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Title: Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst: Erster Teil. Erfindung. Verbreitung. Blüte. Verfall. 1450-1750.
Author: Lorck, Carl Berendt
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Handbuch der Geschichte der Buchdruckerkunst: Erster Teil. Erfindung. Verbreitung. Blüte. Verfall. 1450-1750." ***

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BUCHDRUCKERKUNST ***

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 |                  Anmerkungen zur Transkription                    |
 |                                                                   |
 | Die Schreibweise im Text (wie z. B. Ae statt Ä) ist beibehalten.  |
 | Typografische und Fehler bei der Zeichensetzung sind still-       |
 | schweigend korrigiert.                                            |
 |                                                                   |
 | Die Markierung mit dem Sonderzeichen (□) zeigt das Hervorheben    |
 | durch "Kapitälchen" für Personen- und Ortsnamen an; das Einfassen |
 | mit Unterstrichen (_) kursiven Druck für fremdsprachliche Phrasen |
 | im Original - im vorliegenden Text auch das ganze Vorwort.        |
 | Mit dem Sonderzeichen (•) wird Fettdruck angezeigt.               |
 |                                                                   |
 | Die Randnotizen aus dem Original sind hier nach rechts ausgerückt.|
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                             CARL B. LORCK

                        HANDBUCH DER GESCHICHTE

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST



                        HANDBUCH DER GESCHICHTE

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST

                                  VON

                             CARL B. LORCK.

                              ERSTER TEIL

                ERFINDUNG. VERBREITUNG. BLÜTE. VERFALL.
                               1450-1750.

                       [Illustration:Verlagslogo]

                                LEIPZIG

                         VERLAG VON J. J. WEBER

                              MDCCCLXXXII.



[Illustration:Kapitelanfang]

_VORWORT._


_Jeder denkende Mensch, mag er nun als Buchdrucker, Buchhändler oder
oder auch nur als Laie die Segnungen, derselben schätzen gelernt haben,
fühlte gewiss den Trieb, etwas Zusammenhängendes über die Entstehung,
die allmähliche Verbreitung und die technische Vervollkommnung der
Buchdruckerkunst zu erfahren, und hegte den Wunsch Näheres über das
Leben des Erfinders und seiner bedeutenderen Nachfolger, die bis auf
die Jetztzeit für oder durch diese Kunst wirkten, zu hören._

_Verlangte jedoch ein solcher Wissbegieriger nach einem leicht
verständlichen, übersichtlich geordneten Handbuch der Geschichte der
Buchdruckerkunst, das ihm als Führer durch die mehr als vierhundert
Jahre dienen konnte, in welchen das von der Presse ausströmende Licht
bereits die Welt erleuchtet, so wird er die Erfahrung gemacht haben,
dass sein Suchen ein vergebliches war._

_Wir besitzen gelehrte, höchst wertvolle Prachtwerke über
gegenübergestellten, zu Erfindern heraufgeschraubten, mythischen
Persönlichkeiten; wir haben eine Reihe von zumteil erschöpfenden
Schilderungen einzelner berühmter Drucker oder Druckerfamilien; ferner
zahlreiche Jubelschriften, welche von dem Gange der Kunst in einzelnen
Städten erzählen; auch ist kein Mangel an fachlichen Lehrbüchern oder
an Berichten über die verschiedenen mit der Typographie in Verbindung
stehenden Erfindungen._

_Es steht uns somit ein reiches, mitunter fast durch seine
Fülle erdrückendes Material für eine allgemeine Geschichte der
Buchdruckerkunst zu Gebote. An einem Handbuch jedoch, welches dieses
Material in natürliche Perioden systematisch einzuordnen, nach Ländern
und nach mit einander verwandten Gruppen zu gliedern versuchte, um in
einer einigermassen gleichmässigen Durchführung jeder Zeit, jedem Lande
sein Recht zu gewähren, ohne dass der Verfasser dabei vergässe, dass
er für die Angehörigen einer bestimmten Nationalität schreibt, fehlt
es noch heute, wie in meiner Jugendzeit, wo ich vergeblich nach einem
solchen Leitfaden auf dem typographisch-geschichtlichen Gebiet mich
umsah und schliesslich darauf angewiesen war, aus den verschiedenen
Quellen die mir erwünschten Belehrungen selbst zu sammeln._

_Somit wurzeln die Anfänge dieses Handbuches in dem eigenen wirklich
und lebhaft gefühlten Bedürfnis nach einem solchen. In späteren Jahren
fing ich an in den von mir herausgegebenen „Annalen der Typographie“
das Gesammelte in einer Reihe von Artikeln, die jedoch nur die älteren
Perioden der Kunst behandelten, zu veröffentlichen. Das Vorhaben,
diese Artikel bis auf die neueste Zeit zu vervollständigen und sie
dann zu einem Gesamtbild zusammenzufügen, wurde durch Berufsarbeiten
für lange in den Hintergrund gedrängt, die Arbeit jedoch nach Zeit und
Gelegenheit immer wieder aufgenommen._

_So entstand das jetzt vorliegende Buch als ein Ergebnis längerer
Vorarbeiten ohne den bestimmten Entschluss einer Veröffentlichung. Als
jedoch die jetzigen Inhaber der Verlagshandlung J. J. Weber zu Anfang
des Jahres 1880 den Wunsch äusserten, dass eine Veröffentlichung und
zwar in ihrem Verlag stattfinden möchte, bin ich unter Benutzung der
inzwischen erschlossenen, teilweise wichtigen Quellen ernstlich an eine
nochmalige Durcharbeitung des Manuskripts gegangen._

_Bei meinen Verlegern war inzwischen der, ihrerseits gewiss vollständig
berechtigte Wunsch rege geworden, das Buch in einer „illustrierten
Prachtausgabe“ erscheinen zu lassen, und sie hatten mir bereits zu
Ostern 1881 ihre desfallsigen Ansichten in der Form eines gedruckten
Prospektus für das Publikum unterbreitet._

_So viel Verlockendes es auch für jeden haben mag, sein Buch in ein
prächtiges Gewand kleiden zu lassen, so konnte ich, das ganz bestimmte
Ziel vor Augen, ein knappes und einfaches Handbuch für den praktischen
Bedarf, wie es mir als wünschenswert vorschwebte, zu liefern, mich
doch meinerseits mit dieser Ansicht zu jener Zeit nicht befreunden.
Ich würde mich damit der unvermeidlichen Gefahr ausgesetzt haben, der
Illustration zuliebe von dem mir vorgezeichneten Weg abgedrängt zu
werden._

_Obgleich nicht allein der persönlichen Neigung, sondern auch
dem pekuniären Interesse meiner Verleger durch eine illustrierte
Prachtausgabe wohl am besten entsprochen worden wäre, liessen diese
doch bereitwilligst meinem Standpunkt Gerechtigkeit widerfahren._

_Sowohl das über die Entstehung und den Zweck der vorliegenden Arbeit
oben gesagte, als auch mein Lebensberuf schliessen schon von allem
Anfang die Erwartung aus, als habe man es hier mit einem gelehrten
Werk zu thun, bestimmt, die Ergebnisse tiefer Forschung ans Tageslicht
zu fördern. Weder sollte meine Aufgabe noch konnte dieselbe eine
höhere sein, als meinen Berufsgenossen oder denjenigen, die sonst
Drang nach einer leichteren Orientierung in dem Gewirr der Geschichte
der Buchdruckerkunst empfinden, nützlich zu sein, indem ich den
Versuch machte, das aufgespeicherte Material nach bestem Wissen und
Gewissen zu sichten, zu ordnen, und indem ich mich, die geschäftliche
Praxis zurhand, bestrebte, einige von der Gelehrsamkeit im Dunkel
gelassene Punkte klar zu stellen. Was die neue Zeit betrifft, so gab
ein Geschäftsleben, das sich fast über die ganze Periode der neuen
Blüte der Typographie und der verwandten Künste und Gewerbe seit
den dreissiger Jahren erstreckt, wohl auch manchmal Gelegenheit, das
vorhandene Material durch die eigene Erfahrung zu vervollständigen._

_Es konnte nicht in meinem Plan liegen, mit der Geschichte der
Buchdruckerkunst die des Buchhandels zu verbinden. Beide Berufszweige
sind jedoch derart eng mit einander verknüpft und so viele der
auftretenden Persönlichkeiten wirkten zu gleicher Zeit als Drucker
und als Verleger, dass es nicht zu umgehen war, auch Ausflüge auf
das Gebiet des Buchhandels zu unternehmen. Sehr nahe lag ebenfalls
die Versuchung, die Geschichte der übrigen graphischen Künste und
Gewerbe, welche zur Herstellung eines Buches mitwirken, ausführlicher
zu behandeln. Um jedoch die Übersichtlichkeit nicht zu stören und
den Umfang des Buches nicht gar zu sehr über die gesteckten mässigen
Grenzen hinaus zu vermehren, war es geboten, dieser Versuchung nur
in so weit nachzugeben, als es zum Verständnis der gestellten Aufgabe
notwendig war._

_Die Geschichte der Buchdruckerkunst zerfällt in zwei natürliche
Hauptabschnitte. Der erste, welcher die Erfindung, Verbreitung, Blüte
und den allmählichen Verfall behandelt, und sich über einen Zeitraum
von über dreihundert Jahren erstreckt, findet seinen Abschluss in
der letzten Hälfte des XVIII. Säculums. Der zweite Hauptabschnitt
führt uns durch die Periode des Wiederaufwachens der Typographie und
deren Schwesterkünste in die Zeit der zweiten, mittels der enormen
technischen Fortschritte und der neuen Vervielfältigungsarten im Verein
mit der freiheitlichen Entwickelung der Presse hervorgerufenen Blüte,
deren wir uns heute erfreuen._

_Jeder dieser beiden Hauptteile, die sich wieder in mehrere Abteilungen
verzweigen, ist in seinem Wesen so eigenartig und verlangt eine so
verschiedene Art der Darstellung, dass auch eine äusserliche Trennung
in zwei vollständig abgeschlossene Hälften geboten schien._

_Zur Beurteilung der Grundsätze für die Behandlung der verschiedenen
Abschnitte verweise ich auf die, jedem der Bücher vorangeschickte
„Einführung“, in welcher ich mich sowohl über den jedesmal leitenden
Gesichtspunkt als auch über die jedesmaligen Quellen und deren
Benutzung ausgesprochen habe. Dass mir nur sehr wenige der letzteren
unbekannt geblieben sind, habe ich vor allem der Fachbibliothek
des Börsen-Vereins der deutschen Buchhändler, der Liberalität
des Vorstandes derselben und der unermüdlichen Gefälligkeit der
Bibliothek-Verwaltung zu verdanken._

_Dass trotz aller angewendeten Sorgfalt noch Vieles für die mir
Nachfolgenden (denen ich jedoch das Arbeiten in mancher Beziehung
leichter gemacht haben dürfte, als es mir geworden ist) zu thun übrig
geblieben, und dass selbst die grösste Mühe und der redlichste Wille,
etwas Brauchbares zu liefern, fehlende Eigenschaften nicht immer
ersetzen können, fühlt vielleicht niemand mehr als der unterzeichnete_

                                                  _Carl B. Lorck._

[Illustration:Kapitelende]



                               GESCHICHTE

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST

                               1450-1750.



[Illustration:Kapitelanfang]

INHALTS-VERZEICHNIS.


                              ERSTES BUCH.

             ERFINDUNG UND VERBREITUNG DER BUCHDRUCKERKUNST
                               1450-1500.

                                                                 Seite

                  EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH (3-10).


                              I. KAPITEL.

                ZUR VORGESCHICHTE DER BUCHDRUCKERKUNST.

     Älteste Spuren der Vervielfältigung. Die Manuskripte.
       Der Metall- und Holzschnitt. Die Kunstschulen. Die
       xylographischen Werke. Die Vorbedingungen für die
       Erfindung der Buchdruckerkunst.                           11-22

                              II. KAPITEL.

                             DIE ERFINDUNG.

     Johannes Gutenberg. Herkunft. Aufenthalt in Strassburg.
       Gutenberg in Mainz. Verbindung mit Johann Fust. Peter
       Schöffer. Gutenbergs Unglück. Sein Tod. Sein Andenken.    23-36

                             III. KAPITEL.

          DIE VERBREITUNG DER BUCHDRUCKERKUNST IN DEUTSCHLAND.

     Schnelle Verbreitung der Kunst. Die Nachfolger Gutenbergs
       in Mainz. Peter Schöffer und seine Nachkommen. Ulm.
       Beromünster. Basel. Bamberg. Albrecht Pfister. Augsburg.
       Nürnberg. Wien. Der Norden: Köln, Münster, Magdeburg,
       Leipzig.                                                  37-54

                              IV. KAPITEL.

           DIE VERBREITUNG DER BUCHDRUCKERKUNST IM AUSLANDE.

     □Italien□: Subiaco und Rom. Venedig. Foligno. Mailand.
       Florenz. □Spanien und Portugal.□ □Frankreich□: Paris.
       Lyon. □Die Niederlande□: Die _Histoires_. Colard
       Mansion. □England□: William Caxton. □Skandinavien□:
       Dänemark. Schweden. □Die slawischen Länder.□ □Ungarn.□
       □Die Türkei.□                                             55-76

                              V. KAPITEL.

         DIE TECHNIK DER BUCHDRUCKERKUNST UND DIE LITTERARISCHE
                              PRODUKTION.

     □Die Technik□: Schriftgiesserei. Satz. Druck. Korrektur.
       Die Pressen. Die Farbe. Die Ausschmückung der Bücher.
       Das Pergament und das Papier. Die Buchbinderkunst. □Die
       Litterarische Produktion□: Der Buchhandel. Die Zensur.    77-96


                             ZWEITES BUCH.

             GLANZPERIODE UND VERFALL DER BUCHDRUCKERKUNST
                               1500-1750.


                EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH (98-104).

                              VI. KAPITEL.

                DIE ILLUSTRIERENDE KUNST IN DEUTSCHLAND.

     Die deutschen Malerschulen. Der Kupferstich und der
       Holzschnitt. Michel Wolgemut. Albrecht Dürer, seine
       Zeitgenossen und Nachfolger: Hans Burgkmair, Hans
       Schaeuffelein, die „Kleinmeister“. Hans Holbein d. j.
       Lucas Cranach d. ä. Die Schweizer und Elsasser Künstler.
       Über die „eigenhändigen“ Holzschnitte der Zeichner.     105-126

                             VII. KAPITEL.

       DIE TYPOGRAPHIE IN DEUTSCHLAND UND IN DEN SKANDINAVISCHEN
                                LÄNDERN.

     □Nürnberg□: Der Theuerdank. Die deutschen Schriften.
       □Augsburg□: Hans Schönsperger d. ä. □Frankfurt am Main□:
       Chr. Egenolff, Sigism. Feyerabend, die Merians. □Mainz□:
       Die Nachfolger Schöffers. □Tübingen□: Der slawische
       Druck. Cotta. □Strassburg□: Illustrierter Druck.
       □Basel□: Joh. Froben, die Familie Petri, Joh. Oporinus.
       □Zürich□: Chr. Froschauer. □St. Gallen□: Leon. Straub.
       □Wien□: Johan Sigriener, Hans Kohl, Joh. v. Gehlen.
       □Leipzig□: Melch. Lotter, Valentin Bapst. Gute und
       schwere Zeiten. □Wittenberg.□ □Der Norden.□ □Berlin.□

     DIE SKANDINAVISCHEN LÄNDER. □Dänemark□, □Norwegen□ und
       □Island□, □Schweden□ und □Finnland□.                    127-158

                             VIII. KAPITEL.

          DER DRUCKBETRIEB UND DAS BUCHGEWERBE IN DEUTSCHLAND.

     □Die Schriftgiesserei□ und die Druckschriften. □Die
       Technik□ des Setzens und Druckens: Der Satzapparat, die
       Korrektur, die Presse, die Farbe. Prinzipal, Geselle und
       Lehrling. □Die Buchbinderkunst.□ □Der Buchhandel□: Die
       litterarische Produktion, das Verhältnis zwischen Autor
       und Verleger.                                           159-174

                              IX. KAPITEL.

          ITALIEN, SPANIEN, PORTUGAL UND DAS SÜDLICHE AMERIKA.

     □Venedig.□ Die Familie Aldus: Aldus Pius Manutius, Paul
       Manutius, Aldus □ii.□ Dan. Bomberg. Mechitar. □Rom□: Die
       Buchdruckerei der „Propaganda“. □Genua.□ □Florenz□: Die
       Giunta. □Padua.□ □Die Xylographie□: Ces. Vecellius, der
       _Clair-obscur_-Druck. Ugo da Carpi, Graf Ant. Zanetti,
       John Jackson.

     □Spanien und Portugal.□ Brocario und die complutinsche
       Polyglotte. □Madrid.□ Ant. Bortazar. -- □Mexico.□ Joh.
       Kromberger, Juan Pablos. □Lima.□ □Peru.□ □St. Domingo□
       u. a.                                                   175-192

                              X. KAPITEL.

                              FRANKREICH.

     Die Lage des Buchdruckers. Der Staat und die Presse.
       Die Xylographie, die _livres d'heures_. Anton Verard.
       Geofroy Tory. Jodocus Badius. Conrad Néobar. Berühmte
       Druckerfamilien. Die Stephane: Heinrich □i.□, Robert
       □i.□, Heinrich □ii.□, Ende der Familie. Die Gründung der
       königlichen Buchdruckerei. Ant. Vitré. Savary de Brèves.
       □Lyon□: Seb. Gryphius, Jean de Tournes, Steph. Dolet.
       Die Schriftgiesserei. Die Buchbinderkunst.              193-216

                              XI. KAPITEL.

                            DIE NIEDERLANDE.

     Die Illustration. Christoph Plantin, seine Nachkommen,
       das Plantinsche Museum. Die Familie Blaeu. Die
       Elzeviere: Ludwig □i.□, Matthias und Bonaventura,
       Isaack, Bonaventura und Abraham □i.□ Johann und
       Daniel. Ludwig und Daniel, das Ende des Hauses. Die
       Nachahmer der Elzeviere. Die Familie Enschedé und die
       Schriftgiesserei.                                       217-254

                             XII. KAPITEL.

                         ENGLAND. NORDAMERIKA.

     Das allmähliche Wachstum der englischen Presse. Wynkyn
       de Worde, Richard Pynson, Reynold Wolfe, John Day,
       Th. Vautrollier, Th. Roycrofft, Sam. Palmer, Sam.
       Richardson. □Oxford□, □Cambridge□. Die schottische und
       die irische Presse. Die Stereotypie und Will. Ged. Das
       Zeitungswesen. Die Schriftgiesserei.

     NORDAMERIKA. Kleine Anfänge der Presse. John Glover, James
       Franklin, Benjamin Franklin. Die deutschen Einwanderer
       und ihre Presse. Christoph Sauer und seine Nachkommen.  255-276

                             XIII. KAPITEL.

     DIE SLAWISCHEN LÄNDER. DIE TÜRKEI. DIE OSTASIATISCHEN LÄNDER.

     □Polen.□ □Russland□: Moskau, St. Petersburg. □Die
       Türkei□: Konstantinopel, Ibrahim und Said Efendi.
       Syrien. □Das östliche Asien□, China, das chinesische
       Tafeldruckverfahren und die Papierfabrikation.
       Europäischer Druck in Asien. Afrika.                    277-288

                               Register.

     A. Namen- und Sachregister                                289-300

     B. Nachweis der angeführten Quellenschriften              301-304

[Illustration:Kapitelende]



                              ERSTES BUCH.

                       [Illustration:Verzierung]

                       ERFINDUNG UND VERBREITUNG

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST

                               1450-1500.



[Illustration:Kapitelanfang]

EINFÜHRUNG IN DAS ERSTE BUCH.


                                                          Das Dunkel der
                                                            Erfindung.

MIT Dunkelheit und Vorurteilen ist die Geschichte derjenigen Kunst
umhüllt, welche geschaffen war, Licht über die Wissenschaften zu
verbreiten, sie zu erhalten und fortzupflanzen -- so klagte schon
der berühmte Johann Gottlieb Immanuel Breitkopf in seinem leider nur
Bruchstück gebliebenen Werk über die Geschichte der Buchdruckerkunst.

Hundertmal wurde diese Klage seit Breitkopf wiederholt, teils
mit Recht, teils mit Unrecht. Allerdings sind manche Punkte der
Erfindungsgeschichte noch heute in ein Dunkel gehüllt, das kaum je
gelichtet werden wird, wenn nicht ein absonderlicher Glücksfall ein
typographisches Pompeji oder Olympia aus irgend einem verschütteten
Keller an das Tageslicht fördern sollte; jedoch mit solchen
Glücksfällen kann selbstverständlich nicht gerechnet werden und nicht
jeder, der nach Funden gräbt, ist im Finden ein Schliemann.

In manchen Punkten jedoch hat das Licht der wissenschaftlichen Kritik
die, durch unpraktische Gelehrsamkeit, missverstandenen Patriotismus,
Mangel an technischen Kenntnissen bei den Schriftstellern, kritiklose
Kompilation oder Köhlerglauben an zweideutige Zeugnisse noch mehr
verdichteten Wolken endlich durchbrochen.

                                                           Was ist Typo-
                                                             graphie?

Was mehr als alles Andere zu dem langen Zustande der Unsicherheit
beigetragen hat, in welchem sich die Geschichte der Erfindung der
Buchdruckerkunst befand, ist, dass man nicht im voraus einig gewesen,
was man eigentlich unter Buchdruckerkunst -- □Typographie□ -- zu
verstehen hatte. Wie leicht wäre bei genügender Klarheit hierüber
mancher Streit zu verhindern gewesen! Die Kunst des „Druckens“ bestand,
selbst in Deutschland, lange vor Gutenberg, ja die Chinesen übten, wenn
man sich auch nur an das streng historisch Beglaubigte hält, einen
umfangreichen „Bücherdruck“ wenigstens 500 Jahre vor Gutenberg. Ist
trotzdem auch nur ein Wort darüber zu verlieren, dass die Chinesen
nicht die „Typographie“ erfunden haben? Cicero spricht, so klar wie
man es verlangen kann, das Prinzip des Setzens aus. Ist deshalb der
gelehrte Römer ein Gutenberg gewesen? Zugegeben selbst, dass in Haarlem
ein ehrlicher Küster oder Lichtzieher, zugleich ein guter Grossvater,
als Spielzeug für seine Enkel Buchstaben in Baumrinde geschnitten hat;
ja, noch viel weiter gegangen und angenommen, er hätte in dieser Weise
sogar ein Büchlein fertig gebracht, konnte man diesen Mann als den
Prototypographen bezeichnen? Gewiss nicht, wenn wir die unerlässlichen
Bedingungen vor Augen haben, welche das Wesen der „Typographie“ bilden.
Mit diesem Namen kann man nur diejenige Kunst bezeichnen:

   den niedergeschriebenen Gedanken, mittels „mechanisch durch
   Guss vervielfältigter“ Typen (also beweglicher Metalltypen)
   gesetzt, wiederzugeben und diesen Satz nach dessen Einreibung
   mit Druckfarbe „mechanisch“ durch die „Druckerpresse“ in einer
   beliebigen Anzahl vollständig gleicher Abdrücke herzustellen.

Mit anderen Worten: die Erfindung der Buchdruckerkunst schliesst die
Erfindung der Schriftgiesserei, des Setzens, des Pressendruckes, der
Farbenbereitung in sich ein. Als Bestandteile gehören zu ihr: die
Stempel, die Matern, die Metalltypen, die mechanische Presse nebst den
verschiedenen Utensilien, die Farbe.

Die Erfindung einzelner, zu dieser Gesamtheit gehörender Teile macht
nicht die Erfindung der Buchdruckerkunst aus. Würde man Gutenberg zwar
die Presse, die Farbe und die in Holz geschnitzten Buchstaben lassen,
jedoch die Erfindung der Schriftgiesserei auf Schöffer übertragen, so
wäre Gutenberg nicht der Erfinder derjenigen Kunst gewesen, welcher
die ganze zivilisierte Welt bereits auf vier Säkularfeiern als ihrer
grössten Wohlthäterin, als der Verbreiterin des Lichtes, als der
Befreierin von allen geistigen Fesseln gehuldigt hat, derjenigen Kunst,
welche die Grossmacht der Presse geschaffen hat.

                                                        Gutenberg allei-
                                                         niger Erfinder.

Jedoch, es steht unzweifelhaft fest, die Erfindung gehört in
ihrem vollen Umfange Gutenberg „und ihm allein“. Dies hat die
wissenschaftliche Kritik, welche in neuerer Zeit eine, blosses Material
anhäufende Gelehrsamkeit ablöste, unwiderruflich festgestellt. Über
diesen Punkt muss man endlich die Akten als geschlossen betrachten, wie
dies auch in den folgenden Blättern geschieht.

Ob die 36zeilige Bibel vor der 42zeiligen gedruckt wurde, ob Caxton
1476 oder 1477 die Kunst nach London brachte, ob in Köln die _Fratres
vitæ communis_ zuerst gedruckt haben und dergleichen Einzelnheiten
werden die Federn der Gelehrten noch lange in Bewegung setzen und die
Entscheidung ist gewiss von dem höchsten Interesse. Es kann jedoch
nicht der Zweck dieses Handbuches sein, das Für und Wider solcher
Fragen breit zu erörtern, ohne doch ein bestimmtes Resultat ziehen
zu können. Selbst eine, vielleicht zu zuversichtliche Annahme eines
zweifelhaften Datums oder Faktums ist in einem Handbuch manchmal
weniger nachteilig, als eine Verwirrung des Urteils durch die sich
fortwährend wiederholende Erhebung von Zweifeln.

                                                          Die Litteratur
                                                          der Erfindung.

Von den Werken, welche im allgemeinen die Vorgeschichte der Erfindung,
diese selbst und die früheste Periode der Kunst behandeln, erwähnen wir
folgende, welche, namentlich so weit sie die älteren xylographischen
und typographischen Druckerzeugnisse in Reproduktionen vorführen,
mutmasslich eine grössere Anzahl von Lesern interessieren werden.

                                                         K. Falkenstein.

Wenn wir die Jubelschrift des Oberbibliothekars Dr. □Karl Falkenstein□:
„Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung“,
mit vielen Illustrationen (Leipzig 1840), obenan stellen, so geschieht
es, weil dies Werk sehr vieles dazu beigetragen hat, die Lust an der
Geschichte der Typographie zu wecken und zu nähren, zugleich, weil es
das einzige ist, welches den Anlauf nimmt, die Geschichte bis auf die
damals neueste Zeit, 1840, fortzuführen. Der Zweck eines Handbuches
für den täglichen Gebrauch konnte und wollte das Buch jedoch nicht
erfüllen, welches als Jubelschrift zur Verherrlichung der Erfindung
und des Erfinders das Hauptgewicht auf die Vorgeschichte und die
Erfindung selbst, sowie auf die Bekämpfung der Gegner Gutenbergs legen
musste. Auch konnte es nicht anders sein, als dass die Behandlung vom
gewerblich-technischen Standpunkt aus gegen die bibliographische Arbeit
zurücktreten musste, was ja vollständig aus dem Berufe des berühmten
Bibliothekars, aus dessen Feder das Buch stammt, sich erklärt. Dies
macht sich namentlich in Betreff der Ausführung sowohl der Periode
des nachmaligen Aufblühens der Kunst seit der Mitte des □xviii.□
Jahrhunderts als auch der neuesten, den ganzen technischen Betrieb
umgestaltenden Zeit geltend. Seit dem Erscheinen des Werkes, das schon
lange im Buchhandel fehlt, sind ausserdem mehr als 40 Jahre verflossen,
die nicht nur manches Bedeutende in der Kunst zutage gefördert haben,
sondern auch über die Vergangenheit derselben in vielen Beziehungen
ein helleres Licht verbreiteten. Es werden dem Werke viele fehlerhafte
Angaben vorgeworfen; solche waren wohl kaum zu vermeiden, und darf
dieser Umstand denjenigen, der den Versuch macht ein Kompendium der
Geschichte der Buchdruckerkunst zu liefern, der Pflicht nicht entheben,
dankbar anzuerkennen, dass diese Aufgabe ohne die Anhaltspunkte, welche
das Falkensteinsche Buch gewährt, eine weit mühsamere gewesen sein
würde.

                                                          T. O. Weigel.
                                                         Ad. Zestermann.

Ein sehr bedeutendes Werk ist □T. O. Weigels□ und □Ad. Zestermanns□:
„Die Anfänge der Druckerkunst in Bild und Schrift an deren frühesten
Erzeugnissen in der Weigelschen Sammlung erläutert. Mit 125 Facsimiles
und vielen in den Text gedruckten Holzschnitten“. 2 Bde. fol. (Leipzig
1866). Die Verfasser stellen sich ganz entschieden auf die Seite
Gutenbergs: „Es gelang mir nicht“, sagt Weigel, „für Hollands Ansprüche
auch nur ein einziges Dokument vor 1460 zu entdecken“. Das Werk, in
den Brockhausschen Druck- und Kunstanstalten ausgeführt, ist zugleich,
indem es die alte Kunst uns vor Augen führt, ein würdiges Denkmal der
neueren graphischen Kunst Deutschlands.

                                                          A. v. d. Linde

Ein merkwürdiges, eine ganze Gutenberg-Bibliothek ersetzendes Werk ist:
„Gutenberg, Geschichte und Dichtung, aus den Quellen nachgewiesen von
□A. van der Linde□“ (Stuttgart 1878). Der Verfasser musste, nachdem
er die Koster-Legenden der Holländer in mehreren Streitschriften
auf das grausamste der Lächerlichkeit preisgegeben hatte, Holland
verlassen und lebt als kgl. Bibliothekar in Wiesbaden. Die erste
Abteilung des Werkes giebt die Geschichte der Erfindung, wie wir
sie nun endlich als feststehend betrachten müssen, wenn nicht ein
vollständig neues Material geboten werden sollte, denn mit dem alten
kommt man dem Ziele nicht näher. Die zweite Abteilung erzählt die
verschiedenen Erfindungs-Märchen und berichtet auf nicht weniger als
500 enggedruckten Seiten über die Fälschungen und Irrtümer. Zahlreiche
Urkunden machen den Beschluss. Der Verfasser bietet mit seinem Buche
keine leichte Lektüre und erschwert sie den meisten ausserdem durch
die ungewohnte Schreibweise und die unzähligen Einschaltungen und
Erläuterungen.

Leider schlägt der gekränkte und hart behandelte Verfasser einen
gehässigen und einem streng wissenschaftlichen Werk nicht ganz
angemessenen Ton an, der eher seiner guten Sache schadet als sie
fördert. Das Wahre bleibt jedoch wahr und es mag sein, dass es, Gegnern
gegenüber, die recht wohl sehen und hören können, aber nicht wollen,
unmöglich ist, sich nicht von der Leidenschaft hinreissen zu lassen.
Die von anderen Seiten dem Peter Schöffer auf Kosten Gutenbergs
gewordene Bevorzugung hat möglicherweise van der Linde in seiner
scharfen Kritik gegen Schöffer viel zu weit geführt.

Von den bereits noch vor Falkensteins Jubelschrift erschienenen Werken,
die namentlich dazu beigetragen haben Gutenbergs Namen hoch zu halten
und seine Erfinderehre den holländischen Ansprüchen gegenüber zu
wahren, sind zu nennen:

                                                           C. A. Schaab.
                                                            J. Wetter.

„Die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Johann
Gensfleisch genannt Gutenberg“, von □C. A. Schaab□. 3 Bde. (Mainz
1830-1831).

„Kritische Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst durch Johann
Gutenberg zu Mainz“, von □J. Wetter□. Mit einem Atlas (Mainz 1836).

                                                     J. G. I. Breitkopf.

□J. G. I. Breitkopf□, der mehr, als irgend jemand, die Befähigung
hatte, eine Geschichte der Buchdruckerkunst zu schreiben, hat uns
leider nur einzelne wenn auch wertvolle Bruchstücke hinterlassen.

                                                           G. W. Ottley.
                                                            S. Sotheby.

Im Gegensatz zu Weigel treten zwei englische Autoren □Ottley□ und
□Sotheby□ entschieden für die holländischen Ansprüche in die Schranken
und lassen Gutenberg wenig von seinem Ruhm. Interessant sind beide
Werke durch die grosse Zahl von Nachbildungen. Der Titel von Ottleys
Werk lautet:

„_An inquiry concerning the Invention of printing by the late William
Young Ottley, with an introduction by J. Ph. Berjeau. Illustrated with
37 plates and numerous wood engravings_“ (London 1863). Herr Ottley
findet es sehr natürlich, dass Fust dem Gutenberg den Stuhl vor die
Thüre gesetzt, nachdem letzterer sich unfähig bewiesen hatte, seine
Aufgabe zu lösen: „Er war ein schlauköpfiger Schwindler, geschickt
genug, die Arbeit anderer zu benutzen, aber nicht befähigt eigene Ideen
zu erzeugen und durchzuführen, ein Mann ohne mechanisches Geschick und
ohne Erfindungsgabe“. So urteilt Ottley über Gutenberg.

Herr Samuel Sotheby ist zwar kein Verehrer von Gutenberg, lässt
sich jedoch nicht auf eine so gehässige Polemik wie Ottley ein. Das
Endergebnis seiner Untersuchungen ist, dass die Kunst mit beweglichen
Typen zu drucken in den Niederlanden bereits 1454 geübt wurde. Das von
seinem Sohne Samuel Ligh Sotheby herausgegebene Werk ist betitelt:

„_Principia typographica. The block-books or xylographic delineations
of Scripture history, issued in Holland, Flanders and Germany, during
the XV Century. Exemplified and considered in connection with the
origin of printing_“ (London 1858).

                                                          J. W. Holtrop.

Hieran schliessen sich: □J. W. Holtrop□, „_Monuments typographiques des
Pays-Bas au XV Siècle_“ (Haag 1851-1868).

