Kettchen hängen, die Weiber tellerförmige
Eisenspiralen, die oft so schwer sind, dass sie durch einen über den
Schädel gelegten Riemen gehalten werden müssen.

Um den Hals tragen die Weiber Bänder aus steifem Leder, auf welchen
weisse und rothe Glasperlen genäht sind und von denen Eisenkettchen
und Glasperlen herabhängen, die Verheiratheten auch einen
tellerförmigen Kragen von dickem, gewundenem Eisendraht. Am Oberarm
tragen die Krieger ein Armband aus Horn, am Unterarm manchmal einige
Glasperlen. Die Weiber umwinden sich den Unterarm und Unterschenkel
mit mächtigen Manschetten aus Eisendraht.

Die =Kleidung= besteht bei Kriegern aus einem kurzen Lederüberwurf,
der die linke Schulter freilässt und niemals die Schamtheile bedeckt.
Der selbe ist manchmal aussen behaart und aus verschiedenfarbiger
Rindshaut gefertigt. Oefter tragen sie am Hintertheil ein
dreieckförmiges Schürzchen als Sitzmöbel. Die älteren Leute haben
längere Ledermäntel, ebenso die Weiber, deren, den Busen verhüllende
Lederkleidung an den Hüften durch einen Gürtel zusammengehalten wird.
An den Füssen trägt man häufig kräftige Ledersandalen.

Der Kriegsschmuck der Massai ist schon oft beschrieben und abgebildet
worden. Gerade diese zahlreichen Abbildungen können jedoch
die Ansicht hervorrufen, dass dieser wilde, aus Colobusfellen,
Straussfedern u. s. w. gebildete Kriegsschmuck allgemein getragen
wird. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Ich habe auf dieser und
auf meinen früheren Reisen öfter Massai am Kriegspfade gesehen,
aber nicht einen einzigen im vollen Kriegsschmuck. Einer oder der
andere -- von 100 Kriegern etwa ein Dutzend -- trugen den bekannten
Federschmuck aus Straussfedern, der das Gesicht einrahmt, die übrigen
zogen in gewöhnlicher Tracht ins Feld und bemalten sich höchstens mit
weissem Mergel an den Beinen.

Körperbemalung ist überhaupt allgemein üblich und wird mit Fett
und rother Lehmfarbe ausgeführt. Eine Körperreinlichkeit kennen die
Massai nicht. Mein ältester Rinderhirt, ein weisshaariger Elmoruo,
gestand mir ein, dass er sich im Leben noch nie gewaschen habe.
Deshalb wimmeln denn auch die Haare, Lederkleider, ja selbst der
Eisenschmuck der Weiber von Ungeziefer.

Durch =Krankheiten= wurden die Massai früher wohl nicht viel geplagt,
die empfindlichsten waren die Augenleiden, welche durch die zahllosen
Fliegen verbreitet werden und oft zur Erblindung führen. So zäh und
gesund die Massai im eigenen Lande sind, so wenig widerstandsfähig
zeigen sie sich in anderen Klimaten. Am besten halten noch die
Steppen-Massai einen Klimawechsel aus, die Plateaubewohner gehen
jedoch überall in der Niederung, besonders an der Küste oder am
Victoria-Nyansa, rasch ein. Gegenwärtig leiden alle Massai an einer
grossen Krankheit: dem Hunger.

Was den =Charakter= der Massai anbelangt, so ist für denselben vor
Allem ein grosser Eigendünkel bezeichnend, der sie auf alles, was
nicht Massai ist, mit Verachtung blicken lässt. Besonders die Krieger
haben eine stolze, freie Haltung, blicken jedem Fremden gerade ins
Auge und bringen dadurch, im Gegensatz zu anderen Schwarzen, einen
angenehmen Eindruck hervor. Sie wirken auch auf ihren Raubzügen
hauptsächlich durch den moralischen Eindruck eines trotzigen,
rücksichtslosen Vorgehens, dem schwache Gemüther nicht gewachsen
sind. Wo sie aber auf kräftigen Widerstand stossen, wie z. B. bei
den Wambugwe, verwandelt sich ihre »Kühnheit« sofort in jämmerliche
Feigheit.

Der nomadischen Lebensweise entsprechen die =Wohnsitze=, oder besser
gesagt die Lager der Massai. Sie bestehen aus 40 bis 60 kreisförmig
angeordneten Hütten, die einen Viehhof umsäumen. (Abb. pag. 32). Die
Hütten haben oblongen Grundriss, sind ca. 1,20 m hoch und durch ein
Gerippe von Zweigen gestützt. Dieses wurde früher mit Kuhmist und
Lehm, jetzt meist mit Stäbchenmatten und Fellen überzogen. Das Thor,
durch welches man seitlich, wie in ein Schneckenhaus, eintritt, liegt
an der Innenseite, der Hüttenraum ist in zwei Theile getheilt.

Beim Abzug bleiben diese Hütten stehen und finden sich als
Wahrzeichen früherer Siedelungen überall im Massailand verstreut.
Nur Felle und Hausgeräth werden auf Esel und Rinder gepackt und
mitgenommen.

Das ganze Leben der Massai dreht sich um die =Viehzucht=, die =Jagd=
war früher nahezu verpönt und wird erst in neuerer Zeit auch von den
El Moran (Kriegern) betrieben. Die Hauptpflege wurde den Rindern zu
Theil, deren Zahl durch die Raubzüge ungeheuer anwuchs. Daneben hält
man auch Ziegen, Schafe und Esel. Die Zuchtwahl scheint den Massai
nicht unbekannt, wenigstens sah ich öfters Schafböcke, welchen man
steife Lederschürzen umgebunden hatte, um eine Fortpflanzung zu
verhindern. Die Rinder gehören durchweg der Zebu-Rasse an, Anklänge
an den bei den Watussi auftretenden Sangatypus der Galla-Länder
fehlen gänzlich. Der Grund liegt jedenfalls in den Raubzügen, die den
Massai massenhaft Rinder der ansässigen Völker zuführten, wobei etwa
vorhandene ursprüngliche Formen aufgingen. Die Esel sind kräftig,
untersetzt, von grauer Farbe und sehr ausdauernd. Bei den Krankheiten
der Hausthiere werden verschiedene Arzneimittel angewendet. Den
Rindern pflegt man mit einem eigenen kurzen Pfeil eine Ader zu
öffnen, um deren Blut zu trinken, hierauf wird die Wunde wieder
zugeheilt. Die Tödtung der Rinder geschieht durch einen Stich ins
Genick. Das Melken der Kühe ist nur Nachts gestattet.

An =Geräthen= besitzen die Massai sehr wenig und nichts selbst
gefertigtes, mit Ausnahme der Schmucksachen. Schlechte Thontöpfe
liefern ihnen die Wandorobo, Kalebassen erhalten sie von den
ackerbautreibenden Stämmen. Als =Waffen= dienen den Kriegern Speer,
Schild, Schwert und Keule, den älteren Männern Bogen und Pfeile.
Die Eisengeräthe fertigen die Elkonono, doch glaube ich nicht, dass
dieselben das Herstellen von Eisen aus dem Erz verstehen. Vielmehr
wird Eisen meist als Eisendraht von Karawanen importirt oder in
anderer Form von Ackerbauern bezogen. Die schönsten der grossen
breitklingigen Massai-Speere machen übrigens gar nicht die Massai,
sondern die Wadschagga und Ober-Aruschaner, die auch die Eisen-
und Kupferkettchen fertigen. Der Schild wird aus Büffelhaut von den
Wandorobo gefertigt und mit Erdfarben in den Wappenmustern bemalt.
Dieselben gelten für bestimmte Distrikte, z. B. kann man einen
Mutyek-Schild sofort von einem aus Sogonoi erkennen. Die Keule ist
aus hartem Holz und dient weniger als Waffe, als zum agiren bei
Reden, sie wird auch meist nur von Anführern getragen. Die Elmoruo
(die älteren Leute) tragen leichte Bogen und Pfeile in Holzköchern.

[Illustration: Pfeil zum Aderlassen der Rinder, Massai.]

Bei der =Geburt= eines Kindes umgeben verwandte Frauen die Wöchnerin,
Männer dürfen die Hütte nicht betreten. Knaben sind beliebter als
Mädchen, doch soll Kindesmord niemals vorkommen. Ist die Geburt
glücklich vorüber, so wird für den Vater ein Rind, für die Mutter ein
Schaf geschlachtet. Der Knabe, Layok, läuft völlig nackt und erhält
Unterricht im Viehtreiben und Speerschwingen, manchmal wird er wohl
auch bei Kriegszügen mitgenommen. Das Mädchen, Ndoye, verbringt die
Jugend bei der Mutter, bis sie mit ca. 12 bis 13 Jahren als Ndito in
den Elmorankraal kommt. Auch der Knabe wird schon mit 16 Jahren für
erwachsen gehalten, was durch ein Fest gefeiert wird. Die älteren
Leute versammeln sich, schlachten ein Rind und trinken drei Tage
lang Honigwein. Dann werden die jungen Leute durch einen Kundigen
-- nicht den Zauberdoktor (Laibon) -- nach Massai-Art beschnitten
und die Zähne und Ohren in der oben erwähnten Weise behandelt. Bis
zur Heilung der Wunde leben sie abseits im Busch und nähren sich von
kleinen Vögeln, deren Bälge sie um den Kopf gewunden tragen.

Dann wird der junge Mann in den =Elmorankraal= aufgenommen und lebt
zusammen mit den Nditos. Zeugt er ein Kind, so ist es üblich, dass
er das Mädchen heirathet und Elmoruo wird, doch kann er sich auch
durch ein Geschenk an den Vater loskaufen. Die Nahrung des Elmoran
ist eine rein animalische; ausser Fleisch, Blut und Milch darf er nur
Honig und Zuckerrohr geniessen. Wildfleisch und vor allem Getreide
sind ihm gänzlich verpönt, so dass derjenige, welcher als Krieger
»Ngúruma« (Getreide) isst, keine Frau bekommt. Das Blut wird in der
oben beschriebenen Weise direkt aus der Ader des Rindes getrunken.
Fleisch wird an Stöcken gebraten. Milch wird im Allgemeinen nicht
gekocht, nur für Verwundete mit Blut vermischt und warm gemacht, ein
Gebrauch, der jedoch von Fremden (Wagogo?) entlehnt sein soll. Sonst
darf der Elmoran am selben Tage nicht Fleisch bezw. Blut und Milch
zusammen geniessen.

Aller Nahrung wird ein aus einer Akazienrinde gewonnenes Mittel
»Mokota« beigemengt, welches Erbrechen und Abführen, sowie bei
reichlichem Genuss eine Art Berserkerwuth hervorbringt, in welcher
die Krieger vor Aufregung zittern und wobei ihnen Speichel aus
dem Munde fliesst. Fleisch mit Mokota und Milch soll jedoch Ruhr
erzeugen, woher der obige Gebrauch stammt, an demselben Tage entweder
nur Fleisch oder nur Milch zu geniessen. Auch die Weiber, vor allem
die Nditos, geniessen Mokota, dürfen aber auch Pflanzenkost zu sich
nehmen.

Im Kraal selbst darf keine Nahrung genommen werden. Um ein Rind
zu schlachten, ziehen die Krieger mit einigen Nditos in den
Busch, errichten mehrere leichte Grashütten und verschlingen dann
unglaubliche Mengen Fleisch. Grosse und kleine Bedürfnisse verrichten
die Massai stehend mit ausgespreizten Beinen.

Der Austritt aus dem Elmoran-Verbande erfolgt in verschiedenem
Alter, meist jedoch früh, mit ca. 30 Jahren. Dem Massai behagt das
Elmoran-Dasein, welches in Kriegszügen und faulem Umherlungern mit
den Nditos getheilt ist. Die Väter jedoch, besonders wenn sie grosse
Heerden besitzen, sehen ihre Söhne nicht gern in diesem unsteten,
gefährlichen Stande und entführen sie nicht selten mit Gewalt aus dem
Kraal; das Wahrzeichen des Elmoran, das Haar, wird abrasirt und der
Elmoruo, alte Mann, ist fertig. Wer freilich einen armen Vater hat
und auch bei den Raubzügen nicht viel Rinder bekommt, der bleibt bis
in reiferes Alter Elmoran.

Der =Elmoruo= muss sich sofort um eine Frau umsehen, die er aus den
Nditos seines eigenen Stammes erwählt. So heirathet ein Muleïlyan nur
eine Muleïlyan, nicht aber etwa eine Leiseri. Der übliche Brautpreis
besteht aus zwei Kälbern, zwei Kühen, einem grossen Stier, einem
Ochsen und einer Kuh mit kleinem Kalb. Am Hochzeitstage wird ein
Ochse geschlachtet. Die Brautleute verbringen hierauf drei Tage
in einer Hütte; isst der Mann, so darf die Frau nicht zusehen und
umgekehrt. Für die Nahrung des Elmoruo besteht ebensowenig eine
Vorschrift, wie für die der verheiratheten Frauen, Siangiki. Auch
darf er Honigwein trinken und Tabak schnupfen. Letzteres ist dem
Massai-Elmoran verboten, dem Mbaravui- (Wakuavi) Elmoran dagegen
gestattet. Die Elmoruo und Siangiki geniessen auch Mokota, doch in
geringen Mengen. Vielweiberei ist üblich, Scheidung häufig und mit
keinen Umständen verbunden. Den Männern liegt hauptsächlich die
Viehzucht ob, den Weibern das Erbauen der Hütten und Treiben der Esel
auf der Reise.

Bei =Krankheiten= werden verschiedene Arzneimittel, vor allem die
Universalmedizin Mokota gegeben, auch pflegt man den kranken Theil
zu massiren und mit Dornen zu stechen. Dagegen ist das sonst so
verbreitete Schröpfen und Klystiren unbekannt.

Ein =Todter= wird mit Rindsfett bestrichen, in eine Haut gehüllt und
unweit des Kraals ausgesetzt. Wenn ihn die Hyänen nicht gleich am
ersten Tage fressen, so gilt dies als Unglückszeichen; es werden vier
Rinder geschlachtet und das Fett auf den Todten gestrichen.

Der Familie, Weib und Kind, ist der Massai sehr zugethan und man kann
oft harte Krieger plötzlich zur tiefsten Rührung übergehen sehen,
wenn sie lange vermisste Familienglieder wiedersehen. Mit diesem
anscheinend gutmüthigen Zug kontrastirt ihre Blutgier allen Fremden
gegenüber, welche sie nicht nur bewaffnete Feinde, sondern auch
gänzlich Wehrlose niedermachen lässt.

Ein eigenthümlicher Zug der Massai ist ihre Frömmigkeit und das
feste Vertrauen, welches sie =Ngai=, dem Ueberirdischen, Gott,
entgegenbringen. Das Ngai wirklich als Gott aufzufassen ist erscheint
zweifellos, und wenn Thomson anführt, dass die Massai beim Anblick
von etwas ihnen Ungewöhnlichem, z. B. einer Lampe, »Ngai« rufen, so
ist darin ebensowenig etwas verwunderliches wie wenn der Mohammedaner
im gleichem Falle »Alah« ruft. Der Massai will damit keineswegs
sagen, dass die Lampe Ngai sei, sondern nur seinem Erstaunen über
etwas für ihn so Uebernatürliches Ausdruck geben. Ngai hat seinen
Sitz in der Höhe, im Himmel, er wird stehend mit erhobenen Händen, in
welchen man Grasbüschel hält und mit dem Ruf »Ngaieh!« verehrt. Vor
jedem Kriegszug, sowie überhaupt in allen Lebenslagen kann man die
Massai derart beten sehen.

Die Sterne, welche Nachts am Himmel blinken sind Augen Ngai's, der
auf die schlummernden Massai herabblickt. Eine Sternschnuppe bedeutet
den Tod eines Menschen; dann flehen sie, dass kein Massai sondern
ein Feind, ein Mangati sterben möge. Die Massai sind überhaupt das
auserwählte Volk Ngai's, ihnen hat er alle Rinder zugewiesen und sie
üben nur ihr Recht aus, wenn sie den Feinden die ihrigen wegnehmen.
-- Merkwürdig ist die Auffassung der Jahreszeiten. Während der
grossen Regenzeit, ngokwa (den Mvuli der Swahíli), wo die Rinder fett
werden, freut sich Gott und vergiesst Freudethränen. Im Blitz zeigt
er seinen furchtbaren Blick, der Donner ist sein Freudengeschrei über
das was er gesehen, dann folgt der befruchtende Regen. In der kleinen
Regenzeit, ndumure (den Masika der Swahíli), wo die Rinder abmagern,
weint Ngai vor Schmerz über die Gleichgültigkeit der Massai. Je
länger die Masika dauert, desto grösser ist seine Trauer, die sie
durch Gebet zu besänftigen suchen.

Die Sonne betrachten die Massai als einen Mann der auf einem Wege
gegen Westen zieht, jedoch im Osten wohnt. Im Westen taucht er in
eine Höhle und besucht seine Frau, den Mond. Dann eilt er auf hoher
Brücke, den Blicken unsichtbar, wieder nach Osten, um Morgens wieder
gegen Westen zu ziehen, wohin ihm der Mond schon vorausgeeilt ist.
Als vornehmster Stern gilt Kilekeen, der Morgenstern.

Ein Leben nach dem Tode wird von allen Massai geleugnet. Die bösen
Wald- und Felsengeister, die durch Bestreuen ihrer Wohnsitze mit
Gras oder Steinen versöhnt werden, gelten nicht wie bei den Bantu
als Geister der Verstorbenen, sondern als Kinder Gottes, der jedoch
selbst gut ist. Dieser Gruppe gehört wohl auch der Geist Neiterkop
an, den Krapf erwähnt, von dem ich jedoch nichts erfuhr. --

Den Verkehr mit Ngai vermittelt der =Laibon=, Zauberer, der
überhaupt die bedeutendste Rolle im Distrikt spielt. Sein Schüler
und Nachfolger ist der Leigwenan, der Anführer der jungen Krieger,
der, wenn er über mehrere Kraals steht, Leitunu genannt wird. Der
Laibon macht die Kriegsmedizin und weissagt aus Ziegendärmen,
auch verabreicht er Heilmittel und sucht Ngai zu veranlassen die
Regen günstig einzutheilen. Vor und nach jedem Kriegszug erhält er
von den Kriegern Rinder. Der Laibon geniesst sein Leben lang nur
Elmoran-Kost und Honigwein. Er hat Weiber, besucht sie jedoch nur
insgeheim, seine Hütte darf kein Weib betreten. Manche Laibons sollen
verschiedene Kunststücke machen, sich mit Speeren durchbohren u. s.
w. Ein verstorbener Laibon wird im Gegensatze zum Allgemeingebrauch
begraben; das Grab, das mit grossen Steinen bedeckt wird, bewacht der
Stamm drei Monate lang.

Der oberste Laibon, gewissermaassen ein Massai-Papst, ist der
=Mbatyan=, der stets westlich vom Kilimanjaro residirt. An diesen
glauben alle Massai, nicht aber die Mbaravui (Wakuavi). Der Mbatyan
ist stets einäugig, der Vater pflegt dem Sohn ein Auge auszuschlagen,
um ihn zu der Würde geeignet zu machen. Alle Massai bringen ihm
Rinder, erflehen seine Fürbitte bei Kriegszügen und betrachten ihn
mit grosser Ehrfurcht.

Zeitpunkt und Richtung der =Kriegszüge= werden vom Laibon und
Leigwenan bestimmt; letzterer ist der Anführer. An den Zügen
betheiligen sich Elmoran und meist auch eine Anzahl Elmoruo. Eine
Rinderheerde wird als Proviant mitgetrieben und im Dauermarsch werden
ungeheure Strecken zurückgelegt. Immerhin hätten die Massai wohl
niemals solche Erfolge erringen können, wenn sie es nicht verstanden
hätten, unter den sesshaften Völkern selbst Bundesgenossen zu
erwerben, die ihnen Zuflucht gaben und sie mit Führern versahen. Für
Unyamwesi und Usukuma spielte Mtinginya von Usongo diese Rolle.

Der Angriff des Massai erfolgt meist überraschend und sehr energisch.
Besonders wo Heerden unter wenigen Hirten weiden gelingt es ihnen
fast immer sie zu erbeuten. Aengstliche Eingeborene wagen dann nicht
die Räuber zu verfolgen, muthige dagegen, wie die Wambugwe, setzen
ihnen nach und jagen ihnen das Vieh wieder ab. Mit der glücklich
erworbenen Beute ziehen die Massai unter lautem Gesang heimwärts,
wobei sie einen Mann voraussenden, der den glücklichen Verlauf
des Raubzuges im Lager meldet. Die Vertheilung der Beute geschieht
noch im freien Felde und dabei kommt es nicht selten zu blutigen
Schlägereien. Im Lager findet ein Siegesfest statt, bei welchem die
Krieger mit den Nditos im Gänsemarsch, singend tanzen.

=Sklaverei= ist den Massai unbekannt, doch machen sie nicht selten
Knaben und Mädchen zu Kriegsgefangenen und nehmen sie in den Stamm
auf. Diese Sitte, sowie die leichte Zugänglichkeit der Massaiweiber
Karawanenleuten und wohl auch anderen Eingeborenen gegenüber, führt
den Massai viel fremdes Blut zu. Das =Streifgebiet= der Massai
umfasst ein ungeheures Gebiet. Im Osten reicht es an die Küste, im
Süden nach Mpwapwa und Ugogo, im Westen zum Victoria-Nyansa und bis
zur Grenze von Usinja, über ganz Unyamwesi und ins südliche Uha, wo
sie vor mehreren Jahren mit den Wangoni (Watuta) zusammenstiessen.
In Ugogo und Unyamwesi nennt man sie Wahumba, in Usukuma Wassekera,
offenbar nach der Massai-Landschaft Ndassekera. Sie selbst haben für
alle Länder ihre eigene Nomenklatur, so nennen sie Umbugwe Ltoroto,
Unguu Kimalando und kennen nur ihre eigenen Bezeichnungen.

Als Friedenszeichen pflegen die Massai ein Büschel Gras zu
überreichen, welches sie vorher bespeien. Das Bespeien spielt
überhaupt eine grosse Rolle, so musste ich alle kleinen Geschenke
an Glasperlen u. s. w., die ich ihnen machte, vorher bespeien. Der
Gruss geschieht durch Reichen der Hand, wozu man »Sowai!« ruft, der
Gegrüsste antwortet »Evá!«

In Streitfällen entscheidet ein Gericht von Greisen. Mörder werden
getödtet, wenn eine Sühne von 10 Rindern von den Verwandten des
Getödteten abgelehnt wird. Diebstahl im Stamme selbst kommt fast
niemals vor. Lügen sind häufig, gelten jedoch als grosser Fehler.

Indem wir damit die Schilderung der Massai schliessen, muss
hervorgehoben werden, dass dieselbe in vielen Zügen heute nicht mehr
giltig ist, sondern sich auf den Zeitraum vor 1891 bezieht. In diesem
Jahre verheerte nämlich die =Viehseuche=, eine Lungenkrankheit, die
in ganz Ost-Afrika wüthete, die Heerden der Massai in furchtbarer
Weise. Während die sesshaften Völker, welchen als Nahrungsmittel
die Produkte des Ackerbaus blieben, sich durch Aufzucht der wenigen
verschonten Thiere erholen konnten, zehrten die Massai auch diese
auf, so dass sie heute thatsächlich fast gar keine Rinder mehr
besitzen. In der ersten Zeit gingen kolossale Mengen von Massai, wohl
zwei Drittel des ganzen Stammes, zu Grunde. Die Krieger konnten sich
durch Jagd und kleine Diebstähle noch eher durchbringen, die Weiber,
Kinder und Greise waren aber dem Elend völlig preisgegeben.

Zu Skeletten abgemagert wankten sie durch die Steppen, vom
Honig der Waldbienen und ekelhaftem Aas sich nährend. Alle
kriegerischen Unternehmungen schlugen fehl, die Elmoran wurden
einfach zurückgeworfen und kehrten oft gar nicht heim, sondern
verhungerten unterwegs. Nur in wenigen Gebieten halten sich noch
Kraals durch Kleinvieh und Eselzucht, sowie durch die Jagd, sonst
sind weite Striche verlassen und die Massai leben als Bettler bei
den Ackerbauern der Umgebung. Dass sie dabei an Einhaltung der alten
Speisegesetze nicht mehr denken, dass der Elmoran ebenso Getreide und
Jagdwild verzehrt wie ein anderer, ist selbstverständlich.

Viele Ackerbauer, wie die Wambugwe und ihre Nachbarn, wollen die
alten Feinde selbst im Elend nicht kennen und machen jeden Massai
nieder. In Usukuma, Schaschi, in Irangi, Unguu und Usagara, sowie
in der Kilimanjaro-Gegend finden sie jedoch Zuflucht und Almosen an
Nahrungsmitteln. Denn der Massai bleibt stets ein Bettler, niemals
wird es ihm einfallen zum Spaten zu greifen und seine Gastfreunde
in der Arbeit zu unterstützen. Wo er dazu gezwungen wird, geht er
entweder zu Grunde oder er läuft wieder davon -- in die Steppe.

Der Verlauf dieser Seuche hat überhaupt den Beweis geliefert, dass
die Massai, trotz ihres intelligenten und einnehmenden Aeusseren,
doch absolut nicht bildungsfähig und zum Untergang bestimmt sind.
Ich selbst hatte eine Anzahl Massai als Viehhirten Monate hindurch
bei der Expedition, die sich rasch von ihrem Hunger erholten. Sie
ertrugen Klimawechsel sehr schlecht, der jedesmal mehrere Opfer
erforderte. Zu irgend welcher anderen Beschäftigung als Viehtreiber
waren sie gänzlich unfähig. Trotzdem sie wenig unter einander,
sondern meist mit Trägern verkehrten, die nur Kiswahíli sprachen,
hat doch kein Einziger auch nur nothdürftig diese Sprache erlernt,
wie denn die Massai im Gegensatz zu anderen Negern absolut kein
Sprachtalent haben.

Einen aufgeweckt aussehenden Jungen von ca. 12 Jahren wollte ich zum
Diener abrichten. Er war zu den einfachsten Verrichtungen unfähig,
schmutzig und faul und so wie er zeigten sich auch andere, mit
welchen ich denselben Versuch machte. Einen jungen Elmoran, der
unsere Gefechte mitmachte und grosse Freude über unsere Erfolge
zeigte, kleidete ich als Askari ein und liess ihn durch einen
Mann, welcher Massai sprach, abrichten. Er war nicht im Stande den
einfachsten Gewehrgriff zu lernen, nach zwei Monaten war er noch
ebenso weit, wie am ersten Tage. Die Leute gaben sich redliche
Mühe; aber wenn man sie fragte, warum sie denn garnichts zu Stande
brächten, schüttelten sie stets mit trübem Blick den Kopf und sagten
»Maiollo«, ich kann nicht. Und sie hatten Recht. Ein Massai kann
nicht ackern, exerzieren oder Teller waschen, ebenso wenig wie ein
Zebra den Karren ziehen oder ein Leopard Mäuse fangen kann. Damit ist
aber auch der Untergang des Stammes besiegelt.

Unter früheren Verhältnissen hätten die Massai sich nach und nach
wohl wieder einen Viehstand zusammengeräubert. Gegenwärtig dürfte
ihnen dies, besonders in der deutschen Interessensphäre, recht schwer
werden. So ist es denn wahrscheinlich, dass die Massai erst als halb
sesshafte Viehzüchter im Gebiete von Bantustämmen ihr Leben fristen,
nach und nach aber in diesen aufgehen werden.

Eine längere Existenz als den Massai lässt sich den Ndorobbo,
gewöhnlich =Wandorobo= genannt, voraussagen. Denn ihr
Lebensunterhalt, die Jagd, wird in absehbarer Zeit keine Aenderung
erleiden. Die Wandorobo wurden bisher als einheitliches Volk
aufgefasst, doch ist mir wenigstens in meinem Forschungsgebiet
aufgefallen, dass thatsächlich recht verschiedene Stämme mit diesem
Namen belegt werden. Das Massai-Wort =Ndorobbo= wird von v. Höhnel
mit »arme Teufel« übersetzt. Dies mag immerhin die Grundbedeutung
sein, doch ist sicher, dass gegenwärtig die Massai jeden Jäger
als Ndorobbo bezeichnen. So nennen sie die Küstenleute, die sich
mit Elephantenjagd beschäftigen, die sogenannten Makua »ndorobbo a
láshomba«, wobei láshomba den Küstenmann bedeutet.

Ich fand drei scharf geschiedene =Gruppen= von Wandorobo. Die
Wandorobo von Balanga sind reine Massai, die sich der Jagd gewidmet
haben. Sie sprechen nur Massai und erhalten gegenwärtig aus der
Zahl der Viehzüchter starken Zuzug. Die Wandorobo von Sogonoi und
Kinyarok, die bis Buiko streifen, nennen sich selbst Ngaramaníg und
bilden einen Stamm für sich. Es sind vielfach untersetzte Leute mit
oft thierisch hässlichen Gesichtszügen; doch trifft man auch noch
reinen Hamitentypus. Alle sprechen Massai, besitzen jedoch eine
Sprache für sich, von welcher ich trotz aller Mühe nur dürftige
Proben bekommen konnte. Möglicherweise sind sie den Wanege der
Wembere-Steppe verwandt und bilden ein Gemisch dieser mit Massai und
Mbarawui (Wakuavi). Die Wandorobo von Serengeti sprechen wieder eine
andere Sprache, von der ich Proben bekommen konnte, daneben aber auch
Massai. Es sind hochgewachsene, schöne und kräftige Leute von oft
reinem Hamitentypus. Sie stammen zweifellos von den Wataturu ab, die
früher diese Gegenden bewohnten und haben vielleicht Blutmischungen
mit Wanege und Massai erfahren. -- Ausser diesen fand ich noch
Wandorobo in Mutyek, die jedoch gegenwärtig derart mit Massai
vermischt sind, dass es mir nicht möglich war festzustellen, welcher
der drei Gruppen sie am nächsten stehen.

[Illustration: Bogen der Wandorobo.]

Trotz ihrer Verschiedenheit weisen die Wandorobo in der Lebensweise
viel gemeinsames auf, welches jedoch grösstentheils dem herrschenden
Volk, den Massai, entlehnt ist. In Haarfrisur, Schmuck und Tracht
gleichen sie völlig den Massai, nur pflegen die Ngaramaníg in den
beiden vorderen, oberen Schneidezähnen je eine Einkerbung zu machen.
Ihre Hütten haben ein Gerüst im Massai-Styl, sind jedoch mit Gras
bedeckt. Als Waffen dienen ihnen vor Allem kräftige Bogen mit
Zebrasehnen und meterlangen, vergifteten Rohrpfeilen, die sie in
einem Lederköcher tragen. Der von v. Höhnel erwähnte Jagdspeer ist
den Wandorobo, mit welchen ich in Berührung kam, gänzlich unbekannt;
möglicherweise gehören die Wandorobo v. Höhnel's wieder einer anderen
Gruppe an. In Serengeti tragen die Krieger -- oder besser gesagt
Jäger -- auch Schwert und Keule nach Massai-Art, aber niemals Speer
und Schild.

Die Ngaramaníg legen ihre Lager meist versteckt in dichtem Busch an
und umgeben sie mit Dornzäunen. Die Serengeti-Leute dagegen lagern
im offenem Land. Alle Wandorobo-Kraals sind widerlich schmutzig
und bestreut mit faulendem Wild und Fellen. Ihre Nahrung liefert
ihnen die Jagd, deren Erträgniss sie manchmal bei Ackerbauern gegen
Feldfrüchte umtauschen, die sie keineswegs verschmähen. Doch darf der
Wandorobo-Elmoran nur Wildfleisch und Rindfleisch mit Mokota essen.
Letzteres essen sie sehr gern, ja die Serengeti machen öfter Einfälle
nach Usukuma, um Vieh zu rauben, züchten dieses jedoch niemals,
sondern schlachten es.

Als ich den Anführer der jungen Krieger in Serengeti fragte, warum
sie denn von Viehzucht nichts wissen wollten, erzählte er mir das
Folgende: Massai, Wandorobo und Elkonono sind Söhne eines Vaters.
Der Massai nahm als Knabe einen Stock um Rinder zu hüten, der Ndorobo
einen Bogen um auf die Jagd zu gehen und der Elkonono einen Stein um
Eisen zu bearbeiten. So ist es seither geblieben.

Viele Wandorobo lebten in einer Art Abhängigkeit von den Massai
und mussten ihnen das Elfenbein liefern, welches diese an die
Küstenkarawanen verkauften. Niemals war dies bei denen von Serengeti
der Fall, welche die Massai öfters schlugen und stets von ihnen
gefürchtet wurden. Gegenwärtig geht es allen Wandorobo weit
besser als den Massai und es hat sich das Verhältniss daher nahezu
umgekehrt.

Das Pfeilgift wird aus einer Baumrinde von den Männern bereitet,
wobei kein Weib zusehen darf. Die Ngaramaníg haben keinen Laibon,
besuchen jedoch jene der Massai um Jagdzauber zu erhalten.

Die Wandorobo sind im Allgemeinen friedlich und gut geartet. Selbst
die von Serengeti, die über bedeutende Macht verfügen, sind Fremden
gegenüber stets freundlich. Sie sind vielleicht bildungsfähiger als
die Massai, am Paregebirge und Panganifluss giebt es sogar sesshafte
Ngaramaníg, welche Ackerbau treiben.

Als nahe Verwandte der Massai erscheinen sprachlich sowohl wie
in ihrem Aeusseren die =Wataturu=, welche sich selbst =Tatoga=
nennen. Vor einigen Jahrzehnten lebten sie noch ausschliesslich als
Viehnomaden. Sie theilen sich in drei Stämme ein, die Brariga, Bayuta
und Simityek. Die beiden ersten gelten als voll, die Simityek, von
den Bantu »Wanonega« genannt, sprechen eine dialektisch verschiedene
Sprache und gelten als Pariastamm, der sich vielfach von Jagd und
Fischfang nährt. Alle drei Stämme bewohnten ursprünglich die Gegend
Rotigenga, das Gamrit der Massai, die südöstlich von Ikoma (Elmarau)
gelegen ist. Von dort wanderten die Bayuta nach Gurus, dem Mutyek
der Massai, sowie weiter nach Süden bis zum Gurui-Berg aus, besassen
besonders viele Lager und ungeheure Heerden im heutigen Ngorongoro
und Mangati und durchstreiften die Steppen bis Ussandaui und Ugogo
hin. Sie waren damals ebenso gefürchtete Viehräuber wie heute die
Massai.

[Illustration: TAFEL XVIII. IRAKU-LEUTE - WAFIOMI]

Eine völlige Aenderung geschah durch den Einbruch der Massai,
welche vor etwa 35 bis 40 Jahren zuerst auf das Plateau von Mutyek
vordrangen und die Bayuta-Wataturu aus Ngorongoro verdrängten. Ein
Theil derselben flüchtete sich nach Gamrit, die meisten jedoch zogen
mit ihrem Häuptling =Sagiro=, der heute noch lebt, längs des Manyara
südwärts. Aeltere Leute in Umbugwe erinnern sich noch genau daran,
wie die Wataturu in ungeheueren Mengen mit Weib und Kind am linken
Ufer des Kwou lagerten und von den Wambugwe Erlaubniss zur Ansiedlung
erbaten. Da dieselben eine solche Masseneinwanderung nicht wünschten,
wurde ihnen der Uebergang über den Kwou verweigert.

Viele schlossen sich nun ihren nomadisirenden Landsleuten am
Gurui-Berg an, andere jedoch zogen mit Sagiro nach Unyambeïu in
Unyamwesi und liessen sich dort nieder. Ihre Rinderheerden wuchsen
wieder ungeheuer an, doch gerade dies wurde ihr Verderben, denn die
Massai, die ihre Raubzüge immer weiter ausdehnten, drangen bis zu
ihnen vor und beraubten nicht nur die Wataturu, sondern auch ihre
Gastgeber, die Wanyamwesi. Letztere verweigerten daher den unbequemen
Gästen die Erlaubniss, länger zu bleiben, und Sagiro zog, einer
Einladung des Häuptlings Mtinginya folgend, nach Usongo. Doch bald
bekam auch dieser Streit mit den übermüthigen Viehnomaden, und,
da er selbst sich gegen sie zu schwach fühlte, rief er die Massai
zur Hilfe. Zum letzten Male standen sich hier die stammverwandten
erbitterten Feinde gegenüber, in blutiger Schlacht wurden Sagiro und
die Seinen besiegt und alles Vieh von den Massai geraubt. Mit den
wenigen Leuten, die ihm blieben, zog sich Sagiro erst nach Ntussu,
dann nach Mbulu (Iraku) zurück, wo er heute noch lebt.

Nicht viel besser als den Bayuta erging es den Brariga von Gamrit.
Auch diese wurden von den Massai verdrängt und verliessen das Land,
das jetzt öde liegt, um am Victoria-Nyansa nördlich vom Speke-Golf
zu nomadisiren. Doch auch dort blieben sie nicht ruhig, die Massai
beraubten sie ihres Viehstandes und zersprengten sie gänzlich. Ihre
spärlichen Ueberreste findet man auf der Insel Ukerewe, am Spekegolf,
unter den Waschaschi von Ikoma, in Meatu und anderen Theilen von
Usukuma.

Auch die Gurui-Wataturu wurden ihres Viehes beraubt und zu sesshafter
Lebensweise gezwungen. Einige von ihnen wurden bis Ugogo versprengt.

Der einst mächtige, zahlreiche Stamm ist heute nur mehr eine
Völkerruine, die Zahl der Wataturu beträgt nach roher Schätzung kaum
5000 Menschen. Nur in Mangati leben sie in geschlossenen Massen,
sonst als Fremdlinge unter den Eingeborenen, haben es jedoch, wie in
Iraku und Ufiomi, nicht selten zu einflussreicher, ja herrschender
Stellung gebracht.

Im =Körperbau= gleichen die Wataturu sehr den Massai, ja der
hamitische Typus tritt bei ihnen häufig reiner hervor. Sie sind alle
schlank, langbeinig, mit zierlichen Körperformen und Extremitäten und
haben vielfach sehr anziehende, an Nubier erinnernde Gesichtszüge.
Viel plumper und negerhafter sind die Weiber. Die Hautfarbe ist
sehr variabel, viele, sehr typische Wataturu sind schwarzbraun,
andere, besonders die von Ukerewe, auffallend lichtfarbig. Man sieht
unter ihnen ziemlich viele kränkliche Leute. Das bei den Massai
beschriebene Hamitenhaar kommt bei ihnen häufig vor.

Auch geistig machen die Wataturu den Eindruck tiefen Verfalls; früher
freilich sollen sie ein kühner, trotziger Stamm gewesen sein, jetzt
sind sie völlig harmlos und friedlich. Einzig in Mangati soll sich
noch manchmal der alte räuberische Sinn durch Uebergriffe gegen
Küstenhändler geäussert haben. Nach der Niederlage der Wambugwe
gaben sie diese jedoch auf und ich selbst fand bei ihnen überall
freundliche Aufnahme.

Ihre =Sprache= gehört, wie gesagt, der nilotischen Gruppe an, ist
jedoch vom Massai so verschieden, dass eine Verständigung gänzlich
ausgeschlossen ist. Das reinste Tatoga wird in Mangati gesprochen,
in Usukuma und Ukerewe ist es stark mit Bantu-Elementen versetzt.
Sagiro's Leute sprechen ausser der Muttersprache alle Kinyamwesi. --

[Illustration: Wataturu-Mann aus Mangati.]

Bei dem Uebergangsstadium, in dem die Wataturu sich jetzt noch
befinden, ist es schwer, in ihrer =Tracht= das Ursprüngliche
herauszufinden. Eine Haarfrisur kommt nur selten in Form eines
Haarbüschels am Hinterhaupt vor. Die Krieger pflegen einige
Straussfedern am Scheitel zu tragen. In die ausgedehnten Ohrlappen
steckt man runde Holzscheiben. Die Kleidung besteht bei Männern aus
einem Ueberwurf aus Leder, welcher öfters in der bei den Wafiomi
üblichen Art durchlocht ist. Um die Hüften werden zahlreiche
Bastschnüre geschlungen. Die Weiber tragen Lederkleidung, welche
meist die Brust verhüllt. Als Schmuck dienen letzteren vielfach
Glasperlen, Messing- und Eisenarmbänder. In dieser Tracht sieht man
die Wataturu in Mangati. Die Leute Sagiro's (Abb. pag. 114), die
durch den langen Aufenthalt in Unyamwesi überhaupt »civilisirter«
sind, tragen meist Baumwollzeug, die Wataturu der Nyansaländer
gleichen bezüglich Tracht völlig den umwohnenden Bantu-Stämmen.
Die Beschneidung ist bei Männern und Weibern üblich, und zwar bei
ersteren in Form gewöhnlicher Circumcision, nicht nach Massai-Art.

Früher wohnten die nomadischen Wataturu in ähnlichen Lagern wie
die Massai, heute ahmen sie die =Siedelungsformen= der Stämme nach,
deren Gebiete sie bewohnen. So hausen die Wataturu von Mangati und
Iraku in Temben, die genau jenen der Wafiomi gleichen und theils
oberirdisch theils unterirdisch angelegt sind. Jene in Usukuma und
Ukerewe dagegen leben in Rundhütten. Die Mangati-Leute pflegen jedoch
die Temben etwas höher zu bauen als die Wafiomi, eine Neigung, die
jedenfalls Sangiro's Leute aus Unyamwesi mitgebracht haben. Die
Temben selbst sind meist ziemlich gut gebaut, die Umgebung jedoch
verwahrlost und schmutzig.

Es erscheint zweifellos, dass nicht nur der Simityek-Stamm, sondern
alle Wataturu, selbst in der Blüthezeit des Volkes, ausser Viehzucht
auch =Jagd= betrieben haben. Heute noch widmen sie sich derselben mit
Eifer und Geschick und stellen dem Wild mit Bogen und langen, stark
vergifteten Pfeilen nach, die sehr jenen der Wandorobo gleichen. Die
Simityek trieben und treiben in ihren spärlichen Ueberresten heute
noch Fischfang im Nyansa, auch die wenigen, die im Mangati-Gebiet
leben, sollen im Kwou- und Maitsimba-See fischen.

Die Wataturu nannten früher ungeheure Rinderheerden ihr Eigen, heute
beschränkt sich die =Viehzucht= auf Ziegen und Schafe, deren sie in
Mangati recht viele besitzen, und wenige Rinder.

Im =Ackerbau= sind die Wataturu noch Anfänger, doch bauen sie in
Mangati und Iraku mit Eifer Sorghum und Mais, während sie auf Ukerewe
hauptsächlich von Pataten leben. Diese Kulturpflanzen liefern denn
auch heute die =Hauptnahrung=, während sie früher aus Fleisch und
Milch bestand. Besonders die Krieger durften früher nur Rindfleisch
und Milch geniessen, ausserdem jedoch das Fleisch vom Büffel,
Giraffe, Zebra, Gnu, der Swara-Antilope und ausnahmsweise auch das
der auf Kiswahíli »povu« genannten Antilope. Wer jedoch das Fleisch
der letzteren gegessen hatte, durfte am selben Tage keine Milch
trinken. Das Fleisch aller anderen Thiere war streng verpönt. Das
Aderlassen der Rinder mit dem charakteristischen Pfeil, war ebenfalls
üblich und wurde das frische Blut wie bei den Massai getrunken und
mit Milch zusammen gekocht. Das Kochen der Milch war überhaupt stets
gebräuchlich. Ausserdem genossen die Krieger mit Vorliebe Kuhurin,
dem sie ein Pflanzenmittel (Luidanda) sowie Kuhfett beimischten,
worauf sie erbrachen und heftig abführten, jedoch Kriegsmuth bekamen.
Tabak schnupfen und rauchen ist heute allgemein üblich.

Die =Geräthe= der Wataturu haben wenig Charakteristisches und sind
meist den umwohnenden Stämmen nachgeahmt. Früher werden sie wohl
-- ähnlich wie die Massai -- überhaupt nicht viele Geräthe besessen
haben. Ihre Waffen bestehen aus Wurfspeeren, die jenen der Wambugwe
gleichen, doch schlechter gearbeitet sind, aus einem Rundschild von
Büffelhaut und aus den vorerwähnten Bogen mit vergifteten Pfeilen,
die jedoch hauptsächlich zu Jagdzwecken dienen. Früher besassen
sie breitklingige Speere, die jedoch nicht wie die der Massai
eine übergreifende Zwinge, sondern einen eingelassenen Schaftdorn
besassen. Sie waren an der Klinge hübsch ornamentirt und besassen
reiche Schaftverzierung. Diese Speere findet man im Stamme selbst
fast garnicht mehr, sondern nur noch bei den Wasukuma und Waschaschi
als Paradewaffen. Sie wurden von einer Schmiedekaste, den Gidamudiga
gefertigt, die eine ähnliche Stellung wie die Elkonono der Massai
einnahmen, jedoch nicht verachtet wurden. Sagiro's Leute benutzten
vielfach Vorderlader-Gewehre.

Von =Handel= kann bei den Wataturu kaum die Rede sein. Höchstens
Sagiro's Leute befassen sich mit dem Verkauf von Elfenbein und
Kleinvieh und die Mangati-Leute tauschen das Salz des Balangda-See
an umwohnende Stämme gegen Kleinvieh um. Sie pflegen das Salz in
halbkugelförmigen Klötzen in den Verkehr zu bringen.

Bei der =Geburt= eines Menschen wird meist eine Ziege geschlachtet
und von den Verwandten gegessen. Die Beschneidung wird in früher
Jugend vollzogen. Beim Reifwerden werden die Zähne nach Massai-Art
hergerichtet, das heisst die vordersten oberen Schneidezähne
vorgebogen, die entsprechenden unteren ausgebrochen. Doch kommt diese
Sitte immer mehr ab. Eine Absonderung der jungen Leute fand niemals
statt, dieselben hausten stets im Kraal der Eltern.

[Illustration: Alte Speerformen der Wataturu.]

Will ein junger Mann heirathen, so bringt er dem Vater seiner
Erwählten einen Honigtopf. Wird dieser angenommen, so kann die
Hochzeit stattfinden, bei der keine besondere Zeremonie üblich ist.
Früher bekam die Braut von ihrem Vater meist zwei Stiere und eine
Milchkuh in die Ehe mit, dasselbe der Bräutigam von seinen Eltern.
Jetzt erhalten sie meist Ziegen, auch pflegt man ihnen ein Tembe zu
bauen. Vielweiberei ist üblich. Die =Weiber= verrichten nur häusliche
Arbeiten, ausserdem errichteten sie früher die Lagerhütten und tragen
jetzt beim Tembebau den Lehm auf. Die Sorge für Nahrungsbeschaffung,
also gegenwärtig auch der Ackerbau, obliegt ausschliesslich den
Männern. Im Gegensatz zu den meisten Bantu, wo die Hauptlast auf den
Schultern der Weiber liegt, kann man diese in den Taturu-Dörfern
meist bequem auf den Kehrichthaufen umherlungern sehen, während
die Männer das Feld bestellen. Daher sind auch die Wataturu als
Gatten bei den umwohnenden Stämmen sehr beliebt und Mischheirathen,
besonders mit Wafiomi, kommen sehr häufig vor.

In =Krankheiten= pflegt der Zauberdoktor Brechmittel, Schröpfen
(besonders am Scheitel) anzuwenden und den Kranken zu brennen.
=Todte= werden in den Busch geworfen und nicht mehr beachtet, nur
berühmte Zauberdoktoren werden begraben. In früherer Zeit wurde das
Lager, in welchem Jemand starb, als unglückbringend verlassen.

Ein Geisterkultus ist nicht bekannt, wie bei den Massai herrscht
der Glaube an einen Gott, mit welchem der =Zauberer= den Verkehr
vermittelt. Dessen durch Vieh zu bezahlender Rath wird öfters
eingeholt, auch giebt er sich mit Regenmachen ab. Die Würde des
Zauberers ist erblich, die Häuptlinge, voran Sagiro, der von allen
Wataturu als Oberhaupt anerkannt wird, sind nichts anderes als
Oberpriester ohne direkten, politischen Einfluss. Die Gerichtsbarkeit
wird von den Aeltesten ausgeübt. Bei Diebstahl bekommt der Bestohlene
ein Rind, den übrigen Besitz des Diebes ziehen die Aeltesten ein.
Mord wird stets durch Blutgeld gesühnt.

=Kriege= der Wataturu unter einander kommen vor; bei diesen sehen
die Aeltesten ruhig zu und legen sich ins Mittel, sobald einige
Leute gefallen sind. Aeusserst blutig waren jedoch die Kämpfe gegen
die Massai, gegen welche sie grimmigen Hass hegen. Wer einen Massai
getödtet, trägt Messingschmuck und zwei Messing-Halbmonde an der
Stirn.

=Sklaverei= ist unbekannt, sie selbst jedoch litten mehrfach unter
Sklavenjagden und Wataturu-Sklaven kommen vereinzelt in Unyamwesi und
selbst an der Küste vor.

Eine Zukunft ist den Wataturu nicht zuzusprechen. Der Stamm hat zu
wenig Widerstandskraft, um den grossen Sprung vom Viehnomaden zum
Ackerbauer erfolgreich zu überstehen. Besonders die zahlreichen
Heirathen mit anderen Stämmen werden das rasche Verschwinden der
Wataturu herbeiführen. Für diese jedoch, vor allem für die Wambugwe,
war und ist die Vermischung mit hamitischem Blut ein nützliches
Ferment, welches sie über das Niveau anderer Bantustämme erhebt.

Wenn die Wataturu gewissermaassen den Uebergang vom Viehzüchter zum
Ackerbauer darstellen, so gelangen wir mit den =Wafiomi= zu den
reinen Ackerbauern. Unter Wafiomi werden hier jene zusammengehörigen
Stämme verstanden, welche die Landschaften Ufiomi, Iraku, Uassi und
Burunge bewohnen. Dieselben bilden sprachlich und ethnographisch ein
Ganzes, obwohl sie durch die Verschiedenheit des Wohnortes manche
Unterschiede aufweisen. So sind die Leute von Uassi und Burunge durch
die umwohnenden Bantu, die Warangi, beeinflusst, während die Bewohner
von Ufiomi und Iraku sich sehr ursprünglich erhalten haben.

Die Wafiomi sind jedenfalls alte, vielleicht mit den Wassandaui die
ältesten Bewohner der abflusslosen Gebiete. Bei den meisten anderen
Stämmen, bei den Massai, Wataturu, selbst bei den sesshaften Wambugwe
haben sich dunkle Ueberlieferungen früherer Einwanderung erhalten.
Bei den Wafiomi findet sich nichts ähnliches; sie behaupten, die
Gebiete, die sie heute innehaben, seit jeher bewohnt zu haben. Einige
meiner Leute, die früher nie in diesen Gegenden gewesen, konnten
sich mit den Wafiomi nothdürftig verständigen, indem sie die Sprache
redeten die in Lumbwa, Sotik und bis Nandi und Kamassia von den
dortigen, wenig bekannten Eingeborenen gesprochen wird. Man könnte
danach die Wafiomi als eine Aboriginer-Bevölkerung der Plateauländer
westlich vom ostafrikanischen Graben betrachten.

Die =Sprache= der Wafiomi wird von keinem der umliegenden Stämme
verstanden und gehört weder der Bantu noch der nilotischen Gruppe
an. Sie ist nicht unschön und nähert sich in der Klangfarbe dem
magyarischen. Die wenigen Proben, welche ich erlangen konnte, lassen
sie als rein hamitisches Idiom erscheinen. Wahrscheinlich ist es
einer der ältesten Zweige der interessanten hamitischen Gruppe und
wäre näheres Studium wohl werth.

Die Wafiomi sind hager, mittelgross, von nicht unschönen
=Körperformen= und feinen Extremitäten. Ihre Gesichtszüge sind
vielfach scharf geschnitten, weniger typisch negerhaft als echt
hamitisch. Einen besseren Begriff als jede Beschreibung werden die
beigegebenen Abbildungen nach Photographien geben. (Tafel 18, 20,
21, Abb. pag. 117, 120 und Schlussvignette des Kapitels.) Bei den
Schmutzmassen, welche den Körper der Wafiomi bedecken, ist deren
Hautfarbe nicht leicht zu bestimmen, doch sind die Bewohner des
Tieflandes meist dunkler als die der Gebirge, besonders die Leute im
südlichen Iraku sind auffallend lichtfarbig. Hamitenhaare, ja fast
glatter Haarwuchs kommt häufig vor. Sie scheinen eine sehr gesunde
Rasse, Greise sind besonders in Iraku häufig. Sie pflegen die Haare
lang wachsen zu lassen und dieselben in viele kleine Strähnen zu
drehen. Da sie diese Frisur jedoch nur selten erneuern, so wallen
ihnen meist Haarmassen um den Kopf, deren wüstes Aussehen durch
einige am Scheitel angebrachte ruppige Federn noch erhöht wird.
Beide Geschlechter sind beschnitten. Die beiden vorderen unteren
Schneidezähne pflegen die Weiber auszubrechen, die Männer die oberen
nach Massai-Art vorzubiegen.

In den Ohren tragen sie runde Holz- oder weisse Knochenscheiben,
manchmal auch Messingspiralen, öfter braune dürre Blätter, um den
Hals Glasperlen. Die Weiber tragen Eisen- und Lederringe an dem
Unterarm.

Die =Bekleidung= besteht bei Männern aus einem Ueberwurf aus Leder,
welches oft siebartig von feinen Löchern durchbohrt wird wodurch
es förmlich »Lederspitzen« gleicht. Freilich gewinnt die Solidität
nicht durch dieses Verfahren und gar manchem Mfiomi hängen seine
Lederspitzen in Fetzen um den Leib. Die älteren Leute pflegen längere
Mäntel zu tragen, die Weiber einen Lendenschurz, in kälteren Gegenden
wohl auch einen Ueberwurf. Der Gesammteindruck der Wafiomi ist kein
übermässig vortheilhafter, aber ein im hohen Grade origineller.
Ein Mfiomi, der aus seiner Erdhöhle hervortretend, von Schmutz
starrend, mit zerfetzter Bekleidung, wilden Haarmassen und scharfen,
misstrauisch verzerrten Gesichtszügen den Fremden anstarrt, stellt
den Idealtypus eines »Wilden« dar, wie man ihn nur selten findet.

Dem Aeusseren entspricht so ziemlich auch der =Charakter=. Mit
Ausnahme der Irakuleute, von den Swahíli meist Wambulu genannt,
die stets den Ruf der Gutmüthigkeit hatten, gelten alle Wafiomi als
boshaft. Die Burunge-Leute haben die Araber von Irangi nach harten
Kämpfen unterworfen. In Uassi wurde ich bei meinem Durchmarsch
räuberisch angefallen, doch war eine Verständigung zu erzielen.
Besonders gefürchtet waren stets die Bewohner von Ufiomi, dem
Soïebus der Massai, die auch schon mehrmals Küstenkarawanen
niedergemetzelt hatten, ja sogar einen Einfall der gefürchteten
Ober-Aruschaner mit Glück abschlugen. Am Westufer des Maitsimba-Sees
haben die Wataturu-Häuptlinge Sagiro's, vor allen Gwandu, einige
Ordnung geschaffen. Auch am Ostufer fand ich übrigens scheue, doch
freundliche Aufnahme, anscheinend hatten die Niederlagen der Wambugwe
einerseits und der Wauassi andererseits ihre Wirkung nicht verfehlt.

Trotz ihres kriegerischen Sinnes konnten die Wafiomi doch niemals den
Massai Widerstand leisten und verloren ihren Viehstand an dieselben.

Von besonderem Interesse sind die =Wohnungen= der Wafiomi, welche
geeignet sind Licht auf die Entstehung des Tembebaues zu werfen. Es
muss nämlich befremden, dass die sämmtlichen sesshaften Völker des
abflusslosen Gebietes, mögen sie nun Bantu, Wafiomi oder Wassandaui
sein, in =Temben= wohnen, während man sonst in Mittelafrika nur
Rund- oder viereckige =Hütten= findet. Man hat angenommen, dass
die Temben aus dem Typus des Massai-Lagers entstanden seien, indem
man zu ständigeren Siedelungen statt des unregelmässig runden einen
viereckigen Grundriss wählte.

Doch ist dieser Uebergang, welcher bei den Wakuavi in Usegua[17]
am reinsten vertreten ist, vor Allem nur bei angesiedelten
Viehnomaden denkbar, während die oben genannten Stämme stets
Ackerbauer waren, ferner kann das Massai-Lager nur zur Entstehung
des Hof-Tembe, niemals jedoch des völlig eingedeckten Tembe führen,
von welchem jedes eine Familie beherbergt. Dieses muss eine andere
Entstehungsgeschichte haben, zu welcher wir im südlichen Iraku die
Erläuterung finden.

 [17] Siehe Baumann, »Usambára« pag. 277.

Dort sind nämlich heute noch drei Wohnungstypen im Gebrauch:
Rundhütte mit cylindrischer Lehmwand und Blätterdach, geschlossenes
Tembe und Erdstall. Bei flüchtiger Betrachtung könnte man annehmen,
dass der Erdstall, dieses Urbild einer primitiven Siedelung, hier
die ursprüngliche Form darstelle, und dass aus dieser sich Tembe
und Rundhütte entwickelt haben. Thatsächlich ist der Gang jedoch
ein umgekehrter. Ursprünglich bewohnte man die Rundhütte, bis
feindliche Einfälle, besonders der Massai, das Blätterdach als zu
feuergefährlich erscheinen liessen. Man gab der Hütte ein Lehmdach.
Thatsächlich habe ich im südlichen Ikoma, wo der Umwandlungsprozess
eben im Gange ist, Rundhütten mit flachem Lehmdach gesehen. Es ist
jedoch begreiflich, dass diese Form sich nicht lange halten kann,
die Auswahl ungleich langer Stangen für das Dach ist zu unbequem,
als dass nicht bald der Gedanke auftauchen sollte, dem Unterbau
statt einer cylindrischen eine viereckige Form zu geben -- und der
Tembe ist fertig. Doch auch dieser erscheint zu exponirt, man baut
ihn immer niedriger, man tieft den Boden, wenn seine Beschaffenheit
dazu günstig, immer mehr ein um gebückt stehen zu können; man macht
schliesslich die Decke dem Erdboden gleich -- und der Erdstall ist
gegeben.

Wenn wir die verschiedenen Wohnungsformen der Wafiomi betrachten, so
finden wir in Uassi und Burunge völlig den Warangi gleichende Temben
mit Knüppelzäunen für das Vieh.

In Ufiomi sind die Temben (Abb. pag. 116) an der meist nach Westen
gerichteten vorderen Seite ca. 1,50 m, an der Hinterseite aber
nur 0,50 m hoch. Auch die Vorderseite ist in der Mitte höher als
an den Seiten, so dass das rothe Lehmdach nach drei Seiten hin
geneigt ist. An der Vorderseite befindet sich ein Vordach und durch
eine breite Thür gelangt man in das Innere, in welchem der Boden
meist so vertieft ist, dass man im Vordertheil des Raumes stehen
kann. Dort befinden sich hohe, lehmverstrichene Vorrathskörbe, die
auf Holzgestellen stehen. Im dunklen, hinteren Theil der Temben
ist der Heerd, neben welchem der Eingang zu den merkwürdigen
=Zufluchtshöhlen= sich befindet. Dieselben werden in den lehmigen
Boden gegraben. In dem völlig dunkeln Temberaum _a_ mündet ein
vertikaler etwa 2 m tiefer Schacht, aus dessen Unterseite ein Gang
leicht bergab führt in dem man auf Händen und Füssen kriechen muss.
Nach etwa 20-30 m gelangt man in einen cylindrischen Raum _b_, der
nach Tembeart gestützt ist. Dieser bildet die Sohle eines zweiten
Brunnens, der im offenen Felde mündet und dessen Oeffnung mit einer
Schicht Stroh und Erde bedeckt und nur für Kundige zu finden ist.
Manchmal sind zwei Temben unterirdisch verbunden, manchmal führen
aus dem cylindrischen Raum Gänge noch weiter, so dass ganz Ufiomi
förmlich unterminirt ist. Diese Höhlen werden erst seit der Zeit
der Massaieinfälle gegraben und waren früher unbekannt. Sie dienen
im Kriegsfall als Zuflucht hauptsächlich für Weiber und Kleinvieh.
Die zweite Oeffnung dient theils als Luftloch, theils um im Nothfall
einen Ausweg zu eröffnen.

[Illustration: Schematischer Durchschnitt der Wafiomi-Erdhöhlen.]

In Iraku finden sich, wie oben erwähnt, drei Arten von Wohnstätten.
Die =Rundhütten= treten nur im Süden vereinzelt auf, wo das
Land feindlichen Einfällen weniger ausgesetzt, überhaupt am
ursprünglichsten ist. Sie besitzen lehmausgefüllte cylindrische
Wände und Grasdach, einen niedrigen Unterraum und dunkeln Dachraum,
in dem sich Stützen für das Dach, doch kein Mittelpfahl befindet.
Der ganze Bau ist sehr nachlässig ausgeführt. Weit besser sind die
Temben gebaut, die meist flaches Dach und ausgetieften Boden haben
und deren Rückwand der Berghang bildet. Nicht selten findet man
vollständige Keller, in den Lehmhang eingeschnittene Höhlungen, die
innen mit Stangen gestützt werden und in die man durch ein Loch im
Hang gelangt.

[Illustration: Unterirdische Wohnstätten in Iraku.]

Noch charakteristischer ist die Form, welche ich als »=versunkenes
Tembe=« bezeichnen möchte. In den festen, rothen Lateritboden wird
ein mindestens 3 m tiefes und 10 und mehr Meter im Quadrat haltendes,
meist viereckiges, manchmal auch dreieckiges oder unregelmässiges
Loch gegraben. Zum Eingang führt ein gebogener, schmaler Weg, der
zwischen Lehmwänden eingeschnitten und nach aussen geneigt, zugleich
den Regenmassen Abfluss gewährt. Das Loch wird mit einem gewöhnlichen
Tembedach überdeckt, dessen rothe Fläche die einzige Spur einer
menschlichen Wohnung ist. Das Innere ist recht geräumig, Menschen und
Vieh hausen meist in einem Raum zusammen. Manchmal führt im Innern
ein Gang als weitere Zuflucht in die Tiefe. --

Die =Jagd= wird von den Wafiomi mit Speeren und Fallen, seltener
mit vergifteten Pfeilen betrieben. In den Urwäldern von Ober-Iraku
und Meri pflegen die Eingeborenen 5-6 m tiefe cylindrische Gruben
auszuheben, die meist zu drei angelegt und zum Fangen von Elephanten
bestimmt sind. Dem Honig der Waldbienen stellen sie eifrig nach,
Fischfang im recht fischreichen Maitsimba-See betreiben sie jedoch
gar nicht.

Die =Viehzucht= hat durch die Massai-Einfälle sehr gelitten und
beschränkt sich gegenwärtig, wo auch noch die Seuche tüchtig
aufgeräumt, fast nur auf Kleinvieh. Nur in Iraku trifft man noch
ziemlich viele Rinder.

Alle Wafiomi betreiben mit grossem Eifer =Ackerbau=, besonders in
Iraku ist das Land mit Feldern bedeckt. In Uassi und Ufiomi baut
man nur Sorghum, in Iraku daneben auch Mais, Eleusine, Penicillaria
und vortreffliche Kürbisarten. Merkwürdig ist hier, wie bei allen
Völkern des abflusslosen Gebietes, das Fehlen der Banane in Gegenden,
die zum Anbau dieser Kulturpflanze wie geschaffen erscheinen.
Der Grund liegt wohl hauptsächlich darin, dass die besiedelten
Theile des abflusslosen Gebietes rings von Steppen oder doch
unbewohnten Gebieten umschlossen sind. Durch diese konnten nur die
leicht transportabeln Samenpflanzen, wie Sorghum, Mais, Eleusine,
Penicillaria, Kürbisse gelangen, während Bananen, Maniok, süsse
Kartoffeln und andere weit verbreitete, aber immerhin schwer zu
befördernde Pflanzen nicht dahin kamen. Unerklärlich allerdings
erscheint, warum die Hülsenfrüchte, deren Samen doch so leicht
verbreitbar sind, gänzlich fehlen. --

Die oben genannten Kulturpflanzen liefern die =Hauptnahrung= der
Wafiomi. Ausserdem essen sie auch das Fleisch aller Thiere mit
Ausnahme von Fischen und Flusspferden, die als unrein gelten. Das
Rauchen, Schnupfen und Kauen von Tabak ist bei beiden Geschlechtern
üblich. Kochsalz wird aus Mangati bezogen. --

An originellen =Geräthen= besitzen die Wafiomi nur wenige.
Eisensachen und Kalebassen werden meist aus Irangi bezogen, Körbe
aus Gras selbst geflochten. Die Töpfe sind ziemlich schlecht, am
Halse manchmal mit Zebrafell benäht. Zur Aufnahme der Milch dienen
hölzerne Gefässe, die sich ähnlich auch in Ukerewe und am Ostufer des
Victoria-See finden.

Als =Waffen= dienen Wurfspeere mit eingelassener Spitze und lederne
Rundschilde, sowie zur Jagd Bogen und vergiftete Pfeile.

[Illustration: Topf der Wafiomi.]

[Illustration: Milchgefäss der Wafiomi.]

Der Verkehr mit der Aussenwelt beschränkt sich auf den mit den
Wataturu und Wambugwe. Ueber Uassi gelangen die Industrieartikel aus
Irangi nach Ufiomi und Iraku. Früher zogen Leute aus Irangi direkt
nach Iraku, um Granaten, die dort häufig vorkommen und in Irangi als
Ohrschmuck getragen werden, zu kaufen. Wasukuma und andere Wanyamwesi
kommen behufs Vieh- und Elfenbeinhandel manchmal ins Land.

Die =Sitten= der Wafiomi sind eigenartig, wenn auch vielfach durch
Bantugebräuche beeinflusst. Die Beschneidung und das Ausbrechen
bezw. Vorbiegen der Zähne wird bei beiden Geschlechtern erst beim
Reifwerden vorgenommen. Bei Mädchen findet dann ein besonderes
Fest statt, bei welchem mit der nebenstehend abgebildeten Klapper
gerasselt wird. Dann bleibt das Mädchen ein Jahr im Tembe in einem
von den Männern gesonderten Raum. Sie darf keine Nahrung berühren und
wird von anderen Weibern gefüttert und getränkt, auch darf sie ihr
Haar nicht scheeren. Zur Nachtzeit jedoch verlässt sie das Tembe und
tanzt mit jungen Männern.[18]

 [18] Eine ganz ähnliche Sitte findet sich bei den Wapare im
      Paregebirge und scheint auch bei den Wahima (Watussi)
      üblich.

[Illustration: Klapper, Wafiomi.]

Will ein junger Mann heirathen, so schickt er dem Vater der
Auserwählten Pombe, dessen Annahme als Einwilligung gilt. Das
Brautgeld besteht gewöhnlich aus drei Ziegen und einem Spaten;
ist der Bräutigam jedoch arm, so braucht er nur Pombe und Honig zu
bringen. Vielweiberei ist allgemein üblich. Die Geschlechter nehmen
ihre Mahlzeiten getrennt ein. Die Arbeiten sind so ziemlich gleich
auf Mann und Weib vertheilt, welch' letztere sich auch am Ackerbau
betheiligen. Eine unbeliebte Frau wird dem Vater zurückgeschickt.
Heirathet sie wieder, so gehört das erste Kind dem Manne der ersten
Ehe, das zweite dem der zweiten, das dritte wieder dem der ersten
Ehe u. s. w. bis zum achten Kind, worauf alle Kinder dem Manne aus
zweiter Ehe gehören, ein höchst merkwürdiger und seltsamer Gebrauch.
Die Wafiomi heirathen meist im Stamme, selten Wambugwe-Weiber, doch
werden Wafiomi-Weiber oft von Wambugwe und Wataturu zur Ehe genommen.

Will jemand ein Haus bauen, so ist ihm die ganze Nachbarschaft
dabei behilflich, die Männer errichten das Holzwerk und tragen die
Graslagen auf, die Weiber schütten den Lehm auf's Dach.

Eine grosse Rolle spielt der =Zauberdoktor=, der »Regen macht« und
bei Krankheiten Amulettzauber, seltener Pflanzenmedizin anwendet.
Schneidet sich jemand zufällig, so gilt dies als sehr böses Zeichen
und es wird sofort ein Schaf erwürgt und der Betreffende mit dem
Mageninhalt bespritzt, was überhaupt als Friedenszauber gilt.

Man glaubt an natürlichen Tod und Tod durch Zauberei, doch hat
letzterer nichts im Gefolge. Ein Verstorbener wird in Ufiomi kauernd
mit Fell und Ledersandalen vor dem Tembe beerdigt. In Iraku, wo ich,
um Schädel zu sammeln, mehrmals Gräber öffnete, waren dieselben
ebenfalls stets vor den Temben und bestanden aus 2 m tiefen
Schächten, von deren Sohle ein Seitenschacht ausging, in welchem der
Todte auf einem Brett stets mit Lederzeug und Sandalen bestattet war.

Den Geistern der Verstorbenen bringt man Todtenopfer von Pombe;
auch werden ihnen zu Ehren Tänze aufgeführt, bei welchen eine
kleine gestielte Trommel gerührt wird, die ganz jener der Wapare
gleicht. Ein Gottesbegriff ist vorhanden, Gebete sind jedoch nicht
gebräuchlich.

Die Bewohner benachbarter Distrikte führen keine Kriege
untereinander, sondern prügeln sich nur mit ihren langen Stöcken.
Den Krieg nach Aussen beschliesst der Zauberdoktor, der auch
Anführer desselben ist. Der Kampf besteht in Gefechten auf freiem
Felde, selbst im Siegesfall dringen die Kämpfer nicht in Feindesland
ein. Männliche Kriegsgefangene werden nicht getödtet, sondern zur
Auslösung aufbewahrt, laufen jedoch meist davon. Die Wafiomi halten
keine Sklaven, wurden jedoch mehrmals von den Ober-Aruschanern
(zuletzt 1891) behufs Sklavenraub angefallen und es sollen sich in
Ober-Aruscha Wafiomi-Sklaven befinden.

In Streitfällen entscheiden die Aeltesten. Diebstahl im eigenen
Land ist unerhört und sehr schimpflich, Fremde zu bestehlen gilt als
ehrenvoll. Mord wird durch Blutgeld gesühnt, nur wenn letzteres nicht
geleistet wird tritt Blutrache ein. Ausständige Schulden tilgt der
Gläubiger durch selbstständige Pfändung. Grund und Boden gilt niemals
als Besitz, nur die darauf stehenden Feldfrüchte sind Eigenthum, das
vom Nachbarfeld abgegrenzt wird. Daher kann Jeder unbeackertes, wenn
auch früher bebaut gewesenes Land bestellen und erhält dadurch Recht
auf die Ernte. Ebenso kann Vieh überall weiden.

Sternschnuppen gelten als böses Zeichen, der Mond und die
Jahreszeiten geben die Zeiteintheilung.

Das =Gesammtbild= der Wafiomi ist das eines noch völlig unberührten,
im Grunde gut gearteten Naturvolkes. Bei den traurigen Erfahrungen,
die sie von ihren Nachbarn, besonders den Massai gemacht, ist
es nicht verwunderlich, dass sie bisher allen Fremden feindlich
gegenüber standen, doch wird es zweifellos gelingen, sie in dieser
Hinsicht zugänglicher zu machen. Wurde mir als erstem Weissen in dem
berüchtigten Ufiomi doch wenigstens kein feindlicher, in Iraku sogar
ein harmlos freundlicher Empfang zu theil. Sobald die Wafiomi vor
feindlichen Einfällen gesichert und nicht mehr gezwungen sind, sich
gleich wilden Thieren in Erdhöhlen zu verbergen, werden sie sicher
ihre Eigenschaften als treffliche Ackerbauer noch weiter entfalten
und zur Besiedelung der herrlichen noch unbewohnten Plateauländer
beitragen. Ob sie freilich zu einer höheren Kulturmission geeignet
erscheinen, ist bei dem konservativen Sinn und der völligen, bis zur
Verwahrlosung getriebenen Bedürfnisslosigkeit dieses Volkes fraglich.
Auch ist es nicht wahrscheinlich, dass sie einem stärkeren Eindringen
des Bantu-Elementes widerstehen werden.

Vorläufig nehmen die =Bantuvölker=, jener Hauptstamm Mittel-Afrika's,
im abflusslosen Gebiet noch keinen grossen Raum ein. Das bedeutendste
Volk sind jedenfalls die =Wagogo=, die schon von mehreren Reisenden
beschrieben worden sind und auf die ich schon deshalb nicht näher
eingehe, weil ich nur wenige Vertreter dieses Stammes kennen
gelernt. Die Wanyamwesi dagegen, deren Wohngebiet besonders in den
Zweigstamm der Wakimbu ins abflusslose Gebiet übergreift, und die
viele Ansiedelungen in demselben besitzen, sollen an anderer Stelle
Erwähnung finden. Wir wenden uns daher gleich den nördlich, in
direkter Nachbarschaft der Wafiomi lebenden Warangi und Wambugwe zu.

Die Stämme der =Wambugwe= und =Warangi= gehören, obwohl räumlich
ziemlich getrennt lebend, doch einer Gruppe an, ja sie bilden
thatsächlich nur =einen= Stamm. Da jedoch die Warangi durch ihren
starken Verkehr mit Fremden, sei es Küstenleuten, sei es Wagogo und
Wanyamwesi, viel von ihrer Ursprünglichkeit verloren haben, so wird
nachfolgend hauptsächlich von den Wambugwe die Rede sein.

Die Wambugwe bewohnen ein sehr beschränktes Gebiet. Ihre Wohnstätten,
die Temben, sind in der baumlosen Salzebene am Südende des
Manyara-See verstreut, welche, eine alte Fortsetzung des Sees
bildend, zur Regenzeit theilweise mit Salzwasser überschwemmt ist
und nur stellenweise spärlichen Graswuchs gedeihen lässt. Die Felder
liegen südlich und östlich von dieser Ebene in fruchtbarerem Gebiet.
Die Warangi hausen in den hügelartigen Landschaften, welche sich bei
der Araber-Niederlassung Kondoa (Irangi) ausdehnen, sowie nordöstlich
davon in Tandala. Die ebenfalls zu Irangi gehörigen Distrikte Uassi
und Burunge haben keine Warangi- sondern Wafiomi-Bevölkerung.

Ihre Abkunft leiten die Wambugwe von Irangi, also aus dem Süden her;
doch ist es zweifellos, dass ihre Einwanderung schon vor vielen
Generationen erfolgte. Ihrer Sprache nach sind die Wambugwe ein
Bantu-Volk und gehören möglicherweise mit den Wagogo einer Gruppe an.
Doch scheint es sicher, dass sie viele fremde Elemente, vor allem
Wataturu und Wafiomi, in sich aufgenommen haben. Immerhin weist
der Stamm, wie er sich uns heute darstellt, physisch ein ziemlich
einheitliches Gepräge auf.

Die Wambugwe sind mittelgrosse schlanke und kräftige Leute
von oft tadellosen Körperformen. Die Gesichtszüge bilden ein
Mittelding zwischen hamitischen und reinem Negertypus; der
nebenstehend abgebildete Häuptling Mbi zeigt dieselben in
besonders charakteristischer Weise. Die Hautfarbe hat vorherrschend
chokoladebraune, rothbraune bis gelbliche Töne, besonders unter den
Weibern trifft man hellfarbige, ungemein zierliche Gestalten. Die
Haltung ist eine freie und stolze, der Gesichtsausdruck intelligent.

[Illustration: Wambugwe-Häuptling Mbi.]

Diesem Aeusseren entspricht auch der =Charakter=, der den Mbugwe
vor allem zum Krieger stempelt. Von drei Seiten von ungeheuren
Steppenländern, auf der vierten vom Steilabfall des Plateaus
begrenzt, ist das Umbugwe-Ländchen von allen Seiten den Einfällen
feindlicher Stämme, vor allen der Massai und Ober-Aruschaner
ausgesetzt. Während die umwohnenden Stämme, wie die Wataturu und
Wafiomi unter diesen Einfällen schwer litten und ihr ganzes Vieh
an die Massai verloren, wussten die Wambugwe trotz der ungünstigen,
völlig offenen Lage ihres Ländchens sich doch alle Feinde vom Halse
zu halten und ihre kostbarste Habe, ihr Rindvieh, zu vertheidigen.
So verächtlich der Massai auch über die meisten »Mangati«
(Ackerbauer-Feinde) denkt, den Ltoroto, wie er die Wambugwe nennt,
kann er seine Achtung nicht versagen. Denn gar oft haben die wilden
Viehräuber der Steppe sich blutige Köpfe in Umbugwe geholt, ja
mehrmals kehrten die Wambugwe den Spiess um, sie fielen ihrerseits im
Massailande ein, erstürmten die Kraals am Donyo Kissale und trieben
das Vieh weg.

Die Erfahrungen, welche sie seit jeher gemacht, mussten dazu
beitragen, die Wambugwe misstrauisch gegen alles Fremde zu machen.
Mehrmals wurden Handelskarawanen von der Küste, die in völlig
harmloser Absicht kamen, von ihnen überfallen, ausgeraubt und fast
vollständig aufgerieben, so dass jahrelang sich Niemand als die
unerschrockenen Elephantenjäger nach Umbugwe wagte. Auch diese
schwebten fortwährend in Lebensgefahr und waren allerlei Uebergriffen
von Seiten der Eingeborenen ausgesetzt.

Auch mir, dem ersten Europäer den sie sahen, wollten die Wambugwe in
gleicher Weise begegnen, doch bekam ihnen dies schlecht: zum ersten
Mal empfingen die nie Besiegten eine empfindliche Niederlage. Doch
gerade ihr Verhalten nach derselben zeigt von dem klaren Verstand der
Wambugwe. Während andere Stämme, wenn ihr Angriff abgeschlagen ist,
sich meist in alle Winde verlieren, gänzlich unerreichbar sind und
den nächsten Europäer der durch ihr Gebiet kommt wieder anfallen,
erkannten die Wambugwe sofort, dass sie einer überlegenen Macht
gegenüberstanden. Es kam zu einer Verständigung und die Schonung der
Verwundeten und Auslieferung der Kriegsgefangenen meinerseits trug
nicht wenig zur Befestigung der neuen Freundschaft bei. Fast ein Jahr
später fand ich die Wambugwe gänzlich umgewandelt als friedliche,
zugängliche Leute und Küstenkarawanen sowohl wie andere Reisende, die
nach mir das Land besuchten, fanden die beste Aufnahme.

Wenn wir das =Aeussere= der Wambugwe betrachten, so finden wir,
dass dieselben sich von der Alles überfluthenden Massai-Mode
ziemlich unabhängig gehalten haben (Abb. Taf. 4 und pag. 22). Die
=Stammesmarke= bei Männern und Weibern besteht aus einem von der
Nasenwurzel über die Wangen verlaufenden Schnitt. Das Haupthaar
tragen sie entweder abrasirt oder sorgfältig in ganz kleine Zöpfchen
geflochten. Kleine Holzstücke oder einige Glasperlen dienen als
Schmuck der Ohren. Die jungen Männer pflegen auf Reisen und auf
der Jagd nackt zu gehen, sonst besteht die =Kleidung= aus einem
Lendenschurz oder Mantel von ungemein weich und biegsam gegerbtem
Leder, welches mit Glasperlen verziert und gelb, braun oder roth
gefärbt wird. Zeug wird, seit das Land erschlossen ist, immer mehr
getragen. Die Weiber bekleiden sich mit einem Lendenschurz aus Leder.
An den Beinen werden häufig Eisendraht und Glasperlen getragen,
an den Füssen schöne mit Glasperlen verzierte Ledersandalen. Die
Beschneidung ist üblich. Als Kriegsschmuck tragen die jungen Leute
häufig einen Büschel Federn in den Haaren.

Die =Wohnungen= der Wambugwe (Abb. pag. 18) bestehen aus
quadratischen, nach den Weltgegenden orientirten Temben, die in
Entfernungen von 30-40 m von einander in der Ebene verstreut sind.
Dieselben sind ungleich gross und haben von 6-50 m im Geviert, dienen
jedoch selten mehr als einer Familie zum Aufenthalt. Trotz ihrer oft
bedeutenden Ausdehnung sind die Temben nur brusthoch. Die Seitenwände
bestehen aus Stangen mit Lehmverkleidung, das flache Dach, welches
das ganze Tembe bedeckt, besitzt eine Unterlage von Stangen aus dem
festen Kernholz der Dumpalmen, auf welchen eine Schicht quergelegter
Sorghumstengel und die Lehmauflage folgt. In der Mitte der Dachfläche
wird manchmal eine Stange als Zierrath aufgestellt. Die grösseren,
besonders die Häuptlingstemben haben an der (westlichen) Vorderseite
ein 1½ m, an den übrigen ½ m breites Vordach. Der Innenraum dient
als Aufenthalt für Menschen und Vieh. Die kleineren Temben bestehen
aus einem einzigen Raume mit vielen Dachstützen und höchstens einer
Einzäunung für das Vieh, die grösseren aus mehreren, durch Wände
getrennten Wohnstätten. Bei ihrer Niedrigkeit, der darin herrschenden
absoluten Dunkelheit und den unzähligen Stangen und Verschlagwänden
sowie dem Stalldunst, bieten die Temben gerade keinen behaglichen
Aufenthalt, um so weniger als es darin von kleinen Zecken, den
sogenannten Papassi, wimmelt.

Die Warangi haben dieselben, doch weniger gut gebauten Temben,
dieselben liegen jedoch nicht einzeln, sondern zu drei oder vier,
einen kleinen Hof umschliessend, der gegen Aussen durch einen
Knüppelzaun abgesperrt ist.

Die =Jagd= spielt bei den Wambugwe eine ziemlich grosse Rolle und
wird mit dem Wurfspeer, seltener mit Bogen und Pfeil ausgeübt.
Fischfang wird nur zu Zeiten grosser Hungersnoth im Kwoufluss
betrieben.

Weit wichtiger ist die =Viehzucht=, die allerdings durch die Seuche
stark gelitten hat, immerhin aber noch recht bedeutend ist. Das
Mbugwe-Rind ist ein echtes Zebu mit starkem Höcker, kräftiger,
untersetzter Gestalt und meist kurzen Hörnern. Es ist verschieden,
braun, schwarz und grau gefärbt, auch Blässen sind nicht selten.
Wie bei den meisten afrikanischen Rindern, ist der Milchertrag ein
geringer, =ein= Liter täglich gilt schon als ganz gute Leistung.
Die Rinder grasen durchweg in der Salzebene um die Temben herum und
verlassen deren Umkreis niemals. Obwohl sie anscheinend nur spärliche
Weide finden, gedeihen sie doch vortrefflich und sind von seltener
Ausdauer und Zähigkeit. Ich hatte Umbugwe-Rinder während meiner
ganzen Reise mit und dieselben vertrugen das kalte Plateauklima
ebensogut wie Hitze und Wassermangel in der Steppe, ja selbst die
starken Märsche ermüdeten sie keineswegs. Die Wambugwe pflegen ihre
Rinder durch Einschnitte in die Ohren zu bezeichnen.

Unter den Rindern treiben sich in der weiten Ebene des Dorfgebietes
zahlreiche, halbwilde =Esel= herum. Dieselben sind kräftig
gebaut, haben eine glänzend silbergraue Farbe und sehr oft leichte
Streifung an den Beinen, erinnern also lebhaft an den wilden Esel
der Somali-Länder. Sie werden nur zum Herbeitragen von Feuerholz,
das sehr weit hergeholt werden muss, benutzt, laufen aber meist
frei umher. Auch die Esel fand ich, sobald sie gezähmt sind, was
rasch gelingt, sehr ausdauernd. An Kleinvieh werden viele Ziegen
und Schafe, an Geflügel Hühner gehalten. Hunde und auffallend viele
Katzen sind überall zu finden.

Der =Ackerbau= wird nicht im Tembegebiet getrieben, weil dasselbe
in der Regenzeit oft von Lachen überschwemmt ist und auch als
Viehweide dient. Dadurch wird den Wambugwe das Leben ziemlich sauer
gemacht. Wenn sie Trinkwasser oft eine Stunde weit holen müssen, so
werden Feldfrüchte mehrere, Brennholz oft sogar viele Stunden weit
hergeholt. Die Aecker liegen südlich und östlich vom Tembegebiet und
sind gut gehalten. Angebaut wird fast nur Sorghum weisser und rother
Varietät, letzterer ausschliesslich zur Bier-(Pombe)-Bereitung,
sowie Tabak. Trotz des anscheinend wenig fruchtbaren Bodens ist das
Erträgniss doch ein ungemein reiches, wie man an den kolossalen
Getreidevorräthen sehen kann, welche die Wambugwe in meterhohen
und ebenso breiten, cylindrischen Strohkörben in ihren Hütten
aufspeichern.

[Illustration: Tembe der Warangi.]

Die =Hauptnahrung= ist der Sorghumbrei. Um diesen herzustellen, wird
der Sorghum am Dach des Tembe aufgebreitet, hierauf meist unenthülst
zwischen Mahlsteinen zerrieben. Nicht selten mischt man dem Mehl
Salz vom Balangda-See (Mangati) bei, manchmal sogar das scharfe,
für Nicht-Wambugwe gänzlich ungeniessbare Salz des Manyara. Das
Fleisch aller Thiere wird genossen, nur Fisch, Nashorn und Elephant
gelten als unrein und werden nur während einer Hungersnoth verzehrt.
Betreffs des Zusammenessens von Männern und Weibern bestehen keine
bestimmten Vorschriften. Hirsebier (Pombe) wird in sehr grossen
Mengen hergestellt, in mächtigen Töpfen gähren gelassen und dann
getrunken. Tabak wird besonders von Männern geraucht, geschnupft
und gekaut, in letzterem Falle wird ihm das scharfe Salz des Manyara
beigemengt.

[Illustration: TAFEL XX. HIRT AUS UFIOMI]

Die =Geräthe= der Wambugwe zeichnen sich vielfach durch Zierlichkeit
aus. Dem Ackerbau dient eine breitklingige Hacke, die, wie alle
Eisengeräthe, aus Irangi-Eisen gefertigt, ja oft direkt von dort
importirt wird, da die Warangi-Schmiede mit Recht als geschickt
gelten. Ausser den grossen, früher erwähnten Vorrathskörben, dienen
als Gefässe kleine Körbe und Kalebassen, die vielfach aus Irangi
importirt und mit hübschen schwarzen Ornamenten versehen sind. Die
netten Töpfe und Krüge werden von eigenen Handwerkern gefertigt und
gehören nicht der Hausindustrie an. Erwähnung verdient das Gerben
der Rindshäute, zu welchem Behufe die Haut getrocknet, mit einem
besonderen Beil abgekratzt und mit Fett und Kuhmist eingerieben
wird. Sie wird dann einen Tag ausgebreitet, mit menschlichem Urin
begossen, dann geknetet und zwei Tage in Urin gelagert. Hierauf
wird sie nochmals ausgebreitet, getrocknet und abgerieben. Durch
dieses Verfahren bekommt die Haut eine erstaunliche, sammetartige
Weiche. Wünscht man das Leder zu färben, so wird die betreffende
Pflanzenfarbe dem Urin beigemischt.

[Illustration: Hacke der Wambugwe.]

Die =Waffen= der Wambugwe bestehen aus Speer, Schild, Bogen, Pfeil
und Schleuder. Schwerter scheinen vollkommen unbekannt. Der Speer
ist ein echter Wurfspeer mit ziemlich breiter Klinge, eingelassenem
Schaftdorn, lederbenähtem Hals und mit Eisen umwundenem Schaftende.
Jeder Krieger trägt zwei bis vier Speere in der Rechten. In der
Linken führt er den spitzovalen Schild, welcher aus Büffelhaut
gefertigt, mit kleinen vorgetriebenen Buckeln versehen ist und an
der Hinterseite einen Längsstock besitzt, (Abb. Tafel 4). Bogen
und Pfeile sind leicht und dienen nur alten Leuten und Kindern
als Waffen und Jagdgeräth. Als solches für kleines Wild dient auch
die interessante Steinschleuder, ein Geräth, das man sehr selten
in Mittelafrika findet. (Abb. pag. 186.) Dieselbe wird auch zum
Verjagen der Vögel aus den Feldern gebraucht. Im Gebrauch der Waffen,
besonders im Werfen der Speere besitzen die Wambugwe bedeutende
Geschicklichkeit.