                                                           W. A. Chatto.
                                                            J. Jackson.

Ein lehrreiches und verdienstliches Buch ist: „_A treatise on wood
engraving historical and practical by Jackson and W. A. Chatto. 2.
Ed._“ (London 1861). □Chatto□ lieferte den Text; □J. Jackson□ gegen 300
vortreffliche xylographische Nachbildungen, wenn auch zum grossen Teil
in verkleinertem Formate.

                                                           T. F. Dibdin.

Namentlich durch ihre vorzüglichen Abbildungen instruktiv sind
die Werke □Thomas Frognall Dibdins□, des berühmten Bibliomanen und
Bibliothekars des Lord Spencer auf Althorp. Sein Hauptwerk: „_The
bibliographical Decameron or ten days' pleasant discourse upon
illuminated Manuscripts and Subjects connected with early Engraving,
Typography and Bibliography_“ (London 1817) strotzt von prachtvollen
Stichen und Holzschnitten, die in vandalischer Weise zerstört wurden,
um das Buch selten zu erhalten. Der Text ist schwatzhaft; die Noten,
welche neun Zehnteile des grossen dreibändigen Werkes bilden, strömen
von Gelehrsamkeit und Belesenheit über, sind aber schwer geniessbar.

                                                              H. N. Hum-
                                                                phreys.

Unter den populären Werken, welche Nachbildungen bringen, sind
erwähnenswert: □H. N. Humphreys'□ „_The illuminated books of the middle
age_“ (London 1844) und desselben Verfassers: „_History of the art
of printing_“ (London 1867), eine anspruchslose klare und fassliche
Darstellung der Verbreitung der Kunst. Die 100, teils schwarzen, teils
farbigen, Reproductionen haben zwar den Vorzug, dass sie meist in den
Originalgrössen aufgenommen sind, die Photolithographie lässt jedoch
an Klarheit zu wünschen übrig. Eine dritte Sammlung von Humphreys ist:
„_Masterpieces of the early printers and engravers_“ (London 1869).

                                                            L. de Vinne.

In dem Verfasser des Werkes: „_The invention of printing_“ □L. De
Vinne□. Mit vielen Abbildungen (New-York 1876) haben wir es nicht
mit einem Gelehrten, jedoch mit einem tüchtigen Praktiker, zugleich
durchgebildeten Manne zu thun. Sein Buch ist klar und verständlich
geschrieben, namentlich sind seine technischen Exkurse sehr
lehrreich und anziehend. Beigegeben ist eine grosse Zahl besonders
gut ausgeführter, wenn auch in den meisten Fällen reduzierter
Illustrationen. Herr de Vinne ist ein enthusiastischer Verteidiger
Gutenbergs, demzufolge auch leicht geneigt, ein zu strenges Urteil über
die Thätigkeit Schöffers zu fällen, dem, wie schon gesagt, v. d. Linde
ganz beistimmt.

                                                             A. Bernard.

Von französischen Werken seien erwähnt: □A. Bernards□ „_De l'origine et
des débuts de l'imprimerie en Europe_“ (Paris 1853).

                                                            A. F. Didot.

Ein Werk, das in kleinem Umfang einen Schatz des Wissenswerten birgt,
ist □Ambroise Firmin Didots□ „_Essai typographique et bibliographique
sur l'histoire de la gravure sur bois_“ (Paris 1853). Der berühmte
Buchdrucker, Buchhändler, Gelehrte und Sammler (gestorben 1876)
verband mit der grössten Vertrautheit der deutschen Verhältnisse eine
vollkommene Unparteilichkeit.

                                                        J. P. A. Madden.

In neuester Zeit erregten in der typographischen Welt ein
nicht gewöhnliches Aufsehen □J. P. A. Maddens□, „_Lettres d'un
Bibliographe_“. 5 Bde. (Paris, 1868-1878). Zahlreiche Abhandlungen in
Briefform, welche eine Menge von Fragen in Bezug auf die Erfindungs-
und die Inkunabelnzeit behandeln, bilden den Inhalt. Ein Hauptzweck
des Verfassers ist die Führung des Beweises, dass die _Fratres
vitæ communis_ in ihrem Kloster am Weidenbach bei Köln eine grosse
Druckanstalt gehabt haben, aus welcher eine Anzahl der ältesten
bedeutenden Typographen als Ulrich Zell, Nik. Jenson, Collard
Mansion, Will. Caxton, Mentelin u. a. hervorgegangen sind. Von seiner
seltenen Kombinationsgabe und seinem ungemeinen Scharfsinne sowohl im
Aufstellen der eigenen Wahrscheinlichkeitsbeweise als im Entdecken der
Trugschlüsse anderer legt zwar fast jede Seite Zeugnis ab, doch wird es
nicht leicht sein, alles zu unterschreiben, was Madden behauptet, und
solange er nicht Thatsachen bringen kann, bleibt der Wert seiner Briefe
für die Geschichte mehr negativer Art, indem sie zur Vorsicht in der
Annahme manches bis jetzt als thatsächlich Anerkannten mahnen.

Die Schriften, welche die Geschichte einzelner Perioden, Länder, Städte
oder Persönlichkeiten berühren, sind an den betreffenden Stellen des
Textes, soweit es der Plan des Buches notwendig oder wünschenswert
erscheinen liess, angeführt.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

I. KAPITEL.

ZUR VORGESCHICHTE DER BUCHDRUCKERKUNST.

 Älteste Spuren der Vervielfältigung. Die Manuskripte. Der Metall-
   und Holzschnitt. Die Kunstschulen. Die xylographischen Werke. Die
   Vorbedingungen für die Erfindung der Buchdruckerkunst.


                                                          Vorbedingungen
                                                          der Erfindung.

IST es auch bei jeder Erfindung, bei welcher ja der Zufall und der
Blitz des Geistes eine so wesentliche Rolle spielen, eine schwer zu
beantwortende Frage, warum sie gerade zu „der“ Zeit oder bei „dem“
Volke entstanden, so lässt sich andererseits doch nicht leugnen, dass
jede Erfindung in der Zeit wurzeln und im Zusammenhange mit dem Geiste
der Zeit stehen muss, wenn sie nicht ein Embryo bleiben soll. Ein
Denker, der seiner Zeit vorauseilt, empfängt vielleicht die Idee; ist
jedoch das Zeitalter für sie nicht reif, so bleibt sie in dem Kopfe
des Empfangenden ruhen, oder letzterer wird, wenn er sie ausspricht,
als ein Phantast oder gar als ein Wahnsinniger betrachtet, bis er in
dem vergeblichen Kampf gegen den Unverstand wohl gar schliesslich ein
solcher wird.

Es kann auch keineswegs als eine blosse Zufälligkeit betrachtet
werden, dass die Kunst mit beweglichen Typen zu drucken von den Alten
trotz der hohen Kulturstufe, auf welcher sie standen, nicht erfunden
wurde, obwohl ihre Kinder durch Schablonen schreiben lernten und mit
geschnittenen, zu Worten zusammenzureihenden Buchstaben spielten. Eben
so wenig kann man es jedoch als ein Spiel des Zufalls betrachten, dass
die Erfindung der Buchdruckerkunst in das fünfzehnte Jahrhundert, das
Jahrhundert des Wiedererwachens der Poesie, der Wissenschaft und des
Kampfes für die kirchlich-religiöse Freiheit, fiel. Die Zeit brauchte
die Waffe für den grossen geistigen Kampf und der Geist der Zeit
schaffte sie, als die Reife einmal gekommen war.

In dem Gesagten liegt schon, dass wir es hier nicht mit einer
urplötzlich aus dem Kopfe des Erfinders entsprungenen, bereits
vollständig gewaffneten Erscheinung zu thun haben. Viel eher passt
der einfache Vergleich mit einem, schon in den ältesten Zeiten
gelegten Samenkorn, das, sich selbst überlassen, zwar gekeimt und
Blätter getrieben hatte, aber erst unter der aufmerksamen Pflege des
verständigen Gärtners die schönsten Blüten spendete.

Versuchen wir es in dem Folgenden in Kürze die Spuren des Entstehens
und des Wachstums der Pflanze zu verfolgen.

                                                        Aelteste Spuren.

In Stein gehauen, in Erz gegraben, in Thon eingedrückt oder in
Wachstafeln geritzt, sind von den Völkern des Altertums die ersten
Dokumente auf uns gekommen: Regententafeln, Gesetze und Nachrichten
über denkwürdige Ereignisse oder bedeutende Persönlichkeiten. Als die
Kultur stieg, schrieb man auf Papyrusblätter oder auf Pergamentrollen
und ganze Werke wurden auf diese Weise der Nachwelt erhalten. Die
Autoren hielten sich ihre Schreiber, die entweder Sklaven oder
Freigelassene waren. Es bildete sich die Klasse der Abschreiber und
wir finden sowohl bei den Griechen wie bei den Römern Buchhändler,
welche die Bücher-Rollen (_volumina_) in grösserer Zahl entweder zum
Verleihen oder zum Verkaufen abschreiben liessen und reich assortierte
Bücher-Lager hielten. Selbst Spuren des Farbendrucks, sowie der
Vervielfältigung der Illustrationen durch Schablonendruck, trifft man
an.

„Es brennt“, heisst es im Kinderspiel, wenn Einer nahe daran ist, den
versteckten Gegenstand zu finden. Und so konnte man auch hier sagen
„es brannte“, denn man war der Kunst der mechanischen Vervielfältigung
durch Typen und Druck nahe; doch gefunden ward sie nicht, denn die
Zeit drängte nicht auf die Erfindung hin. Die wohlfeile Arbeitskraft
der Abschreiber und die gute Organisation ihrer Arbeit genügten
vollkommen für billige und rasche Herstellung der Werke. Das freie
öffentliche Leben bei den Kulturvölkern des Altertums, der heitere
südliche Himmel, das leichte, fröhliche Dasein waren ohnehin nicht
geeignet, Stubengelehrsamkeit zu nähren. Man hörte die Dichterwerke
öffentlich vorlesen, sah in den, Allen zugänglichen Theatern den
Schauspielen oder den Wettkämpfen zu, lauschte den Rednern des Forums.
Alle Staatsakte geschahen öffentlich; das ganze politische und geistige
Leben gipfelte in der Hauptstadt; man hatte genügende Gelegenheit
öffentlich die Ansichten auszutauschen; es fehlte das Bedürfnis, im
stillen Kämmerlein, von Büchern umgeben, über das Erlebte nachzugrübeln
und sich gelehrten Forschungen hinzugeben[1].

  [1] □J. A. Arnett□, _An inquiry etc. of the books of the
      ancients_. London 1837. -- □J. A. Bräutigam□, Ein Blick
      in das Bücherwesen des Alterthums. Leipzig 1867. -- □J.
      O. Le Clerc□, _Des journaux chez les Romains_. Paris
      1838. -- □J. A. Bräutigam□, Zur Gesch. d. Zeitungswesens
      bei den Römern. Leipzig 1868. -- □W. Schmitz□,
      Schriftsteller und Buchhändler in Athen. Heidelberg 1876.
      -- □E. Caillemer□, La propriété littéraire à Athènes.
      Paris 1868.

                                                        Die Klöster und
                                                        die Manuskripte.

Es folgte die Völkerwanderung und damit die Zertrümmerung des
frischen geistigen Lebens. Alle Völker Europas versanken in Barbarei.
Die Überreste der Gelehrsamkeit und des Studiums fanden sich nur
in den Klöstern vor. Hier entstand nach und nach das Bedürfnis,
die liturgischen Bücher und die Lehrmittel zu vervielfältigen. Die
Mönche hatten in ihrem beschaulichen Leben Zeit nicht allein zu
einem Abschreiben in einfacher Weise, sondern auch, dies zu einer
Kunst auszubilden. In roter Farbe ausgeführte Zierrate waren schon
bei den Römern gebräuchlich, die sich des Miniums bedienten, um die
Überschriften der Bücher oder Kapitel ins Auge fallend zu machen.
Das Verfahren verpflanzte sich nach Griechenland und dem Orient, uns
ist daraus noch die Bezeichnung „Rubrik“ geblieben. Später wurden die
Anfangsbuchstaben der Abschnitte und Paragraphen durch Hinzufügung von
roten Strichen bemerkbarer gemacht, oder man malte die Buchstaben ganz
rot aus. Im Griechischen Reiche wurde die rote Farbe ganz besonders
in Ehren gehalten und zu den heiligen Schriften sogar rotes Pergament
verwendet mit Buchstaben in Silber oder Gold. Auch bei den Gothen ward
diese Ausschmückungskunst geübt, wie der berühmte _Codex argenteus_,
die Übersetzung des Neuen Testaments von dem Bischof Ulfilas, beweist,
der einen Schatz der Universitätsbibliothek zu Upsala in Schweden
bildet. Die fränkischen Könige nahmen bald die Pracht der Handschriften
an, die in Deutschland durch Karl den Grossen bekannt wurde[2].

  [2] □Th. Astle□, _The origin and progress of writing,
      illustr._ London 1784. -- □J. G. I. Breitkopf□, Beiträge
      zu einer Geschichte der Schreibkunst. Leipzig 1801. --
      □U. J. Kopp□, Bilder und Schriften der Vorzeit. Mannheim
      1819. -- Die Buchschriften des Mittelalters. Wien
      1852. -- □H. N. Humphreys□, _The origin and progress of
      writing_. _2. Ed._ London 1855. -- □Digby Wyatt□, _The
      art of illuminating_. London 1860. -- □K. Wattenbach□,
      Das Schriftenwesen des Mittelalters. 2. Aufl. Leipzig
      1875. -- □H. Shaw□, _Illuminated Ornaments selected from
      manuscripts of the middle ages_. London 1833. -- □K.
      Faulmann□, Illustr. Geschichte der Schrift. Wien 1880.

                                                       Die Illumination.

Die Mönche gingen in der kunstreichen Abschrift und Ausschmückung der
Bücher immer weiter. Es fand eine förmliche Teilung der Arbeit nach den
verschiedenen Fähigkeiten statt. Einige schrieben, andere verglichen,
korrigierten und rubrizierten. Kunstfertige Brüder (_rubricatores_,
_illuminatores_, _miniatores_) malten Anfangsbuchstaben,
Randverzierungen und bildliche Darstellungen und oft entstanden auf
Pergament geschriebene wahre Prachtwerke mit herrlichen Miniaturen in
kostbare Deckel von Sammet oder sogar von edlem Metall, mit Edelsteinen
besetzt, gebunden, die mit goldenen Spangen geschlossen wurden. Solche
Werke hatten natürlich einen sehr hohen Preis und wurden mitunter mit
einem Rittergut aufgewogen, konnten also selbstverständlich nur von
Fürsten und reichen Leuten angeschafft werden.

Zu dieser Pracht der Ausstattung passte schlecht die im □vii.□
Jahrhundert aufgekommene Sitte, eine Menge von Wörtern so zu
abbrevieren, dass schliesslich eine besondere Gelehrsamkeit dazu
gehörte, ein Manuskript zu entziffern. Diese Unsitte wurzelte nicht
bloss in dem Wunsch, das teure Pergament zu sparen, sondern wohl auch
in der römischen Geschwindschrift (den tironianischen Noten), welche
schon zu Ciceros Zeiten gebräuchlich waren.

                                                          Der Manuskrip-
                                                            tenhandel.

Als gegen das Ende des elften Jahrhunderts ein, namentlich durch die
Benediktinermönche genährtes, regeres geistiges Leben begann, als die
Menschheit durch die Kreuzzüge in eine, bis dahin ungeahnte Bewegung
geraten war, als der Geschmack für die Klassiker sich wieder zu zeigen
begann und die Nachfrage nach abgeschriebenen Büchern grösser ward,
da fingen auch Laien an Bücher abzuschreiben und den Bücherhandel
zu treiben. Förmliche Korporationen bildeten sich (_stationarii_,
_librarii_). In Italien und Frankreich beschränkten sich die
Handschriftenhändler auf einige Universitätsstädte; sie waren, wie
später auch die Buchdrucker, in Paris Beamte der Universität, und
standen, was Ein- und Verkauf betraf, unter Aufsicht der letzteren.
Ohne Vorwissen des Rektors durften sie einem Studenten nichts abkaufen,
mussten schwören, reell zu sein und dem Käufer nur den 40. Pfennig
als Gewinn abzunehmen. Unter den deutschen Städten fand nur in Wien
eine ähnliche Kontrolle statt, die, wenn sie auch in Einzelnheiten
ihr Gutes gehabt haben mag, doch im allgemeinen nachteilig wirkte. Die
Produktion der Manuskripte und der Handel mit denselben entwickelten
sich deshalb auch in Deutschland viel freier, manchmal selbst an Orten,
wo keine innere Veranlassung vorlag, so in dem Städtchen Hagenau (um
1430). Die Manuskriptenhändler, die noch lange nach der Erfindung der
Buchdruckerkunst fortbestanden, besuchten die Jahrmärkte und Messen und
selbst in Frankfurt blühte nach der Erfindung der Buchdruckerkunst der
Manuskriptenhandel neben dem Buchhandel. Auch die Lehrer verkauften an
die Schüler die denselben notwendigen Bücher.

                                                          Bilderschrift.

Die Abschriften und das Material für diese war aber immer noch
teuer und nur die Auserwählten konnten lesen. Man nahm also,
um auf das grössere Publikum zu wirken, seine Zuflucht zu der,
Allen verständlichen, in Metall- oder Holzschnitt ausgeführten
„Bilderschrift“. Um Heiligen- und andere Bilder herzustellen,
entstanden die Zünfte der Briefmaler und Illuministen. Brief (_Breve
sc. scriptum_) wurde jedes einseitig gedruckte einzelne Blatt genannt,
es mochte nun eine Spielkarte, ein Heiligenbild, ein Ablassbrief, eine
Anordnung o. dgl. sein.

Als bekannt darf das Wesen des Holzschnittes, wodurch dieser sich
von dem Kupferstich unterscheidet und der Schrifttype gleichkommt,
angenommen werden, nämlich darin bestehend, dass im Holzschnitt das
auf den Holzstock gezeichnete Bild stehen gelassen wird, während alle
nicht gezeichneten Stellen weggeschnitten werden, so dass schliesslich
die Zeichnung erhaben auf dem Holzstock zurückbleibt, während im
Kupferstich umgekehrt die Zeichnung graviert oder geätzt wird, also
in der Tiefe liegt. Das Material für den Holzschnitt war zu der Zeit,
von welcher hier die Rede ist, Linden-, Birn- oder Buchenholz, das
in Längenschnitten mit dem Messer bearbeitet wurde, während man jetzt
beinahe ausschliesslich nur Buchsbaum in Querschnitten verbraucht und
mit dem Stichel behandelt.

                                                          Metallschnitt.

Früher war man gewohnt, alle erhaben geschnittenen Formen als
Holzschnitte zu bezeichnen. Durch aufmerksame Prüfung kam man
jedoch zu der Erkenntnis, dass ein Teil der vorhandenen Abdrücke von
Metallplatten herrühren, und dass der Metallschnitt dem Holzschnitt
vorangegangen sei. Die Möglichkeit des Unterscheidens liegt namentlich
in der Farbe der vorhandenen Drucke, indem die Metallschnitte etwas
grauer, griesslicher und weniger gesättigt erscheinen, als die
Holzschnitt-Drucke. Öfters kann man auch in den Umfassungslinien
Verbiegungen wahrnehmen, die in einer Holzplatte nicht möglich
gewesen sein würden; man hat auch heute noch erhaltene Metallstiche
vorgefunden.

                                                          Der Zeugdruck.

Wir nähern uns hiermit schon der Buchdruckerkunst. Die erste
ausgedehnte Anwendung eines Druckverfahrens ist der farbige Zeugdruck,
der in Europa mutmasslich zuerst in Italien geübt wurde. Ohne uns
in ältere Zeiten zu verlieren steht es fest, dass schon im □xii.□
Jahrhundert Seiden- und Leinenstoffe durch Formendruck verziert
wurden. Eine allgemeinere Verwendung fand der Zeugdruck im □xiii.□
Jahrhundert und erscheint oft auf den Futterstoffen der reicheren
liturgischen Ornate. Gegen den Schluss des □xiii.□, namentlich aber
zu Beginn des □xiv.□ Jahrh., wurde auch Leder bedruckt und als Tapete
verwendet, selbst auf Bucheinbänden findet man farbige Muster auf
dünnes Schafsleder gepresst. Die verzierten Tapeten zeigen nicht nur
biblische Scenen sondern auch Gegenstände aus dem Sagenkreise; unter
die vorzüglichsten gehören die zu Sitten in der Schweiz. Die beim
Zeugdruck vorkommenden Farben beschränken sich zuerst hauptsächlich
auf Schwarz und Rot, die Goldverzierungen sind durch Bestäuben
erzielt. Auf grösseren Gemälden kommt an den Gewändern der Figuren
eine besondere Art von Farbendruck vor, indem die Stellen mit einer
kreide- oder gipsartigen Masse überzogen und dann mittels Formen
mit Mustern bedruckt wurden (Teigdrucke). Auch nach der Erfindung
der Buchdruckerkunst wurde der Zeugdruck mit Holz- oder Metallformen
fortgesetzt, der in neuerer Zeit in grossartiger Weise als Kattundruck
ausgebildet wurde.

                                                        Aelteste Bilder-
                                                             drucke.

Die ältesten uns bekannten bildlichen Darstellungen in Metallschnitt
reichen nach den gründlichsten Untersuchungen bis gegen Ende des □xii.□
Jahrhunderts zurück, Holzschnitte bis gegen Ende des □xiv.□ Einer
der ältesten Metallschnitte ist das, früher in der T. O. Weigelschen
Sammlung in Leipzig, jetzt in dem Germanischen Museum in Nürnberg
befindliche Blatt „Christus am Kreuze“. Unzweifelhaft beglaubigt
ist der Holzschnitt „Der heilige Christoph“ aus dem Jahre 1423. Die
Erhaltung dieser, wie mancher anderen alten Drucke ist der Sitte
zu verdanken, die Deckel der Büchereinbände durch Aufeinanderkleben
solcher auszufüttern oder zu bekleben. Freilich haben wir durch diese
Sitte andererseits den Verlust zahlreicher Blätter zu beklagen.

Die bildlichen Darstellungen hatten hauptsächlich religiöse Vorwürfe
und das Bedürfnis zeigte sich namentlich in den Zeiten bedeutender
religiöser Aufregung, wie zu Ende des □xiv.□ und zum Beginn des
□xvi.□ Jahrhunderts. Um die Andacht beim Gebet zu erhöhen, wurden die
Angerufenen durch Bilder versinnlicht. So entstanden die zahlreichen
Darstellungen der heiligen Jungfrau, der Kreuzigung, der Himmelfahrt,
der gesamten Passion, der Heiligen, des Weltgerichts. Gesteigert
wurde der Verbrauch durch die religiösen Brüderschaften und die
Wallfahrten. Es folgten die zusammenhängenden Bildwerke, die zumteil
schon im frühen Mittelalter gezeichnet vorhanden waren, und im □xv.□
Jahrhundert xylographisch und typographisch vervielfältigt wurden. Die
Hauptsache ward im Bilde dargestellt und die notwendige Erklärung und
die Nutzanwendung in Schrift beigegeben.

Daneben machte jedoch auch das profane Leben seine Forderungen geltend
und wurde durch eine Menge, teilweise sittenloser Darstellungen
befriedigt. Johann Gerson in Paris, zu Anfang des □xv.□ Jahrhunderts,
drang -- wie später Luther -- auf eine sittliche Umkehr und auf
Beseitigung schlechter und sittenverderbender Bücher und Bilder, die
sogar in den Kirchen zu Paris an hohen Festtagen verkauft wurden.
Es ist jedoch von solchen Erscheinungen nichts auf uns gekommen.
Das öffentliche Schamgefühl scheint das Vernichtungswerk gründlich
betrieben zu haben. Von profanen Büchern mit achtbaren Zwecken
sind einige erhalten worden, z. B. das „_moral play_“, die „zehn
Lebensalter“, das „Glücksrad“.

                                                        Die Spielkarten.

Neben den Heiligenbildern, ja vielleicht noch vor diesen, war das Buch
des Teufels, die □Spielkarten□, ein sehr gesuchter Artikel, der stark
abgenutzt wurde. Schon um das Jahr 1300 wurden die Karten in Italien
bekannt, kamen aber wahrscheinlich erst in dem letzten Viertel des
□xiv.□ Jahrh. nach Deutschland. Um der grossen Nachfrage zu genügen,
benutzte man ein Druckverfahren, durch welches die Figuren (darunter
auch Heilige) nach den Farben in Metallblätter ausgeschnitten und die
Farben schablonenmässig auf das Papier getragen wurden. Später schnitt
man die Umrisse in Holz, druckte diese und malte den inneren Raum
aus[3].

  [3] □J. G. I. Breitkopf□, Versuch den Ursprung der Spielkarten
      zu erforschen. Leipzig 1801. -- □W. S. Singer□,
      _Researches into the history of playing cards_. London.
      -- □W. A. Chatto□, _History of playing cards_. London
      1865. -- □P. Lacroix□, _Origine des cartes à jouer_.
      Paris 1837. -- □N. H. Willshire□, _Descriptive Catalogue
      of playing cards in the British Museum_, mit Illustr.
      1877. -- □J. Duchesne□ l'ainé, _Jeux de Cartes etc. du XIV
      au XVIII Siècle_. Paris 1844.

                                                        Feststellung der
                                                            Schnitte.

Die Entscheidung über das Alter eines Metall- oder Holzschnittes
ist eine schwierige Aufgabe. Kolorit, Technik, Papier, Kleidung
der Figuren, die Art das Haar zu tragen, Bewaffnung u. s. w. müssen
in Betracht gezogen werden, um den Ort und die Zeit der Entstehung
festzustellen. Später kommt der Vergleich mit den wenigen datierten
Drucken hinzu. Auch die Mundart der, von den Figuren ausgehenden
Sprüche und die Form der, zu diesen benutzten Schrift gewähren
Anhaltepunkte, letztere jedoch insofern weniger, als die Mönchsschrift
sich ziemlich unverändert das □xv.□ Jahrh. hindurch erhielt. Nach
den erwähnten Merkmalen lassen sich die graphischen Kunsterzeugnisse
vor Gutenberg in gewisse Schulen einordnen: die □Schwäbische□ (Ulm,
Augsburg); die □Fränkische□ (Nürnberg, Nördlingen); die □Bayerische□
(Freising, Tegernsee, Kaisersheim, Mondsee); die □Niederrheinische□
(Köln, Burgund). Von diesen Schulen lieferten die beiden letzteren die
besten Zeichnungen; die letzte ausserdem auch noch die besten Schnitte.

                                                         Fortschritte in
                                                            der Kunst.

Beim Fortschreiten der Kunst bekommen die Zeichnungen Andeutungen
von Schattierung. Auf die einfachen Unterschriften der Bilder folgen
ganze Sprüche, gewöhnlich Bibelstellen und Verse; oft in der Form
von Devisen aus dem Munde einer Figur hervorgehend. Aus den Sprüchen
werden schliesslich ganze Textseiten, die dem Bilde gegenüberstehen.
Das Bedürfnis der weltlichen Belehrung führt schliesslich zu
einem Buch ohne Bilder, dem _Donatus_. Aus den Briefmalern werden
□Briefdrucker□ (am Rhein _printers_ genannt) und □Formenschneider□,
welche Massen produzieren, von denen leider sehr vieles in der Zeit
des dreissigjährigen Krieges vernichtet, einiges aber doch erhalten
wurde[4].

  [4] □C. F. v. Rumohr□, Zur Geschichte der Formschnitte. 1837.
      -- □J. D. F. Sotzmann□, Älteste Gesch. der Xylographie.
      Leipzig 1837 (Raumers Taschenbuch). □J. M. Garnier□,
      _Histoire de l'imagerie populaire et des Cartes à jouer à
      Chartres_. Chartres 1869.

                                                           Kunst-Zünfte.

Die Zünfte der Genannten standen oft in grossem Ansehen. Als die
bedeutendsten sind zu nennen: die in Augsburg (1418), Nürnberg,
Frankfurt a. M., Mainz, Köln, Lübeck. In Ulm sind um das Jahr 1410
schon Kartenmacher und Kartenmaler, Formenschneider jedoch erst
1441. In Brügge bestand 1454 eine Brüderschaft St. Johannis des
Evangelisten, zu welcher Schreiber, Schulmeister, Buchhändler,
Buchbinder, Bildermacher, Bildschnitzer, Illuminatoren, Holzdrucker,
Formenschneider und Briefdrucker gehörten und die noch lange nach
Erfindung der Buchdruckerkunst blühte. In Italien und Frankreich kannte
man solche Vereinigungen erst im □xvi.□ Jahrhundert; sie hiessen im
letztern Lande: _tailleurs et imprimeurs d'histoires et figures_.

                                                           Reiberdrucke.

Noch druckte man nicht auf einer Presse, sondern das Papier wurde
auf die Druckform, welche mit leichter Erdfarbe, später mit einer aus
Lampenruss und Firnis gemischten Schwärze eingerieben war, gelegt. Mit
einem harten Lederballen, der mit Pferde- oder Kalbshaaren gestopft
war, strich man über die Rückseite des Papiers hin und her, ähnlich
wie die Holzschneider mittels des Falzbeines ihre Probeabdrücke machen
und wie die Chinesen noch heutigentages ihre Bücher drucken. Da der
Reiber einen sehr starken Eindruck in dem Papier hinterliess, so konnte
man nicht auf die Rückseite desselben nochmals drucken, sondern diese
sogenannten □Reiberdrucke□ sind nur einseitige (anopistographische).
Um ein Blatt mit bedruckter Vorder- und Rückseite zu bilden, musste das
Blatt umgebogen und an den beiden Rändern zusammengeklebt oder geheftet
werden, wie es heut zu Tage noch bei den chinesischen Büchern der Fall
ist.

Selbst nach Erfindung der beweglichen Typen hört der □Tafeldruck□ nicht
ganz auf, namentlich für Sachen, wozu kleinere Typen erforderlich,
deren Guss noch zu schwierig war. In dieser Weise vertraten die
Holzplatten zumteil die späteren Stereotypplatten. Man konnte die
ersteren, deren Material so gut wie nichts kostete, bequem aufbewahren,
um nach Bedürfnis Abdrücke zu machen, und hatte nicht nötig, den
Aufwand an Papier für längere Zeit im voraus zu bestreiten. Nach
Erfindung der Buchdruckerpresse konnte man selbstverständlich beide
Seiten des Papiers bedrucken.

                                                         Die xylographi-
                                                           schen Werke.

Von den Tafeldrucken in Buchform, speziell □Xylographische Werke□
genannt, sind etwa 30 auf unsere Zeit gekommen, von denen die
umfangreichsten gegen 50 Blatt umfassen. Sie sind teils nur Bilder ohne
Text, teils Bilder mit Text, schliesslich Text ohne Bilder. Von einigen
sind die Federzeichnungen, welche der Anfertigung der Holzschnitte
vorausgingen, erhalten, andere sind später typographisch ausgeführt,
andere wieder xylographisch auf der Buchdruckerpresse gedruckt. Der
grösste Teil ist religiösen Inhalts, der künstlerische Wert gewöhnlich
unbedeutend. Wir nennen die hauptsächlichsten:

_Ars moriendi._ Eine Anleitung, selig zu sterben, in einer kompendiösen
und in einer ausführlichen Darstellung (_speculum artis bene
moriendi_). Das Buch schildert die Versuchungen des Menschen durch
den Teufel, dem der Schutzengel entgegentritt. Der Stoff war ein sehr
beliebter und das Buch wurde in allen germanischen und romanischen
Sprachen bearbeitet. Der Verfasser ist nicht bekannt. Ein, früher im
Besitz von T. O. Weigel in Leipzig befindliches, jetzt dem _British
Museum_ einverleibtes xylographisches Exemplar der _ars moriendi_ gilt
als die erste, zugleich die vollendetste Ausgabe. Sie besteht aus 12
Bogen kl. fol., in bräunlicher Farbe gedruckt. Die Schrift ist die
Mönchsschrift. Die Konzeption und die Ausführung übertrifft in dem
geistigen Ausdruck der Figuren und in kunstgerechter Handhabung des
Messers alles, was von Kunstblättern des □xv.□ Jahrh. bekannt ist.
Allen Anzeichen nach stammt das Werk aus Köln, wo es auch aufgefunden
wurde[5].

  [5] Das Buch erschien in einer vortrefflichen photographischen
      Nachbildung 1869. Das Original erzielte in der am 27.-29.
      Mai 1872 abgehaltenen Versteigerung der Weigelschen
      Sammlung die Summe von 21450 Mark. Der Seite 17 erwähnte
      Metallschnitt „Christus am Kreuze“ wurde mit 3375 Mark
      bezahlt.

                                                         Die xylographi-
                                                           schen Werke.

_Historia St. Johanni eiusque visiones apocalypticae_ oder „das Buch
der haymlichē Offenbarungē Sant Johans“ war schon frühzeitig der
Gegenstand bildlicher Darstellung. Es giebt drei Ausgaben mit 50, drei
mit 48 Vorstellungen.

_Ars memorandi_: Die Kunst, die Erzählungen der vier Evangelisten in
Erinnerung zu behalten. Ein ebenfalls beliebtes, öfters aufgelegtes
Werk in 15 rohen, mit blasser Farbe gedruckten Holztafeln, und 15
Blättern mit Text.

_Biblia Pauperum_, „Die Armenbibel“, ist eine Reihe neutestamentlicher
Darstellungen von der Geburt der heiligen Jungfrau an bis zum jüngsten
Gericht, unter beständiger Hinweisung auf das Alte Testament. Das Buch
ist wahrscheinlich niederrheinischen Ursprungs. Die Benennung erklären
Einige, als sei das Buch für die geringeren Ordensgeistlichen, die sich
_Pauperes Christi_ nannten, bestimmt, Andere nehmen an, es solle damit
gesagt sein, sie sei eine Bibel für die an Gütern oder am Geiste Armen.

_Speculum humanæ salvationis_ (holländ.: _Spieghel der menscheliker
Behoudnisse_): „Der Heilsspiegel“, ist ebenfalls eine Reihe
neutestamentlicher Darstellungen. Von den vielen Ausgaben dieses
beliebten Buches ist nur eine mit in den Tafeln geschnittenem Text, die
übrigen sind typographisch ausgeführt. Das Buch ist niederrheinischen
Ursprungs und die Holländer erklären dieses späte Produkt für ein von
Koster mit beweglichen Typen gedrucktes Werk.

„Der Entkrist“, die Legende von dem falschen Messias. 26 Bl. in kl. fol.

„Die Legende des heiligen Meinrad“, 48 xylogr. Blätter in 8°.

Von den xylographischen Werken weltlichen Inhalts sind folgende
besonders erwähnenswert:

„Die Kunst Ciromantia Dr. Joh. Hartliebs“, Leibarzt des Herzogs
Albrecht des Frommen zu Bayern, 24 auf beiden Seiten bedruckte Blätter.

„Der Kalender des Magisters Johannes de Gamundia“, die älteste bekannte
Ephemeride (gedruckt um d. J. 1470). Das Werk bestand nicht bloss aus
der uns allein erhaltenen Tafel, sondern hatte 11 Foliobogen Text.

„Der deutsche Kalender von Magister Johann von Kunsperk“
(_Regiomontanus_) um d. J. 1473. Von diesem Werke hat man Exemplare,
welche nach dem Druck abgeschrieben sind, ein Beweis, dass die
gedruckten Bücher damals noch teuer waren und dass man in den Klöstern
immer noch Zeit übrig hatte.

Von den Lehrbüchern war namentlich der _Donatus_ sehr verbreitet. Der
Verfasser Älius Donatus, welcher um 335 n. Chr. in Rom lehrte, hat
mehrere kleine grammatische Schriften hinterlassen, aus welchen man
einen Auszug in Katechismusform: _Donatus minor_ bildete, der bis tief
in das □xviii.□ Jahrhundert noch im Gebrauch war.

       *       *       *       *       *

                                                              Ebnung des
                                                              Bodens für
                                                              Gutenberg.

Um die Mitte des □xv.□ Jahrh. hebt sich der Sinn für die klassische
Litteratur in merklicher Weise. In Italien erblüht ein frisches
Geistesleben, durch Dante, Boccaccio und Petrarca geweckt. Die
fürstlichen Häuser der Medici, Visconti und Este suchen ihre Ehre in
der Beschützung und Pflege der Dichtkunst und der Wissenschaften.
Im Norden bilden der Hof von Burgund und die niederländischen
Städte Pflanzschulen der Kultur. In Deutschland geht das Lehns- und
Ritterwesen zuende und der Bürgerstand erhebt sich mächtig. Die Fragen
der Kirche sind auf die Tagesordnung gesetzt: Wiclef und Huss haben der
Reformation vorgearbeitet.

Streitigkeiten an der Prager Universität veranlassen die Auswanderung
von Lehrern und Schülern, welche die Gründung der Hochschulen zu
Wien, Heidelberg, Köln, Erfurt, Würzburg und Leipzig zur Folge haben.
Die Zeit war für die Entdeckung der Buchdruckerkunst gereift und die
neue Welt des Geistes sollte noch eher, als die neue Welt jenseit des
Meeres, ihren Columbus finden. Dieser war: □Johannes Gutenberg□.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

II. KAPITEL.

DIE ERFINDUNG.

 Johannes Gutenberg. Herkunft. Aufenthalt in Strassburg. Gutenberg
   in Mainz. Verbindung mit Johann Fust. Peter Schöffer. Gutenbergs
   Unglück. Sein Tod. Sein Andenken.


JOHANNES GENSFLEISCH ZU GUTENBERG, geboren in Mainz um das Jahr
1397, gehörte einer dortigen angesehenen Patrizierfamilie an. Sein
Vater, □Frielo Gensfleisch□, heiratete □Else□, letzte Sprosse des
Patriziergeschlechtes „zum Gutenberg“. Dieser Ehe entstammten zwei
Söhne □Frielo□ und □Henne□ (Johannes).

                                                           Herkunft und
                                                           Jugend Guten-
                                                               bergs.

Von den Jugendjahren und dem Bildungsgang des Johannes ist nichts
bekannt. In die Streitigkeiten zwischen dem Adel und den Bürgern von
Mainz verwickelt, wanderte die Familie Gensfleisch 1421 von Mainz
aus und zog wahrscheinlich zuerst nach Eltville im Rheingau, wo sie
Güter besass. Hier wohnte 1434 noch der älteste Sohn Frielo. Aus einer
Urkunde, welche □Johannes Gutenberg□ (bei diesem seinen Weltnamen
werden wir ihn künftig nennen) im Jahre 1434 in Strassburg ausstellte,
erfährt man erst mit Bestimmtheit, dass er dort sein Domizil
aufgeschlagen hatte. Er wohnte im Kloster Arbogast an der Ill, eine
Viertelstunde vor dem Weissturmthore, an der, jetzt Grüneberg genannten
Stelle. In der erwähnten Urkunde erklärt Gutenberg, dass er, dem
Strassburger Magistrat zuliebe, den Mainzer Stadtschreiber Nikolaus,
den er hatte festnehmen lassen, um die Zahlung einer Rente von dem
Mainzer Rate zu erzwingen, welche dieser beanstandete, weil Gutenberg
nicht nach Mainz zurückgekehrt war, loslassen wolle. Gleichzeitig
verzichtet Gutenberg auf jede Forderung an die Stadt Mainz.

                                                            Gutenbergs
                                                          Associationen.

Als industrielles Talent zeigt sich Gutenberg erst um das Jahr 1435
(„etliche Jahre vor 1439“). Zu der erwähnten Zeit sucht □Andreas
Dritzehn□ ihn auf, mit dem Begehren, Gutenberg möge ihn in einige
von den Künsten einweihen, mit welchen er sich abgebe. Gutenberg ging
hierauf ein und schloss einen Vertrag in Betreff des „Steinepolierens“
mit Dritzehn ab. Im Jahre 1437 traf Gutenberg ein weiteres Abkommen mit
□Hans Riffe□, Voigt zu Lichtenau, bezüglich des „Spiegelmachens“, einer
Kunst, die man anlässlich der 1439 bevorstehenden Wallfahrt nach Aachen
mit Vorteil auszubeuten hoffte. Gutenberg sollte zwei Anteile von
dem Ertrag haben, Riffe einen. Als Dritzehn hiervon Kenntnis erhielt,
drang er darauf, auch in diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden und
Gutenberg gab ihm schliesslich den einen seiner zwei Anteile. Später
erlangte Anthonin Heilmann, ein geistlicher Herr, noch für seinen
Bruder □Andreas Heilmann□, der wie Dritzehn zur Kürschnerzunft gehörte,
eine Teilnahme. Man einigte sich schliesslich dahin, dass er die Hälfte
von Dritzehns Drittel bekam. Jeder Teilnehmer musste an Gutenberg 80
Gulden zahlen.

Als die Aachener Wallfahrt auf das Jahr 1440 verschoben wurde,
entschlossen sich die Teilnehmer, den Vertrag zu prolongieren und auf
andere Zweige zu erweitern. Andr. Dritzehn und Andr. Heilmann sollten
je 125 Gulden einzahlen. Nach einigen Schwierigkeiten wurde der Vertrag
im Sommer 1438 auf fünf Jahre abgeschlossen. Starb in dieser Zeit einer
der Beteiligten, so sollten dessen Erben nach Ablauf des Vertrags mit
100 Gulden abgefunden werden. Das Verhältnis unter den Teilnehmern
blieb ein freundliches. Das Geschäft war namentlich Spiegelmachen, eine
Kunst, die damals Bedeutung hatte. Besonderes Gewicht wurde bei dieser
Fabrikation auf die gepressten Metallrahmen gelegt. Dass die Compagnons
sich mit Metallarbeiten beschäftigten, geht deutlich aus ihren Ankäufen
hervor.

                                                          Dritzehns Tod.

Weihnachten 1438 erkrankte Dritzehn in gefährlicher Weise und starb
an einem der Weihnachtsfeiertage. Andr. Heilmann, dem daran liegen
musste, dem Gerede Neugieriger vorzubeugen, ersuchte den Tischler
Saspach, der für die Gesellschaft eine Presse gefertigt hatte, diese
auseinanderzunehmen, „dann wisse niemand, was die Stücke zu bedeuten
hätten“. Saspach ging auch am 26. Dez. hin, aber „das Ding“ war fort.
Auch Gutenberg hatte seinen Diener Lorenz Beildeck mit einem ähnlichen
Auftrage gesandt. Vergebens; die Presse war fort. Wozu sollte sie aber
gedient haben? Es konnte eine Druckerpresse gewesen sein, aber ebenso
wohl eine Art von Prägepresse für die Verzierungen der Spiegelrahmen.
Andere haben die Vermutung ausgesprochen, es handle sich um ein
Giessinstrument, einen Apparat, der wirklich neu und für die Ausbeutung
der Erfindung der Buchdruckerkunst, falls es sich doch um diese
gehandelt haben sollte, weit massgebender war als eine Presse. Was ein
auseinandergenommenes Giessinstrument bedeuten könne, sollte allerdings
dem Uneingeweihten zu erraten schwer geworden sein.

                                                          Ende der Asso-
                                                             ciation.

Gegen die klaren Bestimmungen des Vertrags forderten die Brüder des
verstorbenen Dritzehn, in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden.
Gutenberg, der diesen Antrag verwarf, ward nunmehr von den Dritzehns
bei dem grossen Rate zu Strassburg verklagt, jedoch nach Abhören von
vielen Zeugen freigesprochen. Das Urteil vom 12. Dezbr. 1439 lautete:
Die Erben Dritzehns hätten sich bei der festgesetzten Entschädigung von
100 Gulden zu beruhigen, von welchen 85 Gulden, welche Dritzehn noch an
Gutenberg angeblich schuldete, abgezogen werden sollten, vorausgesetzt,
dass letzterer die Richtigkeit der Angabe beschwören würde. Den Eid
leistete Gutenberg.

Wüssten wir auch nicht aus diesem Rechtsstreit, dass Gutenberg bis
zum Sommer 1443 in Strassburg gebunden gewesen, so könnten wir aus
dem Steuerregister, in welchem er in den Jahren 1439, 1443 und 1444
verzeichnet ist, leicht erfahren, dass er um diese Zeit in Strassburg
verweilte. In diesem Register wird Gutenberg als „Konstofler“
bezeichnet, d. h. als Mitglied einer lokalen Innung im Gegensatz zu den
gewerblichen. Auch eine Bürgschaftsurkunde Gutenbergs aus dem Jahr 1441
ist vorhanden. Einem anderen Dokument ist sein Siegel beigefügt mit
der Umschrift: •S. Hans Gensfleisch dei Gutenb'g•. Aus dem
Strassburger Aufenthalt erfährt man ferner, dass Gutenberg auf Grund
eines angeblich nicht gehaltenen Eheversprechens von □Anna zur eisernen
Thüre□ in Anspruch genommen wurde. Von einer Heirat ist keine Spur zu
finden, jedoch schreibt sich Anna später □Annel Gutenbergerin□.

                                                            Gutenbergs
                                                           Rückkehr nach
                                                               Mainz.

Die pekuniären Erfolge der Strassburger Unternehmungen entsprachen den
Erwartungen der Teilnehmer nicht und Gutenberg kehrte, wahrscheinlich
in der Hoffnung von seinen Verwandten das erforderliche Geld zur
Durchführung seiner Pläne zu erlangen, nach Mainz zurück. Am 23. April
1444 weilt er noch in Strassburg. Nach Mainz muss er, in Begleitung von
seinem treuen Diener Lorenz Beildeck, zu Ende d. J. 1444 oder zu Anfang
d. J. 1445 gekommen sein. In Strassburg finden sich keine Spuren einer
Buchdruckerkunst vor.

                                                       Vertrag mit Fust.

Von den ersten fünf Jahren aus dem Aufenthalt Gutenbergs in Mainz ist
so viel wie nichts bekannt, nur dass sein Oheim Henne Gensfleisch der
ältere den „Hof zum Jungen“ mietete und ihn darin aufnahm, ferner,
dass ein anderer Verwandter Arnold Gelthuss für ein Darlehn von
150 Goldgulden, welches er am 6. Oktober 1448 gegen einen Zins von
5 Goldgulden für das Hundert aufnahm, sich verbürgte. Nur hieraus
kann der Schluss gezogen werden, dass seine Pläne sich in einem
vorgeschrittenen Stadium befanden, dass jedoch seine Mittel zur
Durchführung nicht genügten.

Da erschien zu einer, in ihrer Folge teueren Hülfe ein angesehener
und gut situierter Bürger, □Johannes Fust□. Am 22. Aug. 1450 wurde
ein Vertrag zwischen diesem und Gutenberg abgeschlossen, nach
welchem Fust 800 Goldgulden gegen 6% Zinsen vorstreckte. „Das
Gezüge“ blieb Unterpfand. Sollten die Kontrahenten in Differenzen
geraten, so hatte Gutenberg die 800 Gulden zurückzuzahlen. Ausserdem
wurde übereingekommen, dass Fust jährlich bis zu 300 Gulden für
Löhne, Hauszins, Pergament, Papier, Farbe und andere Erfordernisse
vorschiessen sollte. Der ganze Vertrag hatte somit einen rein
finanziellen Charakter. Gutenberg gab den Gedanken, das Werkzeug, die
Arbeit; Fust das Geld. Von einer Miterfinderschaft des letzteren ist
mit keinem Worte die Rede.

                                                         Damaliger Stand
                                                          der Erfindung.

In seinem ganzen nachherigen Verfahren zeigt sich Fust als ein so
vorsichtiger und klug berechnender Geschäftsmann, dass unbedingt
angenommen werden muss, die Erfindung habe beim Abschluss des Vertrags
bereits auf einer weit vorgerückten Stufe der Entwickelung gestanden.
Mit einem projektmachenden Junker, der weiter nichts mitbrachte, als
etwa den Gedanken, Holztafeln in einzelne Buchstaben zu zersägen und
diese Buchstaben einzeln an einander zu reihen und zu drucken, würde
ein Fust kaum den Vertrag abgeschlossen haben. Und wie sollte ein
strebender Geist, wie Gutenberg, der jahrelang sich in Metallarbeiten
geübt hatte, auf den Gedanken kommen, grosse Hebel in Bewegung zu
setzen, um xylographische Drucke zu liefern oder bewegliche Holztypen
zu schaffen? Was heutzutage mit allen Raffinements der Hülfsmaschinen
kaum gelingen würde, sollte im Jahre 1450 denkbar gewesen sein!
Gutenberg müsste kein Erfindergenie gewesen sein, wenn er hölzerne
Typen je zu einem anderen Zweck hergestellt hätte, als um Versuche zu
machen und allenfalls sie als Stempel zu benutzen, um Matern zum Guss
der Buchstaben zu schaffen. Und, hat auch Gutenberg wirklich seine
ersten Stempel in Holz geschnitten, so wird es nicht lange gedauert
haben, bis er eingesehen hat, dass für die Stempel Metall, und zwar ein
härteres als das der Mater oder der Type, unumgänglich notwendig sei.
Es kann nicht genug betont werden: „Die mechanische Vervielfältigung
der Typen bildet das Wesen der Typographie“. Hätte Gutenberg nicht die
Schriftgiesserei erfunden, so gehörte ihm auch nicht die Erfindung der
Buchdruckerkunst. Dass Peter Schöffer wesentliche Verbesserungen in
diesem Zweige eingeführt habe, muss man jedoch annehmen.

                                                         Gutenbergs neue
                                                         Verlegenheiten.

Mit dem grossen Werke Gutenbergs ging es, wie mit so vielen anderen
Unternehmungen von Bedeutung: es verschlang, bevor es in seiner
Vollendung Geld bringen konnte, mehr Geld, als berechnet war. Im
Dezember 1452 schoss Fust abermals 800 Goldgulden vor, sorgte aber
vorsichtigerweise auf das beste für die Sicherstellung. Nicht allein
das „Gezüge“, sondern das „Werk des Buches“ wurde ihm verpfändet und
der Vorteil sollte ein gemeinschaftlicher sein. Hier ist also von einer
wirklichen Beteiligung die Rede, was einen sicherern Beweis liefert,
dass nicht mehr an der Rentabilität gezweifelt wurde.

                                                            Erste Press-
                                                            erzeugnisse.

Welches waren nun die ersten unbestreitbaren Erzeugnisse der
Gutenbergschen Presse? Den grössten Absatz versprachen natürlich
Schulbücher, namentlich die schon früher erwähnte sehr beliebte
Grammatik des Älius Donatus. Ein Fragment (jetzt in Paris), zwei
Pergamentblätter, eines solchen von Gutenberg gedruckten Donats, wurde
als Einschlag einer alten Rechnung entdeckt. Die grossen Typen des
Schriftchens sind die der 36zeiligen Bibel. Verkehrtstehende Buchstaben
weisen unwiderleglich auf eine typographische Herstellung hin, die um
das Jahr 1451 stattgefunden haben muss.

                                                       Die Ablassbriefe.

Am 12. Aug. 1451 bewilligte der Papst Nikolaus □v.□ denjenigen, welche
zur Unterstützung des Königreichs Cypern in seinem Krieg gegen die
Türken Geld spendeten, einen allgemeinen Ablass, der für die drei
Jahre vom 1. Mai 1452 - 1. Mai 1455 erteilt wurde. Paulinus Zapp
(_Chappe_) besorgte von Mainz aus den Vertrieb der Ablassbriefe für
Deutschland. Das Geschäft wollte aber nicht recht gehen, bis, nach
dem Fall von Konstantinopel (1453), Europa aufschrak. Nunmehr nahm
der Generalinquisitor Johann von Capistran die Sache in die Hand und
predigte den Kreuzzug gegen die Türken. Jetzt fand der Ablasshandel
einen günstigeren Boden. Zur massenhaften Anfertigung dieser
„Anteilscheine auf Seligkeit“ eignete sich Gutenbergs Erfindung ganz
vorzüglich. Man liess nur den Raum für den Ort, den Tag und den Namen
des Aktieninhabers offen und die Ausstellung konnte in raschester
Weise vor sich gehen. Ein vollständig „geschriebener“ Ablassbrief aus
Lübeck, datiert vom 6. Okt. 1454, ist noch vorhanden, daneben sind
aber auch „typographisch“ hergestellte Exemplare mit der Jahreszahl
□mccccliiii□ aufgefunden. Nach dem ersten Mai 1455 waren die Urkunden
wertlos und deshalb die Pergamentblätter namentlich von den Buchbindern
benutzt, oder sie gingen im Laufe der Jahrhunderte verloren. Allmählich
sind jedoch 23 solcher Denkmale der ältesten Typographie ans Licht
gezogen, die alle aus dem Zeitraum vom 25. Nov. 1454 bis zum 30. April
1455 stammen. Aus diesen geht hervor, dass Gutenberg im Jahre 1454
wenigstens zwei Schriftgattungen besessen hat: die grosse Donattype und
eine kleinere, die jedoch zu keinem Buche von ihm benutzt wurde.

                                                             Bibeldruck.

Mit Resultaten wie die erwähnten war Gutenberg jedoch nicht zufrieden;
sein Sinn trachtete nach einem grösseren Ziele. Und welches Ziel
konnte der neuen Erfindung würdiger sein, als die Verallgemeinerung der
heiligen Schrift. Wir stehen nun vor einem der wichtigsten der vielen,
noch dunklen Punkte in der Erfindungsgeschichte.

                                                        Welche Bibel ist
                                                           die erste?

Es liegen zwei Bibeln vor, über welche Meinungsverschiedenheit
obwaltet: die „42zeilige“ (die sogenannte „Mazarinsche“), unzweifelhaft
von Gutenberg und Fust begonnene und von Fust und Schöffer vollendete,
und die „36zeilige“ (die „Schellhornsche“)[1]. Welcher von beiden
gebührt die Priorität? Früher wurde diese allgemein der 42zeiligen
zugesprochen und die 36zeilige Bibel als ein Druck Alb. Pfisters in
Bamberg betrachtet. Alle neueren Forscher jedoch, Didot, Weigel und
Zestermann, Madden, de Vinne, van der Linde, sind darin einig, dass
die 36zeilige Bibel die erste sei und ebenfalls aus Gutenbergs Offizin
stamme. Diese neuere Ansicht wird durch eine, aus der Schöfferschen
Druckerei direkt stammende Überlieferung bestätigt, welche Ulrich Zell
nach Köln brachte und die 1499 gedruckt erschien. Hiernach wäre die
erste Bibel die mit den „grossen Missalbuchstaben“ gedruckte d. i.
die „36zeilige“. Dieselben Typen, die für den erwähnten Donat dienten,
wurden 1454 zu: „Eyn manūg d' christēheit widd' die Durkē“ verwendet
und gingen wahrscheinlich später in den Besitz Pfisters in Bamberg
über. Dies mag Veranlassung zu der Annahme gegeben haben, dass die
36zeilige Bibel aus Pfisters Offizin stamme, wogegen jedoch dessen
sonstige typographische Leistungen und viele äussere Umstände und
innere Gründe entschieden sprechen.

  [1] „Mazarinsche“, weil das erste Exemplar in der Bibliothek
      des Kardinal Mazarin entdeckt wurde; „Schellhornsche“,
      weil der Superintendent Schellhorn besonders bemüht war,
      derselben ihr Recht als ein Werk Gutenbergs zu wahren.

                                                           Die 36zeilige
                                                               Bibel.

Die 36□zeilige Bibel□ umfasst 881 Blätter oder 1762 zweispaltige
Seiten, zumeist in Lagen von 5 Bogen gefalzt, und ist in der Regel in
drei Bände gebunden. Zum Zweck der kalligraphischen Ergänzung sind die
Räume für die grossen Initialen freigelassen. Die neue Kunst wollte
eine genaue Reproduktion der Manuskripte geben. Deshalb wurden auch die
Drucklettern den geschriebenen Buchstaben mit den vielen Abbreviaturen
nachgebildet. Was in Druck nicht nachgeahmt werden konnte, wurde
hineingezeichnet. Eine beabsichtigte Täuschung hierin erblicken zu
wollen dürfte kaum zutreffend sein; man wagte es einfach nicht von
dem herrschenden Geschmack abzugehen. Ähnliches findet man noch heute
bei den für den Orient bestimmten Druckschriften, deren Schwierigkeit
hauptsächlich darin liegt, dass alle Abwechselungen der Handschrift
genau nachgebildet werden müssen. Das Druckjahr der 36zeiligen Bibel
ist nicht zu entdecken gewesen. Ein rubriziertes Exemplar in Paris
trägt das Datum 1461. Dies würde allerdings sehr gegen die Priorität
dieser Ausgabe sprechen, wenn es nicht auch sonst vorkäme, dass
Exemplare eines Buches erst später rubriziert wurden. Im Jahre 1460
hatte man schon Blätter dieser Bibel als Makulatur benutzt. Die ersten
Bogen zeigen in technischer Beziehung noch Unsicherheit, der Druck ist
sehr stark, das Register steht nicht gut, und auch andere Mängel sind
sichtbar, der spätere Teil ist besser gearbeitet[2].

  [2] Exemplare besitzen Leipzig, Jena, Stuttgart, Wolfenbüttel.

                                                           Die 42zeilige
                                                               Bibel.

Sollte die 36zeilige Bibel die erste und somit die zuerst aufgefundene
42□zeilige Bibel□ dem Alter nach die zweite gewesen sein, so bleibt
sie nichtsdestoweniger ein höchst ehrwürdiges und bedeutendes
Druckmonument. Es ist ein zweibändiger Foliant von 324 und 317,
im ganzen also von 641 Blättern von zweispaltigen Zeilen. Die 66
Lagen bestehen meist aus je fünf Bogen (Quinternionen). Gedruckte
Seitenzahlen, Signaturen, Kustoden und Initialen fehlen. Ein
rubriziertes Exemplar ist mit dem Datum 24. Aug. 1456 bezeichnet. Man
hat Exemplare sowohl auf Pergament wie auf Papier. Die auf Pergament
gedruckten Exemplare, von denen man sechs kennt (davon je eins in
Leipzig und Berlin), sind mit brillant ausgemalten Initialen mit
Goldverzierungen geschmückt; die auf Papier gedruckten, von welchen
neun erhalten wurden (darunter in Frankfurt a. M., Leipzig, München,
Wien), haben wechselnd rote und blaue Initialen.

                                                         Peter Schöffer.

Einen tüchtigen Mitarbeiter fanden Gutenberg und Fust in □Peter
Schöffer□. Im Prinzip hatte Gutenberg die Erfindung allein vollbracht,
aber in der technischen Ausführung der Einzelnheiten mag vieles
noch gefehlt haben. Die Stempel und Formen (Matrizen) waren noch
unvollkommen. Die Schärfe der Typen verlor sich schnell auf Grund
der Weichheit des Metalls für die Schrift und die Matern; auch die
Zeichnung und der Schnitt der Stempel (Patrizen) liessen zu wünschen
übrig. Hier scheint nun Peter Schöffer zum Vorteil der Kunst energisch
eingegriffen zu haben.

Schöffer[3] war in Gernsheim zwischen 1420 und 1430 geboren. Näheres
über seine Familie und seine Jugend ist nicht bekannt, nur dass
er sich zuerst der Jurisprudenz widmete und sich längere Zeit in
Paris aufhielt, wo er sich einen Ruf als tüchtiger Illuminator und
Rubrikator erwarb. Nach Mainz scheint er in dem Jahre 1450 oder 1451
gekommen zu sein, wahrscheinlich um in den erwähnten Eigenschaften
in der Gutenbergschen Offizin zu wirken. Hier hat er nun mutmasslich
weitergehende Talente entwickelt, ohne dass es sich jedoch genau
feststellen lässt, wie weit seine Thätigkeit sich erstreckte.
Jedenfalls hat er die Form der Buchstaben verbessert, ein grösseres
Ebenmass derselben sowie auch eine bessere Legierung des Schriftmetalls
veranlasst, und einen schöneren Schnitt der Stempel in härterem
Metall (Stahl) eingeführt, wodurch man in den Stand gesetzt wurde,
dieselben in kupferne Matrizen einzutreiben. Kurz: hat auch Schöffer
die Schriftgiesserei nicht erfunden, so bleibt ihm doch das grosse
Verdienst, sie in die Bahn gelenkt zu haben, die sie bis jetzt nicht
verlassen hat. Auch die Verbesserung der Schwärze durch Zusatz von
Firnis soll sein Werk gewesen sein.

  [3] □H. Künzel□, Peter Schöffer von Gernsheim, der Miterfinder
      der Buchdruckerkunst. Darmstadt o. J.

Dass die Verdienste Schöffers nicht klein sein konnten, lässt sich
schon daraus schliessen, dass der angesehene und wohlhabende Fust
kein Bedenken trug, dem armen Schreiber seine Tochter Christine zur
Ehefrau zu geben. Diese Tüchtigkeit und dieses Zutrauen, welches Fust
in Schöffer setzte, sollten leider Gutenberg verderblich werden, denn
sie gaben Fust die Zuversicht, feindlich gegen ihn aufzutreten. Für
Schöffers Beteiligung bei diesen Schritten liegt kein Beweis vor;
zweideutig jedoch hat er sich wenigstens insofern gezeigt, als er
später auf Kosten Gutenbergs sich die Ehre der Erfindung anzueignen
versuchte.

                                                        Fust klagt gegen
                                                            Gutenberg.

Mag nun sein, dass die Auslagen zu gross und die Auflagen zu klein,
oder, dass Gutenberg in der praktischen Geschäftsführung nicht der
rechte Mann gewesen, die neue Kunst hatte trotz aller technischen
Fortschritte keinen finanziellen Erfolg gehabt. Es kam soweit, dass
Fust Klage gegen Gutenberg erhob. Er forderte:

 Erstes eingeschossenes Kapital: 800 Goldgulden
   Zinsen darauf:                250     "
 Zweites Kapital:                800     "
   Zinsen darauf:                140     "
   Zins vom Zins:                 36     "
                   ------------------------------
                       zusammen 2026 Goldgulden.

Gutenberg machte dagegen geltend, 1) dass Zinsen von den 800 Gulden
zwar in dem Dokument festgestellt seien, dass aber Fust versprochen
habe, solche nicht zu erheben; 2) dass die ersten 800 Gulden nicht
voll eingezahlt gewesen; 3) dass er in Betreff der zweiten 800
Gulden zwar die Verantwortung, nicht aber Zinsen zu tragen habe;
4) dass die zugesagten 300 Gulden jährliches Betriebskapital nicht
entrichtet worden seien. Hiergegen wird Fust der Eid auferlegt,
welchen er leistet, und Gutenberg, der nicht persönlich erschienen
war, wird am 6. Nov. 1455 zur Zahlung verurteilt. Auf Fusts Verlangen
stellte der Kleriker und Notar Ulrich Helmasperger eine Urkunde
über die Verhandlung auf, welche ein wichtiges Dokument in der
Erfindungsgeschichte bildet.

                                                        Trennung Guten-
                                                        bergs und Fusts.

Der Vertrag zwischen Gutenberg und Fust hatte somit seine Endschaft
erreicht; wie sich jedoch die schliessliche Auseinandersetzung
gestaltet hat, ist nicht bekannt. Aus später erschienenen Druckwerken
geht hervor, dass die Typen der noch nicht vollendeten 42zeiligen
Bibel auf Fust übergegangen sind, dass Gutenberg dagegen die Typen der
36zeiligen behielt. Denn nach dem Tode Fusts druckte sein Nachfolger
Peter Schöffer mit der zuerst erwähnten Schrift einen Donat, während
gegen Ende des Jahres 1456 mit den zuletzt genannten Typen ein Kalender
auf das Jahr 1457 fertiggestellt wurde.

                                                            Gutenbergs
                                                           weitere Wirk-
                                                              samkeit.

Gutenbergs Mut war durch den ihm beigebrachten Schlag nicht
erschüttert, und es scheint ihm nicht einmal schwer geworden zu
sein, wieder in Besitz von Betriebsmitteln zu kommen. Zwar wurde auch
diesmal eine Verpfändung notwendig, aber sein Gläubiger Conrad Humery,
„der Stadt Mainz Pfaff und Jurist“, war ein verständiger, Gutenberg
wohlgesinnter Mann. Gutenberg fertigte ganz neue Typen an und druckte
mit diesen zuerst zwei kleine undatierte Schriften: _Matthäus de
Cracovia, tractatus racionis et consciencie_, 22 Blatt in Quarto, und
_Thomas de Aquino, Summa de articulis fidei_, 12 Blatt in Quarto. Dann
aber brachte er im Jahre 1460 mit der neuen Schrift ein Riesenwerk
zustande, einen Folianten von 373 zweispaltig und eng gedruckten
Blättern (ohne Signatur, Kustoden und Seitenzahlen). Diese bedeutende
Leistung war die berühmte erste Ausgabe des Joannis de Janua: _Summa
quae vocatur Catholicon_. Den Anfang bildete eine lateinische Grammatik
in vier Abteilungen (64 Blatt), dann folgt als fünfter Teil ein
lateinisches Lexikon. Am Ende des Buchstaben I (Blatt 189 rechte Seite)
steht gedruckt das Wort _sequitur_ und darunter geschrieben _in alio
folio_; die Rückseite des Blattes ist weiss gelassen und somit konnte
das Werk in zwei Bände gebunden werden.

                                                         Gutenbergs ein-
                                                         zige Ansprache.

Zum Schluss des Werkes ergreift der Erfinder selbst, jedoch ohne seinen
Namen zu nennen, zum ersten, zugleich zum letzten male das Wort. Die
Schlussschrift (_Kolophon_) ist lateinisch und lautet übersetzt[4]:

     „Unter dem Beistande des Allerhöchsten, auf dessen Wink
   die Zungen der Kinder beredt werden und der oft den Kleinen
   offenbart, was er den Weisen verbirgt, ist dieses vortreffliche
   Buch _Catholicon_ im Jahre der Menschwerdung des Herrn □mcccclx□
   in der guten, der ruhmwürdigen deutschen Nation angehörigen Stadt
   Mainz, welche die Gnade Gottes mit so hehrem Geisteslichte und
   freiem Gnadengeschenke den anderen Völkern der Erde vorzuziehen
   und zu verherrlichen gewürdigt hat, gedruckt und zustande
   gebracht worden, und zwar nicht mittels des Rohres, des Griffels
   oder der Feder, sondern durch das bewundernswerte Zusammenpassen,
   Verhältnis und Ebenmass der Patronen und Formen[5].“

  [4] Nach □J. Wetters□ Uebersetzung. Krit. Gesch. S. 319.

  [5] Patrizen. -- Matrizen.

So spricht sich der Erfinder selbst über die Erfindung aus. Es ist
kaum anzunehmen, dass er sich nur aus Bescheidenheit oder aus falschem
Stolz nicht genannt haben sollte, oder gar aus Verdruss, weil seine
Leistungen durch die Schöffers überflügelt waren. Wir müssen leider
eher glauben, dass derjenige, der für andere die Goldminen entdeckt
hatte, nicht in der Lage war, seinen Namen nennen zu dürfen, mögen nun
die Gründe in einem noch nicht geregelten Verhältnis zu Fust oder in
seiner neuen Stellung zu Humery oder sonst wo gelegen haben.

                                                            Gutenberg in
                                                              Eltville.