Die Speere der Warangi sind zierlicher, doch weniger kräftig, ihre
Schilde meist kreisrund mit Mittelbuckel.

[Illustration: Kalebassen-Ornamente der Wambugwe.]

Von einem =Handel= konnte in Umbugwe kaum die Rede sein, bevor
das Erscheinen meiner Expedition eine neue Aera für das Land
eröffnete. Küstenkarawanen wagten sich, wie gesagt, nicht ins Land,
und selbst Wasukuma kamen nur selten dahin. Der Verkehr mit der
Aussenwelt beschränkte sich auf das Eintauschen von Irangi-Eisen und
Mangati-Salz gegen Vieh; selten unternahmen die Wambugwe einen Zug
nach Meatu, um Irangi-Hacken gegen Häute zu vertauschen. Das wenige,
was sie an Glasperlen und Zeug benöthigten, erhielten sie durch die
Warangi, die stets ungehindert im Lande verkehrten, seltener durch
Wagogo der nördlichen Distrikte, die manchmal bis Umbugwe vordringen.

Gegenwärtig freilich durchziehen häufig Europäer- und
Swahíli-Karawanen das Land und eine vollständige Umwandlung aller
Lebensverhältnisse ist im Gange.

Ueber das merkwürdige =innere Leben= dieses Stammes konnte ich
verhältnissmässig viel erfahren, da ich während meines zweiten
Aufenthaltes mit den Eingeborenen sehr freundschaftlich verkehrte und
vorzügliche Dolmetscher besass.

Die erste Erfahrung, welche der neugeborene Mbugwe an seinen
Landsleuten macht, ist keine angenehme. Es werden ihm nämlich
mit einem scharfen Messer zwei Schnitte über das Gesicht -- die
=Stammesmarke= -- gezogen. Alle Wambugwe ohne Ausnahme tragen diese;
sieht man Jemand ohne die charakteristischen Schnitte, so ist er
entweder ein Fremder oder er wurde von seiner Mutter nach Empfang
besonderer Medizin, die durch den Zauberdoktor verabreicht wird,
geboren.

[Illustration: Speer der Warangi.]

[Illustration: Steinschleuder der Wambugwe.]

Die Namengebung erfolgt in der Kindheit durch Verwandte und gilt fürs
Leben. Nur wenn ein Kind krank wird, nimmt der Zauberdoktor öfter an,
dass ein verstorbener Verwandter (besonders der Vater) etwas gegen
dasselbe habe. Dann giesst man dem Todten Pombe aufs Grab und das
Kind nimmt dessen Namen als zweiten an. Die Beschneidung wird von
kundigen Personen bei Männern und Weibern in der Jugend vollzogen;
dabei findet ein Trinkgelage statt. Das Reifwerden der Mädchen giebt
zu keinen Gebräuchen Anlass.

Sehr merkwürdig, ja unter Mittelafrikanern fast vereinzelt ist das
grundsätzliche Fehlen der Vielweiberei. Selbst Häuptlinge haben
nur eine Frau, und als Kutadu, der kein Mbugwe, sondern ein Mtaturu
ist, dennoch eine zweite nahm, erregte dies allgemeines Aergerniss.
Die Brautwerbung geschieht durch Uebersendung eines Rindes an den
Vater, wird dieses angenommen, so wird die Hochzeit durch Tanz und
Pombegenuss gefeiert. Einen weiteren Brautpreis hat der Bräutigam
nicht zu zahlen, ja, es ist üblich, dass der Vater der Tochter
Rinder in die Ehe mitgiebt. Tritt Scheidung ein, so muss der Gatte
diese dem Schwiegervater zurückgeben, dann können beide Theile
wieder heirathen. Der Verführer eines Mädchens muss dem Vater, der
einer Frau dem Gatten das etwa geborene Kind überlassen, weitere
Streitigkeiten entstehen deshalb nicht.

Heirathen mit Weibern fremder Stämme, wie Wafiomi, Wataturu und
besonders Warangi sind nicht selten und tragen dazu bei, den Wambugwe
hamitisches Blut zuzuführen. Kindsmord soll niemals vorkommen.

Bei =Krankheiten= wird der Zauberdoktor gerufen, der Pflanzenmedizin,
gewöhnlich Brechmittel eingiebt. In schweren Fällen nennt er
die Person, die den Kranken bezaubert hat und die stets gleichen
Geschlechts mit diesem ist. Dann pflegen die Verwandten dem Häuptling
ein oder mehrere Rinder zu bringen und in nächtlicher Berathung
beschliesst dieser mit den Stammesältesten den Zauberer zu tödten.
Dieser wird dann meuchlings niedergemacht.

Beim =Tode= eines Menschen wird der Rath des Zauberdoktors nicht
eingeholt. Man schlachtet eine Ziege und reibt mit deren Fett die
Augen des Verstorbenen ein, damit sein Geist die neugeborenen Kinder
nicht sehe und ihnen durch bösen Blick schade. Hierauf wird die
Leiche, wenn ein Mann, auf dem rechten, wenn eine Frau, auf dem
linken Arm liegend im Tembe begraben. Nur wer durch eine Speerwunde
stirbt wird draussen beerdigt. Beim Leichenschmaus wird der erste
Pombeschluck aufs Grab gespien. Dann wird das Tembe ruhig weiter
bewohnt.

Erscheint ein Todter im Traume, so wird der Zauberdoktor befragt, der
dann meist die Opferung eines schwarzen Stieres fordert, dessen Nabel
im Grabe verscharrt wird. --

Wie aus dem Obigem hervorgeht, spielt auch bei den Wambugwe, wie bei
allen Bantu der =Ahnenkult= die erste Rolle. So werden auch Löwe und
Elephant als Geister längst Verstorbener angesehen. Ein eigentlicher
Gottesbegriff scheint jedoch zu fehlen.

Die Sklaverei ist in Umbugwe unbekannt, ihr kriegerischer
Sinn schützt die Wambugwe auch vor Sklavenjagden, welche die
Ober-Aruschaner nach diesen Gegenden zu unternehmen pflegen.

Die ursprüngliche =Regierungsform= ist zweifellos die
Familien-Republik, wie sie heute noch im Distrikt Wabwa besteht.
Die ungeheure Macht der Zauberdoktoren, sowie die Erblichkeit
dieser Würde, liessen dieselben jedoch rasch zu kleinen Herrschern,
Häuptlingen, heranwachsen. Von den drei in Umbugwe lebenden
Häuptlingen ist nur Mbi ein echter Mbugwe, Mtakayko hat Wataturublut
und Kutadu ist ein reiner Mtaturu. Die beiden Letzteren sind die
mächtigsten und als Zauberer sehr gefürchtet, ihr reicher Viehbesitz
stammt fast nur von Geschenken her, die sie in dieser Eigenschaft
bekamen.

Zu ihren Künsten gehört vor Allem das =Regenmachen=. Dazu nimmt der
Zauberer bei hellem Sonnenschein ein schwarzes Kalb und ein schwarzes
Schaf, hebt sie auf das Tembedach, schlitzt ihnen den Bauch auf
und spritzt den Mageninhalt nach allen Richtungen. Dann giesst er
Wasser und Medizin in ein Gefäss; ist der Zauber gelungen, so kocht
das Wasser auf und Regen erfolgt. Um Regen zu hindern zieht sich
der Zauberer in das Innere des Temberaumes zurück und erhitzt einen
Bergkrystall[19] in einer Kalebasse.

 [19] Vergl. Stuhlmann, a. a. O. pag. 282.

Die Macht des Häuptlings ist sehr durch die Aeltesten beschränkt,
die in allen wichtigen Angelegenheiten mitzusprechen haben. Zu seinen
Vorrechten gehört, dass er die Erlaubniss zum Ernteschnitt giebt; am
ersten Tage wird dann auf seinen Feldern geschnitten.

Die =Kriege= der Wambugwe untereinander sind wenig blutig. Ziegen
und Rinder werden dabei niemals fortgetrieben, als Beute gelten
nur Hausgeräth und Hühner. Ganz anders freilich wissen sie sich
gegen auswärtige Feinde zu vertheidigen. Als mächtiger Kriegszauber
wird ein Angehöriger des feindlichen Distriktes abgefangen,
getödtet, seine Haut abgezogen und an Armen und Brust getragen. Als
Friedenszeichen überreichen die Wambugwe etwas Gras, das sie nach
Massaiart vorher bespeien. Ihr gewöhnlicher Gruss ist »Tálala«.

Mord wird durch Blutrache gesühnt. Von Diebstählen werden nur die
grösseren dem Häuptling angezeigt. Dieser verbannt dann den Dieb und
zieht dessen Eigenthum ein, wobei die Aeltesten etwas, der Bestohlene
aber nichts abbekommt. Grundbesitz ist bekannt, das urbar gemachte
Land gilt endgiltig als erworben.

Sonne und Mond betrachten die Wambugwe als Brüder, die Sterne als
Menschen, deren einer stirbt, wenn eine Sternschnuppe fällt.

Wenn wir das =Gesammtbild= der Wambugwe betrachten, so finden wir
einen körperlich und geistig gesunden, völlig urwüchsigen Stamm,
der nach jahrhundertelanger Abgeschlossenheit nun plötzlich mit
der Aussenwelt in regen Verkehr tritt. Es ist zweifellos, dass die
Veränderungen, welche dessen Lebensgewohnheiten schon in den nächsten
Jahren erleiden müssen äusserst tiefgehende sein werden. Mir jedoch,
der ich als erster Weisser die Wambugwe in voller Ursprünglichkeit
gesehen, der ich ihnen -- hoffentlich als letzter Europäer -- in
blutigem Kampfe gegenüberstand und sie dann aber auch als Freunde
kennen lernte; mir scheint es fast sicher, dass dieser Stamm bei
kräftiger und doch maassvoller Behandlung zu einem der wichtigsten
Kulturelemente Deutsch-Ostafrika's heranzubilden wäre. --

Die Plateaulandschaften südwestlich vom Gurui-Berg, bis gegen Ugogo
hin, bewohnt ein anderer Bantu-Stamm, die =Wanyaturu=, d. i. Leute
von Turu. Dieselben leiten ihre Abkunft vom Gurui-Berg her, sind aber
jedenfalls schon sehr alte Ansiedler. In vieler Hinsicht weisen sie
Aehnlichkeit mit den Waschaschi im östlichen Nyansa-Gebiet, besonders
aber mit deren ursprünglichsten Vertretern, den Wakara von Ukara auf.
Jedenfalls gehören die Wanyaturu zu den tiefststehenden Bewohnern
des abflusslosen Gebietes, was besonders auffällt, wenn man aus dem
Innern, aus Unyamwesi kommt, wo die Kulturstufe eine ungleich höhere
ist.

Die Wanyaturu sind kräftige, hochgewachsene Leute, ziemlich
dunkelfarbig und von recht reinem Negertypus, der im Allgemeinen
dem der Wanyamwesi gleicht. (Abb. Taf. 13 und pag. 110.) An Hamiten
erinnernde Gesichtszüge sind selten und wohl nur bei Nachkommen
eingewanderter Wataturu zu finden. Die Männer gehen vollkommen
nackt und scheinen nicht das geringste Schamgefühl zu kennen. Um
die Hüften tragen sie zahlreiche, festsitzende Bastschnüre, um
die Knöchel Glasperlen oder Lederschnüre. Beide Geschlechter sind
beschnitten. Die Männer tragen die Haare meist kurz, manchmal mit
einer Feder am Scheitel. Seltener drehen sie kleine Zöpfchen, die
sie mit Fett festigen, oder tragen, wie die Wanyairamba, dünne,
lange Haarzöpfchen, die nach hinten hängen. Die Weiber tragen
Lederlendenschurze und rasiren den Schädel, ältere Leute schlingen
manchmal ein Stückchen Zeug um die Hüften.

Die Wanyaturu gelten mit Recht als boshaft. Wildheit und Hass alles
Fremden bildet den Grundzug ihres Charakters der durch politische
Zerfahrenheit des Landes noch verschärft wird.

[Illustration: Wanyaturu-Ehepaar.]

Ihre =Wohnungen= bestehen aus rechtwinkelig angeordneten, etwa
brusthohen und ca. 4 m breiten, sehr ärmlichen Temben. Der rechte
Winkel ist durch einen innen mit Stachelgestrüpp geschützten
niedrigen Zaun von buschigen Euphorbien abgeschnitten, wodurch
der dreieckige Viehhof gebildet ist. Manchmal zieht sich eine
Euphorbienhecke um einen Komplex solcher Temben. Das Innere der
Temben ist in dunkele, räucherige Kammern getheilt, der Boden
stellenweise vertieft. Neben den Temben graben sie unterirdische
Schutzlöcher, höhlen auch oft Baobabs aus um sich darin zu verbergen.

Der =Ackerbau= beschränkt sich auf Sorghum und Eleusine. An
Hausthieren werden Rinder, Ziegen, Schafe, Esel, Hühner und Hunde
gehalten. Sie gewinnen Salz aus dem Singisa-See, welches sie den
Wanyamwesi von Ussure verkaufen, sonst verkehren sie fast nur mit den
Wassandaui, in deren Land sie öfters auswandern.

Sie benutzen Hacken mit Holzklingen, die jedoch nur zum Umackern
der Aussaat dienen. Sonst benutzen sie Eisenhacken aus Unyamwesi.
Ihre Waffen sind Speer, Schild, Bogen und Pfeil. Die Speere gleichen
jenen der Wambugwe, sind reine Wurfspeere mit eingelassener Spitze,
doch mangelhaft angefertigt. Die Schilde sind kreisrunde, schwarze
Lederschilde mit einem Buckel in der Mitte. Bogen und Pfeil werden
nur von alten Leuten gebraucht. Sehr charakteristisch sind die
Stockschilde und Schlagstöcke, die zu Stockgefechten dienen. (Abb.
Tafel 13.) Die ersteren sind an einen langen Stock befestigt, die
letzteren einfach dicke Prügel, welche die Wanyaturu stets bei sich
führen. Die Sitte der Stockkämpfe findet sich auch in Schaschi. An
letztere Landschaft erinnert auch ein Saiteninstrument der Wanyaturu.

[Illustration: Pfeilspitze, Wanyaturu.]

[Illustration: Hacke mit Holzklinge der Wanyaturu.]

Die Geburt eines Kindes wird durch Freudengeschrei gefeiert, bei
Zwillingen findet ein Fest statt. Die Beschneidung und das Ausbrechen
der unteren vorderen Schneidezähne findet bei beiden Geschlechtern im
Jugendalter statt. Unverheirathete Kinder schlafen nicht in demselben
Raum mit den Eltern. Ein junger Mann, der heirathen will, bringt dem
Brautvater Pfeile, werden diese angenommen so wird der Brautpreis --
meist 4-6 Ziegen -- bestimmt. Die Zahl der Frauen ist unbeschränkt.
Will Jemand sich von seiner Frau trennen, so muss der Vater den
Brautpreis zurückzahlen, sind Kinder vorhanden so geschieht dies
nicht und die Kinder bleiben ihrem Vater. Stirbt die Frau, so ist
es üblich, dass deren Verwandte dem Gatten einen Ersatz stellen. Die
Feldarbeit wird von beiden Geschlechtern besorgt. In Krankheitsfällen
werden Pflanzenmittel zusammen mit dem Fleisch erwürgter Ziegen
gegeben. Todte werden kauernd, bedeckt mit frischem Ziegenfell,
begraben.

[Illustration: Saiteninstrument der Wanyaturu.]

Von einem Gottesbegriff kann kaum die Rede sein, auch hier, wie
bei allen Bantu herrscht der Ahnenkultus, bezw. die Furcht vor
Geistern, welche Krankheiten hervorrufen sollen. Macht der Geist
eines Verstorbenen sich derart unangenehm bemerkbar, so wird der
betreffende Leichnam wieder ausgegraben und mit einem Opferschaf
neuerdings beerdigt.

Der grösste Tag im Jahr ist das Erntefest, bei dem Tänze und
Stockgefechte stattfinden. Dieselben dienen nur zum Vergnügen, obwohl
dabei nicht selten Leute schwer verletzt, ja getödtet werden. Die
Kämpfer zielen immer hauptsächlich aufs Schienbein.

Eine Gemeindeverfassung oder ein Oberhaupt irgend welcher Art
kennt man in Turu nicht; Jedermann ist Herr seiner Familie und thut
sonst was er will. Nur Krieg wird durch eine Art Volksversammlung
beschlossen, bei welcher Greise das grosse Wort führen, doch
giebt es keine Anführer dabei, sondern jeder geht vor, wie es ihm
eben einfällt. Trotzdem binden die Wanyaturu mit allen Nachbarn,
vorzüglich Ussure und Iramba, stets an, werden jedoch meist
zurückgeworfen. Den Massai gegenüber sind sie wehrlos. Ich selbst
lernte sie als ein boshaftes, elend feiges Gesindel kennen.

Auch untereinander führen sie öfters Krieg, wobei die Partei, bei
der ein Mann fällt, als besiegt gilt. Gefangene Männer werden dabei
getödtet, Weiber nicht gefangen genommen. Sklaverei ist im Lande
unbekannt, doch verkaufen zur Zeit einer Hungersnoth die Wanyaturu
öfters ihre Kinder, und Sklaven dieses Stammes sind in Tabora und
Irangi nicht selten und gelten als recht brauchbar.

Die Wanyaturu bilden ein unruhiges, wildes Bevölkerungselement. Alle
europäischen Reisenden, von Stanley an, die das Land durchzogen,
wurden angegriffen oder doch belästigt, kleine Karawanen wurden
ausgeplündert. Nur in Unyanganyi, wo die Wanyamwesi-Ansiedler die
Wanyaturu gründlich geschlagen und zu Paaren getrieben haben, sind
sie jetzt freundlich und entgegenkommend. Durch solche Ansiedlungen
allein könnte auch das übrige Land dauernd pacificirt werden.

Als Nachbarn der Wanyaturu, von diesen jedoch verschieden und nicht
mehr der Bantu-Gruppe angehörig, leben die =Wassandaui=. Dieser
kleine Stamm, der von besonderem Interesse ist, bewohnt die rings
von Steppen umgebene Landschaft Ussandaui. Irgend welche Tradition
einer Einwanderung hat sich bei ihnen nicht erhalten, sie behaupten
stets in ihren jetzigen Wohnsitzen gelebt zu haben. Jedenfalls sind
sie sehr alte Ansiedler, wie schon ihre Sprache schliessen lässt, die
an Schnalzlauten reich und von jenen der umwohnenden Stämme gänzlich
verschieden ist.

Mit ihnen nahe verwandt ist das Jägervolk der =Wanege= oder
Watindiga, welche die Steppen zwischen Iraku und Usukuma
durchstreifen und nach der Ueberlieferung der Wambugwe vor diesen die
Landschaften am Südende des Manyara inne hatten. Die Wanege stellen
offenbar den ursprünglicheren Zweig des Stammes dar, während die
Wasandaui als angesiedeltes Jägervolk erscheinen.

Dem =Körperbau= nach sind es mittelgrosse, kräftige und gedrungene
Leute von häufig rothbrauner bis kupferrother, seltener dunkler
Hautfarbe (Abb. pag. 112). Der Typus ist sehr variabel, neben rein
negerhaften sieht man Gesichter die mit schiefgeschlitzten Augen
an Hottentotten erinnern, andere, die den hamitischen Typus tragen.
Offenbar ist ein Urvolk hier durch Blutmischungen mit Nachbarstämmen
verändert worden.

Die Haare werden oft zu kleinen, mit Fettlehm angemachten und
roth bemalten Zöpfchen geflochten. Der Körper wird vielfach roth
bemalt. Die Männer tragen Bastschnüre und Perlen um den Leib. Zum
Unterschied von den Wanyaturu, denen sie im Aeussern sonst nahe
stehen, lassen sie vorn ein Zeugfetzchen herabhängen, das an Stelle
des früher üblichen Hühnerhalses getreten ist. Die Weiber tragen
Lederlendenschurze.

Von Charakter sind die Wassandaui gutmüthig und friedlich,
früher sollen sie bösartig gewesen sein, doch sind sie von den
Wanyamwesi-Ansiedlern unterworfen worden.

Ihre Wohnungen sind Temben, die jenen der Wanyaturu gleichen,
etwa 4 m im Quadrat halten, circa brusthoch und innen vertieft
sind und einen Viehplatz einsäumen. Im Innern der Hütte sieht
man gut gefertigte grosse Holzschachteln, ähnlich wie in Uha, als
Getreidebehälter, ein Gegenstand, dessen Gebrauch vielleicht von den
Wanyamwesi eingeführt wurde.

[Illustration: Bogen der Wassandaui.]

Eine grosse Rolle spielt die =Jagd=, der die Wassandaui mit
besonderem Eifer nachgehen. Sie benutzen dazu Bogen und Pfeile.

[Illustration: Speer und Pfeilspitze der Wassandaui.]

An =Hausthieren= besitzen sie viel Kleinvieh und Esel, sowie
auffallend grosse und schöne Hühner. Als Kulturpflanzen dienen
Sorghum und Eleusine, welche mit dem Erträgniss der Jagd die
Hauptnahrung liefern.

Die =Geräthe= sind wenig originell und gleichen meist jenen der
Wanyaturu. Die Hauptwaffe ist Bogen und Pfeil. Die Bogen sind
auffallend stark gekrümmt, die Pfeile besitzen eigenthümlich geformte
Holzspitzen. Daneben sind kurze Messer und schwächliche Speere, wohl
auch Schilde der Wanyaturu-Form üblich.

Mit der Aussenwelt haben die Wassandaui wenig Verkehr. Am besten noch
stehen sie mit den Wanyaturu, deren viele im Lande leben und deren
Sprache häufig verstanden wird. Sonst kommen sie mit dem Ausland fast
nur durch Vermittlung der Wanyamwesi-Ansiedler in Berührung. Früher
wurden sie von allen umwohnenden Stämmen bedrängt und erfreuen sich
erst seit Bestehen der Wanyamwesi-Kolonien eines ruhigen Daseins.

[Illustration: TAFEL XXI. IRAKU-LEUTE]

An Kindern wird die Sitte der Beschneidung vorgenommen, sie
findet im November, mit der Aussaat statt. Beim Reifwerden eines
Mädchens werden Tänze abgehalten, die mit Gesang, doch stets ohne
Trommelbegleitung ausgeführt werden. Die Heirathen werden gewöhnlich
nur von den Vätern vereinbart, diese zahlen bezw. empfangen den
Brautpreis, der bei Scheidung verfällt. Doch darf die geschiedene
Frau niemals wieder heirathen. Vielweiberei ist gestattet, doch
selten. Die Heirathen werden fast nur im eigenen Stamme geschlossen.

Bei einem Todesfall glaubt man stets an Zauberei. Derjenige, der
sie verübt, wird durch den Zauberdoktor ermittelt und verfällt der
Blutrache. Todte werden hockend mit gefalteten Händen, zugleich mit
einer Opferziege beerdigt, die der Geist des Verstorbenen verzehren
soll. Auch hier herrscht also der Ahnenkult; ein Gottesbegriff soll
unbekannt sein.

Eigentliche Häuptlinge giebt es nicht, doch erwerben die
Zauberdoktoren, die auch Regen machen, grosses Ansehen. Gegenwärtig
sind übrigens die Vorsteher der Wanyamwesi-Kolonien, vor allem Mtoro,
die eigentlichen Beherrscher des Landes.

Bei Mord tritt Blutrache ein. Diebstahl kommt vor eine
Greisenversammlung, die den Strafpreis bestimmt.

Die vorerwähnten =Wanege= werden von den Wanyamwesi Watindiga
genannt, von den Massai, wie alle Jäger, den Wandorobo beigezählt.
Obwohl ich ihr Gebiet mehrmals durchstreifte, habe ich doch niemals
etwas von ihnen zu sehen bekommen. Ihre Sprache soll an Schnalzlauten
reich und dem Kissandaui verwandt sein. Sie tragen kurze Haare und
Armbänder aus Kauri und leben von der Jagd, die sie mit kräftigem
Bogen und vergifteten Pfeilen betreiben. Sie sollen Tänze nach der
Trommel ausführen. Sie hausen in Grashütten und den Höhlungen der
Baobabs und sind so scheu, dass selbst die Makua (Elephantenjäger)
sie nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Sie nähren sich nur von
Wildfleisch und Honig. Einzelne von ihnen sollen in Meatu, andere in
Iramba angesiedelt sein. Ihre Zahl ist jedenfalls nur sehr gering.

Wenn wir die =Völker der abflusslosen Gebiete= überblicken, so finden
wir eine erstaunliche ethnische und sprachliche Mannigfaltigkeit,
wie solche im dunkeln Welttheil auf beschränktem Raume selten ist.
Ein Beispiel, wie verschieden die Sprachen sind, die in diesen
Ländern gesprochen werden, mögen die Zahlwörter von 1 bis 10 der
verschiedenen Völker in der Umgebung Irangi's geben.

 ===+==========+=========+==========+============+===========+=========
    | Kirangi- | Kifiomi |  Tatoga  | Kisandaui  |  Massai   | Ndorobo
    | Kimbugwe |         |(Kitaturu)|            |           |
 ===+==========+=========+==========+============+===========+=========
  1 | munti    | naka    | aki      | tzeχe      | nabo      | napu
  2 | ere      | sare    | iyeni    | kisoχe     | are       | enya
  3 | satu     | tamu    | samak    | somekeχ    | uni       | uni
  4 | inya     | sia     | angwan   | hakaχ      | ungwan    | ongwan
  5 | tano     | kowan   | mut      | kwanaχ     | umiet     | mot
  6 | asatu    | laho    | la       | dandatzeχe | ille      | lei
  7 | fagate   | faangu  | isukwa   |  " kisoχe  | nawishana | onar
  8 | nana     | dagnat  | siss     |  " somekeχ | issiet    | sissie
  9 | kenda    | gwelel  | segäs    |  " hakaχ   | ndoroi    | naudó
 10 | kumi     | miba    | taman    |  " kum     | tomon     | gaget

Als Urbewohner der abflusslosen Gebiete kann man wohl jenen
niedrigstehenden Jägerstamm der =Wanege= betrachten, von dem ein
Zweig als Wassandaui sesshaft geworden ist. Wie weit dieser Stamm
mit seiner an Schnalzlauten reichen Sprache der Buschmann-Gruppe
oder den Pygmäen Centralafrika's verwandt ist, mögen künftige
Forschungen lehren. In jedenfalls schon sehr früher Zeit wanderten
die =Wafiomi=, ein hamitischer Stamm, aus dem Norden ein. In ihrer
Sprache vollkommen selbstständig und, von den Massai verschieden,
bilden sie mit den Stämmen von Nandi, Lumbwa und Kamassia eine
Gruppe ackerbautreibender Völker. Eine sehr alte Einwanderung
bildeten jedenfalls auch die =Wanyaturu= und =Wanyairamba=,
Bantuvölker, die durch die Waschaschi mit der grossen Gruppe der
Nyansa- (Zwischenseen-) Völker zusammenhängen und von Nord nach
Süd drängen. In umgekehrter Richtung erfolgte die Einwanderung
der =Wagogo=-Völker, jener Bantu-Gruppe, die als Wagogo, Warangi
und Wambugwe ein ziemlich einheitliches Gepräge besitzt und
unwillkürlich auf eine südafrikanische Herkunft schliessen lässt.
Mit ihnen zugleich, vielleicht auch schon früher, treten erst die
Wataturu (Tatoga), dann die Massai als räuberische, von Nord nach
Süd drängende Hirten von hamitischer Physis auf. Ihre Sprache steht
derjenigen der Bari am obern Nil am nächsten, welche ihrerseits
wieder ein Abkömmling der hamitischen Sprachen ist. Die Annahme, dass
die Massaistämme vom Nil herkommen, scheint daher nicht nothwendig.
Die Vermuthung liegt vielmehr nahe, dass die Massai sich schon in
der Urheimath von den Bari trennten und ihre hamitische Physis reiner
erhalten konnten als die Bari, die mitten unter Negerstämmen starker
Blutmischung ausgesetzt waren.

Es ist begreiflich, dass so nahe beisammen wohnende verschiedene
Völker sich weder sprachlich noch ethnisch rein erhalten können.
Die Viehnomaden in ihren isolirten Stellungen vermögen das noch
am ehesten, bei den Ackerbauern wirken Zwischenheirathen jedoch
nivellirend. Es scheint zweifellos, dass die Bantustämme in diesem
Kampfe den Sieg davon tragen werden, und besonders die langsame, aber
ständige Wanyamwesi-Einwanderung dürfte hier entscheidend wirken.

In seinem gegenwärtigen Zustande ist das abflusslose Gebiet
Deutsch-Ostafrika's zweifellos ethnographisch eines der
interessantesten des Kontinents. Die Steppen, welche die bewohnten
Gebiete umschliessen und die durch kriegerische Nomaden nahezu
unpassirbar gemacht wurden, hatten eine isolirende Wirkung und ferne
von dem Getriebe der Karawanenstrassen konnten die Volksstämme
sich in seltener Ursprünglichkeit erhalten. Hier hausen die
räthselhaften Wanege, die, scheuer als das Wild der Steppe, noch von
keines Europäers Auge geschaut wurden, die Wassandaui mit ihrer an
Schnalzlauten reichen Sprache, hier entwickeln mehrere Bantustämme
ein primitives eigenartiges Volksleben. In den Wataturu finden wir
einen versprengten Zweig der Hamiten mit nilotischer Sprache und
daneben, in den Wafiomi, physisch und sprachlich reine Hamiten.
Gerade die letzteren nehmen unser Interesse besonders in Anspruch, da
sie wahrscheinlich einen der ältesten Zweige des hamitischen Stammes
darstellen.

Nach den Ergebnissen der Forschung ist der Ursprung der Hamiten in
Asien zu suchen, von wo sie vor der Einwanderung der alten Egypter
nach Afrika zogen. Das Volk der Pharaonen trat 5000 Jahre vor Christi
mit einem Kulturzustand in die Geschichte ein, der bereits auf eine
uralte Entwickelung im Nilthale schliessen lässt. Vor wie vielen
Jahrtausenden mag also die Einwanderung der Egypter aus Asien erfolgt
sein, in welch' grauer Vorzeit mögen erst ihre Vorläufer, die Hamiten
und gar deren äusserste Zweige, die Fuebe einerseits, die Wafiomi
andererseits, die grosse Völkerbrücke am rothen Meere überschritten
haben?!

[Illustration: Iraku-Leute.]



IX. KAPITEL.

Die Völker der Nilquell-Gebiete.

Die Waschaschi. -- Die Watussi. -- Die Wasinja. -- Die Warundi. --
Die Wanyamwesi.


Im Gegensatz zum abflusslosen Gebiet, in welchem der
Steppen-Charakter vielfach vorherrscht, bieten die Länder der
Nilquellen menschlicher Ansiedelung ziemlich günstige Bedingungen.
Dieselben sind auch für afrikanische Verhältnisse dicht bewohnt, und
nirgends trifft man dort so ausgedehnte menschenleere Striche wie
im Massai-Land. Die Völker, welche hier in Betracht kommen, gehören
sprachlich sämmtlich der Bantu-Gruppe an. Anthropologisch freilich
wird man auch hier eine Gliederung in Hamiten und Neger aufstellen
müssen, welch' erstere durch den Hirtenstamm der Watussi oder Wahuma
vertreten sind.

[Illustration: Mann aus Ussui.]

Aus dem abflusslosen Gebiet nach den ersten Nilzuflüssen kommend,
treffen wir den Stamm der =Waschaschi=. Derselbe dürfte ursprünglich
den Wasinja verwandt gewesen sein, wenigstens ist die Sprache, das
Kischaschi, vom Kisinja nur dialektisch verschieden. Gegenwärtig
weichen die Waschaschi ethnographisch stark von den Wasinja ab.
Besonders in den östlichen und nördlichen Grenzgebieten haben die
Waschaschi starke Beimischungen von hamitischem (Massai und Wataturu)
und nilotischem (Kavirondo) Blut erlitten und sich dadurch abweichend
entwickelt. Im Süden dagegen brachte der fortwährende Verkehr mit den
Wanyamwesi (Wasukuma) eine Annäherung an diese hervor.

Wir verstehen hier unter Waschaschi jene östlichen Nyansavölker, die
ethnographisch ein einheitliches Ganzes bilden, in einzelnen Zügen
allerdings von einander abweichen und sich in verschiedene Stämme
gliedern.

Im Norden hausen die Wangoroïne, die stark mit Wakuavi- und
Kavirondo-Blut vermischt sind. An diese schliessen sich südlich die
Waschaschi im engeren Sinne, die das Hinterland des Nyansa bewohnen
und nur in Katoto dessen Küste erreichen. Ihnen sehr nahe stehend,
doch stark mit Massai-Blut gemischt, sind die Bewohner von Ikoma oder
Elmarau. Die Waruri und Wakwaya am Nyansa sind auch nichts Anderes
als Waschaschi, wie aus Sprache und Lebensweise deutlich hervorgeht.
Die Waruri sind stark mit Wagaya (Kavirondo) gemischt, welche bereits
der nilotischen Gruppe angehören, die Wakwaya aber ziemlich rein. Ihr
Zweigstamm, die Wakara der Insel Ukara, haben sich zwar im Aeusseren
und Wesen sehr ursprünglich erhalten, sind aber jedenfalls durch
Zwischenheirathen mit Wakerewe (Wasinja) gemischt.

Wo Waschaschi noch ihren eigentlichen Charakter bewahrt haben, zeigen
sie überraschende Analogien mit den Wanyaturu des Distrikts Turu,
sodass man unwillkürlich auf den Gedanken kommt, dass beide Völker --
etwa mit den Wanyairamba -- einer Quelle entsprungen sind.

Von einem einheitlichen =körperlichen Typus= kann bei den Waschaschi,
die so vielen Blutmischungen ausgesetzt waren, kaum die Rede sein. Im
Norden und Osten sieht man viele Anklänge an den hamitischen Typus,
im Süden ist die untersetzte, negerhafte Körperform der Wanyamwesi
vorherrschend. In Ikiju und bis Uaschi hin, sowie in Majita und
Ururi, leben hochgewachsene, sehr kräftige und schlanke Waschaschi
mit dunkelbrauner Hautfarbe, nicht allzu scharfem Negertypus und
freundlichem Gesichtsausdruck. Alle Waschaschi sind beschnitten und
stehen damit im Gegensatz zu den Wasinja und Wanyamwesi. In vielen
Gegenden werden die vordersten oberen Schneidezähne dreieckförmig
ausgesplittert, bei den Waruri die ganzen Schneidezähne des
Oberkiefers spitz gemacht, eine Sitte, die jedoch den Wagaya entlehnt
ist. Das Ohrläppchen wird überall durchbohrt und lang ausgedehnt, in
der Oeffnung werden ovale Holzscheiben getragen. Daneben findet auch
der Massai-Ohrschmuck und die Messingspirale der Wasukuma Eingang.

Das Haar wird meist kurz getragen und rund um den Kopf abrasirt, oft
auch über der Stirn dreieckförmig ausrasirt. Die Wakwaya rasiren das
ganze Vorderhaupt ab und flechten das Haar am Hinterkopf in Zöpfchen.
In Ikoma und den Nachbargebieten bis Ururi hin, wird das Haar
vielfach in Zöpfchen gedreht und mit rothem Lehm und Fett angemacht,
der Haarrand jedoch stets rund ausrasirt.

Die ursprüngliche =Kleidung= sämmtlicher Waschaschi-Männer besteht
aus einer Anzahl um den Leib gewundener Bastschnüre, gleicht also
völlig jener der Wanyaturu. Bei Knaben ist diese Tracht fast überall
noch üblich. Junge Männer tragen in Ikoma, Ngoroïne und bis Ururi hin
den Massai-Ueberwurf, der niemals die Schamtheile bedeckt. In Ikiju,
Katoto und Ukwaya wird ein kleineres Fellschürzchen getragen. Die
Wakara ziehen die Schnur zwischen den Beinen durch und lassen vorn
ein Leder- oder Zeugschürzchen herabhängen. Aeltere Männer tragen
überall längere Felle, die oft schön gegerbt sind. Die Weiber kleiden
sich mit einem oft vielgefalteten Lendenschurz aus Leder, der bei
festlichen Gelegenheiten mit Schnüren und Klapperfrüchten besetzt
ist. Beide Geschlechter pflegen sich roth zu bemalen. Als Kopfschmuck
dient den Kriegern in Ngoroïne eine Bastschnur, von welcher Fransen
aus weissem oder rothem Bast, Federn oder Käferflügel herabhängen. Um
den Hals tragen beide Geschlechter Glas- oder Eisenperlen, sowie den
weitverbreiteten eigenartigen Schmuck, der aus Strausseneischeibchen
gebildet wird. Am Oberarm sitzt ein Bastring, am Unterarm breite
Elfenbeinringe, die oft ganze Manschetten bilden. Unter dem
Knie pflegen Weiber ebenfalls einen Bastring zu tragen. Letztere
schmücken sich in vielen Gegenden auch mit Armringen aus Eisen.
Beim Tanz pflegen die jungen Krieger grosse Schellen an den Beinen
zu tragen. An einer Schnur hängend wird oft ein eiserner Kratzer am
Rücken getragen. Ein merkwürdiger Schmuck ist ein mit einem Messer
versehener Fingerring.

Der =Charakter= aller Schaschi-Stämme ist ein friedlich gutmüthiger
und für Schwarze äusserst liebenswürdiger. Sie sind nichts weniger
als kriegerisch und ihren Erbfeinden, den Massai, in keiner Weise
gewachsen. Eine Ausnahme bilden die Wakara, die von erstaunlicher
Wildheit und Abneigung gegen alles Fremde sind und darin völlig den
Wanyaturu gleichen.

[Illustration: Rückenkratzer der Waschaschi.]

[Illustration: Fingerring der Waschaschi.]

Das Leben der Waschaschi dreht sich um den =Ackerbau=, dem sie mit
grossem Eifer und Geschick nachgehen. In Ikoma und Ngoroïne liefert
die Eleusine (Kisw. wimbi) die Hauptnahrung, in Uhemba, Uaschi, Ikiju
und den Nachbarländern jedoch die Grundnuss, Arachis hypogaea. Soviel
mir bekannt, giebt es keine andere Gegend, wo dieses weitverbreitete
Gewächs als Hauptnahrung dient. In den Gegenden, wo, wie in Uhemba,
fast nichts als Arachis zu haben ist, litten meine Leute vielfach
an Magenbeschwerden, die Waschaschi fühlten sich jedoch ganz wohl
dabei. Sonst baut man noch Sorghum der rothen Varietät, Mais,
Penicillaria, Sesam, Kürbisse, Gurken, Maniok, süsse Kartoffeln,
Tabak (besonders in Ukwaya), im Süden auch Hanf. Die Banane ist allen
Waschaschi unbekannt, selbst die =Wakara= pflanzen nur Sorghum und
Arachis, obwohl im benachbarten Ukerewe Bananen die Hauptnahrung
bilden. Dagegen betreiben sie eine sehr eigenthümliche Kultur, welche
durch ihre insulare Lage veranlasst wird. Sie bauen nämlich eine
Art Laubbäume als Futterpflanzen für das Vieh; dieselben stehen in
förmlichen Alleen. Das Laub wird abgeerntet und in kegelförmigen
Schobern getrocknet (Abb. pag. 50). Dadurch sind sie in der Lage,
grosse Rinderheerden von kleinem Zebuvieh zu halten, obwohl ihre
Insel keine Weideplätze bietet. Im Uebrigen ist von Rindvieh bei
den Waschaschi nicht viel zu sehen; ausser bei den Wakara und den
Bewohnern der Inseln des Baumann-Golfes trifft man kaum irgendwo
welches an, da es den Massai und früher wohl auch den Wataturu zur
Beute gefallen ist. Dagegen findet man Ziegen und Schafe und sehr
viele Hühner, aber keine Esel und sehr wenig Hunde.

 [Illustration: Tabakspfeife der Wangoroïne.
 Grundriss eines Weilers der Waschaschi.
 Schnupftabaksdose der Wangoroïne.
 Flusspferdharpune der Waschaschi.
 ]

Alle Waschaschi jagen eifrig mit Bogen und Pfeil und betreiben, wo
sich grössere Gewässer befinden, =Fischfang=. Besonders die Bewohner
des Nyansaufers in Katoto, wo der See ungemein fischreich ist,
betreiben Fischerei im Grossen mit Reusen, Netzen und grossen Angeln
(Abb. pag. 40) und jagen das Flusspferd mit der Harpune. Die Kanus
sind schlechte Nachahmungen der Wakerewe-Fahrzeuge. Sie pflegen die
Fische auf Gestellen zu trocknen und nach Usukuma zu verkaufen. Doch
auch die Bewohner von Ikoma fischen eifrig mächtige Welse im Grumeti
und Rubana.

Die =Hauptnahrung= der Waschaschi liefern die Produkte des
Ackerbaues, in Katoto der Fischfang. Der Genuss von Hühnereiern
gilt als ekelhaft. Tabak wird von Männern und Weibern aus schönen
langen Pfeifen mit Thon- und Steinköpfen geraucht. In Ngoroïne wird
auch viel geschnupft, eine Sitte, die wohl den Wakuavi entlehnt ist.
Zum Aufbewahren des Schnupftabaks dienen hübsche Kalebassen, die im
erweiterten Ohrläppchen getragen werden. Pombebereitung aus Sorghum
ist üblich und besonders in Ukara beliebt. Honig wird genossen, ist
jedoch besonders da, wo die Dörfer mit Euphorbienhecken umgeben sind,
oft gesundheitsschädlich.

Die =Hütten= der Waschaschi haben das Gemeinsame, dass sie
cylindrische Lehmwände und ein Kegeldach besitzen, sich also mehr dem
Unyamwesi-Typus nähern. Die einzige Ausnahme bilden die Wakara, die
den reinen Grashüttentypus mit spitzer Anlage den Wakerewe (Wasinja)
entlehnt haben (Abb. pag. 50).

In Ikoma und Ngoroïne, wo die Hütten selten viel über 4-5 m hoch
sind, haben sie einen Mittelpfahl, sonst fehlt dieser. Die grössten
und schönsten Hütten mit bis 12 m Durchmesser haben die Wakwaya
von Majita. Die Wände sind hier aussen von Schilf und nur innen mit
Lehm verputzt. Die Hütten sind in kleine Komplexe gruppirt, deren
jeder den umstehend schematisch gezeichneten Grundriss und eine
buschige Euphorbienhecke besitzt, welche die Hütten untereinander
verbindet. Jede Hütte hat zwei Eingänge, deren einer (a) von Aussen
hineinführt, eine Steinschwelle besitzt und nur für Menschen bestimmt
ist, während der zweite (b) keine Schwelle hat, in den Hof führt und
dem Vieh als Eingang dient. Eine Geflechtwand trennt den Vorraum vom
Wohnraum, in dem die primitive Bettstelle sich befindet. Der Dachraum
ist durch ein Stangendach abgeschlossen, auf welchem Feuerholz,
Fisch- und Ackergeräth liegt. Als normale Hütten dienen cylindrische
Korbgeflechte mit Grasdach, die auf Pfählen stehen und grosse im
Innern der Hütte befindliche flaschenförmige Körbe.

In Uaschi und Ngoroïne ist der zweite Ausgang der Hütte so
niedrig, dass man nur tief gebückt eintreten kann. Besonders in
Gebirgsgegenden können die Komplexe nicht regelmässig kreisförmig
angelegt werden, greifen ineinander über und bilden ein förmliches
Labyrinth. In manchen Gegenden ist um mehrere Komplexe eine grössere
Euphorbienhecke gezogen, die derart ein Dorf umschliesst. Um die
Dörfer von Ngoroïne zieht sich eine feste etwa 2 m hohe steinerne
Trockenmauer, auf welcher Dorngestrüpp liegt, hinter der die hohe
Euphorbienhecke sich hinzieht. Diese im tropischen Afrika sehr
seltene Befestigungsart durch Steinmauern findet sich auch in Lumbwa
und Sotik und ist möglicherweise vom Norden übernommen. In den
Gegenden, wo einzelnstehende steile Granithügel aufragen, bauen sich
die Waschaschi in diese hinein und benutzen die höchsten Felskuppen
als Warten, von welchen sie nach etwaigen Feinden auslugen. Als
Schutz vor bösen Geistern dienen Dorfamulette die in den Boden
gesteckt werden.

Die =Geräthe= der Waschaschi sind einfach, doch nicht ohne ein
gewisses Geschick gefertigt. Die ursprüngliche Hacke ist offenbar
die mit Holzklinge, wie sie sich heute noch in Ukara findet und
dort völlig der Holzhacke der Wanyaturu gleicht. Sonst hat fast
überall die Usinja-Hacke durch Wasukuma-Händler Eingang gefunden.
Doch wird dieselbe an ein Knieholz angebunden, wie an der kleinen
Eisenhacke ersichtlich. Als Kopfpolster dienen kleine Holzgestelle.
Korbflechtereien werden sehr fest und wasserdicht angefertigt. Zum
Abkratzen der Häute, die gegerbt werden sollen, dient ein eigenes,
umstehend abgebildetes Instrument.

 [Illustration:
 Lederkratzer, Waschaschi.
 Stockschild, Waschaschi.
 Dorfamulett, Waschaschi.
 Hacke, Ngoroïne.
 Hacke mit Holzklinge, Wakara.
 Kopfpolster, Waschaschi.
 Schlagschild, Ngoroïne.
 ]

Die Schilde sind vergrösserte, aber schlechte Nachahmungen der
Massai-Schilde. Schwerter und Keule sind selten und rein den Massai
entlehnt.

Ursprünglich dagegen sind die Schlagstöcke und Stockschilde. Erstere
führen die Waschaschi immer bei sich. Letztere sind weniger breit,
aber ebenso geformt wie die der Wanyaturu. Eine abweichende Art
von Schlagschilden haben die Wangoroïne. Dieselben werden bei
=Stockkämpfen= benutzt, die zu den Volksbelustigungen gehören.
Diese eigenthümlichen Stockkämpfe mit besonderen Schilden scheinen
mir ein besonderer Beweis für den ursprünglichen Zusammenhang mit
den Wanyaturu zu sein. Eine weitere Analogie mit diesen bietet die
rein republikanische Regierungsform der Waschaschi. Häuptlinge sind
gänzlich unbekannt, die Streitfragen in der Gemeinde werden von
Aeltesten entschieden. Ihre Todten begraben die Waschaschi und legen
dann Bastleibschnüre auf das Grab.

Ihre =Sprache= ist, wie oben erwähnt, nur dialektisch vom Kisinja
(Kinyoro) verschieden, so dass Leute, welche die letztere Sprache
reden, sich in Schaschi ohne Schwierigkeit verständlich machen
können. Die einzelnen Dialekte der Waschaschi-Stämme weichen nur
sehr wenig von einander ab. Von Ikoma bis Nata einerseits und
Katoto andererseits wird der reinste Dialekt gesprochen. Die Sprache
von Ngoroïne ist vielfach mit Massai-Elementen vermischt. Wakwaya
(Majita) und Wakara reden denselben Dialekt.

[Illustration: Trommel der Wakara.]

Paukenartige Trommeln sah ich bei den Wakara. In Ngoroïne kennt man
eine Leier, die völlig jener der Sudan-Neger gleicht (Abb. pag.
57), und Flöten. Letztere werden so häufig und zu so besonderen
Gelegenheiten geblasen, dass ich unwillkürlich an das Bestehen
einer Signal-Sprache dachte. Ein anderes Saiteninstrument ist bei
allen Waschaschi, sowie in ähnlicher Form bei den Wanyaturu und den
Völkern westlich vom Victoria-See bis zum Tanganyika gebräuchlich.
Als Kriegstrompeten dienen Antilopenhörner. Der Tanz besteht
hauptsächlich in Bewegungen des Unterleibes.

[Illustration: Saiten-Instrument, Waschaschi.]

Die =Hauptwaffen= der Waschaschi sind Bogen und Pfeil. Erstere
sind kräftig, letztere fast immer vergiftet. In Ukara hat sich die
ursprüngliche Pfeilform mit harten Holzspitzen erhalten, solche
findet man sonst nur in Majita, die übrigen Waschaschi haben Pfeile
mit Eisenspitzen, die sie in Leder-Köchern tragen. Das Pfeilgift,
eine schwarze Masse, wird in Holzbehältern verwahrt. Auch andere
Stämme beziehen Pfeilgift von den Waschaschi. Speere sind immer
anderen Stämmen entlehnt. So findet man im Norden den langen
Kavirondo-Speer mit kurzer, oft widerhakiger Spitze, im Süden den
modernen Wasukuma-Speer mit übergreifender Zwinge. Auch Massai-Speere
werden manchmal getragen. Die alte Form der Wataturu-Lanzen ist als
Paradewaffe beliebt.

[Illustration: Speer der Wangoroïne.]

Wenn also sprachlich zwischen den Waschaschi und =Wasinja= eine
grosse Aehnlichkeit besteht, die möglicherweise auf gemeinsamen
Ursprung deutet, so haben sich diese beiden Stämme, durch den
Keil der Wanyamwesi (Wasukuma) getrennt und sehr verschiedenen
Einwirkungen ausgesetzt, so verschieden entwickelt, dass sie heute
kaum mehr einen Zusammenhang ahnen lassen.

Unter =Wasinja= verstehen wir hier die Bewohner des alten
Königreiches Usinja, welches die heutige Landschaft dieses Namens,
ferner Ussambiro und Ussui umfasste. Doch sind die Bewohner des
westlichen Nyansaufers bis zur Grenze von Uganda, sowie jene von
Karagwe, Ankole und den nördlichen Landschaften bis Unyoro hin
gleicher Sprache und wohl auch gleichen Stammes mit den Wasinja.

Die genannten Landschaften gehören mit Uganda einerseits und Urundi,
Uha und Ruanda andererseits jener Gruppe von Bantu-Völkern an, welche
durch das Eindringen eines nördlichen, hamitischen Elementes aufs
Tiefste beeinflusst wurden, so dass es unmöglich erscheint, von ihnen
zu sprechen, ohne vorerst die heutigen Vertreter dieses hamitischen
Elementes, die =Watussi=, erwähnt zu haben. Dieselben werden,
besonders wo sie nicht als Hirten, sondern als Herrscher auftreten,
auch Wahima oder Wahuma genannt. Da jedoch derselbe Ausdruck in
vielen Gegenden auch die Massai bezeichnet, da ferner die Leute
selbst sich stets Watussi nennen, so möchte ich die Beibehaltung
dieses Namens vorschlagen.

Ueber die, jedenfalls seit undenklichen Zeiten ansässige
Bantu-Ackerbaubevölkerung, welche in die drei Hauptgruppen Waganda,
Wanyoro (Wasinja) und Warundi gegliedert ist, ergoss sich vor vielen
Jahrhunderten ein Einwandererstrom von hamitischen Hirten, die
Süd-Abessinien oder den nördlichen Galla-Ländern entstammten. Dass
sie wirklich aus diesen Gegenden herkamen, beweist nicht nur ihr
körperlicher Typus, den sie in vielen Gegenden bis zum heutigen Tage
rein erhalten, sondern auch die Rinderrasse, welche sie mitgebracht.
Dass die Einwanderung eine alte, und der Zeitpunkt, als dieselbe
erfolgte, mindestens ein Jahrtausend zurückliegt, dafür zeugen nicht
nur die Genealogien der Watussi-Herrschergeschlechter, welche von
Uganda und anderen Ländern überliefert werden, sondern vor Allem
auch die fast gänzliche Umwandelung, welche das Volk der Watussi
erlitten hat. Denn jedenfalls waren sie Anfangs ein sprachlich und
ethnographisch selbständiges Volk, wie heute die Massai, doch finden
wir, dass gegenwärtig alle Watussi die Bantusprache der Ackerbauer
angenommen haben und sich auch in Tracht und Lebensweise nur wenig
von diesen unterscheiden. Wohl mag es sein, dass einzelne Zweige
der Watussi noch Spuren der Ursprache erhalten haben -- wie von den
Hirten in Uganda behauptet wird --, doch ist darüber noch nichts
sicheres bekannt.

Die heute lebenden Watussi finden sich als Hirten oder als Häuptlinge
der Ackerbauer. Die ersteren haben sich reiner und ursprünglicher
erhalten, die letzteren sind nur durch ihren Typus als Watussi
erkennbar. In meinem Forschungsgebiet traf ich Watussi-Hirten in
geschlossenen Massen in den Gebirgen nordöstlich vom Tanganyika.
Als Hirten-Adel sind sie in ganz Urundi, als herrschende Klasse in
Ruanda zu treffen. Auch in Urambo, Unyanyembe und anderen Gegenden
Unyamwesi's findet man Watussi-Hirten die aus Urundi stammen und
vor mehreren Generationen von dort ausgewandert sind. Nur wenige
Hirten haben sich in Usinja und Ussui erhalten. Dort jedoch, wie
in Ukerewe, tragen die Häuptlinge deutlichen Watussi-Typus und ist
überhaupt eine starke, hamitische Blutmischung in der Bevölkerung
unverkennbar. Die reinsten Watussi sind jene von Ruanda und Urundi,
wo sie grundsätzlich keine Mischheirathen mit den Ackerbauern
eingehen, weshalb diese auch nichts vom Watussi-Typus angenommen
haben. Dieser ist so auffallend, dass man einen Mtussi sofort aus
einer Menge erkennt, obwohl er in Tracht und Schmuck in keiner Weise
von den Ackerbauern abweicht.

Da, wo sie vollkommen rein sind, zeigen die Watussi den hamitischen
Typus in weit grösserer Deutlichkeit als die Massai und gleichen
völlig den Galla und Abessiniern, mit schmalen Nasen, feinen,
regelmässigen Zügen und sprechenden Augen. Sie sind hochgewachsen,
zur Magerkeit neigend und besitzen ungemein zierliche, schön
geformte Extremitäten. Letztere sind besonders charakteristisch.
Selbst in Gegenden, wo die Watussi-Herrscher stark mit Bantublut
vermischt sind, erkennt man sie ohne Schwierigkeiten an ihren Händen
und Füssen, die bei oft vollkommen negerhaften Gesichtszügen doch
deutlich den Watussi-Charakter zeigen. Die Ohren sind wohlgeformt,
doch nicht selten grösser als bei den Ackerbauern. Beschneidung
ist nicht üblich. Das Haar ist stets kraus, negerhaft, nirgends
fand ich das bei Massai so häufige halbglatte »Hamitenhaar«,
eine Eigenthümlichkeit, die übrigens auch den Galla vielfach
anhaftet, während das Hamitenhaar mehr bei Somali und Abessiniern
vorkommt. Uebrigens fand Stuhlmann bei nördlicher lebenden Watussi
Hamitenhaare. Wie gross die Aehnlichkeit der Watussi mit den
Galla ist, mag man daran erkennen, dass einer meiner Soldaten, ein
Arussi-Galla, von den Leuten überall für einen Mtussi gehalten wurde.


Die Hautfarbe der Watussi variirt sehr. In Usukuma, überhaupt in
Unyamwesi, sind sie meist dunkel, doch könnte man dies Blutmischungen
zuschreiben, während solche in Ruanda und den Urundi-Gebirgen nahezu
ausgeschlossen sind. Aber auch dort findet man neben angenehm
lichtbraunen, dunkle und schwarzbraune Leute, wie denn überhaupt
bei dunkelfarbigen Rassen die Hautfarbe mit dem Wohnsitz und der
Lebensweise variirt und nur der Typus konstant bleibt.[20] Ob es, wie
behauptet wird, auch »weisse«, d. h. sehr lichtfarbige Watussi giebt,
ist mir nicht bekannt, doch halte ich dies nicht für unmöglich. Giebt
es doch unter den Abessiniern und Galla, besonders unter Weibern,
neben sehr dunkelfarbigen auch solche Individuen, welche kaum einen
leichten Farbenton erkennen lassen, wie ich selbst mich in Massaua
überzeugt habe.

 [20] So wurde ein Negerjunge aus Ubwari, Tanganyika, den
      ich mit nach Europa brachte und der in Afrika zu den
      schwärzesten Negern gehörte, die ich jemals gesehen,
      selbst im europäischen Sommer täglich lichter und ging von
      schwarzbraunen zu kastanienbraunen Schattirungen über.

Während der Watussi-Typus in der Jugend etwas anziehend freundliches
hat, wird er im Alter scharf, zigeunerartig. Die Bantu-Bevölkerung
nennen die Watussi in Urundi und Ruanda »Wahutu«, ein Ausdruck der
»Unterworfene« bedeutet und mit den Wauddu der Waganda-Watussi
identisch ist, nach welchen die Landschaft Uddu (Buddu) benannt
ist. Ueberall jedoch schliessen sich die Watussi diesen Wahutu in
=Sprache= und Tracht an. Die Watussi in Urundi, Ruanda und Unyamwesi
sprechen Kirundi, die in Usukuma und Usinja Kisinja (Kinyoro). Die
Annahme Stuhlmanns, dass die Watussi (Wahuma) ihre ursprüngliche
hamitische Sprache in Unyoro verlernt und das Kinyoro angenommen
haben, um sodann die letztere Sprache den sämmtlichen Völkern des
Zwischenseengebietes beizubringen, scheint mir allzuweit hergeholt.
Sie wird auch durch die Thatsache widerlegt, dass die Völker
des östlichen Nyansagebietes, die nie mit Watussi in Berührung
kamen, ebenfalls Kinyoro, oder doch sehr nahe verwandte Dialekte
sprechen. Die Annahme scheint mir weit näher zu liegen, dass die
Bantu-Sprachgebiete zur Zeit des Einbruches der Watussi bereits
annähernd in der heutigen Form vorhanden waren und dass die numerisch
schwächeren Hamiten sich die Sprache der jeweiligen Ackerbauer
aneigneten, ein Fall, der in der Völkergeschichte mehrmals vorkam. So
wird es auch erklärlich, warum die Wahuma in Uganda Kiganda und nicht
Kinyoro sprechen, während Stuhlmann zur Erklärung dieses, eine andere
Hamiten-Einwanderung annehmen muss.

Der =Charakter= der Watussi-Hirten ist ein kriegerischer,
herrschsüchtiger. An Tapferkeit übertreffen sie die Massai die
durch wilden Kriegsschmuck wirken wollen, während die Watussi in
gewöhnlicher Tracht und mit schlechten Waffen ungemein kühn angreifen
und sich selbst durch Misserfolg nicht abschrecken lassen. Doch
treten diese Eigenschaften nur in Urundi und Ruanda zu Tage, in
Unyamwesi sind sie friedliche Hirten, die froh sind wenn Wangoni und
Massai ihnen ihr Vieh lassen.

Nirgends mehr findet man nomadisirende Watussi, alle haben
ständige Wohnsitze und erbauen sich Hütten im Kirundi-Styl, doch
schlechter angelegt und unreinlicher gehalten. Die kleinen Dörfer
sind mit Bambus- und Stangenzäunen umgeben, deren Zwischenräume
mit Dorngestrüpp und Disteln angefüllt werden, die eigens zu
diesem Zwecke angepflanzt werden. Die Bananenhaine, welche den
Warundi-Dörfern ein so freundliches Aussehen geben, fehlen den
Watussi stets, so dass man ein Watussi-Dorf schon von Weitem erkennt.

Neben den Dörfern haben sie kleine, aber gut gehaltene Felder
vortrefflicher Erbsen und Bohnen, welche diesen Gegenden
eigenthümlich sind. Manchmal bauen sie wohl auch etwas Kürbisse. Die
Hauptnahrung liefert jedoch die =Viehzucht=. Sie halten bedeutende
Heerden der grossgehörnten Rinderrasse, die in allen Ländern westlich
vom Victoria-See vorkommt, während östlich von diesem nur das
typische Zeburind lebt. Diese Rinderrasse (Abb. pag. 85), welche
auffallend dem abessinischen Sanga gleicht, hat nur einen leichten
Buckelansatz, ist verschieden, aber vorherrschend braun gefärbt,
grösser und schlanker als das Zeburind. Das merkwürdigste sind die
Hörner, die zu dem kleinen Kopf in gar keinem Verhältniss stehen
und den Thieren wirklich eine Last sein müssen. Oft ist ein Horn
schwerer als das andere, in welchem Falle das Thier den Kopf nicht
gerade halten kann. Die Rinder, die am Plateau von Urundi leben, sind
derart den wasserreichen, kühlen Gebirgsländern angepasst, dass sie
in trockenen Gegenden sofort eingehen. Sie sind wenig milchreich; ihr
Fleisch schmeckt schlechter als das der Zeburinder.

Es scheint mir zweifellos, dass diese höchst charakteristische
Rinderrasse von den Watussi aus ihrer Urheimath eingeführt wurde.
Wahrscheinlich fanden sie in den Gegenden westlich vom Nyansa gar
keine Rinder vor und konnten daher die eingeführte Rasse in voller
Reinheit fortzüchten. Diese wurde dann auch von den Ackerbauern
übernommen. Es könnte Wunder nehmen, dass die Massai, die doch
eine viel jüngere Einwanderung bilden, keinerlei charakteristische
Rinderrasse mehr erhalten haben. Doch brachen diese in sehr
rinderreiche Gegenden räuberisch ein, eigneten sich grosse Heerden
Zeburinder an und es musste daher, selbst wenn sie eine ursprünglich
abweichende Rasse besassen, diese bald in der ungeheuren Ueberzahl
der Zeburinder aufgehen. Dass dies auch bei den Watussi in
überraschend kurzer Zeit möglich, zeigen die Watussi-Heerden in
Unyamwesi. Die dortigen Ansiedler, die vor Menschengedenken aus
Urundi einwanderten und noch Kirundi sprechen, brachten zweifellos
das Watussi-Rind mit sich. Da dasselbe jedoch, durch lange Anpassung
an wasserreiche Plateaus, das Tieflandklima schlecht vertrug, nahmen
sie immer mehr Zebus auf, die heute die Hauptstärke der Heerden
bilden.

Die Watussi widmen ihren Rindern sehr grosse Sorgfalt und bringen
sie Nachts oft in den Hütten unter. In Gegenden, wo die Gewässer
von Papyrus erfüllt sind, lassen sie die Rinder nicht direkt daraus
trinken, sondern schöpfen mühsam Wasser in eigene Lehmgruben.

An charakteristischen =Geräthen= konnte ich bei den Watussi nur drei
auffinden, die allen gemeinsam eigen sind: Einen hölzernen Milchtopf,
der an einem Schnurnetz aufgehängt wird, ein Instrument zum Aushöhlen
dieses Topfes und einen stumpfen Pfeil zum Aderlassen der Rinder.
Letzterer findet sich auch bei den Massai. Sonst sind alle Geräthe
den umwohnenden Völkern entlehnt.

Was die ursprüngliche Waffe der Watussi war, erscheint zweifelhaft.
In Urundi, Ruanda und Unyamwesi brauchen sie heute fast nur Bogen und
Pfeile ohne Köcher, die jenen der Bantustämme entlehnt sind, selten
den charakteristischen Warundi-Speer.

Welche Rolle der Schmiedestamm der =Warongo= in Usinja und Usukuma
den Watussi gegenüber spielt, ist ebenfalls fraglich. Körperlich
stehen die Warongo vielfach dem Watussitypus nahe und haben wir in
diesen geschickten Schmieden -- die auch in Ruanda auftauchen --
vielleicht Nachkommen einer Schmiedekaste, ähnlich den Elkonono der
Massai, zu sehen.

Von besonderen Gebräuchen erfuhr ich nichts, was nicht auch den
umwohnenden Bantu eigen wäre. Nur sollen die Watussi in Ruanda
die reifgewordenen Mädchen in Hütten einschliessen, bis die Haare
lang über den Nacken herabfallen. Auch halbwüchsige Knaben sah
ich mit abrasirtem Vorderhaupt und langen Haaren am Hinterkopf.
Von eigenen religiösen Anschauungen konnte ich nichts erfahren.
Was Speke diesbezüglich anführt, vor Allem das Bewerfen gewisser
Lokalitäten mit Steinen, die sich nach und nach zu grossen Haufen
aufthürmen, oder mit Gras zum Schutz gegen böse Geister, ist nichts
charakteristisches und auch den Bantu eigen. Ob das Vermischen der
Milch und Butter mit Kuhurin, das überall westlich vom Nyansa geübt
wird, ursprünglich den Watussi entstammt, mag dahin gestellt bleiben.

[Illustration: Milchgefäss aus Holz, Watussi. -- Geräth zum Aushöhlen
der Milchgefässe, Watussi.]

Wie wir die Watussi heute sehen, erscheinen sie als ein physisch
hervorragender hamitischer Hirtenadel unter den Bantustämmen, welchen
sie sich sprachlich und ethnographisch völlig angeschlossen haben.
In manchen Gegenden sind sie von den Bantu nur durch den Typus, der
besonders bei Herrscherfamilien rein erhalten ist, zu unterscheiden.
In anderen Gegenden, wie in Urundi und Ruanda, leben sie noch als
getrennter Stamm, als Viehzüchter unter den ackerbauenden Bantu. Ob
es gelingen wird, sprachlich und ethnographisch reinere Watussi, als
die von Stuhlmann und mir gesehenen, aufzufinden, scheint fraglich.
Denn an den Nilquell-Seen fehlen die weiten Steppen und unbewohnten
Plateaus der Massai-Länder, überall lebt hier seit Jahrtausenden
eine Bantu-Bevölkerung, welche Eindringlinge wie die Watussi wohl
politisch beherrschen, deren ungeheurer Ueberzahl sie jedoch ethnisch
weichen müssen.

Der östlichste Punkt bis zu welchem der Watussi-Einfluss gedrungen,
ist die von =Wasinja= bewohnte Insel =Ukerewe=. Dort soll vor
15 Generationen Ruhinda, ein Mtussi, mit seinem Anhang aus
Uhaia, eingewandert sein. Er verdrängte die Ureinwohner, die der
Waschaschi-Gruppe angehörten und den Wakara-Wakwaya verwandt waren
und soll die Banane eingeführt haben. Er ist am Kitare-Berg begraben
und sein Nachkomme ist der jetzt lebende Häuptling Lukonge, der mit
seiner Familie noch deutlich den Watussi-Typus trägt. Irangala, der
Nordwesten der Insel, untersteht jedoch nicht diesem, sondern dem
Häuptling Kaka.

[Illustration: Krieger aus Ukerewe.]

Nur mehr oder weniger mit ohnehin verwandten Wakwaya-Elementen
vermischt, sind die Wakerewe sprachlich reine Wasinja. Sie hatten
früher Kämpfe mit den zwischen Speke-Golf und Baumann-Golf hausenden
Wataturu zu bestehen, die sie mit ihren vergifteten Pfeilen
angriffen. Doch wurden diese schliesslich besiegt und lebten dann mit
den Wakerewe in Frieden. Dann tauchten die Massai auf, vernichteten
die Wataturu und fielen auch, den Rugedsi-Kanal übersetzend, in
Ukerewe ein, um Rinder zu rauben. Gegenwärtig beherrscht Lukonge
ausser Ukerewe auch Kiruviru, die Insel Nafuba und die Inseln des
Baumann-Golfes; Ukara dagegen ist völlig unabhängig.

[Illustration: Ornamente auf Körben der Wakerewe.]

Ukerewe stand bis in die letzten Jahre in einem gewissen
Abhängigkeits-Verhältniss von Uganda. Das Gleiche war auch bei den
kleinen Staaten von =Usinja=, im engeren Sinne von Mweri, der Fall,
eine Landschaft, die sich von der Bukumbi-Bai bis zum Südwestende des
Emin Pascha-Golfes ausdehnt. Das Land war früher stärker bewohnt,
wie die zahlreichen Spuren früherer Niederlassungen in jetzt
unbesiedelten Gebieten andeuten, wurde jedoch durch Einfälle der
Wangoni theilweise entvölkert. Am bedeutendsten ist der Häuptling
Rwoma, der den Nordosten des Landes beherrscht. Alle anderen sind
nur Schulzen die jedoch, wie auch Rwoma, sämmtlich dem Watussi-Stamm
angehören.

Westlich vom Nyansa dehnt sich das Königreich =Ost-Ussui=
aus, das auch Theile von Usambiro- und nördlichen
Wanyamwesi-(Wafiomi)-Landschaften umfasst. Es ist in seinem östlichen
Theile ziemlich dicht, im westlichen Gebirgsland dagegen schwach
bewohnt. Es steht unter despotischer Herrschaft des Häuptlings
Kassusura, der früher ein Vasall Uganda's jetzt unabhängig ist. Durch
einen unbewohnten, zu Karagwe und Uha gehörigen Strich von Ost-Ussui
getrennt, liegt =West-Ussui=, das nur in seinem östlichem Theil von
Wasinja, im westlichen von Warundi bewohnt ist. Diese nennen sich,
ebenso wie die Wanyamwesi Südost-Ussui's, ebenfalls »Wassui«, woraus
hervorgeht, dass dieser Begriff kein ethnographischer, sondern ein
politischer ist. West-Ussui wird vom Häuptling Yavigimba (Kirundi
Rwawigimba) beherrscht. Dieser ist, wie Kassusura, ein Mtussi,
auch trifft man in West-Ussui zuerst Watussi-Hirten, die jedoch von
Yavigimba nicht sehr begünstigt und vielfach vertrieben wurden. So
stammen die Watussi von Urambo aus West-Ussui.

Die =Wasinja= erscheinen körperlich als ein Mischvolk der
ursprünglichen Bantu-Bevölkerung mit starken hamitischen (Watussi)
Elementen. Man trifft also neben reinem Negertypus auch schöne
an Abessinier erinnernde Körper- und Gesichtsformen, sowie Leute,
die ein deutliches Gemisch der beiden Typen erkennen lassen. Als
fast reine Watussi erscheinen die Herrscherfamilien, doch haben
dieselben vollere Körperformen als die mageren Hirtenstämme, was wohl
hauptsächlich der reichlicheren Pflanzenkost zuzuschreiben ist.

Im Allgemeinen sind die Wasinja ein mittelgrosser, kräftiger und
wohlgebildeter Stamm mit dunkelbrauner Hautfarbe. Haarfrisuren
werden nicht getragen. Beschneidung ist unbekannt. Als Stammesmarke
gilt in der Landschaft Usinja eine schlangenartig, spiralig endende
Narbenverzierung die unterhalb des Nabels quer über den Bauch
verläuft. Die ursprüngliche, in Ukerewe noch allgemein übliche
Kleidung ist ein Ziegenfell, das von einer Schulter herabhängt
und stets die Schamtheile bedeckt, doch wird in Usinja und
Ussui überall Baumwollzeug getragen. Nur die Weiber tragen meist
Lederlendenschurze. In Ukerewe lässt man oft den Bart lang wachsen
und dreht ihn zu einem dünnen Zopf, der mit Bast umwunden wird.
Ausser Arm- und Beinringen und mit Draht umsponnenen Darmsaiten
(Madodi) am Arm, werden nur Halsbinden aus Metall- oder Glasperlen
als Schmuck getragen.

Den Zähnen wird überall besondere Pflege gewidmet, in Ukerewe benutzt
man eigene Gefässe mit Sand zum reinigen derselben. Als Kriegsschmuck
wird in Ukerewe eine kaurigeschmückte Mütze aus Löwenfell getragen.

Die Wasinja sind intelligent und wissen sich in neue Verhältnisse zu
schicken. Früher waren sie durch ihre Erpressungen der Schrecken der
Karawanen, jetzt haben sie darin sehr nachgelassen und nur Kassusura
von Ost-Ussui erhebt nach wie vor sein »Mahongo« (Tribut) von den
Händlern. Durch diese Erpressungen, sowie durch die Eisenindustrie
haben sie, obwohl sie niemals zur Küste gehen, doch viel Zeug
gesammelt. Ihre Sprache ist ein angenehm klingender Bantudialekt, der
ungeheure Verbreitung von Unyoro bis Ukerewe und auch über Schaschi
besitzt.

Während Waschaschi und Wanyamwesi noch in Cylinderhütten mit
Kegeldach und Lehmwänden wohnen, finden wir bei allen Wasinja die
reinen Gras- oder Laubhütten, in Ukerewe sowohl, wie in Usinja
und Ussui von genau der gleichen Anlage, nur nach Reichthum und
Stellung des Besitzers abweichend in Grösse und Sorgfalt der
Ausführung. Die =Wasinja-Hütte= (Abb. pag. 71) besteht aus einem
einfachen Geflecht aus Zweigen ohne Mittelpfeiler, das mit Gras oder
dürren Bananenblättern gedeckt wird. Den Gipfel krönt häufig ein
Straussenei. Oefter ist an dem Eingang ein Vordach vorhanden, das
manchmal hübsch mit Rohrwänden versehen ist. Das Innere ist durch
Lehm- oder Rohrwände in kleine Abtheilungen getheilt. Der Durchmesser
variirt von circa 15 m (wie bei Lukonge's Hütte) bis zu 3 m. Oft ist
die Hütte so leicht, dass man sie ohne Schwierigkeit an einen andern
Platz tragen kann.

[Illustration: Gefäss mit Sand zum Zahnreinigen der Wakerewe.]

In Ukerewe und Usinja ist die Höhe grösser als der Durchmesser, in
Ussui ist das Umgekehrte der Fall und die Hütte nähert sich immer
mehr der Halbkugelform. Grössere Dörfer sind vereinzelt, meist sind
kleine Weiler zwischen den Feldern verstreut, die mit lebenden oder
Stangenzäunen und schönen Bananenhainen umgeben sind.

Die Hauptbeschäftigung der Wasinja ist Ackerbau, neben welchem Jagd
und =Fischerei= nur untergeordnete Rollen spielen. Letztere wird von
den Nyansastämmen, besonders den Wakerewe in ähnlicher Weise wie von
den Waschaschi betrieben. Hauptsächlich dazu, sowie zur Vermittelung
des Verkehrs haben sie ziemlich grosse Kanus, die ähnlich wie jene
der Waganda aus genähten Brettern bestehen und von 2-40 Mann halten.
Das Rudern geschieht sitzend mit eigenthümlich geformten und bemalten
Rudern. (Abb. pag. 44.) Den Takt giebt Gesang, den ein meist an der
Spitze des Kanus stehender Vorsänger leitet.

Die =Viehzucht= war früher bedeutender als jetzt, wo sie durch die
Seuche stark gelitten. In Ukerewe wird das (offenbar von Osten
importirte) Zeburind, westlich vom Bukumbigolf aber überall das
Watussi-Rind gehalten. Die Bewohner der Landschaft Usinja sollen
sich früher fast ausschliesslich von Viehzucht ernährt haben, bis die
Wangoni-Einfälle ihnen das unmöglich machten.

Kleinvieh wird überall, besonders in Ukerewe zahlreich gehalten. In
Ussui haben die Schafe auffallend lange Fettschwänze. Hühner giebt
es wenige, dagegen wird viel Mühe auf Bienenzucht verwendet. Als
Stöcke dienen auf Bäume aufgehängte Holzröhren, wie man solche auch
in den Kilimanjaro-Ländern antrifft. Der Ukerewe-Honig gilt mit Recht
als besonders vorzüglich. Hunde giebt es überall, dieselben sind in
Usinja auffallend langbeinig.

Die ursprüngliche Kulturpflanze der Wasinja war jedenfalls die
Banane, die sich, meist in der süssen Art (Musa paradisiaca)
überall bei ihnen findet. In Ukerewe und Theilen von Ussui liefert
sie heute noch die Hauptnahrung während in Usinja der Maniok ihre
Stelle vertritt, eine Kulturpflanze, welche ihrer leichten Anbauart
halber, nicht selten von früheren Viehzüchtern (z. B. auch den
Wadigo) gewählt wurde. Im Uebrigen findet man eine auffallend
grosse Mannigfaltigkeit der Kulturpflanzen. So baut man in Ukerewe
Bananen, Sorghum Mawele (Penicillaria), Mais, Pataten, Hülsenfrüchte,
Kürbisse, Maniok, Tabak und Hanf, in Usinja Maniok, Pataten, rothen
Sorghum, Mais, Bananen, Arachis und etwas Tabak, in Ussui Bananen,
weissen Sorghum, Maniok, Tomaten, Pataten, Bohnen, Sesam, Arachis,
kleine Kürbisse, Ricinus und Tabak.

Die Felder sind gut gehalten, das Erträgniss der Ernte wird in
Vorrathshütten aufgespeichert oder in länglichen, an Stangen
gebundenen Grasgeflechten verwahrt. (Abb. pag. 71.) Zur Bearbeitung
dienen Hacken und sichelförmige Feldbeile, die zum Roden des hohen
Grases benutzt werden. Der Sorghum wird nicht in Mörsern, sondern
in länglichen Holztrögen gestampft, die rothe Varietät fast nie zur
Pombebereitung benutzt.

Von besonderer Bedeutung ist in Usinja und Ost-Ussui die
=Eisenindustrie=, die von »Warongo« genannten Schmieden ausgeübt
wird, welche möglicherweise die Nachkommen einer Schmiedekaste der
Watussi sind. Das Eisen wird aus Raseneisenstein gewonnen und ist
guter Qualität. Die Werkstätten sind geräumiger als die Wohnhäuser.
Als Brennmaterial dienen Holzkohlen. Der Blasebalg, sowie überhaupt
der ganze Schmiedeapparat mit Hämmern und Zangen, gleicht fast
vollkommen dem in Nord-Pare[21] üblichen. Das Haupterzeugniss sind
Hackenklingen (Abb. pag. 72), die in ganz Unyamwesi und bis Ugogo
hin ungemein geschätzt sind. Daneben werden sehr schöne Speere und
Pfeilspitzen gefertigt, wie denn alle Arbeiten der Warongo sich
durch ausserordentliche Schönheit und Solidität auszeichnen. Pfeile
und Bogen sind die Hauptwaffen der Wasinja, erstere werden in
Bambusköchern oder länglichen Kalebassen, in Ussui in Lederbeuteln
verwahrt und manchmal vergiftet. Vorderlader-Gewehre sind in Usinja
und Ussui stark verbreitet. Die Speere haben durchwegs Klingen mit
übergreifender Schaftzwinge. Ihre Form nähert sich theils jener
von Urundi, theils der von Nkole. Manche Speere haben auch eiserne
Schäfte. Schilde sind nicht mehr gebräuchlich, eine veraltete Form
derselben fand ich nur in Ukerewe. Dieselbe ist aus dem korkähnlichen
Ambatsch-Holz gefertigt und eigenartig ornamentirt. Schwerter
sind nicht gebräuchlich. Von Häuptlingen werden öfters zierliche
Paradebeile getragen.

 [21] Vid. Baumann »Usambára« pag. 233.

Alle Geräthe der Wasinja und besonders der Wakerewe zeichnen sich
durch sorgfältige und zierliche Ausführung aus. Trinkkalebassen und
vor Allem Körbe sind mit originellen Ornamenten versehen, in welchen
die Quadrat- und Dreieckmuster vorherrschen, nicht selten aber auch
Spiralmuster auftreten.

 [Illustration:
 Pfeilspitzen, Usinja.
 Sichel der Wasinja.
 Sichel, Ukerewe
 Trinkkalebasse der Wakerewe.
 Korbflasche der Wakerewe.
 ]

Gegenstand des =Kultus= sind die Geister der Ahnen, welche
Krankheiten verursachen und die man in Ukerewe durch Trommeln und
kleine Opfer, in Ussui durch Zeugbündel, die an Kreuzwege gelegt
werden, versöhnt. Auch gewisse Plätze gelten als Sitz von Geistern
und pflegt dort jeder Vorbeiziehende einen Stein hinzuwerfen, so dass
sich nach und nach ein Steinhaufen aufthürmt. Mit dem Ahnenkultus in
Beziehung steht jedenfalls auch eine meterhohe Figur aus Ebenholz,
die ich in Ukerewe fand und die mir als Bildniss des verstorbenen
Häuptlings gedeutet wurde. Bei derselben hielt sich stets die
Lieblingsfrau des Verstorbenen auf. Bei der Seltenheit bildlicher
Darstellungen des menschlichen Körpers in Ost-Afrika hat diese Figur
besonderes Interesse.

 [Illustration:
 Topf der Watwa (Urundi).
 Speere der Wassui.
 Holzfigur des verstorbenen Häuptlings, Ukerewe.
 Paradebeil der Wasinja.
 Schild aus Ambatschholz, Ukerewe.
 Köcher der Wassui.
 ]

Die Regierungsform der Wasinja ist überall monarchisch. Früher
bestand ein grosses Königreich, jetzt ist das Land in kleine
Fürstenthümer getheilt, von welchen Ost-Ussui das bedeutendste ist.
Dann folgen West-Ussui (Uyogoma), Ukerewe und Rwoma's Land in Usinja.
Alle anderen Herrscher in Usinja, sowie Kaka in West-Ukerewe, sind
nicht viel mehr als Dorfschulzen. Die Häuptlinge geniessen sehr
grosse Macht und verfügen nahezu unumschränkt über Leben und Tod. Sie
halten eine Art Leibwache, welche zugleich Polizeidienste versieht
und bei Verbrechen die Schuldigen verhaftet. Auf Diebstahl steht
Todesstrafe, auch wird das Vermögen des Schuldigen eingezogen und
seine Verwandten werden der Sklaverei überliefert. Ausser solchen
Sklaven, die jedoch meist ins Ausland verkauft werden, giebt es in
Usinja auch fremde, durch Karawanen importirte.

[Illustration: Watwa-Dorf, Urundi.]

Der gewöhnliche Gruss eines Höheren besteht bei allen Wasinja, von
Ukerewe bis Ussui, im Niederknien und Händeklatschen. Der Gegrüsste
erwidert darauf nicht.

Die Wasinja sind zwar weniger unternehmungslustig als die Wanyamwesi,
durch ihre Intelligenz und ihre Geschicklichkeit, die sich besonders
in Schmiedearbeiten äussert, aber doch sicher berufen eine Rolle zu
spielen.

Während die Wasinja schon von verschiedenen Reisenden, von Speke
bis auf die neueste Zeit besucht und besonders von Stuhlmann
vorzüglich beschrieben wurden, gelangen wir westlich von ihnen
zu einem Bantustamm, von dem kaum mehr als der Name bekannt war:
den =Warundi=. Mit den ihnen nahe verwandten Waha und Wanyaruanda
bewohnen sie ein weites Gebiet, von Ussui bis zum Russisi, von
Unyamwesi bis zum Tanganyika und reichen nördlich bis nahe an den
Albert Edward-See. Ueberall stehen sie als »Wahutu« (Unterworfene)
dem Adel der Watussi gegenüber.

Die Warundi sind zweifellos sehr alte Ansiedler der von ihnen
bewohnten Gebiete; irgend welche Tradition über Einwanderung
besteht, soviel ich erfahren konnte, nicht. Dennoch sind die Warundi
wahrscheinlich keine Urbevölkerung, sondern eine solche haben wir in
den =Watwa= zu sehen, welche überall im Lande verstreut leben. Der
Name Watwa (oder Batwa) ist bekanntlich ein weit verbreiteter und
wird hauptsächlich den Pygmäenvölkern in den südlichen Kongowäldern
beigelegt. In den schwach bewohnten Urwäldern konnten die Watwa
sich begreiflicherweise reiner erhalten als in dem offenen Urundi,
inmitten einer dichten Ackerbaubevölkerung. Der Blutmischung waren
hier die Wege geebnet und thatsächlich finden wir, dass die Watwa
Urundi's durchschnittlich nicht kleiner sind als die umwohnenden
Warundi.

Sie leben in kleinen Niederlassungen mit sehr schlechten Grashütten,
benutzen im Gegensatz zu den Warundi, die stets auch Speere führen,
ausschliesslich Bogen und Pfeile und lebten ursprünglich von der
Jagd. Mit der Zunahme der Bevölkerung nahm jedoch das Erträgniss
derselben ab, doch wandten sich die Watwa keineswegs dem Ackerbau,
sondern der Töpferei zu. Mit einem Stück Kalebasse als einzigem
Geräth und einem Schnurende zum Anbringen der Ornamente fertigen
sie ungemein geschmackvolle Töpfe und Krüge an, welche sie an die
Ackerbauer verkaufen.

Sie werden sehr verachtet und gelten als Pariastamm. Kein Mrundi
würde aus demselben Gefäss wie ein Mtwa trinken, auch sollen
Heirathen nicht vorkommen. Dennoch ist, wie gesagt, die Blutmischung
unverkennbar und zwar nicht nur bei den Watwa, sondern auch bei den
Warundi. Denn unter den vielfach hochgewachsenen Warundi trifft man,
besonders im Norden, auffallend häufig Leute von etwa 1,35 m Höhe
mit kurzem Hals, röthlichen Lippen und gedrungener Gestalt, auch
erwachsene, auffallend lichtfarbige Weiber mit dem Kinde auf dem
Rücken bei einer Höhe von 1,20 m.

Offenbar hat man es hier mit Fällen von Atavie zu thun, bei welchen
der Typus einer Watwa-Urbevölkerung zu Tage tritt, welche in den
Warundi aufgegangen ist. Die heutigen Watwa dagegen stellen nur einen
von der herrschenden Rasse durch die Lebensweise unterschiedenen
Pariastamm dar. Der Uebergang zwischen ihnen und den Kongo-Watwa
bilden die Watwa der Berge westlich vom Tanganyika, die ebenfalls von
Jagd und Töpferei leben, nach den Märkten der Eingeborenen kommen,
jedoch bereits als Zwerge bekannt sind. Alle Watwa sollen eine
eigene Sprache besitzen, doch konnte ich trotz vieler Bemühung nur
Kirundi-Wörter von ihnen erhalten. Sie scheinen sehr stumpfsinnig,
»tu wayovu« (Wir sind Elephantenjäger) ist das einzige, was sie auf
alle Fragen antworten. Auch ihre Geräthschaften, mit Ausnahme jener
für Töpferei, haben nichts charakteristisches und gleichen jenen der
Warundi.

Wenn also auch in gewissen Distrikten eine Aufnahme von
Watwa-Elementen bei den Warundi wahrscheinlich ist, so haben sie sich
im Allgemeinen doch sehr rein und besonders von hamitischen (Watussi)
Mischungen ziemlich frei erhalten.

Die =Warundi= sind ein kräftiger, mittelgrosser Stamm; hochgewachsene
und herkulisch gebaute Leute sind nicht selten. Die Gesichtszüge
sind rein negerhaft, die Hautfarbe dunkelbraun, bei der geringen
Reinlichkeit oft fast schwarz erscheinend. Die Busen junger Weiber
sind wohlgeformt und nicht zitzenförmig.

[Illustration: Haartrachten der Warundi.]

Die =Sprache= der Warundi ist ein reines Bantu-Idiom, welches von
Kisinja (Kinyoro) wesentlich abweicht, mit Kiha aber nahezu identisch
ist. Der Dialekt von Ruanda nähert sich etwas mehr dem Kisinja. Sonst
finden sich keine eingreifenden dialektischen Verschiedenheiten in
ganz Urundi und einige meiner Leute aus Ujiji konnten sich überall
verständlich machen.

Im Gegensatz zu den meisten Negerstämmen werden die Ohren in
Urundi niemals durchbohrt und auch die Zähne in keiner Weise
verstümmelt. Beschneidung ist nicht üblich. Die Kopfhaare werden
kurz getragen oder abrasirt, wobei man oft einzelne Stellen in Form
von Spiralstreifen, Kreisen oder Haarkämmen stehen lässt. Die Weiber
rasiren die Haarränder meist rund ab. In manchen Gegenden pflegt man
sich mit weisser Farbe (aus Mergel oder Hyänenmist) am kahlrasirten
Schädel und im Gesicht Flecken und Streifen zu malen. Als Kleidung
dient hauptsächlich Rindenzeug, das in rother und grauer Farbe
vorkommt. Die rothen Stoffe sind oft mit grauen und schwarzen Flecken
und Streifen gemustert. Männer tragen einen dreieckigen Ueberwurf,
dessen langer Zipfel bis zu den Knien herabhängt und stets die
Schamtheile bedeckt, sowie manchmal auch einen Lendenschurz. Ledige
Weiber tragen einen Lendenschurz aus grauem Rindenzeug, Verheirathete
auch noch ein Tuch, welches den Busen verhüllt und oft zugleich den
Sprössling festhält.

[Illustration: Zeug-Ornamente der Warundi.]

In manchen Gegenden tritt an Stelle des Rindenzeugs -- doch stets
nur vereinzelt -- Leder; besonders lieben es junge Leute, beim Tanz
schneeweiss bemalte Lederschürzen zu tragen. In Ruanda haben viele
Weiber Lederkleidung. Europäisches Zeug trifft man in Urundi --
ausser am Tanganyika -- nirgends, in Ruanda nur ganz vereinzelt.
Ein beliebter Halsschmuck der Warundi ist das dreieckige Segment
einer Seeschnecke, welches an einer Schnur getragen wird. Da
Küstenerzeugnisse -- ausser etwas Messing und sehr wenigen Glasperlen
-- sonst gänzlich fehlen, so ist das häufige Vorhandensein einer
Seeschnecke auffallend. Doch wird dieser Schmuck auch in Unyamwesi
häufig getragen und wurde wohl in früheren Zeiten -- als ein
friedlicher Verkehr mit Urundi noch möglich war -- massenhaft
importirt und hat bei seiner Solidität bis heute ausgehalten. Doch
sieht man schon häufig Nachahmungen aus Knochen und Flusspferdhauern.
Ausser diesen wird auch ein trichterförmiger Eisenschmuck um den Hals
getragen, sowie hübsche, mit Messing ornamentirte Holzcylinder.

An den Knöcheln tragen Weiber und vornehme Männer mit Eisendraht
umsponnene Darmseiten, Madodi. Ein eigenthümlicher Schmuck ist der
dicke hölzerne Armring (Abb. pag. 77), den alle Warundi-Krieger
am linken Unterarm tragen und der häufig mit originellen Eisen-,
Messing- und Kupferornamenten beschlagen ist. Er dient theils als
Waffe beim Faustkampf, theils zum Auflegen des Pfeiles beim Zielen
und zum Abhalten der rückschnellenden Bogensehne. Doch findet er
sich als reiner Schmuck auch in Gegenden, die keine Bogen und Pfeile
benutzen, wie Uyogoma.

Die =Wohnungen= der Warundi sind reine Grashütten ohne Mittelpfahl,
oft breiter als hoch, dann mit seitlichen Stützen. Von der reinen
Halbkugelform weichen nur die Hütten im Kagera-Quellgebiet ab, die
cylindrischen Bambus-Unterbau besitzen. In Nord-Urundi und Uyogoma
ist das Innere durch zwei halbkreisförmige Lehmwände (a a) getheilt,
die nicht bis zum Dach reichen und mit den convexen Seiten gegen den
Eingang stehen. Sonst werden die Kammern stets durch Papyrus- oder
Bambuswände abgetrennt. In einer derselben steht das bequeme, mit
Gras und Bananen-Matten bedeckte Bett. Neben der Wohnhütte stehen
Vorrathskörbe, die ähnlich wie die von Usinja und Unyamwesi aussehen.

[Illustration: Halsschmuck der Warundi.]

[Illustration: Wohngrundriss.]

Alle Hütten sind in kleinen Komplexen zwischen dichten Bananenhainen
vertheilt und mit buschiger Euphorbien- oder mit Distel ausgefüllter
Bambus-Hecke umgeben. Aus den Bananen erheben sich einzelne
glänzendblättrige Ficus-Bäume, die zur Herstellung des Rindenzeugs
dienen und das ganze Dorf erscheint wie eine dunkelgrüne Insel in dem
Meer lichtgrüner Grashalden.

Die Jagd spielt in dem dicht bewohnten Urundi keine Rolle, Fischfang
betreiben die Tanganyika-Stämme mit Eifer, während im Kagera und
Akanyaru, soviel ich erfahren konnte, nicht gefischt wird. Die Kanus
der Tanganyika-Warundi sind primitive Einbäume mit Ruder, deren
Blätter mit Baststricken befestigt sind. Am Akanyaru giebt es schone
Einbäume mit langen, schaufelförmig ausgehöhlten Rudern, die wohl
zugleich zum Ausschöpfen des Kanus dienen.

Die Rindviehzucht liegt hauptsächlich in den Händen der Watussi,
doch haben auch Warundi vereinzelt Rinder der Sanga-Varietät. Schafe
werden viele gehalten, sie sind glatthaarig mit kleinem Fettschwanz,
nur in Nord-Urundi sah ich auch wollhaarige Schafe. Ziegen trifft
man nur vereinzelt. Schlanke Hunde sind häufig und werden oft
an der Leine geführt. Bienenzucht ist überall beliebt, die Körbe
werden cylindrisch aus Gras geflochten und haben zwei Holzdeckel mit
Fluglöchern. Hühner werden selten, in West-Ussui garnicht gehalten.

Die =Hauptnahrung= der Warundi liefert die Banane, welche in den
Dorf-Komplexen angebaut wird. Die halbreifen Früchte werden meist
abgenommen und vergraben, wodurch sie rascher reif werden. Eine
grosse Rolle spielen auch Hülsenfrüchte, Bohnen und Erbsen, letztere
von besonders guter Qualität. Sie werden in langen Bastkörben in den
Hütten aufbewahrt. Sorghum der rothen Varietät dient hauptsächlich
zur Bereitung von Pombe, der in grossen Mengen genossen wird. Zum
Stampfen dienen Holzmörser. Vereinzelt trifft man auch Eleusine,
süsse Kartoffeln, Mais und Maniok; überall Tabak, der in Ruanda
geraucht, in Urundi hauptsächlich geschnupft wird. Aus Honig und
Bananen wird ebenfalls ein geistiges Getränk bereitet, das ziemlich
wohlschmeckend ist. Zum Rauchen dienen lange Pfeifen mit Thonköpfen,
die Schnupfer pflegen sich die Nase mit einem halbgespaltenen Stück
Holz zusammen zu klemmen, um den Genuss zu verlängern.

 [Illustration:
 Topf, Ruanda.
 Sichel, Urundi.
 Hackenklinge, Urundi.
 ]

Am Tanganyika trifft man sehr viele Oelpalmen, die dort ein richtiges
Kulturgewächs bilden. Ueberall pflanzt man ferner die Ficus-Art,
welche das Rindenzeug, in manchen Gegenden auch Brennholz liefert,
vielfach auch Bambus und Disteln zum Herstellen von Zäunen. Im
Allgemeinen sind die Warundi keine besonders eifrigen Ackerbauer, sie
pflanzen nur so viel, als sie zum Leben unbedingt nöthig haben und
weite Striche ihres fruchtbaren Landes bleiben unbebaut.

Von =Geräthschaften= der Warundi fanden schon einige Erwähnung. Dem
Ackerbau dienen eiserne Spaten und eigenthümliche, sichelförmige
Haumesser, die sich ähnlich in Ukerewe und dem nördlichen
Zwischenseengebiet finden und die auch zum Lichten der Papyrussümpfe
gebraucht werden. Korbwaaren werden mit Geschick gefertigt. Zur
Töpferei haben die Warundi wenig Geschick, wo die Watwa fehlen, sind
die Töpfe stets plump und leicht zerbrechlich. Ein eigenthümlicher
Regenschirm ist im Süden des Landes gebräuchlich, er besteht aus
einem Halbcylinder aus Blättergeflecht, den der Träger über den Kopf
stülpt. Zur Anfertigung des Rindenzeuges dient ein Beinhammer, mit
welchem das betreffende Rindenstück einfach breitgeschlagen wird. Der
Baum kann vollständig geschält werden und erholt sich, umwickelt mit
altem Rindenzeug oder Bananenblättern, rasch wieder.

 [Illustration:
 Hammer zum Fertigen von Rindenzeug, Urundi.
 Speerspitze der Warundi.
 Pfeilspitze, Warundi.
 Schwert der Warundi vom Tanganyika.
 Schild, Ruanda.
 Schwert, Ruanda.
 Pfeilbehälter der Warundi.
 ]

Die =Waffen= der Warundi sind Speer und Bogen, wobei schwer zu sagen
ist, welche Waffe als Hauptwaffe gelten kann. In manchen Gegenden
trifft man nur Speere, in anderen nur Bogen, meist aber beide Waffen
gemeinsam. Die Speere haben lange, schlechte Schafte und locker
sitzende, charakteristisch geformte Spitzen. Letztere werden meist
abgenommen und in Bananenblätter gewickelt unter dem Rindenzeug
getragen. Die Bogen sind nicht besonders kräftig, die Pfeile meist
ohne Widerhaken und fast niemals vergiftet. Köcher sind nicht
bekannt, die Pfeile werden in den Hütten in länglichen, ornamentirten
Behältern aufbewahrt, im Felde aber stets in der Hand getragen. Kurze
Schwerter dienen hauptsächlich als Paradewaffen und werden besonders
am Tanganyika schön ausgeführt. Schilde sind gegenwärtig nicht mehr
gebräuchlich, doch traf ich in Nord-Urundi alte, sehr originelle
Holz- und Korbschilde, die jetzt nur mehr bei Tänzen dienen.

Einen Verkehr mit der Aussenwelt kennen die Warundi nicht, weder
kommen jemals Karawanen in's Land, noch verlassen die Bergwarundi
ihre Heimath. Sie gehen niemals nach Ussui oder Ruanda, ebenso nicht
zum Tanganyika, sondern verkehren höchstens mit Uha, woher sie Salz
und Messing beziehen. Die Tanganyika-Warundi allerdings haben durch
jahrelangen Verkehr mit Arabern und Swahíli ihre Sitten vielfach
modificirt, reisen öfter nach Ujiji und ziehen sogar mit an die
Küste.

In so grossartiger Weise ich auch das Volksleben in Urundi
kennen lernte, so wenig bot sich mir bei dem herrschenden
Begeisterungstaumel Gelegenheit, näheres über das =innere Leben=
der Warundi zu erfahren. Diesbezügliche Erkundigungen konnte ich nur
am Tanganyika einziehen, so dass die nachfolgenden Bemerkungen sich
hauptsächlich auf die Bewohner des Seeufers beziehen, bei der grossen
Einheitlichkeit des Stammes aber wohl in den Hauptsachen für alle
Warundi gelten.

Nach der Geburt eines Kindes bleibt die Mutter sieben Tage in
der Hütte. Sobald dem Kinde Haare wachsen, wird ein Familienfest
abgehalten, wobei Pombe getrunken und ein Schaf geschlachtet wird,
dessen Blut man mit dem festen Abfall des Pombe (Maische) in eine
Grube giesst. Diese wird wieder ausgefüllt, mit Gras bestreut und
ein Topf mit Doppelöffnung darauf gestellt. Dabei werden die Geister
der Vorfahren beschworen das Kind zu schützen. Hierauf wird das
Kind rasirt, die Haare werden mit Pombeabfall angemacht und in einer
Schachtel aufbewahrt. Diese gilt als ein Talisman und bleibt stets
am Geburtsort des Kindes. Gelegentlich dieses Festes erhält das Kind
drei Namen vom Vater, Mutter und der Grossmutter (mütterlicherseits)
die es lebenslang behält. Ein Kind, welchem die oberen Schneidezähne
zuerst wachsen, gilt als unglückbringend und wird in den Busch
geworfen. Am Tage des Reifwerdens eines Mädchens, wird dieses von der
Grossmutter im Hause umhergeführt und muss alle Gegenstände berühren.

[Illustration: Topf der Warundi.]

Der Vater wählt dem Sohne eine Gattin und bezahlt den Brautpreis, der
meist in zwei Ochsen oder dem Aequivalent besteht. Das junge Ehepaar
bleibt sieben Tage in der Hütte, während welcher ein Fest gefeiert
wird. Vielweiberei ist gebräuchlich.

Die Warundi sind ein körperlich gesundes Volk, Kranke und Krüppel
sieht man nur wenige. In gewissen Gegenden sind Augenleiden sehr
häufig und man trifft verhältnissmässig viele Blinde und Einäugige.
In das Gebiet der Krankheiten gehört auch die besonders am Tanganyika
häufige Geophagie (Erdesserei). Töpferthon geniessen dort viele
Leute mit Vorliebe, manche Kinder verschlingen jedoch mit Gier alle
Arten Erde und magern zu Skeletten ab, während der Bauch unförmlich
anschwillt. Die Pocken grassiren öfter im Lande und richten besonders
am Tanganyika Verheerungen an. Der Sandfloh ist fast schon über ganz
Urundi verbreitet und wird vielfach zur unerträglichen Landplage.

[Illustration: Zaubergeräth, Klapper der Zauberdoktoren in Warundi.]

Die Behandlung der Kranken obliegt dem Zauberdoktor, einem Mann oder
alten Weib. Derselbe trägt einen Kopfputz von Federn, bemalt sich im
Gesicht mit Mergel, führt einen Bastsack mit Amuletten mit sich und
rasselt mit einer Klapper während er mit heiserer Stimme singt. Ist
Jemand von einem Geist besessen, so finden Tänze statt, ein Schaf
wird geschlachtet und der Kranke im Fluss gebadet.

Die Warundi glauben nicht an natürlichen Tod, sondern nur an
solchen durch Zauberei, darum schneiden die Angehörigen allen
Todten den Bauch auf und suchen darin den Zauber. Dann gehen sie
mit einem Geschenk zum Zauberdoktor, das sie jedoch vor seinen Augen
verbergen. Als Probe seiner Geschicklichkeit muss er die Grösse des
Geschenkes errathen. Dann wird ein Topf mit Wasser und Zaubermedizin
aufgestellt, den alle Dorfinsassen haben müssen. Wer dies nicht kann,
ist der Zauberer, der den Verstorbenen getödtet, er wird gebunden
und getödtet (in den Tanganyika geworfen), worauf die Angehörigen des
Verstorbenen sein Vermögen einziehen.

Der Todte wird auf der rechten Seite liegend ins Grab gelegt. Stirbt
ein Hausvater, so wird er in der Hütte begraben und diese hierauf
verlassen, andere begräbt man vor der Hütte.

Die ganzen religiösen Anschauungen der Warundi lassen sich auf den
=Ahnenkultus= zurückführen. Selbst der Mwesi-(Mond)-Glaube ist nichts
anderes als dieser, indem die Herrscher des Landes ihre Abkunft vom
Mond herleiteten.

Als Schutz gegen böse Geister, die in Flüssen und Bäumen wohnen,
wird Zauber-Pombe an die Hütten gespritzt. Hat man Grund zu glauben,
dass der Geist eines Verstorbenen unzufrieden sei, so wird ein junger
Anverwandter desselben auf den Boden gelegt und ihm mit einer Hacke
auf den Kopf geklopft. Er äussert dann die Wünsche des Verstorbenen.

Den Verkehr mit den Geistern vermittelt der Zauberdoktor, dieser
macht auch Regen und wahrsagt aus Hühnerdärmen. Einzig zu diesem
Zwecke werden überhaupt Hühner gehalten und niemals gegessen. Auch
Ziegen isst man nicht; die Warundi-Männer geniessen nur Schaf- und
Rindfleisch, die Weiber nur das letztere.

Die =Regierungsform= der Warundi war wohl stets eine monarchische und
zwar wurden sie jedenfalls sehr lange Zeitepochen hindurch von dem
Geschlecht der Mwesi (Monde) beherrscht. Wie weit deren Reich sich
ursprünglich ausdehnte wäre schwer zu ermitteln, doch überschritt
es jedenfalls die Grenzen des heutigen Urundi. In den Nachbarländern
nennt man Urundi heute noch stets »charocha Mwesi« (Land Mwesi's) und
glaubt noch vielfach an die Existenz dieses Herrschers. Nach Aussage
der Meisten waren die Mwesi lichtfarbige Watussi und der letzte
Mwesi hiess Makisavo (Bleichgesicht), ein Name der auch mir beigelegt
wurde. Diese Ansicht von der lichten Farbe des Mwesi ist allgemein
verbreitet, doch giebt es Leute die behaupten, dass er kein Mtussi,
sondern ein Mrundi, also ein nationaler Herrscher gewesen sei.

Die Residenz des Mwesi lag zweifellos unweit der Kagera-Nil-Quelle,
wo sie auch Burton erkundete. Man kann dies schon daraus schliessen,
dass die heute noch bekannten Mwesi-Gräber sich am Ganso-Kulu, einem
Berg an der Kagera-Quelle, befinden. Die Träger der Königleiche
ruhten in einem dunklen Hain, Wuruhukiro, und beerdigten hierauf
die Leiche am Ganso-Kulu. Die waldigen Missosi ya Mwesi, die Berge
Mwesi's oder Mondberge, gelten als Sitz der Geister verstorbener
Mwesi.[22]

 [22] Ueber den Namen Mwesi vergl. pag. 150.

Wann der letzte Mwesi gelebt hat und warum das Geschlecht ausstarb
konnte ich niemals bestimmt erfahren, doch muss es schon an 100
Jahre her sein, dass er -- angeblich in einem Kriege im Ausland --
verschollen ist. Alle Warundi haben übrigens den festen Glauben, dass
der Mwesi heute noch lebt und erwarten ihn als eine Art Erlöser.
Es war daher sehr natürlich, dass ich, ein von Norden kommender,
lichtfarbiger Mensch, ihnen als die Verkörperung dieser mythischen
Person erscheinen musste. Zu welch' tollem Fanatismus die Warundi
durch diesen Glauben hingerissen wurden versuchte ich in der
Reiseschilderung darzustellen.

Der Glaube an meine Sendung nahm erst ab, als ich die Missosi ya
Mwesi und die Begräbnissstätten der früheren Könige ohne Schaden
besucht. Denn nach der Tradition darf ein lebender Mwesi diese
Gegenden nicht betreten: geschieht dies doch so muss er sterben.
Da mir jedoch nichts geschah, so wurde die allgemeine Begeisterung
stark abgekühlt. Als ich später vom Tanganyika her, also vom Westen
wieder in Urundi eindrang, hielt mich Niemand mehr für den Mwesi,
der von Norden kommen muss, doch wurde mir berichtet, dass der Mwesi
kurz vorher Nord-Urundi im Triumph durchzogen und alle seine Feinde
niedergeworfen habe, ohne dass man ahnte, dass ich mit diesem »Mwesi«
identisch war. Der Widerstand der Watussi im Norden lag keineswegs in
einem Zweifel an meiner Sendung, sondern nur in der Abneigung dieses
Raubadels, ein für sie angenehmes Interregnum, durch das Auftauchen
eines Mwesi beendet zu sehen.

Zur Regierungszeit der Mwesi lebten wohl die Watussi, ähnlich wie
jetzt in Ruanda, als deren Statthalter im Lande verstreut, jetzt ist
dasselbe in zahllose kleine Gemeinden zerrissen, die von Häuptlingen
verschiedener Abkunft regiert werden. Ihre Würde ist auf den Sohn,
event. auf die Tochter erblich; stirbt eine Familie aus, so wird
ein neuer Häuptling gewählt. Die Autorität des Häuptlings ist nicht
bedeutend, er übt zusammen mit den Aeltesten Gerichtsbarkeit aus.
Diebe werden geköpft, doch ist Lösegeld üblich, von welchem die
Hälfte der Bestohlene, die andere Hälfte der Häuptling bekommt.
Mörder werden stets geköpft. Entfliehen sie zu einer Nachbargemeinde,
so werden sie unter keinen Umständen ausgeliefert und es finden
ihretwegen Kämpfe statt. Männliche Kriegsgefangene werden dabei
getödtet, weibliche und Kinder jedoch zurückgegeben. Der siegreiche
Häuptling betrachtet das besiegte Land als unterworfen. --

Sklaverei ist in ganz Urundi unbekannt, doch wurden von den
Ujiji-Arabern schon mehrfach Razzias nach Süd-Urundi unternommen und
Sklaven ausgeführt, deren man auch an der Küste einzelne findet. Nach
Mittel- und Nord-Urundi haben sie sich jedoch niemals gewagt.

Eine grosse Rolle spielen in Urundi die Volksbelustigungen und
=Tänze= von welchen in der Reiseschilderung[23] ausführlich die
Rede war. Das Tanzen ist in Urundi eine förmliche Kunst, welche von
Jugend an geübt und mit Meisterschaft betrieben wird. Die Trommel ist
unbekannt, doch wird ein Kuhhorn geblasen und ein Saiteninstrument
gespielt.

 [23] Vgl. pag. 78 ff.

Als gewöhnlicher Gruss dient Niederknien und Händeklatschen, sowie
Ueberreichen von Laub. Als Friedenszeichen pflegt man Feldfrüchte
oder mit Laub umwundene Spaten darzureichen. Auch Geschenkvieh wird
mit Laub bekränzt.

[Illustration: TAFEL XXIII. WATUSSI]

Wenn man das heutige Urundi betrachtet, so erhält man den Eindruck
der grössten politischen Zerfahrenheit. Im Norden den Einfällen
Kigere's, des eroberungslustigen Häuptlings von Ruanda, im Süden
den Razzias arabischer Sklavenhändler ausgesetzt, sind die Warundi
in unzählige, durch Zwistigkeiten getrennte Gemeinden zertheilt und
werden durch den räuberischen Hirtenadel der Watussi ausgebeutet.
Es ist kein Wunder, wenn sie mit Sehnsucht dem Auftreten eines
»Mwesi« entgegensehen. Einmal ist ihnen ein solcher schon unter
deutscher Flagge erschienen, freilich nur als Pionier und den
Nachfolgern die Pfade ebnend. Wenn diese eintreffen und versuchen,
die deutsche Herrschaft in Urundi zu begründen, so werden sie -- wenn
es eben die rechten Leute sind -- keinerlei Schwierigkeiten sondern
begeisterten Empfang finden und im Stande sein, der deutschen Sache
ein noch unberührtes, gut veranlagtes Naturvolk zu gewinnen, welches
jedenfalls bestimmt ist in der Zukunft der Kolonie die wichtigste
Rolle zu spielen.

Die grosse Empfänglichkeit der Warundi lässt auch schliessen,
dass ein von Norden kommender Missionar dort die grossartigsten
Bekehrungs-Erfolge erreichen könnte. Jedenfalls scheint es rathsam,
Urundi von vornherein einer bestimmten Konfession von Missionaren
zuzutheilen, damit das traurige Schauspiel des Religionskrieges in
Uganda keine Wiederholung finde.

An die Warundi schliessen sich südlich vom Mlagarassi die =Waha=.
Dieselben sind den Warundi nahe verwandt, sprechen dieselbe Sprache
und zeigen nur geringe Abweichungen, die auf den langjährigen Verkehr
mit Wanyamwesi hinweisen. Im Aeusseren und der Tracht gleichen
sie den Warundi, besitzen jedoch ziemlich viel Baumwollzeug. Die
Hütten sind stets höher als ihr Durchmesser, innen durch Strohwände
getheilt, geräumig und freundlich. Sie sind oft in grossen Dörfern
mit bis zu 120 Hütten vereinigt, während man in Urundi nur von
verstreuten Weilern reden kann. Der Grund hierfür liegt in den
vielen äusseren Feinden, welche die Waha bedrohen und sie zwingen,
in grossen Mengen zusammenzuleben. Die Getreidevorräthe bewahren
sie in mächtigen runden Holzschachteln. Die Dörfer sind oft mit
Stangenzäunen umgeben.

 [Illustration:
 Getreideschachteln   Wohnhütte   Getreideschober
             Bienenstock   Geisterhütten
                     der Waha.
 ]

Der =Ackerbau= wird mit grosser Sorgfalt betrieben und es macht
sich in den Kulturpflanzen der Einfluss Unyamwesi's geltend. An die
Stelle der Banane, die seltener wird, treten Sorghum und Mais, auch
Maniok, Pataten, Hülsenfrüchte, Zuckerrohr, Tomaten, Grundnüsse und
Tabak werden angebaut. Die ausgedehnten Waldwildnisse bieten gute
Gelegenheit zur =Jagd=.

Die =Viehzucht= ist nicht bedeutend, der Rinderstand wurde durch
Einfälle der Wangoni und im Süden auch der Massai decimirt. Doch
trifft man noch ziemlich viel Kleinvieh und Hühner, auch Tauben,
die in den im westlichen Unyamwesi gebräuchlichen Taubenschlägen
gehalten werden. Bienenzucht ist sehr häufig, die Stöcke bestehen
aus cylindrischen, mit Lehm bestrichenen Körben, die auf niedrigen
Gestellen ruhen.

Die Waha verfertigen Rindenzeug nicht nur aus dem Ficus, sondern auch
aus einem der Miombo-Gruppe angehörigen Waldbaum. Doch dient das aus
letzterem gewonnene Zeug mehr zu Schlafmatten, da es steifer als das
Ficuszeug ist. Auch die grossen Holzschachteln werden in ähnlicher
Weise aus Baumrinden hergestellt und geschickt vernäht. Selbst Kanus
zum Uebersetzen des Mlagarassi werden aus Baumrinde zusammengenäht.
Zum Unterschied von den Warundi besitzen die Waha Trommeln länglicher
Form in verschiedener Grösse.

 [Illustration:
 Puppe der Waha.
 Rindenzeughammer, Uha.
 Trommel der Waha.
 Speer der Waha.
 ]

Ihre =Bewaffnung= besteht aus Wurfspeeren, Bogen und Pfeil. Die
Wurfspeere haben in den Schaft eingelassene Spitzen, sind leicht und
werden stets zu zwei getragen. Doch sind auch die Warundi-Speere
mit kürzeren Schäften und eine andere Speerform mit Schaftzwinge
üblich, die angeblich die ursprüngliche sein soll. Die Pfeile sind
zierlich gefertigt und gleichen jenen der Warundi; die Bogen sind
nicht besonders kräftig. Schwerter in Holzscheiden sieht man nur
vereinzelt. Originell ist eine aus Kalebassen und Stroh gefertigte
Kinderpuppe.

Die Waha unterstehen kleineren Häuptlingen, welche theilweise
Watussi-Blut haben. Den Verkehr mit der Aussenwelt vermittelt
das =Salz=, welches in Uvinsa, im Süden des Landes, gewonnen wird
und von sehr guter Qualität ist. Man trifft im Lande zahlreiche
Wanyamwesi-Händler, welche Salz, Kleinvieh und Honig kaufen, und
Messingdraht, wohl auch einzelne Gewehre einführen. Ebenso machen die
Waha Reisen nach Unyamwesi und gelangen bis Tabora. Früher waren sie
ihrer Ungastlichkeit halber berüchtigt, gegenwärtig lernte ich sie
als gutmüthiges, freundliches Volk kennen, welches Europäern sehr
geneigt scheint.

Es war oben schon mehrfach von den =Wangoni= oder Watuta die Rede,
einem räuberischen Zulustamm, der vor jedenfalls nicht allzulanger
Zeit aus Südafrika eingewandert ist und sich in Sprache, Tracht
und Sitten sehr rein erhalten hat. Die Wangoni sassen früher in der
Gegend von Urambo, von wo aus sie die Nachbargebiete verheerten. Nach
ihrer Niederlage durch die deutsche Schutztruppe unter Lieutenant
Langheld, zogen sie sich nach dem südlichen Ost-Ussui zurück, wo
sie schöne Dörfer und Reiskulturen besitzen und vollkommen friedlich
leben. Ich kam mit diesem merkwürdigen Stamm niemals in Berührung und
kann daher nichts Näheres über denselben mittheilen.

Zuletzt erübrigt noch von jenem Volk zu sprechen, welches den
Verkehr mit der Küste vermittelt und welches sich am meisten fremden
Einflüssen und fremder Kultur zugänglich erweist: den =Wanyamwesi=.
Alle Reisenden von Burton und Speke an, und darunter vorzügliche
Beobachter wie Paul Reichard und Stuhlmann, haben sich bereits
eingehend mit diesem Volke beschäftigt, sodass ich mich betreffs
desselben kürzer fassen kann.

Unter Wanyamwesi verstehe ich die Bewohner der von den Küstenleuten
als Unyamwesi bezeichneten Landschaft, die im Osten an die
Massai-Steppen, an Turu und Ugogo, im Norden an den Victoria-Nyansa
vom Speke-Golf bis zur Bukumbi-Bai, im Westen an Usinja, Ussirombo
und Uha grenzt und sich gegen Süden in noch unbekannter Entfernung
erstreckt.

Der =Name Unyamwesi= ist, wie ich durch viele und sorgfältige
Erkundigungen im ganzen Lande, von Usukuma bis Urambo erfuhr, =kein=
nationaler, sondern von den Küstenleuten dem Lande beigelegt. Er
bedeutet »Mondland«, U-nya-mwesi d. i. Land des Mondes. Diese, schon
den alten Reisenden bekannte Ableitung wurde neuerdings bezweifelt
und behauptet, dass in Unyamwesi eine Stammsilbe »nyam« enthalten
sei. Dies ist jedoch unrichtig wie man daraus ersehen kann, dass z.
B. auch die Bewohner von Turu nicht »Waturu« sondern Wa-nya-turu, die
Leute von Ruanda Wa-nya-ruanda genannt werden und dass es zahlreiche
ähnlich lautende Landschaften, wie U-nya-nyembe, U-nya-nganyi giebt,
woraus deutlich hervorgeht, dass »nya« etwa »von« bedeutet, also
Wanyaturu »Leute von Turu«, Wanyamwesi, »Leute von Mwesi« Mondleute.


Dass das im Worte enthaltene mwesi hier wirklich Mond bedeutet,
wurde mir von alten Küstenleuten sowohl, wie auch von Eingeborenen
stets versichert und kann als zweifellos betrachtet werden. Daraus
jedoch einen Schluss ziehen zu wollen, dass Unyamwesi das Mondland
der Alten sei, wie dies in neuerer Zeit vielfach geschah, scheint
mir verfehlt. Ein solcher Schluss wäre nur gestattet, wenn der Name
ein einheimischer wäre, während er wie gesagt den Küstenleuten, also
den Swahíli seinen Ursprung verdankt. Wie diese dazu kamen das Land
als »Mondland« zu bezeichnen, ist nicht schwer erklärlich. Denn den
Arabern und damit auch den intelligenten Swahíli war ja sehr wohl
bekannt, dass die alten Geographen ein »Mondland« im Innern Afrika's,
an den Quellen des Nil, vermutheten. Als nun Karawanen in jene Länder
vordrangen, war es sehr begreiflich, dass sie in dem reichsten
und wichtigsten Lande des Innern, in dem Lande, welches im Handel
die grösste Rolle spielte, das Mondland U-nya-mwesi zu erkennen
glaubten. Oder mit anderen Worten: Nicht weil im Innern Ostafrika's
ein Unyamwesi existirt, kann man darauf schliessen, dass dasselbe
mit dem Mondland der Alten identisch sei, sondern weil die alten und
arabischen Geographen in Innerafrika ein Mondland vermutheten, wurde
diese Landschaft von den Küstenleuten »Unyamwesi« genannt.

Die Wanyamwesi selbst gebrauchen diese Bezeichnung unter einander
niemals, sondern trennen sich in verschiedene grosse Stämme wie
Watakama, Wasukuma[24], Wasumbwa, Wafioma und Wakonongo. Sie sind
jedoch sehr deutlich als ein Stamm charakterisirt und sprechen auch
dieselbe, nur dialektisch abweichende Sprache. Der Hauptunterschied
zwischen den verschiedenen Wanyamwesi-Stämmen liegt in dem mehr oder
weniger starken Eindringen der Küstenkultur.

 [24] Kinyamwesi: Sukuma Nord, Takama Süd, Mweri West, Kia Ost.

Am ursprünglichsten haben sich die Wasukuma, besonders in den
östlichen Distrikten von Ntussu und Meatu erhalten, während die
Wasumbwa und Watakama, besonders die Leute von Urambo, in materieller
Kultur den Swahíli der Küste kaum nachstehen.

Die Wanyamwesi sind mittelgrosse, kräftiggebaute Leute von meist
dunkelbrauner Hautfarbe. Die südlichen Stämme sind schlanker und
grösser, die Wasukuma untersetzt und dunkelfarbiger oder scheinen
wenigstens so, da ihre Unreinlichkeit die Hautfarbe schwer erkennen
lässt. Sie haben ziemlich ausgeprägten Negercharakter und physisch
einen recht einheitlichen Typus. Nur die Bewohner des östlichen
Usukuma, besonders die von Meatu, scheinen hamitische (Wataturu)
Blutmischungen erhalten zu haben.

Alle Wanyamwesi sind unbeschnitten. Als Stammesmarke kann eine von
der Nasenwurzel zum Ohre verlaufende Reihe von Narbenverzierungen
gelten, auch werden die oberen vorderen Schneidezähne vielfach
dreieckig ausgesplittert. Doch sind beide Merkmale nicht mehr
allgemein verbreitet. Haarfrisuren kommen nicht vor, doch werden
die Haare vielfach rasirt. Die Ohrläppchen werden besonders in
Usukuma ausgedehnt und Messingspiralen darin getragen. Die Weiber
im Süden des Landes tragen nach Küstenart runde Holzscheiben im
Ohr. Die ursprüngliche Kleidung der Wanyamwesi ist Fell, in den
westlichen Distrikten auch Rindenzeug. In Usukuma tragen die Männer
ein Ziegenfell, das den Oberkörper, niemals jedoch die Schamtheile
bedeckt, manchmal gehen sie auch ganz nackt. Die Weiber tragen
Lendenschurze aus Leder und verhüllen oft auch den Busen.

Sonst wird fast überall europäisches Baumwollzeug getragen, welches
das solide eingeborene Baumwollzeug und das Rindenzeug fast völlig
verdrängt. Letzteres dient kaum noch irgendwo als Kleidung, sondern
nur mehr zu Schlafmatten. In Urambo, Unyanyembe, sowie anderen
Plätzen der Karawanenstrassen sind bedeutende Mengen Baumwollzeug
vorhanden und Männer und Weiber unterscheiden sich in der Tracht kaum
von der Küstenbevölkerung.

Als Schmuck dienen Glas-, Holz- und Eisenperlen und mit Messing-
oder Eisendraht umsponnene Darmsaiten, sowie Eisenarmringe. Die
Elephantenjäger und ihre Frauen pflegen Armringe zu tragen die aus
der Sohle des Elephanten geschnitten werden. Im östlichen Usukuma
findet man sehr grosse milchweisse und blaue Glasperlen, die jetzt
durch keine Karawane mehr eingeführt werden und sehr alten Ursprungs
sind. Die jüngeren Weiber tragen Holzperlen als Amulett um den Hals;
Eisenschmuck ist ein Zeichen verheiratheter Frauen. Als Kopfschmuck
der Krieger dienen in Usukuma Büschel von Federn und Stroh (Abb. pag.
61).

Den Charakter der Wanyamwesi hat Paul Reichard mit grossem
Geschick beschrieben. Bei allen ihren Fehlern ist ihnen doch ein
ausserordentlicher Unternehmungsgeist und eine für Afrikaner seltene
Arbeitskraft eigen, welche sie zu einem wichtigen Kulturelement
macht.

 [Illustration:
         Wohnhütte        Vorrathshütte
 Geisterhütten  Taubenschlag
       der Wanyamwesi von Urambo.
 ]

Die =Wohnung= sämmtlicher Wanyamwesi ist die Rundhütte mit Kegeldach
und cylindrischem, lehmverputzten Unterbau. In Usukuma und in den
westlichen Distrikten hat sich diese Form noch rein erhalten, in der
weiteren Umgebung Tabora's wird die Hütte jedoch allmählich durch den
Tembe ersetzt. Zu Speke's Zeiten, also Anfang der sechziger Jahre,
gab es solche noch viel weniger und ältere Leute erinnern sich auch
noch sehr genau an die Entstehung des Tembebaus. Derselbe fällt
mit der Einführung der Feuerwaffen zusammen, gegen welche die alten
Befestigungsformen nicht genug Schutz boten. Man erbaute daher um die
Rundhüttendörfer Tembenringe, deren Styl halb den Arabern Tabora's,
halb den Wagogo entlehnt war.

Ursprünglich waren diese Temben reine Befestigungen und nicht
bewohnt; ich fand heute noch solche unbewohnten Tembenringe
in Kirambo. Später zwang der Raummangel sie zu bewohnen, neue
Aussenbauten mussten natürlich im Tembestyl erbaut werden und nach
und nach entwickelten sich aus den Dörfern förmliche Labyrinthe,
deren Mittelpunkt jedoch noch sehr oft einige grosse Rundhütten des
Häuptlings einnehmen. -- Die Temben haben rechteckigen Querschnitt,
sind aber mannshoch und besitzen glattverputzte Wände und ein
ebensolches Dach. Gegen aussen und gegen die Eingänge zu sind sie mit
Schiessscharten versehen und bilden oft recht starke kleine Festungen
(Abb. pag. 62, 93 u. 113).

Die grössten und schönsten Rundhütten in Unyamwesi, überhaupt
im Innern Afrika's, sah ich in Urambo. Sie sind sehr sorgfältig
und fest erbaut und haben ca. 10-15 m Durchmesser und 12-30 m
Höhe. Letztere Höhe sah ich bei den wahrhaft pyramidalen beiden
Hütten des Häuptlings Mlamira von Kirambo, in welchen Hunderte von
Menschen Platz haben. Sie ähneln im Styl den Hütten der Wasegua. Ein
Verandaraum, dessen Aussenwand theils mit Lehm ausgefüllt ist, theils
nur aus Pfosten besteht, umschliesst ringförmig den cylindrischen
Innenraum, der meist keine Theilung hat und mit dem Dach einen
sehr hohen Raum bildet. Darin steht das Bett aus glatten Brettern
und der Feuerheerd, bestehend aus drei festgebrannten Lehmkegeln.
Das Dach ohne Mittelpfeiler ist stark geneigt und mit ziegelförmig
übergreifenden, koncentrischen Grasschichten sorgfältig gedeckt. Das
Getreide wird in eigenen Vorrathshütten untergebracht.

Aehnlich, doch weit mangelhafter sind die Hütten der Wasegua
errichtet. Sie besitzen ebenfalls keinen Mittelpfeiler. Der Innenraum
ist meist durch eine Querwand in zwei Hälften getheilt, deren vordere
das Vieh, die hintere, ganz dunkle die Menschen bewohnen. In einem
durch Stangen abgegrenzten Dachraum sind mächtige Vorrathskörbe für
Getreide aufgestapelt.

In Usukuma sind die Dörfer nicht selten wie in Schaschi durch
buschige Euphorbienhecken in kleine Komplexe getheilt. Fast stets
schliessen sie sich an die felsigen Granithügel der Gegend, die
als natürliche Befestigungen dienen und deren Klüfte im Nothfall
einen Zufluchtsort bieten. In den Wasumbwa-Gegenden überwiegt der
Stangenzaun noch vor der Tembebefestigung, während diese sonst
überall vorherrscht.

Im Gegensatz zu vielen ihrer Nachbarn, welche, wie die Warundi,
in Weilern hausen, sind die Wanyamwesi echte Dorfbewohner und
vereinen sich stets zu oft sehr ansehnlichen Niederlassungen.
Vielleicht hat dieser, durch die kriegerischen Verhältnisse
begünstigte Geselligkeitstrieb viel zu der Entwickelung dieses
Volkes beigetragen. Wenigstens findet man in Urambo, wo die grössten
Dörfer liegen und alle Bewohner sich in ausgedehnten Ortschaften
koncentriren, auch die höchste Kultur in Unyamwesi.

Die Wanyamwesi sind sehr tüchtige =Ackerbauer=, ihre Felder
sind gut gehalten und werden mit grosser Sorgfalt gepflegt. Die
Hauptnahrungspflanze ist Sorghum. Neben dieser wird auch vielfach
Mais und Mawele (Penicillaria), in Usmau, Urambo und Unyanyembe auch
Reis gebaut, der durch die Araber eingeführt wurde. Ausserdem giebt
es fast überall Hülsenfrüchte, Mais, Pataten, Kürbisse, Gurken,
Grundnüsse, seltener Bananen, Tomaten und Maniok. Baumwolle wird
in Usukuma, Tabak und Hanf überall angebaut. Wo die Wanyamwesi mit
Arabern und Küstenleuten in nähere Berührung kamen, merkt man deren
Einfluss in der Anlage der Felder und in dem Vorhandensein fremder
Kulturpflanzen, an welche sie sich rasch gewöhnen. Ausser dem Reis
haben sie in vielen Gegenden auch Obstbäume, Citronen, Mangos,
Guayaven und Papayas übernommen.

Den Sorghum pflegt man nach der Ernte auf flachen Steinplatten mit
langen Stangen zu dreschen, sodann wird er in Holzmörsern weiter
enthülst und in den Vorrathsbehältern aufbewahrt. Auf flachen
Steinplatten wird er mit einem Reibstein zu Mehl gemahlen. Nach der
Arbeit wird der Mahlstein mit einem eigenen Besen reingekehrt. Durch
das fortwährende Reiben wird die Steinplatte nach und nach ausgehöhlt
und die Granitfelsen Usukuma's tragen oft derartige Vertiefungen, die
auf alte Dorfstätten schliessen lassen, wo sonst längst keine Spur
mehr von solchen vorhanden ist.

[Illustration: Feldbeil der Wanyamwesi.]

Die =Viehzucht= hat in Unyamwesi durch die Rinderseuche stark
gelitten, welche einen grossen Theil der Zeburinder wegraffte, so
dass man solche nur selten antrifft. Doch giebt es überall und
besonders in Usukuma viele Ziegen und Schafe, letztere mit sehr
schwachem Fettschwanz, sowie Hühner, deren Eier nicht gegessen
werden. Tauben findet man besonders in Urambo, wo sie in netten
Taubenschlägen gehalten werden. Die Wanyamwesi essen Fische in
vielen Gegenden garnicht und schätzen dieselben überhaupt nicht sehr,
während sie (hauptsächlich die Wakonongo) gedörrte Maden mit Vorliebe
geniessen. Tabakrauchen ist bei Männern und Weibern sehr beliebt,
auch der Hanf, der aus Kürbiss-Wasserpfeifen geraucht wird, ist weit
verbreitet.

In vielen Gegenden jagen die Wanyamwesi eifrig; es giebt unter ihnen
berufsmässige Elephantenjäger (Makua), die den Küsten-Makua starke
Konkurrenz machen.

In den Geräthen und Waffen der Wanyamwesi zeigt sich ebenfalls die
Tendenz, von anderen Stämmen ihnen passendes zu entlehnen und nach
eigenem Ermessen abzuändern.

Besonders interessant ist das eingeborene Baumwollenzeug, ein
ungemein festes Gewebe, welches schwarze und gelbe Streifen und
einen Quastensaum hat.[25] Es ist jedenfalls eine Nachahmung der
Küstenbaumwollzeuge, zu welcher wohl ursprünglich Swahíli oder Araber
die Anleitung gaben. Diese Stoffe wurden viel erzeugt als Küstenzeug
noch selten war. Gegenwärtig hat die Herstellung dieses Zeuges im
südlichen Unyamwesi ganz aufgehört und beschränkt sich auf Usukuma.
Rindenzeug wird, wie erwähnt, fast garnicht mehr gefertigt.

 [25] Ein ähnliches Zeug wird auch in Ubembe am Tanganyika
      gefertigt.

In Schmiedearbeiten sind die Wanyamwesi recht geschickt; die
Hackenklingen beziehen sie zwar aus Usinja und auch in Usukuma sind
die Schmiede meist Warongo aus Usinja, doch im Süden, besonders in
Urambo, trifft man einheimische Arbeiter. Diese hausen in eigenen
offenen Hütten und verstehen selbst Gewehrbestandtheile zu repariren.
Sie benutzen nicht selten Schraubstöcke und andere Geräthe von der
Küste.

An Waffen trifft man sehr verschiedenartige Formen. Im Süden
des Landes, hauptsächlich in Urambo und Unyanyembe, herrschen
Kapselgewehre vor, in Usukuma sind solche noch sehr selten. Als
ursprüngliche Waffe der Wanyamwesi erscheint der Wurfspeer mit
eingelassener Spitze, wie er heute noch im östlichen Usukuma in
charakteristischer Form gebraucht wird (Abb. pag. 61). Daneben
giebt es allerlei Arten Zwingenspeere: kurze mit Messingverzierung,
lange mit lanzettförmiger Spitze und Paradespeere (in Ntussu),
die im Kleinen die Massai-Speere nachahmen. Wuchtige Spiesse mit
eingelassenem Dorn werden auf Elephantenjagden benutzt; deren Spitze
ist manchmal vergiftet. Nur bei Tänzen dient die in Usukuma übliche
alte Form der Wataturu-Speere.

Leichte Bogen mit Pfeilen und Köcher trifft man überall, die Pfeile
werden nicht selten vergiftet. Schilde giebt es fast nur in Usukuma,
sie sind aus Büffelhaut, länglich mit einer Einkerbung in der Mitte
(Abb. pag. 61).

Als Musikinstrumente dienen die halb eiförmig geformten
Karawanen-Trommeln (Mganda), Antilopenhörner und lange aus Rohr und
Kalebassen gefertigte Trompeten.

Korbwaaren werden mit grossem Geschick gefertigt und es dient
dazu eine eigene Nadel. Ebenso sind grosse und kleine Töpfe hübsch
ausgeführt.

Besonders charakteristisch für die Wanyamwesi ist der
=Karawanenhandel=, der den tiefgehendsten Einfluss auf ihr ganzes
Dasein ausübt. Während fast alle anderen Stämme Ostafrika's, selbst
jene unweit der Küste, in ihrer bedürfnisslosen Indolenz ruhig
daheimbleiben und höchstens genehmigen, dass Karawanen von der
Küste zu ihnen kommen, haben die Wanyamwesi schon seit Jahrzehnten
selbst Karawanen zusammengestellt und dieselben nach der Küste
sowohl, wie auch nach entfernten Elfenbeingegenden gesandt. So alt
übrigens als man vielfach annimmt -- also etwa bis ins klassische
Alterthum zurückreichend -- ist dieser Karawanenhandel keineswegs.
Dies beweist nicht nur die überall verbreitete Tradition, sondern
auch die ungeheuere Zunahme, welche der Karawanenverkehr und damit
die Einführung europäischer Erzeugnisse seit den sechziger Jahren
genommen und der Umstand, dass gewisse Stämme notorisch erst in ganz
jüngster Zeit sich an diesem Handel betheiligt haben.

 [Illustration:
 Korbnadel, Wasukuma.
 Köcher aus Urambo.
 Elephantenjagdspeer, Wasukuma.
 Speerform der Wanyamwesi.
 Speer, Usukuma.
 ]

Einen Anhaltspunkt für das Alter des Karawanenverkehrs bietet uns der
Stammbaum der Häuptlinge von Unyanyembe:

        Swetu I.
           |
        Fundikila
           |
        Miasere --------+
           |            |
        Swetu II.     Kiunge (Ziehsohn)
           |            |
      Bibi Niasso     Isike.

Swetu I. soll alt geworden sein, Fundikila starb als reifer Mann,
Miasere starb jung und hinterliess den unmündigen Swetu II., an
dessen Stelle sich sein Ziehsohn, Kiunge, der Herrschaft bemächtigte.
Dessen Sohn war der bekannte Isike (Sike), dessen Feste 1893 von
Lieutenant Prince gestürmt wurde, worauf Bibi Niasso eingesetzt
wurde.

Swetu I. hat also vor höchstens 100 Jahren regiert. Unter seiner
Regierung drangen die Elephantenjäger Mparangombe und Ngogome aus
Usagusi -- die heute noch in zahlreichen Liedern verherrlicht werden
-- so weit nach Osten vor, dass sie mit zeugtragenden Eingeborenen
und Küstenhändlern zusammentrafen. Letzteren folgten sie an die
Küste und gaben dann, in die Heimath zurückgekehrt, den Anstoss zur
Eröffnung des Karawanenverkehrs. Das Erscheinen der Wanyamwesi an
der Küste gab auch den Swahíli und Arabern Veranlassung in dieses
neuerschlossene Land einzudringen. Dies geschah ca. 1830; doch erst
1846 wurde Tabora begründet, nachdem eine etwas ältere Niederlassung
in Msenne bei Urambo aufgelassen worden war. Das Jahr der Begründung
Tabora's ist vielen dort lebenden Arabern genau bekannt.

Das Vorhandensein Tabora's als Handelsemporium gab den Wasukuma
Veranlassung dorthin zu kommen und ihre Produkte umzutauschen.
Diese waren früher niemals aus ihrem Lande, geschweige denn an die
Küste gekommen und erinnern sich daran, dass Swahíli, die aus dem
Massai-Lande, also wohl von Tanga oder Mombas kamen, ihnen zuerst
Baumwollzeuge brachten. Auch nach Begründung Tabora's kamen die
Wasukuma Jahre lang nur dahin und ziehen erst seit ca. 20 Jahren nach
der Küste.

Die grösste Bedeutung hat der Karawanenhandel bei den Wasumbwa des
westlichen Unyamwesi erlangt, die überhaupt die höchste Entwicklung
ihres Stammes darstellen. Sie unternehmen Züge nach Unyoro, Ruanda
und Manyema, früher reisten sie auch nach Umbugwe und an die Grenze
des Massai-Landes, doch hat dies aufgehört, seit die Wasukuma ihnen
dort zu starke Konkurrenz machen. Diese bereisen die Uferländer des
Victoria-Nyansa bis nach Kavirondo hin. Sobald diese Handelszüge
genügend Elfenbein gebracht haben, wird eine Karawane nach der Küste
zusammengestellt, an der sich auch viele Leute betheiligen, die
dort Arbeit und Verdienst suchen. Mit Zeug und andern Artikeln reich
beladen kehren die Karawanen in die Heimath zurück, um bald wieder
neue Züge nach entfernten Gegenden zu unternehmen.

Die Wanyamwesi sind tüchtige, sehr ausdauernde Träger, allerdings nur
auf Karawanenstrassen brauchbar, wo sie reichlich Wasser und Nahrung
bekommen. Sie haben die unangenehme Eigenschaft nur auf den Schultern
zu tragen, so dass die Lasten alle länglich oder in Halblasten,
Midalla, verpackt werden müssen, die an die Enden einer Stange
gebunden werden können. Diese scheuert die Schulter des Trägers nicht
selten blutig, was ihn jedoch wenig zu kümmern scheint.

Der Karawanenverkehr gab auch Veranlassung zur =Auswanderung= und
Begründung von Kolonien im Auslande. Der Grund dazu lag theils in
politischen Unruhen, theils in dem natürlichen Wandertrieb dieses
Volkes. Man findet Wanyamwesi-Kolonien nicht nur in Ugogo, Ussandaui,
Irangi und neuestens auch in Umbugwe, sondern auch in Manyema und
Katanga. Ueberall gelangen sie den Eingeborenen gegenüber zu Einfluss
und bilden ein wichtiges Kulturelement.

Ueber das =innere Leben= der Wanyamwesi theile ich nur der
Vollständigkeit halber einige Notizen mit, die ich im Lande sammeln
konnte und verweise im Uebrigen auf Reichard und Stuhlmann, die
Gelegenheit hatten den Stamm genauer kennen zu lernen.

Die =Geburt= eines Kindes giebt keinen Anlass zu besonderen
Festlichkeiten, höchstens die von Zwillingen wird durch einen
Tanz gefeiert. Der Vater giebt dem Kinde einen Namen -- meist nach
dem Grossvater oder der Grossmutter -- den es lebenslang behält.
Daneben sind oft viele Spitznamen üblich, die oft bekannter als der
wirkliche Name sind. In Usukuma ist der Kindesmord unbekannt. In
den von Swahíli vielbesuchten Gegenden, wie Urambo, hat sich der
Küstenaberglaube verbreitet, dass ein mit Zähnen geborenes Kind dem
Vater den Tod bringe. Es wird aber nur getödtet, wenn der Vater ein
Häuptling ist. Als Kinderspielzeug dienen aus Lehm gefertigte kleine
Puppen. Der Bräutigam erwirbt die Braut durch Kauf vom Vater; nach
einem Tanzfest wird sie ihm übergeben. In Usukuma wird nach der
Brautnacht ein Ochse geschlachtet und mit den Verwandten verzehrt.
Vielweiberei ist üblich, in Usukuma hat aber nur ein Häuptling mehr
als zwei Frauen. Eine unbeliebte Frau wird einfach zurückgeschickt,
der Vater muss dann den Preis wieder herausgeben. Bei den Wasumbwa
muss der Vater selbst im Todesfall der Frau den Brautpreis ersetzen,
oder eine Schwester der Frau stellen.

[Illustration: Puppe aus Lehm, Wasukuma.]

Bei Krankheiten werden entweder Pflanzenmedizinen angewandt oder
der Zauberdoktor geholt, der dann aus Hühnerdärmen bestimmt, welche
Krankheit vorhanden ist und diese durch allerlei Hokuspokus mit
einem Holzschüsselchen, mit Amuletten u. s. w., auszutreiben sucht.
Ein Besessener geniesst in Urambo ein Schaf mit Zauberarznei,
geheilt darf er keinen Kopf, Herz oder Magen und kein am selben Tage
geschlachtetes Thier essen. Wie so viele Bantu, so glauben auch
die Wanyamwesi nicht an natürlichen Tod. Stirbt Jemand an einer
Krankheit, so wird der Zauberdoktor befragt, der dann wieder aus
Hühnerdärmen sein Orakel fällt. Dasselbe lautet entweder dahin, dass
die Geister der Verstorbenen ihn getödtet hätten, oder Jemand wird
als der Bezauberer genannt. Dieser wird in Urambo von den Verwandten
getödtet, in Usukuma vor den Häuptling gebracht, sein Vermögen
eingezogen und er selbst verbannt. Das Honorar des Zauberdoktors
beträgt eine Hackenklinge.

Todte werden bei den Wasumbwa in den Busch geworfen, nur Häuptlinge
auf einem Stuhl sitzend begraben. In Usukuma werden alle Verstorbenen
mit angezogenen Beinen, auf der Seite liegend, begraben, der
Häuptling hockend mit erhobener Rechten, die durch Lehm gestützt
wird.

Den Geistern der Verstorbenen, die den Lebenden im Traum erscheinen,
werden kleine Hütten erbaut und Opfer an Pombe und Mehl dargebracht.
Stätten von Geistern, wie Baobabs, werden mit Gras bestreut. Sonst
schützt man sich vor ihrem Treiben durch Amulette, deren es für
jeden Zweck, für Jagd, Viehzucht, Krieg u. s. w. verschiedene giebt.
Menschliche Holzfiguren sind sehr selten, ich fand eine solche in
Usukuma, die bei Geistertänzen dienen soll.

Die Wanyamwesi werden von Mtemis (Häuptlingen) regiert, deren
Verwandte Mwanangwa (Prinzen) genannt werden. Auch hier zeigt sich
die Erscheinung, dass grössere Königreiche nach und nach in kleine
Fürstenthümer zerfallen. Eine Art Oberherrschaft über fast ganz
Unyamwesi übte Jahre lang der bekannte Mirambo von Urambo aus. Auch
dessen Nachfolger, Mpanda Charo (Beherrscher der Königreiche),
spielte noch eine grössere Rolle, während unter dem jetzigen
jugendlichen Häuptling Tuga Moto das Reich immer mehr zerbröckelt.
Ein Theil der Wafioma erkennen Kassusura von Ost-Ussui als ihren
Herrscher an.

[Illustration: Hüttenamulett der Wasukuma.]

[Illustration: Amulettfigur der Wasukuma.]

Die Häuptlingswürde ist thatsächlich erblich, dem Namen nach besteht
ein Wahlkönigreich, doch wird eben fast immer der Sohn oder sonst
nächste Verwandte des verstorbenen Häuptlings gewählt. Manche
Häuptlingsfamilien behaupten von Watussi abzustammen, doch lässt ihr
Typus davon jedenfalls nichts mehr erkennen. Kleine Stammkriege sind
häufig und werden mit ziemlicher Erbitterung geführt, die Dörfer
des geschlagenen Feindes werden verbrannt. Kriegsgefangene werden zu
Sklaven gemacht und meist an Küstenleute verkauft. Im Lande selbst
findet man auch ziemlich viele Sklaven aus Manyema, vom Tanganyika
u. s. w., die sich guter Behandlung erfreuen.

Grössere Kriegs- und Raubzüge werden von einzelnen Häuptlingen mit
ihren »Ruga-Ruga« (Räubern) ausgeführt, die phantastisch geschmückt
ins Feld ziehen und oft zur wahren Landplage werden.

Die Wanyamwesi sind ein kriegerischer und muthiger Stamm, besonders
wenn es sich um die Vertheidigung von Haus und Feld gegen einen
wirklichen oder eingebildeten Feind handelt. Sie sind dann weit
ernstere Gegner als etwa die Massai und wissen ihre zahlreichen
Gewehre und ihre festen Dörfer tüchtig auszunutzen. Europäern sind
sie im Allgemeinen geneigt und wenn es doch in Unyamwesi zu Kämpfen
kam, so ging die Veranlassung dazu von Leuten aus, welche, wie Isike
von Tabora, Feinde jeder geordneten Regierung sind. Der durchaus
praktische Sinn der Wanyamwesi erkennt weit leichter als andere
Eingeborene den ungeheueren Vortheil, den der direkte Verkehr mit
Europäern für sie haben kann. Missionare und Reisende fanden denn
auch niemals ernste Schwierigkeiten in Unyamwesi, erstere werden
überall als Freunde betrachtet, haben allerdings im Bekehrungswerk
fast gar keinen Erfolg, da der Mnyamwesi in religiöser Beziehung
vollkommen gleichgiltig ist. Selbst der Islam, der doch sonst auf
schwarze Naturmenschen eine zauberhafte Anziehungskraft ausübt, macht
in Unyamwesi gar keine Proselyten.

Im Gegensatz zu den phantasiereichen, leicht erregbaren Waganda
sind die Wanyamwesi eben durchaus materiell angelegte praktische
Leute, die von Fremden nur das annehmen, was für ihre Bequemlichkeit
förderlich ist. Man kann daher in Urambo, drei Monate von der
Küste, reinlichere und besser bekleidete Menschen und schönere
Felder und Dörfer antreffen, als etwa im Wadigoland, drei Stunden
von der Küste. Diese leichte Aneignung neuer Bedürfnisse, verbunden
mit grossem Unternehmungsgeist und bedeutender Arbeitskraft,
lassen die Wanyamwesi als ein für koloniale Zwecke hoch geeignetes
Menschenmaterial erscheinen. Deutschland kann sich beglückwünschen,
ein solches Volk in seinen Schutzgebieten zu besitzen und die
Engländer würden wohl gern ihre vielgepriesenen, intelligenten aber
faulen und fanatischen Waganda hergeben, wenn sie dafür so ruhige,
unermüdliche Arbeiter eintauschen könnten, wie die Wanyamwesi.

Zum Schluss sei es auch hier gestattet, die Völker des
Nyansa-Tanganyika-Gebietes überblickend, einen Schluss auf deren
ursprüngliche =Wanderungen= zu ziehen.

Als Ureinwohner dieser Gebiete erscheinen die Pygmäen-Völker,
Jägerstämme von niedrigem Körperbau, die mit Bogen und Pfeil dem
Wild nachstellten. In Urundi treten sie als Watwa noch heute auf
und bilden die Verbindung mit den gleichnamigen Pygmäen-Stämmen der
Kongowälder. Im Osten sind sie durch die Wanege der Wembere-Steppe
vertreten, während sie in den dicht bewohnten centralen Gebieten
völlig verschwunden sind.

Diese wurden von einem mächtigen Bantustamm mit der Wandertendenz
von Nord nach Süd, den Nyansa- (Zwischenseen-) Völkern, eingenommen,
welche die Ufergebiete des Victoria-Nyansa in West und Ost und den
grössten Theil des heutigen Unyamwesi einnahmen. Auf sie drückten
die Wanyamwesi mit der Wandertendenz von Süd nach Nord, erreichten
den Victoria-Nyansa und theilten die Nyansa-Völker in zwei Gruppen,
die sich von da ab selbstständig entwickelten. Es sind dies die
=östlichen Nyansa-Völker=, bestehend aus den Waschaschi, Wanyairamba
und Wanyaturu, von welchen die Waschaschi sprachlich zweifellos der
Wanyoro-Gruppe angehören, während die Wanyairamba und Wanyaturu
aus ethnographischen Gründen diesen Stämmen beigezählt werden
müssen, und die =westlichen Nyansa-Völker=. Diese bestehen aus den
Völkergruppen, die sich von Unyoro bis Ussambiro und Usinja im Westen
des Victoria-Nyansa ausdehnen.

Unabhängig von den Wanyoro-Völkern und wahrscheinlich den Wanyamwesi
näher als diesen stehend sind die =Warundi-Völker=, welche den
Ostrand der Centralafrikanischen Spalte vom Tanganyika bis zum
Albert-Edward-See, also Uha, Urundi und Ruanda bewohnen.

Erst lange nach Ansiedlung dieser Bantustämme traten die =Hamiten=
als =Watussi= auf, welche, aus den Galla-Ländern kommend, nach
und nach sich über das Nilquellgebiet und bis Unyanyembe und Fipa
ausdehnten. Theils behielten sie ihre ursprüngliche Stellung als
Hirten bei, theils verwandelten sie sich in eine herrschende Klasse,
dabei ihre Sprache und Nationalität einbüssend. Aufs tiefste wurden
die westlichen Nyansa-Stämme sowohl körperlich (durch Blutmischung)
als geistig durch diese Hamiten beeinflusst, während die Wanyamwesi
und Warundi trotz vielfacher Berührung sich reiner erhielten. Von den
Watussi unberührt blieben die östlichen Nyansa-Völker, welche daher
einen reinen, ursprünglicheren Zweig dieser Gruppe repräsentiren,
jedoch durch die spätere Einwanderung der Hamiten mit nilotischer
Sprache (Massai und Wataturu) und das südliche Vordrängen der reinen
Niloten (Wagaya) beeinflusst wurden. Eine sehr junge Einwanderung aus
dem Süden stellen die Wangoni vor, die der =Zulu-Gruppe= angehören.

Wenn wir die =Gesammtheit= der Nilquellvölker überblicken so
finden wir, dass dieselben sprachlich ziemlich einheitlich sind und
durchwegs der Bantugruppe angehören. Für den Linguisten findet sich
hier also kein so reiches Material als im abflusslosen Gebiete,
wenn auch vielleicht das Studium dieser nördlichsten Bantu-Idiome
Ostafrika's geeignet ist auf den Zusammenhang der grossen
Bantu-Gruppe mit den hamitischen Sprachen Licht zu werfen.

Ein wahrhaft klassisches Land ist das Nilquellgebiet, besonders
Urundi und Ruanda, für den Ethnologen. Hier konnte sich, fern von
dem nivellirenden Einfluss der Karawanenstrassen eine primitive
Kultur entwickeln, wie sie gleich unverfälscht nur selten zu treffen
ist. Auffallende Erscheinungen bieten sich hier in reicher Fülle; ich
erwähne nur das Auftreten des Rindenzeuges in einem scharfumgrenzten
Gebiet im Herzen Afrika's, welches westlich an Mattenzeug, östlich
und nördlich an Fellkleidung grenzt. Das Studium der ethnologischen
Thatsachen, welches geeignet ist auf alte, vielleicht sogar
egyptische Kultureinflüsse Licht zu werfen, ist jedoch nicht nur
wichtig sondern auch in hohem Grade dringlich zu nennen. Denn mit
dem Vordringen des Küstenhandels wird das Land mit europäischen
Industrie-Artikeln überschwemmt und die einheimische Kultur, die
auf Jahrhunderte zurückreicht, geht mit einem Schlage verloren. Dem
Pionier freilich, der in raschem Fluge weite Länderstriche durcheilt,
ist es nicht möglich die Fülle der Erscheinungen festzuhalten. Dazu
bietet sich dem Stationsbeamten, dem Missionar, reiche Gelegenheit,
der jahrelang unter einem und demselben Volksstamm lebt. Wie selten
aber wird gerade in Deutsch-Ostafrika diese Gelegenheit ausgenutzt!

[Illustration: Schädel des Watussi-Rindes.]

[Illustration: Tabora.]



X. KAPITEL.

Der wirthschaftliche Werth des Landes.

Der Karawanen-Handel. -- Die Massai-Karawanen. -- Der Tabora-Handel.
-- Die Manyema-Araber. -- Rohprodukte des Landes. -- Anbaufähigkeit
des Gebietes. -- Bevölkerungsdichtigkeit. -- Kulturpflanzen. --
Viehzucht. -- Import. -- Eingeborene und fremde Einwanderung. --
Ostafrikanische Eisenbahnen.


Die Gebiete des tropischen Afrika, welche erst vor wenigen Jahren
aus ihrem Dunkel hervorgetreten sind und begonnen haben, für die
europäischen Nationen eine praktische Bedeutung zu gewinnen, diese
ungeheuren Striche sind ihrem ganzen Wesen nach Zukunftsländer, also
solche, deren Werth nicht nach dem bemessen werden kann, was sie
heute liefern, sondern nach dem, was sie einmal liefern werden.

Dieser unzweifelhafte Satz ist von Freunden und Gegnern der
Kolonial-Politik vielfach unrichtig aufgefasst worden. Während er
den ersteren Veranlassung zu den kühnsten Hoffnungen bot, liess
er letztere alles schwarz sehen. Gegenwärtig jedoch, wo der erste
koloniale Taumel verraucht ist, wo die »Schwärmer« theilweise
abgekühlt sind, die Gegner jedoch durch die Thatsachen langsam
gewonnen werden, gegenwärtig ist es an der Zeit, koloniale Fragen
völlig nüchtern zu erörtern. Der richtige Weg dazu scheint doch immer
der zu sein, erst festzustellen, was die fraglichen Länder heute
liefern und daraus Schlüsse auf die Zukunft zu ziehen.

Wenn wir nun die weiten Gebiete Deutsch-Ostafrika's überblicken,
welche die Massai-Expedition auf ihren Zügen durchstreifte, so finden
wir, dass dieselben seit Jahren nur zwei Produkte geliefert haben:
Elfenbein und Sklaven. Einzig die Gier nach diesen war es, welche
die Araber und Swahíli ins Innere des Kontinentes trieb, einzig
und allein diese beiden Produkte riefen den ganzen Karawanenverkehr
Centralafrika's hervor.

Von den Karawanen, welche Handelszüge ins Innere unternehmen, sind
jene nach den Massai-Ländern und jene auf der Tabora-Strasse ziemlich
wesentlich von einander verschieden.

Die =Massai-Karawanen=, die von Mombas, Wanga, Tanga oder
Pangani, selten von Sadani ausgehen, sind wahrscheinlich älter als
die der Tabora-Route und schlossen sich unmittelbar an den Handel
an, der von Makdischu aus mit dem Binnenlande getrieben wurde. Die
eigentlichen Unternehmer sind Inder, welche an einen oder mehrere
Swahíli Vorschüsse geben, die nach der Rückkehr in Elfenbein
ausgezahlt werden müssen. Araber betheiligen sich fast garnicht
direkt am Massai-Handel, stellen den Karawanen jedoch vielfach
ihre Sklaven als Träger und erhalten dafür einen Antheil von der
Löhnung. Die Karawanen sind selten unter 100, oft bis 500 Mann
stark und bestehen ausschliesslich aus Küstenleuten, die durchweg
mit Vorderladern bewaffnet sind. In Taveta oder Aruscha lösen sich
grosse Karawanen in kleine Abtheilungen von 100 bis 150 Mann, oft
noch weniger, auf, die dann auf verschiedenen Routen ins Massai-Land
vorrücken. Die Linien, welche hauptsächlich begangen werden, sind die
folgenden:

Von Taveta oder Ukambani nach Kikuyu und Njemps am Baringo.

Von Aruscha über Ober-Aruscha nach Nguruman und Njemps.

Haben die Karawanen einen Inlandposten erreicht, so gründen sie meist
ein befestigtes Lager, von dem aus sie Streifzüge nach der fernen
Umgebung machen. Von Unter-Aruscha durchstreift man die Massai-Steppe
bis Kiwaya hin, von Ober-Aruscha dringt man über Mutyek nach Elmarau
und Ngoroïne vor. Von Nguruman werden Vorstösse nach Sonyo und
Ndassekera gemacht und der Naivascha-See ist der Ausgangspunkt für
die Routen über Mau nach Kavirondo und nach den Plateauländern von
Lumbwa, Nandi und Kossowa. Die wichtigste Station bleibt jedoch
Njemps, von der aus Reisen nach Kamassia und Kavirondo, sowie nach
Leikipya und zum Rudolf-See unternommen werden.

Das Elfenbein, sowie die Nahrungsmittel, deren die Karawanen
bedürfen, werden stets von den Eingeborenen =gekauft=,
Gewaltthätigkeiten üben die Massai-Händler niemals aus. Sie sind im
Gegentheil den Eingeborenen gegenüber stets der leidende Theil und
haben unter Erpressungen und Räubereien schwer zu leiden. Ueberhaupt
ist eine Massai-Reise stets ein sehr gewagtes Unternehmen. Wenn auch
von Seiten der Eingeborenen, besonders der Massai, heute kaum mehr
Gefahren vorliegen, so drohen doch Hunger und Wassermangel in den
weiten unbewohnten Strichen und ein Drittel der Leute ist fast immer
dem Untergange geweiht.

Ausser Elfenbein bringen die Karawanen stets auch einige
=Sklaven= nach der Küste, meist Kriegsgefangene der
Eingeborenen, die sie von diesen kaufen oder auch in seltenen Fällen
rauben. Früher wurden fast nur Kavirondo- und Wakamba-Sklaven an
die Küste gebracht, gegenwärtig, wo die Hungersnoth im Massai-Land
wüthet, schliessen sich auch zahlreiche Massai den Karawanen an und
werden an der Küste verkauft. Im Allgemeinen ist der Sklavenhandel
der Massai-Karawanen ein ganz unbedeutender und fast völlig frei von
den Gräueln des Sklavenraubes.

Das Erträgniss dieser Reisen wird mit jedem Jahre geringer.
Im deutschen Massai-Gebiet ist das Elfenbein nahezu erschöpft
und fast alles, was an die Küste gebracht wird, stammt aus der
englischen Interessensphäre. Doch liegen drei wichtige Centren des
Massai-Handels, Ober- und Unter-Aruscha und Nguruman im deutschen
Gebiet, von welchem allerdings nur Unter-Aruscha im Machtbereich der
Kilimanjaro-Station liegt.

Da die Stämme, mit welchen die Karawanen in Verbindung treten
Baumwollzeug wenig schätzen, so besteht die durch sie vermittelte
Einfuhr fast nur in Eisen- und Messingdraht und Glasperlen.
Feuerwaffen und Munition haben sie niemals in irgendwie
nennenswerthen Qualitäten eingeführt, wie denn überhaupt ihr Einfluss
auf das materielle Dasein der Eingeborenen ein ganz unbedeutender
ist. Es liegt dies hauptsächlich darin, dass sie niemals im Innern
=dauernde= Niederlassungen gründen, während solche für die
Händler der Tabora-Route charakteristisch sind. Auf letzterer bewegen
sich auch ständig Handelszüge der Eingeborenen nach der Küste,
während von solchen in den Massai-Gebieten keine Rede ist.

Auch für den =Tabora-Handel=, der in Bagamoyo und Sadani seine
Hafenplätze hat, sind Inder die eigentlichen Unternehmer. Vor Allem
spielt das grosse Sansibar-Haus Tarya Topan eine leitende Rolle,
als deren Agenten die hervorragendsten Araber, wie Tippo-Tip in
Manyema, Saïd bin Omar in Irangi u. A. zu betrachten sind. Die
Karawanenführer, überhaupt die Leiter der Inland-Unternehmungen
sind jedoch fast ausschliesslich Araber. Diese haben von jeher das
Vorgehen befolgt: Inlands-Stationen zu gründen und von diesen aus
ihre kommerzielle Verbindung auf die Umgebung auszudehnen, die dann
zur Gründung neuer Niederlassungen führte. So wurden Usagara und
Irangi, und später auch =Tabora= begründet.

Um das Jahr 1830 drangen die Araber über Usagara hinaus nach
Unyamwesi, begründeten aber erst 10 Jahre später eine Niederlassung
in Kigandu, etwa zwei Tagereisen nördlich vom heutigen Tabora. Etwa
gleichzeitig wurde Msenne bei Urambo begründet, welches lange Jahre
»die Hauptstadt der Küstenaraber und Swahíli« war. Burton, der
Msenne 1858 besuchte, fand dort zahlreiche grosse Temben und Hütten
im Küstenstyl und konnte sämmtliche Tauschwaaren erhalten. Weit
unbedeutender war zu Burtons Zeit =Kazeh=, ein Ort, nach welchem
1852 die Niederlassung in Unyanyembe von Kigandu aus verlegt wurde.
1840 wurde von Msenne aus Ujiji begründet und erst 1846 das heutige
Tabora, das Anfangs unwichtig, später alle anderen Niederlassungen
überflügelte und lange Zeit der Centralpunkt des Handels war.

Diese Stationen sind nicht nur Handelsniederlassungen, sondern
auch Mittelpunkte für die =Elephantenjagd=, das sogenannte
=Makua-Geschäft=. Dieses besteht darin, dass ein Araber
oder Swahíli mit einem oder mehreren Elephantenjägern in ein
Vertragsverhältniss tritt. Die ersten Jäger, welche vom Sultan
Seyid Saïd eingeführt wurden, waren Makua, und dieser Name hat
sich auf ihre Nachfolger übertragen, obwohl sie allen Stämmen des
Küstengebietes und Unyamwesi's angehören. Sie leben in kleinen
Gruppen unter Anführung eines »Fundi« (Meisters), welcher den
Jagdzauber fertigt von dem alles abhängig gemacht wird. Viele kommen
Jahrzehnte lang nicht nach der Küste, manche sind sogar im Innern
aufgewachsen, alle werden durch das Leben in der Wildniss zu rauhen,
trotzigen Gesellen.

Der Unternehmer versieht diese Leute mit Pulver und Gewehren, dann
gehört von jedem erlegten Elephanten ein Zahn den Jägern und einer
dem Kaufmann. Auf ihr Elfenbein erhalten die Jäger jedoch meist zu
wucherischen Bedingungen Vorschüsse in Bedarfsartikeln, Zeug u. s.
w. und kommen aus den Schulden nicht heraus. Dabei wird der Beruf ein
immer mühsamerer, denn die Elephanten ziehen sich begreiflicherweise
immer weiter in unbewohnte Gebiete zurück und schwinden überhaupt
sehr merklich. An Orten wo sie früher zahlreich waren, wie am
Gurui-Berg, sind sie nahezu ausgerottet. Die Jäger aus Usagara und
Irangi durchstreifen jetzt hauptsächlich die östliche Massai-Steppe
und das Umbugwe-Gebiet, jene von Usukuma beuten das Wembere-Gebiet
aus und wagen sich in die Nyansa-Gegenden, ja bis Unyoro vor. Von
Tabora aus gehen Jäger bis in die Wälder Manyema's.

Neben der Elephantenjagd geht der =Elfenbeinhandel=, welcher
die Jagdergebnisse der Eingeborenen erwirbt. Doch machen den
Küstenhändlern darin die Wanyamwesi sehr bedeutende Konkurrenz. Die
Gebiete westlich am Nyansa und bis Unyoro hin sind fast gänzlich
in den Händen der Warambo, jene der östlichen Gebiete werden
neuerdings von den Wasukuma planmässig ausgebeutet. Die Araber sind
am Victoria-See fast ganz aus dem Felde geschlagen, und der einzige,
der neben den Eingeborenen bestehen kann, ist der Irländer Stokes,
der sich eben vollkommen der Wanyamwesi-Methode angepasst hat.

Jene Händler, welche sich mit dem Makuageschäft und mit
Elfenbeinhandel im Gebiet zwischen der Küste und den Seen abgeben,
betreiben nur wenig =Sklavenhandel= und keinen Sklavenraub.
In Despotenstaaten wie Ussui und Karagwe, in Ländern fortwährender
Fehden wie Unyamwesi, bietet sich stets Gelegenheit zum Ankauf von
einzelnen Kriegsgefangenen oder Verurtheilten. Dass ihre Zahl jedoch
eine geringe ist, kann man schon aus der verschwindenden Menge von
Sklaven aus diesem Gebiet schliessen, die man an der Küste findet.
Auf 1000 Sklaven aus Manyema kommt höchstens einer aus Uganda und
Unyamwesi und die Zahl der Manyema-Sklaven ist wieder verschwindend
gegen die Hochfluth von Menschenwaare aus dem südlichen Schutzgebiet,
den Wahiao, Wangindo, Wanyassa u. A., welche die Hauptmasse der
Sklavenbevölkerung in Sansibar und an der Küste bilden. In früherer
Zeit mag der Sklavenhandel zwischen der Küste und den Seen grössere
Ausdehnung gehabt haben. Irgend welche Gewaltthaten waren jedoch kaum
jemals direkt damit verbunden. Stets wird der Sklave =gekauft=,
wenn auch nicht ausgeschlossen ist, dass die Händler die Eingeborenen
zum Abfangen solcher verleiteten.

Ueberhaupt ist mit dem Eingeborenen-Verkehr zwischen Küste und
Seegebiet ganz und gar nichts Gewaltthätiges verbunden. Die Träger
erhalten einen Lohn und bestehen zum allergeringsten Theil aus
unbesoldeten Sklaven. Nahrungsmittel werden gekauft und wenn auch
einzelne Diebereien vorkommen, so ist doch sicher, dass die Karawanen
in diesen Gebieten stets mehr von den Eingeborenen zu leiden hatten,
als umgekehrt. Die Vorwürfe, welche in neuerer Zeit gegen die
Missstände des Verkehrs erhoben wurden, scheinen mir daher, soweit
sie die Eingeborenen-Karawanen betreffen, ziemlich unbegründet. Die
Sicherung der Karawanenstrassen als Adern des Verkehrs wird daher mit
Recht als eine der ersten Aufgaben der Kolonialverwaltung betrachtet.
Damit wird auch der ohnehin unbedeutende Sklavenhandel schwinden.

Gegen die planmässige Ausrottung des Elephanten giebt es allerdings
kein Mittel: denn welche Schutztruppe wäre im Stande den streifenden
Jäger der Steppe zu kontrolliren? Das Einzige was geschehen könnte,
wäre ein Verbot =kleine Zähne=, also solche der jungen Thiere,
in den Handel zu bringen, ein Verbot, das durch Konfiskation solcher
Zähne Nachdruck erhalten könnte. Die gleiche Maassregel wird im
englischen Schutzgebiet geplant und würde den Vernichtungskrieg
wenigstens etwas aufhalten.

Mit der Abnahme des Elfenbeins, mit dem Wachsen der Konkurrenz in
Unyamwesi, wurde naturgemäss der Schwerpunkt des arabischen Handels
von Tabora nach Westen, nach Ujiji, nach Manyema verlegt. Die Leute,
welche jene fernen Gebiete erschlossen, waren fast ausnahmslos
=keine= Maskater, sondern in Ostafrika geborene Araber,
vielfach Mischlinge. Die erste Rolle spielte dort die von Tarya Topan
abhängige Drei-Männer-Firma Tippo-Tip (Kasongo), Rumaliza (Ujiji) und
Bwana Nsige (Stanley Falls).

Zum Unterschied von den Maskatern, die sich ausschliesslich
mit Handel -- sei es auch Sklavenhandel -- abgeben, verüben die
Manyema-Araber nur =Raub=. Der Unterschied ist auf den ersten
Blick kenntlich. Denn in den Gebieten des Tabora-Handels im engeren
Sinne, in Unyamwesi, Ussui, Karagwe und Uganda findet man grosse
Mengen europäischen Baumwollzeuges, Gewehre und andere Produkte
die nur der =Handel= eingeführt haben kann. Am Nordende des
Tanganyika dagegen und am oberen Kongo bei den Stanleyfällen, also
in Gegenden die von den Arabern seit Jahren ausgebeutet werden, fand
ich kaum eine Glasperle, kaum einen Fetzen Zeug, was wohl den besten
Beweis liefert, dass es sich hier nur um =Raubzüge= handelt.

Der Vorgang dabei ist bekannt. In neue Gebiete einfallend rauben die
Banden der Araber Weiber und Kinder und lassen nur jene wieder los
die mit Elfenbein ausgelöst werden. Die anderen sind der Sklaverei
verfallen. Mit kluger Politik weiss man hierauf die Unterworfenen zu
gewinnen und als Bundesgenossen gegen den Nachbarstamm zu verwenden.
Die Banden wachsen immer mehr an, jeder Ackerbau wird unmöglich,
dicht bewohnte Gebiete entvölkern sich und die elenden Ueberreste der
Bevölkerung verkaufen sich selbst und ihre Kinder für eine Mahlzeit
den Sklavenhändlern.

Dieser Zustand war in Manyema und am westlichen Tanganyika der
stehende, auch am Ostufer des Sees wurden Razzias versucht, doch, der
kriegerischen Bevölkerung halber, mit geringem Erfolg. Das Elfenbein
und die Sklaven aus Manyema wurden über Tabora oder dessen Vorort
Kwihara nach der Küste gebracht. So wurde Tabora immer mehr zur
Durchgangsstation. Die Waaren von der Küste, das Elfenbein aus dem
Innern, wurden dort aufgestapelt und die Sklaven bekamen jene Tünche
des Swahílithums, die sie an der Küste unverdächtig machte.

Das Elfenbein, welches heute über Tabora nach Bagamoyo geht, kommt
also zum allergeringsten Theil aus dem deutschen Interessengebiet,
sondern aus dem Kongostaat, aus Manyema, und aus der englischen
Sphäre in Unyoro und den Nachbargebieten. Es kann kein Zweifel
darüber sein, dass diese Quellen in nächster Zeit versiegen müssen.
Mit eiserner Hand hat der Kongostaat, nachdem er Jahre lang eine
abwartende Haltung eingenommen, nun plötzlich die Araberfrage nahezu
gelöst. Durch die glänzendsten Siege, die jemals im tropischen Afrika
erfochten wurden, ist die Macht der Sklavenjäger am oberen Kongo
und bis zum Tanganyika hin gebrochen worden. Bei der erstaunlichen
Thatkraft, welche die kommerziellen Kreise des Kongostaates, sowohl
Holländer als Belgier, entwickeln, ist es kein Zweifel, dass der
kriegerischen sehr bald die kaufmännische Eroberung folgen wird.
Sobald nur die Kongobahn das riesige Wassernetz jener glücklicheren
Gebiete dem Weltverkehr völlig erschliesst, wird man, durch die
Konkurrenz getrieben, bald in Bana Kamba und am oberen Sankuru
dieselben Preise für Elfenbein bezahlen wie in Sansibar und Bagamoyo,
und kein Mensch wird mehr daran denken, sein Elfenbein auf dem langen
Karawanenwege nach der Ostküste zu schleppen.

Noch eine andere Linie ist bestimmt die Tabora-Strasse völlig lahm zu
legen: die Nyassa-Route. Sobald diese herrliche Wasserstrasse erst
erschlossen und die schmale Strecke zwischen Tanganyika und Nyassa
irgendwie zugänglich gemacht ist, wird der Verkehr bis ins Herz
Afrika's dringen können. Länder, welche, wie Urundi und Ruanda, heute
zu dem Ultima Thule des Tabora-Verkehrs gehören, werden direkt mit
dem Handel in Berührung treten.

Wenn wir daher auf den Elfenbeinhandel der nächsten Zukunft einen
Schluss ziehen wollen, so ist vor Allem die Thatsache nicht zu
leugnen, dass das deutsche Interessengebiet heute schon verschwindend
wenig Elfenbein liefert, dessen Menge alljährlich abnehmen wird. Das
Elfenbein aus den englischen Gebieten, sowohl jenen im Massailand
als jenen nordwestlich vom Nyansa werden die Engländer bald an
ihre Hafenplätze abgelenkt haben, jenes aus Manyema fällt der
Kongo- und Nyassa-Route zu. Es wird also in sehr naher Zeit nur
der Karawanenverkehr der Wanyamwesi übrig bleiben, die in ihrem
konservativen Sinne der Ostküste, speziell Bagamoyo, so bald nicht
untreu werden. Doch haben ja auch diese keinen Born aus dem sie ewig
Elfenbein schöpfen können, und wenn heute schon Tabora den Eindruck
des Verfalls in hohem Grade macht, so wird es seine Bedeutung selbst
als Durchgangsposten bald gänzlich verlieren.

Gerade aus dem Grunde, weil die jetzigen Produkte, Elfenbein und
Sklaven, nicht von Dauer und daher wirthschaftlich bedeutungslos
sind, scheint es mir verfehlt, in den gegenwärtigen Karawanenstrassen
die Verkehrslinien der Zukunft zu suchen. Diese dürfen sich nicht
nach den Produkten richten, die =sind=, aber nicht mehr lange
sein werden, sondern nach jenen, die =geschaffen werden sollen=.

Von wild vorkommenden Produkten ist im Allgemeinen nicht viel zu
erwarten. Von Schätzen des Mineralreiches wurde bisher noch nichts
gefunden; die erhofften Salpeterlager im Massailand fehlen und an
ihrer Stelle wurde =Salz= entdeckt. Im ersten Augenblick mochte
man darüber enttäuscht sein, doch scheint mir, dass der Besitz
reicher, vorzüglicher Kochsalzlager auch nicht zu verachten ist. Am
Balangda-See in Mangati, in der Nyarasa-Steppe südlich vom Eyassi-See
und in Uvinsa südlich von Uha trifft man Salz von ausgezeichneter
Qualität, ja nahezu chemisch reines Kochsalz.[26]

  [26] Siehe die chemische Analyse im Anhang.

Ungeheuere Gebiete des tropischen Afrika's, fast der ganze Sudan und
Kongostaat besitzen kein Kochsalz, welches dort zu den werthvollsten
Artikeln gehört und nur mangelhaft durch Bananenasche ersetzt wird.
Uganda und Unyoro führten blutige Kriege um den Besitz einiger
Salzlachen und zu den ersten Handlungen der Engländer in diesen
Gebieten gehört die Beschlagnahme dieser Lachen, die ihnen nicht nur
die kommerzielle, sondern theilweise sogar die politische Herrschaft
dieser Länder sichern.

Dabei ist das Salz vom Albert-Edward-See sehr minderwerthig und hält
keinen Vergleich mit den Salzen Deutsch-Ostafrika's aus. Heute schon
spielen dieselben im lokalen Verkehr die grösste Rolle. Durch die
Wildheit der Massai und Wataturu waren die Salze von Mangati und
Nyarasa nur schwer zugänglich und manche Handelskarawane erlag den
kühnen Räubern der Steppe. Dennoch führt ein breiter, ausgetretener
Pfad von Meatu nach den Salzlagern, und das Nyarasa-Salz ist in ganz
Usukuma und dem östlichen Nyansa-Gebiet verbreitet. Das Mangati-Salz
versorgt hauptsächlich die Gegenden um Irangi. Noch wichtiger ist
das von Uvinsa, das heute schon einerseits nach Tabora, andererseits
nach Manyema exportirt wird und den einzigen Verkehr mit den wilden
Warundi vermittelt.

Eine Beschlagnahme und wenigstens einigermaassen planmässige
Ausbeutung dieser Salzlager wäre heute schon ein keineswegs
aussichtsloses Unternehmen. Wer z. B. eine Wasukuma-Karawane zum
Nyarasa schickt, dort Salz auflesen lässt und dasselbe über den
Nyansa nach der Westküste des Sees oder nach Uganda verfrachtet,
der könnte dabei zweifellos seine Rechnung finden. Dasselbe wäre
bezüglich des Tanganyika mit dem Uvinsa-Salz der Fall.

Neben Salz bildet =Eisen= in Hackenform ein Hauptmittel des
eingeborenen Verkehrs. Centren für dessen Erzeugung sind Usinja und
Irangi, von wo die Hacken über ganz Unyamwesi und Ugogo verbreitet
werden, doch kommt Eisen für den europäischen Handel natürlich nicht
in Betracht.