Aus dem Jahre 1461 haben wir noch einen Ablassbrief, mit den Typen des
Catholicons gedruckt. Dann kam das für Mainz und die junge Kunst so
verhängnisvolle Jahr 1462. Der Erzbischof von Mainz, Diether, Graf zu
Isenburg, war von Kaiser und Papst abgesetzt. Die Domherren wählten den
Grafen Adolf von Nassau; die Bürger aber nahmen Partei für Diether.
In der Nacht vom 27. zum 28. Oktober 1462 erstürmte Adolf die Stadt.
Hunderte von Bürgern fielen, andere wurden ausgeplündert und vertrieben
und ihre Häuser verwüstet. Dies Schicksal traf auch die Offizin
Fust und Schöffers. Mainz war in wenigen Tagen entvölkert und seiner
Privilegien beraubt. Handel und Gewerbe lagen auf lange darnieder und
von einer weiteren Ausdehnung der Buchdruckereien in Mainz konnte
vorläufig keine Rede sein. Obwohl die Offizin Gutenbergs verschont
geblieben war, da der Besitzer zum Grafen hielt, so musste er doch
mit seiner Druckerei auswandern. Er führte dieselbe nach Eltville, der
Residenz Adolfs, über.

                                                         Gutenberg tritt
                                                          in Hofdienst.

Am 15. Januar 1465 wurde er zum Hofdienstmann des Grafen auf Lebenszeit
ernannt. Als solcher hatte er jährlich die Hofkleidung eines Edlen,
für sein Haus zwanzig Malter Korn und zwei Fuder Wein steuerfrei.
Wachdienst, Einschätzung u. s. w. ward ihm auf immer erlassen. Da die
Hofdienstmänner für ihre Person freien Tisch am Hoflager und für ihre
Pferde Futter erhielten, so dürfen wir uns Gutenberg wenigstens nicht
als von materiellen Sorgen zu seinem Lebensende gequält vorstellen.
Seine Offizin hatte er pachtweise seinen Verwandten □Heinrich□ und
□Nikolaus Bechtermünze□ überlassen.

                                                              Gutenbergs
                                                                 Tod.

Gutenberg starb in der Zeit zwischen dem 24. Nov. 1467 und dem
24. Febr. 1468 und wurde aller Wahrscheinlichkeit nach in der
Dominikanerkirche[6] zu Mainz begraben. Diese ging in der Nacht vom 20.
zum 21. Juli 1793 bei der Beschiessung von Mainz durch die Franzosen
in Flammen auf und auch die an derselben Stelle errichtete Fruchthalle
brannte (1875) nieder.

  [6] □Dr. K. G. Bockenheimer□, Gutenbergs Grabstätte. Mainz
      1876.

                                                         Fortführung des
                                                         Geschäfts durch
                                                           Bechtermünze.

Am 24. Febr. 1468 bescheinigt Humery, dass der Graf ihm den Vorrat
der zu Gutenbergs Nachlass gehörenden Formen, Buchstaben und
Werkzeuge verabfolgt habe. Gleichzeitig verpflichtet sich Humery,
den betreffenden Apparat nur in der Stadt Mainz zu benutzen. Sollte
er jedoch denselben verkaufen und ein Mainzer Bürger soviel dafür
geben wollen, wie ein Fremder, dann gebühre dem Mainzer der Vorzug.
Aus dieser Fürsorge Adolfs muss man schliessen, dass er Gutenberg
sehr zugethan und dass dessen Aufnahme an seinem Hofe eine Belohnung
gewesen, entweder für die Verdienste Gutenbergs im allgemeinen oder um
ihn selbst insbesondere.

Die Offizin ging in den vollständigen Besitz des □Nikolaus
Bechtermünze□ über, dessen Bruder Heinrich bereits 1467 verstorben war.
Nikolaus setzte das Geschäft bis 1477 in Verbindung mit einem anderen
Patrizier □Wigand Spiess□ von Ortenberg fort. Gegen das neu aufgeblühte
Geschäft Fust und Schöffers aufzukommen mag wohl schwer gewesen sein.
Die ersten Drucke der neuen Offizin waren mit den Typen des Catholicons
ausgeführt.

                                                      Weitere Schicksale
                                                         der Offizin
                                                          Gutenbergs.

Nach dem Tode des Nikolaus überliessen seine Erben das sämtliche
Material der Brüderschaft des gemeinsamen Lebens zu Marienthal in
der Nähe von Eltville. Von diesen kam es 1508 an □Fr. Hewmann□ aus
Nürnberg, Buchdrucker im Kirschgarten zu Mainz. Beim genauen Durchgehen
eines Buches aus dessen Offizin soll die älteste Type Gutenbergs aus
den Ablassbriefen von 1454 und 1455 und der 36zeiligen Bibel wieder
erkannt worden sein, während die Nachfolger Gutenbergs bis dahin von
dessen Typen nur die des Catholicons benutzt hatten[7].

  [7] □Henri Helbig□, _Une découverte pour l'histoire de
      l'imprimerie_. Bruxelles 1855.

                                                              Gutenbergs
                                                               Andenken.

Hiermit nehmen wir Abschied von Gutenberg und dessen Offizin. Das erste
äussere Andenken an ihn wurde 1504 von Ivo Wittig gestiftet und bestand
in einem Denkstein im Hofe „Zum Gutenberg“. Seitdem hatte Mainz seinen
grossen Bürger ganz vergessen und die typographischen Schätze von Mainz
waren in ausgedehntester Weise verschleudert. Die Stadt musste die
Demütigung erleben, dass der französische Präfekt Jeanbon-St.-André
1804 den ersten Vorschlag machte, Gutenberg ein Denkmal zu setzen, zu
dem ganz Europa beitragen sollte, und dass Napoleon im Sept. 1804 in
Mainz dekretierte, dass ein grosser Gutenbergplatz geschaffen werden
sollte. Es blieb allerdings beim Dekret. Erst die mit vielem Pomp,
1821, in Haarlem begangene vierte Säkularfeier der, von den Holländern
für sich in Anspruch genommenen Erfindung der Buchdruckerkunst war
imstande Gutenbergs Vaterstadt aufzurütteln. Die Kasinogesellschaft
liess ihrem neu eingeweihten Hause den ursprünglichen Namen „Zum
Gutenberg“ wiedergeben und eine goldene Inschrift über das Eingangsthor
setzen. Am 24. Oktb. 1824 folgte ein Denkstein im Garten. Im Hofe
selbst stiftete der Kunstverein ein Standbild in Sandstein, den
„Ritter“ Gutenberg, eine Satzform haltend, darstellend.

                                                           Die Denkmäler
                                                             Gutenbergs.

Im Jahre 1831 erging ein Aufruf „an die gebildete Welt“ zur Errichtung
eines erhabenen Monuments zur Säkular-Feier der Buchdruckerkunst
1836![8] Es wurde eine Aufforderung an die Künstler der Plastik
erlassen, Entwürfe einzusenden, „um dann das beste aus jedem zu
benutzen“. Thorwaldsen erklärte 1832 die Ausführung eines, für den
Erzguss berechneten Modells ohne Entgelt übernehmen zu wollen, jedoch
ohne Konkurrenz. Der Vorschlag wurde angenommen und Crozatier in Paris
mit dem Guss betraut. Die feierliche Einweihung fand am 17. Aug. 1837
statt[9].

  [8] Diese Jahreszahl war eine Marotte von dem um das Andenken
      und die Ehrenrettung Gutenbergs so verdienten □A. C.
      A.□ Schaab, die er selbst als solche anerkannte, aber
      trotzdem aufrecht hielt.

  [9] Ausführlicheres über die Denkmal-Angelegenheit, die
      Inaugurationsfeier und die vierhundertjährige Feier
      der Erfindung 1840 ist in □Meyers□ „Journal der
      Buchdruckerkunst“, Jahrgang 1836 und 1840, enthalten.

Seit dem 24. Juni 1840 besitzt auch Strassburg auf dem Gutenbergsplatz
ein Standbild des Erfinders, von David modelliert und von Soyez &
Ingé in Paris gegossen. Ein drittes schönes Denkmal von Herrn von der
Launitz in Frankfurt a. M. zeigt Gutenberg, Fust und Schöffer in einer
Einigkeit, wie sie bei ihren Lebzeiten so sehr erwünscht gewesen wäre,
die jedoch auf dem Denkmal fast wie eine Satire aussieht.

„Alles zusammengenommen“, so sagt Dr. van der Linde, „existiert noch
kein der Erfindung der Typographie entsprechendes Monument. Gleichwie
das nächste Jahrhundert bei seiner Säkularfeier den schlüpfrigen
Boden der Sage zu verlassen und sich auf den Felsen der Geschichte zu
stellen, das heisst, das erste halbe Jahrtausend der Typographie

                              •1450-1950•

zu feiern hat, so errichte auch das neu entstandene Deutsche
Reich entweder in seiner politischen Hauptstadt □Berlin□ oder in
seiner typographischen Hauptstadt □Leipzig□ ein grossartiges, alle
Kleinkrämerei beschämendes □Gutenberg-Monument□.“



[Illustration:Kapitelanfang]

III. KAPITEL.

DIE VERBREITUNG DER BUCHDRUCKERKUNST IN DEUTSCHLAND.

 Schnelle Verbreitung der Kunst. Die Nachfolger Gutenbergs in Mainz.
   Peter Schöffer und seine Nachkommen. Ulm. Beromünster. Basel.
   Bamberg, Albrecht Pfister. Augsburg. Nürnberg. Wien. Der Norden:
   Köln, Münster, Magdeburg, Leipzig.


                                                        Art der Verbrei-
                                                         tung der Kunst.

ES ist eins der Hauptwunder der überhaupt wunderbaren Geschichte
der Buchdruckerkunst, dass sie sich in einer verhältnismässig so
kurzen Zeit von 1455-1475 beinahe über das ganze zivilisierte Europa
verbreitete. Zwar liegt es auf der Hand, dass eine so wichtige
Erfindung, nachdem sie einmal in den ersten Erzeugnissen der Presse
ans Licht getreten war, auch von Anderen erfasst werden und, durch
kein Gesetz geschützt, sofort Nachahmung finden würde. Vergleichen wir
jedoch ihr schnelles Vordringen mit dem Gang der grossen Erfindungen
der neueren Zeit, z. B. der Gasbeleuchtung oder der Eisenbahnen, so
wird man finden, dass letztere, obwohl durch viele mitwirkende Umstände
unterstützt, sich nicht so schnell Bahn gebrochen haben wie die
Buchdruckerkunst.

Und wie geschah dieses Wunder?

Zu einer Zeit, wo das Reisen ein so beschwerliches und gefahrvolles
Unternehmen war, wie wir es uns jetzt nicht mehr recht vorstellen
können, bahnten ausdauernde deutsche Arbeiter, die unermüdlichen
Pioniere der Erfindung, sich ihren Weg über die weiten Gefilde
Deutschlands und Frankreichs, ja überschritten die Alpen und
die Pyrenäen, um die Fahne der neuen Kunst in fremden Ländern
aufzupflanzen. Es war, als ob Gutenberg ihnen einen unwiderstehlichen
Talisman vermacht hätte, durch welchen Deutschland bestimmt wurde,
die Wiege der Reformation zu werden und den Weg für jegliche Art des
Fortschrittes im Vaterlande sowohl wie in fremden Ländern zu ebnen.

War auch die Absicht, den Lebensunterhalt zu verdienen, die
erste Triebfeder der Jünger Gutenbergs gewesen, so ist doch die
Unermüdlichkeit, mit der sie, das Geheimnis der neuen Kunst mit sich
führend, nach den fernsten Teilen Europas drangen, der höchsten
Bewunderung wert. Ein gewisser berechtigter Künstlerstolz und ein
achtungswerter Ehrgeiz erwarben ihnen Zuneigung und Vertrauen, wo sie
erschienen. Mit Energie verfolgten sie ihr Ziel ohne Rücksicht auf
Hindernisse und Gefahren, als furchtlose Apostel und prädestinierte
Verbreiter eines neuen Glaubens, von dem sie durchdrungen und
begeistert waren[1].

  [1] Worte eines Engländers □H. Noel Humphreys□, in seiner
      _History of the art of printing_.

Folgen wir nun diesen begeisterten Jüngern auf ihren Wegen
in Deutschland und in den fremden Ländern bis zum Schluss des
Jahrhunderts, nachdem wir erst Kenntnis von dem Fortschreiten der
Druckerei von Fust und Schöffer genommen.

       *       *       *       *       *

                                                            Fust und
                                                       Schöffers Offizin
                                                            in Mainz.

Im Besitz des neuen Gutenbergschen Materials und der genügenden
Geldmittel, mit der technischen Tüchtigkeit verbunden, gelang es bald
Fust und Schöffer, den Erfinder der Kunst zu überflügeln und nach der
kurzen Zeit von noch nicht zwei Jahren eine grossartige Leistung der
Typographie zu vollenden: das Psalterium von 1457. Dieses Druckwerk
ist das erste, welches mit der Angabe des Druckers, des Druckortes,
der Jahreszahl und des Datums (14. Aug. 1457) zugleich mit farbigen
Initialen versehen ist, während Seitenzahl, Signatur und Kustoden immer
noch fehlen. Man kennt 6 Exemplare, von denen drei 175, die anderen
nur 143 resp. 136 Blätter zählen. Als unvollständig können letztere
jedoch nicht bezeichnet werden, da alle den Schlusssatz enthalten. Die
Auslassungen geschahen wahrscheinlich aus Sparsamkeitsrücksichten, um
nicht zu viel Pergament zu verbrauchen[2].

  [2] Es befindet sich je eins der Exemplare in Darmstadt,
      Dresden (nicht vollständig) und Wien (sehr schön und
      vollständig).

                                                          Das Psalterium
                                                             von 1457.

Dreihundertundsechs grosse Initialen, in rot und blau gedruckt,
schmücken das kostbare, der starken Benutzung wegen nur auf Pergament
gedruckte Buch. Eine Hauptzierde ist das, den Text anfangende Initial
•B•. Der eigentliche Körper des Buchstabens bildet ein Viereck
von 9 cm Höhe und Breite, rechnet man jedoch die Ausläufer mit zur
Höhe, so beträgt diese 31 cm. Die Ornamentierung trägt einen maurischen
Charakter und ist wahrscheinlich einem spanischen Manuskripte
nachgebildet. Über die Herstellung dieser farbigen Initialen sind die
Kenner nicht einig. Die vollendete Genauigkeit des Passens schliesst,
bei den damaligen technischen Hülfsmitteln, den Gedanken an einen
Doppeldruck aus. Einige halten dafür, dass die Holzschnitte in einzelne
Teile nach den Farben zerlegt, diese einzeln eingefärbt, und dann, in
einander gefügt, mit Einem Druck hergestellt sind, ganz in der Art des,
zu Anfang unseres Jahrhunderts entstandenen Congrevedruckes. Andere
behaupten, die Holzschnitte seien blind in den Bogen gepresst und
nachher ausgemalt und wollen überhaupt an vielen Stellen des Textes
eine Übermalung weniger gut gedruckter Sätze und Buchstaben entdeckt
haben. Wie dem auch sei, so ist die Ausführung der Doppelfärbung
eine technisch vollendete. Ohne Mängel ist das Werk dennoch nicht,
namentlich ist der Ausschluss ein unregelmässiger und haben die
Zeilen verschiedene Länge; auch Druckfehler, selbst so auffälliger
Natur wie _spalmorum_ statt _psalmorum_ in der ersten Zeile des
Schlusswortes, kommen vor. Merkwürdig ist es überhaupt, dass gerade die
Schlussworte der alten Drucke nicht selten Fehler aufzuweisen haben;
namentlich in Bezug auf Jahreszahlen, was mitunter zu den sonderbarsten
Schlussfolgerungen für die Geschichte der Buchdruckerkunst Anlass
gegeben hat.

Zugegeben, dass die ganze blendende Pracht der Erscheinung die, an
unseren nüchternen Buchdruck gewöhnten Beschauer befangen gemacht
und sie veranlasst hat, die Mängel zu übersehen und alles für
unübertrefflich zu halten, so kann man doch das Psalterium nur als ein
Wunderwerk ansehen, wenn man bedenkt, dass es nur wenige Jahre nach
der Erfindung erschien. Über diesen so schnellen Aufschwung muss man
staunen und bekennen, dass die vier Jahrhunderte, die seit der Zeit
vergangen sind, zwar in der technischen Tüchtigkeit und Korrektheit
des Materials grosse Fortschritte gemacht haben, in der eigentlichen
Kunst jedoch verhältnismässig wenige; ja wir möchten bezweifeln, dass
ein Meisterwerk von heute nach 400 Jahren ein so jugendliches Gepräge
besitzen wird, wie das Psalterium heute zur Schau trägt. Fasst man
ausserdem ins Auge, dass dies Werk kaum 21 Monate nach der Trennung
Fust und Schöffers von Gutenberg ausgegeben werden konnte, so liegt
der Gedanke nahe, dass die Anfänge schon aus der Zeit der Verbindung
stammen, worauf auch die von der sonstigen Schöfferschen abweichende
Schrift und die Ausstattungsart hinweisen.

Bereits im Jahre 1459 erschien eine zweite Auflage in etwas
vergrössertem Format, von der man zwölf Exemplare kennt. Eine dritte
folgte 1490; eine vierte 1502; die fünfte, aus dem Jahre 1516, stammt
aus der Offizin des jüngeren Schöffer.

                                                          Weitere Druck-
                                                         werke Fusts und
                                                            Schöffers.

Am 6. Oktober 1459 vollendeten Fust und Schöffer _Durandi, Rationale
divinorum officiorum_, welches mit neuen Typen Schöffers gesetzt wurde.
Am 25. Juni 1460 erschienen: _Constitutiones Clementi V_. Im Frühjahr
1462 druckten Fust und Schöffer die erste politische Flugschrift in
Brief- (Plakat-)Form, das Manifest Diethers von Isenburg gegen Adolf
von Nassau, welches verhängnisvoll für ihre Druckerei werden sollte.

                                                           Die 48zeilige
                                                               Bibel.

Das vierte der grossen Mainzer Druckmonumente (vorausgesetzt, dass
die 36zeilige Bibel das erste gewesen), war die, fünf Jahre nach
dem Psalterium erschienene „_Biblia sacra latina_“ („Die 48zeilige“
genannt). Dies Werk bildet zwei Foliobände von je 242 und 239
zweispaltigen Blättern zu 48 Zeilen. Die Exemplare sind teils auf
Pergament, teils auf Papier gedruckt; in die ersteren sind die
Initialen hineingemalt, in den letzteren fehlen sie gewöhnlich. Gegen
siebenzig Exemplare dieses Druckwerkes, welches sowohl durch seine
typographische Schönheit, wie auch als erste vollständig datierte Bibel
einen Hauptrang einnimmt, sind erhalten.

So wenig wie Gutenberg früher den Mut verlor, so wenig war es mit Fust
und Schöffer der Fall, als ihre Offizin in der Nacht vom 27.-28. Okt.
bei der Eroberung von Mainz durch den Grafen Adolf 1462 verwüstet wurde
und in Flammen aufging.

                                                         Fust † um 1466.

Schon 1465 ward die Herausgabe von „_Cicero de officiis_“ unternommen,
worin zum erstenmale griechische Schriften, jedoch in Holz geschnitten,
verwendet wurden. Im Sommer 1466 war Fust, um den Verkauf der
Verlagswerke zu betreiben, nach Paris gereist. In dem folgenden Jahre
war er nicht mehr am Leben; wahrscheinlich ist er in Paris, wo damals
die Pest hauste, gestorben.

Schöffer setzte nun das Geschäft allein fort. Unter seinen Druckwerken
ist noch die am 24. Mai 1468 erschienene herrliche Ausgabe von:
„_Justiniani Institutiones cum glossa_“ zu nennen, in deren
Schlussschrift er sich selbst auf Kosten Gutenbergs etwas gar zu
grosssprecherisch hervorhebt.

                                                             Schwabacher
                                                               Schrift.

                                                          Erhard Rewich.

Ob Schöffer auch das Verdienst gehabt hat, die erste rein deutsche
Schrift, die „Schwabacher“, zu erfinden, lässt sich nicht bestimmt
ermitteln. Sie kommt zum erstenmale 1486 in Mainz zum Vorschein in dem
Werke Bernhard von Breydenbachs „Heylige reyssen gen Jerusalem“, das
bei □Erhard Rewich□ gedruckt wurde. Da Schöffer im J. 1492 die Chronik
der Sachsen mit dieser Schrift druckte und man von Rewich aus Utrecht,
der als Maler die Reisen Breydenbachs mitmachte und auf dessen Buche
als der Drucker genannt wird, in letzterer Eigenschaft sonst nichts
kennt, so dürfte die Annahme, dass Rewich nur der Herausgeber und
Peter Schöffer der Drucker und Erfinder der Schrift sei, manches für
sich haben. Andernfalls müsste man annehmen, was ja nicht als einziger
Fall dastehen würde, dass Breydenbach als reicher Mann für dieses Werk
eine eigene Druckerei von Schöffer hätte einrichten lassen. Woher
der Name „Schwabacher“ stammt, ist ebenfalls nicht ermittelt. Die
Anwendung der Schrift als Werkschrift hält sich bis in die Mitte des
□xvi.□ Jahrhunderts und man verwandte sie ebensowohl zu lateinischen
wie zu deutschen Texten. Später unterlag sie mancherlei Änderungen,
die sie der Fraktur näherführten. Als Auszeichnungsschrift findet die
Schwabacher noch bis gegen die Mitte unseres Jahrhunderts Verwendung.
Dann kam sie in Vergessenheit, um in neuester Zeit wieder als
Buchschrift aufzuleben.

                                                      Schöffer in Paris.

Bald hätte noch ein neuer schwerer Verlust das Schöffersche Geschäft
getroffen. Das Bücherlager, welches Fust nach Paris gebracht hatte,
wurde, nachdem Schöffers dortiger Faktor Hermann von Stathoen
ebenfalls 1475 gestorben war, als herrenloses Gut vom Fiskus in Besitz
genommen. Zur Wiedererlangung seines Eigentums reiste Schöffer selbst
nach Paris, erreichte auch glücklich sein Ziel und ernannte Conrad
Henlif[3] zu seinem Faktor. Schöffer kann eigentlich als der erste
Sortiments-Buchhändler betrachtet werden, da er nicht allein mit seinen
eigenen Druckwerken Handel trieb, sondern auch die Erzeugnisse anderer
Drucker verkaufte.

  [3] □J. Wetter□, Conrad Henlif oder Henekies. Mainz 1851.

                                                          Schöffers Tod.

Von 1493 erlahmt seine Thätigkeit. Das letzte Buch mit seinem Namen ist
die schon erwähnte vierte Auflage des Psalterium (21. Dez. 1502). Das
erste Buch mit dem Namen seines Sohnes ist vom 27. März 1503 datiert.
Sonach fällt der Todestag Schöffers, den man nicht genau kennt, in
diese Zwischenzeit. Am 9. Juni 1836 wurde das ihm von seiner Vaterstadt
Gernsheim errichtete Denkmal enthüllt.

       *       *       *       *       *

                                                          Strassburg.
                                                         Joh. Mentelin.
                                                       Heinr. Eggesteyn.

Kehren wir auf unserer Wanderung[4] nach STRASSBURG[5] zurück, so
begegnen wir als den ersten Buchdruckern dort Johann Mentelin und
Heinrich Eggesteyn. Von beiden existieren Bibeln schon aus dem Jahre
1466; jedoch ohne Nennung des Druckers und des Datums. Die ersten
datierten Drucke aus Strassburg gehören Eggesteyn an (1471) das:
_Decretum Gratiani_. 2 Bde. fol. und die: _Constitutiones Clementi V._,
ebenfalls in fol., in welchen der Drucker sagt, er habe schon unzählige
Bände gedruckt. Dass auch Mentelin um diese Zeit eine grössere
Thätigkeit entwickelt hatte, geht schon daraus hervor, dass er 1471
einen -- den ersten überhaupt existierenden -- Verlagskatalog auf einem
Oktavblatt von 19 Zeilen herausgab[6] und dass Kaiser Friedrich □iii.□
ihn schon 1468 auf Grund seiner Verdienste in den Adelstand erhob.
Eggesteyns Wirksamkeit endigt schon 1472; Mentelin starb 1478 und sein
Begräbnis fand unter grossen Ehren im Dome statt[7].

  [4] Wir schlagen den geographischen Weg ein, ohne uns streng
      an die chronologische Folge der Einführung der Kunst zu
      halten.

  [5] □L. de Laborde□, _Débuts de l'impr. à Strassbourg_. --
      □J. D. Schöpflin□, _Vindiciae typographicae_. Strassburg
      1760.

  [6] Die Bibliothek des Börsen-Vereins in Leipzig besitzt
      hiervon ein Exemplar.

  [7] Nach Madden ist Mentelin aus der Offizin der „Brüder
      des gemeinsamen Lebens“ im Kloster am Weidenbach in
      Köln 1463 nach Strassburg gekommen. Alle Drucke mit den
      absonderlichen R, die man von vielen Seiten Mentelin
      zuschreibt, will Madden nach Köln verlegen.

Die ersten Strassburger Drucke sind weit unvollkommener als die
Mainzer, und weisen eine ganz abweichende Type auf. Es war deshalb
nicht so unnatürlich, dass man auf eine selbständige und ältere
Erfindung in Strassburg, der „Wiege der Kunst“, -- jedoch wie Schaab
richtig bemerkt „eine Wiege ohne Kind“ --, schliessen wollte.

                                                            Die Schweiz.
                                                            Beromünster.

                                                                  Basel.

                                                              B. Richel.

Das benachbarte Basel, das später einen bedeutenden Platz in der
Geschichte der Typographie behauptet, nahm die Kunst bald auf.
Allgemein wird jedoch nicht Basel, sondern der Flecken BEROMÜNSTER
im Canton Luzern, eine Stunde von Sempach, wo am 9. Juli 1386 Arnold
Winkelried durch seine heldenmütige Aufopferung „der Freiheit eine
Gasse brach“, als erster Druckort der Schweiz betrachtet. In dem
dortigen berühmten Chorherrenstift des Erzengels Michael lebte ein,
durch seine Gelehrsamkeit hervorragender Mann Elias Eliae (Helias
Helie)[8] aus dem berühmten Geschlecht derer von Laufen. Derselbe
soll die Buchdruckerkunst durch □Ulr. Gering□, der später als erster
Buchdrucker in Paris wirkte, nach der Schweiz gebracht haben und dort
als erstes Buch den _Mamotrectus_ des Joh. Marchesini, ein beliebtes,
für höhere Schulen bestimmtes Wörterbuch der schwersten Ausdrücke
der Bibel, gedruckt haben. Hiergegen wird jedoch Zweifel erhoben,
und der _Mamotrectus_ soll, inklusive der Jahreszahl 1470, nur ein
Nachdruck einer Mainzer Ausgabe aus diesem Jahre sein und frühestens
1474 gedruckt, dagegen das 1472 erschienene: _Roderici, Speculum
vitæ humanæ_ das erste Buch aus Beromünsters Presse sein. Um diese
Zeit kam auch die Kunst nach BASEL[9] durch □Bartholdus de Basilea□
(eigentlich aus Hanau). Das erste Buch mit Jahreszahl ist Magister
Konrads _Repertorium vocabularum_ von 1473. □Michael Wenssler□ und □Fr.
Biel□ druckten die Briefe Gasparinis von Bergamo ohne Jahreszahl. Eine
handschriftliche Notiz in einem Exemplar in der Baseler Stadtbibliothek
bezeichnet es als im Jahre 1472 gekauft. □Bernhard Richel□ druckte
bis 1482. Bekannt sind seine vier Ausgaben der _Vulgata_. Aus seiner
Offizin stammt auch die erste Ausgabe des „Sachsenspiegels“, des von
Eyke von Reppgowe zwischen 1215-1230 verfassten deutschen Rechtsbuches.

  [8] □J. L. Äbi□, Die Buchdruckerei in Beromünster. Einsiedeln
      1870.

  [9] □D. A. Fechter□, Beiträge zur ältesten Gesch. d.
      B. in Basel. Basel 1863 (B. Taschenbuch). -- □J.
      Stockmeyer□ und □B. Reber□, Beiträge zur Baseler
      Buchdruckergeschichte. (Herausg. von der Hist.
      Gesellsch.) Basel 1840. -- □Streuber□, Neuere Beiträge
      zur Baseler Buchdruckergeschichte. Basel 1846.

Bekannt ist ebenfalls □Johannes Bergmann von Olpe□ (1494-1499),
namentlich durch die mit 114 merkwürdigen Holzschnitten geschmückte
Ausgabe von Sebastian Brants „Narrenschiff“. Die erste Auflage dieses
oft gedruckten und nachgedruckten Buches erschien 1494.

                                                         Joh. Ammerbach.

Der berühmteste unter den ältern Buchdruckern Basels war □Johannes
Ammerbach□ aus Reutlingen (geb. 1434). Seine Liebe zu den
Wissenschaften führte ihn nach Paris, wo er sich dem Rektor Joh.
v. Stein anschloss. Dies mag wohl den Anstoss gegeben haben, dass
Ammerbach sich der Buchdruckerei widmete. Als _Magister artium_ kehrte
er nach Deutschland zurück, arbeitete eine zeitlang als Korrektor
bei Anton Koberger. Zwischen 1475 und 1480 eröffnete er seine
Offizin in Basel und liess sich namentlich sorgfältige Ausgaben der
hauptsächlichsten Kirchenväter angelegen sein. Er war der erste Baseler
Buchdrucker, der sich der Antiqua bediente. Unterstützt wurde er in
seinen Unternehmungen von seinen gelehrten Freunden Aug. Dodo, Conr.
Pellicanus, Beat. Rhenanus und Joh. v. Stein, der von Paris nach Basel
gezogen war.

Den Grund, weshalb die Druckkunst in Basel so schnell Wurzel fasste,
muss man namentlich in seiner 1460 gegründeten, frisch aufblühenden
Universität suchen. Mitgewirkt hat vielleicht auch der Umstand, dass
die Papierfabrikation dort in grossem Flor stand. Bereits 1440 besass
Hans Halbysen dort eine Papiermühle. Einen besonderen Aufschwung
erhielt die Fabrikation durch die Brüder Antonius und Michael, die
Gallicianen, welche um 1470 aus Spanien eingewandert waren.

                                                           Ulm und seine
                                                            Kunstschule.

                                                           L. Hohenwang.

ULM[10] war, nächst Augsburg, in der ersten Hälfte des □xv.□
Jahrhunderts die wichtigste Stadt Schwabens und zählte über 50000
Einwohner. Es war nicht allein durch seinen Handel reich, sondern
zeichnete sich auch durch die Pflege der Poesie und der bildenden
Künste aus. Baukunst, Holzbildnerei, Malerei, Formenschneiderei
blühten dort und die Häupter der Schwäbischen Schule Martin Schön,
Bartholomäus Zeitblom und Martin Schaffner hatten einen grossen Ruf.
Neben Anfertigung von Heiligenbildern war das Kartenmachen sehr in
Schwung und grosse Massen dieser Erzeugnisse gingen nach Italien.
Es war deshalb natürlich, dass die Buchdruckerei dort schnell Fuss
fasste. Nächst Augsburg hat Ulm die meisten Wiegendrucke aufzuweisen,
nämlich 136, unter denen 86 datierte. □Ludwig Hohenwang□ aus Elchingen
war einer der ersten Ausüber der Kunst. Er war selbst Zeichner,
Formenschneider, Schriftsteller und Drucker, der mit Holztafeldruck
anfing. Vier Ausgaben der _ars moriendi_ sollen aus seinen Pressen
hervorgegangen sein. Seine keineswegs vorzügliche Type ähnelt der
römischen und seine Bücher zeichnen sich unvorteilhaft durch die
Masse der Abbreviaturen aus, mitunter über 300 auf einer 32zeiligen
Seite. Wahrscheinlich spielte Schriftmangel dabei eine Rolle, denn man
findet, wie öfters in alten Drucken, kleine Buchstaben für grosse, oder
einander ähnliche Buchstaben als Ersatz für einander verwendet, z. B.
ein K für ein R.

 [10] Dr. □K. D. Hassler□, Die Buchdrucker-Geschichte Ulms.
      Ulm 1840. -- □G. W. Zapf□, Älteste Buchdruckergeschichte
      Schwabens. Ulm 1791.

                                                            Joh. Zainer.

Scheint es demnach nach neueren Untersuchungen, als müsse □Johannes
Zainer□ dem Genannten den Ehrenplatz als „erster“ Buchdrucker
einräumen, so ist letzterem wenigstens der Ruhm als Ulms bedeutendsten
Druckers und als eines der hervorragendsten in Deutschland gesichert.
Durch einen langen Zeitraum, von dem Anfange der siebenziger Jahre des
□xv.□ bis zur Mitte der zwanziger Jahre des □xvi.□ Jahrh., lieferte er
umfangreiche Druckwerke. Zwar hat man von ihm kein datiertes Werk älter
als 1473 aufzuweisen, da er jedoch um diese Zeit mit einer Anzahl,
zumteil Vorbereitungen aus langer Hand erfordernder Werke auftritt, so
muss er jedenfalls früher als 1473 zu wirken angefangen haben, und die
handschriftliche Notiz des Käufers eines von ihm gedruckten Buches:
„_Albertus Magnus, de adherendo deo_“, dass es 1470 gekauft sei, dürfte
auf Wahrheit beruhen. Wahrscheinlich gebührt ihm, nicht Günther Zainer
in Augsburg, der Ruhm, die Antiqua zuerst in Deutschland eingeführt zu
haben. Ob er ein Bruder des Augsburger Zainer gewesen ist, weiss man
zwar nicht, beide stammen jedoch aus Reutlingen. Überhaupt kennt man
von seinem Privatleben wenig mehr, als dass es eine Kette von Sorgen
war.

                                                            Leonh. Holl.

□Leonhard Holl□, Ulms dritter Buchdrucker, besass eine
Spielkartenfabrik. Seine Waren gingen bis nach Konstantinopel. Er war
der erste, der ein Werk mit in Holz geschnittenen Landkarten, worin
zumteil Typen eingesetzt werden konnten, druckte. Es war dies: _Claudii
Ptolomäi Alexandrini Cosmographia_ mit 32 Karten von Johann Schnitzer
von Armsheim ausgeführt. Pekuniären Erfolg hatte Holl davon nicht;
erst musste er das Werk versetzen, später verkaufen. Es kam darauf in
die Hände eines Venetianers Justus de Albano, der durch seinen Faktor
Johannes Reger eine neue Ausgabe druckte.