Von wilden Produkten des Pflanzenreiches ist =Kautschuk= zu
nennen, der zwar weniger reichlich als im Küstengebiet, aber doch
besonders im westlichen Nyansagebiet in ziemlichen Mengen vorkommt.
Das massenhafte Auftreten von Akazien in den Steppen macht das
Vorkommen von =Gummi arabicum= wahrscheinlich und auch sonst
lässt sich von der botanischen Durchforschung des Landes manches
hoffen. =Holz= kommt in den Caesalpinien-Wäldern Unyamwesi's,
sowie in den Urwäldern des Massai-Plateaus reichlich und in guter
Qualität vor, hat jedoch in so entfernten Gebieten als Exportartikel
keine Bedeutung. Die Thierwelt liefert ausser Elephantenhauern auch
Nilpferdzähne und Rhinoceroshörner als unbedeutende Nebenprodukte.
Straussfedern kommen gar nicht in den Handel, obwohl der Vogel im
Massailand häufig genug ist.

Wenn auch die nähere Erforschung noch manches Rohprodukt zu
Tage fördern wird, so wäre es doch verfehlt, darauf zu grosse
Hoffnungen setzen zu wollen. Die Möglichkeit einer Entwickelung
liegt einzig im =Ackerbau=. Im Küstengebiet, besonders in dem
fruchtbaren Usambára, ist Plantagenbau unter europäischer Leitung
das aussichtsvollste Unternehmen. Im Innern jedoch ist vorläufig
an solchen nicht zu denken und es muss der eingeborene Ackerbau an
seine Stelle treten. Dazu braucht man anbaufähiges Land und Menschen,
welche dieses Land bebauen. An beiden ist kein Ueberfluss, aber doch
genügend vorhanden.

Im Hinterlande der Küste bis zum grossen Graben erheben sich die
fruchtbaren Gebiete insular als Gebirge aus den weiten, fast gänzlich
werthlosen Steppen. An die Berglandschaften von Usagara, Unguu,
Usambára und Pare schliesst sich im Nordwesten der Kilimanjaro und
Meru. Spärlicher sind die fruchtbaren Inseln in der Massai-Steppe;
fast nur die nächste Umgebung der Berggruppen des Sogonoi, des
Kissale und anderer sind anbaufähig. Besser ist die Sohle des
Grabens, wo nacktes Wüstenland mit fruchtbaren, wasserreichen
Gebieten wechselt. Zu den schönsten Strichen gehört jedoch das
Massai-Plateau mit Iraku und dem Guruiberg, ein prächtiges,
wasserreiches Hochgebiet mit fettem Boden und üppiger Vegetation,
im Norden völlig brach liegend, im Süden, in Iraku, reich bebaut.
Unyamwesi, dem wirthschaftlich auch die östlichen Nyansa-Gebiete,
die Umgebung von Irangi und das südliche Uha beizurechnen sind,
ist vorherrschend trockenes Land und häufig von Steppen und
Miombo-Wäldern bedeckt. Dennoch ist das Land, wie sich zeigt, überall
anbaufähig und der unermüdliche Eifer der Bewohner weiss diesem
kargen Boden reiche Ernte abzugewinnen. Die Hochländer zwischen
Nyansa und Tanganyika sind vorherrschend fruchtbar und nähern sich,
was Wasserreichthum und Ueppigkeit anbelangt, stellenweise sogar dem
Massai-Plateau. In Ussui giebt es zwar steinige, dürre Striche, doch
sind solche nur vereinzelt, das ganze Gebiet muss als =gutes=
bezeichnet werden.

Die Erforschung des nördlichen Deutsch-Ostafrika hat also im
Allgemeinen günstigere Ergebnisse geliefert, als sich erwarten
liess. Die weiten Steppenstriche, die auf älteren Karten angegeben
waren, schrumpfen immer mehr zusammen und wo wasserlose Wüsten
erwartet wurden, stiess die Forschung auf prächtige Hochländer, die
aussichtsvollsten der Kolonie.

Was die =Bevölkerungsdichtigkeit= anbelangt, so wird es mir
schwer, darüber auch nur annähernde Angaben zu machen. Die Nomaden
entziehen sich nahezu jeder Beobachtung, sehr erschwert wird eine
Untersuchung in Gegenden, wo keine Dörfer, sondern nur verstreute
Siedelungen bestehen, und auch da, wo Dörfer vorhanden sind, war mein
Routennetz ein zu weitmaschiges, um Schlüsse auf das ganze Gebiet
zu gestatten. Ein besseres Material konnte ich 1890 für Usambára und
seine Nachbargebiete gewinnen. Auf dieses gestützt, kann ich diesmal
nur Vermuthungen über die Bewohnerzahl des Inneren aussprechen.

Die Steppengebiete, überhaupt alle jene, die nicht ständig
besiedelt, sondern nur von Nomaden durchstreift werden, sind
natürlich =sehr schwach= bewohnt. Die Zahl von 2 Einwohnern
auf 10 Quadrat-Kilometer, welche ich 1890 für die Steppenstriche des
Küstengebietes erhielt, dürfte auch hier annähernd der Wirklichkeit
entsprechen. Eine direkte, wenn auch nur rohe Schätzung konnte ich in
den besiedelten Ländern des abflusslosen Gebietes ausführen. Dieselbe
basirt auf der Schätzung für Umbugwe, wo ich ca. 300 Temben zählte,
für welche man eine durchschnittliche Bewohnerzahl von 10 rechnen
muss, da manche Temben von mehreren Familien bewohnt sind und bis zu
40 Insassen und darüber haben.

Die Zahlen für die anderen Landschaften wurden nach dem allgemeinen
Eindruck der Tembezahl im Vergleich zu Umbugwe angenommen. Es wären
danach anzusetzen:

     Wambugwe                 3000
     Wassandaui               4000
     Warangi (mit Uassi)      4000
     Wafiomi                  3000
     Mangati                  3000
     Iraku                    5000
     Wanyaturu                4000
                            ------
                             26000

Für die sesshaften Bewohner der abflusslosen Gebiete (mit Ausnahme
der Wagogo) wäre also eine Zahl von 26000, allerhöchstens (mit den
Wanyairamba) 30000 anzusetzen! Eine Nebenstrasse in Berlin, eine
einzige Kaserne enthält also mehr Menschen, als ganze Stämme, die,
wie die Wambugwe, eigene Sprache und Sitten besitzen. Und doch könnte
das abflusslose Gebiet leicht die hundert und tausendfache Zahl von
Menschen ernähren!

Die Gebiete östlich vom Nyansa sind im Allgemeinen schwach besiedelt.
Am Ufer des Sees wechseln unbewohnte mit stark bewohnten Strichen;
noch sporadischer, noch insularer ist die Besiedelung im Inland, in
den Waschaschi-Gebieten. 4 Menschen auf den Quadrat-Kilometer dürfte
hier etwa das richtige Verhältniss sein.

Das am dichtesten bewohnte Gebiet, welches ich auf dieser Reise
kennen gelernt, ist Usukuma, besonders die Landschaften Ntussu, Usmau
und Mwansa, doch schieben sich auch hier Steppenstreifen zwischen die
bewohnten Gebiete und mehr als 7 Menschen auf den Quadrat-Kilometer
dürften nicht anzusetzen sein. In Süd-Unyamwesi liegen ansehnliche
Ortschaften in grossen unbewohnten Strichen sporadisch verstreut,
während sich in Usukuma kleine Ortschaften dicht an einander drängen.
Dennoch macht Süd-Unyamwesi einen schwach bewohnten Eindruck und
mehr als 6 Menschen auf den Quadrat-Kilometer sind hier wohl nicht
anzunehmen. Relativ schwach bewohnt sind Usinja, Ussui und Uha.
4 Bewohner auf den Quadrat-Kilometer dürfte hier die allerhöchste
Ziffer sein. Ziemlich schwer wird es mir bezüglich Urundi und Ruanda,
selbst annäherungsweise Zahlen zu sagen; denn die Volksmassen, welche
mich fortwährend umgaben, konnten leicht den Eindruck einer dichten
Bewohnerschaft hervorrufen, welche den Thatsachen nicht entspricht.
Da es jedoch dort fast gar keine unbewohnten Gebiete giebt und die
kleinen Siedelungen mit geringer Hüttenzahl recht dicht verstreut
sind, so glaube ich, dass 7 Menschen auf den Quadrat-Kilometer nicht
zu hoch gegriffen ist.

Wenn man das ganze Gebiet überblickt, so kann kein anderes Urtheil
gefällt werden, als dass dasselbe nur =dünn= bevölkert ist.
Sporadisch und mehr oder weniger dicht gesäet sind besiedelte Striche
auf weite, unbewohnte Gebiete vertheilt, nur in wenigen Gegenden
trifft man grössere bebaute Landschaften.

Was die nomadischen Hirten und Jäger anbelangt, so haben dieselben
wirthschaftlich natürlich keine Zukunft. Denn mit dem Fortschritt
der Kultur ist nomadische Lebensweise unvereinbar, diese Völker
müssen auf irgend eine Art verschwinden, sei es, dass sie unter den
Ackerbauern aufgehen, sei es, dass der stärker werdende Kampf ums
Dasein sie gänzlich verdrängt.

Die sesshaften Stämme ernähren sich sämmtlich von Ackerbau, der
mit der Hacke betrieben und von Viehzucht gänzlich unabhängig ist,
die nebenbei auch gepflegt wird. Im abflusslosen Gebiet und in
Unyamwesi spielt Sorghum die erste Rolle, bei den Waschaschi Eleusine
und Penicillaria, in Usinja Maniok, in Ussui Sorghum, in Urundi
vorherrschend Bananen und Hülsenfrüchte. Selbstverständlich wird
nur soviel angebaut, als zum Leben nothwendig ist, da irgend welcher
Export an Nahrungsmitteln nicht stattfindet. Fast bei allen Stämmen
wird der Ackerbau mit grosser Sorgfalt betrieben, die Felder sind
meist gut gehalten. Die besten Ackerbauer sind die Wanyamwesi, die
mit grosser Vorliebe und ungemein rasch fremde Kulturpflanzen, wie
Reis und Baumwolle, annehmen und bauen.

Dennoch schliesst diese Art der Kultur häufige Hungersnoth nicht
aus. Bei einer Missernte sind die Vorräthe, so bedeutend sie auch
oft sind, nicht genügend, um bis zur nächsten Ernte vorzuhalten
und die Isolirung der einzelnen Landschaften, der Mangel jeglicher
Verkehrsmittel lassen selbst eine rein lokale Missernte zur
Katastrophe werden, der Hunderte erliegen. Diese periodisch
auftretende Hungersnoth, verbunden mit Stammesfehden, welche jene
Gebiete fast unaufhörlich zerfleischen und Pockenepidemien, die oft
furchtbare Verheerungen anrichten, decimiren die Bevölkerung oder
lassen doch eine Vermehrung derselben nicht zu. Es liegt auf der
Hand, dass die Verbesserung der Verkehrsmittel, die Erhöhung der
Sicherheit des Lebens und Eigenthums, die Kultur mit einem Worte,
geeignet ist den materiellen Zustand dieser Stämme und damit auch die
Bevölkerungszahl zu heben.

Wenn wir die =Kulturpflanzen= der Eingeborenen auf ihre
Entwickelungsfähigkeit für den Export betrachten, so sind die
Hirsearten (Sorghum, Eleusine, Penicillaria) wohl nicht oder doch
erst in zweiter Linie zum Export aus so fernen Gebieten geeignet.
Dasselbe gilt von den Knollengewächsen, Maniok, süssen Kartoffeln
und von Bananen, die sämmtlich an erster Stelle als Nahrungspflanzen
stehen. Aussichtsvoll sind jedoch manche jener Produkte, die heute
nur nebenher gebaut werden.

=Weizen= wird in Unyanyembe und Irangi durch Araber und
Wanyamwesi gebaut. Obwohl diese Gegenden keineswegs besonders
fruchtbar sind, liefert er doch bei fleissiger Berieselung gutes
Erträgniss. Noch besser würde er in Hochgebieten gedeihen. Da durch
die Erfahrung bewiesen ist, dass Weizen selbst in trockenen Gebieten
Ostafrika's gedeiht, so scheint mir eine Förderung seiner Kultur vor
Allem wünschenswerth.

=Reis= wird in Usukuma, Unyanyembe und Urambo von Eingeborenen
gebaut und wurde ursprünglich von Arabern importirt. Da die
betreffende Varietät auch im Trockenen gedeiht, so steht einem
Anwachsen dieser Kultur kein Hinderniss entgegen.

=Baumwolle= pflanzt man in Usukuma zur Herstellung des ungemein
festen, einheimischen Baumwollzeuges. In Gegenden, wo das europäische
Zeug eingeführt wird, schwindet diese Kultur, die hauptsächlich für
die Tieflandsgebiete bestimmt erscheint.

=Oelfrüchte=, Sesam und Arachis pflanzt man in vielen Gegenden,
letztere besonders massenhaft in Schaschi und es liesse sich
bei geeigneten Transportmitteln schon jetzt ein namhafter Export
erzielen. =Palm-Oel= produziren die Tanganyika-Ufer in grossen
Mengen und versorgen selbst Tabora mit solchem.

=Kaffee= wird, soweit mir bekannt, in Deutsch Ost-Afrika
nirgends, wohl aber in Uganda gebaut und liefert dort eine
grossbohnige, dem Liberia-Kaffee ähnliche Sorte von mittelmässiger
Qualität. Dieselbe könnte eben so gut in deutschem Gebiete gepflanzt
werden.

=Tabak= wird fast überall in reichlichen Mengen, allerdings
minderer Qualität gebaut und könnte heute schon einen Exportartikel
liefern.

=Produkte der Viehzucht= spielen im Karawanenverkehr
eine gewisse Rolle. Zeburinder, Ziegen und Schafe werden als
Schlachtvieh an die Küste getrieben und dort meist mit sehr grossem
Gewinn verkauft. Esel der guten Massai- und der schlechteren
Wanyamwesi-Varietät gelangen auch oft an die Küste, wo sie sehr
schwankende Preise von 5-40 Rps. erzielen. Die Seuche, welche in den
letzten Jahren in Ost-Afrika wüthete, hat einen grossen Theil der
Rinder hinweggerafft und nur langsam erholen sich die Viehzüchter
von derselben. Rationelle Zucht, eventuell Veredelung durch fremde
Rassen, kann viel zur Hebung der Viehzucht beitragen, auch muss auf
die Ausbildung der Rinder zu Zugthieren Bedacht genommen werden, da
die höhere Entwickelung des Ackerbaues solche unbedingt erfordern
wird.

Die Esel sind heute schon ein nicht zu unterschätzendes
Transportmittel und sowohl als Lastthiere, wie zum Karrenzug
verwendbar. Veredelungen mit den im Innern vorzüglich gedeihenden
Maskat-Eseln würden jedenfalls gute Resultate erzielen. --

Fast sämmtliche oben genannte Kulturpflanzen sind =nicht=
afrikanischer Abkunft, sondern erst seit relativ kurzer Zeit
eingeführt. Grade dieser Umstand beweist, dass man von den Afrikanern
erwarten und hoffen kann sie zur weiteren Ausdehnung dieser Kulturen
wie zur Annahme neuer Nutzpflanzen bereit zu finden.

Manche Stämme, vor Allem die Wanyamwesi, haben sich Bedürfnisse,
hauptsächlich an Baumwollzeug, angeeignet, zu deren Befriedigung
sie sich grosser Mühe unterziehen. Als Träger wandern sie nach der
Küste, leisten dort oft Dienste als Arbeiter und kehren dann mit den
europäischen Industrieerzeugnissen ins Innere zurück.

Mit dem Schwinden des Elfenbeins, mit der Eröffnung der Kongo- und
Nyassaroute wird der grosse Karawanenverkehr und damit auch diese
Einnahmequelle aufhören. Zwar werden die Leute an der Küste stets
Arbeit finden, aber es scheint doch sicher, dass sie auch bereit
sein werden, durch Anbau werthvoller Kulturpflanzen ihre Bedürfnisse
zu decken, falls durch Verkehrsmittel die Märkte zu solchen
geschaffen werden. Auch jene Stämme, welche gegenwärtig abseits der
Handelsstrassen ein primitives Dasein führen, unter welchen sich
jedoch hochbegabte und kräftige Völker, wie die Wambugwe und vor
Allem die Warundi, befinden, werden sich Bedürfnisse aneignen und mit
der Aussenwelt in Beziehung treten, sobald moderne Verkehrsmittel bis
ins Innere führen.

Der =Import= nach diesen Gegenden besteht vor Allem in
bedeutenden Mengen Baumwollzeug. Dieses wird wohl stets die erste
Rolle spielen und gewinnt täglich an Verbreitung. Im südlichen
Unyamwesi und Ost-Ussui hat es Fell- und Rindenkleidung fast
vollkommen ersetzt, in Usukuma nimmt es ungeheuer zu. Nur im
abflusslosen Gebiet ist fast ausschliesslich Lederkleidung üblich,
während Urundi nur Rindenzeug kennt. Wie rasch jedoch Baumwollzeug
solche nationalen Bekleidungsmittel verdrängen kann, zeigt das
Beispiel in Umbugwe. Im März 1892, bis zu welchem Zeitpunkt das
Land gänzlich unzugänglich war, sah ich dort ausschliesslich
Lederkleidung. Als durch die Kämpfe der Expedition das Land
erschlossen wurde, verbreitete sich Baumwollzeug mit unglaublicher
Schnelligkeit und im Januar 1893 fand ich die meisten Eingeborenen
damit bekleidet, während im März 1892 kaum ein Fetzen im ganzen
Lande aufzutreiben war. Was die Qualität dieser Stoffe anbelangt,
so verlieren die =schlechten= immer mehr an Beliebtheit.
Die Erfolge des Irländers Stokes gegenüber seinen indischen
und arabischen Konkurrenten liegen hauptsächlich darin, dass
er =gute= und =billige= Stoffe verkauft, welche die
Eingeborenen den schlechten vorziehen, auch wenn diese noch billiger
sind.

Neben Baumwollstoffen könnte noch die Waffen- und Munitionseinfuhr
genannt werden, die stets in bedeutenden Mengen stattfand. Dieselbe
steht jedoch in so innigem Zusammenhange mit dem Sklavenhandel
und könnte eine so bedrohliche Macht im Rücken des Küstengebietes
schaffen, dass ihre strenge Unterdrückung bekanntlich zu den
wichtigsten, durch internationale Verträge verbürgten Aufgaben
der deutschen Kolonialverwaltung gehört. Es kommen also nur
mehr Nebenartikel, wie Glasperlen, Metalldraht, Produkte der
Eisenindustrie u. s. w. in Betracht.

Dass diese Länder eine kolossale Konsumtionsfähigkeit besitzen ist
zweifellos. Um jedoch die Völker zu Konsumenten zu machen, bedarf es
vor allem der Hebung der eingeborenen Produktion durch Herstellung
geordneter Zustände und durch Schaffen von Verkehrsmitteln,
welche den kostspieligen, für minderwerthige Produkte ungeeigneten
Trägertransport vortheilhaft ersetzen.

Was die unbewohnten Gebiete anbelangt, so scheint mir deren
allmähliche Besiedelung in hohem Grade wünschenswerth. Dieselbe
muss durch eingeborene Einwanderung begonnen werden, welcher dann
vielleicht eine fremde Einwanderung folgen kann.

Bei der =eingeborenen Einwanderung= denke ich vor Allem an
die Wanyamwesi, die heute schon mit Vorliebe Kolonien in anderen
Gegenden gründen. Ihre Arbeitskraft, Zähigkeit und Intelligenz
macht sie zu Kulturträgern ersten Ranges, wie man in Unyanganyi
und Ussandaui sehen kann, wo Wanyamwesi-Ansiedler die wilden
Eingeborenen vollkommen gebändigt und das Land dem Handel
erschlossen haben. Die Förderung und systematische Anlegung
solcher Kolonien gerade im abflusslosen Gebiet scheint mir von
hervorragender Wichtigkeit. Jede solche Niederlassung vertritt,
wenn sie unter gehöriger Aufsicht steht, eine Station mit einem
Europäer; ohne Schutztruppe, ohne Weissen kann man hier dasselbe
Ziel, die Sicherung der Strassen, die allmähliche Heranbildung der
Eingeborenen, erreichen. Menschenmaterial findet man in Unyamwesi
genug, denn der Unternehmungsgeist dieses merkwürdigen Volkes treibt
Angehörige desselben immer wieder in die Ferne. Solche Kolonien
unter primitiven Völkern, wie Wafiomi, Wanyairamba, Wanyaturu u. s.
w. wären ein äusserst nützliches Ferment. Wo sie heute bestehen,
sieht man deutlich, wie die Eingeborenen mehr und mehr ihre
ursprünglichen Sitten verlassen und sich dem Wanyamwesi-Typus nähern,
eine Umwandlung, welche der Ethnograph vielleicht beweint, der
Kolonialpolitiker aber nur mit Freuden begrüssen kann.

Dass ähnliche Niederlassungen unter europäischer Aegide möglich
sind, zeigt meine Begründung einer Wanyamwesi-Kolonie in Umbugwe
unter Mwanangwa Swetu. Dieselbe erblühte unglaublich rasch und war
für meine Nachfolger Kompagnieführer Langheld und Herrn Wolf ein
Stützpunkt von hohem Werth, erfüllt also genau denselben Zweck als
eine Station mit einem Europäer, nur dass die Kosten monatlich nicht
mehr als 5 Rps. betragen! Solche Ansiedler, die ihre Existenz an ein
Land knüpfen haben eben ein direktes Interesse mit den Eingeborenen
einen modus vivendi zu finden und verstehen es rasch zu Einfluss zu
gelangen. Anderseits ist ihnen das Wohlwollen und die Unterstützung
der Europäer von so hohem Werth, dass sie sich sorgfältig hüten
es mit diesen zu verderben. Natürlich muss ihre Autorität den
Eingeborenen gegenüber eine gewisse Stütze erhalten; diese liesse
sich jedoch von einer europäischen Station aus leicht gewähren, die
gleichzeitig die Ueberwachung dieser Wanyamwesi-Kolonien zu leiten
hätte.

Wenn schon im besiedelten Theil des abflusslosen Gebietes solche
Wanyamwesi-Niederlassungen den höchsten Werth hätten, so wäre
dies noch mehr im Massai-Land, hauptsächlich in Mutyek und bis
Serengeti hin der Fall. Dass es möglich wäre Leute zu finden, die
sich in den genannten Gegenden sowie in den Massai-Steppen, am Donyo
Kissale u. s. w. niederlassen und dadurch diese Gebiete zugänglich
machen, scheint mir völlig zweifellos. Von den Massai ist, wie ich
ausdrücklich betone, weder bezüglich solcher Ansiedelungen noch
überhaupt das Geringste zu fürchten. Ihre Hauptmacht ist gebrochen,
auch sind sie, wie sich in der englischen Interessensphäre täglich
zeigt keineswegs so schroff ablehnend wie stets angenommen wurde.

Eine wenn auch noch so sporadische Besiedelung durch eingeborene
Ackerbauer muss vorangehen, bevor an die Einleitung einer fremden
=europäischen Einwanderung= gedacht werden kann. Wenn es
überhaupt Gebiete im tropischen Afrika giebt, die für solche
Ansiedelung geeignet sind, so sind es die deutschen Massai-Gebiete
von Iraku bis Mau, wo Höhenklima sich mit Wasserreichthum
paart. Allerdings wäre es verfehlt, direkt einen diesbezüglichen
Versuch einzuleiten. Zu einem solchen eignen sich die küstennahen
Hochweide-Gebiete Usambára's und Pare's, vielleicht auch des
Kilimanjaro am meisten. Da die für Europäer geeigneten Striche dieser
Landschaften immerhin nur kleine sind, so muss jedoch schon von
vornherein an die Möglichkeit einer Besiedelung der Massai-Gebiete
gedacht werden, die vor Allem durch Anlage von Wanyamwesi-Kolonien
eingeleitet werden könnte.

Denn nur in den Hochgebieten, die eben in geschlossenen Massen im
Massailand vorhanden sind, kann an die Möglichkeit europäischer
Ansiedelungen gedacht werden. Die =Tiefländer= unter 1200 m
Seehöhe sind nirgends malariafrei und gestatten daher Europäern eine
dauernde Niederlassung nicht. Ob für diese weiten, spärlich bewohnten
Striche vielleicht eine andere fremde, etwa chinesische oder indische
Einwanderung in Betracht käme, mag dahingestellt bleiben: Raum genug
für eine solche wäre jedenfalls vorhanden.

Wie immer man jedoch die wirthschaftliche Zukunft des Innern
Ostafrika's betrachtet, stets stösst man auf die Schwierigkeit der
=Transportmittel=, deren heutige Form jede Entwickelung hemmt.
Durch Trägerkarawanen lässt sich eben nur Elfenbein, vielleicht auch
Vieh und Esel mit grosser Schwierigkeit nach der Küste schaffen.
Alle anderen Produkte, vor allem jene des Ackerbaus, die doch die
eigentliche Zukunft des Landes bilden, sind auf diesem Wege nicht zu
befördern, da sie die Kosten solchen Transportes nicht lohnen.

Wenn es sich nun darum handelt Linien zu finden, welche durch Anlage
einer =Strasse= oder =Eisenbahn= die Kolonie erschliessen
sollen, so müssen dabei in erster Linie wirthschaftliche, in zweiter
Terrain-Gründe maassgebend sein. Es muss ferner bedacht werden
die »zweite Küste« Ostafrika's, die der grossen Seen möglichst
auszunutzen.

Eine Linie, welche, sei es nun von Tanga oder von Bagamoyo oder
Dar-es-Salaam aus nach Tabora führt, müsste nach dem obengenannten
Gesichtspunkte als gänzlich verfehlt betrachtet werden. Denn bei
diesem Projekt herrscht offenbar die irrige Voraussetzung, dass
Tabora, das lange Zeit das Emporium des Elfenbein- und Sklavenhandels
=war= aber schon heute nicht mehr =ist= auch in Zukunft
eine Rolle spielen werde. Dies ist jedoch, wie oben ausgeführt,
vollkommen ausgeschlossen. Ebenso wie Msenne, welches 1858 der
Centralpunkt des Inlandhandels war, völlig verschwunden ist, so wird
in einem Jahrzehnt auch von Tabora nicht viel übrig bleiben.

Eine Bahn von Tanga nach Tabora hätte allerdings keine wesentlichen
Terrainschwierigkeiten zu überwinden. Sie würde bei Korogwe den Ruvu
überschreiten und bei Mgera fruchtbares Gebiet verlassen. Durch den
ödesten Theil der Massai-Steppe würde sie nach Irangi führen und
die fruchtbaren Hochgebiete weitab im Norden liegen lassen. Etwa
bei Unyanganyi müsste sie das Plateau ersteigen, welches in Turu
besonders unfruchtbar ist, hierauf die Wembere-Steppe durchqueren
und käme erst in unmittelbarer Nähe Taboras in halbwegs fruchtbares
Gebiet.

Nicht viel besser ist die Linie Bagamoyo--Tabora, die überdies
Anfangs ziemlich grosse Terrainschwierigkeiten bietet. Sie
verlässt in Usagara fruchtbares Gebiet und führt durch wasserarme,
dürre Strecken von Ugogo nach Tabora. -- Die ganze Linie, vom
Küstengebiet, also von Mgera einerseits und Usagara andererseits wäre
wirthschaftlich völlig unproduktiv und müsste erst durch Seitenlinien
ergänzt werden. Dasselbe wäre auch in Tabora der Fall, man müsste
einerseits zum Victoria-See, andererseits zum Tanganyika Linien
errichten, wenn das ganze Unternehmen überhaupt einen Zweck haben
soll. Wenn es sich also, wie auch von den Vertretern der Tabora-Linie
allgemein anerkannt wird, vor Allem um die Erreichung der Seen
handelt, so ist kein Grund einzusehen, warum dieser Zweck nicht in
gerader Richtung angestrebt werden soll.

Eine Bahn, die von Tanga zum Speke-Golf führt, würde sich der
Luftlinie am meisten nähern. Im Anschluss an die Korogwe-Bahn
würde sie, dem Thal des Ruvu oder Mkomasi folgend, an den Fuss des
Kilimanjaro gelangen. Der weitere Weg wäre nach Ober-Aruscha, um das
Südende des Simangori-Berges zum Nordende des Manyara-See, dann auf
die Höhe des Plateaus, durch Mutyek und am Nordende des Eyassi vorbei
nach Serengeti und Ntussu zum Nyansa, der etwa bei Nassa erreicht
würde.

Die Terrainschwierigkeiten dieser Linie wären nicht bedeutende,
jedenfalls ohne Vergleich geringer, als die der englischen
Mombas--Victoria-See-Bahn.

Bis zum Kilimanjaro durchschneidet die Bahn Ebenen und hat keinerlei
nennenswerthe Hindernisse zu überwinden. Aus rein wirthschaftlichen
Gründen wäre die etwas schwierigere Mkomasi-Route jener durch das
Ruvu-Thal vorzuziehen. -- Zwischen dem Kilimanjaro und Ober-Aruscha
dehnen sich ebenfalls Ebenen aus, in welchen die Ueberbrückung
einiger Gewässer nothwendig wären. -- Zwischen Ober-Aruscha und dem
Manyara-See führt die Linie fast völlig eben. Die Bäche, welche in
den See münden, würden wieder einige unbedeutende Brücken erfordern,
hierauf wäre die grösste Schwierigkeit, die Ersteigung des Plateaus
zu überwinden. Der Abfall ist aber am Nordende des Manyara nur ca.
100 m hoch, also weit niedriger und sanfter als an irgend einer
anderen Stelle. Am Plateau von Mutyek, etwa bis zur Höhe des Eyassi,
dürften noch einige nicht namhafte Schwierigkeiten zu bewältigen
sein. Dann tritt die Linie wieder in Ebenen und durchschneidet
diese ununterbrochen bis zum Victoria-See. Bei einer Länge von ca.
800 km hätte die deutsche Victoria-See-Bahn also ungleich geringere
Terrainhindernisse zu überwinden als die 1060 km lange englische.

Wirthschaftlich könnten durch eine solche Bahn die folgenden
Ziele erreicht werden: die fruchtbaren Gebiete des nördlichen
Usambáras und Pares würden direkt an die Küste angeschlossen. Der
Kilimanjaro, der nach Aussage aller Beobachter zu den besten Gebieten
Ostafrika's gehört und auch militärisch von hoher Wichtigkeit ist,
wäre zugänglich gemacht. Im weiteren Verlauf berührt die Linie den
Meru, der kaum weniger günstig beschaffen ist als der Kilimanjaro,
durchschneidet die Massai-Steppe in ihrem weniger unfruchtbaren,
schmalen Nordabschnitt und erreicht den Manyara, in dessen nächster
Nähe sich die bewohnten Ackerbaudistrikte Umbugwe und Iraku befinden.
Sie durchzieht hierauf das Mutyek-Plateau, welches, heute unbewohnt,
doch zu den fruchtbarsten Gebieten gehört und besonders in Bezug
auf europäische Einwanderung in Betracht kommt. Am Nordende des
Eyassi-See berührt die Linie die reichen Kochsalzlager dieser
Distrikte, führt hierauf durch Serengeti, das hauptsächlich als
Weideland in Betracht käme und betritt Usukuma, eines der dichtest
bewohnten und bebauten Gebiete des Innern, das bezüglich Ackerbau
sehr entwicklungsfähig ist.

Im Anschluss an die Bahn müsste natürlich ein Dampfer auf dem
Victoria-See laufen. Selbst für Dampfer bis zu 6 m Tiefgang ist der
See bequem fahrbar, doch müsste Feuerungsmaterial, sei es von Kohlen
oder Petroleum, mit der Bahn heraufgeschafft werden. Dieser Dampfer,
sowie einige Segelschiffe müssten den Verkehr auf dem See herstellen
und vor Allem dessen Küsten mit =Salz= versorgen.

Von Seiten feindlicher Völkerschaften wäre auf dieser Linie so gut
wie nichts zu befürchten. Einzig die Bewohner von Ober-Aruscha sind
entschiedene Gegner, doch steht deren endgiltige Niederwerfung in
hoffentlich naher Aussicht.

Im weiteren Verlauf der Route, besonders im Massai-Land, sind
Hindernisse von Seiten der Eingeborenen ganz und gar nicht zu
fürchten. Die Engländer, deren projektirte Bahn doch ebenfalls
das Massai-Land durchquert, veranschlagen für dieselbe eine
Schutztruppe von 400 Swahíli-Askari, hauptsächlich zur Bewachung
der Telegraphendrähte. Nach meiner Ansicht wäre diese Zahl für
die deutsche Linie noch zu hoch gegriffen. -- Jedenfalls müsste
jedoch einem Bahnunternehmen die wenigstens theilweise Besiedelung
der Massai-Länder durch Wanyamwesi-Kolonien vorangehen, da die
Verpflegung der Arbeiter während des Baues sonst schwierig würde. Die
Anlage solcher könnte in 1-2 Jahren in genügender Zahl erfolgt sein
und mit den Trassirungsarbeiten für die Bahn Hand in Hand gehen.

 [Illustration:
 Schematisches Profil der Victoria See-Bahn.
 1:4,000,000.

 Baumann, Massai, pag. 255.
 ]

Die Engländer nehmen für ihre Bahn die Benutzung indischer Kulis als
Arbeiter in Aussicht, da die englische Interessensphäre keinerlei
Völker beherbergt, die gegenwärtig schon zu intensiver Thätigkeit
geneigt wären. -- Darin ist man deutscherseits in glücklicherer Lage;
die Wanyamwesi stehen hier zur Verfügung. Tausende von Arbeitern sind
jederzeit in Usukuma und in den südlichen Strichen Unyamwesi's zu
haben. Nur für Arbeiten, welche besonderes Geschick erfordern, wären
Leute von der Küste oder von auswärts nöthig.

Die Verpflegung von Trassirungs-Kolonnen, sowie die der Arbeiter
während des Baues hätte keinerlei unüberwindliche Schwierigkeiten.
Bis Ober-Aruscha liefern die umliegenden Landschaften genügende
Nahrung. Ein Proviantdepot am Nordende des Manyara, wo auch eine
Wanyamwesi-Niederlassung zu gründen wäre, liesse sich leicht von
Umbugwe aus versorgen. Zwischen Manyara-See und Ntussu ist allerdings
gegenwärtig kein Proviant zu erhalten und es müsste die Verbindung
durch Begründung von Wanyamwesi-Niederlassungen vermittelt werden.
Uebrigens ist die genannte Strecke kaum so lang wie die von Kikuyu
nach Kavirondo der englischen Bahntrasse, die ebenfalls absolut
keine Nahrungsquellen bietet. Transporte auf dieser Route könnten von
Anfang an vorzugsweise mit Eseln ausgeführt werden, die sich, wie ich
aus Erfahrung weiss, sehr gut dazu eignen.

Ausser der genannten Linie könnte für eine Victoriasee-Bahn noch
die Route Tanga--Korogwe--Mgera--Irangi--Umbugwe--Meatu--Speke-Golf
in Betracht kommen. Dieselbe ist zweifellos kürzer und bequemer als
die alte Ugogo-Route und daher einer =vorläufigen= Entwickelung
als Karawanenstrasse wohl werth. Doch bietet sie ungleich mehr
Terrainschwierigkeiten und durchschneidet vielfach wirthschaftlich
aussichtslose Gebiete, sodass eine Bahn hier keine Vortheile
hätte. Da Umbugwe und die Nachbarländer viele Esel besitzen und
in Mgera einerseits, in Usukuma andererseits, leicht Träger zu
bekommen sind, so hat diese Route für gegenwärtige Verhältnisse,
sowie als Zufuhrlinie bei Bahnarbeiten grossen Werth und könnte
durch rohe Klärung event. auch für Eselkarren befahrbar gemacht
werden. -- Durch Wanyamwesi-Kolonien nahe den Routen Mgera-Irangi
und Mbulu-Meatu liessen sich die grossen nahrungslosen Strecken
dieser Linie verkürzen. Hier sowohl wie im Massai-Lande mag es
schwierig erscheinen, Niederlassungen in unbewohnten Gebieten zu
errichten. Wie ich jedoch die Verhältnisse kennen gelernt, ist mir
nicht zweifelhaft, dass man das nöthige Menschenmaterial dazu findet
und dass in wenigen Jahren =nahezu ohne Kosten=, die weiten
unbewohnten Gebiete wenigstens sporadisch besiedelt sein könnten.

Was das Bahnunternehmen anbelangt, so erscheint es auf den ersten
Blick gewagt, dasselbe auf eine Linie zu lenken, die heute fast
völlig unproduktiv ist. Aber es kann nicht genug betont werden, dass
jedes Projekt, welches auf den =heutigen= Handelsverkehr basirt
ist, von gänzlich verfehlter Anschauung ausgeht. Denn Elfenbein
wird niemals eine Bahn bezahlt machen, das können nur Produkte des
Ackerbaues.

Dass eine Bahn ein Kulturfaktor ersten Ranges und geeignet ist,
einen ungeahnten Aufschwung zu veranlassen, ist durch zahllose
Beispiele in europäischen und überseeischen Ländern bewiesen. Nicht
nur der gesammte Handel wird sich sofort an der Bahnlinie und ihren
Ausgangspunkten koncentriren, sondern auch jeder unerlaubte Verkehr,
vor Allem der Sklavenhandel wird aufhören oder bei der kolossalen
Abnahme jedes Karawanen-Verkehrs leichter zu verhindern sein.

Die Engländer, die doch in kolonialen Dingen gewiss keine
Phantasten, keine »Schwärmer« sind, gehen mit Ernst an den Bau der
Victoriasee-Bahn. Der einzige wenn auch nur scheinbar stichhaltige
Einwand gegen eine deutsche Bahn wäre der, dass =zwei= Bahnen
zum Victoria-See des Guten etwas viel seien. Die Vortheile der
Route Kilimanjaro--Speke-Golf gegenüber jener Kikuyu--Kavirondo sind
jedoch in die Augen springend. Vor Allem ist es die =nächste=
Linie -- käme doch eine Bahn Mombas--Kilimanjaro--Speke-Golf der
Luftlinie nahezu gleich --, ferner sind die Terrainschwierigkeiten
ungleich geringer und Arbeitskräfte weit leichter zu beschaffen.
Die Kosten einer solchen Bahn wären also weit geringer und der
erreichte Hauptzweck, die Verbindung des Victoria-Sees und Uganda's
mit der Küste wäre derselbe. Es scheint also nicht abzusehen, warum
eine =Vereinigung der beiden Bahnprojekte=, des deutschen und
englischen, nicht denkbar wäre.

Wenn man die Victoriasee-Bahn auf die Möglichkeit einer weiteren
Verlängerung betrachtet, so findet man, dass die Mlagarassi-Zuflüsse
in nächster Nähe des Victoria-Sees entspringen, also zweifellos
eine Bahnlinie zum Tanganyika, etwa von Bukome nach Ujiji, ohne
besondere Schwierigkeiten ermöglichen würden. Doch gehört eine
solche zweifellos der späteren Zukunft an, vorläufig ist der
Tanganyika unbedingt abhängig von der =Nyassa-Route=. Kein wie
immer geartetes Bahnprojekt kann mit dieser konkurriren. Sich zur
Nyassa-Route einen Zugang zu sichern, die weiten, vielversprechenden
Gebiete im Süden des Schutzgebietes, die heute noch eine terra
incognita sind, zu erforschen und der Kultur aufzuschliessen, scheint
mir eine der dringlichsten Aufgaben deutscher Kolonialpolitik.
Hier ist noch Pionierarbeit zu thun, während dieselbe im Norden des
Schutzgebietes vollendet und die Spezialforschung, die allmähliche
wirthschaftliche Erschliessung einsetzen kann.

Auf die Wichtigkeit geographischer Forschung kann nie genug
hingewiesen werden, obwohl dieselbe selbst in kolonialen Kreisen
gar oft als »gelehrter Kram« im Gegensatz zu den »praktischen«
Arbeiten aufgefasst wird. Wie kurzsichtig diese Ansicht ist,
zeigt am besten das Beispiel von Usambára. Es ist neuerdings öfter
die Frage aufgeworfen worden, warum sämmtliche wirthschaftliche
Unternehmungen sich auf Usambára koncentriren, wo doch andere
Gebiete ebenso grosse, ja grössere Vortheile bieten sollen.
Die Antwort darauf ist einfach die: weil man Usambára kennt und
weil es Niemanden einfällt sein Kapital in Ländern auf's Spiel
zu setzen, von welchen man nichts weiss. Aber nicht nur die
geographisch-naturwissenschaftliche, sondern auch die ethnographische
Forschung hat eine eminent praktische Bedeutung, auf die auch
Stuhlmann in seinem ausgezeichneten Werk hinweist. Denn sie allein
ist im Stande uns mit dem Denken und Fühlen der dunkelfarbigen Völker
vertraut zu machen, welche die deutschen Schutzgebiete bewohnen.
So lange Offiziere und Beamte vom hohen Ross ihres Europäerthums
verächtlich und interesselos auf den Neger herabblicken, solange sie
»Afrika ohne die Afrikaner« regieren wollen, so lange wird die Zeit
der verhängnissvollen Irrthümer kein Ende nehmen.

Was die Frage anbelangt, ob die ferneren Arbeiten sich auf die Küste
beschränken, oder auch das ferne Innere mit umfassen sollen, so
ist es allerdings richtig, dass die fruchtbaren Küstengebiete das
naheliegendste und aussichtsreichste Feld für koloniale Thätigkeit
in Ostafrika sind. Doch vor der Thatkraft und seltenen Kühnheit, mit
welcher Engländer und besonders Belgier heute daran gehen, das Herz
Afrika's der Kultur zu eröffnen, kann deutscher Unternehmungsgeist
nicht zurückstehen. Auf meinen langjährigen Reisen im tropischen
Afrika bin ich zu der Ueberzeugung gelangt, dass die Erschliessung
des dunklen Welttheils zwar noch schwere Opfer erfordern, dass aber
der =Lohn= dieser Mühen sicher nicht ausbleiben wird.

Kapt. Lugard, ein genauer Kenner indischer und afrikanischer
Verhältnisse, spricht die Ueberzeugung aus, dass Ostafrika nicht
besser und nicht schlechter sei als Britisch-Indien. Hier wie
dort giebt es fruchtbare und wüste Strecken, gesunde Hochländer
und fieberreiche Niederungen. Was jedoch Indien unbedingt voraus
hat, ist die kolossale Bevölkerung; was uns in Ostafrika fehlt,
sind =Menschen=. Ungeheure Striche, und zwar nicht nur
Steppen, sondern auch wasserreiche, üppige Hochländer sind so gut
wie unbewohnt; überall ist die Bevölkerung äusserst dünn gesäet.
=Hebung der Einwohnerzahl= bleibt daher die wichtigste Aufgabe
in Deutsch-Ostafrika, möge sie immer durch Versuche angebahnt
werden, die zu einer fremden Einwanderung führen, oder möge sie die
Faktoren zu beheben suchen, welche eine Vermehrung der Eingeborenen
verhindern. Nicht nur aus Humanität, nicht nur aus sentimentaler
Sorge um unsere »schwarzen Brüder« sind wir verpflichtet, deren Lage
zu verbessern, sondern aus dem rein praktischen Interesse, das eine
Kolonialmacht an der Entwickelung ihrer Schutzgebiete haben muss.
Die Vermehrung der Inlandstationen, die strenge Aufrechterhaltung
des Verbotes der Waffeneinfuhr werden dem Fluch der Sklavenjagden
und Stammesfehden ein Ende machen und die vorschreitende Kultur wird
das Elend der Hungersnoth und der Seuchen mildern, das schwer auf den
Afrikanern lastet.

Den ungeheueren Anstrengungen der europäischen Nationen, die in der
Geschichte nicht ihres Gleichen haben, ist es gelungen, das tropische
Afrika zu erschliessen. Zwar ist die Periode der Erforschung
keineswegs abgeschlossen, viele Gebiete hat noch keines Europäers
Fuss betreten, und dass auch die Zeit der Entdeckungen noch nicht
vollendet, hat die Massai-Expedition bewiesen. -- Aber die Arbeit des
Pioniers kommt heute nicht nur der Wissenschaft zu Gute, sondern der
Missionar, der Kaufmann, der Pflanzer, sie folgen unaufhaltsam seinen
Spuren.

Auch mir war es vergönnt, bei der Erschliessung eines Theiles von
Ostafrika mitzuarbeiten. =Usambára=, welches ich in den Jahren
1888 und 1890 als förmliche terra incognita durchstreift, es steht
heute im Brennpunkt der deutschen kolonialen Interessen. Durch die
Urwälder von Handeï schallt die Axt des Pflanzers, auf den Höhen der
Bergdörfer hat der Missionar sein Kreuz aufgerichtet und am Fuss der
Berge ertönt der Pfiff der Lokomotive, der bestimmt ist, das Land aus
tausendjährigem Schlummer zu erwecken.

Mögen auch jene fernen Gebiete, in welchen die Massai-Expedition
zuerst die deutsche Flagge entfaltet, mögen auch die Hochplateaus
des Massailandes und die Quellländer des heiligen Nil, mögen auch sie
dereinst der Kultur erschlossen sein!

[Illustration]



ANHANG.


    Die Kartenaufnahmen von Dr. O. Baumann werden unter dem Titel
  »Die kartographischen Ergebnisse der Massai-Expedition des Deutschen
                        Antisklaverei-Komite«
  als Ergänzungsheft No. 110 zu Petermanns Mittheilungen veröffentlicht.



I. Ueber Gesteine aus Deutsch-Ostafrika.

Von •Dr. Hans Lenk•.


Das von Herrn Dr. Oscar Baumann im Verlauf seiner letzten, in
den Jahren 1892 und 1893 ausgeführten Reise in Deutsch-Ostafrika
gesammelte und dem Mineralogischen Museum der Universität Leipzig
zur Untersuchung und Bestimmung übergebene petrographische
Material umfasst hauptsächlich Gesteinsproben aus dem südlich
vom Victoria-Nyansa sich ausbreitenden, archäischen Hochlande
von Unyamwesi und den sich zwischen jenem und dem Tanganyika-See
ausdehnenden Gebirgen von Ussui und Urundi, die gleichfalls
wesentlich aus altkrystallinischen Gesteinen bestehen. Ihnen
schliesst sich eine Anzahl von Belegstücken jüngerer vulkanischer
Gesteine an, welche zum Theil aus der, am Ostrande der afrikanischen
Hochlandmasse hinziehenden und unter dem Namen des Ostafrikanischen
Grabens bekannten Vulkanspalte selbst, zum Theil von ihren östlichen
und westlichen Randgebirgen herrühren.

Nach der makroskopischen und mikroskopischen Sichtung lassen sich die
vorliegenden Gesteine in folgende Gruppen vereinigen:

 1. =Alte krystallinische Gesteine=:

     a) Granit.

     b) Gneiss, Granulit, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer,
           Phyllit, Quarzit u. s. w.

2. =Aeltere Eruptivgesteine=:

    Porphyr, Diabas, Gabbro u. s. w.

3. =Jüngere Eruptivgesteine=:

    Trachyt, Basalt.

4. =Sedimentgesteine=:

    a) Kalksteine unbestimmten Alters; lacustre Ablagerungen,
       Sinterbildungen und Efflorescenzen der Gegenwart,

    b) Grauwacken und Sandsteine unbestimmten Alters,

    c) Vulkanische Tuffe.

Dem Wunsche des Herrn Auftraggebers entsprechend folgt in den
nachstehenden Zeilen eine kurze Schilderung der überwiesenen
Gesteinssuite, zu welcher die Vorbemerkung gestattet sein möge, dass
weder die zur Verfügung stehende Zeit, noch die durchschnittliche
Beschaffenheit des Materials eingehendere petrographische
Untersuchungen ermöglichte. Dem Charakter dieser Mittheilungen
gemäss ist auch von Citaten aus der wissenschaftlichen Literatur
-- den Publikationen von =Mügge=, =Thomson=, =Bonney=, =Tenne= und
=Rosiwal=, welche sich zum Theil auf das nämliche, zum Theil auf
benachbarte Gebiete beziehen -- abgesehen worden.

       *       *       *       *       *

In der Gruppe


•Granit•

sind im Folgenden alle körnigen, Quarz, Feldspath und ein farbiges
Bisilicat enthaltenden Gesteine aufgeführt, welche eine richtungslose
Struktur besitzen. Bei der Kleinheit vieler der zu Gebote stehenden
Gesteinsstücke ist es jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch ein
granitisch struirter Gneiss hier seine Stelle gefunden hat, während
auch andererseits der ein oder andere schiefrig ausgebildete Granit
unter die Gneisse gerathen ist.

Die vorliegenden granitischen Gesteine zerfallen in
=Biotitgranite=, =zweiglimmerige Granite=, =Mikroklin-Granite= und
=Hornblendegranite=.

Der Typus der =Biotitgranite= liegt vor in einem ziemlich
feinkörnigen Gestein von

   »=Nyambijerwa=, =Ikiju=, 11. April 1892«,

welches ein gleichmässiges, krystallinisches Gemenge von Feldspath,
Quarz und Biotitblättchen darstellt, deren Dimensionen gewöhnlich
nur 1 mm Durchmesser erreichen. Im Dünnschliff zeigt sich, dass die
Constituenten, wie das schon aus dem makroskopischen Aussehen des
Gesteins sich schliessen lässt, im Ganzen noch sehr frisch und wenig
von Zersetzungsvorgängen berührt sind. Die Feldspathe, ungefähr je
zur Hälfte dem Orthoklas und der Plagioklasreihe angehörig, sind
meist gut automorph gegenüber dem Quarz. Die Orthoklase zeigen
nur spärlich und dann in ihren innersten Theilen den Beginn einer
durch Zersetzung erzeugten Trübung; in ganz einzelnen Fällen
lassen sich übrigens schon federartige Lamellen von Kaliglimmer
erkennen, die aus einem Haufwerk von matten, nicht polarisirenden
Kaolinsubstanzen herauswachsen. Etwas weiter ist gewöhnlich die
Trübung der Plagioklase vorgeschritten, die sich ohnehin durch
ihre Zwillingsstreifung bereits im Handstück von den orthotomen
Feldspathen unterscheiden lassen und die nach den ausgeführten
Bestimmungen der Auslöschungsschiefe (+ 2 bis 4° auf P) und dem
Grade ihrer Aetzungsfähigkeit mehr zu den sauren Gliedern der
Albit-Oligoklas-Familie zu gehören scheinen. Gänzlich xenomorph
treten zwischen den Feldspathen und Quarzen hin und wieder kleine
Partien von schön gegittertem Mikroklin auf. Da dieser gegen die
benachbarten Feldspathe meist scharf abgegrenzt erscheint und
augenfällig die Rolle einer Ausfüllungsmasse spielt, möchte man ihn,
wenn nicht als ein rein chemisches Secundärproduct, doch eher als
eines der letzten Glieder im Verfestigungsprozesse, wie ein durch
dynamische Wirkungen erzeugtes Product aus anderen Feldspathen
betrachten. Ohnehin sind Erscheinungen, welche darauf schliessen
lassen, dass das Gestein den Pressungen des Gebirgsdrucks in
bemerkenswerthem Grade ausgesetzt gewesen wäre, nicht zu beobachten.
Die schwarzen Biotitblättchen werden im Dünnschliff bronzeschimmernd
mit bräunlichgelber Farbe durchsichtig; nicht selten sind sie mit
Magnetitkryställchen verwachsen und hin und wieder zeigt sich auf
den Spaltflächen die Neubildung von grünlicher Chloritsubstanz.
Vom Magneteisen abgesehen sind Accessorien selten; nur kleine
Apatitsäulchen finden sich spärlich als Einschlüsse im Quarz und
Feldspath.

=Grobkörnige Biotitgranite= liegen vor von

   1. »der Hügelkette vor dem =Kiruwassile Berg=, 30. März 1892«,

   2. »=Ngurunga vor Ikiju=, 7^h 41 a. m. vom 8. April 1892.«

Milchweisse Feldspathe von etwas mattem Aussehen und wasserhelle,
starkglänzende Quarze, zuweilen von undeutlich dihexaedrischer
Form bilden die Hauptmasse des ersteren Gesteins; in derselben
ziemlich gleichmässig vertheilt erscheinen dunkle Magnesiaglimmer,
die sich bei näherer Betrachtung in blättrig-filzige Aggregate
verwandelt erweisen; wie der Dünnschliff lehrt, bestehen diese zum
Theil aus gelbgrünem Epidot und grünem chloritartigen Glimmer,
in dem sagenitartig verwachsene Rutilnädelchen liegen, während
die schwer durchsichtigen, körnigen Randpartien vorzugsweise aus
Titanit gebildet zu sein scheinen. Die Quarze bergen zahlreiche
Flüssigkeitseinschlüsse, winzige (Turmalin?) Nädelchen und opake
Erzpartikelchen, welche bald wolkig vergesellschaftet sind, bald
auch zu Reihen geordnet, die Quarzindividuen durchschwärmen;
daneben finden sich dickere, quergegliederte Prismen von Apatit und
modellmässig scharf ausgebildeten Zirkonkryställchen, letztere oft
mit deutlich zonarem Bau. Die Feldspathe sind vorwiegend Plagioklase;
demnach würde das Gestein eigentlich als Granitit zu bezeichnen sein;
sie erscheinen unter dem Mikroskop stark zersetzt und in Haufwerke
von Körnchen, Blättchen und kleinen Säulchen umgewandelt; wo die
letzteren grössere Dimensionen erreichen, deutet die intensiv blaue
Polarisationsfarbe und die gerade Auslöschung auf Zoisit, während
die farblose Grundsubstanz, die jene Aggregate einschliesst und,
stellenweise ärmer an denselben, zwischen ihnen hindurchschimmert,
optisch und chemisch sich als Skapolith erweist. Hingegen sind die
seltenen, mit Albitlamellen perthitisch durchwachsenen Orthoklase
relativ wenig verändert und enthalten, wie die Quarze, vorzugsweise
primäre Einlagerungen.

Das Gestein von Ngurunga gehört zu den biotitärmeren Graniten und
zeichnet sich von den besprochenen beiden Vorkommen auch durch die
intensiv fleischrothe Färbung seiner Feldspathe aus. Die Quarze sind
noch reicher an Flüssigkeitseinschlüssen mit lebhaft beweglichen
Libellen; bei der Umwandlung der Feldspathe tritt jedoch die
Neuproduktion von Zoisit hinter der einfachen Skapolithisirung zurück,
mit der, abgesehen von der nicht unbeträchtlichen Ausscheidung von
Quarz, die Ausbreitung von Eisenoxydhydratlamellen auf den Spaltrissen
und Grenzflächen der einzelnen Individuen Hand in Hand gegangen zu sein
scheint.

In dem mittelkörnigen Biotitgranit vom

   »=Semufluss=, =Meatu=, 22. Juni 1892,«

wo der Orthoklas wieder bei Weitem vor dem Plagioklas überwiegt,
fällt auch die Anwesenheit eines hellen Glimmers neben dem dunklen
Biotit auf. Bei näherer Betrachtung des Präparates scheint es
indessen zweifelhaft, ob dieser lichte Glimmer auch nur zum Theil
als ein primärer Bestandtheil zu betrachten ist; denn die kleinen
Muscovitblättchen, die in den Kalifeldspathen häufig nesterartig
vertheilt sind oder aus deren Rändern zu fiederig-schuppigen Massen
herauswachsen, stellen sicherlich Secundärproducte dar; aber auch
von den grösseren Partien lichten Glimmers, die auf's engste mit den
Biotitlamellen verwachsen erscheinen, ist es wahrscheinlich, dass sie
erst aus diesem Mineral hervorgegangen sind, um so mehr als dasselbe
bereits etwas angegriffen sich erweist. Perthitischer Orthoklas
sowohl wie prächtig gegitterter Mikroklin sind reichlich vorhanden;
oft greift Quarz lappig in ihre Randzonen ein oder tritt hier in
mikropegmatitischer Verwachsung mit Feldspathsubstanz in Form von
korallenstockähnlichen Wucherungen auf.

In sehr hohem Grade lassen die =Mikroklingranite= von

   1. »=Ruanda=, 14. September 1892«,

   2. »=Duma-Bach=, =Ntussa=, =Usukuma=, 14. Juni 1892«,

   3. »=Ngoroïne=, 3. Juni 1892«,

   4. »=Ussui=, 28. August 1892, 8^h 11 a. m.«

dynamometamorphische Erscheinungen erkennen. Das mittel- bis
grobkörnige Gestein von Ruanda, dessen etwas verwitterten Zustand
die trüben Feldspathe und die fleckenweise Ausscheidung von
Eisenoxydhydraten verrathen, zeigt im mikroskopischen Bilde eine
förmliche Breccienstruktur. Die Feldspathe sind fast sämmtlich
zertrümmert, bald im Haufwerke von unregelmässig gelagerten, zackig
conturirten Körnern aufgelöst, zwischen denen meist ein körniges
Mosaik von Quarz und Feldspathpartikelchen sich hindurchzieht; bald
erscheinen sie nur in grösseren Fragmenten auseinandergedrängt,
deren ursprüngliche Zusammengehörigkeit zu einem Individuum sich aus
dem entsprechenden Verlauf der Conturen oder der Zwillingsstreifung
zwischen gekreuzten Nicols kundgiebt. Diese ist bei den Plagioklasen
niemals scharf, sondern stets mehr oder weniger verschwommen; die
sich kreuzenden Spaltrisse sind zuweilen so zahlreich vorhanden,
dass die betreffenden Individuen förmlich ein geschiefertes Aussehen
besitzen. Mehrfach ist auch die Umwandlung der meist schon stark
getrübten Kalknatronfeldspathe in farblose Skapolithsubstanz zu
beobachten. Ungestreifter Kalifeldspath fehlt vollständig; in
Anbetracht der aussergewöhnlich grossen Menge von Mikroklin aber
und der erwähnten Deformationserscheinungen kann man sich des
Eindrucks nicht erwehren, dass der Mikroklin, wenn nicht durchaus,
so doch zum allergrössten Theile ein durch die, offenbar wirksam
gewesenen, dynamischen Einflüsse aus Orthoklas hervorgegangenes
Erzeugniss secundärer Art sei. Dieser Eindruck erhält eine
wesentliche Begründung durch die Thatsache, dass gerade die am
meisten zertrümmerten Feldspathpartien aus Mikroklin bestehen,
und ferner durch den Umstand, dass die Gitterung bei den kleinen
Fragmenten eine sehr scharfe ist, bei den grösseren dagegen einen
Grad von Verschwommenheit zeigt, der im Allgemeinen proportional
mit den Dimensionen derselben zunimmt. Auch der Quarz erweist sich
durch splitterig-zackige Umrisse und undulöse Polarisation als
ziemlich stark beeinflusst; die vorzugsweise in ihm eingeschlossenen
dicken Apatitsäulchen zeigen eine vielfache Quergliederung, mit der
zuweilen eine Verschiebung der einzelnen Glieder gegen einander
verbunden ist. An Stelle des, nicht sehr reichlich vorhanden
gewesenen, bräunlichen Biotits sind grösstentheils Aggregate von
schmutziggrünem Chlorit getreten, der in der Regel mit braunen
Eisenoxydhydraten, hin und wieder auch mit kleinen Partien von
Eisenkies verwachsen ist. Farblose oder schmutzigweisse Haufwerke
von Muscovit, gewöhnlich durch etwas eisenhaltiges Pigment gelblich
gefärbt, sind häufig in grösserer Menge zu beobachten. Im Verein mit
dem Quarz-Feldspathmosaik finden sie sich vorzugsweise an den Rändern
der Feldspathe wie auf den dieselben durchsetzenden Spaltrissen und
kennzeichnen dadurch zweifellos ihre secundäre Bildungsweise.

Eine fast noch weiter gehende Zertrümmerung ihrer Bestandtheile
weisen die biotitarmen Mikroklingranite von Ngoroïne und namentlich
jener vom Duma-Bach auf, der sich von den anderen hierher gehörigen
Gesteinen durch die röthliche Farbe seiner Feldspathe und die
häufigeren Zirkoneinschlüsse in denselben unterscheidet. In dem
bedeutend glimmerreicheren Gestein von Ussui erscheint auch der
Biotit unter Umwandlung in Chlorit durchgehends in Haufwerke
von Schüppchen aufgelöst, die häufig Quarz- und Feldspathkörner
kranzartig umgeben oder stromartig zwischen denselben sich
hindurchdrängen, so dass eine gneissähnliche Struktur entsteht. In
dem Mikroklingranit von den

   »=Ikiju-Bergen=, 9. April 1892«

hingegen scheint der, auch meist in grösseren Krystallen vorhandene
Mikroklin ein primärer Bestandtheil zu sein. Das im Ganzen noch recht
frische Gestein lässt im Dünnschliff wenig mechanische Deformationen
erkennen, Quarze und Feldspathe heben sich wohl conturirt von
einander ab; der schalige Aufbau der Plagioklase ist gewöhnlich
völlig ungestört, nur die bereits erwähnten, korallenstockähnlich in
den Randzonen der Feldspathe eingewachsenen Mikropegmatitpartien sind
auffallend häufig zu beobachten. Zugleich mit der Ausscheidung von
kleinen farblosen Glimmerblättchen scheint bei den Feldspathen auch
hier die Tendenz zur Skapolithbildung vorhanden zu sein; der sehr
reichlich an der Gesteinszusammensetzung betheiligte bronzefarbige
Magnesiaglimmer wandelt sich in grüne Chloritblättchen um, zwischen
denen hin und wieder, wohl auch als Neubildungsproducte, gelber
Epidot und schwach gefärbte Titanitkörnchen eingewachsen sind.

Sehr nahe verwandt erweist sich der Granit von

   »=Nyika= zwischen =Meatu= und =Nyarasa-See=, 25. Juni 1892, 6^h 31
      a. m.«,

der etwas weniger Glimmer führt, jedoch etwas gröberes Korn und bei
der grösseren Ausbildung einzelner Feldspathe eine ausgesprochen
porphyrische Struktur besitzt.

Die Familie der =Hornblendegranite= ist repräsentirt durch Gesteine
vom

   1. »Dorf =Uaschi=, 27. Mai 1892«

und von

   2. »=Mugango=, 21. Mai 1892«.

Das erstere ist ein porphyrartiger Granit, in dem die grösseren
Feldspathkrystalle -- fast durchweg Orthoklas -- oft über 1 cm
Durchmesser erreichen; in der aus Quarz, Feldspath und schwarzem
Biotit bestehenden feinkörnigeren Gesteinsmasse lassen sich mit der
Lupe bereits vereinzelte Individuen von Hornblende erkennen, deren
Antheil im Dünnschliff sich sogar als ein ziemlich beträchtlicher
erweist. In den Feldspathen, deren Inneres häufig in ein trübes
Gemenge von Kaolinsubstanzen und farblosen Glimmerschüppchen
übergegangen ist, sind häufig Einlagerungen von regelmässig
begrenzten, nelkenbraunen Biotitblättchen, seltener von Apatit- und
Zirkonkryställchen zu beobachten; skapolithisirter Plagioklas tritt
im Ganzen sehr zurück gegen den gewöhnlichen Kalifeldspath, der
stellenweise auch durch Mikroklin vertreten ist. Der grünlichbraun
durchscheinende Magnesiaglimmer ist zum Theil chloritisirt, zum
Theil epidotisirt, während die dunkelgrüne Hornblende frisch und
intact erscheint. Gewöhnlich sind Hornblende und Biotit zu Aggregaten
verwachsen, an denen sich ausserdem Apatit und Titanit, sowie
Magneteisen betheiligen.

Weniger reich an Hornblende, um so reicher aber an Mikroklin ist
der mittelkörnige Granit von Mugango, bei dem schon makroskopisch
der Unterschied zwischen dem fleischroth gefärbten Kalifeldspath
und dem weisslich trüben, weil der Hauptsache nach skapolithisirten
Plagioklas in die Augen fällt.

       *       *       *       *       *

Von


•Gneissen•

sind in Dr. Baumann's Sammlung vertreten =Biotitgneiss=,
=Muscovitgneiss=, =Zweiglimmergneiss= und ferner je ein Vorkommen von
=Hornblendegneiss= und =Epidotgneiss=.

Normale, meist feinkörnige =Biotitgneisse= liegen vor von

   1) der »Schlucht bei =Donyo Kissale=, 26. Febr. 1892«,

   2) »Plateau-Abfall nördlich vom =Eyassi-See=, I. Stufe Str.
      NO.-SW, F. SO. 20°. 25. März 1892«,

   3) »Abfall des =Iraku-Plateau=, Str. NO, F. ┴. 18. Januar 1893«,

   4) »Abfall des w. Grabenrandes bei =Umbugwe=, Str. NO., F. NW.
      circa 70°. 17. Januar 1893«.

Der körnig-streifige Gneiss aus der Schlucht bei Donyo Kissale weist
im Handstück einen lagenweisen Wechsel von glimmerarmen Feldspath-
und glimmerreichen Quarzzonen auf; die ersteren zeichnen sich
überdies durch eine etwas intensivere Gelbfärbung in Folge des hier
reichlicher vorhandenen ockerigen Pigmentes aus. Die tiefschwarzen
Biotitblättchen werden auch im Dünnschliff nur schwer an den Kanten
durchscheinend, Quarz zeigt hin und wieder gute krystallographische
Ausbildung in Form von kurzen Prismen mit terminaler Endigung,
während Feldspath nur in irregulären Körnern zu beobachten ist.
Von Accessorien finden sich Turmalin, Zirkon und Apatit in den
gewöhnlichen, meist rundkantigen Gestalten.

In dem Gneiss vom Plateauabfall am Eyassi-See ist die Scheidung
der Gemengtheile in nahezu reine Glimmer- und ebensolche
Quarzfeldspathlagen eine noch ausgesprochenere. Im Dünnschliff ist
bei den letzteren eine relativ sehr ansehnliche Betheiligung von
Plagioklas zu konstatiren; Struktur- und Polarisationsverhältnisse
der meisten Quarze und Feldspathe lassen im Uebrigen auf hochgradige
Pressionswirkungen schliessen, denen dieser Gneiss ausgesetzt gewesen
sein mag. Das Gleiche gilt auch von dem Gestein vom Abfall des
Iraku-Plateau; dieses zeigt aber im Allgemeinen eine gleichmässigere
Vertheilung seiner Bestandtheile, von denen die Feldspathe zur
Neubildung von Muscovit und Skapolith Veranlassung gegeben haben.
Bedeutend glimmerärmer ist der bräunlich gefärbte Gneiss von Umbugwe,
von dem leider nur eine sehr bröckelige Probe vorliegt. Die sehr
corrosive Beschaffenheit seiner Bestandtheile möchte man übrigens
nicht auf mechanische Einflüsse, sondern lediglich auf Verwitterung
zurückführen; denn die Quarze und Feldspathkörner erscheinen
quasi in situ zerfallen, zersprengt, ohne dass, wie es doch sonst
in gequetschten Gesteinen immer der Fall ist, eine Verschiebung
der einzelnen Partikelchen gegen einander oder auch die Bildung
jener charakteristischen Mosaikstruktur eingetreten wäre. Die
Polarisationserscheinungen verrathen das Vorhandensein bedeutender
Spannungsdifferenzen im Innern der einzelnen, durch einen farblosen
Quarzkitt wieder zusammengeheilten Partikel; denn nur höchst selten
findet man sie einheitlich polarisirend, fast allgemein lassen sich
hingegen die buntesten Interferenzerscheinungen in Gestalt von mehr
oder weniger vollkommenen, grellfarbigen Ringsystemen beobachten. In
Anbetracht dieser Verhältnisse drängt sich dem Beobachter der Gedanke
auf, dass hier im Kleinen die Quarz- und Feldspathindividuen in ganz
ähnlicher Weise unter dem Einfluss der tropischen Sonne, bezw. des
raschen und bedeutenden Temperaturwechsels zersprungen sind, wie im
Grossen die Quarzgerölle der nordafrikanischen und nordamerikanischen
Wüsten. Dass gleichzeitig auch die Hydrometeore sehr energisch
wirksam gewesen sind, beweist die reichliche Ausscheidung von
Eisenoxydhydraten, welche die Glimmertafeln als matte erdige Zonen
umgeben oder als schleierhaft dünne, zuweilen dendritische Ueberzüge
auf den Grenzflächen der einzelnen Quarz- und Feldspathindividuen
sich abgelagert haben und durch ihre Menge dem Gestein im Ganzen die
erwähnte gelblichbraune Färbung verleihen.

Granulitähnlich durch die Concentration der in geringen Mengen
vorhandenen Biotitblättchen auf dünne, einander im Abstand von 2-3 cm
parallel laufende Zonen und ferner durch die Parallelverwachsung von
Quarz und Feldspath erscheinen die Biotitgneisse von

   1. »=Tarata=, 23. Februar 1892, anscheinend horizontal gel.«

   2. »=Massai-Gebirge=, am Manyara-See, 10. März 1892.«

Ihrer Zusammensetzung, Korngrösse und mikroskopischen Struktur nach
sind sie einander sehr ähnlich; in beiden ist eine geringfügige
Mikrobreccienbildung und eine ziemlich weitgehende Umwandlung des
vorwiegenden Kalifeldspaths in kaolinartige Massen zu beobachten;
lediglich durch die Betheiligung von, zum Theil, wie es scheint,
allerdings neugebildetem, Mikroklin unterscheidet sich das Gestein
aus dem Massailand von jenem von Tarata.

Die höchste Stufe mechanischer Deformation weisen von allen bisher
geschilderten Gesteinen zwei Gneisse auf, von

   »=Utunduwe= am Emin Pascha Golf, 16. August 1892, 8^h 23 a. m.«
      und von

   »=Marago ya Mave=, südl. von =Irangi=, 28. Dezember 1892
      2^h 26 p. m. Unkl. gesch., steil fallend.«

Es sind graugrüne, grauwackenähnliche äusserst zähe Gesteine, das
erstere mit mehr porphyroidartiger, das letztere mit feinflaseriger
Struktur. Bei beiden kann man von förmlichen Grundmassen sprechen,
die aus winzigen Quarz- und Feldspath- (namentlich Mikroklin-)
Partikelchen, sowie Glimmerblättchen bestehen und namentlich in dem
Gestein von Utunduwe häufig grössere Krystallfragmente von Quarz
und kaolinisirtem Feldspath umschliessen. Massenhaft durchschwärmen
bräunlich grüne Biotitlamellen diese Einsprenglinge auf ihren
Spaltrissen; besonders dicht geschaart erscheinen die, offenbar aus
der Zertrümmerung grösserer Biotitindividuen herrührenden und zu
langen Flatschen ausgestreckten Glimmeraggregate in Verbindung mit
Chloritschüppchen und Epidotkörnchen an den Rändern der grösseren
Mineralfragmente, wo sie entweder wie gestaut abschneiden oder
den Langseiten derselben sich anschmiegen und an den kurzen Enden
schwanzartige Fortsätze bilden. Gleichmässiger durch die feinkörnige
Gesteinsmasse vertheilt erscheint der Glimmer in dem Gneiss von
Utunduwe, der in Folge dessen auch makroskopisch eine bei Weitem
geringere Flaserigkeit zur Schau trägt.

Die =Muscovitgneisse= von

   1. »der =Ruvuvu-Fähre=, 5. September 1892« und

   2. »=Uassi=, 5. Januar 1893, Str. NW., F. SW. c. 40°«

besitzen im unverwitterten Zustande eine fast weisse Farbe und
gleichen dadurch sehr körnigen Quarziten, die durch parallel
gelagerte Muscovitschüppchen schiefrige Struktur besitzen. Im
Dünnschliff erweisen sie sich in hochgradiger Weise mechanisch
verändert; nur sehr vereinzelte Quarz- und Feldspathindividuen sind
mit stark zerklüfteten Rändern erhalten geblieben, alles übrige
ist in eine feinkörnige, in den buntesten Farben polarisirende
Mikrobreccie verwandelt, die aus Quarz und Mikroklin besteht und
zwischen der sich Strähnen von gelblichweissen Muscovitlamellen
hindurchziehen. In dem farblosen, offenbar neophytischen
Kieselsäurecement, das wie ein durchsichtiger Glashauch jene
feinklastische Masse umhüllt und zu einem Gestein von ansehnlicher
Festigkeit verbindet, finden sich, stellenweise ziemlich zahlreich,
Gasporen von den verschiedensten Dimensionen und meistens
schlauchartigen Formen. Accessorien, mit Ausnahme der überall
vorhandenen Apatite und Zirkone, fehlen in dem Gestein von Uassi,
dagegen sind in den Quarzen des Gneisses vom Ruvuvu stellenweise sehr
zahlreiche, allerdings winzige und demgemäss nur schwachbräunliche
Biotittäfelchen von sechsseitiger Form eingewachsen. Neben diesen
sind ebenso häufig dunkle Nädelchen vorhanden, die man wohl um so
mehr für Turmaline ansprechen darf, als hin und wieder auch dickere
Krystallfragmente von diesem Mineral auftreten, deren lebhafter
Pleochroismus zwischen einem tiefen Braun (für den ordentlichen) und
schmutzigen Grau (für den ausserordentlichen Strahl) schwankt.

Von den Repräsentanten der =Zweiglimmergneisse= liegt ein stark
kaolinisirtes, der Struktur nach feinkörniges, streifiges Gestein von

   »N. =Urundi=, 17. April, 8^h 37 a. m. Str. NNO., F. OSO 80°«

vor, in dem die Betheiligung eines zweiten, farblosen Glimmers
neben dem dunkelbraunen Biotit übrigens erst durch Mikroskop zu
erkennen ist. Ebenso wie dieser erscheint auch der Muscovit in
ziemlich wohlconturirten Blättchen und ist darum mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit als primärer Bestandtheil anzusehen. Winzige,
meist tiefschwarze, rundliche, bisweilen auch annähernd hexagonale
Blättchen sind in den grösseren Biotitindividuen massenhaft
eingewachsen; bei ihrer dunklen Farbe möchte man sie auf den ersten
Blick hin für Graphit halten, indessen fehlt ihnen der für diesen
charakteristische Glanz und ferner lassen vereinzelte, besonders
dünne, doch etwas Licht mit dunkelbrauner Farbe durchscheinen, sodass
ihre Zugehörigkeit zum Magnesiaglimmer nicht weiter zweifelhaft sein
kann. Neben der chemischen Verwitterung der Feldspathe, die bis auf
wenige Reste in Kaolin verwandelt sind, zeigen sich auch mechanische
Deformationen in umfangreichem Maasse an den Quarzen. Etwas häufiger
als sonst im Allgemeinen in diesen Gesteinen tritt Zirkon auf,
während hingegen Apatit ein relativ seltener Gast ist.

Auch der =Hornblendegneiss= von

   »=Usinja=, 11. August 1892,«

ist ein durch hochgradige Mikrobreccienstruktur und ansehnlichen
Mikroklingehalt ausgezeichnetes Gestein, welches im Handstück eine
röthliche Farbe aufweist und grosse Festigkeit verräth. Vereinzelte
grössere Feldspathindividuen, die mehr oder weniger in mattweisse,
kaolinartige Substanzen umgewandelt sind und sich deshalb aus
der feinkörnigen, aus fast wasserklaren Quarzen und Feldspathen
bestehenden Hauptmasse grell abheben, verleihen dem Dünnschliff ein
porphyrartiges Aussehen. Der Glimmerbestandtheil ist fast gänzlich
durch eine olivengrüne Hornblende vertreten, die gleichfalls in
chemischer und mechanischer Hinsicht stark corrodirt erscheint,
insofern als sie in splitterigen, flatschenartig ausgezogenen Partien
schon vielfach der Umbildung in Epidot und Ausscheidung von opaken
Erzpartikelchen anheimgefallen ist. Hier und da finden sich auch
bräunlichrothe Titanite und Zirkone mit rundlichen Kanten, ferner
Oktaederchen von Magneteisen, dem wohl auch die winzigen Erzkörnchen
angehören, die an manchen Stellen schaarenweise eingesprengt sind.

Ein sehr eigenthümlicher Gesteinstypus liegt endlich in dem
=Epidotgneiss= von

   »=Ruanda=, 14. September 1892, 9^h 17 a. m. Str. SSO-NNW F. SSW
      ca. 70° undeutlich«

vor. Makroskopisch bereits verräth die eigenthümlich gelbliche
Färbung der Quarz-Feldspathpartien in dem dünnschieferigen, sehr
glimmerreichen Gestein die Anwesenheit von Epidot, dessen mehr
als accessorische Betheiligung weiterhin die Untersuchung des
Dünnschliffs ergiebt. Obwohl grösstentheils farblos und nur in
einigen wenigen grösseren Individuen den bekannten Pleochroismus in
gelblichen Tönen zeigend, hebt sich doch der Epidot von den anderen,
gleichfalls ungefärbten Gesteinbestandtheilen im Präparat durch seine
starke Lichtbrechung, durch das beim Anschleifen der zahllosen,
in ihm enthaltenen Hohlräume entstehende, narbig-rauhe Relief
und durch pyroxenähnliche Spaltbarkeit deutlich ab. Seine Menge
überwiegt diejenige des Feldspaths ganz bedeutend; der Epidot bildet
somit einen wesentlichen Gesteinbestandtheil, von dem es nur noch
zweifelhaft sein kann, ob er als primäres Mineral oder secundäres
Product zu betrachten ist. Obwohl die Feldspathe, Orthoklas, wie
die reichlicher vorhandenen Plagioklase im Ganzen wenig angegriffen
erscheinen, legen doch die innigen Verwachsungsverhältnisse zwischen
ihnen und der Epidotsubstanz die Vermuthung nahe, dass sie auch in
genetischen Beziehungen zur letzteren stehen, d. h. dass der Epidot,
wie auch sonst häufig eine auf Kosten der Feldspathe entstandene
Neubildung darstellt, welche hier die Stelle der in diesen Gesteinen
gewöhnlichen Kaolin- oder Skapolithbildung vertritt. Biotit ist in
reichlicher Menge vorhanden, bald in grösseren Individuen, bald
in faserig-schuppigen Haufwerken von gelblich-brauner Farbe. Von
Accessorien seien Apatit, Zirkon, röthliche, lebhafte pleochroitische
Titanitkrystalle und ein Schwefelerz zu nennen, das wegen seiner
dunklen, etwas in's röthliche schimmernden Farbe wohl als Magnetkies
anzusprechen ist.

       *       *       *       *       *

Von


•Granulit•

liegt nur ein einziges Vorkommen vor, nämlich von

   »=El Muti=, 20. Februar 1892«.

Das Gestein zeigt plattige Absonderung und besteht aus einer
feinkörnigen röthlich gefärbten Feldspathmasse, in der farblose
Linsen von Quarz in strenger Parallellagerung eingewachsen sind, so
dass auf dem Querbruch eine typische Flaserstruktur zum Ausdruck
kommt. Glimmer fehlt, wie auch die mikroskopische Untersuchung
zeigt, als Gesteinsbestandtheil vollständig, dagegen ist er in Form
von violett-bräunlichen Blättchen als accessorischer Einschluss in
den Quarzen nicht selten, in denen auch durch ihre bräunlich-rothe
Farbe wohl unterscheidbare Eisenglanztäfelchen häufig eingesprengt
erscheinen. Bei den Feldspathen fällt die ausserordentlich geringe
Betheiligung von Plagioklas auf; die Hauptmasse bildet gewöhnlicher
Kalifeldspath, der die ersten Anfänge der Kaolinisirung aufweist;
sporadisch finden sich auch perthitisch struirte Körnchen und
solche mit Mikroklingitterung. Im Allgemeinen zeigt das Gestein
mikroskopisch nicht die Wirkungen einer bedeutenden mechanischen
Beeinflussung; auch der polysynthetische Bau der bis über ½ cm im
Durchmesser erreichenden Quarzlinsen deutet nicht auf solche, sondern
lässt sich einfach auf eine primäre Verwachsung krystallographisch
etwas abweichend orientirter Individuen zurückführen.

       *       *       *       *       *

Aus der Familie der


•Krystallinischen Schiefer•

im engeren Sinne sind =Glimmerschiefer= und =Phyllite=,
namentlich aber =Quarzitschiefer= und =Hornblendeschiefer= in den
verschiedensten Varietäten in der Sammlung Dr. Baumann's vertreten,
letztere offenbar deshalb in grösserer Zahl, weil sich diese Gesteine
bei dem geringen Grad ihrer Verwitterung und ihren auffallenden
Farben im Vergleich zu anderen dem Sammler im archäischen Terrain von
selbst aufdrängen.

Ein typischer =Muscovitschiefer= stammt aus

   »=Uassi=, 6. Januar 1893,«

er besteht ausschliesslich aus ziemlich grossen, silberweissen
Muscovittäfelchen, an denen hier und da kleine Turmalinprismen
angewachsen sind und haselnussgrossen bräunlich-rothen Granaten,
deren Oberfläche bereits stark zu ockerig-erdigen Massen verwittert
ist.

Ein zwar sehr feinkörniger, aber doch immer noch deutlich
krystallinischer =Biotitschiefer= wurde in der Nähe des vorigen
gesammelt, in

   »=Uassi=, 6. Januar 1893, Str. NO. F. SO. 10«.

Er besteht aus, in der Richtung der Schieferung etwas langgestreckten
Quarzkörnern oder Körneraggregaten, zwischen denen hin und wieder
ein Feldspath zu beobachten ist und aus braunen Biotittafeln,
die mit unregelmässig begrenzten, meist prismatisch ausgebildeten
Individuen einer graugrünen Hornblende in innigster Weise verwachsen
sind. Bemerkenswerth ist bei diesen letzteren der schalige Bau,
der sich in der dunkleren Färbung des Kerns gegenüber den Randzonen
offenbart. Das Gestein macht durchaus den Eindruck eines normalen
Glimmerschiefers und ist, von gedrungenen Apatitsäulchen abgesehen,
arm an sonstigen accessorischen Bestandtheilen.

Im Gegensatz zu ihm liegt in dem =Andalusitglimmerschiefer= von der

   »Quelle des =Mswavula-Bachs=, Urundi,«

ein Gestein vor, dessen Struktur und Mineralbestand lebhaft an
vielfach beschriebene contactmetamorphische Schiefer erinnert. In
einer sehr feinkrystallenen Masse, die, wie die mikroskopische
Betrachtung zeigt, aus einem mit braunen Biotitblättchen
durchwachsenen Quarzkörnchenaggregat besteht, liegen bis über 1
cm lange und bis 2 mm dicke Prismen von Andalusit in annähernd
paralleler Lage zu einander. Sie zeigen in typischer Weise
die für dieses Mineral charakteristische, durch massenhafte
Quarzinterpositionen erzeugte, scheinbar schwammig-cavernöse
Mikrostruktur und einen geringen, aber doch deutlich wahrnehmbaren
Pleochroismus zwischen blassrothen und schwach grünlichen Tönen;
die Einlagerungen von Biotit- und Muscovitlamellen sowie von
Magnetitkörnchen sind im Verhältniss zu anderem Vorkommen hier nicht
sehr reichlich; bei manchen Individuen ist die Ausbildung der Fläche
(100) zur Gleitfläche zu beobachten, wodurch der Eindruck einer
Zwillingsbildung erzeugt wird. Bei der genauen Durchmusterung des
Dünnschliffs zeigt sich übrigens, dass der Andalusit nicht allein
in Gestalt jener prismatischen Einsprenglinge, sondern auch in Form
von zahlreichen kleinen rundlichen Körnern vorhanden ist, die sich
durch die erwähnten Eigenschaften wohl von den übrigen farblosen
Gesteinsbestandtheilen unterscheiden lassen. Von Accessorien
verdient namentlich der Turmalin Erwähnung, der in kurzen blaugrauen
Säulchen mit abgerundeten Enden sich vornehmlich in der Nähe der
Andalusitprismen findet. Stimmt hiernach das vorliegende Gestein
völlig mit der Beschaffenheit zweifelloser Contactbildungen überein,
so ist es doch ohne die, leider fehlenden, näheren Angaben über sein
geologisches Auftreten wohl nur mit Vorbehalt als eine solche zu
bezeichnen.

Als ein sehr festes, splittrig brechendes Gestein stellt sich der
dunkelgrüne, quarzitische =Glimmerfels= von

   »=Uaschi= b. =Matongo=, 28. Mai 1892«

dar, in dessen mikroskopisch sehr feinkörniger Grundmasse
garbenähnliche Aggregate von bläulichgrüner Hornblende in grosser
Zahl vertheilt sind. Jene Grundmasse selbst besteht aus winzigen
braunen Biotitblättchen, die durch Quarzsubstanz zu einem äusserst
zähen Gemenge verkittet sind.

Echte =Hornblendeschiefer= sind, wie bereits erwähnt, in
verschiedenartiger Ausbildung vorhanden. So repräsentiren die
Gesteine von

   »=Ngoroïne=, 4. Juni 1892, beim Aufbruchslager« und

   »=Uhemba=, 27. Mai 1892, Str. nicht wahrnehmbar,«

die Gruppe der dichten Amphibolite, deren Zusammensetzung aus
winzigen, schwach grün gefärbten Hornblendenädelchen erst bei starker
Vergrösserung unter dem Mikroskop erkennbar wird. Der kaum minder
feinkörnige phyllitartige =Quarzamphibolit= von

   »=Urundi=, 22. September 1892, 10^h 1 a. m. Str. SSW-NNO, F. OSO
      70°«

ist bemerkenswerth durch den Gehalt von Graphit und das reichliche
Auftreten von Rutil. Die glänzend schwarzen Schüppchen des ersteren
zeigen keine scharfe krystallographische Begrenzung, sondern sind
von runder oder oblonger Form; der Rutil findet sich sowohl in
der gewöhnlichen Form dunkelgelber Prismen, die häufig zu den
bekannten knieförmigen Zwillingen vereinigt sind, als auch in
dünnen, blassgelben Täfelchen, bei welchen mehr die andere Art der
Zwillingsbildung zu herzförmigen Gestalten -- Zwillingsebene (101),
Verwachsungsebene senkrecht darauf -- zur Entwickelung gelangt.

Von bedeutend hellerer Färbung wie die erwähnten Amphibolite durch
die Beimengung von ziemlich viel Kalkcarbonat ist der grünlichgraue
Hornblendeschiefer von

   »=Majita=, 20. Mai 1892, Nyansaufer«

und ein ähnlicher grauer Schiefer vom

   »=Muvarasi-Bach=, =Urundi=, 3. Oktober 1892, Lagerung nicht
      erkennbar,«

der mit Rücksicht auf seinen hohen Epidotgehalt die Bezeichnung
Epidot-Amphibolit verdient, im Uebrigen aber, wie die bisher
geschilderten Gesteine unter die mikroskopisch dicht zu nennenden
Amphibolite gehört.

Feinkrystallinisch dagegen erscheint schon im Handstück ein
dunkelgrüner Amphibolit, aus der Gegend von

   »=Ngoroïne=, 4. Juni 1892, 7^h 47 a. m.«

stammend; im Präparat zeigt sich, dass er fast gänzlich aus
fingerförmig divergirenden Strahlsteinaggregaten zusammengesetzt ist,
zwischen denen farbloser Quarz und winzige Magnetitkörnchen lokal
sehr reichlich vertheilt sind.

Noch mehr krystallinischen Habitus besitzen die Amphibolite von

   »=Urundi=, Gebirgskamm am =Tanganyika-See=, 2. Oktober 1892, 9^h
      10 a. m.« und

   »=Ussui=, 21. August 1892, 9^h 31 a. m.«

Den ersteren charakterisirt in Verbindung mit hohem Quarzgehalt eine
hochgradige Mikrobreccienstruktur; das Gestein von Ussui dagegen
enthält Plagioklas in solcher Menge, dass es eigentlich als Diorit
zu bezeichnen wäre. Ob allerdings als ein Diorit (Epidiabas im Sinne
Zirkels), dessen bläulichgrüne, strahlstein- (nicht uralit-) artige
Hornblende aus dem Augit eines eruptiven Diabases hervorgegangen ist,
scheint sehr zweifelhaft, wenn auch die Bemerkung auf der Etikette
»ungeschichtet, zwischen Granit« auf ein Eruptivgestein deutet. Denn
einmal entspricht der Habitus der Feldspathe durchaus dem in den
krystallinischen Schiefern gewöhnlichen, zum andern aber erscheint
auch das frische klare Aussehen derselben bei einem so basischen
Charakter, wie er aus der mehrfach beobachteten Auslöschungsschiefe
(21-25° auf P) hervorgeht, nicht wohl vereinbar mit Vorgängen, welche
eine so totale Umwandlung des Augits bewirkt haben sollen.

Auch die makroskopisch mittel- bis grobkörnigen Amphibolite
führen Feldspath und Quarz, jedoch in beschränkter Menge. Daneben
enthalten sie meist noch einen charakteristischen, accessorischen
Gemengtheil; entweder einen hellgrünen Pyroxen -- Salit -- wie der
=Salit-Amphibolit= vom

   »=Iraku-Plateau=, 19. Januar 1893,«

der in »lichtem krystallinischem Schiefer« eingelagert ist, oder
auch, wie der unter ganz ähnlichen Verhältnissen auftretende
=Granat-Amphibolit= vom

   »Abfall des westl. Graben-Randes bei =Umbugwe=, 17. Januar 1893«

fleischrothen Granat in Form von rundlichen Körnern, die bis zu ½
cm Durchmesser erreichen. Von demselben Fundort liegt auch noch ein
dichteres Gestein vor, das wegen seines höheren Granatgehaltes eher
als =Granatfels= zu bezeichnen ist.

In den Gebieten von Ussui und Urundi scheinen die =phyllitischen=
Gesteine ihre Hauptverbreitung zu haben; denn von hier stammt eine
Reihe von solchen, die sich ebenso durch ihre Zusammensetzung, wie
durch ihre Verwitterungserscheinungen von einander unterscheiden. Als
Fundorte sind angegeben:

   1. »=Nyakawanda=, =Ussui=, 27. August 1892 Str. SSW.-NNO., F. NNW.
      c. 60°«.

   2. »=Ussui=, 28. August 1892 6^h 31 a. m. Str. NNO.-SSW., F.
      verschieden, steil«.

   3. »=Uyogoma=, =W. Ussui=, 31. August 1892 7^h 51 a. m. bei
      Rusengo, Str. NNO.-SSW., F. ┴«.

   4. »=Ruvuvu Nil-Thal=, 19. Sept. 1892 Str. SSW.-NNO., F. OSO. c.
      70°«.

   5. »=Wasserscheide Ruvuvu-Russisi= (Kongo-Nil), 22. Sept. 1892
      Str. NNW.-SSO., F. WSW. c. 80°«.

   6. »=Mugitiva Urudi=, am =Mahemba Berg=, Lagerung nicht sichtbar«.

   7. »=SO. Urundi=, 8. Okt. 1892 7^h 26 a. m. Str. WNW., F. NNO. c.
      45°«.

   8. »=Uakilinda=, =Ussui=, 27. Aug. 1892 Str. SSW.-NNO., F. OSO c.
      70°«.

Die vorliegenden Belegstücke sind theils quarzreich, theils
quarzarm und zeigen in Folge der schwankenden Betheiligung eines
sericitischen Minerals bald mehr den für Phyllite charakteristischen
Seidenglanz, bald nähern sie sich mehr dem matten Aussehen der
Thonschiefer. Die Farben sind lichtgrau, grünlich oder röthlich,
auch schwarzbraun durch die Ausscheidung von Oxydhydraten des
Eisens und Mangans, die hier in Form von mulmig-ockerigen, dort in
Gestalt von metallisch-krystallinischen Massen in den allgemein sehr
dünnschiefrigen Gesteinen vertheilt sind.

Eine sehr grosse Verbreitung, wie in allen Gebieten krystallinischer
Gesteine besitzen in der von Dr. Baumann durchwanderten Region auch
die =Quarzite= und =Quarzitschiefer=; sie sind meist feinkörnig,
seltener mittelkörnig, in der Regel weiss, in manchen Fällen aber
auch durch eisenhaltige Pigmente roth in allen Nuancen gefärbt. Die
Mehrzahl der mitgebrachten Stücke stammt, wie die Phyllite, aus dem
Gebiet zwischen Victoria-Nyansa- und Tanganyika-See, wie sich aus
folgendem Verzeichniss ergiebt:

    1. »=Ussui=, Höhenkamm, 23. August 1892«.

    2. »=Ussui=, bei Nyaruvungo, 25. August 1892 6^h 52 a. m. Str.
       NNO.-SSW., F. NNW. c. 60°«.

    3. »=Uyogoma W. Ussui=, 30. August 1892 5^h 58 a. m. Str.
       NNO.-SSW., F. NNW. c. 60°«.

    4. »=Uyogoma W. Ussui=, 31. August 1892 5^h 56 a. m. Str.
       ONO.-WSW., F. ┴«.

    5. »=Uyogoma W. Ussui=, 4. Sept. 1892 ungeschichtet«.

    6. »=Nord Urundi=, 6. Sept 1892 9^h 46 a. m. Str. NO.-SW., F. SO.
       fast senkr.«.

    7. »Desgl...... 8^h 15«.

    8. »=Ruanda=, 15. Sept. 7^h 30 Str. NO.-SW., F. SO. c. a. 30«.

    9. »=Urundi=, 16. Sept.«

   10. »=N. Urundi=, 10. Sept. 8^h 2 a. m. Lagerung nicht sichtbar«.

Je nach dem Glimmergehalt ist auch der schiefrige Charakter dieser
Quarzite mehr oder weniger ausgesprochen; am deutlichsten ist er in
den Gesteinen No. 4, 8 und 9, No. 3 erscheint fast dicht, während No.
5 eine zuckerkörnige Struktur besitzt.

Aus den Landschaften östlich vom Victoria-Nyansa stammen die
gleichfalls sehr feinkörnigen Quarzite von

   11. »=Duvai Hügel= in der Ebene, 27. März 1892«.

   12. »=Kiruwassile Berg=, 31. März 1892, Ungestörte Schichten«.

   13. »=Mossonge=, Ngoroïne, 6. Juni 1892«.

Als ein zweifelloses Glied der krystallinischen Schiefer ist endlich
ein grobspäthiger, =körniger Kalk= von

   »=Njoronyor=, 18. Februar 1892, Str. SO., NW., F. NO. 45°«

zu erwähnen, dessen oft mehrere Cubikcentimeter messende
Kalkspathindividuen Graphitblättchen von den winzigsten
Dimensionen bis zu 3 mm Durchmesser und nicht selten sehr guter
krystallographischer Ausbildung eingewachsen enthalten.

       *       *       *       *       *

Von den


•Aelteren Eruptivgesteinen•

ist die saure Reihe durch ein Vorkommen von =Quarzporphyr=, die
basische hingegen durch eine grössere Zahl von =diabas=artigen
Gesteinen vertreten.

Der im Handstück grünlich graue =Quarzporphyr= ist mit der
Fundortbezeichnung:

   »=Irangala=, =Usinja=, 18. August 1892«

versehen und zeichnet sich durch die grosse Menge von Einsprenglingen
aus, die quantitativ fast der Grundmasse gleichkommen. Zum grössern
Theil bestehen sie aus Feldspath, der mattweiss, zuweilen auch
gelblichgrün gefärbt und selten in gut ausgebildeten Krystallen
zu beobachten ist, während der glasglänzende, fast bläuliche
Quarz häufiger, mehr oder weniger deutlich in Dihexaederformen
erscheint. Unter dem Mikroskop zeigt sich, dass die Verwitterung
des Gesteins eine weitergehende ist, als sich aus dem Aussehen
schliessen lässt; denn die Feldspathe sind grossentheils
getrübt und mit schuppig-stengeligen Gemengen von Kaolin,
Muscovitblättchen und Epidotkörnchen erfüllt. Naturgemäss ist bei den
Kalknatron-Feldspathen die Zersetzung am weitesten vorgeschritten;
die Abhängigkeit derselben von der chemischen Natur ist übrigens
auch im Einzelnen an den schalig gebauten Individuen vortrefflich zu
beobachten, indem hier von innen nach aussen die, ja vielfach auch
anderwärts bekannte, zonenweise Abnahme im Maasse der Umwandlung
sich kundgiebt. Unter den Neubildungen spielt Epidot eine besondere
Rolle; dieser ist auch die Ursache der sonst ungewöhnlichen
grünen Färbung der Feldspathe. Die eigentliche Grundmasse ist ein
äusserst feinkörniges Gemenge von Quarzkörnchen und bräunlichen
Glimmerblättchen, in dem wohl auch Feldspath, allerdings nicht in
sicher unterscheidbarer Form enthalten ist. Zwischen gekreuzten
Nicols lässt sich häufig eine mosaikartige Anhäufung der ersteren
beobachten, eine Erscheinung, die hier wohl nicht auf dynamische
Wirkungen zurückzuführen sein dürfte, da die Krystalleinsprenglinge
im Ganzen sehr wenig mechanische Deformationen zeigen. Dagegen
sind tiefeingreifende, sack- oder schlauchförmige Einbuchtungen der
Grundmasse in die Quarze vielfach zu beobachten; zuweilen erscheinen
diese magmatischen Corrosionen sogar in einem solchen Maasse, dass
die Quarzdihexaeder einen ganz skelettartigen Habitus besitzen. Durch
die massenhafte Ausscheidung kaolinartiger Substanzen matt und trübe,
liegt die Grundmasse offenbar in einem stark veränderten Zustande
vor; auf das ursprüngliche Vorhandensein einer Fluidalstruktur lässt
die hin und wieder zu beobachtende Parallellagerung und stromartige
Gruppirung der Glimmerblättchen schliessen, die selbst übrigens den
Eindruck von Neubildungen machen. Von accessorischen Bestandtheilen
fallen die zahlreichen Zirkone auf, die meist in der Grundmasse
zerstreut, zuweilen aber auch in den Feldspathen eingewachsen sind,
von deren Zersetzungsproducten sie sich erst im polarisirtem Lichte
durch ihre lebhaften Farben deutlich abheben.

Die aus dem Expeditionsgebiete stammenden älteren =basischen
Eruptivgesteine= zerfallen in =Diabase= und =Gabbros=; für die
Angehörigen beider Gesteinsfamilien ist die Ausbildung einer deutlich
ophitischen Struktur sehr charakteristisch. Sehr feinkörnige
=Diabase=, im Handstück fast dicht erscheinende Gesteine von
grünlich-grauer Farbe, liegen vor von

   1. »=Ormuti=, =Bach in Ikoma= (=Elmarau=), 2. April 1892. 2^h 45
      p. m. Str. NS., F. ┴«

und

   2. »=Grumeti-Bach=, 4. April 1892. NO.-SW., F. SO. 70°«,

also aus dem Gebiet unmittelbar östlich vom Speke-Golf, wo sie, den
Bemerkungen auf den Etiketten zufolge, in Form von Gängen zu Tage
treten. Bei der relativ geringen Betheiligung von Augit und der,
durch dessen helle Eigenfarbe bedingten, lichten Gesammtfärbung der
Gesteine stehen dieselben den Leukophyren nahe. Die Feldspathe zeigen
meist nur eine einfache Zwillingsbildung; doch ergiebt sich aus der
Bestimmung der Auslöschungsschärfe auf P, dass ihre Hauptmasse einem
andesinartigen Plagioklas angehört, während einige wenige, gerade
auslöschende Leistchen ohne jegliche Zwillingsstreifung wohl dem
orthotomen Feldspath zugerechnet werden dürfen. Im Ganzen erscheinen
die Feldspathe noch sehr frisch; ihre Verwitterung beschränkt sich
eigentlich auf die Vermehrung und Erweiterung ihrer Spaltrisse,
auf denen sich Verwitterungsproducte des Augits, Chlorit in feinen
grünen Schüppchen und namentlich faserige Hornblende angesiedelt
haben. Um so intensiver sind die Augite von der chemischen Zersetzung
ergriffen worden; denn sie erscheinen bis auf sehr geringe Reste
in schuppig-faserige Gemenge von Chlorit und Hornblende, vor Allem
aber in Epidot umgewandelt, der in compacten, intensiv gelbgefärbten
Individuen nunmehr vielfach die Stelle des Augits in dem ophitischen
Mineralgemenge vertritt.

Das Gestein von Ormuti ist häufig von Quarzadern durchtrümmert,
die makroskopisch ein faserquarzähnliches Aussehen besitzen, da
zahlreiche, schwach grünliche Hornblendenädelchen senkrecht zu
den Salbandflächen in der stengeligen Quarzmasse eingewachsen
sind. Dagegen sind in dem Diabas vom Grumeti-Bach häufig
stecknadelkopfgrosse, rundliche Anhäufungen von Chlorit zu
beobachten, die, von der Gesteinsmasse meist durch eine schmale
Zone von körnigem Epidot getrennt, gleichfalls secretionäre
Hohlraumausfüllungen darstellen.

Durch deutlichen krystallinischen Habitus und die etwas andere Art
der Zersetzung unterscheidet sich von den beiden eben geschilderten
Gesteinen der =Uralitdiabas= vom

   »=Msayubach=, 28. Juni 1892, Str. NW.-SO., F. NO. 30 undeutlich.«

Im Dünnschliff erweist er sich als ein entschieden grobkörnigeres
Gemenge von Plagioklas und Augit, in dem der reichliche Gehalt an
grossen Apatitnadeln auffällt. Die Plagioklase sind fast vollständig
in schuppige Aggregate von glimmer- und kaolinartigen Substanzen,
sowie Calcit verwandelt, aus dem augitischen Gemengtheil ist hier
vorzugsweise eine feinfaserige bläulich-grüne Hornblende -- Uralit --
hervorgegangen, die unter Verwischung der ursprünglichen Augitumrisse
sich vielfach auch in die kaolinisirten Feldspathe eingedrängt
hat. Wie sonst erscheinen auch hier Chlorit und Epidot, letzterer
namentlich auf kleinen Adern als Neubildungen; auch der nicht seltene
Quarz macht entschieden den Eindruck eines secundären Productes.
Accessorisch ist neben den erwähnten Apatiten noch Titaneisen in
ziemlich grossen Täfelchen vorhanden, von denen, in Folge der, den
Blätterdurchgängen folgenden allmählichen Umwandlung in weisse
körnige Titanitsubstanz, mehrfach nur skelettartige Reste übrig
geblieben sind.

Die Familie der =Diabasmandelsteine= ist durch zwei Vorkommen aus Uha
vertreten, nämlich von

   1. »=Uschingo=, =Uha=, 13. Okt. 1892, 10^h 31 a. m.«,

und

   2. »=Uha=, 14. Okt. 1892, 8^h 31 a. m.«

Es sind das äusserlich einander sehr ähnliche, feinkörnige,
grünlich-braune Gesteine, von denen das zweite laut einer Notiz
auf der Etikette »schalige Struktur« besitzt, die sich allerdings
an dem sehr kleinen, zur Untersuchung vorliegenden Splitter nicht
erkennen lässt. Im mikroskopischen Bilde macht sich die Neigung
zu porphyrartiger Struktur durch grössere Ausbildung einzelner
Feldspathe bemerkbar; die Umwandlung des Augits hat in dem
letzteren Gestein vornehmlich Chlorit, der sich pigmentartig in der
ganzen Gesteinsmasse vertheilt hat, und erdige Eisenoxydhydrate
geliefert, während in dem Uschingo-Gestein andererseits wieder
Epidot vorherrscht. Wo sich hier Reste von Augit erkennen lassen,
zeigt dieses Mineral die lichtgrüne Farbe des Salits, und es
scheint daher, mit Rücksicht auf die analogen Verhältnisse in
den oben geschilderten leukophyrähnlichen Diabasen, als ob die
eisenarmen bezw. eisenfreien, kalkhaltigen Diabasaugite mehr zur
Umwandlung in Epidot neigten, während die eisenreicheren -- wie
es sich eigentlich auch erwarten lässt -- sich lieber in Chlorit
und Hornblende umbilden. Der Verwitterungsgrad ist bei beiden
Gesteinen ein sehr hoher, denn auch die Feldspathe sind fast gänzlich
kaolinisirt; die Hohlraumausfüllungen bestehen aus Quarz, Epidot
und Chlorit, wobei der erstere in der Regel unmittelbar über der
Gesteinsmasse dünne Krusten bildet, die radialfaserige, polyedrisch
begrenzte Chloritaggregate umschliessen. Magnetitkörnchen, häufig zu
kreuzförmigen, skelettartigen Gebilden aneinander gereiht, sind sehr
reichlich in dem Diabasmandelstein Nr. 2 vorhanden und liegen hier
meist in einer trüben, schmutzig-braunen, gekörnelten Masse, die ganz
den Eindruck einer veränderten Glasbasis macht; in dem Gestein von
Uschingo dagegen ist Magneteisen spärlicher, um so häufiger dafür
Titaneisen in den charakteristischen rhomboedrischen Blättchen und,
wie zerhackt aussehenden, unregelmässigen Gestalten.

=Gabbro's=, also Plagioklasgesteine, in denen der gewöhnliche Augit
durch Diallag vertreten wird, wurden gesammelt in

   1. »=Meatu=, Bach 10^h 44 a. m., 19. Juni 1892«,

   2. am »=Abfall zur Wemberesteppe=, 12. Dezember 1892«,

   3. »=Kakono-Bach=, =Ussui=, 25. August 1892, 10^h 25 a. m.« und

   4. »=Ussure=, 15. Dezember 1892«.

Als ein typisches Glied dieser Familie stellt sich durch den
metallischen Glanz seines Diallags das granitisch-mittelkörnige
Gestein von Meatu unverkennbar schon im Handstücke dar, obwohl es
den relativ höchsten Grad der Verwitterung von allen Vorkommen
aufweist. Seine Feldspathe sind mattweiss, getrübt durch die
Ausscheidung von Kaolinschüppchen und Epidotkörnchen, so dass die
polysynthetische Zwillingsstreifung nur selten noch hindurchschimmert
und eine Bestimmung der Auslöschungsschiefer und somit auch der
chemischen Natur auf optischem Wege nicht thunlich erscheint.
Die Diallage sind grossentheils in bläulich-grüne schilfige
Hornblende mit starkem Pleochroismus oder auch in feinschuppige,
chloritische Massen verwandelt; wo sie sich erhielten, zeigen sie
eine schwach bräunlich-rothe Farbe und im Querschnitt neben der
gewöhnlichen, sehr vollkommenen Spaltbarkeit nach dem Prisma auch
jene charakteristische feine Liniirung parallel den Pinakoiden,
insbesondere dem Orthopinakoid, durch welche sich die nach diesen
Flächen orientirte Schaligkeit im Bau kundgiebt. Die formale
Ausbildung ist verhältnissmässig eine gute; die automorphen
Diallagindividuen sind meistens ringsum von Feldspathsubstanz
umgeben, wodurch das quantitative Zurücktreten des Diallags gegenüber
dem Plagioklas zum Ausdruck kommt. Mit scharfkantigen Apatitprismen,
auf deren zahlreichen Querrissen ebenfalls secundäre Hornblende
und Chlorit eingewandert erscheinen, treten accessorisch grössere
Titaneisentafeln auf, die infolge der schon früher erwähnten
partiellen Umwandlung im Titanit ein ganz zerfressenes Aussehen
besitzen; auch Eisenkies ist in geringer Menge eingesprengt
vorhanden.

Durch bedeutend feineres Korn und durch reichlicheren Gehalt an
Diallag unterscheiden sich die Gabbros vom Abfall zur Wemberesteppe
und vom Kakonobach von dem eben geschilderten Gestein, auch ist die
Verwitterung bei ihnen eine weit geringere; sie beschränkt sich
bei den schwach gefärbten Diallagindividuen gewöhnlich auf eine
durch Faserung erzeugte Trübung und ist selten bis zur deutlichen
Ausbildung von grünlichen Hornblende- und Chloritaggregaten
vorgeschritten; die Feldspathe sind in dem ersteren Gestein sogar
meist noch frisch und klar, was bei ihrer basischen Natur --
Auslöschungsschiefe und Aetzbarkeit deuten auf Labrador -- etwas
auffällig erscheinen mag. In dem Gabbro vom Kakonobach hingegen
erweisen sich die aus Feldspath bestehenden Gesteinspartien
allerdings mehr alterirt und die vielfach zu beobachtende,
mikropegmatetische Verwachsung kleiner, aber wasserklarer Feldspathe
mit Quarz erregt den Eindruck, als ob nach der Zersetzung von
grösseren Plagioklasindividuen eine mit Ausscheidung von Quarz
verbundene Regeneration des Feldspaths stattgefunden hätte. Infolge
des Gehaltes an Biotit, der in ziemlich zahlreichen lichtbraunen
Blättchen in der Gesteinsmasse vertheilt erscheint, zeigt dieser
Gabbro eine bemerkenswerthe Aehnlichkeit mit mehreren Vorkommen
aus dem Radauthale im Harz; von Erzen enthält er nur vereinzelte
Titaneisentäfelchen, während jener vom Westrand der Wemberesteppe
wiederum lediglich Magnetit und Pyrit als Accessorien birgt.

Als einziger =olivinführender Gabbro= stellt sich das Gestein von
Ussure dar, welches gleichfalls aus dem Gebiet der Wemberesteppe,
aber von deren Ostrande stammt. Der Olivin erscheint in den
Dünnschliffen desselben in Form von rundlichen, farblosen Körnern,
welche die für dieses Mineral charakteristische rauhe Oberfläche
und starke Lichtbrechung, hohe Polarisationsfarben und -- wo sich
Krystallformen erkennen lassen -- gerade Auslöschung besitzen und
deren Ränder durch körnige Magnetitausscheidungen meist bis zur
Undurchsichtigkeit dunkel gefärbt sind, so dass die kleineren
Individuen auf den ersten Blick hin leicht mit Anhäufungen von
Magneteisen zu verwechseln sind. Im Uebrigen ist dieser Gabbro etwas
grobkörniger als die beiden zuletzt geschilderten, jedoch quarzfrei
und etwas stärker zersetzt, so dass die Diallage wieder eine
intensivere Umbildung in grünliche Hornblende aufweisen.

       *       *       *       *       *

Von den sogenannten


•Jüngeren Eruptivgesteinen•

finden sich in Dr. Baumann's Sammlung Glieder sowohl der sauren, als
der basischen Reihe. Doch wiegen die =Basalte= vor den =Trachyten=
etwas vor, während echte Andesite überhaupt fehlen.

Von den Trachyten erregt zunächst durch sein rhyolithartiges Aussehen
die Aufmerksamkeit ein =Sodalith-Trachyt= von der

   »2. Stufe am =Plateauabfall nördlich vom Eyassi-See=, 25. März
      1892,«

der im Handstücke ein lichtgraues, porphyrisches Gestein darstellt,
in dessen glasig-cavernöser Grundmasse mit der Lupe schalig
gebaute Sanidine, gelbliche Sodalithe, die man im Hinblick auf ihre
hexagonalen Umrisse und ihren Fettglanz auf den muschelig-splittrigen
Bruchflächen zuerst für Quarze zu halten geneigt ist, und
schwärzlichgrüne Pyroxene zu erkennen sind. Die Betrachtung des
Dünnschliffs bestätigt die vorwiegend hyaline Natur der Basis,
die, an sich der Hauptsache nach farblos, meistens trübe und
undurchsichtig, geradezu bimsteinartig erscheint durch massenhafte,
schlauchartig in die Länge gezogene Poren und ferner durch schmutzig
gelbliche, eine deutliche Fluidalstruktur bedingende Schlieren, die
in Folge ihrer bald mehr globulitischen, bald mehr mikrolithischen
Entglasung schwache Doppelbrechung im polarisirten Lichte
bewirken; stellenweise bergen sie reichlich kleine Glaseier; wo die
krystallinischen Entglasungsprodukte grössere Dimensionen erreichen,
erweisen sie sich als zum Theil dem Feldspath, zum Theil dem Pyroxen
angehörig. Die Einsprenglinge bestehen der Mehrzahl nach aus Sanidin
von meist guter krystallographischer Ausbildung und im Allgemeinen
klarer Beschaffenheit. Den ausgezeichnet schaligen Bau, den
makroskopisch die ausgewitterten Individuen erkennen lassen, verräth
im Präparate der mehrfache Wechsel wasserklarer, einschlussfreier
Zonen mit solchen, welche durch massenhafte Glaspartikelchen
verunreinigt oder durch Hohlräume zellig erscheinen; auch in den
klaren Partien treten übrigens hin und wieder, parallel zu den
Flächen der Basis oder des Klinopinakoids, Interpositionen von grünen
Augitprismen und namentlich röthlichen Titanitkryställchen auf,
letztere gewöhnlich in modellmässig scharfer Ausbildung von der Form
(123) (011). Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetz ist häufig,
solche nach dem Barvenoer Gesetz seltener; dagegen ist eine Gitterung
oder polysynthetische Streifung wie auch optische Verhältnisse,
welche auf Anorthoklas oder Plagioklas schliessen liessen, nirgends
zu beobachten. Nächst dem Feldspath spielt der Augit unter den
Einsprenglingen die bedeutendste Rolle. In krystallographischer
Beziehung fast noch besser als jener, und zwar in den gewöhnlichen
Formen (100) (110) (010) (111), die zuweilen Zwillingsbildung
nach dem Orthopinakoid aufweisen, ausgebildet, zeigt er bei einer
durchschnittlich sattgrünen Grundfarbe einen sehr beträchtlichen
Pleochroismus. Der krystallographischen Verticalaxe zunächst liegt
die Axe der grössten Elasticität •a•, für welche die Farbe gelbgrün
ist; für •b• ergab die Beobachtung ein tiefes Grün während •c•
grünlich braun befunden wurde. Die Auslöschungsschiefe (•a• : •c•)
liess sich auf den wenigen, hierzu geeigneten klinopinakoidalen
Schnitten auf 16-20° bestimmen, woraus im Zusammenhalt mit den
übrigen Eigenschaften zu folgern ist, dass hier ein dem Aegirin
nahestehender, eisenreicher Augit vorliegt, eine Annahme, welche
durch die, an den meisten Individuen zu beobachtende, randliche
Ausscheidung von Eisenoxyden eine weitere Begründung erhält. Auch
der Sodalith tritt in relativ reichlicher Menge auf und zeigt gleich
den übrigen Einsprenglingen scharfe krystallographische Umrisse, dem
Rhombendodekaeder entsprechend; auf Zwillingsbildung deuten die an
einigen Individuen vorhandenen einspringenden Winkel. Abgesehen von
der Isotropie ist die Spaltbarkeit bald mehr, bald weniger gut, aber
doch immer in einem Grade zu beobachten, der die Verwechslung der im
Ganzen recht klaren sechsseitigen Durchschnitte mit solchen von Quarz
ausschliesst; parallel zu den Conturen gelagert sind, namentlich in
den äusseren Zonen, stäbchenförmige oder cubische Interpositionen
von farblosem Glas häufig, seltener die grünen Augitprismen, wie
sie auch in den Sanidinen auftreten; trübe gelbliche Massen, die
zuweilen eine feine Faserung und geringe Doppelbrechung zu erkennen
geben, durchziehen, den Spaltrissen entlang, die Sodalithsubstanz und
sind wohl als zeolithische Umwandlungsproducte derselben anzusehen.
Als accessorischer Bestandtheil der Grundmasse ist nur Titanit zu
erwähnen; die zahlreichen Hohlräume derselben, welche das poröse
Aussehen des Gesteins erzeugen, sind häufig mit dünnen Hyalithkrusten
ausgekleidet, in denen schwach doppelbrechende Tridymitblättchen in
unbedeutender Menge eingewachsen sind.

Der einzige vorliegende =Quarztrachyt= (Rhyolith) stammt von

   »=Ngorongoro=, östlicher Kesselrand, 18. März 1892.«

Er ist ein hellgraues, porphyrisches Gestein, in dem sich spärlich
Einsprenglinge von Quarz, Feldspath und einem schwarzen Bisilicat
als primäre, ockrige Krusten von Eisenoxyden mit eingewachsenen
Tridymitblättchen als secundäre Bestandtheile wahrnehmen lassen.
Die Betrachtung des Dünnschliffs zwischen gekreuzten Nicols lehrt
weiterhin, dass die äusserst feinkörnige Grundmasse ebenfalls
hauptsächlich aus Quarz und Sanidin besteht, die in inniger
gegenseitiger Verwachsung mit gewöhnlich sehr verschwommenen
Umrissen aus einem farblosen Glasschleier hervorschimmern, der
selbst wieder durch massenhafte blättrige, stengelige oder körnige
Entglasungsproducte von nicht näher bestimmbarer Natur zu einer
weisslich grauen trüben Masse devitrificirt ist. Dazu gesellen
sich zum Theil prismatische, zum Theil blättrige Fetzen einer
blaugrünen, sehr stark pleochroitischen Hornblende, die, nur selten
Einsprenglingsgrösse erreichend, vielfach zu Krystallaggregaten
verwachsen bis zu den kleinsten Dimensionen noch erkennbarer
Grundmassenbestandtheile herab in der Grundmasse reichlich vertheilt
sind. In Folge der, wie es scheint, vorwaltend nach dem Klinopinakoid
tafelförmigen Ausbildung sind deutliche Querschnitte, die zur
Bestimmung der Axenfarbe parallel zur Orthodiagonale brauchbar
wären, leider nicht zu beobachten. Die Absorption ist am stärksten
im Sinne der Verticalaxe und die Farbe für die in dieser Richtung
schwingenden Strahlen tief grünlich-blau; ob diese Elasticitätsaxe
indessen mit der Verticalaxe _c_ zusammenfällt oder einen Winkel
mit derselben bildet, lässt sich bei der tiefen Eigenfarbe und
den winzigen Dimensionen der kleineren Individuen einerseits,
der subparallelen, und darum eine exacte Beobachtung hindernden
Verwachsung der grösseren Krystallaggregate mit Sicherheit nicht
bestimmen; jedenfalls ist die Auslöschungsschiefe nur eine sehr
geringe und übersteigt nicht den Werth von 5°. Für die senkrecht zur
Verticalaxe schwingenden Strahlen ergab die Beobachtung schmutzig
grüne bis gelbliche Töne. In der Voraussetzung, dass, wie bei der
normalen Hornblende, •c• (tief blau) ungefähr = _c_ ist, während
die gelbliche Farbe der Elasticitätsaxe •a• entspricht, haben wir
es also hier mit dem nämlichen arfvedsonitartigen Amphibolmineral
zu thun, welches Mügge ebenfalls in Lipariten aus dem Massailande
(aus der Umgebung des Naiwascha-Sees) gefunden und von dem er
im IV. Beilage-Band des »N. Jahrb. f. Mineralogie« pag. 585 und
586 eine Beschreibung gegeben hat, der hier nichts Wesentliches
hinzugefügt werden kann. Die übrigen, an Zahl und Grösse nicht
sehr ansehnlichen, wasserklaren Einsprenglinge gehören Sanidin und
Quarz an und lassen sich lediglich durch die dem ersteren eigene
Spaltbarkeit von einander unterscheiden, da sie beide sowohl guter
Krystallumrisse entbehren als auch durch den bemerkenswerthen Mangel
an fremden Interpositionen -- nur sehr vereinzelte Hornblendesäulchen
und rundliche, mit Gasporen versehene Glaskörnchen finden sich
eingeschlossen -- in ihrem Aussehen sehr mit einander übereinstimmen.

Die gleiche blaue Hornblende wie in dem soeben geschilderten
Rhyolithe, jedoch in noch viel weniger zur optischen Untersuchung
geeigneten Partikelchen und wie zerfressen aussehenden Lamellen
erscheint auch in reichlicher Menge in den ebenfalls aus dem
vulkanischen Kessel von Ngorongoro stammenden =quarzfreien Trachyten=
mit den Etiketten:

   1. »=Ngorongoro=, Fuss des Abfalls beim See, 22. März 1892« und

   2. »=Ngorongoro=, Westhang, gegen Neirobi, 22. März 1892.«

Die sehr fein krystallisirte Grundmasse dieser beiden sich äusserlich
sehr ähnlichen Gesteine besteht, wie die mikroskopische Untersuchung
zeigt, zu ⅞ etwa aus klaren im Allgemeinen parallel zu einander
gelagerten Sanidinleistchen, zwischen denen eine geringe Menge von
globulitischer und stark mit Eisenoxyden pigmentirter Glasbasis
eingeklemmt ist. Die spärlichen Einsprenglinge bestehen aus Sanidin;
als Uebergemengtheil macht sich hier das in den übrigen Trachyten
fehlende Magneteisen bemerkbar.

In dem =biotitführenden Augittrachyt= von den

   »=Njogomo-Hügeln=, 27. März 1892«,

haben wir eine ganz ähnliche, sanidinitartige Grundmasse, jedoch
unterscheidet sich dieselbe von jener der zuletzt geschilderten
Gesteine durch etwas gröberes Korn und namentlich durch die
Beimengung eines augitischen Bestandtheils. Dieser Augit tritt in
rundlichen, nicht selten mit Magnetit verwachsenen Körnchen von
lichtbläulichgrüner Färbung auf, welche beim Mangel irgend welcher
krystallographischer Begrenzung und deutlicher Spaltbarkeit leider
keinerlei optische Bestimmungen gestatten; der Farbe und dem Habitus
der Körnchen nach dürfte jedoch ein gewöhnlicher, vielleicht etwas
eisenärmerer Augit, wie er sonst den jüngeren Eruptivgesteinen eigen
ist, vorliegen. Mit der bräunlichen Glasbasis und, wie sie in ihren
Umrissen ausschliesslich durch die geradlinigen Begrenzungsflächen
der Feldspathleistchen bedingt, erscheinen zwischen den letzteren
nicht selten braune, stark pleochroitische Blättchen, deren
Zugehörigkeit zum Biotit im Hinblick auf die, allerdings erst
bei stärkerer Vergrösserung wahrnehmbaren, feinen parallelen
Spaltrisse und den, den meisten Magnesiaglimmern im Vertikalschnitt
eigenthümlichen bronzeartigen Schiller, nicht zweifelhaft erscheinen
kann. Kleine gedrungene Apatitprismen und zahlreiche oktaedrische
Magnetitkörnchen bilden die accessorischen Gemengtheile dieser
Grundmasse, die eine ausgesprochene Fluidalstruktur besitzt. Wie auch
in den übrigen Trachyten bestehen die vereinzelten Einsprenglinge,
deren Grösse aber 2 mm nicht überschreitet, zumeist aus Feldspath,
hier jedoch einem polysynthetisch verzwillingten Plagioklas, dessen
optische Verhältnisse auf Andesin deuten; neben diesen kommen auch
wohlausgebildete Augite von etwas dunklerer, mehr ins Röthliche
spielenden Färbung vor, als sie den kleinen Augitkörnchen der
Grundmasse eigen ist. Sie lassen einen schwachen Pleochroismus
wahrnehmen; im Uebrigen besitzen sie keine besonders bemerkenswerthen
Eigenschaften und weichen auch in ihrem optischen Verhalten --
die Auslöschungsschiefe auf dem Klinopinakoid beträgt etwa 45-48°
-- nicht von dem gemeinen Augit der jüngeren Eruptivgesteine
ab. Sehr selten sind endlich kleine Einsprenglinge von braunen
Hornblendefragmenten mit breiten opacitischen Rändern; auch die ohne
Hornblendekern auftretenden opacitischen Haufwerke dürfen demnach als
Resorptionsproducte wohl ohne Weiteres auf ursprünglich vorhandene
Amphibole bezogen werden.

Zur Familie der Augittrachyte gehören ferner noch zwei graue, sehr
poröse und feinkrystalline Gesteine vom:

   1. »=Plateauabfall= nördl. vom =Eyassi-See=, 23. März 1892« und
      den

   2. »=Njogomo-Hügeln=, 27. März 1892«,

welche man mit Rücksicht auf die vereinzelt eingestreuten
Olivinkörner und die, durch ein schwärzliches Mineral erzeugte,
relativ dunkle Färbung der Grundmasse bei oberflächlicher Betrachtung
für Basalte halten könnte. Die nähere Untersuchung ergiebt jedoch,
dass die Feldspathe der Grundmasse Sanidine sind und unter den
Feldspath-Einsprenglingen gleichfalls die Sanidine vorwalten, sowie
ferner, dass jene scheinbar opaken Körper zu einem sehr geringen
Bruchtheil dem Magneteisen, zumeist dagegen einem dunkelgefärbten
Bisilicat angehören, das nur in sehr dünnen Schnitten mit brauner
Farbe durchscheinend wird. Obwohl die formale Ausbildung dieses
Minerals eine sehr unvollkommene ist und dasselbe fast durchweg
entweder in ganz unregelmässig begrenzten, fetzenartigen Gebilden
oder in längsgefaserten, quergegliederten Säulchen, die sehr häufig
zu mikrolithischen Dimensionen herabsinken, auftritt, so ist doch
bei den letzteren innerhalb der braunen Grundfarbe ein geringer
Pleochroismus zwischen röthlichen (parallel zur Vertikalaxe)
und gelblichen Tönen (in der Querrichtung) erkennbar; eine
Auslöschungsschiefe ist mit Sicherheit jedoch nicht zu beobachten,
so dass die Entscheidung, ob hier Hornblende oder ein rhombischer
Augit oder gar Akmit vorliegt, ohne weitergehende Untersuchungen
nicht möglich erscheint. Verhältnissmässig am nächsten liegt noch,
das Mineral als einen durch Verwitterung gefaserten und durch
Imprägnation mit Eisenoxydhydraten tief gefärbten Hypersthen zu
deuten, auf den auch die erwähnte Mikrostruktur passen würde. Neben
diesem mit Sicherheit nicht zu bestimmenden Bisilicat ist noch ein
anderes in Form von sehr kleinen, dünnen Blättchen vorhanden, die
eine rauchgraue, bald mehr ins Violette, bald mehr ins Bräunliche
spielende Farbe besitzen; ihre Umrisse sind zuweilen annähernd
hexagonal, gewöhnlich rundlich, in der Regel jedoch vielfach
eingebuchtet. Sehr häufig sind sie zu schuppig-blättrigen Aggregaten
verwachsen; liegen sie schräg im Schliff, so zeigen sie trotz
ihrer Dünne einen deutlich wahrnehmbaren Pleochroismus und eine
zarte, die Spaltrisse verrathende Liniirung und bekunden durch
diese Eigenschaften ihre Zugehörigkeit zum Glimmer. In geringer
Menge ist auch eine farblose Glasbasis zu konstatiren, welche die
feinkrystalline Grundmasse wie ein zarter Schleier umhüllt und nur
selten in selbstständigen Partien innerhalb derselben auftritt. Die
spärlichen Einsprenglinge gehören, was die Feldspathe anbelangt,
theilweise dem Sanidin, theilweise natronreichen Plagioklasen an;
im Uebrigen erscheinen noch in dieser Form gemeiner bräunlicher
Augit, opacitisch umränderte Fragmente von Hornblende und endlich
auch Olivin, dessen wohlausgebildete, durch Eisenoxydhydrat goldgelb
gefärbte Krystalle, wie erwähnt, schon bei der Betrachtung des
Handstücks die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Von Accessorien sind
Magneteisen in winzigen Oktaederchen und Apatit in den bekannten
gedrungenen Säulchen zu erwähnen, die durch zahlreiche, parallel
zur Hauptaxe verlängerte Hohlräume fein gestrichelt erscheinen und
deshalb im Querschnitt ein noseanähnliches Aussehen besitzen.

Die Familie der =basaltischen= Gesteine ist durch feldspathreiche,
meist olivinarme =Plagioklasbasalte=, durch augit- und olivinreiche
=Limburgite= und ferner durch ein Vorkommen von =Melilithbasalt=
repräsentirt, welche mit Ausnahme des letzten sämmtlich vom Westrand
des Grossen Grabens und dem unmittelbar sich daran schliessenden
Mutyekplateau stammen.

Nahezu olivinfreie Varietäten der ersten Gruppe, der
Plagioklasbasalte hat Dr. Baumann am

   1. »SW. =Rand des Ngorongo-Kessels=, 21. März 1892« und bei

   2. »=Neirobi=, unweit des Lagers, 23. März 1892«

gefunden; mikroskopisch sind es sehr feinkörnige Gesteine von
schmutzig-brauner Farbe, von denen das erstere, durch ½ cm lange,
parallel gelagerte Plagioklastafeln und -leisten porphyrisch und
gleichzeitig fluidal struirt, Neigung zu parallelepipedischer
Absonderung zeigt, während das letztere gleichmässig feinkrystallin,
nur in Folge von Farbenunterschieden schlierig erscheint und
kugeligschalige Verwitterungsprodukte liefert. U. d. M. erscheinen
die Grundmassen bei dem ansehnlichen Vorwalten des Feldspaths
gegenüber dem Augit als andesitartig; dem spec. Gewicht (circa
2,68) nach gehören die in schmalen Leistchen ausgebildeten
Plagioklase zum Labrador, auch die optischen Verhältnisse der
grösseren Feldspatheinsprenglinge deuten auf diesen kalkreichen
Plagioklas. Die in Gestalt von rundlichen Körnchen in der
Grundmasse vorhandenen oder in unregelmässigen Krystallfragmenten
eingesprengten Augite geben bei der gewöhnlichen röthlich-braunen
Farbe zu besonderen Bemerkungen keinen Anlass; farbloses Glas
ist an manchen Stellen noch im unveränderten Zustande erkennbar,
Magnetit ist ziemlich reichlich eingestreut, auch Apatitnädelchen
namentlich in den glashaltigen Gesteinspartien ein häufiger
Uebergemengtheil. Ob die gleichfalls in sehr ansehnlicher Menge
die Gesteinsmasse durchziehenden feinfaserigen oder schuppigen,
chloritisch-serpentinösen Secundärproducte, welche je nach dem
Oxydationsgrade des in ihnen enthaltenen Eisens bald mehr grünlich,
bald mehr gelblich gefärbt sind, auf zersetzten Olivin bezogen
werden dürfen, ist bei dem gänzlichen Fehlen der für dieses Mineral
charakteristischen Durchschnitte zweifelhaft, immerhin aber in hohem
Grade wahrscheinlich.

Die drei normalen, =olivinführenden Plagioklasbasalte= kommen von

   1. »=Mutyek=, unweit des Laalangalang-Bachs, 17. März 1892«

   2. »=Ngorongoro=, Kesselgrund, 19. März 1892« und von der

   3. »Dritten Stufe am =Plateauabfall nördl. des Eyassi-Sees=, 25.
      März 1892.«

Der erstere liegt in einer stark verwitterten, schalige Struktur
besitzenden Kugel, die beiden letzteren in dunkel- bezw. hellgrauen,
feinkrystallinen, fast dicht erscheinenden Belegstücken vor,
welche plattige Absonderung erkennen lassen. Der Olivin tritt in
diesen Gesteinen sowohl in wohlconturirten Einsprenglingen, wie als
Gemengtheil der Grundmasse auf; namentlich reichlich erscheint er in
dieser letzteren Rolle in dem Basalt vom Plateauabfall nördlich des
Eyassi-Sees, wo seine kleinen Körnchen durch ihre goldgelbe Färbung
schon bei der Betrachtung des Dünnschliffs im gewöhnlichen Lichte die
Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mehr versteckt ist er auch in der
Grundmasse des Gesteins aus dem Ngorongoro-Kessel vorhanden; hier
sind seine Durchschnitte jedoch meist farblos, höchstens grau oder
schwach grünlich gefärbt und erst zwischen gekreuzten Nicols durch
ihre hohen Polarisationsfarben vom Feldspath sicher zu unterscheiden.
Der Zusammenhang der auch in diesem Gesteine vielfach zu
beobachtenden grünlichen Secundärgebilde mit Olivin ist hier deutlich
nachweisbar, indem dieselben von den grösseren Olivineinsprenglingen
weg sich gerade besonders reichlich in die umlagernde Grundmasse
verzweigen. Bemerkenswerth ist noch, dass neben dem äusserst
feinkörnig verstreuten Magnetit auch vereinzelte Oktaeder desselben
grössere Dimensionen erreichen, welche sie schon makroskopisch
wahrnehmbar machen, dass hingegen Feldspatheinsprenglinge den beiden
ersteren Gesteinen vollständig fehlen und im letzten sehr selten
zu beobachten sind, wie auch solche von Augit durchaus eine sehr
untergeordnete Rolle spielen.

Die Gesteine vom

   1. »Abfall des =Mutyek-Plateau= oberhalb =Leilei=, 13. März 1892«,

   2. »=Mutyek-Plateau=, 14. März 1892«,

   3. »=Murerá-Bach=, =Mutyek-Plateau=, 16. März 1892« und

   4. »=Mutyek-Wald=, 18. März 1892«

und ferner einige Stücke, bei welchen leider die Angabe des Fundorts
mangelte, sind bei dem entweder gänzlichen Fehlen oder der nur sehr
geringfügigen Ausbildung eines farblosen Silicats als =Limburgite= zu
bezeichnen. Makroskopisch charakterisirt durch die aussergewöhnlich
grosse Zahl und die meist sehr beträchtlichen Dimensionen der
lediglich aus Augit und Olivin bestehenden Einsprenglinge, welche
bei mehreren Vorkommen förmlich ein breccienartiges Aussehen, wie
es auch dem typischen Gestein von der Limburg am Kaiserstuhl eigen
ist, erzeugen, besitzen sie eine durch massenhaft eingesprengtes
Magneteisen sehr dunkel gefärbte Grundmasse, die fast nur von
röthlich-violetten Augitkörnchen gebildet ist, zwischen denen sich
hin und wieder einmal ein Feldspathleistchen, reichlicher jedoch
Partien bräunlichen oder farblosen Glases vorfinden. Bei der
wasserklaren Beschaffenheit des letzteren denkt man zunächst an
Nephelin; indessen konnte bei keinem der erwähnten Gesteine auch
nur eine Spur von Gelatinebildung bei der Behandlung mit Salzsäure
beobachtet werden, welche diese Vermuthung zu stützen geeignet
gewesen wäre, wohl aber eine gewisse Zersetzbarkeit jener, der
Doppelbrechung entbehrenden Substanz, die auf einen ziemlich hohen
Natrongehalt derselben schliessen lässt. Verhältnissmässig reichlich
findet sich Feldspath -- Sanidin -- in dem Gestein vom Murerá-Bach,
und zwar in einer für Basalte etwas ungewöhnlichen Form. Hier bergen
nämlich die zahlreichen farblosen Glaspartien von rundlicher oder
länglicher Gestalt zierliche wasserklare Leistchen, die höchstens
0,03 mm in der Breite bei 4-5facher Länge erreichen; augenscheinlich
sind dieselben sehr dünn, so dass zur Wahrnehmung der zwischen
gekreuzten Nicols sehr schwachen Doppelbrechung ein Gypsblättchen
zu Hülfe gezogen werden muss. Trotz dieser Dünne aber lässt sich
deutlich eine Zwillingsbildung nach der Längsrichtung beobachten,
bei der die beiden, sonst schwache Farbenunterschiede aufweisenden
Individuen gleichzeitig gerade auslöschen. Parallel zu den
Längsseiten verlaufen zarte Spaltrisse, auch senkrecht zu denselben
sind zuweilen solche wahrnehmbar, die, mitunter sich zu klaffenden
Spalten erweiternd, eine bemerkenswerthe Quergliederung erzeugen.
In der Regel sind die Leistchen an ihren schmalen Seiten gradlinig
begrenzt; sehr selten ist statt dieser gradlinigen Endigung aber
auch eine solche durch zwei Flächen zu beobachten, die einen stumpfen
Winkel von circa 120° mit einander bilden. Nach diesen Eigenschaften
liegt hier zweifellos Sanidin vor, dessen Bildung in einem ziemlich
vorgerückten Stadium der Gesteinsverfestigung innerhalb der Glasbasis
erfolgt sein muss, da er ausschliesslich in seinem Auftreten an diese
gebunden, der übrigen Grundmasse aber völlig fremd ist. Ueber die
porphyrisch eingesprengten Augite, die bald eine röthliche, bald eine
violettgraue Farbe und infolge ihres zonaren Baues meist dunklere
Randzonen besitzen, ist ebensowenig wie über die mehr oder weniger
stark zersetzten und verschiedentlich gelb gefärbten Olivine etwas
Wesentliches auszusagen. Dagegen muss noch des Auftretens von Biotit
gedacht werden, der in kleinen braunen, häufig regelmässig hexagonal
begrenzten Blättchen namentlich in der Nähe der Gesteinshohlräume
sich findet, nicht selten auch in diese frei hineinragt und darum
gleichfalls als eines der letzten Consolidationsproducte angesehen
werden mag.

Eine schlackig poröse, vulkanische Bombe, welche am

   »Nordende des =Manyara-See=, 11. März 1892«

gefunden wurde, gehört nach ihrer mineralogischen Zusammensetzung,
insofern Feldspath sich nicht an ihrer Grundmasse betheiligt,
ebenfalls zu den limburgitischen Gesteinen. Als fremde Einschlüsse
enthält sie zahlreiche, von concentrischen Rissen durchzogene
Quarzkörnchen, die von der Gesteinsmasse selbst immer durch einen
mehr oder weniger breiten Augitsaum getrennt sind.

Durch die sehr zahlreichen Einsprenglinge äusserlich mit den
Limburgiten verwandt erscheint der graue Basalt von der

   »sechsten Stufe auf der =Plateauhöhe vom Nordende des Eyassi-See=,
      25. März 1892«;

die beträchtliche Ausscheidung von Plagioklas in der ausserdem aus
Augit und bräunlichem Glas bestehenden Grundmasse lässt ihn jedoch
richtiger als ein Mittelglied zwischen den Limburgiten und den
Plagioklasbasalten bezeichnen.

Auch der von dem

   »Hang beim =Makinga-Hügel=, 16. Januar«

stammende Melilithbasalt gehört zu den, Glas in sehr ansehnlicher
Menge führenden Gesteinen. Der Hauptbestandtheil seiner Grundmasse
ist gelblicher, prismatisch ausgebildeter Augit, der in einer
ebenso gefärbten Glasbasis eingebettet liegt. Durch Salzsäure
erweist sich die letztere als leicht angreifbar, wie denn auch
ihre häufige Trübung und die, in den nicht seltenen Hohlräumen zu
beobachtende, reichliche Ansiedelung von Zeolithen und Calcit für
eine sehr basische Zusammensetzung sprechen. Massenhaft ist Perowskit
vorhanden, zum Theil in trüben, gelblichen Körnchen, zum Theil auch
in scharf ausgebildeten oktaedrischen Kryställchen. Seine Anwesenheit
gab erst Veranlassung auch nach Melilithen zu suchen; und in der
That fanden sich, wenn auch recht spärlich die charakteristischen
rectangulären Durchschnitte dieses Minerals, deren richtige Deutung
im Hinblick auf ihr optisches Verhalten und ihre von den Längsseiten
aus vorschreitende Faserstruktur nicht zweifelhaft sein kann.
Die grösseren erscheinen im Innern noch relativ frisch und nur
an den Rändern in die nämlichen schmutzigweissen, zeolithischen
Massen umgewandelt, welche nach den kleineren Individuen förmliche
Pseudomorphosen bilden. Als Accessorien sind weiterhin Magnetit und
Apatit in reichlicher Menge zu nennen; die Einsprenglinge bestehen
aus verhältnissmässig kleinen Augitkrystallen, deren Farbe einen
Stich ins Grünliche zeigt und aus ebensolchen von Olivin, die von
undurchsichtigen ockerigen Zersetzungskrusten umgeben sind, während
ihr Inneres häufig noch ganz klar erscheint.

       *       *       *       *       *


•Die Sedimentgesteine•

nehmen in Dr. Baumann's Sammlung eine nicht sehr hervorragende
Stellung ein; doch besitzen manche von ihnen eine gewisse
wirthschaftliche Bedeutung. So dürften vor allem die =Kalksteine=,
welche sich an mehreren Punkten im Gebiet der altkrystallinen
Gesteine vorfinden, neben den im Urgebirge selbst eingelagerten
körnigen Kalken, als Baumaterial von grossem Werthe sein. Zum Theil
sind es gleichmässig körnige, fast dicht erscheinende, dolomitische
Kalke von gelblicher Farbe, denen hier und da in Gestalt kleiner
Körnchen etwas Urgebirgsmaterial beigemengt ist, zum Theil sind
es bräunliche, dünnschiefrige Kalkmergel; ihrer Mikrostruktur
nach sind die ersteren meist undeutlich oolithisch. Ueber ihre
Lagerungsverhältnisse konnten nur ungenügende Beobachtungen gemacht
werden. In Bezug auf ihr geologisches Alter lässt sich leider auch
nichts Bestimmtes sagen, da sie weder makroskopisch Fossilreste
bergen, noch mikroskopisch solche in ihnen wahrnehmbar sind; allem
Anschein nach sind sie mesozoischen Alters und lassen, hinsichtlich
ihrer Farbe und Struktur, eine grosse Aehnlichkeit mit europäischen
Juragesteinen nicht verkennen. Die reineren =Kalke= stammen von

   1. »=Ngorongoro=, Kesselgrund am See, 21. März 1892«,

   2. »=Serengeti=, zwischen Njogomo und Duvai bei den Massai-Lagern,
      27. März 1892«,

   3. »Unweit =Marago Duvai=, 28. März 1892«,

   4. »=Ikoma=, 8. Juni 1892, 11^h 39 a. m.«.

   5. »=Towa Bach=, Ntussu, 17. Juli 1892«,

   6. »=Uha=, 20. Oktober 1892, Str. NNO., F. OSO. ca. 60°«,

   7. »=Irangi=, Abfall zum =Bubufluss= 29. Dezember 1892. Schichtung
      nicht wahrnehmbar«,

die =Mergel= dagegen rühren von

   1. den »Hügeln bei 1^h 5 p. m. 1. April 1892, vor =Elmarau=« und

   2. »=Uha=, =Uschingo=, 13. Oktober 1892, 6^h 40 a. m. Ungestört.«

her.

Neben diesen compacten Kalksteinen scheinen übrigens auch recente
Kalksinterbildungen, welche zu dem genannten Zweck ebenso gut
brauchbar sind, wenn auch wahrscheinlich in geringer Mächtigkeit,
doch weit verbreitet zu sein. Solche meist weisse, bröckelige,
schalige Incrustationen hat Dr. Baumann an folgenden Punkten
angetroffen:

   1. »Auf der Anhöhe am Nordende des =Manyara-Sees=, 12. März 1892«,

wo sie laut einer Bemerkung auf der Etikette, auch das Bindemittel
eines Conglomerates bilden und im Gegensatz zu den übrigen, häufig
grau gefärbt und von grosser Festigkeit sind; ferner

   2. am »=Singisa-See=, Turu, 19. Dezember 1892«,

   3. am »=Lolduman-Hügel=, 6. Februar 1893« und

   4. »Unweit des =Balbaliberges= in der =Kiwaya-Steppe=, 13. Februar
      1893.«

=Hornstein=knollen, wahrscheinlich aus den zuerst erwähnten
mesozoischen Kalken stammend, liegen vor von

   1. »=Buenyi= am Nyansa«,

in der gewöhnlichen grauen Farbe; 2. röthlich gefärbt und durch
schlecht erhaltene, auffallend weitgekammerte Foraminiferenschälchen
ausgezeichnet, in einem leider nicht mit der Angabe des Fundortes
versehenen Fragment, und endlich in

   3. »Strandgeröllen vom Ufer des =Balangda-Salzsees=, =Mangati=,
      25. Januar 1893«,

die lichtgrau gefärbt sind und eine runzelig-zerfressene Oberfläche
besitzen.

Von practischer Verwerthbarkeit dürften noch ein plastischer grauer
=Töpferthon= von

   »=Unyanganyi=, 21. Dezember 1892«

und weisse, durch Glimmer und Quarzpartikelchen nur wenig
verunreinigte =Kaoline= sein, welche in

   1. »=Ussui=, 26. August 1892« und

   2. »=Imbo=, =Urundi=, 22. September 1892«

offenbar die in situ befindlichen Verwitterungsproducte
feldspathreicher Urgebirgsgesteine darstellen.

Von =Eisenerzen= liegt krystallinisch-blättriger =Rotheisenstein= von

   »=S.O. Urundi=, 8. Oktober 1892, 8^h 58 a. m.«,

stalaktitischer =Brauneisenstein= bezw. =Raseneisenstein= von

   »=Nord Urundi=, 9. September 1892« und vom

   »Tümpelrand beim Lager =Urambo=, 29. Oktober 1892«

vor; ausserdem ist ein gänzlich verwitterter Gneiss von

   »=West Ussui=, in Klötzen am Hang verstreut, 4. September 1892«,

in einem solchen Grade mit Hämatit imprägnirt, dass er für die
Eisengewinnung local vielleicht von einer gewissen Bedeutung sein
könnte.

In der Gruppe der vorwiegend chemischen Sedimente möge hier auch noch
das Vorkommen von =Salzen= Erwähnung finden, von welchen diejenigen
von Kochsalz im Innern von Deutsch-Ostafrika selbstredend eine grosse
wirthschaftliche Bedeutung besitzen. Dr. Baumann hat eine Anzahl
von solchen Salzproben zum Theil als natürliche Efflorescenzen in
der Umgebung der zahlreichen Natronseen gesammelt, zum Theil von den
Eingeborenen erhalten, welche Salz aus diesen salzreichen Sedimenten
auswaschen und sich augenscheinlich mit sehr unreinen Producten
begnügen. Die vorliegenden Salzproben stammen von

   1. »=Südl. Uha=, =Uvinsa=«,

   2. »=Singisa-See=, =Turu=«,

   3. »=Nyarasa=, Salzefflorescenz«,

   4. »=Mangati=, Balangda-See«,

   5. »Strandsalz (Magadi) =Manyara-See=, Nordende, 11. März 1892«,

   6. »Magadi vom Südende des =Manyara-Sees=«,

   7. »Salziger Lehm von =Laua ya Sereri=, Kutadus Land, =Umbugwe=«,

   8. »=Irangi=, aus dem Boden gewaschen«.

Sie sind grossentheils stark verunreinigt durch sandig-thonige
Beimengungen und zeigen eine sehr schwankende chemische
Zusammensetzung, indem bald Chlornatrium, bald kohlensaures
Natron, bald schwefelsaures Natron vorherrscht. Mit Ausnahme des
letzten, von Irangi herrührenden, relativ reinen Kochsalzes, dessen
qualitative Prüfung auch die Anwesenheit von Magnesia ergab, sind
die vorerwähnten Salzproben im chemischen Laboratorium der Königl.
Bergakademie zu Berlin analytisch untersucht worden. Diesen Analysen
zufolge ist die Zusammensetzung der Salzproben No. 1-7:

   ==============================++=======+=======+=======+=======
   100 Theile Salz enthalten von || No. 1 | No. 2 | No. 3 | No. 4
   ==============================++=======+=======+=======+=======
   Chlornatrium                  || 95,57 | 87,53 | 83,22 | 59,53
   Schwefelsaures Natron         ||  1,09 |  2,13 |  1,68 | 22,74
   Kohlensaures Natron           ||  0,12 |  0,07 |  8,61 | 13,13
   Schwefelsaures Kali           ||  1,22 |  --   |  --   |  --
   Phosphorsaures Natron         ||  --   |  --   |  --   |  --
   Thon, Sand                    ||  2,00 | 10,27 |  6,49 |  4,60
   ------------------------------++-------+-------+-------+-------
                                 ||100,00 |100,00 |100,00 |100,00

   ==============================++=======+=======+=======+
   100 Theile Salz enthalten von || No. 5 | No. 6 | No. 7 |
   ==============================++=======+=======+=======+
   Chlornatrium                  || 39,64 |  5,38 |  2,31 |
   Schwefelsaures Natron         ||  1,31 | 20,46 |  4,05 |
   Kohlensaures Natron           || 10,48 | 48,63 | 12,92 |
   Schwefelsaures Kali           ||  --   |  --   |  --   |
   Phosphorsaures Natron         ||  0,40 |  0,34 |  --   |
   Thon, Sand                    || 48,17 | 25,19 | 80,72 |
   ------------------------------++-------+-------+-------+
                                 ||100,00 |100,00 |100,00 |

Sehr auffallend ist die grosse Verschiedenheit der Salze vom
Manyara-See No. 5 und 6; das letztere dürfte, ebenso wie No. 4,
wegen des hohen Gehalts an Natronsulfat und Natroncarbonat sich zur
Verwendung als Speisesalz ohnehin nicht mehr eignen.

Im Anschluss hieran mag noch an dieser Stelle erwähnt werden, dass
Dr. Baumann auch •Wasserproben• mitgebracht hat und zwar vom

   1. »=Balangda-See=, Mangati,«

   2. »=Eyassi-See=, Nordende, 24. März 1892,«

   3. »=Manyara-See=, 10. März 1892« und von einer

   4. »=Heissen Quelle am Manyara-See=, Temp. 80° C., 10. März 1892«,

sie wurden gleichfalls im chemischen Laboratorium der Königl.
Bergakademie zu Berlin der Analyse unterworfen, welche ergab, dass in
1000 Theilen Wasser enthalten sind von:

 ===============================++========+========+========+========
                                ||  No. 1 |  No. 2 |  No. 3 |  No. 4
 ===============================++========+========+========+========
 Chlornatrium                   || 144,40 |  18,80 |   4,80 |   0,62
 Schwefelsaures Natron          ||  41,00 |   1,79 |   0,53 |   0,11
 Kohlensaures Natron            ||  94,10 |  10,50 |  12,04 |   1,50
 Schwefelsaures Kali            ||   3,50 |   --   |   0,24 |   --
 Phosphorsaures Natron          ||   0,40 |   0,09 |   0,12 |   --
 Schwefelnatrium                ||  Spur  |   --   |  Spur  |   --
 -------------------------------++--------+--------+--------+--------
 Summa der festen Bestandtheile:|| 283,40 |  31,18 |  17,73 |   2,23

       *       *       *       *       *

Was zum Schlusse die im Expeditionsgebiete gesammelten wesentlich
=klastischen= Sedimentgesteine anlangt, so zerfallen dieselben
in =Grauwacken=, =Sandsteine= und =Schieferthone=, welche leider
ebensowenig wie die Kalksteine, wegen des Mangels an Fossilresten
eine nähere Altersbestimmung ermöglichen; indessen besitzen die
verkieselten Grauwacken von

   1) »=Kiruwassile-Bach= (Lager), 30. März 1892«

   2) »=Bach=, 1^h 27 v. 1. April 1892 vor Elmarau Str. NS. F. W.
      20°«

   3) »=Usenye-Hügel=, 7. April 1892 früh«

   4) »=Kiruwiru= am =Speke-Golf=, 8. Mai 1892 Str. NS. F. SO. ca.
      70°«

   5) »=N. Urundi=, 10. Sept. 1892 8^h 2. a. m. Lagerung nicht
      sichtbar«

einen entschieden palaeozoischen Habitus. Aeusserlich Quarziten
ähnlich, bestehen sie grösstentheils aus Quarzkörnchen, denen
in geringem Maasse Feldspathpartikelchen beigemengt sind; das
Bindemittel ist schwach doppelbrechende Kieselsäure, mehr oder
weniger mit Eisenoxyden imprägnirt; nur bei No. 4 zeigt das Caement
mehr die klastische Natur eines feinen chloritischen Detritus und dem
entsprechend ist auch die Gesteinsfarbe eine grünliche, während die
zuerst genannten Vorkommen roth gefärbt erscheinen.

=Sandsteine= wurden angetroffen

   1) »Wasserriss bei =Nyaruvunga=, =Ussui=, 25. August 1892 7^h 12
      a. m. Str. NNO-SSW. F. WNN. circa 20°« und

   2) »=Uyogoma=, =W. Ussui=, 30. August 1892, 5^h 53 a. m. Str.
      NNO.-SSW. F. NNW. ca. 10°«.

Der erstere ist ein mittelkörniger, mit Eisenoxydkrusten überzogener
Quarzsandstein, der letztere äusserst feinkörnig und durch Beimengung
von Feldspathmaterial mehr arkoseartig.

=Schieferthone=, z. Th. hart und splitterig, z. Th. weich und erdig,
fanden sich in dem Grauwackenstrich vor Elmarau (s. o.), nämlich

   1) »Bach 3^h 9 p. m. vor =Elmarau=, 1. April 1892«

ebenso in

   2) »=Nord Urundi=, 8. Sept. 1892 Str. NO.-SW. F. ┴«

ferner

   3) »Am =Rubana-Fluss=, =Nata=, 7. Juni 1892«

   4) »=Kisura=, =Urundi=, 7. Oktober 1892« und

   5) »SO. =Urundi=, 7. Oktober 1892, 9^h 40 a. m. Str. O.-W. auch
      nach SO.-NW. F. N 40°«.

In Verbindung mit den jüngeren Eruptivgesteinen treten endlich
im »Grossen Graben« und auf dem Mutyek-Plateau auch =vulkanische
Trümmergesteine= -- =Tuffe= -- auf, die aus lockerem Auswurfsmaterial
bestehend, durch kalkiges Bindemittel verfestigte Massen sind. Es
sind meist scharfkantige Bruchsplitter, sehr selten vollständige
Kryställchen von Augit und Feldspath, hin und wieder auch Olivin
und Quarz neben reichlichem Magneteisen, die sie zusammensetzen.
Besondere Verbreitung scheinen diese Tuffe

   1) »Am Plateauabfall nördlich vom =Eyassi-See=«

zu besitzen, indem von hier mehrere, z. Th. sehr bröckelige Proben
vorliegen.

Die übrigen stammen von

   2) »=Lgeju Sinoni=, =Serengeti=, 28. März 1892, horizontal«

   3) »=Makenga Bach=, 10. Januar 1893« und vom

   4) »Nordende des =Maitsimba-Sees=, =Ufiomi=, 28. Januar 1893«.

In den Trachyttuffen vom Eyassi-See begegnen wir, mit Ausnahme
des Sodaliths allen Konstituenten des oben (p. 282) geschilderten
Sodalithtrachyts wieder; der Tuff vom Makenga-Bach hat bei einem
geringen Olivingehalt mehr basaltischen Charakter, in jenem von
Serengeti ist in Gestalt von Turmalin führenden Quarzkörnchen
augenscheinlich auch Urgebirgsmaterial vorhanden, während der
lichtgraue kalkreiche Tuff vom Maitsimba-See mehr den Eindruck eines,
mit viel vulkanischem Material vermengten, lacustren Sedimentes
macht.

       *       *       *       *       *

Wenn in den vorstehenden Zeilen auch wichtige neue Beobachtungen
nicht enthalten sind, so ist das ihnen zu Grunde liegende Material
doch höchst schätzbar für die Erweiterung unserer petrographischen
Kenntnisse von dem Inneren Deutsch-Ostafrika's und der Eifer,
wie das Verständniss, mit dem Herr Dr. Baumann auch in dieser
Beziehung wieder gesammelt hat, im höchsten Grade anerkennenswerth.
Vom wirthschaftlichen Standpunkte aus dürfte auch bei ferneren
Expeditionen ein besonderes Augenmerk auf das Vorkommen und
die Verbreitung der nutzbaren Mineralien und Gesteine, der
Kalksteine, Thone, Salze, Eisenerze u. s. w., zu richten sein; die
wissenschaftliche Geologie andererseits wird dankbar sein für alle,
auch scheinbar geringfügigen Angaben in Bezug auf die Lagerungs- und
gegenseitigen Verbandsverhältnisse der Gesteine, namentlich auch über
das Vorkommen von fossilen Einschlüssen in den Sedimenten, welche
für die ungefähre Altersbestimmung, für den geologischen Bau dieser
Länderstriche im Besonderen und für die Erdgeschichte im Allgemeinen
als brauchbare Anhaltspunkte dienen können.



•II. Kulturpflanzen•

gesammelt von Dr. •O. Baumann•. 1892/93.

Von Prof. Dr. •F. Körnicke•.


•Andropogon Sorghum Brod.•

Sämmtliche Exemplare gehören zu Varietäten, deren Früchte die Klappen
überragen und sich beim Drusche lösen.


•I. Sect. Effusus.•

Rispe locker, Rispenäste ausgebreitet.

 No. 12. _var. (nova) ussiensis Kcke._ Klappen rothbraun. Früchte
         roth. West-Ussui, August 1892. (Beigemischt war auch _var.
         Odongae Kcke._)


•II. Sect. contractus.•

Rispe dicht, Rispenäste aufrecht.

 No. 21. _var. yemensis Kcke._ Meatu, Juni 1892.
 No. 17. _var. albidus Kcke._ Meatu, Juni 1892.
 No. 13. _var. (nova) albofuscus Kcke._ Klappen rothbraun. Früchte
         weiss. West-Ussui, August 1892.
 No. 27. _var. Usorum N. ab E._ Urundi, Oktober 1892.
 No. 28. _var. Stuhlmanni Kcke._ Ugulula, Usinja.
 No. 29. _ "       "       "   _ Uyogoma, West-Ussui, August 1892.
         (Beigemischt war _var. Odongae._)
 No. 31. _var. Stuhlmanni Kcke._ Ngoroïne, Juni 1892.
 No. 17. _var. bicolor L._ Katoto, am Speke-Golf, Mai 1892.
 No. 22. _ "      "     "_ Meatu, Juni 1892. (Beigemischt
         war _var. yemensis._)
 No. 24?!_ "      "     "_ Der Zettel ist mir unter der
         Hand verloren gegangen.
 No. 25. _ "      "     "_ Elmarau, Urundi.
 No. 26. _var. subbicolor Kcke._ Urundi.
 No. 23. _ "       "       "   _ West-Ussui.
 No. 26. _var. (nova) Natae Kcke._ Klappen schwarz. Früchte
         gelbröthlich. Nata, 7. Juni 1892.
 No. 18. _var. Odongae Kcke._ Katoto, am Speke-Golf, Mai 1892.
 No. 19. _ "      "     "   _ Ukara-Insel, Victoria-Nyansa.
 No. 7.  _Eleusine coracana Gaertn._ Ngoroïne, Juni 1892.
 No. 32. _    "        "       "   _ Ngoroïne, Juni 1892. Nur Früchte.
 No. 20. _    "        "       "   _ Nord-Urundi, September 1892.
 No. 11. _Pennisetum spicatum Kcke._ »_Mawele_«. Katoto, Mai 1892.
 No. 33. _Oryza sativa L. var. italica Al._ Schmalfrüchtige Form.
         Urambo, Oktober 1892.
 No. 6.  _Oryza sativa L. var. sundensis Kcke._ Urambo, Oktober 1892.
         (Beigemischt war _var. italica._)


•Hülsenfrüchte.•

 No. 8.  _Phaseolus vulgaris L._ Varietätengruppe _subcompressus_.
         6 Varietäten die erst in der Kultur sicher bestimmt werden
         können. Eine davon ist neu. West-Ussui, August.
 No. 2.  _Phaseolus vulgaris L. var._ Varietätengruppe
         _subcompressus_. Schweinfurth stellt sie zur
         Varietätengruppe _ellipticus_. Die eine von den zweien
         stellt er allerdings in die Mitte zwischen beiden
         Varietätengruppen. Beide sind auch bei No. 8. Uyogoma,
         West-Ussui, August.
 No. 34. _Phaseolus Mungo._ Urambo, Oktober.
 No. 1.  _Phaseolus lunatus var. microspermus Schweinf._ Uyogoma,
         West-Ussui, August.
 No. 3.  _Vigna sinensis._ Urundi, Randberge des Tanganyika, Oktober.
 No. 4.  _  "       "    _ Ussui, 25. August.
 No. 9.  _  "       "    _ Katoto.
 No. 5.  _Pisum sativum L. var. vulgatum Kcke._ S.W.-Urundi, unweit
         der Quelle des Kagera-Nil. Es ist die auch in Deutschland
         gewöhnlich gebaute Erbse. Jedoch haben wir sehr viele Sorten
         dieser Varietät, die sich durch verschiedene Reifezeit,
         Grösse u. s. w. unterscheiden.



III. Ueber die •Molluskenfauna Centralafrikas•.

Von Dr. •Rudolf Sturany•, Wien.

[Mit Tafel XXIV und XXV.]


Dr. Oscar Baumann hat auf seiner letzten Reise eine Anzahl Schnecken-
und Muschelschalen gesammelt, welche hauptsächlich dem Tanganyika-,
Victoria- und Manyara-See entstammen und über welche im Folgenden
durch namentliche Aufzählung der Arten eingehend berichtet werden
soll.

Bei der Durchsicht und dem Studium der sehr umfangreichen
Literatur[27], welche ich zu Rathe ziehen musste, um die Bestimmungen
durchführen zu können, ward mir bald klar, dass die Fauna des
centralen Afrika trotz der wiederholten Aufsammlungen, die dort durch
Reisende gemacht worden sind, noch immer unzulänglich bekannt ist;
denn schon in der relativ geringen Ausbeute Dr. Baumann's befinden
sich Formen, welche von den bisher bekannten Arten so abweichen,
dass sie sich mit keiner von diesen gut vereinigen lassen. Ich halte
es daher auch für gerathen, diese Formen besonders hervorzuheben,
jedoch, -- da sie meist nur in so geringer Anzahl vorliegen, dass
strikte Diagnosen für diese vermuthlich neuen Arten nicht zu geben
sind, -- vorläufig bloss in der Weise, dass ich jede derselben unter
ihrem unschwer festzustellenden Genus-Namen und einem hintangesetzten
nov. sp.? anführe =und abbilde=; im Texte füge ich bloss noch
Maassangaben bei und meine Ansicht über die Verwandtschaft der
betreffenden Form. Sieht sich dann einmal ein Fachmann, der über
ein grösseres Vergleichsmaterial verfügt, genöthigt, die von mir
hier bekannt gegebenen »neuen« Formen aus guten Gründen (z. B. weil
Uebergänge gefunden wurden u. dgl.) zu früher schon beschriebenen
Arten einzuziehen, so wird mir damit nur die willkommene Aufklärung
zu Theil. Die beigegebenen Abbildungen werden aber wohl auch dann
noch ihren Werth zumindest für die Orientirung behalten.

 [27] Siehe das Verzeichniss am Schlusse der Abhandlung. Die
      dort in der Reihenfolge ihres Erscheinens aufgezählten
      und bezifferten Abhandlungen sind im Texte wiederholt in
      Klammern [--] citirt.

Wo mir die Zugehörigkeit zu einer bereits bekannten Art über allen
Zweifel erhaben schien, habe ich Abbildungen vermieden; im Uebrigen
aber wurde mit Illustrationen nicht gespart, weil ich solche für das
wichtigste Moment bei derartigen Publikationen halte.


I. Formen aus dem Tanganyika-See.

Nachdem =Bourguignat=[51] im Jahre 1889 nicht weniger als 271 Arten
aus dem Tanganyika-See aufgezählt und in seiner Iconographie[48]
und Histoire malacologique[56] eine grosse Anzahl vorzüglicher
Abbildungen und genauester Beschreibungen gegeben hat, musste ich
der Meinung sein, dass sich die von Dr. Baumann am Nordende des Sees
gesammelten Conchylien -- es sind dies nicht viele Arten -- unter
Zuhilfenahme der obigen Hauptwerke mit Leichtigkeit bestimmen lassen
würden, und dies umsomehr, als die zahlreichen Aufsammlungen, die
im Laufe der Jahre im Tanganyika-See von Reisenden und Missionären
(=Speke=, =Thomson=, =E. Coode Hore=, Dr. =Kirk=, =Damon=, Dr.
=Böhm=, =V. Giraud=, =L. Joubert=, =Guillemé=, =Leroy=, =Hauttecœur=
u. A.) gemacht worden sind, die Vermuthung gerechtfertigt erscheinen
liessen, dass wenigstens alle an den Ufern des Sees vorkommenden
(auffindbaren) Formen bekannt sind. Indess gelang es mir bei den
Repräsentanten der Gattungen _Rumella_ und _Grandidieria_ nicht, sie
mit voller Gewissheit mit schon beschriebenen Arten zu identificiren,
obwohl sie mit mancher derselben grosse Aehnlichkeit besitzen.
Die Schuld an diesem Umstande liegt wohl -- abgesehen von dem
Formenreichthum der Fauna und deren noch immer nicht erschöpften
Erforschung -- auch in dem Verfahren =Bourguignat='s, der, wie fast
allgemein zugegeben wird, in jeder Localform (Varietät) eine neue
Art vermuthet und beschrieben hat und dadurch den Determinator neuen
Materiales förmlich zwingt, jede wenn auch schwach abweichende Form,
und wenn sie auch mit dieser oder jener der bereits aufgestellten
sogenannten Arten unstreitig nahe verwandt ist, wieder zu isoliren.
Ich bin auch überzeugt, dass =Bourguignat=, wenn er noch lebte, die
von mir hier abgebildeten Formen von _Rumella_ und _Grandidieria_
ohne Zögern als unbedingt neue Species beschreiben würde.

Die in diesem Kapitel nunmehr aufzuführenden 12 Arten hat Dr.
=Baumann sämmtlich am Nordende des Tanganyika-Sees=, östlich von der
Russisi-Mündung, gesammelt.


•Planorbis Sudanicus• =v. Martens=.

 1870. _Planorbis Sudanicus_ sp. n. =v. Martens=[15] Mal. Bl. S. 35.
 1871. _   "         "     _ =Martens= in Pfeiffer's novit. conchol.
                             (IV) S. 23, Taf. 114, Fig. 6-9.
 1874. _   "         "     _ =Jickeli=[19] S. 215.
 1874. _   "         "     _ =v. Martens=[20] Mal. Bl. S. 41.
 1880. _   "         "     _ =Smith=[27] P. Z. S. p. 349.
 1881. _   "         "     _ =Crosse=[29] J. d. Conch. p. 109.
 1881. _   "         "     _ =Crosse=[30] J. d. Conch. p. 278.
 1881. _   "         "     _ =Smith=[31] P. Z. S. p. 294.
 1888. _   "         "     _ =Bourguignat=[48] Iconogr. pl. 1, Fig.
                             13-15.
 1890. _   "         "     _ =Bourguignat=[56] Hist. mal. p. 15.

Von dieser Art liegen mir einige Exemplare vor, welche in der Grösse,
wie folgt, verschieden sind:

      Höhe          5,0   4,2   4,6   4,0
      Durchmesser  16,5  16,0  13,3  13,0 mm u. s. w.

        Anzahl der Windungen 5½ bis 6.

Hier kann ich die Bemerkung nicht unterlassen, dass die Art
_Planorbis tanganikanus Bourg._ (Iconogr.[48] pl. 1 Fig. 16-17 und
Hist. mal.[56] p. 16) wohl zu der älteren _Pl. Sudanicus v. Martens_
eingezogen werden könnte, da sie von dieser kaum zu unterscheiden
ist.


•Neothauma Tanganikanum• =Grand=.

 1880. _Neothauma Tanganyicense_ =Smith=[27] P. Z. S. p. 349, pl. 31,
                                 Fig. 7a.
 1881. _  "           "        _ =Smith=[31] P. Z. S. p. 293.
 1883. _  "           "        _ E. Smith, =v. Martens=[33] S. 71 u.
                                           72.
 1885. _  "      Tanganikanum_ =Grandidier=[38] p. 163.
 1885. _  "           "        _ Grand. =Bourguignat=[39] p. 26.
 1888. _  "           "          "   _ =Bourguignat=[48] Iconogr. pl.
                                       2. Fig. 1.
 1890. _  "           "          "   _ =Bourguignat=[56] Hist. mal.
                                       p. 26.

Bekanntlich hat =Grandidier=[38] die =Smith='sche Art
_Tanganyicense_[27] in _Tanganikanum_ umgetauft und sie von
=Crosse='s _Tanganyicense_ (op. c. [29] J. d. Conch. p. 112 pl. 4.
Fig. 1-1a und op. c. [30] J. d. Conch. p. 281) getrennt, welch'
letzterer er, um Verwechselungen zu verhüten, den Speciesnamen
_Bridouxianum_ gab. Da nun die von Dr. =O. Baumann= am Nordende des
Tanganyika-Sees =ziemlich zahlreich gesammelten Exemplare= fast
durchgehends mehr mit der ersteren Form übereinstimmen, so habe
ich den =Grandidier='schen Namen für die Aufschrift gewählt; im
Uebrigen theile ich die von =E. Smith= in einer jüngeren Schrift[52]
ausgesprochene Ansicht, dass nämlich die von =Bourguignat=[51, 48,
56] unterschiedenen 8 _Neothauma_-Arten nur Varietäten einer einzigen
guten Art sind.


•Ampullaria ovata• =Oliv=.

 1804. _Ampullaria ovata_ =Olivier=[1] Voyage emp. ottom. III. p. 39,
                         Atlas pl. 31, Fig. 1.
 1851. _    "       "   _ Oliv. =Philippi=, Monogr. Ampullaria
                         (Conch. Cab. I. 20) S. 49, Taf. 14, Fig. 5.
 1856. _    "       "      "  _ =Reeve=, Monogr. pl. 14, Fig. 64.
 1863. _    "       "      "  _ =Bourguignat=, Moll. nouv. litig. ou
                         peu connus, III. 1863, p. 79, pl. 10, Fig. 11.
 1866. _    "       "      "  _ =Martens=[10] Mal. Bl. XIII. p. 1.
 1868. _Ampullaria ovata_ Oliv. =Morelet=[14] p. 39, 40, 46, 94, pl.
                         9, Fig. 10.
 1874. _    "       "      "  _ =Jickeli=[19] S. 230.
 1881. _    "       "      "  _ =Crosse=[29] J. de Conch. p. 110.
 1881. _    "       "      "  _ =Crosse=[30] J. de Conch. p. 280.
 1888. _    "       "      "  _ =Bourguignat=[48] Iconogr. pl. 6,
                         Fig. 1.
 1889. _    "       "      "  _ =Bourguignat=[50] p. 168.
 1890. _    "       "      "  _ =Bourguignat=[56] Hist. mal. p. 74.
 1851. _Ampullaria Kordofana Parreyss_, =Philippi=, Monogr.
                         Ampullaria (Conch. Cab. I. 20)
                         S. 44, Taf. 13, Fig. 1.
 1863. _    "          "           "  _ =Bourguignat=, Moll. nouv.
                         litig. ou peu connus, III. p. 78,
                         pl. 11, Fig. 12, 13.
 1868. _    "          "           "  _ =Morelet=[14] p. 40.
 1874. _Ampullaria ovata Oliv. var. Kordofana Parr._, =v.
                         Martens=[20] p. 42.
 1880. _Ampullaria Kordofana Parr._ = _ovata Oliv._, =Smith=[27] P.
                         Z. S. p. 348.
 1851. _Ampullaria lucida Parr._ =Philippi=, Monogr. (Conch. Cab. I.
                         20) S. 45, Taf. 13, Fig. 2 u. Taf. 14, Fig. 4.
 1863. _    "         "    "   _ =Bourguignat=, Moll. nouv. litig.
                         ou peu connus III. p. 80.
 1863. _Ampullaria Raymondi_, =Bourguignat=, Moll. nouv. litig. ou
                         peu connus III. p. 76, pl. 9, Fig. 4.

Unter den Exemplaren vom Nordende des Sees befindet sich sowohl
die schlankere, dem Typus der _ovata Oliv._ entsprechende Form als
auch die mehr aufgeblasene, welche sich auf die vormals als Art
betrachtete _Kordofana Parr._ bezieht.

Die Messungen ergaben:

   für die Höhe der Schale   63  55  51  50½
    "   "  Breite "   "      55  44  46  40½
    "   "  Höhe der Mündung  48  40  41  32
    "   "  Breite "   "      33  28  28  27 mm u. s. w.


•Paramelania nassa• =Woodw.=

 1859. _Melania (Melanella) nassa_. sp. n. =Woodward=[5] P. Z. S. p.
                               349, pl. 47, Fig. 4.
 1860. _Melania nassa Woodw._, =Reeve=, Monogr. Melania pl. 32, Fig.
                               216.
 1874. _   "      "     "   _ =Brot=, Monogr. Melanidae (Conch. Cab.
                               I. 24) S. 52, Taf. 6, Fig. 7.
 1880. _Melania (Melanella) nassa Woodw._, =Smith=[27] P. Z. S. p.
                                           348.
 1881. _Melania nassa Woodw._, =Crosse=[29] p. 113, pl. IV., Fig. 3,
                               3a.
 1881. _Melania (Melanella) nassa Woodw._, =Smith=[31] P. S. Z. p.
                                           292, pl. 34, Fig. 26-26b.
 1881. _Paramelania (subg. nov.) nassa Woodw._, =Smith=[32] P. Z. S.
                                                p. 559-561.
 1881. _Melania (Paramelania) nassa Woodw._, =Crosse=[30] J. d.
                                             Conch. p. 284.
 1885. _Paramelania nassa Bourg._, =Bourguignat=[39] p. 76.
 1888. _   "          "     "   _ =Bourguignat=[48] Iconogr. pl. 16,
                                   Fig. 7-8.
 1890. _   "          "     "   _ =Bourguignat=[56] Hist. mal. p.
                                   227.

Dr. Baumann hat von dieser Art am Nordende des Sees bloss ein
Exemplar gefunden (Höhe 13, Breite 8½ mm).


•Rumella nov. sp.?•

Fig. 19, 24.

Den Namen _Rumella_ hat =Bourguignat= einer im Tanganyika-See
vorkommenden Gattung gegeben, welche grosse Aehnlichkeit mit der
im Meere lebenden Gattung _Ruma (Natica)_ hat. Die verschiedenen
Arten, 6 an der Zahl, hat =Bourguignat= in seiner Iconographie[48]
abgebildet und in der Histoire malacologique[56] ausführlich
beschrieben. Ein paar Dutzend leider zumeist schlecht erhaltener
Repräsentanten dieses interessanten Genus, welche Dr. Baumann
fand, weichen von den bekannten Arten unbedeutend, aber doch so
ab, dass ich sie mit ruhigem Gewissen zu keiner derselben rechnen
kann. Ich lasse vor Allem die Abbildungen sprechen (Fig. 19, 24),
welche man mit den =Bourguignat='schen vergleichen möge, und füge
nur hinzu: Die Exemplare sind von blassgelber, gelbbrauner oder
braungrauer Farbe; die Epidermis ist zumeist abgerieben, und nur wo
dies nicht der Fall ist, werden 8-10, selten noch mehr orangerothe
Längsstreifen sichtbar, welche parallel zu einander laufen. Diese
sind dann entweder in gleichen Zwischenräumen von einander entfernt,
oder es treten mehrere feinere zusammen, oder es wechseln dickere
und dünnere, gröbere und feinere, mit einander ab. Die Anzahl der
Umdrehungen ist 4-4½, die Naht schneidet tief ein.

Die Grösse ist sehr variabel, wie die folgende Tabelle zeigt.

 Höhe des Gehäuses            6,3   6,1   6,6   6,6   6,3
 Breite "     "               5,0   5,0   5,1   5,1   5,0
 Höhe der Mündung             5,1   5,1   5,5   5,1   5,0
 Breite "   "  (incl. Callus) 4,6   4,6   4,0   4,5   4,0 mm u. s. w.

Das Gehäuse ist durchwegs schlanker, d. h. schmäler und dabei etwas
höher, als bei _Rumella globosa Bourg._ (Iconogr.[48] pl. 17, Fig.
20-22 und Hist. mal.[56] p. 250).

Von _Rumella Giraudi Bourg._[39] p. 90 (Iconogr.[48] pl. 17, Fig.
35-37 und Hist. mal.[45] p. 253), mit der die mir vorliegenden
Exemplare viel Aehnlichkeit hätten, sind sie durch den feinen, nicht
abgestumpften Apex unterschieden.


Genus •Grandidieria•.

Diese Lamellibranchiaten-Gattung ist im J. 1885 von =Bourguignat=[37]
aufgestellt worden und zugleich hat der Autor sehr treffende Merkmale
zur Unterscheidung von den _Unioniden_ und _Sphaeriiden_ angegeben.
Im Jahre 1889 gibt =Bourguignat=[51] schon ein Verzeichniss von 23
_Grandidieria_-Arten, wovon freilich mehrere auf früher irrthümlich
als _Unio_-Arten beschriebene Muscheln zurückzuführen sind.

Dr. O. Baumann nun hat mir vom Nordende des Sees eine bunte
Mischung einzelner _Grandidieria_-Schalen (sozusagen halbe
Exemplare) übergeben, welche in der Farbe[28], Grösse und Form so
verschieden sind, dass es mir eine saure Arbeit schien, eine strikte
Determination vorzunehmen, indem sich auch hier wieder der Gedanke
aufdrängte, dass viele der =Bourguignat='schen Arten durch Uebergänge
mit einander verbunden sind.