                                                               Augsburg.

AUGSBURGS[11] erster Buchdrucker □Günther Zainer□ (1468-1475) ist
wahrscheinlich ein Schüler Fusts oder Schöffers gewesen. Bei ihm
erschien um 1470 die erste Ausgabe von Thomas a Kempis' „Vier Bücher
von der Nachfolge Christi“, ein Buch, welches nächst der Bibel am
häufigsten aufgelegt worden ist. Eine grosse Anzahl deutscher Bücher
druckte □Johann Bämler□ (1472-1492). □Anton Sorg□ (1475-1498) gab das
erste Wappenbuch heraus, enthaltend die Wappen aller bei dem Konzil von
Constanz anwesenden Herren. Einen hochberühmten Namen erwarb sich der
Augsburger □Erhard Ratdolt□, ein fahrender Buchdrucker, dessen Namen
mit der venetianischen Buchdruckergeschichte rühmlichst verknüpft ist.
Am meisten glänzt □Hans Schönsperger der Ältere□ (1481-1523). Über
diesen sowie über Ratdolt wird später ausführlicher zu sprechen sein.

 [11] □G. C. Mezger□, Augsburgs älteste Druckdenkmale. Augsburg
      1840. -- □G. W. Zapf□, Augsburgs Buchdruckergeschichte. 2
      Teile. Augsburg 1786.

                                                              Nürnberg.

                                                            Antonius Ko-
                                                               berger.

Der Vater der Typographie NÜRNBERGS[12] ist □Johann Sensenschmid□
(1473-1478), ein durch Gelehrsamkeit und Korrektheit seiner Druckwerke
bekannter Buchdrucker, der 1478 nach Bamberg zog. Auch der berühmte
Astronom □Joh. Regiomontanus□ (Joh. Müller aus Königsberg) errichtete
in Nürnberg eine Druckerei und druckte deutsche und lateinische
Kalender. Des grössten Namens als Buchdrucker und Buchhändler erfreute
sich aber □Antonius Koberger□[13] (1473-1513). Er arbeitete mit 24
Pressen und beschäftigte über 100 Gesellen. Man kennt 220 aus seinen
Pressen hervorgegangene Werke, beinahe alle in Folio-Format von
bedeutendem Umfange, von grosser Korrektheit und Eleganz. Allein 19
Bibeln druckte er, darunter eine in deutscher Sprache mit gothischen
Typen und mit denselben Holzschnitten ausgestattet, die bereits in Köln
zu der niederdeutschen Bibel von 1480 verwendet waren.

 [12] □G. W. Panzer□, Älteste Buchdruckergeschichte Nürnbergs.
      Nürnberg 1789. -- □J. Baader□, Beiträge z. Kunstgesch.
      Nürnbergs. 2 Hefte. Nördlingen 1860-62.

 [13] □G. E. Waldau□, Leben A. Kobergers. Dresden 1786. -- □Dr.
      O. Hase□, Die Koburger. Leipzig 1869.

                                                           Der Schatzbe-
                                                               halter.

Die Ausführung befriedigte jedoch Koberger nicht und gab ihm
Veranlassung, Schritte zu thun, um künftig auf heimischem Boden
stehen zu können. Wie rasch dies gelang, zeigt der 1491 erschienene
„Schatzbehalter des Reichtums des ewigen Heils“. Die Holzschnitte
sind zwar ungleich, je nach Fertigkeit der Holzschneider, aber die
Zeichnungen, die unzweifelhaft Michel Wohlgemut angehören, sind
durchweg mit Geschmack und künstlerischem Sinn ausgeführt, zugleich
unter Innehaltung der Grenzen, welche die noch nicht vollendete Technik
des Holzschnittes verlangte.

                                                                Schedels
                                                                Chronik.

Das 1493 sowohl in einer deutschen, wie in einer lateinischen
Ausgabe erschienene „Buch der Chroniken und Geschichten“ des Doktor
Hartmann Schedel ist als illustriertes Werk eins der merkwürdigsten
Presserzeugnisse des □xv.□ Jahrhunderts. Da ein Übereinkommen mit
Wohlgemut und Wilh. Pleydenwurf über die Lieferung der mehr als 2000
in dem Buch enthaltenen Illustrationen (von den zweimal und öfter
vorkommenden abgesehen) erst 1491 getroffen wurde, so sieht man, dass
über bedeutende sowohl xylographische wie typographische Kräfte verfügt
wurde. Zum Schluss des Werkes werden die angesehenen Nürnberger Bürger
Sebald Schreyer und Sebastian Kammermaister als um die Förderung des
Werkes verdient erwähnt, ohne dass jedoch über die Art und Weise etwas
verlautet, vielleicht haben sie als reiche Kunstkenner die Kosten der
Illustrationen getragen.

Bei dem Druck der „Reformation der Stadt Nürnberg“ (1475) wendete
Koberger eine verschönerte halbgothische Schrift an, welche der
nachherigen Fraktur sehr nahe stand und die später auch bei dem grossen
Druckwerke „Leben der Heiligen“ (1488) benutzt wurde.

                                                        Kobergers grosse
                                                           Thätigkeit.

Die Wirksamkeit Kobergers als Verleger war eine so grosse -- sein
Katalog zählt allein 33 Bibeln auf --, dass die Kräfte der eigenen
bedeutenden Offizin zur Herstellung aller Werke nicht zulangten und
öfters andere Offizinen in Anspruch genommen werden mussten, namentlich
die von Johannes Ammerbach in Basel. Aus Kobergers Briefwechsel[14] mit
diesem zeigt sichs, wie umsichtig er für alles besorgt war, und mit
Recht allgemein den Ruf eines ungemein fleissigen, ordnungsliebenden
und pünktlichen Mannes genoss.

 [14] Als Vorläufer einer zweiten Auflage seines Buches über
      die Koberger, zugleich als Weihgeschenk zu dem 25jährigen
      Jubiläum des, um die Geschichte des Buchhandels
      hochverdienten Dr. Albr. Kirchhoff, liess Dr. Hase
      (einer der Chefs der Firma Breitkopf & Härtel) ein:
      _Brieffbuch der Koberger zw Nurmbergk_, Leipzig 1881
      (in 25 Expl.) erscheinen, das namentlich Briefe des
      Ant. Koberger an Joh. Ammerbach in Basel enthält. Diese
      Briefe erstrecken sich über die Jahre 1493-1509, werden
      aber von 1504 ab immer sparsamer und kürzer, der letzte
      und einzige Brief aus 1509, „dem Erbern weisen meyster
      Hanssen Froben zw bassell meinem Sundern gunstigen guten
      Freund“ geschrieben, schliesst, das Obengesagte von der
      Fürsorge Kobergers bestätigend: „Lieber meyster Hans jch
      bitt euch wollet gute Fass machen lassen Die starck vnd
      Dick von holcz sind wan es ist So grawsam wetter bey vnss
      von regen vnd von schne Das gleichen kein man gedenkt
      Jch hab euch gancz eyllet geschrieben Die furlewt seyn
      wegfertig“.

Selbst bei dieser grossen Verlagsthätigkeit ruhte Koberger nicht. Er
trieb zugleich einen ausgedehnten Sortimentshandel, hatte an mehreren
Orten Filialen und Agenten, ja es scheint sogar, als habe er sich
auch mit anderen als buchhändlerischen Geschäften befasst. Diese seine
Thätigkeit brachte ihm Ansehen und goldene Früchte. Auch im häuslichen
Leben war er gesegnet und hatte von seinen zwei Frauen mehr als zwanzig
Kinder, von denen einige ebenfalls eine bedeutende geschäftliche
Wirksamkeit entfalteten. Er starb im J. 1513.

                                                             Bamberg.
                                                          Albr. Pfister.

In BAMBERG[15] wirkte □Albrecht Pfister□ (geb. um 1420; gest. um 1470),
von vielen für einen selbständigen Erfinder der Buchdruckerkunst
und den Drucker der 36zeiligen Bibel gehalten. Als Beweis wird
die Identität der Typen dieses Werkes mit denen des Bonerschen
„Fabelbuches“ (1461), der „vier Historien“ (1462), sowie des „Belial“,
welche Pfisters Namen tragen, angeführt. Dagegen spricht entschieden
die typographisch sehr niedrig stehende Ausführung sämtlicher
Druckwerke Pfisters. Wer die 36zeilige Bibel gedruckt hat, wird
schwerlich als Künstler so tief sinken. Die Typen kann Pfister ja recht
wohl von Gutenberg erworben haben.

 [15] □Placidius Sprenger□, Älteste Buchdruckergeschichte von
      Bamberg. Nürnberg 1800. -- □H. I. Jæck□, Jubelschrift
      1840. Erlangen 1840. Vergl. auch Kap. II, S. 29.

Das Bonersche Fabelbuch (1461) enthält 88 sehr geringe Holzschnitte
und wurde früher für das erste deutsche illustrierte Buch[16]
gehalten. Die Priorität muss jedoch den: „Sieben Freuden Mariä“
und der „Leidensgeschichte Jesu“ (1450-1460) eingeräumt werden, die
in künstlerischer Beziehung über dem Fabelbuch stehen. Ob letztere
beiden Erzeugnisse der Pfisterschen Presse angehören, lässt sich nicht
ermitteln. Unter diesen bleiben noch zu erwähnen: eine „Armenbibel“
deutsch (wahrscheinlich 1462), sowie dasselbe Werk lateinisch.
Es enthält 17 Blätter in Folio mit 170 Holzschnitten. Mutmasslich
hat Pfister keinen bleibenden Aufenthalt in Bamberg gehabt, denn
in neunzehn Jahren, bis 1481, ist kein aus Bamberger Pressen
hervorgegangenes Werk bekannt.

 [16] Es ist hiervon nur ein Exemplar, in Wolfenbüttel
      befindlich, bekannt.

                                                          Johann Sensen-
                                                              schmid.

Der von Nürnberg nach Bamberg übergesiedelte □Johann Sensenschmid□
(1482-1490) lieferte ein prachtvolles _Missale ordinis S. Benedicti_
und später im Verein mit □Heinrich Petzensteiner□ (bis 1491) das
_Missale ecclesiæ Ratisponensis_, welches so grossen Beifall fand, dass
der Drucker desselben mit vielen ähnlichen Aufträgen beehrt wurde.

                                                                   Wien.

In WIEN[17] stand die 1365 begründete Universität in voller Blüte und
der Kaiser Friedrich □iii.□ war der Buchdruckerkunst wohl gewogen.
Er hatte, wie erwähnt, Joh. Mentel in den Adelstand erhoben und die
Kunst durch ihre und ihrer Verwandten Aufnahme in seinen und des
Reiches Schutz und durch Verleihung eines Wappens[18] geehrt. Zu
verwundern bleibt es umsomehr, dass erst 1482 in Wien gedruckt wurde.
Allerdings waren die Zeiten nicht gerade die günstigsten. Im Jahre 1481
führte Matthias Corvinus von Ungarn zum drittenmale seine Heere nach
Österreich; 1482 brach die Pest in Wien aus; 1485 zog Matth. Corvinus
siegreich dort ein und behauptete seine Herrschaft bis 1490.

 [17] □M. Denis□, Wiens Buchdr.-Gesch. bis 1560. Wien 1782.
      -- □Die österr. Buchdrucker-Zeitung□ 1873, Nr. 9 u. flg.
      enthalten sehr detaillierte „Beiträge zur Geschichte der
      Buchdruckerei in Wien“ bis auf die neueste Zeit.

 [18] Das Buchdruckerwappen ist ein schwarzer Adler auf
      goldenem Schild, in der rechten Klaue einen Winkelhaken,
      in der linken ein Tenakel haltend; den Helmschmuck
      bildet ein Greif in halbem Körper, zwei Druckerballen
      an einander drückend. Merkwürdigerweise herrscht
      Zweifel, ob der ursprüngliche Adler der zweiköpfige
      Reichsadler gewesen oder ein einköpfiger. □E. Bekkers□
      Eintreten für den ersteren (in seiner Broschüre „Das
      Buchdruckerwappen“. Darmstadt 1837) stützt sich auf
      nur schwache Argumente. Von den von ihm angezogenen
      Quellen liegt keine weiter zurück als im Jahre 1730. Ein
      Frankfurter Messkatalog, also eine offiziöse Erscheinung,
      aus d. J. 1662 trägt auf dem Titel den einköpfigen Adler,
      ob es mit älteren der Fall ist, ist uns unbekannt. Auch
      □Ernestis□ „Wohleingerichtete Buchdruckerei“, 1721,
      bildet den Adler einköpfig ab. Der Greif soll erst später
      durch Kaiser Ferdinand □i.□ dem Wappen hinzugefügt worden
      sein.

Aus dem Jahre 1482 stammen die ersten unbedeutenden Druckerzeugnisse
Wiens ohne Namen und Datum. Bis zum Jahre 1492 zeigt sich keine
weitere Spur vom Druck und erst von da ab kann man eigentlich von einer
Buchdruckerkunst in Wien reden.

                                                        J. Winterburger.

In dem zuletzt genannten Jahre druckte □Joh. Winterburger□, aus
Winterburg bei Kreuznach, A. Flacci: _Persij Satire_. Weder dieser
Druck, noch die 1492 gedruckte Leichenrede Bernh. Pergers auf den
Kaiser Friedrich □iii.□ trägt die Firma Winterburgers und nur die Typen
gestatten den Schluss, dass sie von ihm ausgeführt wurden. Da seine
Druckerei damals eine sehr gut eingerichtete war, so ist es nicht
unmöglich, dass sie schon 1482 bestand und dass die Drucksachen aus
jener Zeit von ihm stammen, doch sind keine Beweise dafür vorhanden,
und die lange Pause wäre nicht ganz leicht zu erklären. Erst 1493 kommt
sein Name vor, zum erstenmale auf dem Ceremoniell zu dem „begencknus
Kaiserlicher Maistat“, Friedrich □iii.□ Kaiser Maximilian begünstigte
Winterburger sehr und verlieh ihm die Führung des kaiserlichen
Adlers[19]. Er verdiente aber auch jede Aufmunterung, denn er druckte
kostbare Werke und förderte die Arbeiten nicht allein der Wiener
Gelehrten. Er starb im hohen Alter (1519), in demselben Jahre wie sein
Gönner, der Kaiser.

 [19] Auch hierin dürfte ein Beweis gegen den zweiköpfigen
      Adler im Buchdruckerwappen liegen; denn, dürfte jeder
      Buchdrucker diesen führen, so lag ja darin keine
      Bevorzugung Winterburgers.

                                                               Köln.
                                                            Ulrich Zell.

In den West- und Nordmarken des Deutschen Reiches ist es ganz besonders
KÖLN, das in den ersten Zeiten der Kunst die Aufmerksamkeit auf sich
zieht. Seine Lage machte es zum Mittelpunkte der Verbreitung des
Buchdrucks im Norden Deutschlands und überhaupt Europas, und von
dort gehen auch viele der typographischen Verbesserungen aus, z.
B. die Anwendung der Signaturen, der Pagination, des eigentlichen
Buchtitels und der Kolumnentitel, der kleinern Schriften und Formate.
Viele der Buchdrucker, die mit Ruhm anderswo arbeiteten, erhielten
ihre typographische Bildung in Köln. Schon im frühesten Mittelalter
war es ein Sitz der Wissenschaft und der Kunst, und seine 1388
gegründete Universität bildete einen Hauptsitz der Theologie und der
Philosophie. □Ulrich Zell□, ein berühmter Schönschreiber, Illuminator,
Rubrikator und Schüler der Mainzer Offizin, war der erste Drucker
Kölns. Seine frühesten Werke sind Chrysostomus: _Super psalmo
quinquagesimo_ und die _Bulla retractionum Pii II._, datiert Rom 16.
März 1463. Von seinen vielen Meisterwerken verdient die lateinische
Bibel in zwei Grossfolio-Bänden (wahrscheinlich aus dem Jahre 1470),
besonders erwähnt zu werden. Die erste niederdeutsche Bibel, eins der
berühmtesten und wertvollsten Erzeugnisse der Kölner Presse, gehört
ohne Zweifel dem □Nikolaus Götz□ (1474-1478). Sein Geschäftsnachfolger
war □Heinrich Quentell□ (1479-1500), der berühmteste Typograph Kölns
und Stammvater einer hochangesehenen typographischen Familie.

                                                        Heinr. Quentell.

Solange die geistreichen Kombinationen Maddens nicht durch
unwiderlegliche Thatsachen unterstützt werden, kann die von ihm
angenommene grosse Druckanstalt und typographische Ausbildungsschule
der _fratres vitæ communis_ in Köln nicht der Geschichte eingereiht
werden[20].

 [20] Vergl. die eingangs erwähnten: □Madden□, _Lettres d'un
      bibliographe_, zugleich IV. Kap. S. 68.

                                                                Münster.

Auf die erwähnte energische und werkthätige Korporation dürfte die
erste Presse MÜNSTERS[21] zurückzuführen sein. Die Brüderhäuser in Köln
und Rostock standen mit denen zu Münster in naher Beziehung und die
ersten Pressen hier empfingen ihre Hauptnahrung von dem Humanismus.
Der Name des ersten Druckers ist □Johannes Limburgus, Aquensis□ (von
Aachen), und der erste Druck: _Kodri Kerkmeister, Comedia_ (1485). Mit
dem nächsten Jahre verschwindet aber die Presse Münsters und taucht
erst zu Anfang des □xvi.□ Jahrh. wieder auf. Bei der dort herrschenden
Gelehrsamkeit und Geistesthätigkeit bleibt nur die Vermutung übrig,
dass die mit Münster eng verknüpften Städte Köln und Deventer,
namentlich die letztere, dort Filiale errichtet haben; nur so lässt
sich die grosse Druckthätigkeit Deventers erklären.

 [21] □J. B. Nordhoff□, Denkwürdigkeiten aus dem Münsterschen
      Humanismus. Münster 1874.

Die grösste Bedeutung als Drucker in Münster hat der bekannte Humanist
□Theodorik Tzwyvel□. Von seinen vielen Druckwerken sind jedoch
verhältnismässig nur wenige übrig geblieben und die Wiedertäufer,
die seine Druckerei plünderten, haben gründlichst für die Zerstörung
gesorgt.

                                                              Lübeck und
                                                                Hamburg.

In LÜBECK[22], welches eine tüchtige Pflanzschule für den Norden wurde,
erschien 1498 die erste niederdeutsche Ausgabe des „Reineke de Voss“,
von der das einzige bekannte Exemplar in Wolfenbüttel aufbewahrt wird.
In HAMBURG[23] druckten 1491 die Brüder □Hans□ und □Thomas Borchardus□.
Aus dem □xv.□ Jahrh. ist nur ein einziger Hamburger Druck bekannt:
_Laudes beate Marie virginis_. Das Buch ist zwar sauber ausgeführt doch
in seiner ganzen Ausstattung sehr einfach ja fast dürftig gehalten.
Überhaupt scheinen die ersten dortigen Drucker auf keiner hohen Stufe
gestanden und nicht mit besonderem Glück gearbeitet zu haben.

 [22] □J. H. v. Seelen□, Nachricht über die Bchdkst. Lübeck
      1740. -- □Deecke□, Einige Nachrichten etc. Lübeck 1834.

 [23] □J. M. Lappenberg□, Gesch. d. Bchdkst. in Hamburg. 1840.

                                                              Magdeburg.

Ein überaus reges geistiges Leben entfaltete die reiche Stadt
MAGDEBURG[24], wohin die neue Kunst durch □Albert Ravenstein□ und
□Joachim Westfal□, zwei Brüder des gemeinsamen Lebens, gebracht wurde.
Sie lieferten 1483 und 1484 mehrere kleinere Schriften, dann aber auch
ein grösseres, auf Laien berechnetes niederdeutsches Evangelienbuch
in Folio. Westfal, der aus Stendal stammte, zog 1486 oder 1487 mit der
Offizin nach dort; von Ravenstein hört man nichts weiter.

 [24] □L. Götze□, Ältere Gesch. d. Bchdkst. in Magdeburg.
      Magdeburg 1872. Hierzu ein Supplement.

Eine staunenswerte Thätigkeit entfaltete □Moritz Brandis□, der von dem
damals im Erzstift regierenden kunstsinnigen Erzbischof, Ernst, Prinz
von Sachsen, aus Leipzig berufen wurde. Seine Offizin war mit zwölf
Typengattungen und mit mindestens 9 Suiten von Initialen ausgestattet.
Sein Meisterdruck ist die erste Ausgabe eines _Missale_ in Folio; die
zweite Stelle gebührt dem Halberstädter _Breviarium_ in 8° von 1495.

                                                         Die Xylographie
                                                           in Magdeburg.

Besondere Beachtung verdient die Magdeburger Xylographie. Schon
die ersten Drucke von dort zeigen Holzschnitte. Moritz Brandis
lieferte 1492 einen Folianten mit vierzig, 1494 einen anderen mit elf
Holzschnitten. Die meisten der, während eines Zeitraumes von siebzehn
Jahren erschienenen Holzschnitte zeigen eine solche künstlerische
Verwandtschaft, dass man auf die Abstammung von einem und demselben
Künstler oder von einer und derselben Kunstanstalt schliessen muss.
Dies wird noch bestätigt durch einen, im Kloster Zinna, dem einzigen
Ort der Mark Brandenburg, ausser Stendal, der im □xv.□ Jahrhundert
eine Presse hatte, gedruckten „Marienpsalter“, ein für damalige Zeit
seltenes Prachtwerk, das auf 116 Blatt in Quart nicht weniger als 189
vortreffliche Holzschnitte enthält[25].

 [25] Ein gut erhaltenes Exemplar besitzt die Stadtbibliothek
      in Thorn.

                                                             Leipzig.
                                                         Andr. Friesner.

LEIPZIG[26], das später eine so wichtige Rolle in der Geschichte
der Typographie spielen sollte, erhielt eine Druckerei erst zu einer
Zeit, als manche andere Städte schon Bedeutendes geleistet hatten; ja
es war nicht einmal die erste Stadt Sachsens, die die Kunst in ihren
Mauern aufnahm, denn es giebt bereits Bücher aus dem Jahre 1473 mit
dem Druckorte MERRSBORG[27]. Trotzdem ist die Einführungsgeschichte in
Nebel gehüllt. Thatsache ist nur, dass □Andreas Friesner□, Sohn eines
Ratsherrn in Wunsiedel, ein gelehrter Mann, der mit Sensenschmid in
Nürnberg zusammen gewirkt hatte und 1479 nach Leipzig als Professor
der Theologie berufen wurde, eine Buchdruckerei mit sich brachte. Ob
er jedoch selbst gedruckt hat, oder ob er vielleicht seine Offizin
einem der, als die frühesten bekannten, Buchdrucker Leipzigs übergeben
hat, lässt sich nicht ermitteln. Im Jahre 1482 bekleidete Friesner die
Stelle eines Rektors der Universität Leipzig. Er starb in Rom im Jahre
1504 und vermachte seine Presse dem Leipziger Predigerkonvent[28].

 [26] □J. H. Leich□, _De orig. typogr._ Lipsiensis 1740. -- □J.
      J. Müller□, _Incunabula typogr. Lips._ Leipzig 1720.

 [27] Die Behauptung, dass dies nicht Merseburg sei, sondern
      Mörsburg am Bodensee, hat sich längst als unbegründet
      erwiesen.

 [28] □Dr. G. Wustmann□ in seiner Schrift: „Die Anfänge des
      Leipziger Bücherwesens“, 1879, hält dafür, dass die Kunst
      schon ~vor~ Friesner geübt wurde.

                                                        Erster datierter
                                                              Druck.

Ein datierter Druck ist erst aus dem Jahre 1481 bekannt, er trägt
jedoch keine Druckerfirma. Es ist ein sehr sauber auf gutes Papier
gedrucktes Bändchen in klein Quart, so frisch aussehend, als wäre
es erst vor einem Jahrzehnt aus der Presse gekommen. Es führt den
Titel: _Johāis viterbiēsis: Glosa sup. Apocalipsim_ und das Impressum:
_Lipczk MCCCC LXXXI in pfesto michahelis_. Der Schnitt der, namentlich
durch ihre absonderlich geformten Initialen sich auszeichnenden
halbgothischen Type ist derselbe, mit welchem das erste mit Namen des
Druckers versehene Buch Leipzigs gedruckt wurde: _Albici tractatulus
de regimine hominis_, welches von □Marcus Brandis□ (1487) herrührt.
Nicht weniger gut ist ein _Benedictionale_ des Marcus Brandis aus
dem Jahre 1487. Die Notensysteme sind rot eingedruckt, aber behufs
handschriftlicher Einzeichnung der Noten leer gelassen. Für mit Marcus
Brandis identisch wurde früher □Moritz Brandis□ (1488-1498) gehalten,
der, wie erwähnt, später nach Magdeburg zog.

                                                          K. Kachelofen.

□Konrad Kachelofen□, der langezeit für Leipzigs ersten Buchdrucker
angesehen wurde, entwickelte eine grosse Thätigkeit von 1489 ab, in
welchem Jahre er Joh. Widmanns von Eger: „Behende vnd hübsche Rechenung
auf allen Kaufmannschaft“ druckte, ein Lehrbuch der elementaren
Mathematik, in welchem auch einfache Holzschnitte vorkommen. Eine
ausgezeichnete Leistung ist das im Jahre 1495 gedruckte Meissner
_Missale_. 1495 zog Kachelofen, der in Leipzig herrschenden Pest wegen,
nach Freiberg; die Leipziger Stadtbibliothek besitzt jedoch einen
„Leipzig 1513“ datierten Druck von ihm.

Vor dem Schluss des □xv.□ Jahrhunderts konnte Leipzig über 150 datierte
Drucke aufweisen, abgesehen von den vielen undatierten.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

IV. KAPITEL.

DIE VERBREITUNG DER BUCHDRUCKERKUNST IM AUSLANDE.

 □Italien□: Subiaco und Rom. Venedig. Foligno. Mailand. Florenz.
   □Spanien und Portugal. Frankreich□: Paris. Lyon. □Die Niederlande□:
   Die _Histoires_. Colard Mansion. □England□: William Caxton.
   □Skandinavien□: Dänemark. Schweden. □Die slawischen Länder. Ungarn.
   Die Türkei.□


                                                          Die Verdienste
                                                          der Italiener.

VOR allen fremden Ländern gebührt ITALIEN der hohe Ruhm, die
Buchdruckerkunst zuerst aufgenommen, sie wesentlich verbessert,
vervollkommnet und in edelster Weise verwendet zu haben, und mit diesem
Ruhm, den man den Italienern in vollstem Masse zollen muss, könnten sie
wohl zufrieden sein. Wenn sie jedoch noch im Jahre 1868 soweit gingen,
ihrem Landsmann Pamphilo Castaldi als dem Erfinder der Buchdruckerkunst
in seinem Geburtsorte Feltre ein Denkmal zu errichten, so verfielen
sie aus missverstandenem Patriotismus in einen Irrtum, zu dessen
Entschuldigung sich noch bei weitem weniger sagen lässt, als für die
Ansprüche der Holländer.

Wie für die klassischen und bildenden Künste war Italien auch für die
Poesie das gelobte Land und hatte bereits seinen Dante, Boccaccio
und Petrarca hervorgebracht. Es waren namentlich die Höfe der
Mediceer in Florenz und der Herzöge von Este in Ferrara, welche die
Mittelpunkte der Kultur bildeten, an welchen die genannten grossen
Sterne und noch manche zweiten Ranges glänzten. Die nach der Eroberung
von Konstantinopel (1453) nach Italien geflüchteten Gelehrten
nährten noch mehr den Sinn für die klassische Litteratur und fanden
Unterstützung bei den aufgeklärten Fürsten, welche Pflanzschulen
für die Wissenschaften und Bibliotheken gründeten und die Werke der
griechischen Klassiker übersetzen liessen.

So war in Italien wie in keinem andern Lande der Boden für die
neue Kunst geebnet. Bereits im Jahre 1480 hatten vierzig Städte
Buchdruckereien, zumteil hervorragender Art, die namentlich mit der
Herausgabe der Klassiker beschäftigt waren, während in dem Mutterlande
der Typographie noch immer Gebetbücher und trockene Kompendien die
hauptsächlichsten Druck-Erzeugnisse bildeten.

                                                         Conrad Sweyn-
                                                           heim und
                                                        Arnold Pannartz.

□Conrad Sweynheim□ und □Arnold Pannartz□, wahrscheinlich zwei der
überall hin verstreuten Schüler Gutenbergs, gründeten die erste
Druckerei Italiens in dem Kloster SUBIACO. Das Städtchen Subiaco mit
dem berühmten Stammkloster der Benediktiner liegt in unwirtlichster
Berggegend 14 Stunden von Rom. Entfernt von der Stadt auf den höchsten
nackten Felsen ragt das nur mit grossen Schwierigkeiten zu ersteigende
Kloster. Der Kommandaturabt desselben, der Kardinal Johannes a
Turrecremata, ein eifriger Bewunderer der Buchdruckerkunst, veranlasste
durch einige Mönche deutscher Nation die Einberufung Conrads aus
Schweinheim, bei Mainz, und Arnold Pannartz' aus Prag. Sie kamen 1464
an. Zuerst entstand ein Donatus, dann des Lactantius _De divinis
institutionibus_ (1465), des heiligen Augustinus _De civitate dei_
(1467), und wahrscheinlich auch 1465 Ciceros _De oratore_[1].

  [1] Nach □Charles Fumagalli□: _Dei primi libri a stampa in
      Italia_. Lugano 1875 soll _Cicero_ vor dem _Lactantius_
      von Sweynheim und Pannartz gedruckt sein. -- □Ed.
      Frommann□: Aufsätze zur Gesch. d. Buchhandels. 2. Heft.
      Jena 1881.

                                                            Die römische
                                                               Schrift.

Der Lactantius war das erste Buch, welches in römischer Schrift
gedruckt wurde. Die Kalligraphie hatte in Italien bereits zu den Zeiten
der Römischen Kaiser eine hohe Stufe erreicht. Durch den Wechsel der
herrschenden Völker in Italien änderte sich auch die Schrift vielfach.
Als die Gothen im □v.□ Jahrh. sich zu Herren Italiens machten,
fingen die römischen Kapital-Buchstaben schon an, eine veränderte
Gestalt anzunehmen; die eigentliche kleinere runde Kurrentschrift kam
jedoch erst im □viii.□ Jahrhundert auf. Nichts natürlicher, als dass
Sweynheim und Pannartz sich dem nationalen und gefälligen Schriftsystem
zuwendeten und für ihr Werk die römische Schrift annahmen, der sich
die jetzige Antiqua fast ganz anschliesst. Ein in Paris befindliches
Manuskript, welches 1459 in Italien geschrieben wurde, des heiligen
Augustinus _De civitate dei_, zeigt ganz die Schrift, wie sie in dem
Lactantius verwendet wurde. In dem ersten Bogen des Werkes ist, um die
griechischen Zitate hineinzuschreiben, Raum gelassen; in den späteren
Bogen wurden zum erstenmal griechische Typen verwendet, denn die
Zitate in Schöffers Princeps-Ausgabe von Ciceros _De officiis_ waren
Holzschnitte.

Es zeigten sich jedoch bald die Schwierigkeiten einer so abgelegenen,
schwer zugänglichen Lage und Sweynheim und Pannartz folgten daher
gern der Einladung der beiden Brüder Pietro und Francesco Marquis
von Massimi, nach ROM zu kommen; in deren Palast sie 1467 installiert
wurden, zunächst um Ciceros Briefe zu drucken. In dieser Ausgabe findet
man zum erstenmale die reine Antiqua, wie sie schon in den Manuskripten
des □viii.□ u. □ix.□ Jahrh. vorkommt.

                                                            Pannartz und
                                                             Sweynheims
                                                               Unglück.

In den fünf folgenden Jahren entwickelten Sweynheim und Pannartz
eine grosse, jedoch weit über ihre Kräfte gehende Thätigkeit, die
sie dem geschäftlichen Ruin entgegenführte. Aus ihren Pressen gingen
hauptsächlich Ausgaben der Klassiker hervor, unter anderen ein _Livius_
(1469), von welchem ein Exemplar, 1815, mit nahe an 20000 Mk. bezahlt
wurde. Rom war zwar ein Sitz der Gelehrsamkeit, lag aber ausserhalb des
grossen Verkehrskreises. In dem Verhältnis, wie sich das Bücherlager
von Sweynheim und Pannartz füllte, leerte sich ihre Kasse, und als sie
den 5. Band der Bibelerklärungen des Nikolas de Lyra gedruckt hatten,
waren sie ganz ohne Mittel. Der Herausgeber des Werkes, ihr Freund der
Bischof Andr. Bussi, empfahl sie zwar dringend der Unterstützung des
Papstes Sixtus □iv.□ Das Gesuch, welches für die Buchdruckergeschichte
deshalb ein besonderes Interesse hat, weil man daraus erfährt, dass
die gewöhnliche Auflage eines Buches 275 Exemplare gewesen, von den
populären Werken 550, hat jedoch entweder gar keinen oder keinen
genügenden Erfolg gehabt und die Vereinigung ward aufgelöst. Sweynheim
scheint sich nach der Trennung hauptsächlich mit Schriftschneiderei
beschäftigt zu haben und machte auch die ersten Versuche, Landkarten
für die Buchdruckerpresse in Kupfer hoch geschnitten herzustellen, um
damit die Geographie des Ptolomäus zu drucken, erlebte aber nicht die
Vollendung dieses ausgezeichneten Unternehmens, dessen letzte Platten
von Arnold Bucking angefertigt wurden. Von Sweynheim hört man nach 1473
nichts mehr. Pannartz druckte bis 1476, um welche Zeit beide Teilnehmer
gestorben zu sein scheinen.

Noch vor der Übersiedelung der Genannten nach Rom war □Ulrich Han□
(Gallus) durch den Kardinal Torquemada nach dort berufen worden. Han
druckte mit gothischer Schrift das erste Buch mit Holzschnitten in
Italien, Torquemadas _Meditationes_ (1467).

                                                                Venedig.

Nach VENEDIG kam die Buchdruckerei erst 1469, überflügelte jedoch
in dem mächtigen Stapelplatz des Handels, wo zugleich Wissenschaft
und Kunst blühten, bald die aller anderen Städte Italiens. Auch hier
traten Deutsche als die ersten Buchdrucker auf. □Johann von Speyer□
(_Johannes de Spira_) druckte 1469 als erstes, zugleich als Musterwerk,
Ciceros Briefe. Sehr geschätzt ist auch sein Plinius, von dem ein
Exemplar 1781 in Paris für ungefähr 4500 Mk. verkauft wurde. Seine
Type nähert sich der Antiqua; in der Interpunktion wendet er Punktum,
Kolon und Fragezeichen an. In einer Ausgabe des Tacitus, die jedoch
möglicherweise von seinem Nachfolger herrührt, kommen arabische Zahlen
als Pagination vor. Seine Verdienste wurden von dem Dogen, Pasquale
Malipiero, so hoch geschätzt, dass man ihm das Privilegium als
alleinigem Drucker auf venetianischem Territorium erteilte. Von diesem
Privilegium, das glücklicherweise für die Verbreitung der Kunst nur ein
persönliches war, sollte er jedoch keinen Nutzen ziehen, indem er 1470
starb. Sein Bruder □Johann Wendelin□ von Speyer setzte das Geschäft
fort und druckte viele elegante Klassikerausgaben; auch die erste
italienische Bibel. Er verband sich mit □Johann□ von Köln (1471-1487),
der sich wieder später mit Nikolaus Jenson vereinigte.

                                                            Nik. Jenson.

                                                         Die lateinische
                                                              Schrift.

Nach dem Erscheinen der Gutenbergschen Bibel war die Kunst in Paris
nicht unbeachtet geblieben. Auf direkte Veranlassung des Königs Karl
VII. erging am 3. Okt. 1458 eine Ordre an die königlichen Münzmeister,
einen erfahrenen Mann nach Mainz zu senden, der die neue Kunst erlernen
sollte. Die Wahl fiel auf □Nikolaus Jenson□, einen geschickten Graveur,
dem es auch wirklich gelang, die Kunst sich zu eigen zu machen. Er
kehrte jedoch nicht nach Paris zurück, sondern ging nach Venedig, wo
er als einer der berühmtesten Buchdrucker von 1470-1481 wirkte. Er
erkannte sofort die grosse Verwendbarkeit der Römischen Schrift, dabei
jedoch auch die Mängel der vorhandenen Muster. Letztern half er ab,
gab der Schrift noch mehr Rundung und brachte die schöne „lateinische
Schrift“ zustande, die schnell zur allgemeinen Geltung kam und noch
in solcher steht und stehen bleiben wird. Jensons Schrift wurde
erst die venetianische genannt; in den italienischen Schriftproben
heisst sie _lettera antiqua tonda_. Die Italiener behielten den Namen
_Antico_. Deutschland und das nördliche Europa benannten sie _Antiqua_,
Frankreich und Holland _Romain_ (auch _droit_) _Romeyn_, England
_Roman_.

Um dem Geschmack der Zeit Rechnung zu tragen, schnitt Jenson jedoch
auch gothische Schriften, die sich ebenfalls durch ihre Schönheit
auszeichnen. Auch eine griechische Schrift, jedoch ohne Versalien,
rührt von ihm her. Seine Werke sind alle typographische Meisterstücke.
Er starb reich und angesehen im Sept. 1481; selbst der Papst ehrte ihn
und verlieh ihm den Titel eines Pfalzgrafen.

                                                         Erhard Ratdolt.

Unter den deutschen Buchdruckern in Venedig gehört in die erste Reihe
□Erhard Ratdolt□ (1476-1486), der bereits oben unter den Augsburger
Buchdruckern genannt wurde; sein „Euklid“ (1482) in gothischer Schrift
und reich ornamentiert, gilt als ein Meisterwerk ersten Ranges und
verschaffte ihm nach vielen Seiten den ehrenvollsten Ruf. Dieses
Werk ist das erste mit mathematischen Figuren ausgestattete. In den
Prachtexemplaren davon kommt auch zum erstenmale Golddruck vor. Seinen
Kunstsinn zeigte Ratdolt besonders durch Anwendung schön verzierter
Initialen, die unter dem Namen _litteræ florentes_ bekannt sind, und
durch seine sehr fein in Holzschnitt ausgeführten Randverzierungen.
Er war zugleich der erste, der Titelblätter in modernem Sinn allgemein
aufnahm. Auch musikalische Werke mit beweglichen Typen führte er aus.
Im Jahre 1486 folgte er dem Rufe des Bischofs Johann von Werdenberg
und kehrte nach Augsburg zurück, wo er nur bis 1516 wirkte, wenigstens
finden sich nach dieser Zeit keine Spuren einer geschäftlichen
Thätigkeit.

                                                          Christoph Val-
                                                              darfer.

Noch ist □Christoph Valdarfer□, der später nach Mailand übersiedelte,
zu nennen. In Venedig druckte er noch das _Decamerone_ des Boccaccio,
von welchem ein Exemplar im Jahre 1812 nach dem Tode des Herzogs von
Roxburgh für 2260 £ Sterl. (über 45000 Mk.) verkauft wurde, die höchste
Summe, die je für ein Buch gezahlt wurde.

                                                              Aldus Pius
                                                               Manutius.

Am Schluss des Jahrhunderts (1494) ging noch ein typographischer Stern
erster Grösse in Venedig auf: □Aldus Pius Manutius□, dessen Glanz die
nächste Periode erfüllt. Zu dieser Zeit waren gegen 150 Druckereien auf
einmal in Venedig in Betrieb. Über 3000 Werke hatten bis dahin hier das
Licht erblickt. Nimmt man die Auflage eines Werkes durchschnittlich auf
nur 300 Exemplare an, und jedes Werk durchschnittlich zu zwei Bänden,
so macht dies gegen zwei Millionen Bände.

                                                         Joh. Numeister.

Das Städtchen FOLIGNO im Kirchenstaate ist durch Zufall zu einer
typographischen Rolle gekommen. □Johann Numeister□, ein Schüler
Gutenbergs, suchte sein Glück in Italien und kam auf seiner Reise nach
Rom durch Foligno. Ein angesehener Bürger dort, Emilianus de Orfinis,
veranlasste ihn (1470), seine Presse in Foligno aufzuschlagen. Im
Jahre 1472 erschien seine Prachtausgabe von Dantes _Divina commedia_.
Numeister verwendete anfänglich die römische Schrift, später eine
gothische, der Gutenbergschen Bibelschrift ähnliche.

                                                                Mailand.

                                                                Florenz.

                                                          Bern. Cennini.

MAILAND und FLORENZ bekamen die ersten Pressen durch Eingeborene.
Über die Einführung in Mailand ist viel gestritten worden; es scheint
jedoch unzweifelhaft, dass sie durch □Philippus de Lavagna□ (1469)
geschah. In Florenz lebte ein Goldschmied, □Bernardo Cennini□, der mit
an Ghibertis berühmten Thüren gearbeitet hatte. Es schmerzte ihn, dass
Italien gänzlich von Deutschland in der Buchdruckerkunst abhängig sein
sollte. Er studierte deshalb genau die Drucke und Manuskripte und ging
nun selbst daran, Stempel, Schriften, Pressen u. s. w. herzustellen,
was ihm zwar gelang, jedoch unter solchen Opfern, dass er bald wieder
zu drucken aufhören musste. Es scheint, als habe er die griechischen
Schriften für den Homer geliefert, womit Demetrius Chalcondylas, ein
von Candia ausgewanderter Grieche, im J. 1488 hervortrat[2]. Es dauerte
aber nicht lange, dass kunsterfahrene Deutsche nach Florenz kamen,
darunter □Nikolas von Breslau□, der 1477 Bellinis _Monte Sancto di
Dio_ druckte, das erste Werk mit Illustrationen in Metallplatten, da
Sweynheims Ptolomäus noch nicht erschienen war. Noch bedeutender ist
seine Ausgabe von Dante. Die Wirksamkeit der berühmten Familie _Giunta_
gehört der folgenden Periode an.

  [2] □F. Fantozzi□, _Notizie di B. Cennini_. Florenz 1839.

                                                           Genua und an-
                                                            dere Städte.

Nach GENUA kam als erster Drucker □Matthias Moravus□ („aus Olmütz“,
1474), die Schreiber petitionierten jedoch gegen die Konkurrenz und
Moravus ging nach Neapel. In SONCINO druckte □Abraham Colorito□ 1488
eine schöne hebräische Bibel mit reichen Ornamenten und Einfassungen.
Die erste Offizin Siciliens wurde in MONTREALE bei Palermo 1472
angelegt. In FANO druckte 1514 □Gregor Gregorio□ das erste arabische
Buch.

Fünf Jahre nach der Ankunft Sweynheims und Pannartz' in Subiaco war die
Kunst überall in Italien und zwar fast nur durch Deutsche eingeführt.

       *       *       *       *       *

                                                                Spanien.

SPANIEN[3]. Obwohl die Gelehrsamkeit und die Wissenschaften in
Spanien hoch in Ehren gehalten wurden, so fand die Einführung der
Buchdruckerkunst doch verhältnismässig spät statt. Sie geschah dort,
wie fast überall, durch Deutsche, die Lehrlinge unter den Eingeborenen
ausbildeten, bis diese nach und nach die Plätze der Lehrmeister
einnahmen.

                                                               Valencia.

Trotz aller inneren Kriege und der Strenge der geistlichen Zensur muss
die Buchdruckerkunst doch manche Aufmunterung seitens hochgestellter
und wissenschaftlich gebildeter Männer gefunden haben. Früher wurde
allgemein die _Historia Hispanica_ des Roderic Sanctius de Arevalo,
Erzbischofs von Valencia, als das erste in Spanien gedruckte Werk
betrachtet; es stammt jedoch aus den Pressen von Ulrich Han in Rom.
Nachdem im J. 1470 VALENCIA eine Universität erhalten hatte, liess
die Druckkunst nicht lange auf sich warten. Das älteste dort gedruckte
Buch ist mutmasslich die, 1474 erschienene Sammlung von 36 Gedichten
zur Ehre der heiligen Jungfrau; 1475 folgten ein Sallust und ein
_Dictionarium linguæ latinæ_ in fol.; sämtlich ohne Nennung des
Druckers.

  [3] □Francesco Mendez□, _Tipografia española_. 2. Ed. Madrid
      1861-66. -- □J. F. Nee de la Rochelle□, _Recherches
      historiques et critiques sur l'établiss. de l'art
      typographique en Espagne et en Portugal_. Paris 1830.
      -- □Vincent Salva□, _Catalogue of Spanish and Portuguese
      books_. 2 vols. London 1826-1829. -- Deutsche Buchdrucker
      des □xv.□ u. □xvi.□ Jahrh. in Portugal (Augsb. Allgem.
      Zeit. 1878, Nr. 49).

                                                          Lamb. Palmert.

Der erste datierte Druck ist eine _Biblia sacra_ in fol. von □Lambert
Palmert□ (Palomar), einem Deutschen, begonnen im Febr. 1477, beendigt
im März 1478. Von diesem Werk sind nur die vier letzten Blätter
in einem Exemplar in den Archiven des Domes zu Valencia entdeckt
worden. Wahrscheinlich ist die Auflage nach geistlicher Ordre auf das
gründlichste vernichtet. Als Protektor oder Mitarbeiter Palmerts wurde
der ausgezeichnete Astronom Alfons Fernandes von Cordova genannt.
Palmert druckte bis 1494, um welche Zeit sich nicht wenige deutsche
Drucker in Valencia etablierten.

                                                              Saragossa.

Aus SARAGOSSA findet sich ein, 1475 von □Matthias Flander□,
wahrscheinlich einem fahrenden Buchdrucker, geliefertes Buch: _Guidonis
de Monte-Rocherii, manipulus curatorum_ vor. Der erste, fest in
Saragossa etablierte deutsche Buchdrucker war □Paulus Huros□ aus
Constanz (1485-1499).

                                                                Sevilla.

In SEVILLA traten die ersten einheimischen Buchdrucker: □Anton
Martinez□, □Bartholomäus Segur□ und □Alphons del Puerto□
zusammenwirkend auf zum Druck eines Sacramentale. 1480 fällt schon der
Name Martinez weg; 1482 ist Alphons del Puerto allein zurück. Später
folgen mehrere Deutsche, als: □Paul von Köln□, und □Joh. Pegnizer□ aus
Nürnberg. Das Tribunal der Inquisition hatte i. J. 1500 eine eigene
Druckerei, aus welcher die Ordonnanzen des Grossinquisitors Didacus
Deca hervorgingen.

                                                              Barcelona.

Aus BARCELONA ist mutmasslich: _Th. von Aquino, commentar. in libros
ethicor. Aristotelis_ von □Petrus Brunus□ et □Nicolaus Spindeler□
(1478) das erste Buch. SALAMANCA zeigt trotz seiner berühmten
Universität erst zu Ende des □xv.□ Jahrh. Drucke auf.

Unter Basel wurde bereits mitgeteilt, dass □Friedr. Biel□ nach
BURGOS ging und dort 1485-1517 druckte. Er war ein sehr tüchtiger und
erfahrener Mann.

In dem Kloster auf dem Berge MONSERRAT druckte ein Deutscher □Joh.
Luschmer□ in den Jahren 1499-1500, und ging dann nach Deutschland
zurück. Madrids Buchdruckergeschichte gehört der folgenden Periode an.

                                                               Portugal.

PORTUGAL verdankt den Juden die Einführung, den Deutschen die
Fortbildung der Druckerkunst. Die portugiesischen Juden wurden seit
jeher von ihren Stammesgenossen als eine Art Aristokratie betrachtet
und hatten zu Ende des □xv.□ Jahrhunderts durch ihre Bildung und
Wohlhabenheit eine grosse Bedeutung erlangt.

Der Jude _Mestre_ (_Magister_) □Abraham d'Ortas□ druckte 1484 zu LEIRIA
den _Almanach. perpetuus ecclesiasticus astronomi Zacubi_, den ältesten
Druck Portugals. Ob der _Sephar Orach Chaim_ (1485) in Leiria oder in
Ixar in Spanien gedruckt wurde, ist wohl nicht ganz zu entscheiden.
1489 druckten die Rabbis □Eliezer□ und □Samuel Zorba□ in Lissabon des
Rabbi Mosis Nachmanidis hebräischen Kommentar zum Pentateuch und das
_Sepher Thephilod_ (1495). Eliezers Sohn □Zacchäus□ setzte das Geschäft
fort.

                                                              Valentin
                                                             aus Mähren.

Um für den Druck christlicher Werke nicht auf Juden angewiesen zu sein,
liess die Königin Eleonora, Gemahlin Johanns □ii.□, die Buchdrucker
□Valentin aus Mähren□ (Valentin de Moravia oder _Valentin Fernandes
Allemão_) und □Nikolaus aus Sachsen□ nach LISSABON kommen. Valentin
wirkte von 1495-1513 und wird _servidor e empremidor de sua Alteza_
genannt. Er nahm durch seine Bildung eine angesehene Stellung ein, ward
Sekretär für die lateinische Korrespondenz des Königs, Dom Manuel, und
verfasste nach den Berichten des Seefahrers Diego Gomes zwei Schriften
über dessen Reisen. Als 1496 das Edikt erschien, nach welchem es
jedem Nichtchristen unter Todesstrafe verboten wurde, im Lande sich
aufzuhalten, mehrte sich die Arbeit seiner Pressen, auch gaben die
umgestalteten Justizverhältnisse, der rasch steigende Handelsverkehr
und die Kolonialverwaltung, sowie die rege Missionsthätigkeit für die
Kolonien viel zu thun. Eine seiner ersten Arbeiten war die, im Verein
mit Nikolaus von Sachsen gedruckte _Vita Christi_ des Karthäusermönches
Ludolfo de Sachsonia (1495), welche auf direkte Veranlassung der
königlichen Familie unternommen wurde. Nur ein einziges vollständiges
Exemplar in der Lissaboner Bibliothek existiert. Unter den vielen
Werken Valentins befindet sich eine, von ihm selbst besorgte
Übersetzung der Reisen des Marco Polo. Nach 1506 verringert sich seine
Thätigkeit und sein Name verschwindet 1513, ohne dass es bekannt ist,
ob Tod, Geschäftsaufgabe oder Rückreise Veranlassung gewesen.

                                                             Hermann von
                                                               Kempen
                                                             in Setuval.

Im Jahre 1509 hatte sich □Hermann von Kempen□ (_Armão de Campos,
Alemã_) in Setuval niedergelassen. Später zog er nach Lissabon mit
dem Titel _empremidor_ und _bombardeyro d'El Rei_. Die Bombardiere
bildeten eine aus hundert Mann bestehende Leibgarde des Königs,
die viele Vorteile, als Freiheit von Steuern, vom Kriegsdienst,
von Einquartierung, ausserdem einen nicht geringen Sold hatte. Da
hauptsächlich Metallarbeiter, die selbst ihre Munition anfertigen
konnten, wozu sie das Rohmaterial erhielten, in diese Garde gewählt
wurden, so ist Hermanns Beruf als Schriftgiesser wahrscheinlich
bei seiner Aufnahme bestimmend gewesen. Sein Hauptwerk ist das von
Garcia de Resende herausgegebene _Cancioneiro Geral_, ein berühmtes
Liederbuch, das die Poesien von 275 höfischen Dichtern enthält. Der
Druck ist sauber und geschmackvoll in gothischer Schrift. Von diesem
Buch sind nur ganz wenige unverstümmelte Exemplare übrig geblieben. Der
König, Dom Fernando, übersandte das in seinem Besitz befindliche dem
Stuttgarter Verein der Bücherfreunde behufs einer von Dr. v. Kausler
1846-1849 veranstalteten Ausgabe, welche dieses wichtige Werk der
portugiesischen Nation erhalten hat.

                                                         Andere deutsche
                                                           Buchdrucker.

Als Valentins Wirksamkeit zu stocken begann, berief der König, Dom
Manuel, □Jakob Kromberger□ aus Sevilla nach Lissabon (1508) und verlieh
ihm, wie allen fremden Buchdruckern, die sich in Portugal niederlassen
wollten, den Titel Ritter des königlichen Hauses. Sie mussten jedoch
den Besitz von 2000 Dublonen in Gold nachweisen und Altchristen
(_christãos velhos_) sein.

Ob □Johann Gerling□, der 1494 in BRAGA druckte, auch auf königliche
Veranlassung berufen wurde, oder ob er ein fahrender Buchdrucker war,
lässt sich nicht bestimmen. Das von ihm gedruckte Brevier von Braga,
seine einzige Leistung, ist deshalb besonders wichtig, weil es die
Gebete und Hymnen nach dem Ritus der Mosaraber, einer Christengemeinde,
die unter der Maurenherrschaft fast ohne jede Verbindung mit
Rom fortbestanden hatte, enthält. Schliesslich siedelte noch im
□xvi.□ Jahrhundert □Joãs Blavio de Colonia Agrippina□ (1554) als
Hofbuchdrucker nach Lissabon über und druckte (bis 1556) 36 Werke.

Die älteren portugiesischen Drucke gehören zu den grössten
bibliographischen Seltenheiten. Unter 739 Inkunabeln der Lissaboner
Bibliothek sind nur 4 portugiesische. Die Bibliothek zu Oporto zählt
109 Inkunabeln, davon bloss 2 portugiesische.

       *       *       *       *       *

                                                                   Paris

Dass FRANKREICH[4], wo die Universität PARIS eine so grosse
Anziehungskraft auf die ganze wissenschaftliche Welt ausübte, mit der
Einführung der Buchdruckerkunst zurückblieb, muss hauptsächlich den
ungünstigen politischen Verhältnissen nach dem Tode Karls □vii.□ und
der Thronbesteigung seines grausamen Sohnes Ludwigs □xi.□ zugeschrieben
werden, obwohl dieser, nach seiner Art, ein Freund der Wissenschaft
war. So begünstigte er unter anderen auch □Jean Fouchet□ von Tours,
den bedeutendsten Illuminator damaliger Zeit, dessen Miniaturen in
Josephus' „Jüdischen Altertümern“ in ihrer Art unerreicht sind. Dass
der König an Schöffer einen Ersatz von 2425 Thaler für sein, von dem
Gerichte mit Beschlag belegtes Bücherlager gewährte, zeugt auch von
Interesse für die Kunst.

  [4] □P. Lacroix□, □E. Fournier□ et □F. Seré□, _Hist. de
      l'impr. et des arts et professions, qui se rattachent à
      la typogr. Avec fig._ Paris 1852.

                                                          Ulrich Gering.

                                                        Buchschriften in
                                                           Frankreich.

Der Anblick der gedruckten Bücher, die gebotene Möglichkeit, z. B. eine
gedruckte Bibel für 50 Kronen kaufen zu können, veranlasste Wilhelm
Fichet, Doktor an der berühmten theologischen Fakultät, der sogenannten
Sorbonne, den Rektor der Universität Johann Heinlein, nach seinem
Geburtsort Stein bei Constanz Johann von Stein genannt, zu bewegen,
für die Einführung der Kunst Schritte zu thun. Stein berief demzufolge
seinen Landsmann □Ulrich Gering□ aus Constanz nach Paris. Gering, der
die Kunst in Mainz gelernt hatte, brachte □Martin Crantz□ von Basel
und □Michel Friburger□ von Colmar mit sich und errichtete die erste
Buchdruckerei Frankreichs in den Gebäuden der Sorbonne. Das erste
Buch, welches dort gedruckt wurde, waren die Briefe von Gasparino di
Bergamo (1470), denen später ein rhetorisches Werk Fichets und mehrere
Klassikerausgaben mit Kommentaren von Stein folgten. Für diese Werke
bediente sich Gering, vielleicht unter dem Einflusse seiner Gönner
von der Sorbonne, einer, der römischen Type Jensons ähnlichen Schrift.
Als er aber später die Räume der Sorbonne verliess und seine Offizin
nach der _rue St. Jacques_ verlegte, nahm er die allgemein beliebte
gothische Type an, die man _Allemand_, oder auch, nach den gebrochenen
Ecken, _lettres de forme_ nannte. Die kleinere Schrift, mit der man
Schulbücher druckte, wurde nach der: _Summa St. Thomæ_, einem solchen
Buche, _lettres de somme_ genannt. Die grössern Anfangsbuchstaben
hiessen _lettres cadeaux_, die runden Anfangsbuchstaben der Kapitel
_lettres tourneurs_. Die gothische Schrift wurde auch von □Peter
Kaiser□ (_Caesaris_) und □Johann Stoll□, ebenfalls zwei Deutschen, die
sich kaum drei Jahre nach Gering in Paris etabliert hatten, angewendet.
Später bildete sich eine halbgothische Schrift aus, bis Jod. Badius
1501 die römische Type wieder einführte, die nun endgültig die
herrschende blieb.

                                                         Gerings Wirken.

Durch das Beispiel mit Schöffers Faktor klug geworden, hatte Gering
schon 1474 um Naturalisation nachgesucht, die ihm auch gewährt wurde.
Crantz und Friburger gingen 1478 wieder nach Deutschland zurück
und Gering nahm später □Berthold Remboldt□ zum Teilnehmer, dessen
Virgil so sorgfältig korrigirt war, dass er als fehlerfrei gilt. Ein
Meisterwerk ist sein _Corpus juris canonici_, in fünf Spalten, mit
verschiedenen Schriften, rot und schwarz, gedruckt. Gering erwarb sich
ein bedeutendes Vermögen und vermachte dasselbe bei seinem Tode (1510)
grösstenteils der Sorbonne.

Das erste „französisch“ in Frankreich gedruckte Buch _Les grandes
chroniques de la France_ stammt nicht aus Gerings Presse, sondern wurde
1476 von □Pasquier Bonhomme□ gedruckt. Einmal aufgenommen, verbreiteten
sich die Buchdruckereien rasch, es sind deren bis zum Jahre 1500 in
Paris 66 bekannt.

                                                                   Lyon.

                                                          Joh. Trechsel.

In LYON führte □Bartholomäus Buyer□ die Kunst (1473) ein. Das erste
Werk war das „Compendium“ des Kardinal Lothar. Der eigentliche Drucker
war jedoch nicht Buyer, sondern □Wilh. Leroy□, trotz des französischen
Namens wahrscheinlich ein Deutscher (König). Mit dem Jahre 1477
verschwindet dieser Name und kommt erst 1488 wieder zum Vorschein.
Einen bedeutenden Platz nimmt □Joh. Trechsel□ ein, der, selbst ein
gelehrter Mann, mit einer grossen Zahl von Gelehrten auf dem besten
Fusse stand. Seine Tochter Thalie, die eine gelehrte Erziehung, wie
es mit den Töchtern der Buchdrucker damaliger Zeit öfters der Fall
war, genossen hatte, war mit dem berühmten Buchdrucker Joh. Badius
verheiratet, der zusammen mit Joh. Lascaris als Korrektor für Trechsel
gewirkt hatte.

                                                           Grosse Bedeu-
                                                            tung Lyons.

Die Druckkunst nahm in Lyon einen sehr schnellen Aufschwung und die
Stadt hatte zu Ende des □xv.□ Jahrhunderts schon 50 Buchdruckereien,
aus denen gegen 400 Werke hervorgegangen waren. Viele hunderte von
Setzern, Druckern und Giessern fanden dort Beschäftigung. Die Mehrzahl
der Drucker waren deutschen Ursprungs. Die Papiermühlen produzierten
grosse Quantitäten des vortrefflichsten Papiers. Der Buchhandel in
der freien Messstadt Lyon war ein sehr bedeutender, welches damals
dem Buchhandel das war, was ihm Leipzig heute ist, und mit Ausnahme
von Venedig lieferte keine Stadt dem Buchhandel eine grössere Zahl von
Büchern. Von dem Nachdruck hielt sie sich nicht frei, namentlich hatte
Aldus unter diesem zu leiden.

Nach BORDEAUX brachte □Michel Svirler□ aus Ulm 1486 die Druckerkunst.

       *       *       *       *       *

                                                         Dierik Martens.

                                                           Kunstleben in
                                                               Brügge.

                                                             Der Burgun-
                                                             dische Hof.

In den NIEDERLANDEN druckte wahrscheinlich □Dierik Martens□[5] 1473 zu
AALST in Ostflandern das erste Buch, jedoch noch lange erhielt sich die
Anfertigung der Manuskripte neben dem Druck von Büchern, die sich mit
ihren rohen, ungeschlachten Holzschnitten nicht mit den prachtvollen
Miniaturen messen konnten. Ein Zentralpunkt der Manuskriptmanufaktur
war die reiche Handelsstadt BRÜGGE. Kunstlosere Manuskripte wurden zu
sehr billigen Preisen hergestellt, während die kostbar ausgestatteten
einen hohen Wert behielten. Jacques Raponde erhielt z. B. 500
Goldkronen für _La legende dorée, ystorié de belles ystories_. Ein
Werk mit Miniaturen illustrieren, die sich auf den historischen Inhalt
bezogen, nannte man _historier_, die Bilder selbst hiessen _histoires_.
Eine grosse Stütze fanden die Illuminatoren in dem kunstsinnigen
Burgundischen Hofe, namentlich war der mächtige Herzog Philipp der Gute
ein grosser Liebhaber, der überall seine Agenten hatte, um seltene
Bücher zu erwerben; auch unterstützte er die Umarbeitung älterer
Werke in das neuere Französisch. Fraglich ist es sogar, ob er nicht
die neue Kunst zuerst in Belgien einführte. Raoul le Fèvre hatte eine
Bearbeitung der Iliade: _Histoires de Troyes_, geschrieben und 1464 dem
Herzog ein prachtvolles Exemplar überreicht. Es fand so vielen Beifall,
dass die Schreiber und die Illuminatoren nicht genug Exemplare schaffen
konnten, und es ist nicht unmöglich, dass das Werk unmittelbar am Hofe
des Herzogs gedruckt wurde. Karl der Kühne, der Sohn und Nachfolger
Philipps, war zwar auch ein Freund schön ausgestatteter Manuskripte,
aber seine kriegerischen Unternehmungen machten es ihm unmöglich, den
Künsten des Friedens dieselbe Unterstützung zu gewähren, wie es sein
Vater gethan.

  [5] □J. de Gand□, _Recherches sur la vie etc. de Thierry
      Martens_. Aalst 1845. -- □A. F. van Iseghem□, _Biogr. de
      Th. Martens_. 2. Ed. Aalst 1856. -- □J. W. Holtrop□, _Th.
      Martens_. Haag 1867.

                                                         Colard Mansion.

In Brügge war ein hervorragendes Mitglied der Künstlergilde, □Colard
Mansion□[6], der Gründer der ersten Presse (1476). Er war als
Illuminator, Autor und Drucker thätig und bediente sich in seinen
Drucken einer eigentümlichen, nach französischen Handschriften
gebildeten, semigothischen Type. Die holländischen Schriften damaliger
Zeit waren im ganzen sehr roh. Nur □Richard Paff□ in Deventer zeichnet
sich durch eine schöne nationale Schrift (_Duits_) aus, die den
Leistungen des berühmten Schriftschneiders Fleischmann im □xviii.□
Jahrhundert wenig nachsteht.

  [6] □de Praet□, _Notice sur C. Mansion_. Paris 1829. -- _C.
      Mansion et les imprimeurs Brugeois du XV siècle._ Brügge
      1848.

                                                         Die Brüder des
                                                        gemeins. Lebens.

In DEVENTER entstand auch die Vereinigung der □Brüder des gemeinsamen
Lebens□, welche um die Verbreitung des Sinnes für Bücherwesen und
Buchdruckerkunst wesentliche Verdienste sich erworben hat. Zu den
Städten, die durch ihre Beteiligung bei dem Bunde der Hansa eine
Bedeutung erlangt hatten und wo ein frisches Leben blühte, gehörten
die drei Hauptorte Oberyssels: Deventer, Zwolle und Kampen. Namentlich
genoss Deventer ein gutes Ansehen.

Hier lebte Gerhard Groote (_Gerhardus magnus_)[7], geboren 1340 aus
einer dortigen Patrizier-Familie. Gerhard bildete sich erst in Paris,
dann in Köln aus, trieb scholastische Philosophie, Gottesgelahrtheit
und Magie und lehrte in uneigennützigster Weise unter einem
ansehnlichen Zulauf. Da fasste er plötzlich den Entschluss der Welt
abzuschwören, ohne jedoch in einen geistlichen Orden zu treten, denn
er wollte „keine Seele eines Menschen auf seine Verantwortlichkeit
nehmen“. Öffentlich verbrannte er seine kostbaren magischen Bücher und
nahm ein einfaches Diakonat an, welches ihn berechtigte öffentlich zu
lehren.

  [7] □G. H. M. Delprat□, _Verhandeling over de Broederschap van
      G. Groote etc._ Utrecht 1830. In deutscher Bearbeitung
      von □Dr.□ G. Mohnike. Leipzig 1840.

                                                           Gerh. Groote.

Seine Hauptaufgabe ward es nun, den, das Volk verdummenden Einfluss der
Bettelmönche zu untergraben. Seine Predigten in Deventer und an anderen
Orten waren so stark besucht, dass die Kirchen die Menge nicht fassen
konnten und er im Freien reden musste. Selbstverständlich war die Wut
der Bettelmönche gegen ihn eine grosse, und es gelang ihnen auch, ein
Verbot gegen das Predigen Grootes zu erwirken. Dieser unterwarf sich
demütig, um durch Übersetzen und Unterweisung der reiferen Jugend zu
wirken. Er lehrte seine Schüler Bücher abzuschreiben und damit etwas
Geld zu ihrem Unterhalte zu verdienen. Bei der steigenden Arbeit hatte
er in Floris Radewynzoon (_Florentinus Radewini_) eine vortreffliche
Stütze. Was dieser mit den Schülern verdiente gab er an Groote ab. „Was
hindert uns“ -- rief Florentinus einmal aus --, „dass wir und diese
Brüder vom guten Willen (_fratres bonæ voluntatis_) die Früchte unserer
Arbeit zusammenlegen und uns als Brüder zu einem frommen gemeinsamen
Leben (_fratres vitæ communis_) verbinden?“

Hiermit war der Gedanke einer freiwilligen Vereinigung ohne
klösterliches Gelübde ausgesprochen, um zugunsten der Bildung und
der Wissenschaft die Zeit zu verwenden und das Erworbene in eine
gemeinschaftliche Kasse niederzulegen, aus welcher die Bedürfnisse
aller bestritten wurden. Auch eine gleichmässige Kleidung bezeichnete
die Brüder als solche.

Groote selbst sollte die eigentliche Ausbildung der Gesellschaft der
Brüder nicht erleben; er starb, indem er liebevoll andere pflegte,
an der Pest am 20. Aug. 1384. Die Stiftung in Deventer hob sich mehr
und mehr. Florentinus fand in dem gebildeten Gerhard von Zütphen eine
wesentliche Hülfe. Andere Städte folgten dem Beispiel Deventers, so
Delft und Münster. Der Neid veranlasste Verfolgungen; die Brüder wurden
bei dem Papste Martin □v.□ als der Todsünde schuldig, als Mörder und
als falsche Propheten denunziert, jedoch freigesprochen, und eine Bulle
Eugens □iv.□ aus dem Jahre 1431 bedrohte denjenigen, der dem Wirken der
Brüder etwas in den Weg legte, mit dem Banne.

Nach der Erfindung der Buchdruckerkunst nahmen die Brüder, statt des
Abschreibens, das Drucken in die Hand und erwarben sich namentlich in
Holland, in Westfalen und in den Nordwestmarken Deutschlands grosse
Verdienste um die Anlegung von Druckereien. In Deventer, wo die
Schule zum Schluss des ersten Drittels des □xvi.□ Jahrhunderts ihre
höchste Blüte erreichte, war dies zwar nicht der Fall, vielleicht
weil Paffs Druckerei einen ausgezeichneten Rang einnahm, dagegen in
Gouda, Brüssel, Löwen, an welchem letzteren Ort die Druckerei jedoch
nicht reussierte, sodass die Brüder sich wieder dem Abschreiben
zuwendeten[8].