 [28] Hell- und dunkelgelb, braun, aschgrau.

In dieser Auflese Baumann's sind vertreten:


•Grandidieria rotundata• =Bourg.=

 1885. _Bourguignat_[39] p. 98.


•Grandidieria insignis• =Ancey.=

 1885. =Bourguignat=[41] p. 16.


•Grandidieria Smithi• =Bourg.=

 1881. _Unio Burtoni_ (_non Woodward_), =Smith=[31] P. Z. S. pl. 34.
                                        Fig. 33a.
 1885. _Grandidieria Smithi_, =Bourguignat=[37] p. 7.


•Grandidieria Tanganikana• =Bourg.=

 1880. _Unio Tanganyicensis_, =Smith=[27] P. Z. S. p. 351. pl. 31.
                              Fig. 9, 9a.
 1881. _  "        "       _ =Crosse=[29] J. de Conch. p. 154.
 1881. _  "        "       _ Smith, =Smith=[31] P. Z. S. p. 298. pl.
                                     34. Fig. 35.
 1881. _  "        "           "  _ =Crosse=[30] J. de Conch. p.
                                     293.
 1883. _  "        "           "  _ =v. Martens=[33] p. 72.
 1885. _Grandidieria Tanganikana_ Bourg., =Bourguignat=[37] p. 7.
 1885. _     "           "          "   _ =Bourguignat=[29] p. 102.

Einige Schalen, auffallend durch besondere Gestalt oder Grösse,
lassen sich mit keiner beschriebenen Art vereinigen, z. B. eine
aussen blaugraue, innen perlmutterartig glänzende linke Schale,
28 mm lang, 18½ mm hoch und (in der Hälfte) 9 mm tief. Diese ist
auffallend stark gewölbt und zeichnet sich auch dadurch aus, dass
der Wirbel nach vorne gerückt ist. Ich habe sie in Fig. 31 und 35 als
•Grandidieria nov. sp.?• abgebildet.

Fig. 18 und 28 stellt das grösste Exemplar dar; diese (linke) Schale
ist 33 mm lang, 24 mm hoch und 8½ mm tief, sie dürfte verwandt sein
mit der schon oben angeführten _Grandidieria insignis Ancey_.


•Cameronia Spekei• (=Woodw.=) =Bourg.=

 1859. _Iridina (Pleiodon) Spekii_ n. sp., =Woodward=[5] P. Z. S. p.
                                           448, pl. 47, Fig. 2.
 1866. _Pleiodon Spekii Woodw._, =Reeve=, Monogr. Pleiodon, pl. 1,
                                 Fig. 2.
 1876. _Iridina Spekii Woodw._, =Küster-Clessin=, Monogr. Anodonta
                                etc. (Conch. Cab. IX, 1). S. 232,
                                Taf. 70, Fig. 1.
 1880. _Pleiodon Spekii Woodw._, =Smith=, [27] P. Z. S. p. 350.
 1879. _Cameronia Spekii_, =Bourguignat=[24] p. 43.
 1881. _Pleiodon (Cameronia) Spekei Woodw._, =Crosse=[29] p. 130.
 1881. _    "         "        "      "   _ =Crosse=[30] p. 291.
 1881. _Pleiodon Spekei Woodw._, =Smith=[31] P. Z. S. p. 296, pl. 34,
                                 Fig. 31, 31a.
 1883. _   "        "     "   _ =v. Martens=[33] p. 71.
 1883. _Cameronia Spekei_, =Bourguignat=[34] p. 19.
 1885. _   "        "   _ =Bourguignat=[39] p. 106.
 1886. _   "        "   _ =Bourguignat=[42] p. 67.

Die alte Woodward'sche _Iridina_ (_Pleiodon_) _Spekii_ ist im Jahre
1879 von =Bourguignat=[24] als erster Vertreter einer neuen Gattung,
genannt _Cameronia_, aufgestellt worden. Zu dieser Art gehören
zweifellos ein vollständig erhaltenes und ein zertrümmertes Exemplar
aus der Kollection Dr. Baumann's. Ersteres ist 118 mm lang, 54 mm
hoch und 34½ mm dick.

Ein drittes Exemplar vom Nordende des Tanganyika-Sees stimmt überein
mit


•Cameronia admirabilis• =Bourg.=

 1886. _Cameronia admirabilis_, =Bourguignat= [42] p. 69.
 1888. _     "        "      _ =Bourguignat= [48] Iconogr. pl. 34,
                                Fig. 1.

Dies ist eine der 26 Arten, welche =Bourguignat= späterhin
unterschied [42].

Das mir vorliegende Exemplar misst 140 mm in der Länge, 62½ mm in
der Höhe und 48 mm in der Breite (Dicke). Die Epidermis ist stark
abgerieben.


II. Zur Fauna des Nilquellgebietes und hauptsächlich des
Victoria-Sees.

Im Folgenden sind die Mollusken aufgezählt, welche Dr. O. Baumann im
=Kagera-Nilquellgebiete=, im =Grumeti-Bach= und in den Bächen von
=Ngoroïne= (d. s. östliche Zuflüsse des Victoria-Sees), sowie im
Victoria-See selbst aufgefunden hat.

Das Material, welches im Laufe der letzten 3 Decennien von
verdienstvollen Forschern wie =Speke=, =Hauttecœur=, =Guillemé=,
=Leroy=, =Dr. Fischer=, =Dr. Emin Pascha=, =Dr. Stuhlmann=,
=Hannington=, =Gordon= u. A. im Victoria-See gesammelt worden ist,
wurde in einer Reihe von Abhandlungen nach und nach bekannt gemacht.
[8, 25, 34, 38, 41, 46, 54, 58, 62].

Zuletzt hat =E. Smith= [65, 66] die Molluskenfauna dieses grossen
Wasserbeckens zusammengestellt und unter kritischer Ausscheidung
derjenigen Formen, deren Vorkommen im See wegen unverlässlicher
Fundortsangaben zweifelhaft erschien (Koll. =Speke= [8]), im Ganzen
37 Arten angeführt. Hierzu kommen aber noch zwei von diesem Autor
übersehene, von =Dr. von Martens= [54] beschriebene Arten, _Paludina
constricta_ und _Spatha subaequilatera_, und nun -- nach Durchsicht
des Baumann'schen Materiales -- möchte ich dem Verzeichnisse noch
drei Arten hinzufügen: 1) die _Corbicula pusilla_ Phil. (s. unten!),
2) eine vermuthlich neue _Mutela_-Art (s. unten!) und 3) die alte
=Olivier='sche _Paludina unicolor_, welche sich in einer Varietät im
Kagera-Nilquellgebiete findet und in jungen Exemplaren (?) auch aus
dem Victoria-See selbst von Dr. Baumann gebracht wurde (Abbildung und
Beschreibung der letzteren siehe unten!). =Dohrn= [8] hat zwar Anno
1864 _Paludina unicolor_ Oliv. vom Victoria-See angeführt, =Smith=
aber lässt in seinem Verzeichnisse diese Art absichtlich -- aus dem
oben genannten Grunde -- aus.

Die Muscheln aus Ngoroïne und dem Grumetibache sind neue
_Spatha_-Arten.


•Paludina victoriae• =Smith=.

Fig. 5.

 1890. _Paludina sp. n._, =Smith= [58] Ann. Mag. p. 149.
 1892. _Viviparus victoriae_, =Smith= [65] Ann. Mag. p. 124. pl. 12.
                              fig. 8-10.

Das einzige mir vorliegende, vollständig gebleichte, in der Mündung
etwas mangelhafte Exemplar aus dem Victoria-See misst 24,2 mm in
der Höhe, 15,5 mm in der Breite. Die Mündung ist 10 mm hoch, 9 mm
breit. Die Grössenverhältnisse würden also zu der von =E. v. Martens=
beschriebenen _Paludina constricta_ ([54] S. 56, Taf. 41, Fig. 7)
auffallend stimmen, und auch Gestalt und Skulptur sind annähernd so,
wie sie =Prof. v. Martens= in seiner Diagnose angiebt. Da aber der
über der Naht stehende und bis zur Mündung reichende Kiel auffallend
stark entwickelt ist und vortritt, und ferner über diesem, etwa
in der Mitte des Umganges, ein zweiter, aber zarter Kielstreifen
läuft, sehe ich mich veranlasst, das Baumann'sche Exemplar zu
=Smith='s _Viviparus victoriae_ zu rechnen und zwar speciell auf
die in =Smith='s Abhandlung [65] in Fig. 10 abgebildete var. a zu
beziehen, obwohl dieses Exemplar bedeutend niedriger ist. Sollte sich
einmal herausstellen, dass die Arten _victoriae_ und _constricta_
zusammenfallen, so hätte der =Martens='sche Name das Prioritätsrecht.
Nahe verwandt damit scheinen mir auch die von =E. v. Martens=
beschriebenen, aber noch nicht abgebildeten Arten _phtinotropis_ und
_trochlearis_ zu sein (siehe =Martens= [62] S. 17-18).


•Paludina• (?) •rubicunda• =v. Martens=

Fig. 2, 3, 4.

 1879. _Paludina rubicunda_ n. sp. =Martens= [25] S. 104.
 1888. _Paludina unicolor var._ =Smith= [47] P. Z. S. p. 53.
 1892. _Viviparus rubicunda Martens_, =Smith= [65] P. Z. S. p. 123,
                                      pl. 12, Fig. 3.

Die 4 Exemplare, welche Dr. Baumann im Victoria-See gesammelt
hat, und wovon hier die 3 grössten abgebildet sind, zeigen sehr
verschiedene Proportionen, wie die folgende Uebersicht ergibt.

 Höhe des Gehäuses      28,0    26,0    22,0    19,7
 Breite des Gehäuses    18,5    16,6    14,3    13,3
 Höhe der Mündung       12,7    10,4    10,0    10,4
 Breite der Mündung     10,0     9,0     8,2     8,2 mm.

Durch das Fehlen jedweder Kante an den Umgängen des Gehäuses ist die
Zugehörigkeit der Exemplare zu _P. rubicunda_ sehr wahrscheinlich;
aber auch der _Paludina Abyssinica_ =von Martens= (siehe [10] Mal.
Bl. XIII. S. 97, Taf. 3, Fig. 7) stehen sie nahe.


•Paludina unicolor• =Oliv.= (=juv=?)

Fig. 8, 9.

 cf.
 1804-1812. _Cyclostoma unicolor_, =Olivier= [1] Voyage emp. ott. II.
                                   p. 39, Ausg. 8° III p. 68,
                                   Atlas II. pl. 31, Fig. 9.
 1852. _Paludina unicolor_, Olivier, =Küster=, Monogr. Paludina etc.
                                     (Conch. Cab. I. 21.) S. 21,
                                     Taf. 4, Fig. 12, 13.
 1852. _Paludina biangulata_, =Küster=, Monogr. Paludina etc. (Conch.
                              Cab. I. 21) S. 25, Taf. 5, Fig. 11, 12.
 1865-1866. _Paludina unicolor Oliv_., =Martens= [10] Mal. Bl. XII.
                                       S. 202 und XIII. S. 97.
 1874. _Vivipara unicolor, Oliv._, =Jickeli= [19] S. 235. Taf. 7.
                                   Fig. 30.
 1883. _Vivipara unicolor, Oliv._, =Bourguignat= [35] p. 130

[Illustration: TAFEL XXIV.]
                                                           etc. etc.

Unter diesem Namen führe ich fünf Exemplare aus dem Victoria-See an,
welche mir bei der Bestimmung besondere Schwierigkeiten bereiteten.
Ihre Dimensionen sind die folgenden:

 Höhe  des Gehäuses     18,1     12,6     14,5     14,2     12,6
 Breite "   "           13,2     10,0     11,1     11,1     10,1
 Höhe  der Mündung       9,3      7,0      8,3      7,7      7,3
 Breite "   "            7,3      5,7      6,3      6,0      5,7 mm.
                                        (Fig. 9) (Fig. 8)

Anfangs glaubte ich vermuthen zu müssen, dass =E. v. Martens=
solche Exemplare wie diese vorgelegen sein mögen, als er _Paludina
capillata_ =Frnfld.= aus dem Victoria-See anführte (siehe [25] S.
104 »nur junge Exemplare mit zwei deutlichen Kanten«), aber ich kam
bald von dieser Idee ab, indem ich fand, dass die =Frauenfeld='sche
Abbildung der _Vivipara capillata_ aus dem Nyassa-See ([9], S. 533.
Taf. 22) gar zu wenig auf die mir vorliegenden Exemplare passt; und
zweitens sind nach =Smith='s Auslegung ([65] P. Z. S. p. 124) die
=Martens='schen jungen _capillata_-Exemplare zu _victoriae Smith_
zu ziehen -- und also müsste es auch mit den hier zu besprechenden
Exemplaren geschehen, was mir aber wenig plausibel erscheint.

_Viviparus jucundus_ =Smith= ([65] p. 124. pl. 12. Fig. 6) steht
in der Abbildung wie in der angegebenen Grösse unseren Exemplaren
sehr nahe, in der sonstigen Beschreibung jedoch wieder nicht. Mit
der =Küster='schen Art _biangulata_ (=Küster=, Monogr. Paludina im
Conch. Cab. I, 21. S. 25. Taf. 5. Fig. 11, 12) aber, welche von
=E. v. Martens= ([10] Mal. Bl. XII. S. 203) für _unicolor juv._
erklärt worden ist, haben die von Dr. Baumann gesammelten Stücke
=unverkennbare Aehnlichkeit=.


•Paludina unicolor• =Oliv., nov. var=?

Fig. 16, 27.

Dr. Baumann sammelte im =Kagera-Nilquellgebiete= 6 Stück einer
zweifellos mit _unicolor Oliv._ verwandten, daher von mir vorläufig
als eine Varietät von dieser bezeichneten _Paludina_-Form. Die
Gehäuse sind leider stark gebleicht, besitzen einen engen, schwach
gedeckten Nabel und setzen sich aus 6½, durch eine tiefe Naht
getrennten Windungen zusammen. An der Oberseite der Umgänge läuft
ein Kiel und unter diesem Spuren von 1-2 Längsrippen; nur an den
Embryonalwindungen sowie an dem letzten Umgange, also vor der
Mündung, fehlen diese Merkmale. Am deutlichsten sind die Rippen an
der vierten Windung (vom Apex an gerechnet), d. h. hier bemerkt man
eine Anzahl parallel laufender Längsstreifen.

                        Kleinstes und grösstes Ex.

      Höhe  des Gehäuses      21,0    26,0
      Breite "   "            16,0    20,5
      Höhe  der Mündung       11,5    13,2
      Breite "   "             9,2    10,3 mm.


•Ampullaria Gordoni Smith•.

Fig. 33.

 1892. =Smith= [66] Ann. Mag. p. 382.

In der hier citirten Abhandlung beschreibt =E. Smith= zwei
_Ampullarien_-Arten aus dem Victoria-See; die eine (_Amp. nyanzae_)
ist eine Riesenform, indem sie 115 mm misst, und wurde von =Rev.
E. Cyril Gordon= am Südende des Victoria-Sees gefunden; die andere,
ebenfalls von =Gordon= gesammelt, jedoch nur in einem Exemplar, ist
bedeutend kleiner (54 mm hoch) und unterscheidet sich von jener durch
einen engeren Nabel und die weitere Mündung. Zu dieser letzteren Art,
der _Ampullaria Gordoni_, gehören vermuthlich die 11 leider schlecht
erhaltenen Stücke, welche Dr. Baumann vom Victoria-See gebracht hat.
Eines von diesen ist 56 mm hoch und 48 mm breit und seine Mündung 45
mm hoch und 29 mm breit, die übrigen variiren in der Höhe zwischen 31
und 44 mm, in der Breite zwischen 26 und 35 mm. Die Höhe der Mündung
ist in der Regel ungefähr gleich der Breite des Gehäuses. Der Nabel
ist zur Hälfte von der Spindel bedeckt, die Farbe des Gehäuses aussen
dunkelolivgrün, innen purpurroth bis braunroth; hauptsächlich am
letzten Umgange laufen aussen zahlreiche dunkle Spiralbänder, welche
entweder scharf getrennt von einander sind oder zu breiteren Bändern
zusammenfliessen; dieselben scheinen nach innen durch.


•Melania tuberculata• =Müller var.=

 1879. _Melania tuberculata Müller var.,_ =Martens= [25] S. 104.
 1883. _  "        "        Mllr._, =Bourguignat= [34] p. 4.
 1892. _  "        "        Mllr. var._, =Smith= [65] P. Z. S. p. 123.

Von dieser aus dem Victoria-See schon lange bekannten und immer
schlechtweg als var. bezeichneten Lokalform der kosmopolitischen
_Melania tuberculata Mllr._ brachte Dr. Baumann 10 Exemplare.


•Corbicula pusilla• =Phil.=

       _Cyrena pusilla_ Parr. in collect.
 1847. _  "       "      " _, Philippi [2] Bd. II, S. 78.
                              Taf. 1, Fig. 7.
 1848. _  "    Africana var._ β. _albida_, =Krauss= [3] S. 9.
 1866. _  "    pusilla_, =Martens= [10] Mal. Bl. XIII, S. 15.
       _  "        "      Phil._, =Reeve=, Monogr. Cyrena.
                                    pl. 12, Fig. 57a, b.
 1874. _Corbicula pusilla_, =Jickeli= [19] S. 288. Taf. 11,
                            Fig. 11, 12.
 1879. _  "     albida Krss._, =Clessin=, Monogr. Cycladeen
                                (Conch. Cab. IX, 3) S. 156.
                                Taf. 27, Fig. 25-26.

Diese Art ist bisher im Victoria-See nicht konstatirt worden. Die
Exemplare, welche von Dr. Baumann von dort gebracht wurden, sind
jedoch so ähnlich den in =Jickeli='s grossem Werk abgebildeten und
beschriebenen Exemplaren, dass ich die obige Bestimmung ruhig hier
publicire. In der Grösse variiren sie, wie folgt:

 Breite der Schale  6,3    7,6    8,1    8,0   9,7
 Höhe    "    "     6,0    7,0    7,4    7,2   9,0
 Dicke   "    "     4,1    4,8    5,0    4,9   6,2 mm.

Die Farbe der Schalen ist aussen hell- oder dunkelgelb, innen weiss
bis schwach violett. Die Rippen sind deutlich, die Wirbel stets
abgerieben.

Das Verfahren von =Prof. Krauss= [3], diese Art mit der folgenden
unter dem Namen _Africana_ zu vereinigen, hat zwar später keinen
Anklang gefunden, ist aber doch empfehlenswerth. Dr. Baumann hat,
wie es scheint, die beiden Formen an =einer= Stelle des Victoria-Sees
gesammelt.


•Corbicula radiata• =Phil.=

       _Cyrena radiata Parreyss_ in collect.
 1847. _  "      "       "    _, =Philippi= [2] Bd. 2, S. 78.
                                 Taf. 1, Fig. 8.
 1848. _  "     Africana var α. olivacea_, =Krauss= [3] S. 8.
                                            Taf. 1, Fig. 8.
 1866. _  "     radiata Phil._, =Martens= [10] Mal. Bl. XIII, S. 15.
       _  "         "    juv._, =Reeve=, Monogr. Cyrena,
                                 pl. 13, Fig. 47c.
 1873. _Corbicula radiata Phil._, =Jickeli= [17] Mal. Bl. XX, S. 111.
 1874. _  "         "       "  _, =Jickeli= [19] S. 287.
                                  Taf. 11, Fig. 10.
 1879. _  "         "    Parr._, =Clessin=, Monogr. Cycladeen
                                  (Conch. Cab. IX, 3) S. 162.
                                  Taf. 28, Fig. 16-18.
 1879. _Corbicula radiata Phil._, =v. Martens= [25] S. 105.
 1890. _  "         "    Parr._, =Smith= [58] p. 149.
 1892. _  "         "       "   _ =Smith= [65] p. 126.

Es liegen mir aus dem Victoria-See bloss einzelne stark gebleichte
Schalen vor, welche ihre Zugehörigkeit zu _Corb. radiata Phil._
(_Parr._) durch den rosig angehauchten Wirbel und ihre intensivere
violette Färbung im Innern verrathen.

Grössenproportionen für

            linke Schalen {  10,9   12,1 mm breit
                          {   9,7   11,1 mm hoch
   und für rechte Schalen {  10,8   12,1   14,0  12,8 mm breit
                          {   9,7   10,4   12,3  11,7 mm hoch.


•Unio Edwarsianus• =Bourg.=

 1883. =Bourguignat= [34] p. 12, Fig. 7-9.

Dr. Baumann brachte ein einziges Exemplar dieser Art aus dem
=Victoria-See=. Dasselbe ist 22,6 mm lang, 14,4 mm hoch und 11 mm
dick.


•Unio Hauttecœuri• =Bourg.=

 1883. =Bourguignat= [34] p. 3, Fig. 1-3.

Von dieser -- ebenso wie die vorige -- bloss im =Victoria-See=
vorkommenden, also für ihn charakteristischen Art liegen nur 3 Stücke
vor, wovon das grösste 28,5 mm in der Länge, 21,2 mm in der Breite
und 15 mm in der Dicke misst.


•Mutela nov. sp.•?

Fig. 30, 34.

Die hier zu besprechende linke Schale aus dem =Victoria-See=
vermochte ich mit keiner der bisher bekannt gewordenen Arten aus
dem genus _Mutela_, in dessen Formenkreis sie jedenfalls zu gehören
scheint, zu identificiren. Vielleicht aber fällt sie mit _M.
diaphana_ (=Bourguignat= in sched. 1875) zusammen, einer Art, die
leider weder schon beschrieben, noch irgendwo abgebildet ist, nach
=Bourguignat= aber im ganzen Lauf des Nil vorkommt (op. c. [34] p.
5).

Die Schale ist 62,6 mm lang, 26,5 mm hoch und 8,5 mm dick; in der
Wirbelgegend ist sie stark abgerieben, die Farbe von dunkelbraungrün
gegen den Hinterrand in ein helles kastanienbraun übergehend;
Jahresringe ziemlich deutlich; Innenseite dunkel perlmutterglänzend;
hinterer Muskeleindruck schärfer als der vordere. Das Schloss ist
eine lange, scharfe Kante. Ueber die allgemeine Gestalt mögen die
Figuren Aufklärung geben.


•Spatha Baumanni n. sp•.

Fig. 38.

Das Exemplar, welches ich mit diesem Namen belege, wurde von Dr.
Baumann am 4. März 1892 im =Grumeti-Bach=, welcher von der Ostseite
des Victoria-Sees her in diesen einmündet, gesammelt. Es ist 107 mm
lang, 58 mm breit und 32 mm dick. Die Farbe ist rings um den stark
abgewetzten, weisslichen Wirbel gelbbraun und geht nach dem Rande hin
allmählich in ein kastanienbraun über; innen ist die Muschel schön
rosenroth (rosa) gefärbt. Indem der Vorderrand abgerundet ist und
der Dorsalrand in den Hinterrand ohne stark merklichen Winkel und
ohne zuerst aufwärts zu ziehen, übergeht, ferner die Rundung auch
nach unten schön geschlossen und der Unterrand nicht eingebogen ist,
weicht diese Form von der _Spatha Hartmanni_ v. Martens ab (vgl.
Jickeli [19] S. 263, Taf. 8, Fig. 2; Martens [10] Mal. Bl. XIII, S.
10; Conch. Cab. IX. 1, S. 190, Taf. 61, Fig. 2, 3).

Nach einer brieflichen Mittheilung des Herrn Prof. E. =von Martens=
ist die hier kurz beschriebene _Spatha_-Art und die folgende von
den bisher bekannten Formen so verschieden, dass es gerechtfertigt
erscheint, beide mit neuen Namen zu belehnen.


•Spatha Martensi n. sp•.

Fig. 39.

Aus einem der Bäche von =Ngoroïne=, ebenfalls einem östlichen
Zuflusse des Victoria-Sees, stammt eine einzige rechte Schale,
welche, wie die Abbildung bekräftigen möge, zwischen _Spatha
Caillaudii_ v. Martens[29] und _Spatha Hartmanni_ v. Martens steht.

 [29] cf. 1866. Martens [10] Mal. Bl. XIII, S. 9 und 102.
          1874. Jickeli [19] S. 259. Taf. 8, Fig. 1.
          1876. Conch. Cab. IX, 1, S. 185. Taf. 7, Fig. 1,
                      Fig. 61, Fig. 1 (Spatha rubens Lam).

Sie misst 137 mm in der Länge, 77 mm in der Höhe und 21 mm in
der Tiefe und fällt durch den stark ausgezogenen und nach abwärts
gekrümmten Hinterrand auf. Der Wirbel ist stark ausgefressen und auch
im Uebrigen die Aussenseite durch Eindrücke, die wahrscheinlich von
den Eingeborenen herrühren, verunziert. Die Farbe ist dunkelbraun.


•Aetheria elliptica• =Lam.=

 1880. _Aetheria elliptica_, =Lam.= Annales du Mus. vol. X, p. 401,
                             pl. 29 und pl. 31, Fig. 1.
 1825. _  "        "       _ =Lam.=, =Blainville=, Man. Malacol.
                             p. 543, pl. 70 bis Fig. 2.
       _  "        "       _ =Lam.=, =Sowerby=, Conch. Icon.
                             Fig. 1a, 1b.
 1880. _  "        "       _ =Lam.=, =Smith=[27] P. Z. S. p. 352.
 1881. _  "        "       _ =Lam.=, =Crosse=[29] J. de Conch. p. 136.
 1881. _  "        "       _ =Lam.=, =Crosse=[30] J. de Conch. p. 295.
 1882. _  "        "       _ =Lam.=, =Smith=[66] p. 381.

=Smith= schreibt in seiner jüngsten Abhandlung[66] p. 381: »In
addition to the above species Mr. Gordon also obtained the _Aetheria
elliptica_ from the Nile and the Ripon Falls. This species was
found at the southern part of Lake Victoria by the late Bishop
Hannington« und stellt damit das Vorkommen dieser interessanten
»Süsswasserauster« auch im Victoria-See fest. 3 Exemplare, welche
Dr. Baumann von dort gebracht hat, bestätigen diese Angabe. Sie
messen 8-9 cm in der Länge und 6-7 cm in der Höhe. Innen an der
Perlmutterschicht bemerkt man zahlreiche, oft geplatzte Blasen.
Die Muskeleindrücke und der Mantelrand sind ziemlich deutlich, die
ersteren aber nicht tief.


•III. Ueber die Fauna des Manyara-Sees.•

Aus dem von Dr. Baumann entdeckten =Manyara-See=, der im
südlichen Theil des grossen ostafrikanischen Grabens, westlich
vom Kilimanjaro gelegen ist, liegen 5 Arten vor. Dieselben sind
echte Süsswasserformen und ihr Vorkommen in dem stark salzigen
Wasserbecken ist daher sehr auffallend. Einen Schluss auf die
Herkunft der Manyara-Fauna aber, welcher für die Graben-Theorie
interessant gewesen wäre, lässt das vorliegende Material =nicht=
zu. Die hier gefundene _Ampullaria ovata Oliv._ z. B. ist eine im
Nil- und Nilquellgebiet weitverbreitete Art, findet sich aber auch
im Tanganyika-See; das Gleiche gilt von der _Planorbis sudanicus v.
Martens_, welche im Manyara-See nur etwas grösser wird (_var. magna_
s. unten).

_Lanistes affinis Smith_, zu der ich die Manyara-Form als Varietät
stelle, ist ausserdem auch in den Landschaften südlich vom
Victoria-See, in Unyamwesi verbreitet und kommt auch im Nyassa-See
vor.

Von den 2 _Paludina_-Arten schliesslich, welche Dr. Baumann
gefunden hat, ist die kleinere eine vermuthlich neue, für den See
charakteristische Art. Die grössere lässt, wiewohl sie =mit einer im
Kagera-Nilquellgebiet vorkommenden auffallend ähnlich= gestaltet ist,
keinen sicheren Schluss auf die Provenienz zu, weil sie als Varietät
einer sehr weit verbreiteten Art, der _Paludina unicolor Oliv._ oder
wenigstens als sehr nahe mit dieser verwandt angesehen werden muss.

Ueber die hier im Voraus genannten 5 Arten des Manyara-Sees lasse ich
nun die näheren Angaben folgen.


•Planorbis Sudanicus• =v. Martens= •var. magna• =mihi=.

Fig. 10, 14, 29.

(Literatur über _Planorbis Sudanicus_ =v. Martens=, siehe im Kapitel
I.)

Die mir vorliegende Reihe aus dem Manyara-See enthält Exemplare von
sehr wechselnder Grösse, wie die Beispiele hier zeigen sollen:

 Höhe des Gehäuses             7,0   6,3   5,8   5,0   5,0   4,0
 Breite (Diam.) des Gehäuses  21,4  20,5  18,6  16,4  15,0  13,2 mm.

Anzahl der langsam und regelmässig anwachsenden, gerundeten Umgänge
5, 5½ oder 6.

Die Oberseite ist bei den grösseren Stücken weniger concav als bei
den kleineren, die Unterseite aber meist stark ausgehöhlt. Farbe des
Gehäuses blassgelb.

Von dem Typus von _Sudanicus_ =v. Mart.= sind die Exemplare des
Manyara-Sees also bloss durch die beträchtliche Grösse unterschieden.


•Ampullaria ovata• =Oliv=.

(Synonymie siehe im Kapitel I.)

Lauter gebleichte Exemplare, meist mit gebrochenem Mundrand.

 Höhe des Gehäuses  46   49   45   40
 Breite "   "       39   38   37   34½
 Höhe der Mündung   33½  33   32   29
 Breite "   "       23½  24   22½  21  mm u. s. w.


•Lanistes affinis• =Smith= •var. Manyarana• =mihi=.

Fig. 32.

 confer. 1877. _Lanistes affinis_ =sp. nov. Smith= [22] P. Z. S.
                                          p. 716, pl. 74, Fig. 7.
         1881. _ "         "      Smith_, =Smith= [31] P. Z. S.
                                          p. 290, pl. 34, Fig. 23.
         1889. _Meladomus affinis_ =Bourguignat= [50] p. 175.
         1891. _Lanistes affinis E. Smith_ =v. Martens= [59] S. 17.

Es ist wieder nur ein einziges Exemplar, welches ich bei der
folgenden kurzen Beschreibung berücksichtigen kann. Dasselbe ist 32
mm hoch und 31 mm breit, seine Mündung 22 mm hoch und 18 mm breit.
Die Breite des Gehäuses ist also nicht viel geringer als die Höhe.
Die Umgänge, in der Fünfzahl vorhanden, nehmen allmählich an Breite
zu. Die Mündung ist ohrförmig, die Columella schlägt sich schwach
über den sonst weiten Nabel.

Die nahe Verwandtschaft des Exemplares mit _Lanistes affinis
Smith_ aus dem Nyassa-See mögen die oben citirten Abbildungen
und Beschreibungen bezeugen. Leider lässt sich in Folge des
gebleichten und abgeriebenen Zustandes weder mehr die Farbe (die
charakteristische orangegelbe Binde unterhalb der Naht) noch die
Skulptur genau erkennen.

=Dr. von Martens= ([59] S. 17) führt die =Smith='sche Art _affinis_
aus Unyamwesi an (leg. Dr. Stuhlmann und Emin Pascha) und seine
Grössenangaben stimmen mit den Proportionen des Exemplares aus dem
Manyara-See ziemlich genau überein.


•Paludina unicolor• =Oliv=. •nov. var.•?

Fig. 7, 12, 22.

(Literatur über _Pal. unicolor Oliv._ siehe in Kapitel II.)

Die hier zu besprechenden Exemplare aus dem =Manyara-See= sind
auffallend ähnlich denen aus dem =Kagera-Nilquellgebiete=, welche ich
bereits oben (in Kapitel II.) angeführt habe.

Die Farbe des Gehäuses ist verblasst, der Apex abgenagt, die
Anzahl der Windungen daher nicht genau festzustellen. Ueber die
Windungen läuft eine kielartige Rippe und unter dieser liegen noch 2
Rippenspuren, von denen jedoch die unterste in die Naht einbezogen
ist, d. h. deren Begrenzung bildet. Im Uebrigen ist die Skulptur
unkenntlich.

Maasse des grössten und kleinsten Exemplares:

   Höhe  der Schale   23,0   16,5
   Breite "    "      18,5   13,4
   Höhe  der Mündung  13,0    9,5
   Breite "     "     10,0    7,4 mm.


•Paludina nov. sp.•?

Fig. 12, 17, 23, 25.

Diese zweite _Paludina_-Form aus dem =Manyara-See=, welche Dr.
Baumann in einigen Exemplaren gesammelt hat, ist kleiner als die
vorige und mehr vorn gespitzt, kegeliger Gestalt. An der Schale
lassen sich mehr oder weniger deutliche Querstreifen und hier und da
eine Spur eines oberen oder unteren Kielstreifens erkennen. Der Nabel
ist ritzförmig, die Anzahl der Windungen beträgt 6½. Die Proportionen
wechseln folgendermaassen:

   Höhe  des Gehäuses   15,9   16,3   13,6
   Breite "     "       11,1   12,0   10,0
   Höhe  der Mündung     7,5    8,0    6,5
   Breite "    "         6,0    6,5    5,5 mm.

Es ist mir weder in der Literatur noch in dem Material des hiesigen
Hofmuseums eine _Paludina_-Art untergekommen, mit welcher die hier
beschriebene zu vergleichen wäre. Ich vermuthe also in dieser eine
neue Art und habe nur wegen der geringen Anzahl und der relativ
schlechten Konsistenz der vorliegenden Repräsentanten davon
abgesehen, ihr einen definitiven Namen zu geben.


IV. Landschnecken.

An dieser Stelle sind nur einige wenige Arten zu besprechen, darunter
aber eine neue, _Succinea Baumanni mihi_.


•Limicolaria Martensiana• =Smith=.

 1880. _Achatina (Limicolaria) Martensiana sp. nov._ =Smith= [27] P.
                                   Z. S. p. 345, pl. 31, Fig. 1, 1a.
 1881. _   "           "         "     Smith_, =Crosse= [30] J.
                                                   de Conch. p. 297.
 1883. _Limicolaria Martensiana Smith_, v. =Martens= [33] S. 71.
 1885. _   "           "         "    _ =Grandidier= [38] p. 162.
 1889.     "           "         "      =Bourguignat= [50] p. 104.

Dr. Baumann hat diese schöne Schnecke =am Nordende des
Tanganyika-Sees= gesammelt. Es liegen mir mehr als ein Dutzend
Schalen vor, von denen nur eine kleine Auswahl die lebhaft gescheckte
Färbung aufweist, während die übrigen gebleicht sind.

Die Gehäuseproportionen bewegen sich in geringen Abweichungen um die
von =Smith= [27] angegebenen Maasse. Das grösste Exemplar misst 44 mm
in der Länge und 18,4 mm in der Breite, und seine Mündung ist 17,5 mm
hoch und 9,5 mm breit.


•Limicolaria rectistrigata• =Smith=.

 1880. _Achatina (Limicolaria) rectistrigata_, =Smith= [27] P. Z. S.
                                             p. 346, pl. 31, Fig. 2.
 1881. _ "            "              "      _ =Smith= [31] P. Z. S.
                                   p. 284, pl. 33, Fig. 14a (non 14!).
 1885. _Limicolaria rectistrigata_, =Grandidier= [38] p. 160-162.
 1885. _ "            "          _ =Bourguignat= [39] p. 23.
 1889. _ "            "          _ =Bourguignat= [50] p. 103.

=Grandidier= ([33] p. 160) hat bekanntlich den von =E. Smith= [31]
pl. 33, Fig. 14 u. 14a abgebildeten _rectistrigata_-Formen andere
Artnamen beigelegt, sie nämlich _Burtoniana_ (Fig. 14) und _Bridouxi_
(Fig. 14a) genannt. Ich glaube nun, dass sich zwar _Burtoniana
Grand._ von ihrem Vis-à-vis, der _Bridouxi_, wie von der »echten«
_rectistrigata_ (=Smith= [27] P. Z. S. pl. 31, Fig. 2) scharf
trennen lässt, dass aber die beiden letzten, _Bridouxi Grand._ und
_rectistrigata Smith_, Synonyme bleiben.

Die von Dr. Baumannn am =Nordende des Tanganyika-Sees= gesammelten
Exemplare stehen, hauptsächlich was die Grössenverhältnisse (s.
unten) anlangt, zwischen diesen beiden letztgenannten Arten, und ich
wählte daher ungescheut den älteren Namen _rectistrigata Smith_ für
die Aufschrift.

   Höhe  des Gehäuses  37,1   38,0  36,2
   Breite "     "      16,0   16,0  16,5
   Höhe  der Mündung   16,0   14,0  15,0
   Breite "     "       8,7    8,5   9,0 mm u. s. w.


•Limicolaria rectistrigata• =Smith var.= •minor• =mihi=.

(Fig. 36, 37.)

Diese kleine Form der _rectistrigata_ liegt mir in einer grösseren
Anzahl aus der =Umgebung des Victoria-Sees= vor. In Folge des
gebleichten Zustandes sind bei den meisten Exemplaren von den Bändern
nur mehr Spuren sichtbar. Die Grösse ist variabel:

   Höhe  des Gehäuses     36,0  35,1   29,5   29,5   29,3  29
   Breite "     "         14,7  15,0   14,1   14,0   14,5  13
   Höhe  der Mündung      13,5  14,0   12,3   12,5   12,0  12
   Breite "     "          8,2   8,0    6,7    7,3    6,5   7 mm

   (inkl. Columellarausschlag).

Die _Limicolarien_ aus der =Nyarasa-Steppe=, gesammelt von Dr.
Baumann im Juni 1892, sind gänzlich gebleicht und dürften theils zu
_L. rectistrigata Smith_ theils zu _L. Martensiana Smith_ gehören.

Die am =Manyara-See= gefundene _Limicolarien_, gleichfalls schlecht
erhalten, erinnern an die Art _Heugliní v. Martens_ (confer [10] Mal.
Bl. XIII., S. 94, Taf. 4, Fig. 1-4).


•Succinea Baumanni• =mihi=.

(Fig. 1, 6, 11, 15, 20, 21, 26.)

Testa ovato-conica, solida, vix pellucida; anfractus 4-4½, sutura
profunda separati, primi subtiliter striati, ultimus rugis et striis
instructus; apertura ovalis, altitudinis ⅝ vel ⅔ aequans.

Alt. 13-21,4 mm, diam. 7,1-12,5 mm. Apert. 8,5-14,5 mm alta, 5-9 mm
lata.

Mögen die beigegebenen Abbildungen, sowie die hier noch folgenden
Bemerkungen dazu dienen, die vorstehende lateinische Diagnose
zu ergänzen, und so eine vollständige Vorstellung der neuen Art
ermöglichen.

_Succinea Baumanni_ liegt mir von zwei Fundorten vor:

1) aus der =Nyarasa-Steppe=; in vielen Exemplaren im Juni 1892
gesammelt, davon etwa 2 Dutzend gut erhalten (die Farbe ist
allerdings bei allen gebleicht).

Hinsichtlich der Gestalt, respektive der Grössenverhältnisse lassen
sich diese Exemplare in zwei Reihen stellen.

In die erste Reihe, welche relativ breite Exemplare umfasst, gehören
beispielsweise die Stücke folgender Dimensionen:

   Höhe des Gehäuses  18,0 17,0 16,3 16,0 15,5 15,1 14,0 13,5
   Breite "     "     11,0 10,4  9,4  9,5  9,2  8,5  8,4  7,9
   Höhe der Mündung   12,3 11,2 10,6 11,0 10,0 10,0  8,8  8,4
   Breite "   "        7,8  7,0  6,8  6,4  6,0  6,0  5,8  5,0 mm.

Dividirt man das Maass der Höhe durch das Maass der Breite, so erhält
man eine Verhältnisszahl, welche hier 1,6-1,7 beträgt.

In die zweite Reihe, zu den relativ schmäleren Exemplaren, gehören
die folgenden, im Allgemeinen grösseren:

   Höhe des Gehäuses 21,2 19,3 18,4 18,2 17,6 17,0 17,3 14,2 14,0
   Breite "     "    11,3 10,3  9,6 10,0 10,0 10,0 10,1  7,3  8,4
   Höhe der Mündung  12,7 12,0 11,5 11,5 11,1 11,2 11,1  9,0  8,8
   Breite "   "       7,5  7,0  6,5  6,5  6,5  6,5  6,8  5,0  5,8 mm.
                  Fig. 6, 20.    Fig. 11, 21.

Hier erhält man als Verhältnisszahl (Höhe:Breite) 1,7-1,9.

In Fig. 1 ist ein Exemplar mit ausnahmsweise hoher Mündung abgebildet
(Höhe der Grösse 21,4, Breite 12,5 mm; Höhe der Mündung 14,5, Breite
derselben 9 mm).

2) aus dem =Kagera-Nilquellgebiet=; Exemplare in geringer Anzahl und
schlechtem Zustande.

   Höhe des Gehäuses   19,3  17,2  16,4  16,0
   Breite "    "       11,0   9,0   9,2   9,3
   Höhe der Mündung    12,4  11,5  11,0  11,1
   Breite "    "        7,5   6,5   6,4   6,7 mm
                  Fig. 15, 26.

Diese Exemplare sind ähnlich denen der zweiten Reihe aus der
Nyarasa-Steppe.

_Succinea Baumanni_ ist mit der von Prof. =Krauss=[3] S. 73 vom
Limpopo-Fluss angegebenen _Succinea amphibia Drap. var. Africana
(= Succinea Africana_ =Bourg=. [4] Amen. I, p. 136) nahe verwandt.
Leider existirt von dieser keine Abbildung und keine ausreichende
Beschreibung.

Aus einigen der eingetrockneten Exemplare Dr. Baumann's war es mir
noch möglich, die Radula und die Kieferplatte herauszupräpariren.
Diese letztere ähnelt sehr auffallend dem Kiefer von _S. elegans_
(vide =Hazay=, Molluskenfauna von Budapest, Taf. 6, Fig. 12, 13, 16
und Taf. 9, Fig. 8).


•Uebersicht der von Dr. Baumann gesammelten Mollusken.•


a) •Süsswasser-Mollusken•.

        1. _Planorbis Sudanicus_ =v. Martens=  Nordende des Tanganyika-Sees.
        2. _Neothauma Tanganikum_ =Grand=          "     "      "       "
        3. _Ampullaria ovata_ =Oliv.=              "     "      "       "
        4. _Paramelania nassa_ =Woodw.=            "     "      "       "
        5. _Rumella nov. sp.? (aff. globosa_
           =Bgt.= _et Giraudi_ =Bgt.=)             "     "      "       "
        6. _Grandidieria rotundata_ =Bourg.=       "     "      "       "
        7. _    "        insignis_ =Ancey.=        "     "      "       "
        8. _    "        Smithi_ =Bourg.=          "     "      "       "
        9. _    "        Tanganikana_ =Bgt.=       "     "      "       "
       10. _    "        nov. sp.?_                "     "      "       "
       11. _Cameronia Spekei_ =(Woodw.) Bgt.=      "     "      "       "
       12. _    "        admirabilis_ =Bourg.=     "     "      "       "
       13. _Paludina victoriae_ =Smith=        Victoria-See.
       14.(?)_ "     rubicunda_ =v. Martens=       "     "
       15. _   "     unicolor_ =Oliv.=
           _juv._ (?)                              "     "
       16. _Ampullaria Gordoni_ =Smith=            "     "
       17. _Melania tuberculata_ =Mllr.= var.      "     "
       18. _Corbicula pusilla_ =Phil.=             "     "
       19. _   "      radiata_ =Phil.=             "     "
       20. _Unio Edwardsianus_ =Bourg=.            "     "
       21. _  "  Hauttecœuri_ =Bourg=.             "     "
       22. _Mutela nov. sp.?_                      "     "
       23. _Aetheria elliptica_ =Lam=.             "     "
   (ad 15) _Paludina unicolor_ =Oliv=. _nov.
           var.?_                              Kagera-Nilquellgebiet.
       24. _Spatha Baumanni_ =Stur=.           Grumeti-Bach.
       25. _Spatha Martensi_ =Stur=.           Ngoroïne-Bach.
   (ad  1) _Planorbis Sudanicus_ =v. Martens=
           _var. magna_ =Stur=.                Manyara-See.
   (ad  3) _Ampullaria ovata_ =Oliv=.             "     "
       26. _Lanistes affinis_ =Smith=
           _var. Manyarana_ =Stur=.               "     "
   (ad 15) _Paludina unicolor_ =Oliv=.
           _nov. var.?_                           "     "
       27. _Paludina nov. sp.?_                   "     "


b) •Land-Mollusken•.

       28. _Limicolaria Martensiana_ =Smith=   Nordende des Tanganyika-Sees.
       29. _  "    rectistrigata_ =Smith=         "      "      "       "
   (ad 29) _  "           "     _ =Smith=
           _var. minor_ =Stur=.                Umgebung des Victoria-Sees.
       30. _Succinea Baumanni_ =Stur=.         Nyarasa-Steppe und
                                               Kagera-Nilquellgebiet.


•Verzeichniss der benutzten einschlägigen Literatur•[30].

 [30] In den mit ๐ bezeichneten Abhandlungen sind Mollusken aus
      dem Victoria-See genannt und beschrieben.
      Ein † kennzeichnet die Abhandlungen, welche Angaben oder
      Beiträge zur Fauna des Tanganyika-Sees enthalten.

                                                               Material
                                                               gesammelt
                                                                 von:

      [1]     1804-  =Olivier, G. A.=: Voyage dans l'empire
                12.  ottoman, l'Egypte et la Perse. Tome III et
                     Atlas.

      [2]     1842-  =Philippi, Dr. R. A.=: Abbildungen und
                51.  Beschreibungen neuer oder wenig gekannter
                     Conchylien. Bd. I-III. Mit vielen Tafeln.
                     4°. (Cassel, Fischer.)

      [3]     1848.  =Krauss, Ferdinand=: Die südafrikanischen
                     Mollusken. (Stuttgart, Ebner & Seubert.)
                     4°. 140 S. 6 Taf.

      [4]     1856-  =Bourguignat, J. R.=: Amenités
                60.  malacologiques. Tome I et II. 8°. (Paris,
                     Baillière.) [Rev. et Mag. de Zool.
                     1853-1860.]

    † [5]     1859.  =Woodward, S. P.=: On some new Freshwater     Capt.
                     Shells from Central Africa. [Proc. Zool.     Speke.
                     Sec. London part XXVII, p. 348-350, pl.
                     XLVII.]

      [6]     1859.  =Martens, E. v.=: Verzeichniss der von
                     Prof. Peters in Mossambique gesammelten
                     Land- und Süsswasser-Mollusken. [Mal.
                     Blätter, 6. Band, S. 211-221.]

      [7]     1864.  =Lea, Isaac=: Descriptions of six new      Dr. John
                     species of Unionidae from Lake Nyassa,       Kirk.
                     Central Africa etc. [Proc. Acad. Nat. sc.
                     Philadelphia 1864, p. 108-109.]

    ๐ [8]     1864.  =Dohrn, H.=: List of the shells collected    Speke.
                     by Captain Speke during his second journey
                     through Central Africa. [Proc. Zool. Soc.
                     London 1864, p. 116-118.]

      [9]     1865.  =Frauenfeld, Georg R. v.=: Zoologische   Vivipara-
                     Miscellen V. [Verh. zool. bot. Ges. Wien   Arten
                     Bd. XV, S. 525-536. Taf. VIII-XI und      aus dem
                     XXII.]                                   Nyassasee,
                                                          leg. Dr. Kirk.

     [10]     1865-  =Martens, Ed. v.=: Uebersicht der Land-
                66.  und Süsswasser-Mollusken des Nil-Gebietes.
                     [Mal. Blätter XII, S. 177-207; XIII, S.
                     1-21 und S. 91-102]

     [11]     1866.  =Lea, Isaac=: New Unionidae, Melanidae
                     etc. chiefly of the United States. [Journ.
                     Acad. Nat. sc. Philadelphia VI, p. 5-65,
                     pl. 1-21.]

     [12]     1866.  =Adams, Henry=: List of the shells          Baker.
                     collected by Samuel White Baker Esq.
                     during his recent explorations in Central
                     Africa. [Proc. Zool. Soc. p. 375-376.]

     [13]     1867.  =Martens, E. v.=: Ueber einige Muscheln
                     des oberen Nilgebietes. [Mal. Blätter XIV,
                     S. 17-20]

     [14]     1868.  =Morelet, Arthur=: Mollusques terrestres
                     et fluviatiles (Voyage du Dr. Friedrich
                     Welwitsch dans les royaumes d'Angola et de
                     Benguella, Afr. équinoxiale). 4°. 102 p. 9
                     pl. (Paris, Baillière et fils.)

     [15]     1870.  =Martens, E. v.=: Conchylien aus dem        Dr.
                     oberen Nilgebiet (Gazellenfluss). [Mal.   Schwein-
                     Blätter XVII, S. 32-36.]                   furth.

     [16]     1872.  =Morelet, Arthur=: Notice sur les
                     coquilles terrestres et d'eau douce
                     recueillies sur les côtes de l'Abyssinie.
                     [Ann. Mus. Civ. Stor. Nat. Genova III,
                     1872.]

     [17]     1873-  =Jickeli, C. F.=: Reisebericht. [Mal.
                74.  Blätter XX, S. 1-20, S. 109-151; XXI, S.
                     81-109.]

     [18]     1873.  =Jickeli, C.F.=: Diagnosen neuer Mollusken
                     meiner Reiseausbeute. [Mal. Blätter XX, S.
                     99-108.]

     [19]     1874.  =Jickeli, Carl F.=: Fauna der Land- und
                     Süsswasser-Mollusken Nord-Ost-Afrikas.
                     [Verh. kais. Leop.-Carol. D. Akad. Naturf.
                     Dresden, Band 37, S. 1-350. Taf. 1-11.]

     [20]     1874.  =Martens, Ed. v.=: Zusammenstellung der
                     von Dr. Georg Schweinfurth in Afrika
                     gesammelten Land- und
                     Süsswasser-Conchylien. [Mal. Blätter XXI,
                     S. 37-46.]

     [21]     1876.  =Martens, E. v.=: Die von Prof. Dr. R.
                     Buchholz in Westafrika gesammelten Land-
                     und Süsswasser-Mollusken. [Monatsber.
                     Akad. Wiss. Berlin 1876, S. 253-274. 5
                     Tafeln.]

     [22]     1877.  =Smith, Edgar A.=: On the shells of Lake    F. A.
                     Nyassa and on a few marine species from    Simons.
                     Mozambique. [Proc. Zool. Soc. London 1877,
                     p. 712-721, pl. 74, 75.]

     [23]     1878.  =Martens. E. von=: Uebersicht der von
                     Herrn J. M. Hildebrandt während seiner
                     letzten mit Unterstützung der Akademie in
                     Ostafrika ausgeführten Reise gesammelten
                     Land- und Süsswasser-Conchylien.
                     [Monatsber. Akad. Wiss. Berlin 1878, S.
                     288-299. 2 Tafeln.]

   † [24]     1879.  =Bourguignat, M. J. R.=: Description de
                     diverses espèces terrestres et fluviatiles
                     et de différents genres de Mollusques de
                     l'Egypte, de l'Abyssinie, de Zanzibar, du
                     Sénégal et du centre de l'Afrique. 8°. 54
                     p. (Paris, Tremblay.)

   ๐ [25]     1879.  =v. Martens=: Mehrerlei ausländische
                     Conchylienarten, (3. Recente Conchylien
                     von Bagamoyo, leg. Fischer. 4. Recente
                     Conchylien aus dem Victoria-Nyansa, leg.
                     Emin Effendi 1877.) [Sitzungsber. nat. Fr.
                     Berlin, S. 99(102)-105.]

     [26]     1879.  =v. Martens:= Uebersicht der von Peters
                     von 1843-1847 in Mossambique gesammelten
                     Mollusca. [Monatsber. Akad. Wiss. Berlin
                     1879, S. 727-749.]

   † [27]     1880.  =Smith, Edgar A.=: On the shells of Lake   E. Coode
                     Tanganyika and of the neighbourhood of       Hore.
                     Ujiji, Central Africa. [Proc. Zool. Soc.
                     London, p. 344-352, pl. 31.]

   † [28]     1880.  =Smith, Edgar A.=: Diagnoses of new    J. Thomson,
                     shells from Lake Tanganyika and East     E. Coode
                     Africa. [Ann. and Mag. of Nat. Hist.    Hore, Dr.
                     London. Vol.  VI. (5. ser.) --           J. Kirk.
                     No. XXXVI. -- p. 425-430.]

   † [29]     1881.  =Crosse, H.=: Faune malacologique du Lac
                     Tanganyika. [Journ. de Conch. XXIX. p.
                     105-139, pl. IV.]

   † [30]     1881.  =Crosse, H.=: Supplément à la Faune
                     malacologique du Lac Tanganyika. [Journ.
                     de Conch. XXIX. p. 277-306]

   † [31]     1881.  =Smith, Edgar A.=: On a collection of   J. Thomson.
                     shells from Lakes Tanganyika and Nyassa
                     and other localities in East Africa.
                     [Proc. Zool. Soc. London, p. 276-300, pl.
                     32-34]

   † [32]     1881.  =Smith, Edgar A.=: Descriptions of two new   Damon.
                     species of shells from Lake Tanganyika.
                     [Proc. Zool. Soc. London, p. 558-561, 2
                     Figs.]

   † [33]     1883.  =v. Martens=: Einige centralafrikanische
                     Conchylien, welche theils von Dr. R. Böhm
                     aus dem Tanganyika eingesandt, theils von
                     Lieutenant Wissmann von seiner Reise quer
                     durch den südlichen Theil von Afrika
                     mitgebracht worden sind. [Sitzungsber.
                     nat. Fr. Berlin, S. 71-74]

   ๐†[34]     1883.  = Bourguignat, M. J. R.=: Mollusques     Missionar
                     fluviatilis du Nyanza Oukéréwé          Hauttecœur.
                     (Victoria-Nyanza), suivis d'une note sur
                     les genres Cameronia et Burtonia du
                     Tanganika. -- 8° -- 23 p., 1 pl. (Paris,
                     Imp. Tremblay).

     [35]     1883.  =Bourguignat, M. J. R.=: Histoire        Achille
                     malacologique de l'Abyssinie. [Ann. des   Raffray.
                     sc. nat. Paris VI. ser., tome XV., p.
                     47-162, pls. 7-11]

     [36]     1885.  =Martens, E. von=: Afrikanische          v. Mechow
                     Binnenmollusken. [Conchol. Mittheilungen,  (Loango-
                     Kassel, II. Bd., 1881-1885, S. 188-190,     Küste),
                     Taf. 34].                                 Wissmann
                                                              (Nyangwe).

   † [37]     1885.  =Bourguignat, M. J. R.=: Monographie d'un
                     nouveau genre d'Acéphale du Lac Tanganika.
                     [Bull. Soc. Malac. de France, Juillet
                     1885, II. p. 1-12, pl. 1]

   ๐†[38]     1885.  =Grandidier, Alfred=: Descriptions de
                     quelques espèces nouvelles et observations
                     critiques sur divers mollusques du centre
                     de l'Afrique. [Bull. Soc. Malac. de
                     France, Juillet 1885, II. p. 157-164, pl.
                     7]

   † [39]     1885.  =Bourguignat, M. J. R.=: Notice
                     prodromique sur les mollusques terrestres
                     et fluviatiles recueillis par M. Victor
                     Giraud dans la région méridionale du lac
                     Tanganika. -- 8° -- 110 p. (Paris. Imp.
                     Tremblay)

     [40]     1885.  =Martens, E. v.=: Einige Landschnecken,
                     welche Prof. G. Schweinfurth auf seiner
                     letzten Reise an der arabischen Seite
                     Egyptens von Kairo bis Koseir gesammelt
                     hat. [Sitzungsber. nat. Fr. Berlin, S.
                     87-89]

   ๐†[41]     1885.  =Bourguignat, M. J. R.=: Espèces nouvelles   Rév.
                     et genres nouveaux découverts par les rév.   Pères
                     pères missionaires dans les grands       Guillemé,
                     lacs africains Oukéréwé et Tanganika.       Leroy,
                     8°, 39 p. (Paris, Imp. Tremblay)       Hauttecœur.

   † [42]     1886.  =Bourguignat, M. J. R.=: Nouveautés         Leopold
                     Malacologiques, 1. Unionidae et Iridinidae  Joubert
                     du Lac Tanganika. -- 8° -- 93 p. (Paris,       etc.
                     Imp. Tremblay).

   † [43]     1886.  =Bourguignat, M. J. R.=: Des Tiphobies du   Leopold
                     Lac Tanganika. [Bull. Soc. Malac. de        Joubert
                     France III. Juillet 1886, p. 141-150, pl.      etc.
                     VI.]

     [44]     1886.  =v. Martens=: Subfossile
                     Süsswasser-Conchylien aus Egypten
                     (Schweinfurth leg.) [Sitzungsber. nat. Fr.
                     Berlin, S. 126-129]

     [45]     1887.  =Grandidier, Alfred=: Mollusques de         Rév. P.
                     l'Ousaghara, de l'Oukami etc. (Afrique      Leroy.
                     Équatoriale). [Bull. Soc. Malac. de France
                     IV. Juillet 1887, p. 185-194]

   ๐ [46]     1887.  =Bourguignat, M. J. R.=: Mollusques
                     nouveaux de la région du Nyanza Oukéréwé
                     (Victoria-Nyanza). [Bull. Soc. Malac. de
                     France, IV. Juillet 1887, p. 267-272]

     [47]     1888.  =Smith, Edgar A.=: On the shells of the
                     Albert Nyanza, Central-Africa, obtained by
                     Dr. Emin Pasha. [Proc. Zool. Soc. London,
                     p. 52-56]

   † [48]     1888.  =Bourguignat, M. J. R.=: Iconographie
                     malacologique animaux mollusques
                     fluviatiles du lac Tanganika. -- 8° -- 82
                     p., 35 plchs. (Corbeil, Impr. Crété)

     [49]  1888-89.  =Stuhlmann, Dr. Franz=: Berichte über eine
                     mit Unterstützung der Königlichen Akademie
                     der Wissenschaften unternommene Reise nach
                     Ost-Afrika, zur Untersuchung der
                     Süsswasserfauna. [Mathem. naturw. Mitth.
                     Sitzungsber. Kgl. preuss. Akad. Wiss. J.
                     1888, S. 801-815; J. 1889, S. 451-466.]

   † [50]     1889.  =Bourguignat, M. J. R.=: Mollusques de
                     l'Afrique équatoriale de Moguedouchou à
                     Bagamoyo et de Bagamoyo an Tanganika. --
                     8° -- 229 p., 8 pl. (Paris, Impr.
                     Dumoulin)

   † [51]     1889.  =Bourguignat, M. J. R.=: Melanidées du lac  Victor
                     Nyassa, suivies d'un aperçu comparatif sur  Giraud.
                     la faune malacologique de ce lac avec
                     celle du grand lac Tanganika. [Bull. Soc.
                     Malac. de France VI. Juni 1889, p. 1-66,
                     pl. 1-2.]

   † [52]     1889.  =Smith, Edgar A.=: Diagnoses of new shells  Coode
                     from lake Tanganyika. [Ann. Mag. Nat.        Hore.
                     Hist. London. Vol. IV. (VI. ser.) No. XX.,
                     p. 173-175].

     [53]     1889.  =Martens, E. v.=: Südafrikanische
                     Landschnecken (leg. Dr. A. Schenck,
                     1884-87). [Sitzungsber. nat. Fr. Berlin S.
                     160-165.]

   ๐ [54]     1889.  =Martens, E. v.=: Concholog.            G. Schwein-
                     Mittheilungen. [III. Band, 1.-2. Heft,  furth, Dr.
                     S. 1-3, 8-9, 16-17, 18 und diverse      Fischer.
                     Abbildungen.]

     [55]     1890.  =Möbius (Dr. F. Stuhlmann)=: Mittheilungen
                     über die Fauna von Ost-Afrika.
                     [Sitzungsber. nat. Fr. Berlin. S.
                     181-184.]

   † [56]     1890.  =Bourguignat, M. J. R.=: Histoire
                     malacologique du lac Tanganika (Afrique
                     équatoriale). [Ann. des sc. nat. Paris,
                     VII. ser., tome X. p. 1-267, pls.
                     I.-XVII][31]

 [31] Mit denselben Tafeln wie in der Iconographie [48]. Der
      Text behandelt nur Univalven.

   † [57]  1890.  =Smith, Edgar A.=: On a new genus and some   E. Coode
                  new species of shells from lake                Hore.
                  Tanganyika. [Ann. and Mag. Nat. Hist.
                  London. Vol. VI. (ser. VI.) No. XXXI., p.
                  93-96]

   ๐ [58]  1890.  =Smith, Edgar A.=: List of land- and         Dr. Emin
                  freshwater-shells collected by Dr. Emin    Pasha, Rev.
                  Pasha in Central Africa, with descriptions J. L. Last,
                  of new species. [Ann. and Mag. Nat. Hist.  Bishop
                  London. Vol. VI. (ser. VI.) No. XXXII., p. Hannington
                  146-168, pl. V. & VI.]                         etc.

     [59]  1891.  =v. Martens=: Von Dr. F. Stuhlmann auf der
                  Expedition Emin Pascha's in den
                  Landschaften Ukwere, Ukami, Usagara und
                  Ugogo gesammelte Land- und
                  Süsswasser-Conchylien. [Sitzungsber. nat.
                  Fr. Berlin. S. 13-18.]

     [60]  1891.  =Smith, E. A.=: On the Mollusca of British
                  Central Africa. [Proc. Zool. Soc. London,
                  p. 309-310.]

   † [61]  1891.  =Martens, E. von=: Bericht über die
                  Tanganyikaschnecken Bourguignat's.
                  [Nachrichtenbl. d. d. mal. Ges. Bd.
                  XXIII., S. 7-10 und 12-128.]

   ๐ [62]  1892.  =v. Martens=: Einige neue Arten von Land-
                  und Süsswasser-Mollusken aus Uganda und
                  dem Victoria-Nyansa (leg. Emin Pascha et
                  Dr. Stuhlmann. 1890-91). [Sitzungsber.
                  nat. Fr. Berlin 1892. S. 15-19.]

     [63]  1892.  =v. Martens=: Ueber die von Dr. Stuhlmann
                  in Nordostafrika gesammelten Land- und
                  Süsswasser-Mollusken. [Sitzungsber. nat.
                  Fr. Berlin 1892. S. 174-181.]

     [64]  1892.  =v. Martens=: Beschreibung vier neuer       Dr. Preuss
                  afrikanischer Conchylien-Arten.             (Kamerun),
                  [Sitzungsber. nat. Fr. Berlin 1892. S.        Conradt
                  181-183.]                                  (Usambára).

   ๐ [65]  1892.  =Smith, Edgar A.=: On the shells of the
                  Victoria Nyanza or Lake Oukéréwé. [Ann.
                  and Mag. Nat. Hist. London (6. ser.) Vol
                  X., No. LVI., p. 121-128, pl. XII., Figs.
                  3-6, 8-16.]

   ๐ [66]  1892.  =Smith, Edgar A.=: Additions to the           Rev. E.
                  shell-fauna of the Victoria Nyanza or Lake     Cyril
                  Oukéréwé. [Ann. and Mag. Nat. Hist. London    Gordon.
                  (6. ser.) Vol. X., No. LIX., p. 380-383.]

   † [67]  1884.  =Tausch, Dr. Leopold=: Ueber einige
                  Conchylien aus dem Tanganyika-See und
                  deren fossile Verwandte. Mit 2 Tafeln.
                  [Sitzungsber. Akad. d. Wissensch. XC. Bd.
                  S. 56]

   ๐ [68]  1894.  =Stuhlmann, Dr. Franz=: Mit Emin Pascha
                  ins Herz von Afrika. (Berlin, Dietrich
                  Reimer). S. 731 ff. [Notiz von Prof. Dr.
                  E. von Martens über die Vertheilung der
                  Süsswasser-Mollusken in Centralafrika]

Ausser diesen hier angeführten Abhandlungen benutzte ich noch
vielfach die =Reeve='schen =Monographien=, das =Küster='sche
=Conchylien-Kabinet=, =Pfeiffer's »Novitates conchologicae«=, die
verschiedenen =Handbücher= der Conchyliologie u. A.

[Illustration: TAFEL XXV]



Figuren-Erklärung zu Taf. XXIV und XXV.


  Fig. 1, 6, 11, 20, 21  _Succinea Baumanni_ =Stur=. (Nyarasa-Steppe.)

  Fig. 2, 3, 4           _Paludina_ (?) _rubicunda_ =v. Martens=.
                         (Victoria-See.)

  Fig. 5                 _Paludina victoriae_ =Smith=. (Victoria-See.)

  Fig. 7, 12, 22         _Paludina unicolor_ =Oliv.= _nov. var._?
                         (Manyara-See.)

  Fig. 8, 9              _Paludina unicolor_ =Oliv.= _juv._ (?)
                         (Victoria-See.)

  Fig. 10, 14, 29        _Planorbis Sudanicus_ =v. Martens= _var.
                         magna_ =Stur=. (Manyara-See.)

  Fig. 13, 17, 23, 25    _Paludina nov. sp.?_ (Manyara-See.)

  Fig. 15, 26            _Succinea Baumanni_ =Stur=.
                         (Kagera-Nilquellgebiet.)

  Fig. 16, 27            _Paludina unicolor_ =Oliv.= _nov. var.?_
                         (Kagera-Nilquellgebiet.)

  Fig. 18, 28            _Grandidieria insignis_ =Ancey= (?).
                         (Tanganyika-See.)

  Fig. 19, 24            _Rumella nov. sp.?_ (Tanganyika-See.)

  Fig. 30, 34            _Mutela nov. sp.?_ (Victoria-See.)

  Fig. 31, 35            _Grandidieria nov. sp.?_ (Tanganyika-See.)

  Fig. 32                _Lanistes affinis_ =Smith= _var. Manyarana_
                         =Stur=. (Manyara-See.)

  Fig. 33                _Ampullaria Gordoni_ =Smith=. (Victoria-See.)

  Fig. 36, 37            _Limicolaria rectistrigata_ =Smith= _var.
                         minor_ =Stur=. (Umgebung des Victoria-Sees.)

  Fig. 38                _Spatha Hartmanni_ =Stur=. (Grumeti-Bach.)

  Fig. 39                _Spatha Martensi_ =Stur=. (Ngoroïne-Bach.)



IV. Insekten aus Deutsch-Ostafrika.


I. Lepidopteren.

Von •H. Rebel• und •A. Rogenhofer•.

Schon bei seinen früheren Expeditionen hatte Herr Dr. Baumann
auf das Sammeln von Lepidopteren seine besondere Aufmerksamkeit
gerichtet, welche diesmal noch dadurch eine Steigerung erfuhr,
dass der Expeditions-Soldat Hamissi hadim Mirari und sein Schüler
Katilfil hadim Munyikombo mit dem Fange von Schmetterlingen durch Dr.
Baumann beauftragt wurden, und diesem Auftrage auch in reichem Maasse
nachgekommen sind.

Die Anzahl der von dieser Expedition mitgebrachten Lepidopteren
übersteigt demnach auch weitaus alle bisher in diesen Gebieten
gemachten Ausbeuten, da mehr als 4000 Stücke vorliegen.
Dieselben umfassen Formen aus allen nördlichen Küstengebieten von
Deutsch-Ostafrika, dem Massailande, Unyamwesi und der Umgebung des
Victoria- und Tanganyika-See.

Wenn trotz dieser beträchtlichen Stückzahl die Zahl der Arten in der
Ausbeute eine relativ sehr geringe ist und erst nach Sicherstellung
einiger zweifelhaft gebliebener Formen 200 übersteigen dürfte,
so hat dies seinen Grund einerseits in der schon oft erwähnten
faunistischen Gleichförmigkeit der ostafrikanischen Gebiete und
andererseits in dem Umstande, dass regelmässig Eingeborne, also
nicht Fach-Entomologen, als Sammler thätig sind. Immerhin bildet
die vorliegende lepidopterologische Ausbeute aus den von Dr. Baumann
betretenen Gebieten, worunter namentlich das Bergland Urundi und das
Quellengebiet des Kagera-Nil die entomologisch meist versprechendsten
zu sein scheinen, insbesondere auch durch die von Dr. Baumann
persönlich beigesetzten genauen Fundortsangaben, einen sehr
werthvollen Beitrag zur Lepidopterenfauna Ost-Afrika's und bestätigt
bei vielen Arten neuerlich die grosse Uebereinstimmung, welche in der
Fauna aller tropischen Theile Afrika's herrscht.

An neuerer lepidopterologischer Literatur für die afrikanischen
Tropengegenden erwähnen wir:

   1. =Dr. Pagenstecher=, Arnold: »Lepidopteren, gesammelt in
      Ostafrika 1888/89 von Dr. Franz Stuhlmann.« Mittheil. aus dem
      Naturh. Mus. in Hamburg X, 1892, p. 1-56. (Jahrb. der Hamb.
      Wiss. Anst. X, p. 207-262.)

   2. =Dr. Karsch=, F.: Tagfalter -- Lepidoptera Rhopalocera -- von
      Adeli (Hinterland von Togo, Westafrika). Berl. ent. Zeitschr.
      38. Bd., 1893, p. 167-266, Taf. V, VI.

   3. =Oberthür=, Charles. Etud. d'Entom. 17. Livr., 1893. Lepidopt.
      d'Afrique, p. 17-33, pl. I-III.

   4. =Trimen=, Roland: »On Butterfl. collect. in Tropic. South-west
      Africa by Mr. A. W. Eriksson.« Proc. Zool. S., Lond. 1891, p.
      59-107, pl. VIII, IX.

Auf die beiden erst genannten Publikationen haben wir mit Rücksicht
auf die darin enthaltenen zahlreichen Literaturangaben in dem
nachfolgenden Verzeichnisse thunlichst Bezug genommen.

      =Wien=, im Dezember 1893.


Rhopalocera. -- Papilionidae.

  1. _Papilio Leonidas_ F. Trim. South Afr. B. III, p. 211; Karsch l.
     c. p. 238.
     Mehrere Exemplare von Usega, Unyamwesi, Iguri, Ussongo, Tabora.

  2. _Papilio Pelopidas_ =Oberth=. Etud. IV, pl. V, Fig. 1.
     Nur ein Exemplar aus der Umba Nyika.

  3. _Papilio Philonoë_ =Ward=. Mouth. Mg. X (1873), p. 152.
     Ein ♂ aus der Umba Nyika (Leon).

  4. _Papilio Jacksoni_ =Sharpe=. Pr. Z. S., Lond. 1891, p. 188, pl.
     XVII, Fig. 1 (♂), 2 (♀).
     Zwei ♂ von den Missosi ya Mwesi bei Imbo Urundi stimmen
     vollständig mit Jacksoni Sharpe und unterscheiden sich von der
     Abbildung des Echerioides Trim. (Trans. Ent. Soc., Lond. 1868,
     pl. VI, Fig. 1) durch die schmälere Fleckenbinde der Vrdfl.
     und die bedeutend weiter wurzelwärts gerückte Fleckenreihe vor
     dem Saume der Hntfl. Zoroastes Druce (Monthl. Mag. XIV, p.
     226), welche Art vielleicht mit Homeyeri Plötz (Stett. ent.
     Z. 1880, p. 306) zusammenfällt, hat eine andere Stellung der
     Apicalflecken in der Vrdflbinde.

  5. _Papilio spec._ bei Cynorta F.
     Ein auffallend kleines ♂ von Mutyek mit nur 67 mm Exp. kann
     zufolge der sehr schmalen Fleckenbinde der Vrdfl. und der auf
     der Unterseite der Hntfl. braun verdusterten Mittelbinde nicht
     mit Cynorta vereint werden.

  6. _Papilio Constantinus_ =Ward=. Oberth., Etud. III, pl. 1, Fig.
     1.
     Vier Exemplare von Ussure und Umba.

  7. _Papilio Cenea_ =Stoll=. Trim., South. Afr. B. III, p. 243.
     Zwei ♂ von Balangda und Imbo Urundi; letzteres stimmt
     vollständig mit Tibullus Butl. (Aid f. ident. II, pl. 139, Fig.
     1) überein.
     Von zwei ♀ gehört das eine von Balangda der Form Merope Doubl.
     (Trim., Trans. Linn. Soc. XXVI, pl. 43, Fig. 1), das andere von
     Ussuri der Form Trophonius Westw. (Trim. l. c., Fig. 5) an.

  8. _Papilio Demoleus_ L. Pagenst. l. c., p. 8; Karsch l. c., p.
     239, N. 169.
     In grösserer Zahl, wie es scheint, auf allen Stationen
     angetroffen.

  9. _Papilio Nireus_ L. Karsch l. c., pag. 239, N. 171.
     In geringer Anzahl von Mutyek, Iraku.

 10. _Papilio Phorcas_ =Cr.=
     Nur 2 ♂ von Ngoroïne und Mutyek.

 11. _Papilio Antheus_ =Cr.= Trim., South Afr., B. III, p. 205.
     In Mehrzahl von Usegua, Ussure, und W.-Unyamwesi.

 12. _Papilio Porthaon_ =Hew.= Exot. Butt. III, pl. 2, Fig. 21, 22;
     Trim., South Afr., B. III, p. 207.
     Eine geringe Anzahl nur theilweise gut erhaltener Stücke von
     Usegua.

 13. _Papilio Colonna_ =Ward=. Trim., South Afr. Butt. III, pl. XI,
     Fig. 5, p. 209.
     Nur zwei Exemplare von Usegua.

 14. _Papilio Corrineus_ =Bert=. Corinneus Trim., South Afr., B. III,
     p. 217.
     Wie es scheint in fast ebenso weiter Verbreitung als _Papilio
     Demoleus_ L.


Pieridae.

 15. _Eurema Senegalensis_ B. Pagenst. l. c., p. 12; Karsch l. c., p.
     235, N. 157.
     In Anzahl über den grössten Theil des besuchten Gebietes
     verbreitet.

 16. _Eurema Floricola_ B. Mab. Faun. Madag., pl. 31, Fig. 5.
     Unter der vorigen Art einzeln vorkommend.

 17. _Eurema Pulchella_ B. Pagenst l. c. p. 13; Mab. l. c. pl. 31,
     Fig. 2; Rahel Snell Tijds. 1872, pl. I.
     In ziemlicher Anzahl namentlich von Katoto und Manyara. Einzelne
     Stücke stimmen vollkommen mit Caffra Feld. überein, welche kaum
     davon zu trennen ist.

 18. _Eurema Hapale_ =Mab=. Faun. Madag. pl. 32, Fig. 6, 7.
     Nur wenige Stücke von Usukuma und Usinja.

 19. _Eurema Brigitta_ =Cr.= Pagenst. l. c. p. 12.
     Eine Anzahl Stücke von Meatu, Ururi, Ruanda, Usukuma etc.

 20. _Pontia Alcesta_ =Cr.= Pagenst. l. c. p. 11; Xiphia Karsch l. c.
     p. 231.
     Nur wenige Exemplare von Usinja und Usige (Tanganyika).

 21. _Mylothris Agathina_ =Cr.=
     Eine Anzahl Stücke von Meatu, Katoto, Ussui, Usukuma. Die ♀ in
     Minderzahl.

 22. _Mylothris Mackenziana_ =Sharpe= Proc. Zool. Soc. Lond. 1891, p.
     190, pl. XVI., Fig. 5.
     Eine Anzahl Stücke von Ussui, Uyogoma, Usinja und Urundi stimmen
     vollständig mit der Beschreibung und Abbildung dieser von
     Kavirondo bekannt gemachten Art überein.

 23. _Mylothris Orbona_ =Hb.=
     Einige wenige Stücke von Mutyek und Ussui weichen etwas ab.

 24. _Mylothris Saba F. var. Epaphia_ =Mab.= Fn. Madag. pl. 36, Fig.
     5.
     Wenige Stücke von Balangda, Ikoma, Umba Nyika und Kisuani.

 25. _Mylothris Caere Feld._; =Rghfr.= Ann. k. k. Naturh. Hof-Mus.
     IV. Bd. p. 550 nota.
     Nur zwei ♂ von Ikoma stimmen mit der Type ganz überein.

 26. _Pieris Gidica_ =God.=
     In sehr grosser Zahl von fast allen besuchten Stationen.

 27. _Pieris Mesentina_ =Cr.=
     Ebenso zahlreich und verbreitet wie die vorige Art.

 28. _Pieris Severina_ =Cr.=; Pagenst. l. c. p. 10.
     Abermals in grosser Zahl von fast allen Stationen. Sehr
     variabel.

 29. _Pieris Johnstoni_ =Crowley=. Trans. ent. Soc. Lond. 1887, p.
     35, pl. III., Fig. 2.
     Eine Anzahl von Exemplaren von Sirwa, Serengeti, Urundi,
     Ngorongoro und S. Ruanda.

 30. _Belenois Raffrayi_ =Oberth.= Etud. III., p. 17, pl. 1, Fig. 3.
     Sechs Exemplare von Mutyek stimmen gut mit der Abbildung
     und Beschreibung von Raffrayi überein, nur dass sie auf der
     Unterseite der Hntfl. am Ende des Costalrandes noch einen von
     Oberthür nicht erwähnten kleinen orangegelben Fleck zeigen.
     Letzteres Merkmal findet sich bei der gewiss sehr nahestehenden
     Margaritana Sharpe (Pr. Z. S. Lond. 1891, p. 191, pl. XVI.,
     Fig. 4), welche vielleicht als kleineres und heller gefärbtes
     ♀ (Sharpe giebt wie gewöhnlich das Geschlecht nicht an) zu
     Raffrayi gehört.

 31. _Belenois Thysa_ =Hopffr.=
     Nur wenige aber typische ♂ von Kisuani und Usambára.

 32. _Belenois (Thysa Hpfr. var.)_ =Balangensis nobis.=
     Eine Reihe sehr gut erhaltener ♂ vom Balangda unterscheidet
     sich von den vorerwähnten typischen Stücken der Thysa
     Hpffr. durch geringere Grösse (47-54 mm Exp.), stärkere
     Ausbreitung des orangerothen Basalfleckes auf der Unterseite
     der Vrdfl., und namentlich durch den Mangel einer gelben
     Färbung des Apicaltheiles daselbst. Diese Form steht auch
     der westafrikanischen Welwitschii Rghfr. (Ann. d. k. k.
     Naturh. Hof-Mus. IV. Bd., p. 548, pl. 23, Fig. 2) sehr nahe,
     ist aber davon durch geringere Grösse, Mangel jeder dunklen
     Flecken-Zeichnung am Schlusse der Mittelzelle auf Ober- und
     Unterseite der Hntfl., durch lebhafter gelbe (zuweilen aber auch
     weisslich werdende) Unterseite der Hntfl. und besonders auch
     durch das Auftreten des lebhaft orangegelben Basalfleckes auf
     der Unterseite der Vrdfl. verschieden.

 33. _Callosune Jone_ =God.=
     In Anzahl von den meisten Stationen im männlichen Geschlechte,
     jedoch nur ein ♀ von Umba Nyika.

 34. _Callosune_ =spec.=
     In Mehrzahl im männlichen Geschlechte mit der vorigen
     vorkommend, durch die auf Ober- und Unterseite der sonst
     zeichnungslosen Hntfl. scharf schwarz gefärbten Rippen
     verschieden. Die Unsicherheit der Bestimmungen in dieser Art
     Gruppe ist sehr gross (cfr. Pagenst. l. c. p. 15).

 35. _Callosune Anax_ =Butl.=; Grose Smith & Kirby Rhop. Exot. I.,
     Callosune 1 p. 2, pl. 1, Fig. 5-8.
     Ein schönes Pärchen, das ♂ aus der Kilimanjaro-Niederung, das ♀
     von Umba Nyika.

 36. _Callosune Bacchus_ =Butl.= Grose Smith & Kirby l. c. p. 1, Fig.
     1-8.
     Mehrere ♀ von Simangiro, Elmarau, Kisuani und Katoto.

 37. _Callosune Antevippe_ B. Pagenst. l. c. p. 15.
     In geringer Zahl von Serengeti, Ngoroïne, Umba, Elmarau.

 38. _Callosune Bisfasciata_ =Sharpe.= Aid to the identif. II., pl.
     189, Fig. 2.
     Ein einzelnes ♀ von Umba Nyika.

 39. _Callosune Buxtoni_ =Westw.= (Oates pl. E., Fig. 7, 8.)
     Ein sehr grosses ♂ von Meatu kann nur fraglich hierher gezogen
     werden.

 40. _Callosune Celimene_ =Luc.=; Amina Hew., Stgr. Exot., Taf. 23.
     Ein halbes Dutzend Exemplare von Kiwaya und Meatu.

 41. _Callosune Pallene_ =Hopffr.=
     Eine Reihe von Stücken von Usukuma und Meatu scheinen hierher zu
     gehören.

 42. _Callosune Auxo_ =Luc.= (gelbe Form).
     Zahlreiche Stücke beiderlei Geschlechtes von fast allen
     Stationen.

 43. _Callosune Evarne_ =Klug.= (weisse Form).
     In geringerer Zahl als die vorige, namentlich aus den
     Kilimanjaro-Niederungen und von Meatu.

 44. _Callosune Hildebrandtii_ =Stgr.= Rghfr., Usambára 1891, p. 329 ♀.
     Eine geringe Zahl von Stücken beiderlei Geschlechts von Kisuani,
     Umbugwe, der Umba Nyika und Meatu.

 45. _Callosune Achine_ =Cr.=
     Ein einzelnes ♀ von Mwansa.

 46. _Callosune Miles_ =Butl.=
     In Anzahl aus den Kilimanjaro-Niederungen Elmarau, Balangda,
     Usukuma, Sogonoi und Meatu.

 47. _Callosune Gavisa_ =Wallgr.=
     Zwei ♀, eins aus den Kilimanjaro-Niederungen, das andere,
     bedeutend kleiner, von Katoto.

 48. _Callosune Trimeni_ =Butl.=
     Zwei ♂ vom Nyansa; ein wahrscheinlich hierher gehöriges ♀ aus
     den Kilimanjaro-Niederungen.

 49. _Callosune Omphale_ =God.=
     Wenige Stücke von Katoto und Simangiro.

 50. _Callosune Pseudacaste_ =Butl.=
     Ein ganz frisches ♂ von Usige.

 51. _Idmais Eris_ =Klug.= Aid to the ident. II, pl. 143, Fig. 3. ♀
     In Anzahl in beiden Geschlechtern namentlich von Meatu,
     Serengeti, Katoto, Elmarau und Kiwaya.

 52. _Idmais Protomedia_ =Klug.=
     Nur zwei Stücke aus den Kilimanjaro-Niederungen und von Kisuani.

 53. _Idmais Halymede_ =Klug.=
     Nur wenige Stücke von Ngoroïne, Kilimanjaro-Niederungen, Kisuani
     und Sogonoi.

 54. _Idmais Aurigineus_ =Butl.=
     In Anzahl von Kisuani, Umba Nyika, Simangiro, Manyara,
     Kilimanjaro-Niederungen.

 55. _Idmais Dynamene_ =Klug.=
     In geringerer Zahl von Katoto und Mwansa.

 56. _Idmais Vesta_ =Reiche.=
     Ein ♂ von Umba Nyika und ein ♀ von Kisuani.

 57. _Colias Electra_ L.
     Eine Anzahl Stücke von Mwansa, Katoto, Ngoroïne, Urundi
     (Nilquelle) und Serengeti. Darunter auch ein weisses ♀ von
     Ngoroïne.

 58. _Herpaenia Eriphia_ =God.= Stgr. Ex. Taf. 18. ♀.
     Eine Anzahl Stücke von Meatu, Balangda, Sogonoi, Manyara etc.

 59. _Eronia Leda_ =Dbld.=

 60. _Eronia Cleodora_ =Hb.= Pagenst. 1. c. p. 16.
     In grosser Zahl, abermals wie die Vorige besonders häufig von
     Meatu. Die Stücke gehören der grösseren Varietät _Erxia Hew._
     an.

 61. _Eronia Buguetii_ B.
     In Mehrzahl von Elmarau, Nyarasa, Umba Nyika und aus den
     Kilimanjaro-Niederungen.

 62. _Catopsilia Florella_ F. Pagenst. 1. c. p. 13; Karsch 1. c. p.
     223.
     Eine grosse Stückzahl dieser weit verbreiteten Art. Die ♀ in
     Minderzahl.


Danaidae.

 63. _Danaus Chrysippus_ L.
     In grosser Zahl von fast allen Stationen.

 64. _Danaus Dorippus_ =Klg.=
     Ebenfalls zahlreich, doch nur von wenigen Fundorten, namentlich
     Umbugwe.

 65. _Tirumala Petiverana_ =Dbld.= Karsch l. c. p. 201, N. 84;
     Pagenst. l. c. p. 17 (_Danais Limniace_ =Cr.=).
     Nur drei Stücke von Umbugwe.

 66. _Amauris Haningtoni_ =Butl.=
     Ein Exemplar (♂) von Kisuani.

 67. _Amauris Gabunica_ =Auriv.= Ent. Tidskrift 1881, p. 39.
     Zwei ♂ von Sogonoi.


Nymphalidae.

 68. _Atella Phalanta_ =Dru.=
     In Mehrzahl von Umbugwe, Iraku, Ussui, N. Urundi.

 69. _Argynnis Baumanni nob._, •n. sp.•
     Das Auffinden einer echten Argynnis-Art im ostafrikanischen
     Faunengebiete hat allerdings durch die bereits erfolgte
     Publikation der _Argynnis Hanningtoni_ Elwes, (Trans. Ent. Soc.
     Lond. 1889, p. 558, Fig.) aus dem Kilimanjaro-Gebiet seine
     grosse Bedeutung für die bis dahin angenommene geographische
     Verbreitung dieser Gattung verloren, bleibt aber immerhin noch
     ein faunistisch höchst bemerkenswerthes Ereigniss.

     Die vorliegende Art, welche einen ganz palaearctischen Habitus
     zeigt, wurde auf den Missosi ya Mwesi im Imbo-Urundi-Gebiet im
     September 1892 in ca. 2500 m Seehöhe in 5 Exemplaren erbeutet,
     worunter sich ein gut erhaltenes Pärchen befindet. Wir erlauben
     uns, die Art nach Herrn Dr. Oscar Baumann zu benennen.

     Baumanni gehört zu den kleinsten Arten dieses Genus,
     steht jedoch mit keiner der Arten desselben in sehr naher
     Verwandtschaft. Der allgemeine Habitus, die stark aufgeblasenen
     Palpen, der Ursprung der zweiten Subcostalrippe (nach Schatz)
     genau am Schlusse der Mittelzelle der Vorderflügel, sowie
     die durch eine feine Querrippe geschlossene Mittelzelle der
     Hinterflügel sichern die Angehörigkeit der Art zum Genus
     _Argynnis_ F., wo sie zu Folge des fehlenden Medianspornes
     der Vorderflügel in die Artgruppe »_Brenthis_ Hb.«, und mit
     Rücksicht auf die stark gestutzte Form der Hinterflügel am
     besten zu _Pales_ S. V. zu stellen wäre.