  [8] Dass die „Brüder des gemeinsamen Lebens“, nach ihren hohen
      Kopfbedeckungen auch „Kogelherren“ genannt, die früher
      Gutenbergische Druckerei nach Bechtermünzes Tod erwarben,
      lasen wir schon S. 35.

                                                                Haarlem.

                                                         Koster-Legende.

HAARLEM erhielt 1483 seinen ersten Buchdrucker □Jakob Bellaert□. Nach
einem langen Zeitraume, in welchem Haarlem keine Buchdruckerei hatte,
associiert sich 1561 □Jan van Zuren□ mit □Dirk Volckharts Coornhert□
zur Errichtung einer solchen. In einem Empfehlungsschreiben an den
Rat zu Haarlem vindiziert letzterer der Stadt die Ehre der Erfindung
und auch sein Socius erzählt hiervon, jedoch ohne den Namen des
Erfinders zu nennen. Zu diesen gesellt sich ein Florentiner Luigi
Guicciardini, der sich 1550 in Antwerpen aufhielt und eine Beschreibung
der Niederlande herausgab, in der viele Erzählungen von Meermännern und
Meerweibern, die in Haarlem gelebt haben, enthalten sind. Auch dieser
berichtet, dass die Buchdruckerkunst in Haarlem erfunden sei, lässt
jedoch die Wahrheit dahingestellt.

                                                         Koster-Legende.

Diese Nachrichten wurden nun oft nachgeschrieben und jeder neue Abdruck
als ein neuer Beweis für Haarlem ausgebeutet. Indes wären diese Mythen
wahrscheinlich längst vergessen, wäre nicht Hadrianus Junius (_Adrian
de Jonghe_), Doktor und Rektor zu Haarlem, aufs neue als Vertreter der
Erfindungsrechte Haarlems aufgetreten und zwar unter genauer Angabe
des Namens, Zunamens, der Wohnung des Erfinders und der Jahreszahl der
Erfindung. In seinem, auf Veranlassung der Deputation der Stände von
Holland geschriebenen Werke: _Batavia_, das von grossartigen Fabeln
wimmelt, erzählt er, dass □Laurenz, Johanns Sohn□, mit dem Beinamen
□Koster□ (Küster), beim Spazierengehen in einem Wäldchen bei Haarlem
Buchstaben aus Baumrinde als Spielzeug für seine Enkel geschnitzt
habe. Ein zufälliger Abdruck eines solchen Buchstabens veranlasste
ihn, der ein Mann von grossem Verstand war, mit seinem Schwiegersohne
Thomas Peter weitergehende Entwürfe zu machen und schliesslich die
Buchdruckerkunst in _optima forma_ zu erfinden und zu betreiben.

Das Geschäft erweiterte sich und warf reichlichen Gewinn ab. Unter
seinen Gehülfen befand sich jedoch ein ungetreuer Diener, „Johannes,
wahrscheinlich Faust“. Dieser steckte am Christabend, während der
Meister und seine Familie in der Kirche war, die Offizin in den Sack,
und fort war er, als man nach den Feiertagen die Druckerei wieder
eröffnete. Hadrianus Junius erinnert sich ganz genau, dass ein alter
ehrwürdiger Mann mit langen weissen Haaren, Namens Nikolaus Gelius,
erzählt habe, wie „er“ sich wieder erinnere, in „seiner“ Jugend von
einem gewissen Buchbinder, Cornelius, damals ein Mann von 80 Jahren,
die Geschichte gehört zu haben, und dass letzterer, wenn er von dem
Räuber erzählte, jedesmal bitterlich geweint habe.

Das ist die Koster-Legende, die so viele Federn in Bewegung gesetzt,
so viele Bitterkeit hervorgerufen und Kosters Manen zwei öffentliche
Denkmäler eingebracht hat. Die Holländer haben, wie aus dem nächsten
Abschnitt hervorgehen wird, so viele wahrhaft grosse Verdienste um
die Buchdruckerkunst, die von der ganzen gebildeten Welt freudig
anerkannt werden, dass sie ohne Nachteil ihren Koster-Missgriff zugeben
können[9].

  [9] □G. Meermann□, _Origines typr._ 2 Bde. Haag 1765.
      Ausserdem eine grosse Anzahl mehr oder weniger wertvoller
      Parteischriften, deren Aufzählung nur für wenige Leser
      Interesse haben dürfte.

       *       *       *       *       *

Nachdem über die Einführung der Kunst in ENGLAND vieles hin und her
gestritten worden, kann es jetzt als feststehend betrachtet werden,
dass sie im Jahre 1477 durch Caxton stattfand.

                                                         William Caxton.

□William Caxton□[10] wurde in der Grafschaft Kent geboren. Da er im
Jahre 1438 bei einem der angesehensten Kaufleute der City, Robert
Large, in die Lehre kam und eine solche Lehre gewöhnlich sieben Jahre
dauerte und mit dem 24. Jahre endigte, so ist, wenn wir diese Zahlen
für Caxton gelten lassen, sein Geburtsjahr etwa 1421.

 [10] □W. Blades□, _The biogr. and typogr. of W. Caxton_,
      2., einfachere Ausg. London 1877. -- □W. Blades□, _How
      to tell a Caxton_. London 1870. -- _Caxton Celebration
      1877._ London 1877. -- □F. C. Price□, _Facsimiles
      illustrating the labours of W. Caxton_. London 1877.
      -- Fast alle Hauptwerke Caxtons sind entweder in
      typographischen oder in photographischen Reproduktionen
      erschienen.

                                                          Caxton am Bur-
                                                         gundischen Hof.

                                                          Das erste eng-
                                                           lische Buch.

Nach der Vermählung des Herzogs von Burgund, Karl des Kühnen, mit der
Schwester Edwards □iv.□ von England, Margaretha, war es das eifrigste
Bemühen der englischen Regierung, die zum Nachteil beider Länder
erloschenen Handelstraktate wiederherzustellen. Caxton, der in Brügge
lebte, wo die Engländer eine „Nation“ bildeten und eine angesehene
Stellung als Geschäftsmann und Gouverneur (etwa Konsul) einnahm, war
einer der drei Abgeordneten, die zum Zweck der Unterhandlung nach dem
Burgundischen Hoflager gesandt wurden, wo er bald eine _persona grata_
wurde, die namentlich bei der Herzogin so hoch in Gunst stand, dass
sie ihn bewog, in ihren Dienst zu treten. In diesem fand Caxton Musse
genug, mit litterarischen Arbeiten, denen er stets zugethan gewesen,
sich zu beschäftigen. Im Jahre 1469 begann er die Übersetzung des
schon erwähnten Buches Raoul le Fèvres: _Histoires de Troyes_ und auch
die englische Übersetzung fand, wie das Original, so grossen Beifall,
dass Caxton den Entschluss fasste, es durch den Druck vervielfältigen
zu lassen. So erschien in den Jahren 1473 bis 1474 im Druck das erste
englisch geschriebene Buch: _The recuyell of the historyes of Troy_,
351 Folio-Seiten. Früher hielt man allgemein dafür, dass dies Buch den
Pressen Ulrich Zells in Köln entstamme, doch sprechen viele äussere
und innere Zeichen dafür, dass es ein Werk Colard Mansions in Brügge
sei. Während des Druckes seiner Übersetzung scheint nun Caxton sich
mit der Technik der Buchdruckerkunst vertraut gemacht zu haben und
der Entschluss bei ihm gereift zu sein, seinem Vaterlande die Kunst
zuzuführen. Nach einer Abwesenheit von 35 Jahren kehrte er nach LONDON
zurück, den kostbaren Schatz einer Druckerei-Einrichtung mit sich
führend.

                                                         Caxtons Thätig-
                                                         keit in London.

Das erste Buch von Caxton, welches von ihm mit einem vollständigen
Impressum versehen wurde, ist: _The dictes and sayings of the
philosophers_, das im November 1477 erschien. Seine Offizin war in
Westminster gelegen, jedoch nicht in der Abtei selbst. 15 Jahre wirkte
er noch als Drucker, zugleich als Übersetzer und Bearbeiter eines
grossen Teils der von ihm gedruckten Schriften, deren Zahl 94 beträgt
inkl. 7 Drucke, die er bereits in Brügge hat ausführen lassen, und 3,
die erst nach seinem Tode erschienen. Da unter diesen nicht weniger
als 33 Unica sind, zumteil nicht einmal im vollständigen Zustande,
so ist anzunehmen, dass die Zahl der Erzeugnisse seiner Pressen
eine noch wesentlich grössere gewesen ist. Die umfangreichsten sind:
Chaucers _Canterbury tales_ in zwei Auflagen von je 742 und 622 Seiten;
_Polychronicon_, 890 Seiten; _The noble history of King Arthur_, 862
Seiten; und _The golden Legend_, 892 Seiten. Letzteres mit vielen
Illustrationen versehene Buch, von dem kein vollständiges Exemplar
erhalten wurde, muss als Caxtons Hauptwerk betrachtet werden. Die
Technik sowohl als die Korrektur seiner Bücher waren höchst mangelhaft
und die Holzschnitte sehr untergeordneter Natur, wie überhaupt damals
von Kunst und Künstlern in England nicht zu reden war.

Aus dem gesagten geht hervor, dass Caxton nicht einer der begeisterten
Jünger Gutenbergs war, wie sie in anderen Ländern in nicht geringer
Zahl getroffen wurden, welche die Kunst ihrer selbst wegen liebten.
Er war ein praktischer Engländer und Geschäftsmann, der nicht
den Wissenschaften Opfer brachte oder seine Ehre in korrekten,
geschmackvollen Ausgaben der Klassiker suchte, sondern Bücher druckte,
von welchen er einen tüchtigen Absatz und raschen Gewinn hoffen durfte.
Kann aus den wenigen Exemplaren, die von seinen vielen Büchern auf
die Gegenwart gekommen sind, auf die Aufnutzung geschlossen werden, so
hätte er nicht falsch gerechnet. Im ganzen existieren 5-600 Exemplare
seiner Druckwerke, die sich fast ausnahmslos in englischen Händen
befinden und grösstentheils mit den höchsten Preisen erworben wurden.
Für ein nicht vollständiges Exemplar von: _The historyes of Troy_ wurde
in der Versteigerung des Herzogs von Roxburgh 1060 £ Sterl. 10 s. über
(21000 Mark) gezahlt.

                                                            Caxtons Tod.

Caxton starb, geehrt und geachtet, gegen Ende des Jahres 1491. Wenn
die Engländer ihn und seine Werke, obwohl sie typographisch auf
einer niedrigen Stufe stehen, so hoch halten und im Jahre 1877 sein
vierhundertjähriges Jubiläum so glänzend begingen, so zeigten sie damit
eine, sie selbst ehrende Dankbarkeit gegen einen Mann, der ihnen die
Wohlthaten der Presse, die in keinem anderen Lande sich grösser als in
England erwiesen, teilhaft werden liess.

Es erübrigt, einen Blick auf SKANDINAVIEN zu werfen.

„Der gothische Sprachstamm ist eine Lyra, deren Saiten zwischen den
österreichischen Alpen und den skandinavischen Bergen gespannt sind,
und es lässt sich nicht in Abrede stellen, dass Vieles, dessen Wert
nicht hoch genug geschätzt werden kann, von Deutschland kam. Von dort
erhielt der Norden die Buchdruckerkunst, von dort die Reformation.“

                                                              Die Runen.

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen im Norden waren in Stein
gemeisselte oder in Holz geschnittene Runen. Noch wichtiger für das
spätere Kulturleben waren die Sagen und Lieder, die von Mund zu Mund,
von Generation zu Generation sich verpflanzten. Selbst nach Einführung
des Christentums hatte das neue Alphabet einen harten Kampf mit den
Runen zu bestehen und noch im Jahre 1547 kamen Fälle der Benutzung
solcher vor.

                                                               Dänemark.

                                                             Joh. Snell.

Nach DÄNEMARK[11] brachten deutsche Mönche die ersten Bücher. Die
Bildung unter der dänischen Geistlichkeit war nicht gross, obwohl
die Universität Paris stark von Dänen besucht wurde. _Stationarii_
und _librarii_ hatte Dänemark nicht aufzuweisen. Das erste Buch: eine
lateinische Beschreibung der Belagerung von Rhodos, wurde in ODENSE
auf der Insel Fühnen im Jahre 1482 von einem fahrenden deutschen
Buchdrucker, □Johann Snell□, gedruckt.

 [11] □C. Nyrop□, _Bidrag til den danske Boghandels
      Historie_, 2 Bde. Kopenhagen 1870. -- □G. F. Ursin□,
      _Bogtrykkerkunstens Opfindelse og Udvikling_. Kopenhagen
      1840. -- □J. H. Schröder□, _Incunabula artis typ. in
      Svecia_. Upsala 1842.

                                                          G. van Gehmen.

Im Jahre 1485 druckte □Steph. Arendes□ in Schleswig: _Missale
Slesvicense_. Die Hauptstadt des Reiches, KOPENHAGEN, erhielt erst 1490
eine Offizin durch □Godfred van Gehmen van Os□, der früher in Gouda in
Holland gewirkt haben soll. Nur 19 Bücher können mit Sicherheit als
aus seinen Pressen hervorgegangen bezeichnet werden. Das bekannteste
darunter ist: _Dansk Rimkrönike_, welche in den Jahren 1495-1508
viermal aufgelegt wurde und das einzige in dänischer Sprache gedruckte
Buch aus dem □xv.□ Jahrhundert ist. Gehmens Type ist eine sehr
hübsche und sein Druck ein guter. In RIPEN in Jütland druckte 1504
□Matthäus Brand□ aus Lübeck, der später nach Kopenhagen zog. Ihm folgte
□Povel Räff□, früher Rektor der Universität, der erste Däne, der die
Buchdruckerei betrieb.

                                                               Schweden.

In SCHWEDEN druckte (1483) der aus Dänemark gekommene □Johann Snell□
das erste Buch: _Dialogus creaturum moralizatus_. Auf Snell folgte
□Johann Fabri□ mit dem _Breviarium Strengnense_ 1494, während Fabris
Witwe 1496 das _Breviarium Upsalense_ vollendete. Von da ab tritt eine
Unterbrechung von über 50 Jahren ein, in welcher man von der Kunst in
Schweden keine Spuren findet.

       *       *       *       *       *

Auch Ungarn und die Slawischen Länder[12] eigneten sich bald die neue
Erfindung an.

 [12] □Ludw. Fischer□, König Matthias Corvinus und seine
      Bibliothek. Wien 1878. -- □Joh. Németh□, _Mem.
      Typographiarum inclyti regni Hungariæ et magn. principatus
      Transsilvaniæ_. Pest 1818. -- □Jos. Dobrowsky□, Über
      die Einführung und Verbreitung der B. in Böhmen. Prag
      1782. (Abhdl. einer Privatgesellsch. V. Bd.) -- □G. S.
      Bandtkie□, _De primis Cracoviæ etc. incunabulis dissert.
      brevis_. Krakau 1812. In polnischer Sprache lieferte
      Bandtkie mehrere wertvolle Werke über die Typographie
      Polens.

                                                                 Ungarn.

UNGARN stand zur Zeit der Erfindung unter dem Scepter des aufgeklärten
und sich für die Wissenschaften sehr interessierenden Königs Matthias
Corvinus. Derselbe hatte mit grossen Kosten unter Mitwirkung des
bekannten Joh. Regiomontanus seine berühmte Bibliothek einrichten
lassen. Wenn auch die Angabe der Bändezahl auf 50000 jedenfalls eine
äusserst übertriebene ist, so war sie doch für damalige Zeit eine
höchst bedeutende. Berühmt waren auch die vorzüglichen Einbände, die
noch heute als grosse Schätze bei den Sammlern gelten.

Der Kanzler Ladislas Gerab berief einen, damals in Italien weilenden
deutschen Buchdrucker □Andreas Hess□ nach OFEN, wo er auf Kosten des
Königs die _Chronica Hungarorum_ (1473) druckte. Der Typencharakter
dieses gut ausgeführten Werkes ist der der Antiqua. Da man von Hess
nur noch ein sehr mittelmässiges Buch ohne Datum: _Magni Basilii de
legendis poetis libellus_ kennt, so wird man versucht, diesen Druck für
einen früheren als die _Chronica_ zu halten.

Unter den Nachfolgern des Matthias schwand die geistige Blüte. Auch
die berühmte Bibliothek ging nach und nach zurück und litt durch
Vernachlässigung, Diebstahl u. s. w. grosse Verluste, so dass sie
bereits sehr von ihrem Glanze heruntergekommen war, bevor die Eroberung
Ofens durch den Sultan Soliman den Prächtigen ihr den vollständigen
Ruin brachte, indem vieles verwüstet, der Rest nach Konstantinopel
geführt wurde, von wo aus später einiges, namentlich als Geschenke der
Sultane, nach Wien und Pest zurückkam.

                                                                 Böhmen.

Auch BÖHMEN und POLEN standen zur Zeit der Erfindung der Kunst auf
einer hohen Stufe der Kultur. Prag liess sich in der Aufnahme der Kunst
von PILSEN überflügeln, von wo aus schon aus dem Jahre 1475 ein Neues
Testament in böhmischer Sprache stammt. Zwar trägt ein Buch, Guido
de Colonnas trojanischer Krieg, die Jahreszahl 1468, doch bezieht
sich diese wohl nur auf die Zeit der Abfassung des Manuskripts. Die
Schriften in diesem Werk sind eben so schön, wie die Ausführung eine
liederliche ist. PRAG folgte im Jahre 1478 mit: _Statuum utraquestorum
articuli_. 1488 erschien die erste Bibel in der Landessprache; die
zweite, mit Holzschnitten illustriert, wurde 1489 in der kleinen
Bergstadt KUTTENBERG durch den gelehrten □Martin von Tissnova□
gedruckt, der später Dekan der philosophischen Fakultät in Prag wurde.
An diese Stadt knüpft sich eine der lächerlichsten Gutenberg-Legenden,
nach welcher Johann Faust das Licht der Welt in Kuttenberg erblickte,
eine Legende, die noch im J. 1840 Verteidiger aus missverstandenem
Patriotismus fand. Dieser Faust soll in Prag studiert, in Mainz aber
seiner Vaterstadt zu Ehren sich Johann Kuttenberger genannt haben.

                                                                  Polen.

In KRAKAU, dem Sitz der Wissenschaften und der Kunst in Polen, druckte
zuerst □Swaybold Frank□ 1491; er lieferte auch russische Werke. In
RUSSLAND soll 1493 in TSCHERNIGOW gedruckt worden sein und zwar Werke
in illyrischer Sprache mit cyrillischen Schriften. Diese Schrift, deren
sich die Süd- und Ostslawen schon im □ix.□ Jahrh. bedienten, war von
dem Bischof Cyrillus und seinem Bruder Methodus erfunden.

                                                                 Türkei.

Selbst die TÜRKEI, wo die Ausübung der Buchdruckerei durch den Sultan
Bajazet □ii.□ 1483 unter Todesstrafe verboten war, hat Drucke aus
dem □xv.□ Jahrh. aufzuweisen, die von Juden ausgeführt wurden. Eine
hebräische Geschichte des Josephus Ben Gorion trägt das Impressum
□Konstantinopel□ 1490.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

V. KAPITEL.

DIE TECHNIK DER BUCHDRUCKERKUNST UND DIE LITTERARISCHE PRODUKTION.

 □Die Technik.□ Schriftgiesserei. Satz. Druck. Korrektur. Die Pressen.
   Die Farbe. Die Ausschmückung der Bücher. Das Pergament und das
   Papier. Die Buchbinderkunst. □Die Litterarische Produktion.□ Der
   Buchhandel. Die Zensur.


                                                       Schriftgiesserei.

DIE SCHRIFTGIESSEREI[1], die wichtigste aller der zum Druckgewerbe
gehörenden Beschäftigungen, ist zugleich diejenige, deren Anfange uns
am unbekanntesten geblieben. Dies ist jedoch sehr erklärlich, denn
gerade in diesem Teil der Thätigkeit lagen der Schwerpunkt und das
eigentliche Geheimnis der Typographie. Eine Zeichnung von Jost Amann[2]
aus dem Jahre 1568 zeigt uns einen Giesser, vor einem niedrigen
Ofen sitzend, in welchen die Giesspfanne eingelassen ist. Werkzeuge
liegen umher. Neben dem Giesser steht die Mulde mit fertigen Typen,
an welchen der Anguss noch haftet. Auf einem Wandbrett sind Siebe,
Tiegel und Giessinstrumente gereiht. Die Siebe dienten ohne Zweifel
dazu, den Sand fein zu sieben, in welchem sowohl die Metallstangen
als auch die grossen Buchstaben geformt wurden. Die äussere Gestalt
des Giessinstruments weicht etwas von der des jetzigen ab und nähert
sich der eines Stereoskop-Apparates. Eine Feder zum Halten der Mater
ist nicht zu erblicken, dagegen bemerkt man ein Loch an der Seite des
Instruments, durch welches jedenfalls die Mater gesteckt wurde, so dass
sie festlag, solange der Guss des Buchstabens dauerte. Die erwähnte
Abbildung ist jedoch über hundert Jahre jünger als die Erfindung; was
sich in der Zwischenzeit geändert hatte, ist nicht bekannt. Dass die
Giessinstrumente aus Messing gefertigt wurden, scheint aus der öfteren
Erwähnung der Typen: „als in Messing gegossen“ hervorzugehen, denn dass
man damit „Messingtypen“ gemeint haben sollte, ist undenkbar.

  [1] Unter den eingangs erwähnten Werken enthalten namentlich
      die von □W. Blades□ und □Th. de Vinne□ Beachtenswertes
      über die ältere Technik.

  [2] Eigentliche Beschreibung aller Stände auf Erden etc.
      Frankfurt a. M. 1568. Mit Stichen von □Amann□ und Versen
      von □Hans Sachssen□.

                                                            Die Stempel.

Aus welchem Stoff die Stempel in der allerersten Zeit gewesen, lässt
sich nicht sagen, wahrscheinlich versuchte man es erst mit Holz
und ging dann zu einem leicht zu bearbeitenden Metall über. Unter
solchen Umständen konnte von einem „Einschlagen“ des Stempels in das
Mater-Metall natürlich keine Rede sein; man wird also annehmen müssen,
dass die Herstellung der Matern anfänglich mittels „Eindrückens“ in
eine halberstarrte Masse geschah. Jedoch konnten solche Stempel und
Matern nicht auf die Dauer befriedigen und man musste zum Stahl für die
Stempel, zum Kupfer für die Matern greifen. Dass der Handel mit Schrift
und Matern sehr schnell in Aufnahme kam, geht daraus hervor, dass
dieselben Schriften an den verschiedensten Orten vorkommen.

                                                            Mangel an
                                                          Schriftsystem.

Ein korrektes „Kegelsystem“ ist im □xv.□ Jahrh. noch nicht bemerkbar.
Die Dimensionen der Typen hingen von den Eigentümlichkeiten des gerade
vorliegenden Manuskripts ab. Der Buchdrucker von damals hatte noch
nicht den Wert regelmässig sich abstufender Schriftgrade kennen gelernt
und ahnte noch nicht, welche Unannehmlichkeiten er durch die Willkür
in der Schriftgrösse auf sich und seine Nachkommen laden würde. Bei der
Kostspieligkeit der Giessinstrumente ist nicht anzunehmen, dass man für
jede einzelne Schrift ein besonderes Instrument hätte haben sollen,
wahrscheinlicher ist es, dass die Instrumente eingerichtet waren um
sowohl auf Kegelhöhe als auf Buchstabenweite gestellt zu werden.

                                                         Beschaffenheit
                                                        der alten Typen.

Auffällig genug ist es, dass auch nicht eine der Millionen Typen
aus der ersten Zeit der Druckkunst auf uns gekommen ist, ja dass
wir, mit einer unfreiwilligen Ausnahme, nicht einmal eine getreue
Abbildung einer solchen besitzen. Einem Drucker, der 1476 in der
Offizin des Konrad Winter in Köln arbeitete, müssen wir auf Grund
seiner Unachtsamkeit sehr verpflichtet sein. Indem er nämlich eine,
vielleicht zu locker geschlossene Schriftform einschwärzte, hat er
mit dem Farbeballen einen schwachen Buchstaben herausgezogen und dies
nicht beim Einfahren der Form bemerkt. Die liegengebliebene Type
ist nun durch den Tiegel so fest in die Schrift hineingedrückt und
auf den Bogen so genau abgedruckt worden, dass wir eine ganz genaue
Seitenansicht derselben besitzen. Die Buchstabenhöhe stimmt ganz genau
mit der alten französischen von 10½ geom. Linie oder 24 mm neuen Masses
überein. An der sichtbaren (rechten) Seitenfläche der Type befindet
sich eine runde Vertiefung von etwa 3 mm im Durchmesser. Da die Type
keine Signatur hat, so diente augenscheinlich diese Vertiefung dem
Setzer als Richtschnur beim Aneinanderreihen der Buchstaben. Der Fuss
ist nicht ausgekehlt, man sieht daraus, dass die ersten Typen keinen
Gusszapfen gehabt haben und dass die Höhe durch Absägen reguliert
wurde.

Über die üblichen Schrift-Quantitäten ist es fast unmöglich etwas
zu ermitteln. Die rasche Förderung vieler der älteren umfangreichen
Druckwerke, trotz der Erschwerung durch das Einreihen der Bogen in
Lagen, lässt vermuten, dass die Typenvorräte manchmal beträchtlich
gewesen sind.

       *       *       *       *       *

                                                             Der Setzer.

                                                          Die wandernden
                                                            Druckereien.

Die Beschäftigung des SETZERS, des DRUCKERS und des Giessers war, wie
jetzt, im allgemeinen eine getrennte. Die Zahl der Setzer war grösser,
als die der Drucker. Erstere waren nicht selten Männer von Bildung
und Verständnis für ihr Fach. Diejenigen, die sich für das Geschäft
so ausbilden wollten, dass sie später selbst Meister werden konnten,
mussten eine angemessene Entschädigung zahlen. Wie jetzt, rekrutierten
sich auch die Prinzipale von damals hauptsächlich aus der Klasse der
Setzer. Hatte ein solcher vom Drucken und Giessen so viel gelernt,
dass er die Arbeit Anderer überwachen konnte, so war es nicht gar zu
schwierig eine Buchdruckerei zu gründen. Mit den erkauften Matern und
einem Giessinstrument zog der Meister nach irgend einer Stadt. Die
einfachen Utensilien konnten überall angefertigt werden, das Metall für
die Schrift und das Papier waren in den grösseren Städten zu haben.

Der Buchdrucker fing nun zu giessen an, schlug seine Presse auf,
mischte seine Farbe und konnte dann die Arbeit beginnen. Fing solche
an zu fehlen, so lud er seine Druckerei auf einen Wagen und zog nach
einem andern Ort, wo man eines Buchdruckers benötigt war, um dort seine
Thätigkeit zu beginnen.

                                                         Der Setzkasten.

Die „Setzkästen“ ruhten zu zweien, einer hüben, einer drüben, auf einem
Pult, das wie ein grosses doppeltes Notenpult konstruiert war. Die
Zahl der Fächer hat auf Grund der vielen Ligaturen eine sehr grosse
sein müssen. Durch letztere wurde die Kunst des Setzens damals eher
schwieriger, als heute. Bei der grossen Ähnlichkeit mancher Ligaturen
unter einander war das korrekte Ablegen sehr erschwert und Fehler kamen
deshalb auch leichter beim Setzen vor. Ob die Fächer der Setzkästen,
wie es nach den Abbildungen den Anschein hat, gleichgross gewesen
sind, lässt sich nicht feststellen. Unwahrscheinlich ist es nicht,
denn die, heute im Satz oft vorkommenden, und deshalb grössere Fächer
verlangenden Buchstaben wurden auf Grund der vielen Ligaturen damals
nicht für sich allein so massenhaft verwendet.

In der Regel wird der Setzer oder die Setzerin sitzend und säuberlichst
angeputzt abgebildet, während die Drucker mit der Toilette es nicht
gar zu ängstlich genommen zu haben scheinen und oft in einem, dem
adamitischen sich sehr nähernden Kostüm dargestellt werden.

                                                            Winkelhaken.

Der „Winkelhaken“ war aus Holz, sehr einfach und für wenige Zeilen
und nur für ein Format berechnet. Dass der Setzer öfters mit dem
Winkelhaken in der rechten Hand abgebildet wird, berechtigt nicht zu
dem Schluss, dass viele unter ihnen „links“ gewesen sind. Es beruht
dies allein auf Unachtsamkeit und auf Übersehen des Umstandes, dass
die Zeichnung im Schnitt umgekehrt zu stehen kommt. Ganz im Anfang
hatte man mutmasslich nicht einmal einen Winkelhaken, sondern reihte
die Zeilen gleich in einem flachen Kasten auf, der zugleich als
Rahmen diente. Setzlinien benutzte man nicht, sondern stellte eine
Zeile unmittelbar auf die andere, wodurch natürlich das Ausschliessen
erschwert wurde, da die Schrift sich nicht so leicht auf der doch immer
etwas rauhen Fläche der Typen hin- und herschieben liess. Der Kasten
mit den fertigen Kolumnen liess sich leicht in die Presse stellen. War
der Schluss auch nicht ein besonders fester, so war man bei Benutzung
der Ballen und der leichten Farbe nicht so sehr der Gefahr ausgesetzt,
dass die Buchstaben herausgezogen wurden, wie es jetzt bei den Walzen
mit starkem Zug und der schweren Farbe der Fall ist. Dagegen stiegen
öfters die Ausschlussstücke und verunstalteten den Druckbogen. Stege
und Regletten scheint man nicht gehabt zu haben.

                                                         Das Tenakel und
                                                         das Manuskript.

Dass das „Tenakel“ frühzeitig gekannt war, geht ebenfalls aus den
Abbildungen hervor, doch darf man annehmen, dass anfänglich dem
Setzer in der Regel nach dem Manuskript diktiert wurde, und dass der
Vorlesende so eingeübt war, dass er gleichzeitig mehreren Setzern aus
verschiedenen Manuskripten diktieren konnte. Abweichungen im Satz
in einem und demselben Werk können kaum anders erklärt werden, als
dass der Satz gleichzeitig von mehreren Setzern nach Diktat gesetzt
wurde. Für die Annahme des Diktierens des Manuskripts glaubt man
eine Bestätigung darin zu finden, dass man auf anderen Abbildungen
den Vorleser mit dem Manuskript in der Hand sieht, während die, um
ihn herum arbeitenden Setzer kein Tenakel mit Manuskript auf ihren
Setzpulten vor sich haben. Doch kann die für den Vorleser gehaltene
Person auch der Besitzer oder Besteller sein und das Fehlen des
Tenakels dem Zeichner zuzuschreiben sein.

                                                          Unregelmässig-
                                                         keit im Setzen.

An einem geschmackvollen Arrangement des Satzes, einer angenehmen
Abwechselung der Schriften oder einer wohlthuenden Durchsichtigkeit
durch weitere Trennungen der Zeilen und Absätze fehlt es im allgemeinen
sehr und die durch die übermässig gedrängten und stark geschwärzten
Typen hervorgebrachte Unklarheit wird noch durch Versündigungen
gegen die ersten orthographischen Regeln vermehrt. Eigennamen sind
bald mit Versalien, bald mit gemeinen Buchstaben, je nach Laune
des Setzers oder nach dem Schriftenvorrat, gesetzt. Die allein
üblichen Interpunktionszeichen Komma, Kolon, Punktum finden in der
willkürlichsten Weise Verwendung. Krumme, ungleich ausgeschlossene
Zeilen, mangelhaftes Umbrechen kommen ganz allgemein vor. Versetzungen
von Zeilen und Seiten, sogar Weglassungen von ganzen Seiten im Druck
gehören nicht zu den Seltenheiten, Wörter werden in der wunderbarsten
Weise geteilt. Am schlimmsten von allem ist die grenzenlose Willkür
im Abkürzen. Der Setzer dehnt oder drängt die Wörter, bis sie in das
Längenmass der Zeile passen oder hackt nach Belieben ein Glied von
ihnen ab, wenn sie durchaus nicht passen wollen. Oft wird zwar ein
alter Druck auf Grund der Regelmässigkeit des Ausschlusses gelobt,
sieht man jedoch näher hin, so findet man, dass die Regelmässigkeit
gewöhnlich nur durch Eigenmächtigkeit erreicht wurde. Mag man auch
manche gerechte Klagen über das Verfahren heutiger Kunstjünger führen,
eins steht doch fest, dass die Kunst, die Typen derart zu arrangieren,
dass der Sinn des Autors klarer ans Licht tritt, eine Errungenschaft
der modernen Setzerei ist.

                                                          Die Korrektur.

Das bei der KORREKTUR befolgte System ist nicht vollständig klar. Es
kommen in verschiedenen Exemplaren desselben Buches sonderbare Fehler
vor, die darauf hindeuten, dass die Setzer selbst die Korrekturen,
und zwar manchmal recht schlecht, lasen. Als Gegensatz muss erwähnt
werden, dass schon Gutenbergs Bibel, wenn sie auch nicht fehlerfrei
wurde, doch sehr sorgfältig korrigiert ist. Auch wissen wir, dass
oft ausgezeichnete Gelehrte die Korrektur besorgten; sie waren in
solchen Fällen nicht sowohl Korrektoren als Redaktoren des Textes.
Im allgemeinen ist es jedoch ein Irrtum, wenn angenommen wird, dass
die ältern Druckwerke sich durch ihre Korrektheit vor den heutigen
Erscheinungen auszeichnen.

       *       *       *       *       *

                                                             Die Presse.