     Die Oberseite der kurz- und breitflügelig erscheinenden Art
     ist ziemlich hell und lebhaft rothgelb, der Basaltheil aller
     Flügel in schmaler Ausdehnung grüngrau bestäubt und nur kurz
     behaart. Die schwarze Zeichnung reduzirt sich auf den Vrdfl.
     auf fünf an den Subcostalrippen liegenden und den Anfang von
     Binden bezeichnenden Flecken längs des Vorderrandes, wovon nur
     der erste als Begrenzung des dunkeln Basaltheils gekrümmt
     ist, während die übrigen breiteren fast grade verlaufen.
     Unterhalb jedes dieser Vorderrandflecken liegt ein schwarzer
     Punktfleck, wodurch eine schräg gegen die Flügelspitze
     gerichtete Reihe solcher Punkte entsteht. Weiter findet sich
     noch ein solcher Punkt von gleicher Grösse zwischen Dorsale und
     letztem Medianast, welcher mit den beiden ersten Punkten der
     vorerwähnten Schrägreihe die Endpunkte eines fast gleichseitigen
     Dreieckes bezeichnet. Endlich ist noch eine aus 6 Punkten
     gebildete Querreihe vor dem Saume vorhanden. Auf dem Htfl. liegt
     eine Reihe grosser Punktflecke vor dem Saume (zwischen den
     Rippen) und finden sich nur noch im Discus die Spuren feiner
     (beim ♀ grösserer) schwarzer Punkte. Der Saum ist auf allen
     Flügeln breit schwarz bezeichnet, wodurch helle Fleckchen der
     Grundfarbe eingeschlossen werden, welche auf den Hinterflügeln
     länglich gestaltet sind. Die Rippen bleiben überall hell.
     Die Franzen gelblichweiss, auf den Rippenenden breit schwarz
     durchschnitten.

     Die blassrothgelbe Unterseite des Vdfl. zeigt am Vorderrande
     vor der Spitze einen blassgelben, dreieckig gestalteten
     Apicalfleck, welcher saumwärts rothbraun begrenzt ist, woselbst
     die beiden letzten Punkte der Saumreihe weiss und schwarz
     geringt erscheinen. Sonst ist die schwarze Zeichnung der
     Oberseite auch hier, wenn auch schwächer vorhanden; ebenso
     ist der lange Vorderrandsfleck, welcher den gelben Apicalfleck
     wurzelwärts begrenzt in vier Punkte aufgelöst. Die blassgelbe
     Unterseite der Hinterflügel zeigt nach der gelben Saumlinie eine
     Reihe von 6, wenig glänzenden, und beim ♀ flacher gestalteten
     Silberflecken, welche wurzelwärts gegen Innen- und Vorderwinkel
     an eine rothbraune Färbung stossen, innerhalb welcher die hier
     weissgekernte Punktreihe der Oberseite liegt. Danach folgt noch
     eine, der obenerwähnten Punktreihe parallel verlaufende Serie
     unbestimmt begrenzter, rundlicher Silberflecken. Der Basaltheil
     zeigt in der Mittelzelle einen auswärts scharf schwarz
     begrenzten rothbraunen Fleck, innerhalb dessen ein kleiner
     runder, schwarz umzogener Silberfleck liegt. Endlich findet sich
     noch ein keilförmiger, auswärts rothbraun begrenzter Silberfleck
     an der Basis zwischen der zweiten Dorsale und Mediana. In der
     Flügelmitte und an der Basis liegen noch einzelne schwarze
     Striche meist als Begrenzung der angegebenen rothbraunen
     Färbung.

     Fühler sammt Kolben einfarbig schwarz. Die hellgelben Palpen
     dicht schwarz behaart. Die Beine bräunlich. Der schwarze Körper
     namentlich am Thorax dicht grünlich behaart. Vdfl.-Länge ♂ 17,
     ♀ 16 mm, Exp. 30-32 mm.

     Das kleinere ♀ ist dunkler gefärbt und zeigt namentlich die
     schwarze Fleckenbildung der Oberseite stärker ausgeprägt.

 70. _Hipanartia Hippomene_ =Hb.=
     Ein Exemplar von Mutyek.

 71. _Pyrameis Abyssinica_ =Feld.=
     Ebenfalls nur ein Exemplar von Mutyek.

 72. _Pyrameis Cardui_ L.
     Zahlreich von verschiedenen Stationen.

 73. _Junonia Crebrene_ =Trim.= Pagenst. l. c., p. 22.
     In Anzahl von Umbugwe, Ngoroïne, Ussui und Kiwaya.

 74. _Junonia Clelia_ =Cr.= Pagenst. l. c., p. 22.
     In sehr grosser Zahl von fast allen Stationen.

 75. _Junonia Orithya_ L. Pagenst. l. c., p. 23.
     In Mehrzahl, _var. Boopis_ =Trim.= von Ussui.

 76. _Precis Sophia_ F. Rghfr. Ann. Naturhist. Hof-Mus. VI, p. 460.
     In geringer Zahl von Uyogoma.

 77. _Precis Cloantha_ =Cr.= Karsch l. c., p. 176, N. 8; Rghfr.,
     Usambára, p. 326.[32]
     Eine Reihe von Stücken von Usukuma, Katoto, Ngoroïne.

  [32] Die bei Rogenhofer l. c. unter No. 67 angeführte Varietät
           _Natalensis_ Stgr. wurde irrthümlich zu _Cloantha_
           Cr. statt zu _Octavia_ Cr. gesetzt, wogegen daselbst
           zu _Cloantha_ Cr. die Varietät _Obscurior_ Stgr.
           beizufügen ist.

 78. _Precis Sesamus_ =Trim.= Rghfr. l. c., p. 460 (_Amestris
     Drury_).
     In sehr grosser Zahl mit fast ganz verdunkelter Hinterseite von
     Urundi, Ruanda, Usinja, Uha.

 79. _Precis Amestris_ =Dru.= Dewitz, Berl. ent. Z. 1885, Taf. II,
     Fig. 4, p. 142.
     Ein genau mit der citirten Abbildung übereinstimmendes ♀ von
     Nord-Urundi.

 80. _Precis Octavia_ =Cr.= Karsch l. c., p. 176, N. 7.
     Wenige Stücke von Umbugwe und Kisuani; zwei Stücke von Ussui
     gehören der _var. Natalensis_ =Stgr.= an.

     Ein weiteres ♀ stimmt gut mit der Abbildung bei Trim., South
     Afr. I, pl. 4, Fig. 4, welches angeblich einen Hybrid vorstellen
     soll.

 81. _Precis Taveta_ l. c., p. 460, Taf. XV, Fig. 7.
     Ein halbes Dutzend Stücke aus den Kilimanjaro-Niederungen und
     vom Balangda.

 82. _Precis Pelasgis_ =God=.
     Einige Stücke von Ngoroïne, Süd-Ruanda, Uha und Usukuma.

 83. _Precis Kowara_ =Ward.=
     Wenige Stücke von Ruanda und Uha.

 84. _Precis Guruana_ =Rghfr.=
     Lebhaft gefärbte Stücke von Ngoroïne.

 85. _Precis Petersii_ =Pagenst.= (non Dewitz) l. c., p. 23, N. 42.
     Mehrere Exemplare von Umba Nyika, Usige, Katoto gehören
     zweifellos zu der von Pagenstecher unter _Petersii_ verstandenen
     Form.

 86. _Precis Tugela_ =Trim.= South Afr., B. Vol. I, pl. 4, Fig. 5, p.
     241.
     Zwei Pärchen von Süd-Ruanda, wovon die ♂ auf der Oberseite mit
     lebhafterer rother Binde als die ♀.

 87. _Precis Archesia_ =Cr.=
     Wenige Stücke von Nord-Urundi, Süd-Ruanda und Uyogoma.

 88. _Precis Artaxia_ =Hew.=
     Einige Stücke von Uha.

 89. _Precis Elgiva_ =Hew.=
     Von Ngoroïne, Ikoma, Sogonoi, aus den Kilimanjaro-Niederungen in
     grosser Zahl.

 90. _Precis Natalica_ =Feld.=
     Von Katoto, Urundi, Uha, Urambo.

 91. _Precis Monroviana_ =Stgr.=
     Eine Reihe von Stücken von Uha gehören wohl hierher.

 92. _Crenis Rosa_ =Hew.= Month. Mag. XIV, p. 82. Trim., South Afr.
     Butterfl. III, p. 403 (= _Pechuelii_ Dewitz).
     Einige wenige Stücken von West-Unyamwesi und Ussui.

 93. _Crenis Concordia_ =Hopffr.=
     Nur zwei schlechte Stücke von Ussui.

 94. _Crenis Boisduvali_ =Wallengr.= Trim., South Afr. Butt. I, p.
     252, Taf. 5, Fig. 2, 2a.
     Ein ♂ von Uyogoma, ein wahrscheinlich dazu gehöriges ♀ von Uha.

 95. _Palla Varanes_ =Cr.= Auriv., Ent. Tidskrift 1891, p. 216
     (_Vologeses_ Mab.).
     Wenige Stücke von Mwansa und Ufiomi.

 96. _Charaxes Pelias_ =Cr.= _var. Saturnus_ =Butl.= Stgr., Ex.
     Tgfl., Taf. 58.
     Nur zwei ♂ von Ussui und Ussure.

 97. _Charaxes Pollux_ =Cr.=
     Abermals nur vier ♂ von Nord-Urundi.

 98. _Charaxes Neanthes_ =Hew.=
     Ein einzelnes ♂ von Serengeti.

 99. _Charaxes Gruderiana_ =Dewitz.=
     Wenige Stücke von Ussure und Sogonoi.

 100. _Charaxes Zoolina_ =Dbl.=
      Einige Stücke von Kisuani und Umbugwe.

 101. _Charaxes Eupale_ =Dru.= Karsch 1. c., p. 192, N. 61.
      Ein Exemplar von Nord-Urundi.

 102. _Charaxes Bohemanni_ =Feld.=
      Ein beschädigtes ♀ von Uha stimmt vollkommen mit der Abbildung
      bei Butl., Lep. Ex., Taf. 10, Fig. 3.

 103. _Hypolimnas Misippus_ L. Pagenst. 1. c., p. 25; Karsch 1. c.,
      p. 179.
      In sehr grosser Zahl von fast allen Stationen.

 104. _Euphaedra Neophron_ =Hopffr.= Pagenst. 1. c., p. 25.
      Wenige Stücke von Umba Nyika und den Kilimanjaro-Niederungen.

 105. _Pseudacraea Colvillei_ =Butl.= Aid to the Identif. II,
      pl. 150, Fig. 1.
      Ein ♂ von Urambo stimmt mit der citirten Abbildung bis auf
      den Umstand überein, dass sich auch im grauen Apicaltheile der
      Vrdfl. eine röthliche Stelle findet.

 106. _Hamanumida Daedalus_ F. Pagenst. l. c., p. 26.
      In Mehrzahl von Umbugwe und Majita.

 107. _Aterica Theophane_ =Hopffr.= Pagenst. l. c., p. 26.
      Ein fraglich hierher gehöriges grosses ♀ mit brauner
      Hntfloberseite von Sogonoi.

 108. _Aterica Cupavia_ =Cr.= Stgr., Exot. Tgfl., Taf. 52.
      In Mehrzahl von Usinja.

 109. _Salamis Anacardii_ L.
      Wenige Stücke von Ussui, Kisuani und Usinja.

 110. _Salamis Duprei_ =Vinson.=
      Einige Stücke von Umbugwe und Kisuani.

 111. _Eurytela Ophione_ =Cr.=
      Einige Stücke von Ngoroïne und Ussui.

 112. _Eurytela Driope_ =Cr.=
      Eine Anzahl Stücke von Ngoroïne und Ruanda.

 113. _Neptis Agatha_ =Cr.= Pagenst. l. c., p. 24; Karsch l. c.,
      p. 186.
      In Mehrzahl von Uha, Usinja, Majita, Katoto und Ruanda.

 114. _Neptis Marpessa_ =Hopffr.=
      Nur ein ♂ von Ngoroïne.

 115. _Hipanis Ilithyia_ =Dru.= Pagenst. l. c., p. 24; Karsch l.
      c., p. 178.
      In Anzahl von Sogonoi, Majita, Ngoroïne und Balangda.

 116. _Acraea Neobule_ =Dbld.= Karsch l. c. p. 197, N. 67; Rghf.
      l. c. p. 325.
      In sehr geringer Zahl von Kisuani und Meatu.

 117. _Acraea Doubledayi_ =Guér.= Pagenst. l. c. p. 18, N. 22.
      Einige Stücke von Kiwaya, Ussure, Iraku und Ussandaui.

 118. _Acraea Encedon_ L. Pagenst. l. c. p. 17, N. 21; Karsch l. c.
      p. 197, N. 66.
      In grosser Zahl beiderlei Geschlechtes von Umbugwe, Katoto,
      Ussui, Meatu, Ikoma. Die ♀ mit und ohne weisse Subapicalbinde.

 119. _Acraea Anemosa_ =Hew.= Pagenst. l. c. p. 18, N. 25.
      Eine Anzahl Exemplare nur von Kiwaya.

 120. _Acraea Caffra_ =Feld.=
      Ein ♀ von Kiwaya.

 121. _Acraea Egina_ =Cr.= Karsch l. c. p. 198, N. 70.
      Wenige Exemplare von Iraku und Imbo Urundi.

 122. _Acraea Serena_ F. Pagenst. l. c. p. 20, N. 32; Karsch l. c. p.
      198, N. 72.
      In grösserer Zahl von Ngoroïne, Ururi, Uha.

 123. _Acraea Cabira_ =Hopffr.= Pagenst. l. c. p. 21, N. 23.
      Die ♂ in Anzahl von Usinja, ein ♀ von Usukuma.

 124. _Acraea Acerata_ Hew.
      In einiger Anzahl von Uha.

 125. _Acraea Bonasia_ F. (cfr. Holland, Ann. und Mag. 6. Dezember
      1893, p. 247.)
      Einige Stücke von Imbo Urundi.

 126. _Acraea Nelusca_ =Oberth.= Etud. III., p. 25, pl. II.,
      Fig. 3.
      Ein ♀ aus dem Vorlande (Usambára).

 127. _Acraea Oncea_ =Hopffr.=
      Ein ♂ von Ussandaui.

 128. _Acraea Esebria_ =Hew.= Stgr. Exot. Tgfr., Taf. 33, p. 85.
      Drei Exemplare von Mangi stimmen vollkommen mit Stgr.'s
      Abbildung.

 129. _Acraea Oreas_ =Sharpe.= Proc. Zool. Soc. Lond. 1891, p.
      193, pl. XVII. Fig. 5.
      Ein Exemplar von Katoto, grösser als in Sharpe's Abbildung,
      aber vollkommen übereinstimmend.

 130. _Acraea Confusa_ =Rghfr.= (= Johnstoni Butl., =non=
      Godm.). Ann. d. naturh. Hof-Mus. VI., 1891, Taf. XV., Fig. 5.
      Nur ein ♀ von Iraku; Holland (Ann. und Mag. 6. Dezember
      1893, p. 249) vereinigt eine Reihe nahestehender Formen unter
      Johnstoni Godm.


Satyridae.

 131. _Gnophodes Parmeno_ =Dbld.= Karsch l. c. p. 211, N. 102.
      Nur ein Exemplar von Usinja.

 132. _Melanitis Leda_ L.
      In Mehrzahl von Umba Nyika und Kisuani.

 133. _Melanitis Bankia_ F.
      Von Usinja, Katoto, S. Ruanda, Uha und Usige.

 134. _Dichothyris Kenia_ =Rghfr.=
      Wenige Stücke von Usinja. Das Genus Dichothyris wurde erst
      kürzlich von Karsch l. c. p. 203 aufgestellt. (cfr. Aurivill
      Tidsk. 1893, 271.)

 135. _Mycalesis Safitza_ =Hew.= Pagenst. l. c. p. 27, N. 55;
      Karsch l. c. p. 206, N. 90.
      In grosser Anzahl namentlich von Süd-Ruanda und Usinja. Die
      beiden Formen _Eusirus_ Hopffr. und _Evenus_ Hopffr. scheinen
      generationsweise zu alterniren.

 136. _Mycalesis Perspicua_ =Trim.=
      Eine Anzahl Exemplare nur aus den Kilimanjaro-Niederungen und
      von Kisuani.

 137. _Mycalesis Maevius_ =Stgr.= Exot. Tgf. p. 229, Taf. 82.
      Nur drei Stücke von Ussui ganz mit Stgr.'s Abbildung stimmend.
      Die Art ist der vorigen ähnlich aber kleiner, der helle
      Querstreifen der Unterseite fast ganz gerade, die Punktaugen
      der Hntfl. daselbst sehr klein.

 138. _Mycalesis Danckelmani_ =Rghfr.= Pagenst. l. c. p. 27, N.
      56.
      In sehr geringer Zahl von Usinja.

 139. _Yphtima Asterope_ =Klug.= Pagenst. l. c. p. 26, N. 54;
      Karsch l. c. p. 211.
      In Mehrzahl von Elmarau, Ngoroïne, Majita, Katoto. Ein Exemplar
      ♂ von Ngoroïne weicht dadurch ab, dass die Unterseite der
      Hntfl. viel dunkler, das obere Auge des Innenwinkels, sowie
      jenes unter dem Costalrande bedeutend grösser ist, als bei
      syrischen Stücken.

 140. _Physcaeneura Leda_ =Gerst=. Pagenst. l. c. p. 28.
      In geringer Zahl von Ufiomi und aus dem Vorlande.


Lycaeniden.

 141. _Lycaena Jobates_ =Hpffr.=
      Nur ein kleines ♀ aus den Kilimanjaro-Niederungen.

 142. _Lycaena Asopus_ =Hpffr.= Pagenst. l. c. p. 28, Karsch l. c. p.
      226.
      In Anzahl von Kiwaya und Ussui.

 143. _Lycaena Osiris_ =Hpffr.= Karsch l. c. p. 226, N. 133.
      Nur ein schönes ♂ von Ngoroïne.

 144. _Lycaena Baeticus_ L.
      Von Uha, Ussui und Usukuma.

 145. _Lycaena Telicanus_ =Hb.=
      In grosser Zahl aus dem Kilimanjaro-Vorlande, Uha und Ussui.

 146. _Lycaena Lingeus_ =Cr.= Karsch l. c. p. 276, N. 135.
      Nur wenige Stücke von Usinja.

 147. _Lycaena Jesous_ =Guér.=
      Einige wahrscheinlich hierher gehörige Stücke von Ussui.

 148. _Lycaena Artemenes_ =Mab.= Faun Madag. pl. 27, Fig. 3, 4, p.
      209.
      Drei Exemplare von Mutyek.

 149. _Lycaena Cordatus_ =Sharpe.= Proc. Zool. S. Lond. 1891, p. 636,
      pl. 48, Fig. 4.
      Drei Exemplare von Sirwa, Mangati und Mutyek stimmen auf der
      Oberseite ganz mit der citirten Abbildung; die Unterseite ist
      dunkler und zeigt auf den Hntfl. die Flecken zu einer Binde
      vereint.

 150. _Hipolycaena Philippus_ F.
      Wenige Stücke von Kisuani.

 151. _Dipsas Antalus_ =Hpffr.=
      Von Ussui, Katoto und Mangati.

 152. _Zeritis spec. bei Molomo_ =Trim.=
      Ein einzelnes etwas beschädigtes ♀ von Ussandaui gehört
      wahrscheinlich einer unbeschriebenen Art bei _Molomo_ Trim.
      und _Damarensis_ Trim. (Proc. Z. S. 1891, p. 90, pl. IX.,
      Fig. 17 ♂) an. Die gelbbraune Oberseite entbehrt bis auf eine
      sehr schmale Saumbinde jeder schwärzlichen Zeichnung. Die
      Hntfl. zeigen nach der Mitte des Vorderrandes einen gerundeten
      schwärzlichen Flecken. Die Unterseite scheint gut mit jener von
      Damarensis übereinzustimmen. Exp. 30 mm.

 153. _Chrysophanus Perion_ Cr.
      Je ein einzelnes ♂ von Mangati und Uha.

 154. _Alaena Caissa_ =nob.= •nov. sp.•
      Ein Pärchen einer Alaena Art, wovon namentlich das ♂ sehr gut
      erhalten ist, wurde im Hügellande bei Ngoroïne in circa 1500
      m Seehöhe im Mai 1892 erbeutet, und lässt sich mit keiner der
      sechs bisher bekannt gemachten Alaena Species[33] vereinen.

 [33] Dieselben sind:

      1. _Amazoula_ B. Trim. Rhop. Afr. I., p. 111, pl. 3, Fig. 3 ♂;
         Stgr. Exot. Tgfl. p. 86, Taf. 33.
      2. _Nyassa Hewits. Monthl._ Mg. XIV. 1887, p. 6 (Nyassa).
      3. _Interposita_ =Butl.= Ann. N. H. 5. Ser. XII. (1883) p. 103
         (Victoria-Nyansa).
      4. _Hauttecœuri_ =Oberth.= Etud. XII. (1888) p. 7, pl. III.,
         Fig. 9 ♂, 7 ♀ (Tabora).
      5. _Major_ =Oberth.= l. c. p. 7, pl. II., Fig. 5 ♀ (Sansibar).
      6. _Johanna_ =Sharpe.= Ann. N. H. 6. Ser. V. (1890) p. 442
         (Ost-Afrika).

      Die Vrdfl. gestreckt, beim kleineren ♂ mit schärferer Spitze
      und schrägerem Saume. Grundfarbe aller Flügel schwarzgrau.
      Zeichnung weiss. Letztere besteht auf den Vrdfl. in drei
      hintereinander liegenden Flecken der Mittelzelle, wovon der
      Basis zunächst befindliche keilförmig gestaltet und undeutlich
      ist, wogegen die beiden folgenden gerundet sind, und der an die
      Querader stossende Fleck am grössten und hellsten erscheint.
      Ferner tritt hinter der Mitte eine schmale, stark geschwungene
      Querbinde auf, welche wurzelwärts scharf begrenzt erscheint
      und überall durch die Adern schwarz durchschnitten wird. Sie
      tritt zwischen dem letzten Subcostalaste und den Radialästen am
      stärksten saumwärts vor, geht hierauf zwischen den Medianästen,
      wo sie breiter wird, wieder stark wurzelwärts zurück und reicht
      gegen den Innenrand zu nur bis zur Dorsale.

      Auf den Hntfl. ist nur eine weisse Mittelquerbinde vorhanden,
      welche dem Saume parallel verläuft, zwischen den Radialästen am
      breitesten ist, wurzelwärts sich in getrennte kleinere Flecken
      auflöst und gegen den Vorderrand (beim ♂) nur bis zum ersten
      Subcostalaste reicht.

      Das grössere ♀ zeigt auf der Oberseite eine etwas blassere
      Grundfarbe als das ♂, so dass gegen den Saum zu die helle
      Fleckenzeichnung der Unterseite durchscheint.

      Die helle Unterseite ist durch eine sehr nahe dem Saum der
      Vrdfl. verlaufende schwärzliche Querlinie und durch die
      fast gleichmässig gewürfelt erscheinenden Hntfl. des ♀ sehr
      ausgezeichnet.

      Beim ♂ ist auf den Vrdfl. der Vorderrand, die Mittelzelle,
      sowie ein unbestimmter Raum nach derselben (jedoch nicht der
      Apicaltheil), sowie eine Mittelbinde der Hntfl. gelblich. Beim
      ♀ bleibt die Grundfarbe der Unterseite weiss.

      Auf den Vrdfl. reiht sich an die drei weissen Flecken der
      Mittelzelle nach aussen zu noch ein vierter, gleichmässig
      schwarz umzogener Fleck an. Gegen Vorderrand und Saum zu sind
      die Rippen schwarz angelegt, unter der Spitze zieht sehr nahe
      und parallel dem Saume eine feine schwärzliche Querlinie,
      welche beim ♂ bereits auf der Mediana endigt, beim ♀ aber bis
      gegen den Innenrand deutlich bleibt. An der Basis der Hntfl.
      liegen drei Reihen unregelmässig geformter Würfelflecken,
      und vor dem Saume eine Doppelreihe solcher Flecken. Der
      schmale Raum zwischen Basal- und Saumflecken ist nur beim ♂
      gelb ausgefüllt, bleibt jedoch beim ♀, welches die schwarze
      Zeichnung der Unterseite breiter zeigt, weiss. -- Franzen
      weiss, auf den Rippenenden schwarz gefleckt. Körper und Fühler
      schwärzlich, letztere auf der Unterseite mit weisslichen
      Fleckchen. Die Palpen, Beine, sowie die Bauchseite des
      weisslich geringten Hinterleibes sind rostgelb. Ebenso gefärbt
      sind auch einige abstehende Haare im Nacken. -- Vrdfllänge des
      ♂ 13,5, ♀ fast 16, Exp. 26 respektive 30 mm.

      Caissa unterscheidet sich wohl von sämmtlichen vorerwähnten
      Alaena-Arten durch die geringe Breite der weissen
      Mittelquerbinde. Die auch sonst entfernter stehenden _Amazoula_
      B. und _Hauttecœuri_ Oberth. sind überdies im männlichen
      Geschlechte bräunlich gefärbt; _Nyassa_ Hew. hat ungescheckte
      Franzen. _Interposita_ Butl. und _Major_ Oberth. sind grösser,
      erstere zeigt auch noch helle Flecken im Saumfeld.

      Am nächsten vorliegender Art kommt jedenfalls die nur sehr
      mangelhaft beschriebene _Johanna_ Sharpe, bei welcher über
      das Aussehen der Unterseite und über das Geschlecht der Type
      kein Wort erwähnt ist. _Caissa_ scheint sich auch von dieser
      Art durch die drei weissen Flecken (statt einer weissen
      Linie) der Mittelzelle der Vrdfl., und durch noch schmälere
      Mittelbinde, welche sich hier im Discus der Hntfl. erweitert,
      zu unterscheiden.

      Sowohl Trimen [South Afric. Butterfl. II. (1887) p. 222] als
      auch Schatz (Famil. und Gatt. der Tagf. p. 280, Taf. 50) weisen
      auf Grund selbstständig vorgenommener Untersuchungen dem Genus
      _Alaena_ B. die Stellung in der Familie der Lycaeniden an.


Hesperidae.

 155. _Pyrgus Diomus_ =Hpffr.=
      Drei Exemplare von Sogonoi und Usinja.

 156. _Pamphila Mathias_ F., Pagenst. l. c. p. 31, N. 71.
      Einige Exemplare von Usukuma, Simangiro und Umba Nyika.

 157. _Ismene Forestan_ =Cr.= Pagenst l. c. p. 31, N. 73; Karsch l.
      c. p. 265, N. 217.
      Nur ein Exemplar (♂) von Serengeti.

 158. _Ismene Pisistratus_ F. Karsch l. c. p. 266, N. 218.
      Je ein Exemplar von Usukuma und Katoto.

 159. _Ismene Anchises_ =Gerst.=
      Nur drei Stücke aus der Kiwayasteppe und von Iraku.

 160. _Oxynetra Zambesiaca_ =Westw.=
      Nur ein Exemplar von Ussui.

 161. _Pterygospidea Morosa_ =Rghfr.= Ann. des k. k. naturhist.
      Hofmus. 1891, p. 463; Djaelalae Pagenst. l. c. p. 31, N. 72.
      Nur ein Exemplar von N. Urundi, mit der Type übereinstimmend.
      Nach den kurzen Angaben über die Unterseite bezieht sich
      Pagenstecher's Citat für Djaelalae auf diese Art.

 162. _Pterygospidea Jamesoni_ =Sharpe.= Ann. a. Mag. N. H. 6 ser
      Vol. VI, p. 348 (1890); Trim. Proc. Zool. Soc. Lond. 1891, p.
      106, Pl. IX, Fig. 25.
      Drei ganz mit der citirten Abbildung übereinstimmende Exemplare
      von Unyamwesi.

 163. _Abantis Amneris_ nob., n. sp.
      Eine Reihe von Stücken beiderlei Geschlechts einer Abantis-Art
      aus der Kiwayasteppe und von Umbugwe hielten wir wegen der
      rein weissen Grundfarbe der nur schwarz gesäumten Flügel zu
      Levubu Wallgr. (Trim. South Afr. B. III, p. 345, pl. XII,
      Fig. 5) gehörig. Eine nähere Untersuchung ergab jedoch, dass
      hier eine andere, der Levubu allerdings sehr nahestehende
      Art vorliege, zu deren Kenntlichmachung es nur der Angabe der
      unterscheidenden Merkmale bedarf.

      Flügelspannung 35 mm. Der Grund aller Flügel ist auf Ober-
      und Unterseite rein weiss, ohne die schwarzen Adern von
      Levubu, nur die Submediana der Hinterflügel (Rippe 1b) ist
      schwarz und schliesst auf der Unterseite zwischen sich und
      der Innenrandsrippe (Rippe 1a) einen gegen die Basis schwarz
      gefärbten Raum ein.

      Weiter ist die schwarze Apicalzeichnung der Vorderflügel
      viel breiter, wodurch der bei Levubu abgeschnittene Theil
      der weissen Grundfarbe in kleine gerundete Flecken aufgelöst
      erscheint, wovon nur die drei ersten zusammenhängen, während
      die beiden kleinen Flecken unter dem Vorderrande von einander
      getrennt bleiben. Auch die Saumflecke selbst sind kleiner und
      gerundeter.

      Alles Uebrige, namentlich die Bildung und Färbung der Palpen,
      sowie die lebhaft gelbgefärbten Schulterdecken, scheint mit
      Levubu vollkommen übereinzustimmen.

      Letztere Art hat jedenfalls auch in (Sapaea) Lactea Plötz
      (Stett. e. Z. 1885, p. 36) eine nahe Verwandte, welche
      sich jedoch zu Folge der Beschreibung durch gelbgesäumte
      Abdominalsegmente, durch schmalen schwarzen Vorderrand der
      Vorderflügel und die auf der Unterseite geschwärzte Rippe 8 der
      Hinterflügel gewiss specifisch von Amneris trennt.


Heterocera. -- Sphingidae.

 164. _Sphinx Couvolvuli_ L.
      Ein einzelnes kleines ♀ von Iraku.


Arctiidae.

 165. _Callimorpha Bellatrix_ =Dalm.=
      Ein Pärchen, das ♂ von Usinja, das sehr grosse ♀ von N.
      Urundi[34].

 [34] _Callimorpha Zebra_ Rghf. (Baumann, Usambára 1892, p. 332)
      dürfte mit _Call. Thelwalli_ Druce (Proc. Zool. Soc. Lond.
      1882, p. 779, pl. 61, Fig. 1) als synonym zusammenfallen.
      Die Abbildung letzterer Art stellt ein ♀ dar und
      unterscheidet sich von der Type der Zebra (♀) nur durch
      die nicht unterbrochene vierte Binde der Vorderflügel und
      den Mangel dunkler Flecke am Rücken des Abdomens.

 166. _Diaphone Sylviana_ =Stoll.= Kirby Syn. Cat. p. 909; Eumela
      Pagenst. l. c. p. 33.
      Ein Exemplar von Ussui.


Nyctemeridae.

 167. _Nyctemera Antinorii_ =Oberth.= Kirby l. c. p. 422, N. 57.
      In einiger Zahl von Usinja.


Lithosidae.

 168. _Argina Leonina_ =Wlk.=
      Zwei Exemplare von Mwansa.

 169. _Deiopeia Pulchella_ L.
      Mehrere Exemplare von Ussongo und Uha.


Agaristidae.

 170. _Xanthospilopteryx Geryon_ F.
      Vier Exemplare von Mwansa, Katoto, Majita und Ussandaui.

 171. _Aegocera Menete_ =Cr.=
      Ein Exemplar von Iraku.

 172. _Charilina Amabilis_ =Dru.=
      Ein Exemplar von Ussandaui.


Hypsidae.

 173. _Aganais Aphidas_ =Hopffr.=
      Ein ♂ von Usegua stimmt vollständig mit der Abbildung bei
      Hopffer (Peter's Reise), Taf. 28, Fig. 8 (♀), überein.

 174. _Egybolis Vaillantina_ =Stoll.=
      Einige Exemplare von Imbo Urundi.

      Die systematische Stellung dieser Art bei den Castniiden, wohin
      sie Pagenstecher l. c. p. 32 nach dem Vorgange Wallengren's
      stellt, ist gewiss unrichtig, da die Raupe frei lebt und fast
      ophiusidenartigen Habitus zeigt (Trans. Ent. S. Lond. 1856, pl.
      14, Fig. 3).


Notodontidae.

 175. _Heteranaphe Jacksoni_ =Sharpe.= Kirby Syn. Cat. p. 577
      (Hyperanaphe).
      Nur vier ♂ dieser interessanten Art von Urundi und Uha.


Saturnidae.

 176. _Philosamia Antinorii_ =Oberth.= Kirby Syn. Cat. p. 749, N. 10.
      Ein beschädigtes, aber gewiss hierher gehöriges ♂ von Usukuma
      (Iraku).

 177. _Bunaea Alcinoe_ =Stoll.= Kirby Syn. Cat. p. 751, N. 6.
      Nur ein ♀ vom Manyara.

 178. _Tagoropsis Flavinata_ =Wlk.= Kirby l. c. p. 755, N. 2.
      Zwei Exemplare von Ussure und Ussandaui.

 179. _Antheraea Oubie_ =Gúer.= Kirby l. c. p. 757, N. 12.
      Ein ♂ von Mangati und zwei ♀ von Ngorongoro unterscheiden
      sich von der Abbildung bei Lefevre durch kleinere und dunklere
      Augenflecke der Vorderflügel und die auf Ober- und Unterseite
      weissen (nicht rosafarbenen) Querstreifen. Auch sind die
      Segmente des Hinterleibes auf der Unterseite schwarz geringt.
      _Zaddachi_ Dewitz stellt wahrscheinlich die westafrikanische
      Form derselben Art dar.

 180. _Heniocha Terpsichore_ =Maass.-Weym.= Kirby l. c. p. 771, N. 8.
      Ein ♂ von Ussongo.


Hepialidae.

 181. _Gorgopis Libania_ =Stoll.= (? _Miserabilis_ Stgr.)
      Zwei ♂ von Serengeti.


Plusiidae.

 182. _Plusia Chalcytes_ =Esp.= Pagenst. l. c. p. 43.
      Drei Exemplare von Ngorongoro, Simangiro und Ussandaui.


Ophideridae.

 183. _Ophideres Materna_ L.
      Mehrere Stücke von Umbugwe, Kiwaya und Ussongo.

 184. _Entomogramma Pardus_ =Gn.=
      Ein wahrscheinlich hierher gehöriges Exemplar von S. Ruanda.


Ommatophoridae.

 185. _Patula Walkeri_ =Butl.= Saalmüller, Fn. Mad. Taf. IX, Fig.
      137; Macrops, Rghfr., Baum. Usambára p. 329, N. 106.
      Drei Stücke von Uha und den Umba Nyika-Niederungen.

 186. _Cyligramma Latona_ =Cr.=
      In Mehrzahl von Umbugwe und S. Ruanda.

 187. _Cyligramma Fluctuosa_ =Dru.=
      Nur ein Exemplar von den Umba-Niederungen.


Ophiusidae.

 188. _Sphingomorpha Chlorea_ =Cr.=
      Ein Exemplar von Katoto.

 189. _Ophiodes Hopei_ B. (_Tettensis_ =Hopffr.=). Saalmüller Fn.
      Madag. p. 444.
      Ein schlechtes Exemplar aus den Kilimanjaro-Niederungen.

 190. _Achaea Chamaeleon_ =Gn.=
      Nur ein Exemplar von Mwansa.

 191. _Ophiusa Deliana_ =Stoll.= Taf. 36, Fig. 4. _Anfractuosa_ B.
      Pagenst. l. c. p. 44.
      Ein Exemplar von Umba Nyika.

 192. _Ophiusa Torrida_ =Gn.=
      Ebendaher ein Exemplar.

 193. _Ophiusa Mahura_ =Feld.= u. =Rghfr.=, Nov. Taf. 117, Fig. 13.
      Ein Exemplar von Majita.

 194. _Ophiusa Delta_ B. Pagenst. l. c. p. 44.
      Ein schlechtes Exemplar von Mwansa.

 195. _Grammodes Stolida_ F. Pagenst. l. c. p. 44.
      Ein ♂ vom Manyara.

 196. _Asymbata_ =Gerst.= (?_Calesia_ =Gn.=) _Roseiventris_ =Gerst.=
      Decken's Reisen in Ostafrika II, 1873, p. 378, Taf. XV, Fig. 8.
      Ein ♂ von Kisuani.


Remigidae.

 197. _Remigia Archesia_ =Cr.=
      Ein Exemplar von Ikoma.



II. Coleoptera.

Bestimmt von Custos •L. Ganglbauer•.


Die Mehrzahl der Käfer gehört Arten an, die bereits von Professor
Gerstäcker in den wissenschaftlichen Ergebnissen von Baron Carl
Claus von der Decken's Reisen in Ostafrika (Dritter Band, zweite
Abtheilung, 1873) aufgeführt oder beschrieben wurden. Einige Arten
konnten nach Gerstäcker's Bearbeitung der von Dr. G. A. Fischer
während seiner Reise nach dem Massai-Land gesammelten Coleopteren
(Jahrb. Hamburg. Wissensch. Anstalten 1884, 40-63) und nach Léon
Fairmaire: »Coléoptères des voyages de M. G. Revoil chez les Somâlis
et dans l'intérieur du Zanguebar« (Ann. Soc. Ent. France 1887,
69-186, 277-367) eruirt werden, ein Theil blieb vorläufig ohne
genauere Bestimmung. Unter den letzteren mögen sich wohl einige Nova
befinden, doch bleibt deren Feststellung und Beschreibung besser
künftigen Monographen der betreffenden Genera überlassen. Isolirte
Beschreibungen einzelner neuer Arten aus heterogenen Gattungen
erfordern sehr umständliche und zeitraubende Literaturstudien und
sind überdies von sehr problematischem Werthe, wenn sie nicht auf
grösserem Vergleichs-Materiale basiren.


Carabidae.

  1. _Carabus Deckeni_ Gerst. Claus v. d. Decken Reisen, III, 2,
     56, T. IV, Fig. 2. -- Ein ♀ aus dem Irangi-Gebiet. Gerstäcker
     beschrieb _Carabus Deckeni_ nach einem einzelnen von Dr. Kersten
     auf dem Kilimanjaro in einer Höhe von 8000' aufgefundenen
     ♀, bei welchem ausser den Flügeldecken auch die Scheibe des
     Halsschildes braunroth gefärbt war. Das Stück vom Irangi-Gebiet
     ist bis auf die rothbraunen Flügeldecken ganz schwarz; im
     Uebrigen passt auf dasselbe die Beschreibung des _C. Deckeni_.
     Das Thier ist ungeflügelt, die Mandibeln sind wie bei allen
     _Carabus_ nahezu glatt, die Fühler sind aber ähnlich wie bei
     _Calosoma_ gebildet, d. h. ihr zweites und drittes Glied ist
     stark zusammengedrückt und hinten scharfkantig.

  2. _Anthia hexasticta_ Gerst. Claus v. d. Decken Reisen, III, 2,
     57, T. IV, Fig. 3. -- Kilimanjaro (1 Exempl.). -- Von C. v. d.
     Decken am See Jipe gesammelt.

  3. _Anthia Fornasinii_ Bertoloni Illustr. rerum natur. Mozamb.
     Diss. I, 7, T. I, Fig. 1; Gerst. Peter's Reise Mossamb. V, 152.
     -- Unyamwesi (1 Exempl.). -- Mozambique.

  4. _Anthia Artemis_ Gerst. Jahrb. Hamburg. wissensch. Anst. I,
     1884, 43. -- Sogonoi, Manyara (2 Exempl.), Kiwaya-Steppe (3
     Exempl.), Irangi-Gebiet (1 Exempl.). -- Von Dr. Fischer am
     Kilimanjaro, von Schiffslieutenant v. Höhnel am Stephanie-See
     gefunden.

  5. _Anthia limbipennis_ Chaud. Bull. Mosc. 1861, II, 561. --
     Irangi-Gebiet (2 Exempl.), Unyamwesi (2 Exempl.). -- Mozambique.

  6. _Tefflus juvenilis_ Gerst. Claus v. d. Decken Reisen, III,
     2, 67. -- Massai (2 Exempl.). -- Von R. Brenner zuerst in der
     Tula-Kolonie aufgefunden, von Dr. Hans Meyer nach Kolbe (Stett.
     Entom. Zeitg. 1891, 28) im Ugueno-Gebirge gesammelt.

  7. _Isotarsus eustalactus_ Gerst. Claus v. d. Decken Reisen, III,
     2, 68, T. V, Fig. 6. -- Oestl. Nyansa-Ufer (1 Exempl.). -- Von
     Claus v. d. Decken am See Jipe gesammelt.

  8. _Trimerus Raffrayi_ Chaud. Rev. Mag. Zoolog. 1878, 92;
     Fairmaire, Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 96. -- Kilimanjaro (3
     Exempl.). -- Von Raffray in den Gebirgen von Schimba, von Revoil
     bei Guélidi gesammelt.


Dytiscidae.

  9. _Cybister binotatus_ Klug Erm. Reise 1835, 28, Sharp Transact.
     R. Dublin Soc. Vol. II (sér. 2) 1880-82, 721. -- Kagera-Nil (1
     Exempl.). -- Südl. Mittelmeergebiet, Senegal, Nyassa, Sansibar,
     Mauritius, Madagascar, Arabien.


Hydrophilidae.

 10. _Hydrous_ spec. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).


Silphidae.

 11. _Silpha micans_ Fabr. Syst. El. I, 337, Boh. Ins. Caffr. I, 54.
     -- Massai (6 Exempl.), Irangi-Geb. (1 Exempl.), Kilimanjaro (1
     Exempl.), Sogonoi, Manyara (7 Exempl.), östl. Nyansa-Gebiet (2
     Exempl.). -- Von Egypten bis zum Kap verbreitet.


Histeridae.

 12. _Hister validus_ Erichs. Klug, Jahrb. I, 1834, 130; Mars.
     Mon. Ann. Soc. Ent. Fr. 1854, 171, pl. 6, Fig. 2. -- Massai (1
     Exempl.), Irangi-Gebiet (2 Exempl.). -- Senegal, Abessinien,
     Mozambique, Caffrarien, Natal, Kap.

 13. _Saprinus splendens_ Payk. Mars. Mon. Ann. Soc. Ent. Fr. 1855,
     380, pl. 16, Fig. 22. -- Sogonoi, Manyara (4 Exempl.). -- Ueber
     ganz Südafrika verbreitet.


Trogositidae.

 14. _Alindria grandis_ Serv. Encycl. Méthod. X, 719. -- Sogonoi,
     Manyara (1 Exempl.). -- Senegal, Ostafrika.


Dermestidae.

 15. _Dermestes vulpinus_ Fabr. Spec. Ins. I, 64; Erichs. Naturg.
     Ins. Deutschl. III, 426. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.),
     Irangi-Gebiet (1 Exempl.). -- Mit thierischen Häuten über die
     ganze Erde verbreitet.


Passalidae.

 16. _Eumelosomus sansibaricus_ Harold, Monatsber. Ak. Berlin 1880,
     562. -- Kiwayasteppe (1 Exempl.). -- Sansibar.


Scarabaeidae.

 17. _Ateuchus Aegyptiorum_ Latr. var. _purpurascens_ Gerst. Claus v.
     d. Decken, Reisen III, 2, 121. -- Irangi-Gebiet (1 Exempl.). --
     Von C. v. d. Decken bei Mombas gesammelt.

 18. _Ateuchus catenatus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 123, T. VII, Fig. 4. -- Kilimanjaro (1 Exempl.). -- Von C.
     v. d. Decken zwischen dem See Jipe und Aruscha und bei Endara
     gesammelt.

 19. _Ateuchus_ spec. -- Sogonoi, Manyara (1 Exempl.).

 20. _Anachalcos procerus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     127, T. VII, Fig. 3 u. 3a. -- Kilimanjaro (1 Exempl.). -- Nach
     Kolbe (Stett. Ent. Zeitg. 1891, 19) über Centralafrika bis zum
     Kongo verbreitet.

 21. _Gymnopleurus virens_ Erichs. Arch. Naturg. IX, 231, Gerst.
     Claus v. d. Decken, Reisen III, 2, 126. -- Sogonoi, Manyara (5
     Exempl.). -- Ueber das tropische Afrika sehr weit verbreitet.

 22. _Heliocopris Hamadryas_ Fabr. Syst. Entom. 22. -- Irangi-Gebiet
     (1 Exempl.). -- Ueber Südafrika weit verbreitet.

 23. _Heliocopris_ spec. -- Massai (1 Exempl.).

 24. _Catharsius_ spec. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).

 25. _Copris_ spec. -- Sogonoi, Manyara (1 Exempl.).

 26. _Onthophagus catta_ Fabr. Mant. Ins. I, 12, Gerst. Claus v.
     d. Decken, Reisen III, 2, 130. -- Kilimanjaro (1 Exempl.),
     Unyamwesi (1 Exempl.). -- Ueber das ganze tropische Afrika und
     über einen grossen Theil von Asien (von Arabien bis Bengalen und
     Ceylon) verbreitet.

 27. _Onthophagus_ spec. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 28. _Trox baccatus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     118, Harold, Mon. 82, Fairm., Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 115. --
     Kilimanjaro (1 Exempl.). -- Ueber Ostafrika weit verbreitet.

 29. _Coniopholis Elephas_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     113, T. VI. Fig. 9. -- Kilimanjaro (1 Exempl.). -- Von C. v. d.
     Decken bei Endara, von Schiffslieutenant v. Höhnel bei Taveta
     aufgefunden.

 30. _Popillia_ spec. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 31. _Popillia_ spec. -- Irangi-Gebiet (2 Exempl.).

 32. _Anomala_ spec. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 33. _Oryctes Boas_ Fabr. Burm. Handb. Entom. V, 199. --
     Irangi-Gebiet (1 Exempl.), Kilimanjaro (1 Exempl.), Kagera-Nil
     (1 Exempl.), Sogonoi, Manyara (1 Exempl.), Kiwayasteppe (1
     Exempl.), Unyamwesi (2 Exempl.). -- Ueber Afrika weit verbreitet
     (Senegambien, Sierra Leona, Kap, Caffrarien, Mozambique).

 34. _Gnathocera_ spec. Der _trivittata_ Swed. sehr nahe stehend. --
     Oestl. Nyansa-Gebiet (2 Exempl.), Irangi-Gebiet (1 Exempl.).

 35. _Leucocelis_ spec. Der _L. haemorrhoidalis_ F. sehr nahe
     stehend. -- Unyamwesi (1 Exempl.).

 36. _Pachnoda sobrina_ Gory et Perch. Gerst. Claus v. d. Decken,
     Reisen III, 2, 101, var. a. -- Irangi-Gebiet (5 Exempl.),
     Unyamwesi (1 Exempl.), Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.).
     -- Ueber das östliche Afrika von Kordofan bis Mozambique
     verbreitet.

 37. _Pachnoda ephippiata_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     102, Taf. VI, Fig. 5. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.). --
     Von Claus v. d. Decken bei Endara gefunden.

 38. _Diplognatha silicea_ Mac Leay Ill. Zool. South. Afr. III,
     22; Fairm., Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 131; Kolbe, Sitzungsber.
     Ges. naturf. Freunde, Berlin 1892, 69. -- Oestl. Nyansa-Gebiet
     (1 Exempl.), Unyamwesi (1 Exempl.), Kiwayasteppe (1 Exempl.),
     Kagera-Nil (2 Exempl.). -- Ueber Ost- und Südafrika weit
     verbreitet.


Buprestidae.

 39. _Sternocera Boucardi_ E. Saunders Cist. Entom. I, 1874, 219;
     Kerremans Ann. Soc. Ent. Belg. 1888, 79. -- Irangi-Gebiet (1
     Exempl.). -- Abessinien, Massai, Mombas, Sansibar.

 40. _Sternocera Eschscholtzi_ J. Thoms. Ann. Soc. Ent. Fr. 1879,
     Bull. CLIV; Fairmaire ibid. 1887, 134; _Hildebrandti_ Harold
     var. _Eschscholtzi_ Kerremans Ann. Soc. Ent. Belg. 1888, 71. --
     Massai (1 Exempl.). -- Ueber Ostafrika weit verbreitet.

 41. _Sternocera Gerstaeckeri_ Kerremans Ann. Soc. Ent. Belg.
     1888, 78. -- Massai (3 Exempl.). -- Diese drei Exemplare
     von Massai differiren, sowie drei von Schiffslieutenant v.
     Höhnel am Stephanie-See gesammelte Exemplare von der typischen
     _Gerstaeckeri_ (_Fischeri_ Gerst. Jahrb. wissensch. Anstalt,
     Hamburg 1884, 51) von Klein-Aruscha durch das Vorhandensein
     von leuchtend orangegelb tomentirten Flecken oder Querbinden
     jederseits an der Basis der Ventralsegmente. Die Flügeldecken
     sind auf der vorderen Partie des Rückens dunkel bronzegrün oder
     schwärzlich; an den Seiten und nach hinten geht die dunkle
     Färbung in ein dunkles oder helles Kastanienbraun über. Die
     Flügeldecken zeigen bei den drei Stücken von Massai auf der
     hinteren Hälfte neben dem Seitenrand zwei oder drei kleine
     Tomentflecken, bei den Stücken vom Stephanie-See sind sie hinten
     ganz ungefleckt. Die Skulptur der Flügeldecken ist feiner als
     bei der sehr nahe verwandten _castanea_ Ol. vom Senegal. Ebenso
     ist die Punktirung der Unterseite feiner und weitläufiger als
     bei dieser.

 42. _Sternocera pulchra_ Waterh. Transact. Ent. Soc., London 1879,
     319, Kerreman's Ann. Soc. Ent. Belg. XXXII, 1888, 94 (_Cambieri_
     Preudh. de Borre). -- Irangigebiet (1 Exempl.). -- Abessinien,
     Ost- und Centralafrika.

 43. _Agelia Peteli_ Gory Mon. Buprest. IV, 51, pl. 10, Fig. 51.
     -- Kilimanjaro (1 Exempl.), Kiwaya-Steppe (1 Exempl.) -- Von
     Schiffslieutenant von Höhnel bei Taveta gefunden; Natal.


Elateridae.

 44. _Tetralobus flabellicornis_ L. Cand. Mon. Elat. Mém. Liège XII,
     1857, 369, pl. 7, Fig. 5. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.).
     -- Ueber das tropische Afrika weit verbreitet.


Lycidae.

 45. _Lycus (Acantholycus) constrictus_ Fåhr. Boh. Ins. Caffr. I, 2,
     434, Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2, 154, Bourg. Ann.
     Mus. Civ. Genova XVIII, 1882, 627. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).
     -- Ostafrika. Natal.

 46. _Lycus (Lopholycus) Raffrayi_ Bourg. Ann. Soc. Ent. Fr. 1877,
     364, Ann. Mus. Civ. Genova XVIII, 1882, 629. -- Massai (1
     Exempl.) -- Abessinien, Bogos.


Apatidae.

 47. _Apate cornuta_ Oliv. Entom. IV, 77, pl. 1, Fig. 5. -- Oestl.
     Nyansa-Gebiet (1 Exempl.). -- Ueber das tropische Afrika weit
     verbreitet.


Tenebrionidae.

 48. _Adesmia baccata_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2, 167,
     Taf. IX, Fig. 1. -- Irangi-Gebiet (6 Exempl.) -- Von Claus v. d.
     Decken am See Jipe aufgefunden.

 49. _Machla_ spec. -- Massai (1 Exempl.).

 50. _Moluris_ spec. -- Unyamwesi (1 Exempl.).

 51. _Moluris_ spec. -- Irangi-Gebiet (1 Exempl.).

 52. _Phrynocolus petrosus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     172, Taf. IX, Fig. 4. -- Kilimanjaro (2 Exempl.). -- Von Claus
     v. d. Decken am See Jipe, von Schiffslieutenant von Höhnel bei
     Taveta gesammelt.

 53. _Sepidium muscosum_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 175, Taf. IX, Fig. 2. -- Unyamwesi (2 Exempl.). -- Ueber
     Ostafrika weiter verbreitet.

 54. _Anomalipus heraldicus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 178, Taf. IX, Fig. 3. -- Sogonoi, Manyara (1 Exempl.). -- Von
     C. v. d. Decken am See Jipe aufgefunden.

 55. _Micrantereus femoratus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 193, Taf. IX, Fig. 8. -- Kilimanjaro (3 Exempl.). -- Von C.
     v. d. Decken bei Mbaramu und bei Endara gesammelt.

 56. _Selinus trivialis_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     177 (_Opatrinus_); Fairm., Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 284. --
     Kilimanjaro (3 Exempl.). -- Massai, Mombas, Sansibar.

 57. _Pycnocerus Passerinii_ Bertoloni Illustr. rer. nat. Mozamb. II,
     40, No. 30, Gerst. Peter's Reise nach Mossambique V, 291, Taf.
     XVII, Fig. 7. -- Irangi-Gebiet (1 Exempl.). -- Ueber Ostafrika
     weiter verbreitet.

 58. _Catamerus Revoili_ Fairm. Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 290, pl.
     I, Fig. 12. -- Kiwaya-Steppe (7 Exempl.), Massai (3 Exempl.),
     Unyamwesi (3 Exempl.), Irangi-Gebiet (4 Exempl.). -- Von Revoil
     bei Mpouapoua gesammelt.


Cantharidae.

 59. _Horia cephalotes_ Oliv. Entom. III, 53 bis, No. 3, Taf. I, Fig.
     3, Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2, 205. -- Massai (1
     ♀). -- Guinea, Sansibar.

 60. _Mylabris praestans_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 206, Taf. X, Fig. 8. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (8 Exempl.),
     Irangi-Gebiet (1 Exempl.), Kiwaya-Steppe (3 Exempl.). -- Ueber
     Ostafrika weiter verbreitet.

 61. _Mylabris bipartita_ Mars. Mon. des Mylabrides Mém. Soc. Roy.
     Sc. Belg., 2. Ser., III, 1873, 427. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (33
     Exempl.), Irangi-Gebiet (13 Exempl.), Kiwaya-Steppe (1 Exempl.).
     -- Caffranirien, Chartum, Isle de France.

 62. _Mylabris bizonata_ Gerst. Peter's Reise nach Mossambique
     V, 298, Taf. XVII, Fig. 13. -- Kagera-Nil (17 Exempl.). --
     Mozambique.

 63. _Epicauta_ spec. -- Kilimanjaro (1 Exempl.)


Curculionidae.

 64. _Chaunoderus stupidus_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III,
     2, 225, Taf. IX, Fig. 5. -- Kilimanjaro (♂, ♀). -- Von C. v.
     d. Decken bei Endara, von Dr. Hans Meyer auf der Route vom
     Kilimanjaro nach Mombasa gesammelt.

 65. _Cleonus sannio_ Herbst, Erichs. Arch. Naturg. IX, 210. Oestl.
     Nyansa-Gebiet (1 Exempl.). -- Ueber das ganze tropische Afrika
     verbreitet.

 66. _Lixus_ spec. -- Kagera-Nil (2 Exempl.).


Cerambycidae.

 67. _Macrotoma palmata_ Fabr. Entom. Syst. I, 2, 249, Gerst. Claus
     v. d. Decken, Reisen III, 2, 252. -- Irangi-Gebiet (2 Exempl.).
     -- Guinea, Senegambien, Sennaar, Sansibar.

 68. _Phantasis gigantea_ Guér. Gerst. Peter's Reise nach Mossambique
     V, 331, Taf. XX, Fig. 3. -- Sogonoi, Manyara (1 Exempl.),
     Irangi-Gebiet (1 Exempl.). -- Ueber Süd- und Ostafrika weiter
     verbreitet.

 69. _Ceroplesis irregularis_ Harold Coleopt. Hefte XVI, 194,
     Fairm. Ann. Soc. Ent. France 1887, 341. -- Massai (2 Exempl.),
     Oestl. Nyansa - Gebiet (2 Exempl.), Irangi-Gebiet (3 Exempl.),
     Kiwaya-Steppe (1 Exempl.), Sogonoi, Manyara (1 Exempl). -- Ueber
     Ostafrika weiter verbreitet.

 70. _Ceroplesis_ spec. -- Massai (4 Exempl.).

 71. _Sternotomis_ spec. -- Kagera-Nil (9 Exempl.).


Chrysomelidae.

 72. _Clythra_ spec. -- Unyamwesi (1 Exempl.).

 73. _Clythra_ spec. -- Oestl. Nyansa (1 Exempl.).

 74. _Corynodes Dejeani_ Gerst. Peter's Reise nach Mossambique,
     336. -- Kiwaya-Steppe (1 Exempl.). -- Ueber Ostafrika weiter
     verbreitet.

 75. _Chrysomela americana var. limbolata_ Reiche Voyage Abyss.
     405, Taf. XXV, Fig. 8. -- Kagera-Nil (2 Exempl.). --
     Abessinien, Leikipia. -- Die typische Form ist über das ganze
     Mittelmeer-Gebiet verbreitet.

 76. _Adorium costatum_ Baly Transact. Ent. Soc., London 1881, 51;
     Fairmaire, Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 362. -- Sogonoi, Manyara (4
     Exempl.). -- Nyassa, Taveta, Tabora.

 77. _Adorium palliatum_ Gerst. Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     279, Taf. XII, Fig. 11; Fairm., Ann. Soc. Ent. Fr. 1887, 362. --
     Massai (1 Exempl.). -- Mombas, Mpouapoua, Sansibar.

 78. _Aspidomorpha punctata_ Fabr. Mant. I, 64, Boh. Mon. Cassid.
     II, 348. -- Kagera-Nil (1 Exempl.). -- Ueber Ost- und Südafrika
     verbreitet.

 79. _Cassida_ spec. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 80. _Cassida_ spec. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.).

 81. _Cassida_ spec. -- Massai (1 Exempl.).


Coccinellidae.

 82. _Alesia Aurora_ Gerst. C. v. d. Decken, Reisen III, 2, 294, Taf.
     XIII, Fig. 3. -- Kagera-Nil (4 Exempl.), Massai (1 Exempl.). --
     Von C. v. d. Decken bei Uru gesammelt.

 83. _Alesia Olivieri_ Gerst. Peter's Reise nach Mossambique V,
     347. -- Kagera-Nil (1 Exempl.), Kilimanjaro (1 Exempl.), Oestl.
     Nyansa-Gebiet (2 Exempl.). -- Mozambique, Caffrarien, Kap.

 84. _Cydonia lunata_ Fabr. Syst. Entom. 86, Muls. Spec. Col.
     Sécuripalp. 431, Gerst.; Claus v. d. Decken, Reisen III, 2,
     295. -- Kagera-Nil (1 Exempl.). -- Ueber den grössten Theil von
     Afrika, Madagascar, Bourbon und Ostindien verbreitet.

 85. _Epilachna chrysomelina_ Fabr. Syst. Ent. 82, Muls. Sécuripalpes
     195. -- Oestl. Nyansa-Gebiet (1 Exempl.). -- Ueber das ganze
     Mittelmeer-Gebiet, den grössten Theil von Afrika und über
     Arabien verbreitet.



III. Orthoptera.

Bestimmt vom Hofrath •Brunner von Wattenwyl•.


Blattodea.

  1. _Deropeltis Wahlbergi_ Stål. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

  2. _Nauphoeta bivittata_ Brunn. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).


Mantodea.

  3. _Lygdamia capitata_ Sauss. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).

  4. _Hierodula_ spec. -- Kilimanjaro (1 Larve).

  5. _Sphendale vincta_ Gerst. -- Unyamwesi (1 Exempl.).

  6. _Hoplocorypha macra_ Stål (?). -- Sogonoi, Manyara (1 Exempl.).

  7. _Miomantis_ spec. nov. -- Massai (1 Exempl.).


Phasmodea.

  8. _Paraclonaria_ n. sp. -- Umba-Nyika (2 Exempl.).

  9. _Palophus_ n. sp. -- Kiwaya-Steppe (1 Exempl.).


Acridiodea.


Tettigidae.

 10. _Xerophyllum Servillei_ Fairm. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).


Tryxalidae.

 11. _Tryxalis nasuta_ L. -- Kagera-Nil (1 Exempl.), Kilimanjaro (1
     Exempl.).

 12. _Paracinema bicolor_ Thunbg. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).


Oedipodidae.

 13. _Cosmorrhyssa fasciata_ Thunbg. -- Kilimanjaro (2 Exempl.).

 14. _Humbella tenuicornis_ Schaum. -- Kilimanjaro (2 Exempl.).

 15. _Pachytylus cinerascens_ Fabr. -- Massai (1 Exempl.).


Pyrgomorphidae.

 16. _Zonocerus elegans_ Thunberg. -- Unyamwesi (2 Exempl.),
     Kilimanjaro (1 Exempl.).

 17. _Phymateus Stolli_ Sauss. -- Unyamwesi (5 Exempl.),
     Kiwaya-Steppe (1 Exempl.), Kagera-Nil (1 Exempl.), Massai (3
     Larven).


Pamphagidae.

 18. _Xiphocera cinerascens_ Stål. -- Unyamwesi (2 Exempl.), Massai
     (1 Exempl.), Kagera-Nil (1 Exempl.), Irangi-Gebiet (1 Exempl.).

 19. _Xiphocera haploscelis_ Schaum. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).


Acridiidae.

 20. _Ixalidium haematoscelis_ Gerst. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).

 21. _Acridium aeruginosum_ Burm. -- Kilimanjaro (3 Exempl.), Massai
     (2 Exempl.), Sogonoi, Manyara (1 Exempl.).

 22. _Acridium Deckeni_ Gerst. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 23. _Acridium_ spec. nov. -- Kiwayasteppe (1 Exempl.).

 24. _Acridium ruficorne_ Oliv. -- Kagera-Nil (5 Exempl.).

 25. _Acridium_ spec. nov. Mit _melanocorne_ Serv. verwandt. --
     Kagera-Nil (1 Exempl.).

 26. _Acridium_ spec. nov. Mit _tartaricum_ verwandt. -- Unyamwesi (1
     Exempl.), Kilimanjaro (1 Exempl.).

 27. _Oxyrrhepes procera_ Burm. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 28. _Euprepocnemis_ n. sp. -- Kagera-Nil (1 Exempl.).

 29. _Tylotropidius_ n. sp. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).


Locustodea.


Pseudophyllidae.

 30. _Acauloplax exigua_ Karsch. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).


Conocephalidae.

 31. _Conocephalus mandibularis_ Charp. -- Irangi-Gebiet (1 Exempl.),
     Sogonoi, Manyara (1 Exempl.).


Heterodidae.

 32. _Eugaster loricatus_ Gerst. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).

 33. _Gymnoproctus_ n. sp. -- Kilimanjaro (1 Exempl.), Irangi-Gebiet
     (2 Exempl.), Massai (3 Exempl.).


Gryllodea.

 34. _Liogryllus bimaculatus_ De Geer var. pallidus. -- Kilimanjaro
     (1 Exempl.).

 35. _Gryllodes_ n. sp. -- Kilimanjaro (1 Exempl.).



IV. Hymenoptera.

Bestimmt von •Franz Kohl•.


 _Apis caffra_ Lep. -- Oestl. Nyansa-Gebiet.

 _Xylocopa caffra_ Klg. -- Kilimanjaro.

 _Anthidium_ n. sp. (mit Nest).

 _Pompilus solanus_ Kohl. (Hym. von Dr. Fr. Stuhlmann in Ostafrika
     gesammelt. -- Jahrb. Hamburg. Wiss. Anst. X, 2, 1893.) -- Oestl.
     Nyansa-Gebiet.

 _Salius (Hemipepsis)_ n. sp.? (Leider in einem Zustande der die
     Beschreibung nicht gestattet.)

 _Eumenes tinctor_ Christ (♂ ♀). -- Kilimanjaro.

 _Mutilla guineensis_ Fabr. -- Kilimanjaro.

 _Stilbum cyanurum_ Forst. -- Ueberall verbreitet.



V. Rhynchota.

Bestimmt von •Anton Handlirsch•.


 _Sphaerocoris occellatus_ Klug. (Kaffernland, Abessinien.) --
     Kagera-Nil, Sogonoi, Manyara.

 _Callidea Bohemanni_ Stål. (Kaffernland.) -- Irangi-Gebiet.

 _Graptocoris comes_ Fabr. (Guinea, Calabar.) -- Kagera-Nil.

 _Basicryptus costalis_ Germ. (Kaffernland.) -- Irangi, Kagera-Nil,
     östl. Nyansa-Gebiet, Kilimanjaro.

 _Aspongopus viduatus_ Fabr. (Syrien, Nubien, Guinea, Südafrika.) --
     Unyamwesi, Kagera-Nil.

 _Atelocera caffra_ Stål. (Kaffernland.) -- Oestl. Nyansa.

 _Mictis scutellaris_ Dallas. (Kaffernland.) -- Kagera-Nil.

 _Nepa rapax_ Ferrari. (Chartum, Madagascar.) -- Kilimanjaro.

 _Nepa nigra_ Fabr. (Guinea.) -- Kiwaya-Steppe.



VI. Diptera.

Bestimmt von Professor •Friedrich Brauer•.


Tabanidae.

 _Tabanus spec._ -- Kagera-Nil (1 Exempl.).


Bombylidae.

 _Exoprosopa heros_ Wd. -- Sogonoi (1 Exempl.).


Asilidae.

 _Alcimus spec._ -- Kilimanjaro (1 Exempl.), Kisuani (1 Exempl.).

 _Hyperechia spec._ -- Kilimanjaro (1 Exempl.).


Muscaria.

 _Dichromyia caffra_ Loew. -- Irangi-Gebiet (1 Exempl.).



V. Das Watussi-Rind.

Von •Dr. Leopold Adametz•,

O. ö. Professor an der K. K. Universität in Krakau.


Auf seiner letzten Reise, in den Jahren 1891-1893 beobachtete Herr
Dr. O. Baumann auf den 1500-2000 Meter hoch zwischen dem Tanganyika
und Victoria-Nyansa gelegenen Plateau-Landschaften eine durch
ungeheuere Hörnerentwickelung ausgezeichnete Rinderrasse. Dieselbe
erweckte sein Interesse um so mehr, als östlich von dem geschlossenen
Verbreitungsgebiete dieser Rasse durchaus nur die gewöhnlichen
ostafrikanischen Zebus gehalten werden. Dr. Baumann fand diese Rasse
namentlich in dem westlich von dem Victoria-Nyansa gelegenen Urundi
und Ruanda, ferner in Ussui und Karagwe. Sie ist eine den Watussi-
(Wahuma-) Stämmen charakteristische Rinderrasse.

Auf Grund der mir von Herrn Dr. O. Baumann freundlichst zur Verfügung
gestellten Notizen, Photographien und eines wohlerhaltenen aus Urundi
stammenden Stierschädels, liefere ich im Folgenden die Beschreibung
dieser interessanten Rasse. Durch dies Material war ich in die
Lage versetzt, ohne Schwierigkeit die Stellung dieser Rasse im
zoologischen Systeme und die Zugehörigkeit derselben zur Sanga-Gruppe
festzustellen.

Das Rind ist nach europäischen Begriffen von mittlerer Grösse,
einfarbig röthlich bis dunkelbraun vorwiegend kastanienbraun und
besitzt ein ähnlich dunkelpigmentirtes Flotzmaul. Desgleichen sind
auch die übrigen, dem Auge zugänglichen Schleimhäute pigmentirt. Das
Deckhaar ist kurz, ziemlich dicht gestellt und glänzend.

Der Höcker ist bei Kühen namentlich oft nur schwach entwickelt, wie
dies auch die nach einer Photographie angefertigte Abbildung (pag.
85) erkennen lässt. Auf derselben ist der Höcker nach Dr. Baumann
auffallend stark entwickelt, derselbe ist sonst oft kaum wahrnehmbar.
Nur in gutem Ernährungszustande befindliche Stiere zeigen ihn.

Die feinknochigen Extremitäten zeigen nur mässige Muskelentwicklung
und besonders die sogenannte Hosenparthie erscheint auffallend leer.

Am Brustkorb fallen die weiten Rippenzwischenräume auf. Das Euter der
Kühe ist nur sehr mangelhaft entwickelt womit die äusserst geringe
Milchergiebigkeit im Einklange steht.

Der charakteristischeste Theil des ganzen Thieres ist der selbst bei
Kühen mit ungeheueren Hörnern versehene Kopf. Derselbe erscheint
gegen die Schnauze zu schwach zugespitzt und zeigt eine mächtig
entwickelte ziemlich breite Stirne, von welcher die gewaltigen Hörner
ausgehen. Der Verlauf derselben ist zunächst nach seitwärts oben
gerichtet, während die Spitzen nach rückwärts und gewöhnlich auch
etwas nach innen gewendet endigen.

Nicht nur der Verlauf der Hörner, über welchen übrigens die Abbildung
(pag. 239) die beste Auskunft giebt, sondern weit mehr noch ihre
ungeheuere Dickenentwicklung bedingt das charakteristische Aussehen
dieser Rinderrasse. Auch bei dem ungarischen Steppenrind findet man
ja oft Hörner von nahezu 1 Meter Länge; stets bleiben diese jedoch
verhältnissmässig dünn und schlank. Beim Watussi-Rinde hingegen
beträgt der Umfang an der Hornbasis 40-50 cm. Diese charakteristische
Beschaffenheit des Hornes findet man nur bei den in Abessinien und
den Galla-Ländern verbreiteten Sanga- oder Senga-Rindern wieder,
mit welchem das Watussi-Rind, wie speciell aus der weiter unten
mitgetheilten vergleichend osteologischen Betrachtung seines
Schädelgefüges hervorgeht, identisch ist.

Früher war man der Meinung, dass die reine grosshörnige
Sanga[35]-Rasse nur in Abessinien und den Galla-Ländern vorkommt. Das
grosse centralafrikanische Verbreitungsgebiet dieser Rasse erlangt
daher besonderes Interesse, welches durch die von allen Reisenden
beobachtete auffallende Aehnlichkeit erhöht wird, welche zwischen den
Vieh züchtenden Watussi-Stämmen und den Abessiniern besteht.

 [35] Siehe z. B. G. Vasey, A Monograph of the Genus Bos pag.
      120.

Was die Hornentwicklung der echten abessinischen Sanga anbetrifft,
welche ich des Vergleiches wegen anführe, so zeigt ein von Salt dem
»Museum of the Surgeons« geschenktes Gehörn folgende Maasse:

     An der Aussenseite gemessen }     118,0 cm
     Hornlänge                   }
     Abstand der Spitzen von einander  101,0 cm
     Hornumfang                         38,0 cm.

Thiere mit besonders grossen Hörnern sollen speciell die südlich von
Endesta wohnenden Galla züchten und Salt berichtet über ein Gehörn,
welches bei 120 cm Länge 53 cm Umfang an der Basis besass. -- Jerom
Lobo erwähnt sogar eines Sanga-Hornes, welches 11 Liter fasste.

In Anbetracht der ganz eigenartigen, bei keiner anderen Rinderrasse
wiederzufindenden Hornentwicklung des Sanga-Rindes kann es füglich
nicht Wunder nehmen, wenn dieselbe von manchen Reisenden als die
Folge eines Krankheitsprozesses angesehen wurde. -- So behauptete z.
B. Bruce (citirt nach Vasey) die grossen Hörner seien die Folge einer
durch die Weiden und das Klima bedingten, mit dem Tode des Thieres
endigenden Krankheit. Nach dem Genannten treiben die Eingeborenen,
welche die grossen Hörner sehr schätzen, jene Thiere, welche die
ersten Symptome des Leidens zeigen, auf die besten und ruhigsten
Weideplätze. Nichtsdestoweniger magerten dieselben allmählich derart
ab, dass sie »kaum mehr Fleisch genug um ihre Knochen zu bedecken«
besässen und schliesslich nicht mehr im Stande seien, den Kopf mit
seinen gewichtigen Hörnern zu erheben, wonach sie endlich der Tod von
ihren Leiden erlöse.

Dem früher bereits genannten Reisenden Salt, der die ersten Sanga
in den Galla-Ländern sah, gebührt das Verdienst, die Unrichtigkeit
dieser Behauptung festgestellt und bewiesen zu haben, dass die
mächtige Hornentwicklung auf einem vollkommen normalen Vorgang beruhe
und dieser Rasse eben eigenthümlich sei.

Immerhin wäre es eine äusserst interessante Aufgabe, an Ort und
Stelle nach den Ursachen zu forschen, welche diese eigenartige,
die Thiere entschieden häufig benachtheiligende Hornentwicklung
veranlassen konnten, besonders, da wir sie als Folge künstlicher,
von Seiten des Menschen ausgeübter Zuchtwahl nicht unbedingt ansehen
dürfen, weil wir aus den Angaben Stanley's und Keller's wissen, dass
die Hirten ihren Thieren in manchen Gegenden, wie in Nkole häufig die
Hörner abbrennen oder stutzen, um ihnen ein leichteres Eindringen
in die Dickichte zu ermöglichen. In den von Dr. Baumann besuchten
Gebieten geschieht dies allerdings nirgends.

•Der Schädel des Watussi-Rindes• erscheint in Folge der stark
entwickelten, allmählich in die mächtigen Hornzapfen übergehenden
Stirne nach unten zu verschmälert. Zwischen dem stärker entwickelten
Stirntheile und dem sich verschmälernden, schwächer entwickelten
Gesichtstheile des Schädels besteht ein auffallender Unterschied. Von
der Seite aus betrachtet (im Profil) erscheint der Schädel in Folge
der gewölbten Stirnpartien schwach geramst.

Wenn wir mit den bei Betrachtung des Kopfes zu allererst in die
Augen fallenden gewaltigen drehrunden Hornzapfen beginnen, welche dem
Kopfe das charakteristische Aussehen verleihen, so wäre zu erwähnen,
dass dieselben ohne eigentliche Stiele, vielmehr durch allmähliche
Verjüngung der seitlich oberen Stirnpartien entstehen. -- Tiefe,
mächtig ausgeprägte Längsfurchen und zahlreiche Knochenwärzchen
bedecken die Oberfläche der knöchernen Hornzapfen. Dennoch kommt es
nicht zur Ausbildung jenes aus dichtgestellten Wärzchen bestehenden
Kranzes an der Basis der Hörner, wie dies z. B. beim Bos primigenius
(Thür) und seinen Abkömmlingen der Fall zu sein pflegt.

Die den knöchernen Hornzapfen entsprechenden, einen Meter Länge
und darüber messenden Hornscheiden sind ebenfalls drehrund und
mit Ausnahme der etwas dunkleren Spitze hornfarbig. -- An dem
vorliegenden Schädel zeigt die Hornsubstanz eine eigenthümlich
faserige Beschaffenheit, ist rauh und besitzt die Neigung sich
auszufransen. Diese Hornbeschaffenheit kommt nach Dr. Baumann's
Beobachtungen der ganzen Watussi-Rasse normaler Weise zu.

Der obere Rand des Stirnwulstes verläuft nicht etwa mehr weniger
horizontal, oder aber dachförmig, wie bei den europäischen
Rinderrassen, sondern halbmondförmig; derartig, dass die horizontal
gemessene Zwischenhornlinie mit diesem oberen Rande des Stirnwulstes
ein Segment bildet.

Der =Stirnwulst= selbst, am vorliegenden Schädel 6 cm hoch, zeigt
stets eine überaus starke Entwicklung.

Die =Stirnplatte= ist schwach nach aussen vorgewölbt, weist jedoch
sonst keine wesentlicheren Unebenheiten auf. Namentlich fehlt hier
die für viele Rinderrassen so charakteristische Aushöhlung im unteren
Theile der Stirnplatte zwischen den Augenhöhlen. Desgleichen findet
sich auch nicht die leiseste Andeutung eines Stirnbeinkammes. Die
convergirend verlaufenden Supraorbitalrinnen sind oberhalb der oberen
Augenlinie tief eingegraben; von da an beginnen sie seichter zu
werden und reichen, nur mehr schwach kenntlich, bis zum Thränenbein.
-- Mit der Hinterhauptfläche bildet die Stirnbeinfläche nahezu einen
rechten Winkel.

Die =Thränenbeine= sind ziemlich breit und zeichnen sich durch den
fast in einer Geraden verlaufenden Rand aus. Die untere mediane
Spitze der Thränenbeine befindet sich nahezu in der Mitte der
Nasenbeinlänge. An jenem Punkte, in welchem das Thränenbein,
Stirnbein und Nasenbein zusammenstossen, findet sich eine kleine
Knochenlücke. Der Bau der Thränenbeine ähnelt somit ganz entschieden
dem der europäischen Brachyceros-Rassen.

[Illustration: Schädel des Watussi-Rindes (Seitenansicht).]

Die an ihrem Ursprunge breiten =Nasenbeine= verjüngen sich allmählich
und endigen mit je zwei ganz kurzen Spitzen. Die auf diese Weise
am vorderen Rande der Nasenbeine entstehende Bucht ist daher
nur sehr seicht. Im Gegensatze zu anderen Rinderrassen weist der
laterale Rand beider, nur eine flache Rinne bildender Nasenbeine,
etwa in der halben Länge eines jeden eine starke Einbuchtung auf.
-- Am =Wangenbeine= fällt die starke Entwicklung des ziemlich
deutlichen, eine dreiseitige Pyramide bildenden Wangenhöckers auf.
-- Die =Nasenäste= der =Zwischenkiefer= sind, was das Verhältniss
ihrer Entwicklung zu den übrigen Schädelknochen (namentlich zur
Gesammtkopflänge) anbelangt, ähnlich geartet wie bei den typischen
Rassen der europäischen Brachyceros-Gruppe; sie sind nämlich äusserst
kurz und reichen nicht nur bis an die Nasenbeine heran, sondern
endigen im vorliegenden Falle sogar 2,1 cm unterhalb des seitlichen
Nasenbeinrandes.

Die =Augenhöhlen= sind seitlich gestellt und ziemlich seicht; nie
röhrenförmig. Die schmalen oberen Augenbögen liegen tiefer als der
zwischen ihnen befindliche mittlere Theil des Stirnbeines. Legt man
etwa in der Mitte der Augenbogengegend ein Stäbchen quer (senkrecht)
zur Medianlinie des Schädels, so kommen die Augenbögen =unter= der
so gebildeten Horizontalen zu liegen, d. h. wir finden in diesem
Theile des Schädels ein ähnliches Verhältniss wieder, wie es für Bos
primigenius und dessen reinblütigen Nachkommen, dem Steppenvieh, so
charakteristisch ist.

[Illustration: Schädel des Watussi-Rindes (Vorderansicht).]

Die =Schläfengrube=, am vorliegenden Schädel 5,5 cm tief, ist
verhältnissmässig schmal. -- Die =Hinterhauptfläche= ist ganz ähnlich
wie bei den echten Primigenius-Rassen Europas verhältnissmässig
niedrig; sie beträgt in Prozenten der Hinterhauptsenge ausgedrückt
nur 106,8 pCt.

Der Unterkiefer, welcher ebenfalls grosse Bedeutung für die Lösung
der Frage nach der Rassenzugehörigkeit gehabt hätte, stand leider
nicht zur Verfügung, da er beim Transport zur Küste in Verlust
gerathen war.

Für die Bestimmung und Beurtheilung der Rinderrassen ist bekanntlich
eine eingehende Betrachtung des =Zahnbaues= von grosser Wichtigkeit.
Dieselbe ergiebt, dass wir es beim Watussi-Rinde mit einer sehr
einfachen Bauart des Schmelzgerüstes und der Marken der Zähne zu
thun haben. Der Verlauf der Buchten und die Form der Marken ist
verhältnissmässig wenig komplicirt und erinnert merkwürdigerweise
in manchen Stücken sehr an jene der Brachyceros-Gruppe. Wie dort so
findet man auch hier die an der Medianseite der Oberkieferbackzähne
befindliche grosse Schmelzfalte nur schwach entwickelt und von
sehr einfachem Verlaufe. Am dritten (d. i. letzten) Molar-Zahn des
Oberkiefers des vorliegenden Stierschädels ist diese Falte sogar
vollkommen verschwunden. Dort, wo sich dieselbe sonst von der
Medianseite des Zahnes ablöst, findet sich eine schmale, ziemlich
tief nach dem Inneren des Zahnes zu sich erstreckende Bucht; in Folge
dieser Einschnürung erscheint der ganze Zahn deutlich in eine vordere
und hintere Hälfte getheilt.

Als besonders auffallend wäre hier ferner zu erwähnen, dass, wenn man
afrikanische Rinderrassen zum Vergleiche herbeizieht, der Zahnbau
des Watussi-Rindes am vollkommensten mit dem des schwachgehörnten
oder ganz hornlosen Somali-Rindes übereinstimmt. Diese nicht zu
übersehende Aehnlichkeit des Zahnbaues zwischen diesen beiden
afrikanischen Rinderrassen ist deshalb so bemerkenswerth, weil
dieselben sonst hinsichtlich des Körperbaues etc. so ungeheuer von
einander verschieden sind.[36]

 [36] Die von mir zu diesen Vergleichen benutzten Schädel der
      Somali-Rinderrasse entstammen der schönen Sammlung des
      Herrn Prof. Dr. Keller, Zürich, für dessen liebenswürdiges
      Entgegenkommen ich nochmals herzlichen Dank sage.

Aus den mitgetheilten charakteristischen osteologischen Verhältnissen
ist mit Bestimmtheit zu ersehen, dass das Watussi-Rind dem
abessinischen Sanga-Rinde nahe verwandt ist. Sehr auffallend ist
hierbei die Thatsache, dass in inniger Mischung am Schädel solche
Formen auftreten, welche für unsere europäischen grosshörnigen zur
Primigenius-Gruppe gehörigen Rinderrassen charakteristisch sind
neben anderen, welche wieder nur bei typischen Brachyceros-Rassen
vorkommen. Während z. B. der Schädeltheil des Kopfskelettes fast
vollkommen die Merkmale echter Primigenius-Rassen besitzt, finden wir
am Gesichtstheile derselben und ferner an den Zähnen diejenigen der
Brachyceros-Gruppe auftreten.

Nach den Erfahrungen Baumann's, Stanley's und anderer ist der
=wirthschaftliche Nutzen= dieser Rinderrasse kein besonders grosser.

Das Fleisch des Watussi-Rindes schmeckt nach Baumann schlechter
als das des ostafrikanischen Zebus und soll ein eigenthümliches,
offenbar durch grobfaserigen Bau und Armuth an intermuskulärem
Bindegewebe bedingtes, als »schlüpfrig« bezeichnetes Gefühl beim
Kauen hervorrufen.

Hinsichtlich der Milchleistung lauten die Erfahrungen ebenfalls sehr
ungünstig. Nach Baumann's Beobachtungen beträgt der durchschnittliche
tägliche Milchertrag einer Kuh höchstens einen Liter; desgleichen
erwähnt auch Stanley, dass die Thiere namentlich in Anbetracht ihrer
Grösse und der guten Weideverhältnisse nur recht wenig Milch liefern.
Die Milch des Watussi-Rindes gilt jedoch für wohlschmeckender als
jene der ebenfalls nicht viel besser melkenden ostafrikanischen
Zebus.

Wie bei den meisten im halbwilden Zustande lebenden Rindern hält es
auch bei dieser Rasse schwer, die Kühe zu melken, da dieselben unter
gewöhnlichen Umständen die Milch zurückzuhalten pflegen. Nach Stanley
pflegten Kavalli's Leute die Kühe in der Weise zu melken, dass sie
den Thieren vorher die Hinterbeine zusammenbanden und das Kalb nach
dem Kopfe der Mutter brachten.

Was die wirthschaftliche Leistung anbelangt, so hat es den Anschein,
als ob fast alle mittelafrikanischen Rinderrassen mehr oder
weniger ungünstig in dieser Beziehung sich verhielten. So erwähnt
auch Schweinfurth[37] gelegentlich der Beschreibung des lang-
und schlankhörnigen Buckelrindes der Dinkastämme, welches höchst
wahrscheinlich ebenfalls in näheren Beziehungen zum Sangarinde
stehen dürfte, die geradezu »miserablen« Milcherträge dieser
Rasse, von denen die besten Kühe weniger Milch liefern, als bei
uns mittelmässige Ziegen und ferner, dass zur Herstellung eines
Pfundes Butter ganz erstaunliche Quantitäten von Milch nothwendig
sind. Als ebenso interessant wie auch beachtungswerth erscheint
hierbei die von Schweinfurth gemachte Bemerkung, wonach die trotz
aller angewandten Sorgfalt und Pflege seitens der Dinka nicht zu
verkennende Degeneration dieser Rasse theils eine Folge mangelnder
Kreuzung, theils aber auch dessen sei, dass den Rindern niemals
Kochsalz gereicht wird. Die von ihm selbst gemachte Erfahrung,
nach welcher durch Kochsalzgaben den Thieren förmlich neues Leben
und frische Kräfte eingeflösst und er hierdurch Kühe milchend und
in gutem Ernährungszustande erhielt, sprechen wohl zu Gunsten der
letzten Ansicht.

 [37] Im Herzen von Afrika, pag. 47-50; Leipzig, 1878.

Als ein weiterer, für den Züchter höchst beachtenswerther
Umstand muss endlich die relativ geringe Widerstandsfähigkeit des
Watussi-Rindes gegenüber Schädlichkeiten klimatischer, wie auch
anderer Natur hervorgehoben werden. Nimmt man das Watussi-Rind von
seinen üppigen Hochweiden, so beginnt es zu kümmern und geht bald zu
Grunde. In dieser Beziehung ist z. B. nach den Erfahrungen Baumann's,
der Heerden sowohl des Watussi-Rindes, als auch des gewöhnlichen,
kurzhörnigen ostafrikanischen Zeburindes auf seinen Reisen mit sich
führte, letzteres ganz unvergleichlich widerstandsfähiger.

Dieser Umstand macht es erklärlich, dass überall dort, wo die
Watussi-Stämme in engere Berührung mit Stämmen treten, welche das
kleinere ostafrikanische Zebu züchten, dieselben theils freiwillig,
theils unfreiwillig -- wegen der die eigne Rasse in heftigerem Maasse
heimsuchenden Seuchen -- zu ersterem übergehen. Unterstützt wird
dieser Prozess des Verschwindens der Watussi-Rasse noch dadurch, dass
bei Kreuzungen diese sonst so charakteristische Rasse nur schwache
Durchschlagskraft besitzen soll.

So erklärt sich denn ziemlich einfach die Thatsache, warum die
nördlich vom Victoria-Nyansa und bis zum Ostufer des Albert-Nyansa
wohnenden Watussi-Stämme nicht mehr die echte alte Rasse
besitzen, sondern ein Kreuzungsrind, innerhalb dessen nur ab und
zu grosshörnige Individuen als Produkte atavistischer Vorgänge
auftreten.

Wissen wir doch nach Baumann bestimmt, dass z. B. die vor wenigen
Decennien erst in die Umgebung von Tabora gezogenen Watussi bei ihrer
Ankunft ihre typische Rasse mit sich führten, während sie heute
bereits aus den eben angeführten Gründen fast ausschliesslich im
Besitze der gewöhnlichen ostafrikanischen Zebu sich befinden.

Was die =Verbreitung des Watussi-Rindes= anbelangt, so findet sich
dasselbe überall in den sogenannten Wahuma-Staaten. Es reicht im
Süden bis Ujiji und wird auf den Hochplateaus von Urundi, Ruanda,
Ussui, Karagwe und Mpororo gehalten. Stuhlmann fand es am Süd- und
Westufer des Albert-Edward-Sees; auch am Westufer des Albert-Sees
ist es verbreitet. Von Uganda aus macht sich das Vordringen der
grossbuckeligen ostafrikanischen Zebu-Rasse bemerkbar, welche in
den Ländern des Zwischenseengebietes, also vor allem in Unyoro,
immer mehr an Boden gewinnt und zur Entstehung verschiedener
Kreuzungsprodukte mit dem Watussi-Rinde Veranlassung giebt. Unter
diesen treten, wie schon erwähnt, grosshörnige Exemplare als
Produkte atavistischer Vorgänge nur vereinzelt auf. Das allmähliche
Verschwinden dieser weniger widerstandsfähigen Rasse ist daher nicht
unwahrscheinlich.

Nach Aussage aller Reisenden ist das Watussi-Rind, das dem
abessinischen Sanga so nahesteht, für die hamitischen Wahuma-Stämme
charakteristisch, deren Abkunft ebenfalls aus den Gallaländern
hergeleitet wird. Die Herkunft der Hamiten überhaupt ist jedoch
aus sprachlichen und anthropologischen Gründen unbedingt aus Asien
herzuleiten.

Wenn wir nun auch bezüglich dieser Frage unsere Zuflucht zur
vergleichenden Beobachtung des afrikanischen und speciell des
Sanga-Watussi-Rindes und der indischen Zeburassen nehmen, so ergiebt
sich die Thatsache, dass eines der edelsten indischen Zeburinder,
nämlich die sogenannte Götterrasse, einen Schädelbau besitzt,
der in aller und jeder Beziehung mit dem des Watussi-Sanga-Rindes
übereinstimmt. Die Hörner sind ebenfalls mächtig, wennschon sie nicht
ganz jene ungewöhnlichen Dimensionen erreichen, wie bei so vielen
Individuen der letztgenannten afrikanischen Rasse. So z. B. messen
die Hörner einer solchen Götterkuh, deren Schädel mir durch die
Freundlichkeit des Herrn Professor C. Keller zur Verfügung stand,
immerhin 50 cm in der Länge und 24 cm im Umfange an der Basis. --
Die Art des charakteristischen Schädelbaues im Allgemeinen und im
Speciellen und selbst der Hörner zeigten in jeder Beziehung die
allergrösste, an Uebereinstimmung grenzende Aehnlichkeit mit dem des
Watussi-Rindes, so dass trotz des als einzigen Unterschied zwischen
beiden Rassen hervorzuhebenden etwas komplizirteren Zahnbaues
beim indischen Zebu, die relativ nahe Verwandtschaft dieser Rinder
unverkennbar ist.

Hieraus kann zwar nicht gefolgert werden, dass die Sanga-Rasse von
jener erwähnten Varietät des indischen Zebus abstamme, sondern es
ergiebt sich nur die Wahrscheinlichkeit, dass beide aus einer und
derselben, früher verbreitet gewesenen Spielart ihren Ursprung
nahmen und sich dann eventuell in Folge ähnlicher Daseinsbedingungen
und sonstiger Umstände, trotz der sonst den Zebus im Allgemeinen
zukommenden hochentwickelten Veränderungsfähigkeit, in ähnlicher
Weise weiter entwickelten.

Wir wissen, dass das Wildrind, von welchem sämmtliche asiatischen
Zeburassen abstammen, der Banteng, Bos soudaicus ist. Da in
afrikanischer Erde bis zum heutigen Tage überhaupt keine fossilen
Reste von Buckelrindern gefunden wurden (denn die in Algier
aufgefundenen fossilen Rinderreste gehören dem Ur, Bos primigenius
an, der mit der Gruppe der Höckerrinder in gar keinem Zusammenhange
steht), so müssen wir uns zu der Annahme bequemen, dass die eben
geschilderte Watussi-Rasse, sowie die afrikanischen Buckelochsen
im Allgemeinen, ebenfalls vom asiatischen Banteng abstammen und von
Asien aus erst nach Afrika gelangten.

Auch bezüglich dieser Frage sehen wir also völlige Uebereinstimmung
herrschen zwischen den Folgerungen anthropologischer Forschung und
den Resultaten der vergleichenden Hausthierkunde; beide weisen mit
Bestimmtheit auf Asien hin als der ursprünglichen Heimath sowohl
der hamitischen Hirtenvölker Centralafrika's, als auch der von ihnen
gezüchteten Rinderrasse.



VI. Untersuchung von acht Schädeln.

Von •Prof. Dr. Zuckerkandl•.

Mit 2 Tafeln (Tafel XXVI und XXVII).


Von den acht Schädeln sind fünf, No. 1-5 der Tabelle recent,
No. 6 und 7 sind es nicht. Von den zwei Irakucranien konnte für
anthropologische Zwecke nur der des Kindes verwerthet werden, da
jener des Mannes in Folge von frühzeitiger Synostose der Pfeilnaht
seine ursprüngliche Form eingebüsst hat.

Von den =vier Watussi= zeigen drei (No. 1-3) so ziemlich die gleiche
Form; sie sind klein (siehe die Capacität), extrem dolichocephal
und prognath, zwei auffallend chamaecephal, der dritte orthocephal,
alle drei platyrrhin. Die Stirne ist niedrig und fliehend, ein Torus
frontalis ziemlich gut ausgebildet. Der Nasenrücken ist schmal
vorspringend und mit einer deutlichen sattelförmigen Vertiefung
versehen, nur beim Kinde breit und flach. Der Zwischenkiefer zeigt
eine schräge Lagerung. Der Unterkiefer, jener des Kindes ausgenommen,
ist äusserst kräftig entwickelt, der aufsteigende Fortsatz von
auffallender Breite, der Uebergang beider Aeste ineinander fast
rechtwinklig. Die Prognathie der Unterkiefer gelangt in einer
Vorbiegung des Alveolarfortsatzes im Bereiche der Schneide- und
Eckzähne deutlich zum Ausdruck.

Die Profillinie des Gesichtes ist winkelig geknickt; es schneiden
sich nämlich in der Mundregion die Profillinien des Ober- und
des Unterkiefers unter einem stumpfen Winkel, dessen Knie nach
vorne gerichtet ist. Die Mahlzähne sind kräftig und hinsichtlich
der Zahl ihrer Höcker variant. Der vierte Watussischädel
unterscheidet sich von den übrigen; er ist wohl auch dolichocephal,
prognath, und chamaecephal, aber durch ungewöhnliche Grösse und
Stärke ausgezeichnet. An dem durch besondere Länge auffallenden
Gesichte tritt die Prognathie weniger hervor als an den anderen
Watussischädeln.

[Illustration: TAFEL XXVI. Watussi-Schädel.]

[Illustration: TAFEL XXVII. Massai-Schädel.]

Die zwei =Massaicranien= (No. 5 und 6 der Tabelle) sind nicht gleich
geformt. No. 5 stimmt seiner ganzen Architektur nach mit den drei
ersten Watussischädeln überein. Das Cranium ist extrem dolicho-
und chamaecephal, prognath, platyrrhin und chamäkonch. Seine Stirne
ist niedrig und fliehend, der Torus frontalis gut ausgebildet, der
Nasenrücken vorspringend und mit einer sattelförmigen Einschnürung
versehen. Der Zwischenkiefer ist schräg gelagert und zu beiden Seiten
der Spina nasalis inferior vertieft, der Unterkiefer sehr kräftig
gebaut, sein aufsteigender Fortsatz ausnehmend breit, der Uebergang
in den horizontalen Ast rechtwinklig. Der Aveolarfortsatz des
Unterkiefers zeigt keine Prognathie, möglicherweise aus dem Grunde,
weil die Alveolen der fehlenden Mittelschneidezähne verödet sind.

Dem anderen =Massaischädel= (No. 6 der Tabelle, Tafel XXVII) fehlt
der Unterkiefer. Er ist dolicho-orthocephal, prognath, mesorrhin
und hypsikonch. Die Prognathie fällt viel weniger auf, auch ist der
Zwischenkiefer nicht schräg gelagert. Die Stirne ist gewölbt und
senkrecht ansteigend, der Nasenrücken mässig vorspringend. Capacität
beider Massaischädel gering.

Der Schädel des =Irakukindes= ist dolicho-orthocephal prognath,
hyperplatyrrhin und hypsikonch. Die Stirne erscheint gut gewölbt,
der Nasenrücken plattgedrückt, steil abfallend, der Zwischenkiefer
schräg.

=Resumé.= Die geringe Anzahl der Cranien gestattet es nicht, sichere
Schlüsse zu ziehen; ich beschränke mich deshalb auf nachstehende
Bemerkungen: der Form nach stimmen die drei Watussischädel (1-3) und
der Massaischädel No. 5 überein. Die Frage, ob diese vier Cranien
dem Negerschädel an die Seite gestellt werden dürften, ist negativ
zu beantworten. Watussischädel No. 4 und Massaischädel No. 5 weichen
hinsichtlich ihrer Form von den vorigen wesentlich ab. Sie geben
Typen wieder, wie solche auch bei uns angetroffen werden. Am meisten
negerartig ist der Schädel des Irakukindes.


Hauptmaasse und Indices

(nach der Frankfurter Verständigung).

 ----------------------------------------------------------------------
 Herkunft,           Watussi ♂
 Geschlecht.               Watussi ♂
                                  Watussi-Kind ♀
                                         Watussi ♂
                                                Massai ♂
                                                       Massai ♂
                                                            Iraku-Kind
 ----------------------------------------------------------------------
 Hirnschädel         --------------------------------------------------
  Capacität          | 1300 | 1250 |   -- | 1650 | 1350 | 1240 |   -- |
                     |      |      |      |  ap. |      |      |      |
  Länge              |  185 |  180 |  165 |  197 |  190 |  184 |  169 |
  Breite             |  129 |  131 |  114 |  143 |  139 |  125 |  124 |
  Stirnbreite        |  112 |  126 |   -- |  128 |  114 |  102 |   -- |
  Höhe               |  132 |  129 |  115 |  131 |  130 |  130 |  120 |
  Ohrhöhe            |  102 |  104 |   -- |  105 |  115 |  101 |   -- |
  Länge Schädelbasis |  100 |   97 |   86 |  103 |   96 |  101 |   -- |
  Horizontalumfang   |  506 |  502 |   -- |  552 |  525 |  507 |   -- |
  Sagittalumfang     |  359 |  360 |   -- |  401 |  381 |   -- |   -- |
  Querumfang         |  283 |  292 |   -- |  305 |  307 |  284 |   -- |
 Gesichtsschädel     --------------------------------------------------
  Gesichtsbreite     |   94 |   96 |   77 |  108 |   98 |   94 |   85 |
  Gesichtshöhe       |  121 |  111 |   91 |  132 |  120 |   -- |   -- |
  Obergesichtshöhe   |   71 |   62 |   56 |   75 |   -- |   76 |   59 |
  Jochbreite         |  121 |  111 |   91 |  132 |  120 |   -- |   -- |
  Höhe der Nase      |   54 |   46 |   43 |   58 |   53 |   55 |   44 |
  Breite der Nase    |   28 |   25 |   22 |   29 |   28 |   26 |   28 |
  Höhe der Orbita    |   45 |   41 |   37 |   44 |   43 |   39 |   37 |
  Breite der Orbita  |   38 |   31 |   31 |   39 |   34 |   36 |   32 |
  Profilwinkel       | 79,5 | 80,0 | 73,0 | 75,0 | 67,5 | 77,0 | 81,5 |
 Indices             --------------------------------------------------
  Längenbreiten-     | 69,7 | 72,8 | 69,1 | 12,5 | 73,8 | 67,9 | 73,4 |
  Längenhöhen-       | 69,7 | 71,7 | 69,7 | 66,5 | 68,4 | 70,7 | 74,0 |
  Nasen-             | 51,9 | 54,3 | 51,2 | 50,0 | 52,8 | 47,3 | 63,6 |
  Augenhöhlen-       | 84,4 | 75,6 | 83,8 | 88,6 | 79,1 | 92,3 | 86,5 |



VII. Sprachproben.

Von •Dr. O. Baumann•.


Da mir zu sprachlichen Studien nur wenig Zeit blieb, so beschränkte
ich mich auf das Einsammeln kleiner Texte, die am ehesten geeignet
sind, auf die linguistische Zugehörigkeit Licht zu werfen. Herr
Prof. Dr. =Leo Reinisch=, welcher die Güte hatte, die Proben
durchzusehen, konnte dieselbe auch in vielen Fällen vermuthen, nur
die Sprache der Wassandaui bleibt unbestimmt. Leider konnten keine
Interlinearversionen sondern nur Uebersetzungen erhalten werden,
die jedoch ziemlich genau sein dürften. Als Orthographie wurde die
Steer'sche Swahíli-Schreibart angewandt.


•Hamitische Sprache.•

Sprache von Ufiomi, Iraku, Uassi und Burunge.

1 _uáka_, 2 _sáre_, 3 _támu_, 4 _sía_, 5 _kówan_, 6 _láho_, 7
_faangu_, 8 _dagát_, 9 _gwelél_, 10 _míba_, 11 _miba na uáka_, 20
_miba sáre_.

                               Wildniss
   _Anikáti íti abara dówale barashéa
   kéra asagáto áw afúni law tóaw á lu
   afunisaa odegéti aniktíma mii degetíka
   sáw kakaáti anikusáa umfunilée tuáw_
       Dorf
   _obardokéra antekahár adabáradu nafunéï
   nahareróse funikaohe hare._

             Ich verliess das Haus (Dorf?) ich ging
             in die Wildniss, ich erreichte die Wildniss,
             ich bekam Wild. Hier ist das Wild ich
             habe es getödtet, ich kehre ins Dorf zurück,
             ich komme um Leute zu suchen
             um das Fleisch zu tragen. Ich habe diese
             Leute. Ich ging mit ihnen in die Wildniss
             wir gingen und zerlegten das Wild. Wir
             binden es an Stöcke und tragen es ins
             Dorf.

   _Dagéï kahéma miti barashéa iláya íla_
                             zwei Augen
   _íla birikaháw birikaawséa ilasare uáka_
                          Wild   Massai
   _bráséa ila iloáka barafuneï adawagé deru._

             Ihr Jünglinge, wenn ihr in die Wildniss
             wandert, wandert mit zwei Augen,
             ein Auge in der Wildniss, ein Auge sehe
             nach dem Wild, denn die Wildniss hat
             Massai.

   _Anikati iti ahare letoaw aduχethaa
   pnikatukharie ilimin kaseer alkalagwel
   galagwel dage hintikati itisaa nanairus
   babarus na mamarus kakutha barado
   babarus mothoχáki barahoato._

             Ich ging aus und suchte eine Frau;
             ich will sie heirathen; ich habe sie geheirathet,
             ich habe sie zu mir gebracht.
             Sie wurde schwanger sie gebar einen
             Knaben und ihr Vater und ihre Mutter
             wollten sie herausnehmen damit sie dann
             wieder zu ihrem Mann zurückkehre.

_nai_ Kind, _adus_ Frau (Gattin), _he uáka_ ein Mann, _he usare_ zwei
Männer, _etie uaka_ ein Weib, _etie isare_ zwei Weiber.



=Nilotische Sprachen.=


1. Bari-Massai-Gruppe.


•Massai.•

   _Geshómo ndatwa nigibwedubó nigibwa
   ldángan nigibwalugai kishómo ndátu nemiryó
   nigíngwa ldóngara tómon. Nikium
   mbelegénye nigiwo leibóni nelo leigwenáni
   ne leíbonenjore nerigiang ningiligwéna_
                 esset  Fleisch  sehr
   _gedáa enossa ngiri sowati. nelotu leigbonari
   nigibon neiwéri nigibwai edubó
   el mañgati lelegeréri nigiserian nigiraw
   nigishuañg neboleigedala neibono arangodjit
   nigibono abo njore nigiduvó suwati
   nigiserian nigivonuang nigingila genjore
   nigiriny gessajon nigiduvó nigisserian
   nigidogeigil nigisserián nigeingeláge namerwa
   io nigweri ldoñgana tikitam nigim
   belegänye nigivonuang nigivonueri ligedala
   nigivo lombogishi nigiduvó nigivonulang
   nigivo lguróto nigibwadubo nigisseryán
   nigivonuáñg nigisseryán nigivonuáñg
   nigivonuére erïe legedalak nigivo
   l'mossiko nigisseryan kituduvó nigivonuáñg
   nigivoneivér al mañgati lol donyo
   nyoki namirio nigingwa ldoñgana ldomon
   nivon airéa leigbonán nigivon abó gajo
   laibón nigivo aibonisho nigivon amerio
   evónu aingwa ldóñgana tikitam nigivon
   ai lbelegenye nigivonai leigwenan nondábiro
   njóre nigiruk wawu nigibonjóre
   nigivon lmañgati lengewai nigibwaiduwó
   suvadi nigea ngishu atikitam haïp.
   Nigivo lborori ongwán nigibwara nigiar
   elborrú nigivonuai ngishu haïp niginaw
   ngishu ang nigivonuwai enossu ngiri
   nigíshai njóre alodoiviri lmañgati leïreri
   naladuvó naiengishe atómon nigivonuang
   neibere Súkuma naduró vai sovati neiangíshe
   atikitam neigelak Súkuma nalodod
   etóduve nerïu ngishuañg niginossa ngiri
   et elmorán etuduvoti neigelak ekéssajon
   málodod atóduve neie ngishu aumïet
   nigim belegénye neiwere leissanga nalodor
   duvé neiwéra lmañgati lenaguró neilotú
   etúduve neiwera lmañgati lossoïebus nálodor
   etuduve neia ngishu aongwan neiwére
   lmañgati lolduléta nalotu etoduve
   naia ngishu áre nesserian nigivónulang
   nigivonu dabaigyang nálotu eitoniyang
   nálotu etonáng olmúruo námisho nárigu
   ngoroyon neilodu vaiáng nigivóduvai
   otoreti yang ata olmóruo mãmishu wai._

             Sie gingen in den Krieg nach Ndatwa
             (bei Umbugwe?) und wurden geschlagen
             es blieben vier Mann.

             Sie kehrten heim und gingen zum
             Leibon (Zauberer). Als der Anführer
             (leigwenán) hinkam, trug er viel Laub
             am Kopf. Als er hinkam sagte er (der
             Zauberer) esset Fleisch sehr. Nachdem
             sie gegessen zogen sie aus gegen Lelegereri;
             sie trieben die Rinder heim und
             schickten einen Mann aus, sie gingen
             und kehrten glücklich zurück.

             Sie gingen nach Gessajon und
             kämpften; es fielen 20 Mann sie kehrten
             zurück und heim.

             Sie beriethen, sie schickten einen
             Mann aus. Sie gingen nach Lombogishi,
             sie bekamen und kehrten heim. Sie
             gingen nach Lguroto und bekamen.

             Sie beriethen: gehen wir nach Mossiko
             sie bekamen und kehrten heim. Sie
             kehrten auch vom Kriege beim Donyo
             Nyoki zurück, sie wurden geschlagen
             und es fielen 10 Mann. Sie fragten den
             Anführer um Rath, er sagte, ich gehe
             zum Leibon. Sie kamen und liessen
             20 Mann und kehrten zurück. Sie beriethen
             mit dem Anführer, sie gingen
             und erreichten Lengewai. Sie bekamen
             sehr viel, jedermann bekam 20 Rinder.
             Ungeheuer! (100 haïp).

             Es gingen 400 Mann, sie kämpften
             unter einander, einige kehrten um und
             bekämpften Elborru; sie assen Fleisch.

             Sie gingen andererseits sofort nach
             Leïreri, sie bekamen jeder 10 Rinder;
             heimgekehrt zogen sie nach Usukuma,
             sie bekamen je 20 Rinder, sie bekamen,
             sie trieben sie in ihre Dörfer, sie assen
             Rindfleisch; die Krieger zogen gleich
             nach Kessajon. Sie schlugen glücklich,
             jeder bekam 5 Rinder; als sie kamen
             blieben sie nicht, sondern zogen gegen
             Leïsanga. Als sie kamen zogen sie
             aus gegen El Naguro, sie bekamen und
             zogen gegen Soïebus, sie bekamen jeder
             vier Rinder, sie zogen gegen Lolduleta,
             jeder bekam zwei Rinder. Sie kehrten
             glücklich heim und blieben im Dorf.
             Sie heiratheten eine Frau, sie holten
             sie und führten sie heim, sie wurden
             ansässig, sie wurden alte Leute mit
             ihren Weibern.

   _aïshwa, aishwadā aidiwa._

             Zufrieden: Ende.

   _Loye óba kihoménjore kira móron leloto
   nigiriaba nigiár ltongana tikitam werewegyar
   nigia ngishu tikitam matosho
   mahómmo memolgos._

             Als ich ausging und ein junger Krieger
             war, gingen wir und beriethen, wir gingen
             und tödteten 20 Mann, als sie getödtet,
             bekamen wir 20 Rinder, wir trieben sie
             und gingen um auszuruhen.

   _Loye mátam maysholtómana evualiki
   mdóngana euo njore edúruga emúta bawa
   emúta loye ewenjore nesseryan etúduwe._

             Auf! Geht voraus, einer gehe voran,
             er gehe bis ins Dorf und sage, die
             Razzia kommt. Auf! Die Razzia ist
             glücklich zurückgekommen und hat bekommen.


•Tatoga• (Kitaturu), Mangati.

   _Kawaizagät gobara hobrjét goagossaréna
   wanyék asa gwátago, kwasagäta
   góbara mwásita singiét gobára singiét,
   gobara dara wéda gobara ghait, góbara
   saramadet gedyak sit akóa kosaréna wanyég
   gwata wanyega gwátago gevarindiai
   gosarena ko-ou._

             Ich verliess das Dorf ich tödtete ein
             Nashorn, tragen wir das Fleisch ins Dorf.
             Ich tödtete einen Elephanten in der
             Wildniss, ich tödtete einen Büffel, ein
             Zebra eine Antilope (_kisw. swara_) eine
             Giraffe, eine Antilope (_kisw. sigiro_); ich
             schicke einen Mann ins Dorf, dass er
             gehe und Leute rufe um das Fleisch zu
             holen, sie sind gekommen.

   _Komaijenaweda washwasht Tatoga
   áhou kaminaw washwasht tagushéla gobalejalúda
   Tatoga wamadedáhaw walejaboga
   madaχ bunededábyar gonyeres ababoganyaw_
                           Krieg
   _kidubógasa Mtinginya lugud
   goshäla worjed hamnejaluda gushäla gwa
   wárabu ed jalur amanda washwasht damenda
   gushälla geyusanga shegañg._

             Sie (Sagiro und Mtinginya) stritten
             sich wegen des Weges. Die Tatoga
             tödteten seine Leute in ihrer Bosheit, er
             erzürnte, er ging aus Mtinginya um Krieg
             zu bringen. Jetzt haben die Tatoga keine
             Bosheit mehr. Sie sind durch Hunger
             zu Grunde gegangen. Dir (dem Europäer)
             steht das Wort zu.

1 _aki_, 2 _iyeni_, 3 _samak_, 4 _angwan_, 5 _mut_, 6 _lla_, 7
_sukwa_, 8 _sis_, 9 _segäs_, 10 _taman_, 11 _tamanaki_, 20 _tikitam_.


•Ndorobbo•, Serengeti.

1 _napu_, 2 _ennya_, 3 _uni_, 4 _ongwan_, 5 _mot_, 6 _lei_, 7 _oner_,
8 _sissie_, 9 _naudó_, 10 _gaget_, 15 _gaget a_χ _mot_, 20 _tegenos_,
30 _tegenos aχ gaget_.

   _Ehorra evehóssore eméta emehoréta
   imidátene evoharyét engírie koraá engátena
   háho panawádaga gigu utie kiutïe_
                                   Zebra
   _leïdos moo egiténaha hamúmia enoloïdugo
   nadodoivire kodonuha._

             Wir gingen aus und trugen unsere
             Pfeile und Bogen und Köcher. Wir
             gingen bis zu einem Baume und blieben.
             Wir machten eine Einzäunung und liessen
             2 Mann dort zurück; wir sahen Zebras.
             Hier gingen 10 Mann, dort 10 Mann, und
             umgingen das Wild. Die Zebra waren
             darin und wurden getödtet.

   _Nagenavéna kavendá gawédia totowó
   kióno kinávesik kiono kinevésse tégenos
   kisilie kópowa hádanyen kópowa damaréta
   hádanyen kópowa damaréta daveïe, daveïe
   kaldeni kanda kinavésse ártam._

             Wir gingen kämpfen, bekamen Rinder,
             tödteten 20 Mann. Als wir ins
             Dorf kamen gaben wir 10 Rinder dem
             Zauberdoktor.

   _kinavéta napó_

             ein Rind.


2. Schiluk-Kavirondo-Gruppe.

•Kavirondo•, Pa Sendege.

1 _ajyed_, 2 _arío_, 3 _adék_, 4 _angwan_, 5 _abíd_, 6 _audyéd_, 7
_abirío_, 8 _abóro_, 9 _abúngwan_, 10 _apáre_, 11 _aparéko ajyed_, 20
_pirarío_.

   _di el ma dópi_

   _ami di (o) el pi_

   _pi_

             die Ziege trinkt Wasser.

             ich gebe der Ziege Wasser.

             Wasser.

   _Adidororingo mondagó ongúkwan_
                         Busch
   _ngwango kuruadugó leongetim kwambinomanapájo
   waod aχ moth kíni kenderópio
   ondoáduar kumabúr koangwan obíro kángo_
                         übermorgen
   _koanongwan nidetim kwarumacha wáwiro
   nyóchaneno wadióngo kwanángwan kenyasai
   angokwatam kwanángwan kwabiropájo
   oromékare wárito daladék etim nichim_
                                  Elephanten
   _odwaró wagójo ajyét odómuga kwadalyej
   korwaduogo_.

             Gehen wir jagen um etwas zu erlegen.
             Wenn wir nichts bekommen kehren wir
             um. Es ist ein Wild im Busch. Wenn
             wir erlegt haben, werden wir müde sein,
             sei gegrüsst (wir lagern). Morgen gehen
             wir dann wieder suchen; wir suchen
             weit, wenn wir erlegen, werden wir zurückkehren,
             wenn nicht werden wir im
             Busch schlafen, übermorgen kehren wir
             um. Vorgestern haben wir nichts erlegt,
             obwohl wir vier Tage schliefen. Gott
             wird geben. Wenn wir erlegen kehren
             wir heim. Schluss. Wir warten drei Tage
             im Busch, morgens schiessen sie ein Nashorn,
             einen Büffel, einen Elephanten, wir
             kehren heim.

   _Utikóbiro kurupénjo aj watikónego_
                                  Kürbis
   _durutim nobetepácho uchám kwa kodómboga
   uakérolingo udurukado jomofobed pacho
   ojomalyeg okerolingo nyassai chinyotang
   únwan._

             Wir haben erlegt, fragt ihr uns darüber
             aus? Wir haben Wild erlegt, es
             liegt im Busch, bleibt ihr im Dorf? Ihr
             esst nur Brei und Kürbis, wir haben
             Fleisch gebracht. Jetzt wollt ihr Fleischspeisen?
             Ihr Narren bleibt im Dorf. Wir
             sind Verständige, wir haben Wild erlegt,
             Gott hat es gegeben.


Sprache unbekannter Zugehörigkeit.

•Kisandawi• (die Schnalzlaute durch ! ausgedrückt).

1 _tzeχe_, 2 _kisoχe_, 3 _somekeχ_, 4 _hakaχ_, 5 _kwanaχ_, 6
_dandatzeχe_, 7 _dandakisoχe_, 8 _dandasomekeχ_, 9 _dandahakaχ_, 10
_dandakum_, 11 _dandakum na tzeχe_, 20 _kumi kisoχe_.

   _! motho tzeχe_

   _! motho kisoχe_

   _! motho mantha_

   _tamisi deīa_

   _tzā tză tzewa_

   _etzā tză evatze_

   _! methe ala thawe_

   _! methe ala χa_

   _! methe lathména ziduguy_

   _tzagu kuninkui kuχanté ematza_

   _tzahe hui_

   _tzavete koχanté_

   _taki matza tzētzē_

             ein Mann.

             zwei Männer.

             der Mann isst.

             viele Frauen (tamisi Frau).

             die Ziege trinkt Wasser.

             ich gebe der Ziege zu trinken.

             dieser Mann ist gut.

             dieser Mann ist schlecht.

             der Mann liebt seinen Bruder.

             ich koche Essen und esse.

             wer ist der Besitzer dieser Ziege?

             ich will essen.

             ich werde nur Wasser trinken.

   _Tzekana, siki kisusu sumkisunze tza
   kuna !ti tazanunga !ti tamezu mkula
   niunatikā pumatzā sokia pera esotō moko
   putumane suzaga tzunga !ti ngoko
   putumane !akun !aku._

             Wir gingen zwei Mann, drei Mann,
             wir kehrten zurück. Ich sah die Frau.
             Ich bin zurückgekehrt, ich esse; die
             Kinder sind gesund. Wir mahlen Getreide,
             Du bist zurückgekehrt.

   _Tzougwa !ninkho é !aunoχe tzekatzoχe
   ninkha kwaw zektzoñg a !ti !oχẽ._

             Ich schoss einen Büffel in der Steppe,
             ich bringe das Fleisch ich komme in
             das Dorf.

   _!ni_

   _!anoχe_

   _tzekatzoχe_

             Wild.

             tragen.

             komme von der Wildniss.

   ziehen aus  treffen  zusammen
   _Hangawni  angi  !senoni hangkuni_
           sie kämpfen sie fliehen
   _!aki  hungihoma   tangimuo   tangikwa_
   wir sind geschlagen.
   _bagribe gribá_.


             Wir ziehen aus, treffen (mit dem

             Gegner) zusammen. Sie kämpfen, sie

             fliehen. Wir sind geschlagen worden.

   _Tzakon !o kambógo kótoa erénde_
                       Holz
   _!nin kwewesa ewe wákwa kwi !oa (evesi-i)_
     Feuer  anmachen        satt sein
   _!inkwe !kewe (evesi-i) niñgatas !eve_
                                             Brei
   _niñgatasa eve tzake !ninke venuage χanté_
    Kochlöffel                       Untergang
   _mekentoge !ame (evesi-i) asisun twea_
                        ausziehen
   _(evesi-i) neea aki verona niō veronii_
                    Lager
   _!ima povereñg kambero !nati ataka_
   gehen wir heim
   _tzágnuni ankong tzakon !oe_.

             Wir machen einen Zaun. Jetzt macht
             Feuer um zu schlafen. Bringt Holz
             (_kwa_) wir sind satt, der Topf ist am
             Feuer. Kocht Brei mit dem Kochlöffel;
             (_mekento_) die Sonne geht unter.

   _!anko evesse vakwa mosobi-i ngwa
   hukwa !!sou vesi-i !mesetzo !!se tankigo
   giriba na giribā !akun !nati nuku χanté
   omantzaa tameze o aχanté omantzā a
   !tamego a !tamo_. --

             Wir kämpfen, wir haben einen Mann
             getödtet. Er ist durch den Pfeil (_sobii_)
             verwundet. Wir bringen ihn, aber er
             ist krank. Wir sind geworfen, verfolgt
             worden. Weiber kocht Essen. Wir
             sind satt, gehen wir nach unseren Gefährten
             und sehen, vielleicht ist einer
             verwundet.

   _Osano nange henakono osanon !ē
   tamezuχ sē !neapo tzakonotu._

             Wir haben geackert. Wir gehen
             mit den Weibern. Gehen wir hinaus
             arbeiten.



VIII. Mannschaft der Massai-Expedition.


 --------------------+-----------+-------------+-----------------------
       =Name=        |  Ort der  |    Rang     | Anmerkung
                     | Anwerbung |             |
 --------------------+-----------+-------------+-----------------------
 Mzimba bin Omari[38]| Pangani   |1. Mnyapara  |
                     |           |             |
 Mkamba              |    "      |2. Mnyapara  |
                     |           |             |
 Bakari bin Mfawme   | Mtangata  |  Massai-    | † Am 18. 9. 92 in
   (Kiburdangop)     |           |  Dolmetsch  |    Urundi gefallen.
                     |           |             |
 Hailala wadi Baruti | Sansibar  |Swahíli      |
                     |           | -Ombascha   |
                     |           |             |
 Bahid Mohamed       | Massaua   |  Sudanesen- | † Am 3. 3. 92 in
                     |           |  Ombascha   |    Umbugwe gefallen
                     |           |             |
 Surur Hashim        |    "      |Sudan.-Soldat| † Am 3. 3. 92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Mohamed Ismaïl      |    "      |     "       | † Am 3. 3. 92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Surur Mohamed       |    "      |     "       | † Am 3. 3. 92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Mohamed Adam        |    "      |     "       | † Am 3. 3. 92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Faraj Saïd          |    "      |     "       | † Am 21. 5. 92 in
                     |           |             |    Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Mohamed Seliman     |    "      |     "       |   Am 1. 8.92 in
                     |           |             |    Mwansa entl.
                     |           |             |
 Hassan Adaw         |    "      |     "       | † Am 21. 5. 92 in
                     |           |             |    Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Rahmed Alah         |    "      |     "       |   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Saïd Hadj           |    "      |     "       |   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Faraj Mohamed       |    "      |     "       |   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Beshir Ali          |    "      |     "       |   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Adam Mohamed        |  Massaua  |Sudan.-Soldat|   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Faraj Abdallah      |   Aden    |    "        | † Am 13. 11. 92 in
                     |           |             |    Uha.
                     |           |             |
 Abdallah Rhanim     |     "     |       "     |   Am 1. 8. 92 in
                     |           |             |    Mwansa entlassen.
                     |           |             |
 Mohamed Sala        |     "     | Arabischer  |   Am 1. 5. 92 in
                     |           |Kameeltreiber|    Katoto entlassen.
                     |           |             |
 Hamis bin Jumah     | Bagamoyo  | Swahíli-    |   Am 1. 8. 92 in
 had. Balossi        |           |  Askari     |    Mwansa entlassen.
                     |           |  und Koch   |
                     |           |             |
 Mzee bin Jumah      |   Tanga   | Swahíli-    |
                     |           |  Askari     |
                     |           |  u. Schuster|
                     |           |             |
 Muhariso bin        |     "     | Swahíli-    |
 Mwamsema            |           |  Askari     |
                     |           |             |
 Munyipembe bin      |     "     | Swahíli-    |
 Mkassi              |           |  Askari und |
                     |           |  Schneider  |
                     |           |             |
 Shaha wadi          |     "     | Swahíli-    |
 Kingaru             |           |  Askari     |
                     |           |             |
 Kihara wadi         |     "     |       "     | † Am 7.11.92 in
 Mwamba[38]          |           |             |    Tabora.
                     |           |             |
 Hassani Bedui[38]   |     "     |       "     |   Am 1.11.92 in Tabora
                     |           |             |    krank entlassen.
                     |           |             |
 Mwalim bin          |     "     | Swahíli-    |
 Kivuma              |           |  Askari und |
                     |           |  Schreiber  |
                     |           |             |
 Kipishi wadi        | Mtangata  | Swahíli-    | † Am 21. 5. 92 in
 Bakari              |           |  Askari und |    Mugango gefallen.
                     |           |  Fahnentr.  |
                     |           |             |
 Kiroboto bin        |  Tanga    | Swahíli-    |
 Abdallah            |           |  Askari     |
                     |           |             |
 Hamisi hadim        |     "     |       "     |
 Mirari[38]          |           |             |
                     |           |             |
 Munyishomari        | Bagamoyo  |       "     | † Am 21. 5. 92 in
 wadi Abdallah[38]   |           |             |    Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Kibwana wadi        |     "     |       "     |
 Sefu[38]            |           |             |
                     |           |             |
 Sudi wadi           |     "     |       "     |
 Jumah[38]           |           |             |
                     |           |             |
 Hassani bin         | Mtangata  | Swahíli-    |
 Munyichande         |           |  Askari und |
                     |           |  Fahnentr.  |
                     |           |             |
 Sadiki wadi         |  Tanga    | Swahíli-    | † Am 21. 5. 92 in
 Farajallah          |           |  Askari     |    Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Kisessa             |     "     |       "     | † Am 29. 1. 93 in
                     |           |             |    Umbugwe.
 Bakari wadi         |     "     |       "     |
 Juko                |           |             |
                     |           |             |
 Munyibakari         |     "     |       "     |
 wadi Mwishan        |           |             |
                     |           |             |
 Muharizo bin        |     "     |       "     |
 Mwamgeni            |           |             |
                     |           |             |
 Athmani bin         | Pangani   | Ruga-Ruga   |
 Jumah               |           |             |
                     |           |             |
 Saïdi wadi Munyibegu| Bagamoyo  | Ruga-Ruga   |
                     |           |             |
 Munyishomari wadi   |    "      |     "       |
 Makussi[38]         |           |             |
                     |           |             |
 Faraji wadi Homani  |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Kibange             |    "      |     "       |
 wadi Munyijumah     |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah bin Athman |  Tanga    |     "       |
                     |           |             |
 Hamisi Mzee         |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Mabruki Wadudu[38]  | Pangani   |     "       |
                     |           |             |
 Swedi wadi Bin Issa |    "      |     "       | † Am 23. 11. 92 in
                     |           |             |  Tambarale gefallen.
                     |           |             |
 Athmani wadi Salim  |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Abdallah bin Athman |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Mwalim wadi Kombo   |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Mahamadi            |    "      |     "       |
 hadim Munyiheri     |           |             |
                     |           |             |
 Kirubi              |    "      |     "       |
 hadim Munyiheri     |           |             |
                     |           |             |
 Mambokumi           |    "      |     "       |
 hadim Munyiheri     |           |             |
                     |           |             |
 Abedi               |    "      |     "       |
 wadi Munyiheri      |           |             |
                     |           |             |
 Mabruki             | Sansibar  |     "       |
 hadim Bedui[38]     |           |             |
                     |           |             |
 Mabruki bin Nasor   | Pangani   |     "       |
                     |           |             |
 Ambari wadi Mirongo |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Mabruki             |    "      |     "       |
 hadim Munyiheri     |           |             |
                     |           |             |
 Ferusi wadi Omari   |    "      |     "       |
                     |           |             |
 Fundi Hamis         |    "      |     "       |
 hadim Salim         |           |             |
                     |           |             |
 Kombo bin Uledi     |  Tanga    | Ruga-Ruga   |
  (Jabu)             |           |  und        |
                     |           |Büchsenmacher|
                     |           |             |
 Rajabu bin Nasibu   |    "      | Ruga-Ruga   |
                     |           |             |
 Marijani            |    "      |     "       |
 hadim Bushiri       |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah            | Pangani   | Ruga-Ruga   |
 bin Mohamadi        |           |  und Hirt   |
                     |           |             |
 Elmoruo Ndaikai     | Aruscha   | Aeltester   | Im Dezember 92 in
                     |           | der Massai- |  Irangi entlassen.
                     |           |     hirten  |
                     |           |             |
 Nubi Fereji         | Bagamoyo  |  Träger     | Am 15. 11. 92 in
                     |           |             |  Tabora entlassen.
                     |           |             |
 Mondogwa wadi Beri  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Hassani bin Ali     |    "      |    "        | Am 3.11.92 in Urambo
                     |           |             |   krank entlassen.
                     |           |             |
 Bilali wadi Mangara |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Twansapi            |    "      |    "        |
 bin Majaliwa        |           |             |
                     |           |             |
 Munyipembe wadi     | Bagamoyo  |  Träger     | Am 1. 5. 92 in Katoto
   Munyijumah        |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Munyishomari wadi   |     "     |    "        | Am 1. 5. 92 in Katoto
   Bakali.           |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Abdallah wadi       |     "     |    "        | Am 1. 8. 92 in Mwansa
   Kambwa            |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Munyimbwana wadi    |     "     |    "        |
   Munyimvua         |           |             |
                     |           |             |
 Munyikondo wadi     |     "     |    "        | † Am 30. 3. 92 im
   Munyiamani        |           |             |     Massailand.
                     |           |             |
 Munyishomari wadi   |     "     |    "        |
   Abdallah          |           |             |
                     |           |             |
 Saïdi wadi Hamis    |     "     |    "        | † Am 30. 3. 92 im
                     |           |             |     Massailand.
                     |           |             |
 Munyikombo wadi     |     "     |    "        |
   Kambwa.           |           |             |
                     |           |             |
 Munyijumah wadi     |     "     |    "        | Am 1.5.92 in Katoto
   Munyigoha         |           |             |      entlassen.
                     |           |             |
 Munyikondo wadi     |     "     |    "        | Am 1.8.92 in Mwansa
   Mbakana           |           |             |      entlassen.
                     |           |             |
 Bakari wadi Hatibu  |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Mfawme wadi Kambwa  |     "     |    "        | Am 7.11.92 in Tabora
                     |           |             |      krank entlassen.
                     |           |             |
 Sefu bin Abdallah   |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Wingu wadi Zoka     |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Mwalim wadi Chanzi  |     "     |    "        | Am 1.2.93 in Umbugwe
                     |           |             |     krank entlassen.
                     |           |             |
 Salehe wadi         |     "     |    "        | † Am 21.5.92 in
   Munyigoha         |           |             |     Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Madenge wadi Kambwa |     "     |    "        | † Am 30. 3. 92 im
                     |           |             |     Massailand.
                     |           |             |
 Munyihamis wadi     |     "     |    "        |
   Fuguta            |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah wadi       |     "     |    "        | Am 1.5.92 in Katoto
   Seliman           |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Ramazani wadi       |     "     |    "        |
   Munyimkuu         |           |             |
                     |           |             |
 Mkayanina Kafuko    |     "     |    "        |
   (Mnyamwesi)       |           |             |
                     |           |             |
 Sefu bin Munyichande|     "     |    "        |
                     |           |             |
 Msa bin Hamis       |     "     |    "        | Am 1.5.92 in Katoto
                     |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Mlele wadi          |  Sadani   |    "        |
   Munyisongo        |           |             |
                     |           |             |
 Munyikondo wadi     | Bagamoyo  |    "        | Am 1.8.92 in Mwansa
   Mhunzi            |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Mabruki wadi Salim  |  Tanga    |    "        |
                     |           |             |
 Mfawme wadi Sahera  |    "      |    "        | † Am 3.3.92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Mlondwa wadi Gengeni|    "      |    "        | Am 1.5.92 in Katoto
                     |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Mabruki Baraka      |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Jumah wadi Hamis    |  Tanga    | Träger      |
                     |           |             |
 Jumah Kombo         |    "      |   "         | † Am 3. 3. 92 in
   (Vindoshi)        |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Bilali wadi Seliman |    "      |   "         | Am 1.8.92 in Mwansa
                     |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Baruani bin Marika  |  Pangani  |   "         | † Im Januar 93 in
                     |           |             |     Irangi.
                     |           |             |
 Sadala wadi Hamis   |    "      |   "         | † Am 10. 8. 92
                     |           |             |     vermisst.
                     |           |             |
 Ali bin Omari       |    "      |   "         | Am 1. 8. 92 in Mwansa
                     |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Adimas wadi Bakari  |    "      |   "         |
                     |           |             |
 Jumah bin Saburi    |    "      |   "         |
                     |           |             |
 Munyichande wadi    |    "      |   "         |
   Akili             |           |             |
                     |           |             |
 Jumah hadim         |    "      |   "         | Am 15.12.92 in Ussure
   Mwangombe         |           |             |     krank entlassen.
                     |           |             |
 Mabruki hadim Baraka|    "      |   "         | † Am 3.3.92 in Umbugwe
                     |           |             |     gefallen.
                     |           |             |
 Manalla hadim       |    "      |    "        | † Am 23. 11. 92 in
   Munyiheri         |           |             |     Tambarale gefallen.
                     |           |             |
 Abdallah hadim      |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Maftaa hadim        |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Saliboko hadim      |    "      |    "        | Am 1. 8. 92 in Mwansa
   Munyiheri         |           |             |     entlassen.
                     |           |             |
 Baruti hadim        |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Saburi hadim        |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Mwalim wadi Mtego   |    "      |    "        | † Am 9. 4. 92 in Ikiju.
                     |           |             |
 Abdallah bin        |    "      |    "        | † Am 3.3.92 in Umbugwe
   Munyihali         |           |             |     gefallen.
                     |           |             |
 Hamis wadi Msabaha  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Maliabwana hadim    |    "      |    "        |
   Svadundu          |           |             |
                     |           |             |
 Maftaa Miembeni     |    "      |    "        |
   hadim Munyiheri   |           |             |
                     |           |             |
 Kahururo hadim      |    "      |    "        | Am 1. 11. 92 in Tabora
   Munyiheri         |           |             |     krank entlassen.
                     |           |             |
 Hamis wadi Munyiheri|    "      |    "        |
                     |           |             |
 Borafya hadim       |    "      |    "        | † Am 21. 5. 92 in
   Munyiheri         |           |             |    Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Mgeri hadim         |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Katilfil hadim      |    "      |    "        |
   Munyikombo        |           |             |
                     |           |             |
 Yakud hadim         |    "      |    "        |
   Munyikombo        |           |             |
                     |           |             |
 Hamisi wadi Omari   |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Maftaa wadi Ali bin |    "      |    "        |
   Omari             |           |             |
                     |           |             |
 Makusudi hadim      |   Pangani | Träger      | Am 1. 10. 92 in Usige
   Munyiheri         |           |             |     krank entlassen.
                     |           |             |
 Abdallah wadi       |      "    |    "        |
   Karamba           |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah hadim Bwana|      "    |    "        |
   Munyishehe        |           |             |
                     |           |             |
 Marijani had. Bwana |      "    |    "        |
   Munyishehe        |           |             |
                     |           |             |
 Ruveva hadim Mamdera|      "    |    "        |
                     |           |             |
 Mganga hadim Mamdera|      "    |    "        |
                     |           |             |
 Muya hadim Mamdera  |      "    |    "        |
                     |           |             |
 Pita wadi Mbwana    |   Tanga   |    "        |
                     |           |             |
 Johann wadi Muhando |      "    |    "        | † Am 3. 3. 92 in
                     |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Mwalim bin Sejuma   |      "    |    "        | † Am 5. 12. 92 in
   (Kibudu)          |           |             |     Sunguisi.
                     |           |             |
 Sadi wadi Uledi     |      "    |    "        | † Am 7. 3. 92 in
                     |           |             |     Umbugwe.
                     |           |             |
 Maftaha wadi        |      "    |    "        |
   Munyibakari       |           |             |
                     |           |             |
 Tafifa wadi Bakari  |  Mtangata |    "        |
                     |           |             |
 Maftaha wadi Bakari |      "    |    "        |
                     |           |             |
 Majaliwa wadi Bakari|      "    |    "        | Am 1. 8. 92 in Mwansa
                     |           |             |  entlassen.
                     |           |             |
 Toakadi wadi Bakari |      "    |    "        | Am 16.12.92 in Ussure
                     |           |             |  krank entlassen.
                     |           |             |
 Nasiri wadi Shech   |   Tanga   |    "        |
                     |           |             |
 Sherif bin Mpuna    |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Hassani bin Abdallah|     "     |    "        | Am 1. 1. 93 in Irangi
                     |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Ngapi bin Mkono     |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Koya bin Sui        |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Kassim bin Sui      |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Tossa bin Tandala   |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Mfunguu hadim Nuru  |     "     |    "        | † Am 1. 3. 92 in der
                     |           |             |     Massaisteppe.
                     |           |             |
 Seraji hadim        |     "     |    "        |
   Munyihamis        |           |             |
                     |           |             |
 Fathili bin Kibwengo|     "     |    "        |
                     |           |             |
 Mabruki bin Abed    |     "     |    "        | Am 1. 12. 92 in
                     |           |             |    Sunguisi entlassen.
                     |           |             |
 Munyimwaka bin      |     "     |    "        | † Am 6.4.92 in Usenye.
   Munyikondo        |           |             |
                     |           |             |
 Mfumbo bin Majogo   |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Mardadi bin Majogo  |     "     |    "        |
                     |           |             |
 Maftaha hadim       |     "     |    "        |
   Mwalim Kombo      |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah wadi Athman|     "     |    "        | Am 22. 12. 92 in
                     |           |             |   Unyanganyi
                     |           |             |   krank entlassen.
                     |           |             |
 Kibange hadim       |     "     |    "        |
   Munyichande       |           |             |
                     |           |             |
 Selimani hadim      | Pangani   | Träger      |
   Mtunguru          |           |             |
                     |           |             |
 Abdallah hadim      |    "      |    "        |
   Mtunguru          |           |             |
                     |           |             |
 Farhani hadim Mambo |    "      |    "        |
   Sassa             |           |             |
                     |           |             |
 Faraji hadim Mambo  |    "      |    "        |
   Sassa             |           |             |
                     |           |             |
 Pemba wadi          |    "      |    "        |
   Munyijumah        |           |             |
                     |           |             |
 Mamisi hadim        |    "      |    "        |
   Munyiheri         |           |             |
                     |           |             |
 Msa hadim Seyid     |  Tanga    |    "        | Am 1. 8. 92 in Mwansa
                     |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Munyishomari wadi   |    "      |    "        | Am 1. 8. 92 in Mwansa
   Hassan            |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Ramadani hadim Seyid|    "      |    "        | Am 1. 5. 92 in Katoto
                     |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Maftaa hadim Seyid  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Borafya hadim Seyid |    "      |    "        | Am 19. 11. 92 in Uyui
                     |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Msembuyu hadim Seyid|  Tanga    |    "        |
                     |           |             |
 Tua Munyikombo      | Mtangata  |    "        | † Am 24. 3. 92
                     |           |             |     in Massailand.
 Ucheche wadi Mgenya |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Sudi bin Mirari[38] |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Hetiari bin         |    "      |    "        | † Am 21. 5. 92 in
   Shahongwe         |           |             |     Mugango gefallen.
                     |           |             |
 Simba hadim Hassan  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Mambo hadim Hassan  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Jumah hadim Hassan  |    "      |    "        | † Am 31. 3. 92
                     |           |             |     in Massailand.
 Munyidadi bin Bori  |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Baraka hadim Toba   |    "      |    "        | † Am 4. 3. 92 in
   bin Divani        |           |             |    Umbugwe gefallen.
                     |           |             |
 Omari bin           |    "      |    "        |
   Munyishummu       |           |             |
                     |           |             |
 Sudi hadim Massudi  |  Tanga    |    "        | † Im Novbr. 92
                     |           |             |     in Urambo.
                     |           |             |
 Ajali hadim Mbaruku |  Tanga    |    "        | † Am 9. 7. 92
                     |           |             |     in Meatu.
                     |           |             |
 Sahera hadim        |    "      |    "        | Am 1. 5. 92 in Katoto
   Mwendakumbe       |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Awale hadim Renu    |    "      |    "        |
                     |           |             |
 Sahera bin Jumah    |    "      |    "        | Am 1. 5. 92 in Katoto
                     |           |             |   entlassen.
                     |           |             |
 Alimassi wadi       |           |             |
   Mgungurugwa       |           |             |
   (Munyiamani)      | Pangani   | Trommler    |
                     |           |             |
 Kopwe               |  Tanga    | Hornist     |
                     |           |             |
 Mohamadi bin Hassan |  Mwansa   | Diener      |

 [38] Hat schon frühere Reisen des Verfassers mitgemacht.

Ausser den Genannten, dem Stande der Expedition angehörigen Leuten,
hielten sich stets zahlreiche Freiwillige (Elephantenjäger und
Wanyamwesi) bei derselben auf. Der Lohn war

      für den 1. Mnyapara           Rps. 25
       "   "  2. Mnyapara            "   16
       "   "  Massai-Dolmetsch       "   25
       "   "  Sudanesen-Ombascha     "   16
       "   "  Swahíli-Ombascha       "   16
       "  die Sudanesen-Soldaten     "   15
       "   "  Swahíli-Soldaten       "   12
       "   "  Ruga-Ruga und Träger   "   10 per Mann und Monat.

Ausserdem hatte jeder Mann Anspruch auf Verpflegung in natura und
erhielt auf Verlangen Vorschuss in Tauschwaaren, so weit der Vorrath
reichte. Vorschüsse in Zeug wurden den Leuten berechnet

      am Kilimanjaro die Gora Merikani Bombay   Rps. 10
      in Irangi       "   "      "        "      "   10
      "  Tabora       "   "      "        "      "   10
      am Victoria-See "   "      "        "      "   18
      "  Tanganyika   "   "      "        "      "   22

Vorschüsse in anderen Zeugarten wurden im Verhältniss zu diesen
Sätzen ausgegeben, welche dem Landesgebrauch entsprachen und die
Leute vollkommen zufriedenstellten.

Die Gesammtkosten der Expedition beliefen sich auf rund Mk. 80000.



INDEX.


   A.

   Ackerbau 184, 247 ff, 250.
   -- der Wafiomi 177.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Waschaschi 198.
   -- der Watussi 206.
   -- der Wasinja 211.
   -- der Waha 226.
   -- der Wanyamwesi 231.
   Aderlassen 160, 171, 207.
   Ahnenkult 187.
   -- bei Wassandaui 193.
   -- der Warundi 223.
   Akanyaru 77, 82, 83, 152.
   Alexandra-Nil s. Kagera.
   Alexandra-Nyansa 152.
   Alexandra-See siehe Akanyaru.
   Ali bin Nasor 105, 112.
   Amboni 9, 13.
   Araber 112, 113.
   Arachis 55, 198, siehe auch Kulturpflanzen.
   Aristoteles 150.
   Armring der Warundi 77, 218.
   Aruscha 16, 241.
   Askari 6.
   --, Brauchbarkeit der 54.
   Augusta-Inseln 46.
   Ausrüstung 2.


   B.

   Bagamoyo-Leute 125.
   Bahid Mohamed 7, 23.
   Bakari 88.
   Bakari bin Mfawme siehe Kiburdangop.
   Bakari Juku 28, 57.
   Bakari Rumaliza's 93, 94.
   Balanga 167.
   Balangda-See 121, 138, 172.
   Bambus 219.
   Banane 219, siehe auch Kulturpflanzen.
   Barabeïda 121.
   Bari 194.
   Baridi 142.
   Batwa siehe Watwa.
   Baumann-Golf 51, 143, 199, 208.
   Baumdorf 99.
   Baumwohnungen 189.
   Baumwolle 66, 251.
   Baumwollzeug 252.
   -- der Wanyamwesi 229, 232.
   Bayuta 168.
   Begräbniss 190.
   -- bei Massai 163.
   -- in Umbugwe 187.
   -- bei Wanyamwesi 236.
   -- bei Warundi 222, 223.
   -- bei Wassandaui 193.
   Beile der Wasinja 212.
   Bemalung 159.
   Benne-Berg 19, 134.
   Bergkrystall 188.
   Beschneidung 159, 161, 172, 178, 182, 186,
                189, 190, 204, 216, 228.
   -- bei Waschaschi 197.
   -- bei Wassandaui 193.
   -- der Wataturu 171.
   Bespeien 165, 188.
   Bevölkerungsdichtigkeit 248.
   Bienen 226. s. Honig.
   Blatt, Steuermann 69.
   Blonder Massai 19.
   Bogen 178, 185, 190.
   -- der Waha 226.
   -- der Wandorobo 167.
   -- der Wanyamwesi 232.
   -- der Warundi 220.
   -- der Waschaschi 202.
   -- der Wasinja 24.
   -- der Wassandaui 192.
   -- der Wataturu 171.
   Brariga 168.
   Brugsch 149.
   Bubu 112, 121, 137.
   Buiti 13.
   Bukindo 47.
   Bukoba 75.
   Bukome 73.
   Bukumbi-Bai 143.
   Burton 151, 227.
   Burunge 181.
   Buschiri 105, 127.
   Buschora 110.
   Busirayombo 73.
   Butimba 46.
   Bülow, Frhr. v., 13.
   Bweni 127.
   Bwenyi am Nyansa 15, 50.


   C.

   Caesalpinen 154.
   Citronen 102.
   Conchilien, Manyara 136.


   D.

   Daluni 13.
   Dattelpalme 113.
   Demera 90.
   Dietert 128.
   Digoland 13.
   Diodor 150.
   Dudumo 66.
   Dümichen 150.
   Duvai 35, 142.


   E.

   Egypter, alte 149.
   Eingeborene, Behandlung der 97, 108.
   Einwanderer, eingeborene 253.
   Einwanderung, europäische 254.
   --, farbige 254.
   Einwohnerzahl 248.
   Eisen 178, 186, 247.
   Eisenbahn 254 ff.
   Eisenindustrie 232.
   -- der Wasinja 211.
   Elephantenjagd 243.
   Elephantenjäger 25, siehe auch Makua.
   Elfenbein 241, 243 ff.
   Elkonono 158, 161, 168.
   El Muti 19.
   Elmarau 37, 38, 197.
   -- Weg nach 28.
   Elmoran 161.
   Elmoruo 162.
   Emin Pascha-Golf 72, 143.
   Erbsen 206, siehe auch Kulturpflanzen.
   Erdesserei 222.
   Erdställe 120, 176.
   Esel 8, 10, 28, 160, 183, 251.
   Eyassi-See 34, 63, 139.


   F.

   Fallen 177.
   Faraj Abdallah 99.
   Felsterassen 152.
   Ficus 218, 219.
   Figur, Holz- 214.
   --, menschliche, bei Wasukuma 236.
   Fingerring bei Waschaschi 198.
   Fische 144.
   Fischen am Tanganyika 94.
   Fischer, Baron 69.
   --, Dr. 30, 112, 135, 141, 157.
   Fischerei der Wasinja 210.
   Fischfang bei Waschaschi 198.
   -- der Wataturu 171.
   Fliegen, Stech- 28, 31.
   Flusspferd 140, 143.
   Fulbe 195.


   G.

   Galla 204, 205.
   Gamrit 168.
   Ganso Kulu 89.
   Geburt 161, 190.
   -- bei Wanyamwesi 235.
   -- bei Warundi 221.
   -- bei Wataturu 172.
   Gefässe 178.
   Gefecht bei Tambarale 106.
   -- in Mugango 52.
   -- in Ruanda 85.
   -- in Turu 111.
   -- in Uassi 115.
   -- in Ukara 49.
   -- in Umbugwe 23.
   -- mit Massai 27, 35.
   -- mit Wasukuma 60.
   -- mit Watussi 88, 97.
   Gefechtsweise in Afrika 97.
   Geier 123.
   Gemmer 108.
   Geologie 139 ff.
   -- von Unyamwesi 142.
   -- von Urundi 154.
   Geophagie 222.
   Geräthe der Warundi 219.
   -- der Waschaschi 200.
   Gidamudiga 172.
   Glasperlen 229.
   Gombelo 13.
   Graben, centralafrikanischer 153.
   --, grosser, ostafrikanischer 135 ff.
   --, Wembere- 139.
   Granaten 102, 178.
   Grant 147.
   Grumeti 141.
   -- -Bach 39.
   Gruss der Massai 165.
   -- der Warundi 224.
   -- der Wasinja 214.
   Guayaven 102.
   Gummi arabicum 247.
   Gurui 121.
   -- -Berg 34, 110, 138.
   Gurus 168.
   Gutaha 82.
   Gwandu 175.


   H.

   Haare der Massai 158.
   -- der Wafiomi 174.
   -- der Wataturu 170.
   -- der Watussi 204.
   Haartracht 182, 192.
   -- der Wanyamwesi 229.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Warundi 216.
   -- der Waschaschi 197.
   -- der Wasinja 209.
   Hacken 184, 211, 219.
   -- der Wanyaturu 190.
   -- mit Holzklinge der Wakara 200.
   Hailala wadi Baruti 7.
   Hakahai 46.
   Hamadi 70.
   Hamiten 174, 203, 238.
   --, Abkunft der 194, 195.
   Handel 186, 240 ff.
   -- der Waha 227.
   -- der Wataturu 172.
   Handelsweg nach Schaschi 59.
   Hanf 198, 231.
   Hautfarbe der Massai 158.
   -- der Wambugwe 181.
   -- der Wanyamwesi 228.
   -- der Wataturu 169.
   -- der Watussi 205.
   Häuser, Bau von 179.
   Heirath bei Wafiomi 178.
   -- bei Wanyamwesi 235.
   -- bei Warundi 221.
   -- bei Wassandaui 193.
   -- der Massai 162.
   -- der Wanyaturu 190.

   -- der Wataturu 172.
   -- in Umbugwe 186.
   Heisse Quelle am Manyara 27, 136.
   -- bei Ruwenga 153.
   Herodot 150.
   Hindi 57.
   Hofmann, Feldwebel 45.
   Hongo 74.
   Honig 177, 211, 219.
   Höhlenbauten 189.
   Höhlenwohnungen  176, 177.
   Höhnel, v., 167, 187.
   Hassan, Egypter 75.
   Hassani bin Munyichande 53.
   Hunde 184, 211, 219.
   Hungersnoth 160, 250.
   -- der Massai 165.
   Hühner 231.
   Hütten der Wafiomi 175.
   -- der Waha 225.
   -- der Wambugwe 182.
   -- der Wandorobo 167.
   -- der Wanyamwesi 229.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Warundi 99, 218.
   -- der Waschaschi 200.
   -- der Wasinja 210.
   -- der Wassandaui 192.
   -- der Wataturu 171.
   -- der Watussi 206.


   I.

   Igombe 104.
   -- -Bach 102.
   Igonda-Wasserlöcher 111.
   Igruivi s. Gurui.
   Igulya 63.
   Ikiju 40, 142.
   Ikoma 59, 197.
   -- s. Elmarau.
   Imbo 91.
   Import 242, 252.
   Inkey, von 3, 15.
   Intaganda 82.
   Iraku 118, 119, 137, 140, 169, 249.
   Iramba 139.
   Irangala 73, 144, 208.
   Irangi 112, 114, 242, 249.
   Irera 51.
   Issansu 139.
   Itandulu 109.
   Itanga 101.
   Iwanda 100.


   J.

   Jagd 183, 192, s. Wild.
   -- der Wafiomi 177.
   -- der Wandorobo 168.


   K.

   Kaditi 54.
   Käferflügelschmuck 198.
   Kaerua 13.
   Kaffee 251.
   Kagera-Nil 78, 88, 145 ff.
   Kalebassen 184, 185.
   Kalk 134, 136, 138, 142.
   Kambagafluss 14.
   Kameele 2, 30.
   Kamassia 174, 194.
   Kanus 44.
   -- der Warundi 218.
   Kaponora 76.
   Kapokora 94.
   Karawanenhandel 241 ff.
   -- der Wanyamwesi 232.
   Karawanenleben 9.
   Karawanenstrassen 102.
   Kassussura 73, 74, 209, 236.
   Katoto 41, 42, 43.
   Katzen 184.
   Kautschuk 247.
   Kavirondo 241.
   Kazeh 243.
   Keule der Massai 161.
   Kibibi 2, 10, 70.
   Kiburdangop 5, 28, 88.
   Kigandu 242.
   Kigere 84.
   Kihara wadi Mwamba 2, 105.
   Kihemba-Bach 54.
   Kilimanjaro 15, 127.
   -- -Graben 134.
   --, Sichtbarkeit des 121.
   Kilimani-Urambo 102.
   Kimalando 165.
   Kinder, schwarze 70.
   Kindsmord 187, 235.
   Kinyarók 167.
   Kinyarók-See 135.
   Kipilipili 74, 111.
   Kipishi 9, 52.
   Kirambo 101.
   Kiro 126.
   Kiroboto 53.
   Kiruwassile 36.
   Kiniwiru 46, 142.
   Kissale, Donyo- 21.
   Kisuani 14.
   Kitangule 145.
   Kitivo 13.
   Kivululo 124.
   Kivunja, Bwana 65.
   Kiyonso 98.
   Kleidung 159, 192.
   -- der Wafiomi 174.
   -- der Waha 225.
   -- der Wakara 198.
   -- der Wambugwe 182.
   -- der Wanyamwesi 229.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Warundi 217.
   -- der Waschaschi 197.
   -- der Wasinja 209.
   -- der Wataturu 170.
   Klima 135, 140, 142, 154.
   Körbe der Wakerewe 212.
   Körperbau der Massai 158.
   -- der Wafiomi 174.
   -- der Wambugwe 181.
   -- der Wanyamwesi 228.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Warundi 216.
   -- der Waschaschi 197.
   -- der Wasinja 209.
   -- der Wassandaui 191.
   -- der Wataturu 169.
   -- der Watussi 204.
   Kondoa (Irangi) 114.
   Kongo 245.
   Kopfpolster 201.
   Kopwe 8.
   Krankheiten 159, 162, 173.
   -- der Warundi 222.
   -- in Umbugwe 187.
   Kriege der Massai 164.
   -- der Wafiomi 179.
   -- der Wambugwe 188.
   -- der Wanyamwesi 237.
   -- der Wanyaturu 191.
   -- der Wataturu 173.
   Krokodile 140, 143.
   Kühne, Feldwebel 45.
   Kulturpflanzen 177, 189, 192, 250.
   -- der Waha 226.
   -- der Wanyamwesi 231.
   -- der Warundi 219.
   -- der Waschaschi 198.
   -- der Wasinja 211.
   -- der Watussi 206.
   -- in Umbugwe 184.
   Kurasu-Insel 52.
   Kutadu 117, 186, 187.
   Kweru 48.
   Kwou 26, 120, 121.
   Kwoufluss 136.


   L.

   Lager 10, 11.
   Laibon 164.
   Langheld 43, 45, 69, 106, 253.
   Laua ya Sereri 123, 137.
   Lauth 150.
   Leder 192, 229.
   -- bei Warundi 217.
   -- bei Waschaschi 198, 202.
   --, Gerben des 184.
   -- -Kleidung 159, 170, 174.
   -- -Zeug 182.
   Leigwenan von Mutyek 29.
   Leikipya 157.
   Leilelei 27.
   Lepsius 149.
   Lgarya 136, 142.
   Litema-Berge 19, 17, 134.
   Lmorro 28.
   Lobelia 90.
   Lolduman 123.
   Löss 139.
   Lossergasch-Bach 37.
   Löwe 123.
   Löwen, Erlegung eines 59.
   Ltoroto 165, 181, siehe Umbugwe.
   Luaga 97.
   Lugard 144, 259.
   Lukonge 47, 208.
   Lukuga 98.
   Lukutu 135.
   --, Donyo- 19.
   Lumbwa 174, 194.
   Luvirosa 147.
   -- -Bach 98.


   M.

   Mabani 125.
   Mabruki, Massai 20, 35.
   --, Wadudu 9.
   Magati s. Mbaruk.
   Magu 66.
   Mais s. Kulturpflanzen.
   Maitsimba-See 121, 137.
   Majita 52, 142, 143.
   -- -Berg 47.
   Makindi 101.
   Makoma 126.
   Makua 25, 62, 64, 66.
   -- -Geschäft 243.
   --, Vertrag mit 65.
   Maligwa 126.
   Mandaro 126.
   Mangati 121, 138, 168, 249.
   Mangobäume 102.
   Mangura 110.
   Maniok s. Kulturpflanzen.
   Mannschaft der Expedition 6, 83, 124.
   Manyara 136.
   -- -See 15, 26, 28.
   Mara 141.
   -- -Fluss 56, 58.
   Maragano 109.
   Massai 18, 156 ff, 168, 173, 181, 182, 194,
              206, 238.
   --, Blonder 19.
   -- -Expedition, Ergebnisse der 128.
   --, Geburt bei den 161.
   --, Gefecht mit 35.
   --, Geräthe der 161.
   --, Gruss der 165.
   --, Haare der 158.
   -- -Heirath 162.
   --, Hungersnoth der 19, 31, 33, 34, 160,
                       165.
   --, Körperbau der 158.
   -- -Kraal 31.
   --, Krankheiten der 159.
   --, Kriege der 164.
   -- -Krieger 31.
   --, Laibon 164.
   -- -Land, Handel des 241.
   --, Mbatyan 164.
   --, Nahrung der 58.
   --, Raubzüge der 58, 160.
   --, Rechtsanschauungen 165.
   --, Religion der 163.
   --, Stämme der 158.
   -- -Steppe 134.
   --, Streifgebiet der 165.
   -- -Tod 163.
   -- -Tracht 159.
   -- -Viehzucht 160.
   --, Waffen der 161.
   --, Wanderungen der 157.
   -- -Wohnungen 160.
   --, Zukunft der 166.
   --, Zusammentreffen mit 27.
   Massaua, Sudanesen aus 2.
   Matongo 56.
   Matschwera, Insel 46.
   Mauern 200.
   Mauia 127.
   Mbaramu 14.
   Mbaravui 157, 167.
   Mbaruk 117.
   --, Makua 25.
   Mbatyan 164.
   Mbi 117, 181, 187.
   Mbusi 139.
   Meatu 61.
   Mella 135.
   Menstruation 178, 186.
   -- bei Warundi 221.
   Meri 120, 137.
   Meroë 149.
   Meyer, Dr. Hans 4, 43, 105, 127, 153.
   Mgandi 13.
   Mgera 126.
   Mhogo hadim Kivunja 95.
   Mhororo 97.
   Mirambo 104, 236.
   Mission 225.
   --, englische, in Nassa 43.
   --, --, in Urambo 102.
   --, französische 66.
   -- in Mlalo 14.
   Missosi ya Mwesi 89, 151.
   Mkamba 5, 9.
   Mlagarassi 99, 152.
   Mlalo 14.
   Mlamira 101.
   Mlewe 110.
   Mnasi 14.
   Moburu-Bach 26.
   Mohamed bin Halfan, s. Rumaliza.
   Mokota 162.
   Monemugi 150.
   Mond 163, 165.
   -- -Berge 148 ff.
   -- --, Name der 150.
   -- -Land 227.
   Moskito 46.
   Mpanda Charo 104, 236.
   Mrandirira-Berg 54.
   Mschihui 13, 14.
   Msenne 102, 234, 242.
   Msennyi 102.
   Msuávula 97.
   Mtakayko 22, 118, 187.
   Mtama s. Kulturpflanzen.
   Mtikiza 72.
   Mtimbi 102.
   Mtinginya 108, 169.
   Mtoro 112.
   Mugango 52.
   Mugitiva 86.
   Muhalala 135, 138.
   Mukivuye 82.
   Mundabi 84.
   Munyi-Hatibu 17, 57, 58.
   -- -Hemedi 61, 64.
   Munyishomari 53.
   Murchison-Nil 145.
   Musik-Instrument 190.
   -- -Instrumente 202.
   -- -- der Wanyamwesi 232.
   -- -- der Warundi 224.
   Mutyek 28, 140, 168.
   Mwalim bin Kivuma 94.
   Mwanangwa Swetu 122, 253.
   Mwana Tombolo 106, s. Tambarale.
   Mwansa 43, 44, 67, 69.
   Mwelekwanyuma s. Munyi-Hemedi.
   Mwesi 77, 80, 86, 150, 223.
   Mzee bin Jumah 69, 105.
   Mzimba bin Omari 5, 10, 69, 83, 97.


   N.

   Nafua, Insel 46. 208.
   Nahrung der Massai 161.
   -- der Wafiomi 177.
   -- der Wambugwe 184.
   Nahrung der Warundi 219, 223.
   -- der Waschaschi 199.
   -- der Wataturu 171.
   Namen, bei Warundi 221.
   Namengebung der Wambugwe  186.
   Nandi 194.
   Nashorn 21, 27, 32, 123.
   Nassa, Mission 43.
   Nata 58.
   Ndaikai, Elmoruo 15, 115.
   Ndara 106.
   Ndare Serian 157.
   Ndigira 124.
   Ndorobbo s. Wandorobo.
   Neibor murt 124.
   Neirobi 33.
   Nenge-Bach 64.
   Ngai 163.
   -- Donyo- 27.
   Ngaramaníg 167.
   Ngare dabash 40, 56, 114,
                siehe auch Marafluss.
   Ngoma 69.
   Ngoroïne 56, 142, 197.
   Ngorongoro 30, 136, 168.
   Nguru s. Unguu 125.
   Nguruman 241.
   Niasiro 39.
   Nil 78.
   Nilpferdzähne 247.
   Nilquelle 88, 89, 144 ff.
   -- bei Philä 150.
   Njemps 241.
   --, Bewohner von 158,
   Njogomo-Bach 35.
   Njoronyór 19.
   Nsige 244.
   Ntussu 61, 169.
   Nyakawanda 76.
   Nyambeïu 109.
   Nyansa-Völker 218.
   Nyarasa 139.
   Nyasambe 66.
   Nyassa-Route 245.
   Nyegesi 69.


   O.

   Ober-Aruscha 18, 28, 57, 179, 181.
   Oelpalme 91, 219, 251.
   Ohren der Watussi 204.
   Ohrschmuck 174, 182.
   -- der Wataturu 170.
   Ohrtrachten 229.
   Ohrtracht der Waschaschi 197.
   Orangi 37.
   Ornamente 185.
   -- auf Körben der Wakerewe 212.
   -- auf Krügen der Watwa 213.
   -- auf Rindenzeug 217.
   -- auf  Schilden  der Wakerewe 213.
   -- der Warundi 220, 221.


   P.

   Palmöl 251.
   Pangani 128.
   -- -Leute 124.
   Papagei, grauer 90.
   Pare-Gebirge 14, 15.
   Pare ya Baussi 15.
   Patronen 97.
   Penicillaria s. Kulturpflanzen.
   Peters, Dr. 110.
   Pfahlbauten 99.
   Pfeile s. Bogen.
   Pfeil zum Aderlassen der Rinder, Watussi- 207.
   Pfeilgift 168.
   Pfrank 128.
   Pocken 99, 250.
   Polizei in Ostafrika 8, 122.
   Pombe 200.
   Poscho 11.
   Prince 234.
   Provisionen 2.
   Ptolemäus 150.
   Puppe 226.
   Pygmäen 48. 82, 150, 194, 215, 237.


   Q.

   Quelle, heisse, am Manyara 27, 136.
   -- -- bei Ruwenga 153.


   R.

   Ranie binti Abedi s. Kibibi.
   Raschid 74.
   Ratten 101.
   Rechtsanschauungen 165.
   Rechtsgebräuche bei Wanyamwesi 235, 236.
   -- der Wafiomi 179.
   -- der Wambugwe 188.
   -- der Wanyaturu 191.
   -- der Warundi 222, 224.
   -- der Waschaschi 202.
   -- der Wasinja 214.
   -- der Wassandaui 193.
   -- der Wataturu 173.
   Reclus 145.
   Regenschirm 220.
   Regenzauber der Wambugwe 188.
   Reichard 227, 228, 235.
   Reis 251.
   Reise, Leben auf der 9.
   Reisen, das, in Ostafrika 126,
                             siehe auch Träger.
   Religion der Massai 163.
   -- der Wafiomi 179.
   -- der Wambugwe 187.
   -- der Wanyamwesi 235.
   -- der Wanyaturu 190.
   -- der Warundi 222, 223.
   -- der Wasinja 212.
   -- der Wataturu 173.
   Rhinoceros s. Nashorn.
   Ricinus 211.
   Rindenzeug 102, 220, 232.
   -- bei Wanyamwesi 229.
   -- der Waha 226.
   -- der Warundi 217.
   Rinder 100, 160, 210, 219, 226, 251.
   -- der Expedition 26.
   -- der Wambugwe 183.
   -- der Watussi 85, 206, 239.
   Rode, von 128.
   Rongafluss 19.
   Rotakwa 69.
   Ruanda 82, 84 ff, 204, 217, 224, 249.
   Ruavigimba s. Yavigimba.
   Ruayana 145, 146.
   Rubana 39, 58, 141.
   Ruder 218.
   Rudolf-See 136.
   Rückenkratzer bei Waschaschi 198.
   Ruga-Ruga 45.
   Rugedsi-Kanal 46, 143, 144.
   Ruhanda s. Ruanda.
   Ruhinda 208.
   Ruhr 21.
   Rumaliza 91, 93, 244.
   Rusengo 77.
   Rusiga 86.
   Russisi 90, 91, 153.
   Ruvensori 153.
   Ruvungu 99.
   Ruvuvu 78, 88, 146.
   Ruwenga 93, 153.


   S.

   Sagayu 66.
   Sagiro 118, 169, 173, 175.
   Saïd bin Omar 112.
   Saïd bin Sef, Lager 66.
   Salz 137, 138, 139, 172, 184, 186, 189, 246.
   -- von Uvinsa 227.
   Salzsteppe 63.
   Sambo-Berg 123.
   Sandalen 182.
   Sandfloh 72, 222.
   Sanga-Rind 206.
   Saralila 110.
   Schafe 211, 219, 231.
   Scheidung 179, 187, 190.
   Schiefergebirge, centralafrikanisches 151.
   --, ostafrikanisches 133, 136.
   Schild 172, 178, 185, 190, 192, 202.
   -- der Massai 161.
   -- der Warundi 220, 221.
   -- für Stockkämpfe der Wanyaturu 190.
   -- in Ukerewe 211.
   --, Stock- 202.
   Schleuder der Wambugwe 185.
   Schisu 48, 50.
   Schröpfen 173.
   Schweinitz, Graf 105, 145.
   Schwesinger, Dr. 105.
   Schmiede 207, 232.
   -- der Wataturu 172.
   -- der Massai siehe Elkonono.
   -- in Usinja 72, 211.
   Schmuck der Wafiomi 174.
   -- der Wanyamwesi 229.
   Schmuck der Warundi 218.
   Seliman bin Masud 105.
   Semu-Fluss 63.
   Serengeti 35, 142.
   Sesam 198.
   Sewah-Haji 3.
   Shaw 103.
   Sike 105, 107, 237.
   --, Stammtafel des 234.
   Simangori-Berg 27, 136.
   Simbiti 64, 139.
   Simityek 168, 171.
   Simiyu 37, 61, 66, 141.
   Singisa-See 111, 138, 189.
   Sklaven 179, 242.
   -- am Tanganyika 94 ff.
   Sklavenhandel 57, 58, 243, 244, 245.
   Sklaverei 187.
   -- bei Massai 164.
   -- bei Wanyamwesi 237.
   -- bei Wataturu 173.
   -- in Urundi 224.
   Sogonoi 19, 135.
   Soïebus 175.
   Sonyo 157.
   Sorghum siehe Kulturpflanzen.
   Sotik 174.
   Sprache der Wafiomi 174.
   -- der Waschaschi 196, 202.
   -- der Wasinja 210.
   -- der Wataturu 170.
   -- der Watussi 205.
   Sprachen 193.
   Speer 178, 185, 186, 190, 192.
   -- der Massai 161.
   -- der Waha 226.
   -- der Wandorobo 167.
   -- der Wanyamwesi 232.
   -- der Warundi 220.
   -- der Waschaschi 203.
   -- der Wasinja 211.
   -- der Wataturu 172.
   Speke 74, 144, 148, 207, 214, 227.
   Speke-Golf 143.
   Spring, Kapt. 46, 51.
   Stammesmarke der Wambugwe 182, 186.
   Stanley 48, 73, 76, 110, 145, 147, 148.
   Sterne, Ansichten der Massai über 163.
   Stockkämpfe 202.
   -- der Wanyaturu 191.
   Stockschild der Wanyaturu 190.
   Stokes, Mr. 45, 73, 74, 106.
   Straussfedern 247.
   Stuhlmann Dr. 73, 110, 111, 143, 144, 146,
                149, 204, 205, 208, 214, 227, 235.
   Suess 133, 136, 137.
   Sudanesensoldaten 2, 24, 125.
   Suguti 141.
   Suguti-Bach 52.
   Sunguisi 108.
   Swahíli-Soldaten 6.
   -- -Träger 124.


   T.

   Tabak 171, 178, 184, 198, 199, 219, 231,
         251.
   Tabora 104, 105, 234, 242.
   -- -Handel 242.
   Talama 126.
   Tambarale 106, 107.
   Tandala 181.
   Tanga 1, 8.
   -- -Insel 1.
   -- -Leute 125.
   Tanganyika 91, 152, 153.
   Tanz der Warundi 79, 81.
   -- der Waschaschi 202.
   Tänze der Warundi 224.
   Tarangire 123.
   Tatoga s. Wataturu.
   Tauben 226, 231.
   -- -schläge 102.
   Tauschwaaren 3.
   Telekesa 14.
   Tembebau,  Entstehung des 175.
   Temben 171.
   -- der Wambugwe 182.
   -- der Wanyamwesi 230.
   -- der Wanyaturu 189.
   -- der Warangi 183, 184.
   -- der Wassandaui 192.
   Tembe, unterirdisches 177.
   Thomson 157.
   Tippo-Tip 93, 244.
   Tod 163.
   Töpfe 184.
   -- der Wafiomi 178.
   -- der Warundi 219, 220, 221.
   Töpferei der Watwa 215.
   Träger, Anwerbung der 3, 7.
   --, Desertion von 38.
   --, Disziplin der 83.
   --, Eigenschaften der 124.
   --, Verhalten der 36.
   Trommeln der Waha 226.
   -- der Waschaschi 202.
   Tschem-tschem 123.
   Tschyambo s. Kirambo.
   Tuga Moto 104.
   Turu 110, 138, 249, siehe auch Wanyaturu.
   Tusso-Kette 14.
   Tuyui 111.


   U.

   Uakilinda 76.
   Uanekera 55.
   Uaschi 56, 142.
   Uassi 115, 137, 181.
   Uduhe 65, 66.
   Ufiomi 116, 121, 249.
   -- -Berge 28, 137.
   Uganda 208.
   -- bei Ujiji 152.
   Ugulula 71.
   Uha 76, 99.
   Uhemba 142.
   Ujiji 153, 243.
   Ukara 47, 48, 143, 197, 208.
   Ukerewe 208.
   --, Insel 46.
   --, Wataturu von 169, 170.
   Ulembera 98.
   Umba-Nyika 14.
   Umbugwe 18, 21, 117, 137, 249.
   Ungroïme s. Ngoroïne.
   Unguu 125.
   Unyambeïu 169.
   Unyamwesi 249.
   --, Granit-Plateau von 134, 141 ff.
   Unyamwesi, Name von 227.
   Unyanganyi 111, 138, 191.
   Unyange 89.
   Unyanyembe, Häuptlinge von 234.
   Urambo 102.
   --, Watussi in 204.
   Urigi-See 75.
   Urin 171, 185.
   Urundi 77, 78 ff, 151, 249.
   Urungu 59.
   Usagali 104.
   Usagara 242.
   Usambára 1, 13, 260.
   Usegua 126.
   Usenye 39, 142.
   Usige 96.
   Usinja 69 ff, 249.
   Usmau 66.
   Ussandaui 111, 112, 138, 249.
   Ussongo 108, 169.
   Ussui 73 ff, 209, 236.
   Ussure 110, 139.
   Usukuma 249.
   -- (im engeren Sinne) 67.
   Utavuka 91.
   Uthungu 74.
   Ututwa 59.
   Uyogoma 76.
   Uyui 106.


   V.

   Vali von Tanga 8.
   Verpflegung der Expedition 14.
   -- der Mannschaften 11.
   Victoria Nyansa 40, 143.
   --, Dampfer am 43.
   --, Gezeiten im 42, 46, 143.
   --, Kanus am 44.
   Viehseuche 36, 135, 165, 251
   Viehzucht 177, 183, 192, 251.
   -- der Waha 226.
   -- der Wanyamwesi 231.
   -- der Warundi 219.
   -- der Wataturu 171, 172.
   -- der Watussi 206.
   -- der Wasinja 210.


   W.

   Wabondeï 38.
   Wabwa 187.
   Wachdienst 12.
   Wadigo 13, 125.
   Wadi-Halfa 149.
   Wafioma 209, 228.
   Wafiomi 173 ff, 194, 195.
   --, Aeusseres der 174.
   --, Charakter der 175.
   --, Sprache der 174.
   --, Wohnungen der 175 ff.
   Waffen der Massai 16.
   Waffeneinfuhr 252.
   Waganda 203, 205.
   Wagaya 197.
   Wagogo 180, 186, 194.
   Waha 225 ff.
   Wahuma siehe Watussi.
   Wahumba 165.
   Wahutu 88.
   Wakara 49, 189, 197, 198, 200, 202, 208.
   --, Pflanzungen der 198.
   Wakerewe 208.
   Wakonongo 228.
   Wakuavi 157, 175.
   Wakwaya 52.
   Wald 154.
   Wambugwe 157, 180 ff.
   Wanderungen der Massai 157.
   -- der Nilquell-Völker 237.
   -- der Stämme 194.
   -- der Wataturu 169.
   Wandorobo 20, 32, 35, 124, 166 ff.
   Wanege 63, 167, 191, 193, 194.
   Wangoni 227.
   Wangoroïne 197.
   Wanonega 168.
   Wanyairamba 194, 197, 238.
   Wanyamwesi 227 ff, 238.
   Wanyamwesi, Eigenschaften als Träger 125.
   -- -Kolonie in Umbugwe 122.
   -- -Kolonien 111, 112, 253.
   Wanyaturu 188 ff, 194, 197, 202, 238.
   Wanyoro 203, 205.
   Warangi 180 ff.
   Warongo 207.
   Warundi 203, 215, 216 ff, 238.
   --, Begeisterung der 86.
   Waruri 197.
   Waschaschi 37, 188, 196 ff, 238.
   --, Befestigungen der 51, 56.
   --, Felsdörfer der 55.
   Wasinja 203, 208 ff.
   Wassandaui 191 ff.
   Wassegeju 125, 157.
   Wassekera 165.
   Wasserscheide 98.
   Wasumbwa 228.
   Wasukuma 59, 228.
   Watakama 228.
   Wataturu 46, 168 ff, 194, 208.
   --, Aeusseres der 170.
   --, Gebräuche der 172.
   --, Geräthe der 171.
   --, Körperbau der 169.
   -- von Meatu 61.
   --, Nahrung der 171.
   --, Niederlassungen der 171.
   --, Sprache der 170.
   -- von Ukerewe 169.
   --, Wanderungen der 169.
   Watindiga s. Wanege.
   Watussi 203 ff, 238.
   --, Kämpfe mit 88, 90, 96.
   Watuta s. Wangoni.
   Watwa 82, 98, 215, 237.
   Wegweiser 9, 15, 29, 75, 97.
   Weiber bei Wataturu 172, 173.
   -- der Karawane, 65.
   -- der Wafiomi 178, 179.
   Weizen 250.
   Welse 104.
   Wembere 63, 64, 109.
   -- -Graben 139.
   Werther, Lieutenant 61, 138.
   Wild 20, 27, 31, 35, 41, 123, 135, 140,
        155.
   -- in Ussui 76.
   Wilson 48.
   Windermere 145.
   Wise, Mr. 44.
   Wolf, Eugen 65, 253.
   Wuruhukiro 89.


   Y.

   Yavigimba 76, 77, 209.
   Yuma, Insel 44.


   Z.

   Zahlworte 193.
   Zauberdoktor bei Wanyamwesi 235.
   -- der Wafiomi 179.
   -- der Wambugwe 187.
   -- der Wataturu 173.
   Zähne 167, 172, 174, 178, 190, 209, 228.
   -- bei Waschaschi 197.
   Zelewsky 70.
   Zuchtwahl 160.
   Zulu 227, 238.
   Zwerge siehe Pygmäen.
   Zwillinge 190.
   Zwischenseen-Völker 194, 238.
   -- siehe auch Nyansa-Völker.



Druckfehler-Berichtigung.

 Seite 17 Zeile 13 von oben lies »Globetrotter« statt »Globetrodder«.
 Seite 51 Zeile 8 von unten (und Illustrationstitel) lies »Irera«
            statt »Irea«.
 Seite 98 Zeile 5 von oben (und Illustrationstitel) lies »Kiyonso«
            statt »Kiyonzo«.
 Seite 140 Zeile 6 von oben lies »Tura« statt »Turu«.
 Seite 142 Zeile 15 von oben lies »Krystallinisches Schiefer-Gestein«
            statt »Krystallinisches Gestein«.
 Seite 195 Zeile 3 von unten lies »Fulbe« statt »Fuebe«.
 Seite 209 Zeile 8 von oben lies »Wafioma« statt »Wafiomi«.
 Seite 222 Abbildung lies »Klapper der Zauberdoktoren in Urundi«
            statt »Klapper der Zauberdoktoren in Warundi«.
 Seite 238 letzte Zeile lies »konnte« statt »konnten«.
 Seite 262 Zeile 3 lies »No. 111« statt »No. 110«.



                 Gedruckt bei OTTO ELSNER, Berlin S.,
                          Oranienstrasse 58.



Berichtigung.

Durch ein Versehen des Herrn Dr. Hassenstein wurden dem Autor keine
Korrekturabzüge der Farbenplatten der Karte zugesandt, wodurch einige
störende Fehler stehen geblieben sind. Dieselben werden nachfolgend
richtig gestellt:

Auf der ethnographischen Skizze, Zeichenerklärung, sind die
»Bantu mit nordsüdlicher Wandertendenz« mit =grünem= Ton, die
»mit südnördlicher Wandertendenz« mit =blau schraffirtem= Ton
statt umgekehrt zu lesen. Auf derselben Skizze ist die Landschaft
Burunge mit dem Ton der »Hamiten mit hamitischer Sprache«, also
=roth punktirt=, zu bezeichnen. Auf dem geologischen Karton ist
das Alluvium des Wembere-Grabens auf die Sohle dieses Grabens zu
beschränken, und nördlich vom Manyara-See eine kleine Kalkzone
anzubringen.

                                                  •Dr. Oscar Baumann.•


 [Illustration:
 KARTE
 DES
 FORSCHUNGSGEBIETES DER MASSAI-EXPEDITION
 DES
 DEUTSCHEN ANTISKLAVEREI-KOMITE

 Nach den Original-Aufnahmen von
 Dr. OSCAR BAUMANN
 reduziert von Dr. Bruno Hassenstein
 Maßstab 1 : 500.000
 ]



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