Auffällig genug ist es, dass die ersten Drucker ihre PRESSEN so
wenig erwähnen. Es scheint fast, als ob man die Presse als eine alte
Erfindung keiner besonderen Aufmerksamkeit wert hielt. Mit Unrecht;
denn ist auch das Prinzip der Presse ein altes, so war doch der
Mechanismus der Druckerpresse neu. Die Vorzüge fallen leicht in die
Augen, wenn man sie mit der Schraubenpresse vergleicht, welche letztere
jedenfalls als Vorbild für die Druckerpresse gedient hat. Die Bibel
Gutenbergs muss unbedingt auf einer Presse hergestellt worden sein,
deren Druck rasch gesteigert und rasch gemindert werden konnte und
die mit einem beweglichen Fundament, einem Deckel und einem Rähmchen
versehen gewesen ist[3]. Die erste Abbildung einer Presse stammt
von Jod. Badius in Paris. Auf dieser Abbildung, wie auch auf allen
anderen, steht die Bank mit den zu bedruckenden und mit den bedruckten
Papierhaufen jenseit des Fundaments und des Karrens. Der Drucker zieht
den Bengel unter grosser Kraftanstrengung mit beiden Händen an, den
rechten Fuss stemmt er gegen den schrägen Tritt an. Und doch war der
Tiegel nur so gross wie die Hälfte der Schriftform; es gehörte demnach
ein zweimaliges Anziehen des Bengels dazu, um eine Form zu drucken.
Der erste Zug erfolgte, wenn der Karren zur Hälfte, der andere, wenn er
ganz eingefahren war.

  [3] Der Verlagsbuchhändler und Redacteur □H. Klemm□ in
      Dresden, der mit grossen Kosten in einer verhältnismässig
      sehr kurzen Zeit eine bedeutende Anzahl typographischer
      Seltenheiten sammelte, hat auch die in einem Keller
      des früheren Hofes „Zum Jungen“ in Mainz aufgefundenen
      Bruchstücke einer Schraubenpresse erworben, von welchen
      einerseits (vergl. □K. Klein□, Über Gutenberg und das
      im ersten Druckhause aufgefundene Fragment der ersten
      Druckerpresse. Mit 2 Abbd. Mainz 1851) angenommen wird,
      dass sie der „ersten“, noch aus Strassburg stammenden
      Presse Gutenbergs angehörten, was andererseits
      angezweifelt wird, und zwar namentlich auf Grund der
      Inschrift J. MCDXLI G., die in den erhaltenen Oberbalken
      eingeschnitten ist, indem man sowohl an der Jahreszahl
      und der ungewohnten Art diese zu schreiben (CD statt
      CCCC) als auch an den römischen Buchstaben J. G. Anstoss
      nimmt. Herr Klemm hat die Presse nach seinen Annahmen
      vervollständigen lassen. Wie nahe er, namentlich in
      Betreff des, aus vier Stücken sinnreich konstruierten
      Rahmens, der sich leicht für verschiedene Formate
      einrichten lässt, der Wirklichkeit gekommen, ist ja nicht
      zu entscheiden. Nach H. Klemms Konjektur ist mit den
      „vier Stücken“, um deren Auseinandernahme (vergl. S. 25)
      man bei Dritzehns Tod so sehr besorgt war, ein solcher
      Rahmen gemeint.

Da die Pressen nur aus Holz und von gewöhnlichen Tischlern konstruiert
waren, so blieb vieles zu wünschen übrig. Selten mögen wohl Tiegel und
Fundament eine vollkommen gleichmässige Oberfläche gebildet haben. Die
unten abgesägten Typen hatten nicht ganz genaue Höhe, und das Papier
nicht gleiche Stärke, was die Ungleichheiten vermehrte.

Um alle diese Unebenheiten auszugleichen war eine weiche Lage zwischen
Tiegel und dem Druckbogen notwendig, damit die Schrift tief genug in
das Papier eingedrückt wurde. Unter solchen erschwerenden Verhältnissen
verdienen die damaligen Leistungen des Druckers oft um so grössere
Anerkennung.

Um das Register zu erzielen, bediente man sich anfänglich vierer
Punkturen in den Ecken. Die Plätze für den Rotdruck waren in dem
ersten Schwarzdruck mit niedrigen Quadraten ausgefüllt. Nachdem der
Schwarzdruck vollzogen war, wurden die rot zu druckenden Buchstaben
hineingestellt und durch Unterlagen etwas über die Schrifthöhe erhöht
und dann, nachdem die betreffenden Stellen in einem zweiten Rähmchen
ausgeschnitten waren, gedruckt.

                                                              Die Farbe.

Die FARBE der alten Drucke ist von sehr ungleicher Güte. In den Drucken
von Nic. Jenson in Venedig ist sie intensiv schwarz, sammetweich und
glänzend. Die Gutenbergsche Bibel ist mit kräftiger tiefschwarzer aber
glanzloser Farbe gedruckt. In dem Psalter von Fust und Schöffer ist
die Farbe bald glanzvoll, bald matt. In anderen Drucken ist die Farbe
wieder bräunlich oder schmierig, wieder in anderen ohne Konsistenz
und abwaschbar. Nicht selten ist die Schwärze in einem und demselben
Werke bald sehr dick, bald sehr sparsam aufgetragen. Hierbei hat
jedenfalls die grosse Verschiedenheit des Papiers wesentlich Schuld,
sowie die Unregelmässigkeit im Feuchten. Das Pergament ist öfters zu
stark poliert, öfters nicht ganz frei von Kalk oder Fett. Die allgemein
aufgestellte Behauptung, die ältere Farbe sei tiefer und glanzvoller
als unsere, ist nicht ganz korrekt. Sie scheint allerdings tiefer,
weil man sie auf Grund der grossen Typen und des starken Auftrags
massenhafter sieht; hätte man eine neue zarte Antiqua mit derselben zu
drucken gehabt, so würde sie wohl auch weniger schwarz erschienen sein.
Die Einschwärzung der Form geschah mittels Ballen, wie sie noch vor
etwa 50 Jahren im Gebrauch waren.

Wie die Farbe zusammengesetzt wurde, ist nicht gesagt. Hier giebt
das aufgefundene Ausgabebuch der Ripoli-Presse von 1481, welches die
verbrauchten Materialien aller Art nach ihrer Quantität und ihren
Preisen angiebt, einigen Anhalt. Vom Russschwarz ist keine Rede, wohl
aber von Pech. Den ersten Platz nimmt Leinöl ein; Schellack und dünner
Firnis dienten dazu, der Farbe Glanz zu geben, ausserdem sind erwähnt
Cochenille und Harz.

       *       *       *       *       *

                                                           Ausschmückung
                                                             der Bücher.

Die „Illuminatoren“ und „Rubrikatoren“ verschwinden nach der Erfindung
der Buchdruckerkunst noch nicht von der Bühne. Die Initialen werden
zumteil nur in Umrissen, zumteil gar nicht eingedruckt und dann
von den Illuminatoren mehr oder weniger kunstvoll ausgemalt und
vergoldet; auch in dem Texte werden die Majuskeln, manchmal auch die
Interpunktionstrennungen mit roten Farbenstrichen hervorgehoben. Da
diese Arbeiten zeitraubend, demzufolge kostspielig waren, so verschob
man sie öfters; man findet deshalb viele Inkunabeln, in denen nur der
Raum für die Initialen gelassen ist, ohne dass diese später ausgeführt
wurden.

                                                         Die eigentliche
                                                          Illustration.

Die eigentliche ILLUSTRATION wurde von den ersten Buchdruckern
vernachlässigt, wahrscheinlich um nicht den Manuskript-Charakter der
Bücher zu stören. Die nachfolgenden waren jedoch weniger ängstlich.
Abgesehen von dem Mangel an künstlerischem Wert nahm man es mit
dem Sinn und der Wahrheit ziemlich leicht. Oft kommen in einem
und demselben Werk sogar damals lebende Persönlichkeiten in ganz
verschiedenen Auffassungen vor, oft dienen dieselben Holzstöcke als
Konterfeis von einem halben Dutzend historischer Personen von Adam
ab bis auf die damalige Zeit. Städte wurden ebenfalls ganz nach
der Phantasie abgebildet und derselbe Schnitt, selbst in einem und
demselben Werke, bald als Jerusalem, bald als London oder irgend eine
andere Stadt vorgeführt. Ob eine Einfassung im Einklang mit dem Texte
stand oder nicht, war ganz gleich. So kann man um die Seiten von
Gebetbüchern Einfassungen sehen, in welchen Affen ihr tolles Spiel
treiben oder gar anstössige Scenen aus der griechischen Mythologie
vorgeführt werden. Mit den Holzschnitt-Illustrationen wurde schon
frühzeitig Handel getrieben und dieselben zu Ausgaben in verschiedenen
Sprachen benutzt.

       *       *       *       *       *

Obwohl das Baumwollen-Papier[4] anderthalbhundert Jahre vor der
Erfindung der Buchdruckerkunst in Europa bekannt war, so wurde für die
ersten Druckwerke doch auch von dem PERGAMENT, wenn auch daneben von
dem Papier, Gebrauch gemacht. Teils wollte man dem Gedruckten möglichst
den Charakter des Manuskriptes wahren, teils waren die liturgischen
Bücher einer so starken Abnutzung ausgesetzt, dass das solidere,
wennauch teurere Material vorgezogen wurde.

  [4] □De la Lande□, _Art de faire le Papier. 2. Ed._ Paris
      1820. -- □De la Lande□, _Art de faire le parchemin_.
      Paris 1762. (Beide Werke auch deutsch.) -- □G. Peignot□,
      _Essai sur l'hist. du parchemin et du velin_. Paris 1812.
      -- □J. D. F. Sotzmann□, Über ältere Papierfabrikation.
      Leipzig 1846 (Serapeum). -- Über Papierzeichen vergl.
      die in der Einführung erwähnten Werke von □Sotheby□ und
      □Weigel□ sowie □Ames□, _Typogr. Antiquities_, ferner: □G.
      Fischer□, Versuch die Papierzeichen als Kennzeichen etc.
      anzuwenden. Nürnberg 1804; □La Serna Santander□, _Les
      livres impr. dans le XV Siècle_. Brüssel 1803 (Suppl.
      zu der Beschreibung der Bibliothek des Verfassers). Über
      Papierzeichen in Italien: _Esame sui principii della etc.
      typogr._ Lucca 1797.

Die Bearbeitung der Tierfelle als Stoff zum Beschreiben stammt
aus dem grauen Altertum. Schon Herodot berichtet, dass man auf
präparierte Hammel- und Ziegenfelle geschrieben habe. Später spricht
Josephus in seinen jüdischen Altertümern von einem prachtvollen, auf
Ziegenfell ausgeführten Manuskript aus dem Jahre 277 v. Chr. Will man
Plinius glauben, so rührt die Erfindung des eigentlichen Pergaments
(_Charta pergamena_) aus der Stadt Pergamum in Kleinasien, her, als
der ägyptische König Ptolomäus Epiphanes aus Eifersucht über die
Bestrebungen des pergamenischen Königs Eumenes □ii.□ (andere sagen
Attalus □ii.□), eine mit der alexandrinischen wetteifernde Bibliothek
zu schaffen, die Ausfuhr des Papyrus verbot. Später wurde das beste
Pergament, von den Römern gewöhnlich _membrana_ genannt, in Rom
verfertigt.

Das Material für die Anfertigung des Pergaments, soweit es zum
Schreiben oder Bedrucken verwendet wird, sind Lamms-, Schafs-, Ziegen-
und namentlich Kalbsfelle. Das aus letzteren hergestellte Fabrikat
heisst _vellum_ (_Velin_), die Kälber dürfen, wenn das Velin gut werden
soll, nicht älter als sechs Wochen geworden sein; die feinste Sorte
liefern die Felle der ungeborenen Kälber (_velots_).

Die Zubereitung des Pergaments[5] ist eine mühsame und zeitraubende.
Die Felle werden in eine Kalkgrube gethan, von der Wolle, den Haaren,
den Fleisch- und Fettteilen sorgsamst gereinigt, abwechselnd in Wasser
und wieder in Kalk gelegt, auf Rahmen gespannt, geschabt, mit Kreide
und Farbe ein- und mit Bimsstein abgerieben.

  [5] Mit dem tierischen Pergament ist nicht zu verwechseln das
      Pergamentpapier (vegetabilische Pergament), das in der
      neueren Zeit eine ziemlich grosse Verwendung findet.

In Frankreich, wo die Fabrikation lebhaft betrieben wurde, gehörten
die Pergamentmacher unter die Jurisdiktion der Universität. Alles
nach Paris eingeführte Pergament musste nach der Halle der Mathuriner
gebracht werden, um dort von den Universitätsbehörden geprüft und
gestempelt zu werden (_rectorier_). Zu ihren Rechten zählte die
Universität auch den Verkauf auf den zwei grossen Messen zu St. Denis
und St. Ladre.

Die nach Europa durch die Araber gebrachte Verfertigung des
BAUMWOLLEN-PAPIERS fasste mit jenen zuerst in Spanien Wurzel,
hauptsächlich in Xative, Valencia und Toledo. Anfänglich wurde zur
Fabrikation nur rohe Baumwolle benutzt, dann baumwollene Lumpen,
später baumwollene und leinene gemischt, schliesslich im □xiv.□ Jahrh.
leinwandene allein. Als mit der arabischen Herrschaft in Spanien auch
die dortige Papierfabrikation sank, wendete letztere sich namentlich
nach Italien. Um Mailand, Venedig, Florenz, Bologna, Parma, in
Padua, Treviso, namentlich in Fabriano entstanden Papiermühlen, die
nicht allein Italien, sondern bis in das □xv.□ Jahrh. hinein fast
ausschliesslich den Süden Deutschlands versorgten, ja ihr Fabrikat bis
nach Sachsen sandten, während West- und Niederdeutschland ihren Bedarf
aus Frankreich und Burgund bezogen, welche Länder auch nach England
ihren Absatz hatten. Von den Papiermärkten waren namentlich die in
Brügge, Antwerpen und Köln bedeutend.

Aus dem gesagten geht schon hervor, dass die Fabrikation, wennauch in
Deutschland nicht unbekannt, hier doch nicht genügend fortgeschritten
war, um den heimischen Bedarf zu decken, noch weniger, um an eine
Ausfuhr zu denken.

Die Bezugsquellen der Papiere lassen sich namentlich aus den
„Wasserzeichen“, Marken der Fabriken, erkennen, welche zugleich, wenn
nicht untrügliche, so doch beachtenswerte Beiträge zur Beurteilung
des Entstehens älterer Druckwerke liefern, untrüglich deshalb nicht,
weil einerseits einige dieser Zeichen, z. B. der Ochsenkopf oder das
Monogramm •P• fast überall verbreitet waren, andererseits, weil
oft Papiere aus verschiedenen Ländern oder Orten stammend und mit
verschiedenen Zeichen versehen in einem und demselben Werke verwendet
wurden. Das Entstehen des Ochsenkopfes und des •P• ist nicht
genügend erklärt. Ganz unwahrscheinlich ist es nicht, dass man den
Ochsenkopf wählte, weil St. Lucas, dessen Symbol bekanntlich ein
Ochs ist, der Hauptpatron der Malergilden von Italien bis nach den
Niederlanden war, und zu diesen Gilden gehörten auch die Papiermacher.
Das •P• dürfte auf „Papier“ hindeuten. Es wird dies dadurch um so
wahrscheinlicher, als dieses Zeichen dem italienischen Papier (_Carta_)
fehlt. Doch das alles ist Mutmassung.

Einige Wasserzeichen als Schiff, Anker, Weintraube, Kardinalshut,
Bischofsmütze, gekreuzte Schlüssel, sowie die Wappen von einzelnen
Ländern, Städten und Familien deuten zwar mitunter etwas näher auf
einen Abstammungsort des Papiers, sie sind jedoch auch nicht immer
zuverlässige Kennzeichen, da z. B. Löwen, Lilien, Kronen in so vielen
Wappen vorkommen.

Die deutschen Wasserzeichen sind in Bezug auf Bestimmung des Alters
und des Entstehungsortes der Bücher deshalb weniger wichtig, weil die
deutschen Papiere erst zu einer Zeit recht zur Geltung kamen, zu der
die Druckorte, Jahreszahlen und Verleger fast allgemein auf den Büchern
genau angegeben stehen.

Die älteste deutsche Papierfabrik scheint die von U. Stromer in
Nürnberg gewesen zu sein, für welche im J. 1390 Arbeiter aus Italien
berufen wurden. Trotzdem wurden aber doch die ersten Nürnberger
Drucke auf italienischem Papier gedruckt. Basels Bedeutung für die
Papierfabrikation wurde bereits S. 44 erwähnt.

In Augsburg ward 1468, in Kempten 1477 die erste Mühle angelegt. Ein
Hauptplatz der Fabrikation war um die Mitte des □xv.□ Jahrhunderts
die ehemalige Reichsstadt Ravensburg in Schwaben, wo grosse Massen von
Papier, jedoch keins, das mit den vorzüglicheren Sorten des Auslandes
den Vergleich aushielt, geliefert wurde[6].

  [6] □D. E. Beyschlag□, Beiträge zur Kunstgesch. von
      Nördlingen. Heft IV u. V. Nördlingen 1798-1801.

Das älteste Druckpapier war stark geleimt, kräftig aber hart, und
verschieden in der Stärke, so dass gewissenhafte Druckereien das Papier
nach Stärke, wie auch nach Färbung, sortierten. Die rauhe Oberfläche
war dem Druck nicht günstig und das Satinieren und Glätten war
unbekannt. Man machte bald die Erfahrung, dass das ungeleimte Papier
nicht allein billiger, sondern auch zur Aufnahme der fetten Druckfarbe
zweckdienlicher sei, als das geleimte.

       *       *       *       *       *

                                                           Neue und alte
                                                          Drucke vergli-
                                                               chen.

Aus dem gesagten geht hervor, dass wir jetzt vollkommenere Werkzeuge
und besseres Material haben. Es wird schneller, billiger und mit
grösserer Akkuratesse und Eleganz, mit mehr Rücksicht auf die
Bequemlichkeit des Lesers und mit weit mehr Abwechselung für das
Auge gedruckt, so dass die alten Drucke im allgemeinen doch nicht den
Vergleich mit den neuen aushalten. Vieles, was bei den alten Drucken
uns fesselt, ohne dass wir uns stets genaue Rechenschaft von dem Grund
ablegen können, beruht sicherlich auf dem Umstand, dass sich in der
ersten Zeit Schriftgiesser, Buchdrucker, Verleger in einer Person
vereinigten. Hierdurch entstand eine einheitliche Durchführung; man
möchte fast sagen, es macht sich eine ausgeprägte Persönlichkeit in dem
Werke geltend, so dass man schon beim Aufschlagen eines Buches sofort
weiss, mit wem man zu thun hat, und sich wie zuhause fühlt.

Sind nun auch die technischen Verbesserungen grossartig, so ist
die Arbeit des Typographen in ihrem Wesen dieselbe geblieben.
Die Druckweise Gutenbergs ist nicht veraltet und weder durch die
Lithographie, noch durch die Photographie, noch durch irgend ein
anderes Verfahren der Neuzeit in Schatten gesetzt; ihr gehört immer
noch die Führung der graphischen Künste, und sie wird ihr wohl auch für
die Zukunft bleiben.

       *       *       *       *       *

                                                         Die Anfänge der
                                                            Buchbinder-
                                                               kunst.

In engster Verbindung mit der Buchdruckerkunst stand die
BUCHBINDERKUNST[7], und es konnte von einer solchen eigentlich erst
nach der Entstehung des gedruckten Buches die Rede sein. Die ältesten
handschriftlichen Denkmale sind nicht in Bogen-, sondern in Rollenform,
indem man ein Blatt an das andere der Länge nach klebte und das Papier
nur einseitig beschrieb, sie konnten also auch nicht gebunden werden,
sondern mussten als Rolle (_volumen_) behandelt werden. Nach der
Erfindung des Pergaments trat ein anderes Verfahren ein, man faltete
die Pergamentblätter, beschrieb sie auf beiden Seiten und bildete
Lagen, gewöhnlich aus vier Doppelblättern bestehend. Diese wurden
auf schmale Streifen Pergament geheftet und mit einem Stück Pergament
umgeben, von welchem das obere Blatt öfters breiter geschnitten war,
als die anderen Blätter, so dass es wie die Klappe einer Brieftasche
die eingelegten Blätter schützte.

  [7] □Rich. Steche□, Zur Geschichte des Bucheinbandes. (Archiv
      z. G. d. Buchh. I.) Leipzig 1878. -- □G. Peignot□, _Essai
      etc. sur la relieure des livres_. Dijon 1834. -- □J.
      Cundall□, _On bookbinding ancient and modern_. London
      1880. -- _Monuments inédits ou peu connus, faisant partie
      du Cabinet du_ G. Libri. London 1864. -- □M. Michel□, _La
      reliure française depuis l'invention de l'impr._ Paris
      1880.

                                                          Die Diptychen.

                                                           Ritualbücher.

Von eigentlichen festen Einbänden gaben die römischen Diptychen, d.
h. zwei mit Wachs überzogene, an der einen Langenseite verbundene
Holztafeln, die ersten Proben. Waren in dieser Weise, statt zwei, drei
oder mehr Platten verbunden, so hatte man Triptychen oder Polyptychen.
Die Deckelseiten wurden öfters mit Schnitzwerk, Bildnissen von Konsuln
oder Kaisern, in der christlichen Zeit von Heiligen geschmückt, wobei
es mitunter einem Kaiser passierte zu einem Heiligen zu avancieren. Für
die schweren Ritualbücher auf Pergament wurden ähnliche feste Einbände
beibehalten, und die Deckel in Holz oder Elfenbein künstlich geschnitzt
oder in durchbrochenem Metall gearbeitet, oft unter Ausschmückung mit
Perlen und Edelsteinen. Auch Sammet- und Seidenüberzüge mit reichen
Goldstickereien kamen zur Anwendung. Während des □xi.□ Jahrhunderts
machte sich der deutsche Kunstfleiss und Geschmack, namentlich am
Niederrhein, geltend. Es entstanden eine grosse Anzahl Arbeiten in
Metall mit farbenprächtigem Schmelz überzogen, eine Technik, die im
□xii.□ Jahrh. besonders in Limoges in Frankreich zur Geltung kam.

Solche wertvolle Bände sind in ziemlich grosser Zahl erhalten. Die
Werkstätten befanden sich in den Klöstern; die Verfertiger waren Mönche
oder Laienbrüder und arbeiteten mit den Abschreibern und Illuminatoren
Hand in Hand.

                                                         Lederbereitung.

Durch die Kreuzzüge lernte man die kunstreiche Lederbearbeitung des
Orients kennen. Das Gerben der Tierfelle ward schon in alter Zeit von
den Chinesen und Ägyptern in hoher Vollendung geübt. Durch die Araber
wurde diese Technik nach Spanien und Sicilien gebracht. Der Corduan,
der Saffian, das Chagrinleder und die Juchten gaben ein vortreffliches
Material für Bucheinbände ab.

Der Corduan (so nach der Stadt Cordova, von den Franzosen _Maroquin_,
von den Engländern _Morocco_ genannt) ist ein narbiges Ziegenleder, von
dem sich der Saffian nur durch seine Glätte unterscheidet. Der Chagrin
(persisch _Sagre_) ist wie mit runden Körnchen übersät, was durch
Hineintreten von Samenkörnern hervorgebracht wird. Juchten ist meist
Rinds- oder Pferdeleder, welches mit Laugen, Beizen und Farbstoffen
behandelt und durch Birkenöl geschmeidig gemacht wird.

Durch Verzierungen wurden die Lederflächen belebt, in der ältesten Zeit
sind diese gewöhnlich in das Leder eingeschnitten und die vertieften
Stellen mit Farbe ausgemalt. Der Grund wird öfters punktiert oder
mit kleinen eingetriebenen Verzierungen in Kreisform ausgefüllt. Das
feuchte Leder wurde auch mit dem Modellier-Eisen plastisch bearbeitet
und reiche Figurenbilder hergestellt. Manchmal kam die Schrotmanier
zur Anwendung. Von den mit Stanzen und Rollen eingepressten Ornamenten
wurde ein sehr freigebiger Gebrauch gemacht. Die Ecken waren gewöhnlich
mit, meist durchbrochenen, Metallbeschlägen versehen. Spangen
(Klausuren, Schleissen), teils von Leder, teils von Metall, hielten die
Deckel zusammen. Die grossen Folianten waren ungemein schwer, ruhten
gewöhnlich auf Schrägpulten und waren oft in den Bibliotheken an Ketten
gelegt.

                                                        Die Einbände des
                                                         König Matthias
                                                            Corvinus.

Den Übergang zur Renaissancezeit bilden die Arbeiten, welche der
ungarische König Matthias Corvinus in seiner ausgezeichneten Bibliothek
zu Ofen gesammelt hatte. Sämtliche Bücher dieser Bibliothek, für welche
jährlich 33000 Dukaten verwendet wurden, wurden in Sammet oder Leder
gebunden, mit goldenen oder silbernen Spangen und mit dem Wappen des
Königs geschmückt. Dreissig Schreiber und Maler, darunter bedeutende
Künstler, waren regelmässig für die Bibliothek beschäftigt.

       *       *       *       *       *

                                                        Segensreicher
                                                      Einfluss der Buch-
                                                         druckerkunst.

DIE LITTERARISCHE PRODUKTION[8]. Es ist nicht die Aufgabe eines
Handbuches der Geschichte der Buchdruckerkunst, die Werke alle
aufzuzählen, welche den Pressen ihr Dasein verdanken, noch weniger eine
Kritik zu üben, aber es dürfte doch geboten sein, in aller Kürze zu
überblicken, in welcher Weise die Presse und der Buchhandel sich bei
der Verbreitung der Erzeugnisse des Geistes in der ersten Zeit -- der
Periode der Wiegendrucke (Inkunabeln) -- beteiligten[9].

  [8] Von den vielen bibliographischen Werken, welche die
      früheren Erzeugnisse der Presse verzeichnen und zumteil
      näher beschreiben, nennen wir nur einige wenige der
      hervorragendsten und vollständigsten, da kaum anzunehmen
      ist, dass viele der dem Buchdruckfach angehörenden Leser
      dieses Handbuches in solchen Werken Belehrung suchen
      werden, und andere, dem Litteraten- und Buchhändlerberufe
      sich widmende, die betreffende Litteratur kennen:

      □Mich. Maittaire□, _Annales typographici ab artis inventæ
      origine ad Annum MD_. (Die bis zum Jahr 1500 erschienenen
      Werke bezeichnet man im engeren Sinn als Wiegendrucke,
      Inkunabeln.) Tom. I des ganzen Werkes. Haag 1719,
      vervollständigt durch die _Ed. nova_ (als Tom. IV).
      Amsterdam 1733. -- □Georg Wolfg. Panzer□, _Ann. typ. ab
      etc. ad annum MDCXXXVI_. 11 Bände. Nürnberg 1793-1803.
      -- □Ludw. Hain□, _Repertorium Bibliogr. ab etc. usque
      ad annum MD_. Stuttgart 1826-1838. -- □J. Ch. Brunet□,
      _Manuel du libraire et de l'amateur de Livres_. 5. Aufl.
      6 vols. Paris 1860 u. flg. -- □J. G. Th. Grässe□, _Trésor
      de livres rares et précieux_. Dresden 1859 u. flg.
      Des näheren verweisen wir auf □Dr. Julius Petzholdt□,
      _Bibliotheca Bibliographica_, Kritisches Verzeichnis
      der das Gesamtgebiet der Bibliographie betreffenden
      Litteratur des In- und Auslandes. 938 S. gr. 8. Der
      Umfang beweist schon den enormen Reichtum dieser
      Litteratur.

  [9] □Ch. F. Harless□, Die Litteratur der ersten hundert Jahre
      nach der Erfindung der Typographie. Leipzig 1840. -- □A.
      Kirchhoff□, Die Handschriftenhändler des Mittelalters.
      2. Ausg. Leipzig 1853. -- □A. Kirchhoff□, Beiträge zur
      Gesch. des deutschen Buchh. 2 Bde. Leipzig 1851-1853;
      weitere Beiträge 1855. -- □Dr. F. Sachse□, Die Anfänge
      der Büchercensur in Deutschland. Leipzig 1869.

Musste auch die Presse in ihren Anfängen vielfach der mystischen
Schwärmerei, der pedantischen Scholastik und spitzfindigen Dialektik
sowie dem Aberglauben und der Charlatanerie dienen, so dauerte es
doch nicht lange, bis ihr segensreicher Einfluss sich auf das ganze
wissenschaftliche und Kulturleben geltend machte. In allen Fächern
entbrannte ein Wettkampf der Gelehrten und Kunstverständigen, um
durch die Presse ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Entdeckungen weiter
zu verbreiten, Irrtümer aufzuklären und die Fesseln des Wahnes zu
sprengen.

                                                        Verbreitung der
                                                        heil. Schriften.

Als die segensreichste Wirkung der Erfindung der Buchdruckerkunst ist
die rasche Durchführung der Reformation zu bezeichnen. Die Presse
bemächtigte sich sofort der heiligen Schriften, und wie schon oben
berichtet wurde waren nicht weniger als drei Ausgaben der lateinischen
Bibel die Hauptwerke des Erfinders und seiner Geschäfts-Nachfolger.
Zu diesen kamen die weiteren Bibel-Ausgaben des Mentelin und des
Eggesteyn in Strassburg, des Günther Zainer und des Ant. Sorg in
Augsburg, des Bernh. Richel in Basel, des Ulrich Zell und des Nik.
Götz in Köln, des Sweynheim und Pannartz in Rom, des Sensenschmid
und der Koberger in Nürnberg. In Paris erschien die Bibel 1476, in
Venedig 1475, in Neapel 1476; deutsche Bibeln wurden verbreitet in
Strassburg 1466, in Augsburg 1469, in Nürnberg 1471; Ausgaben in
französischer, italienischer, spanischer und holländischer Sprache gab
es in den siebenziger Jahren; plattdeutsche in Köln 1480, in Lübeck
1494; englische, dänische, schwedische und polnische Bibeln folgten zu
Anfang des □xvi.□ Jahrhunderts. Wie es die lateinisch gedruckte Bibel
war, welche Luther das Licht anzündete, so war es wieder die deutsch
gedruckte Bibel in Luthers unübertroffener Übersetzung, die im Verein
mit seinen eigenen Schriften und denen Philipp Melanchthons, Ullrich
Zwinglis, Joh. Calvins, John Knox' und anderer Reformatoren, unter das
Volk ein helles, nicht mehr zu verlöschendes Licht verbreiten.

                                                       Die Kirchenväter
                                                       und Scholastiker.

Neben der Bibel wurden namentlich die □Kirchenväter□ in korrekten
und schönen Ausgaben gedruckt, als: Lactantius, Augustinus,
Eusebius, Nemesius, Clemens von Alexandrien u. a. War der Nutzen
dieser und ähnlicher Werke für die Wissenschaft auch kein durchweg
unzweifelhafter, so wurde durch sie doch manche nützliche Kenntnis
verbreitet. Selbst die Häupter der Scholastik Thomas von Aquino,
Michael Scotus, Albertus Magnus blieben nicht ohne fruchtbringende
Anregungen, nicht zu vergessen Roger Baco.

                                                          Die klassische
                                                            Litteratur.

Gross waren die Fortschritte auf dem Gebiete der □klassischen
Litteratur□ und der Philologie. Italien, dessen Boden am besten
vorgeebnet war, ging voran; es folgten in ruhmwürdiger Weise namentlich
Frankreich und die Niederlande. Zuerst kamen die römischen Klassiker
an die Reihe, dann die griechischen in lateinischer Übersetzung,
schliesslich die Ausgaben in der griechischen Ursprache. Die ersten
Förderungsmittel der Linguistik waren die Donate, denen dann viele
andere Grammatiken folgten.

Die Zahl der Klassiker-Ausgaben und der Kommentare war eine bedeutende.
Den Anfang machte _Cicero de officiis_ (1465 bei Fust und Schöffer);
bis zum Jahre 1500 erschienen verschiedene Werke Ciceros zusammen
in über 100 Ausgaben. Den Vorrang in dem Klassikerdruck behauptete
Venedig, dann folgten Rom, Florenz, Mailand, Neapel, Bologna, Paris,
Köln, Augsburg, Nürnberg, Ulm. Die römischen Dichter erschienen fast
alle in den ersten 25 Jahren der Kunst, die griechischen in den letzten
Dezennien des □xv.□ und in den ersten des □xvi.□ Jahrhunderts. Der
Lieblingsdichter war Virgil (1469 bei Sweynheim), von welchem im Jahre
1500 schon siebenzig Ausgaben existierten.

                                                         Philosophen und
                                                          Naturforscher.

Unter den □Philosophen□ und □Naturforschern□ stand Aristoteles
begreiflicherweise obenan. Seine Werke erschienen, jedoch sehr
entstellt, in lateinischer Übersetzung nach syrischen oder arabischen
Bearbeitungen; eine vollständige lateinische Ausgabe nach dem Originale
erblickte erst 1473 das Licht durch Andreas de Asola in Venedig; die
erste Original-Ausgabe brachte Aldus Manutius (1495-1498) in 5 Bänden;
Plato fand erst später Anerkennung.

Auch die □Historiker□, □Geographen□ und □Mathematiker□ der Alten wurden
verbreitet. Bemerkenswert sind namentlich die Ausgaben des Ptolomäus
mit 27 grossen in Kupfer gestochenen Karten von Arnold Buckink e
Germania und des Euklid in der prachtvollen Ausstattung durch Ratdolt
(1482).

                                                            Die Reise-
                                                           beschreibung.

Dass die Typographie sich auch der neuen □Erd-□ und □Reisebeschreibung□
zuwendete, war schon durch die einflussreichen Ereignisse der Kreuzzüge
und der grossen Entdeckungen gegeben. Die Kreuzzüge hatten nicht nur
die Streiter für die Kirche massenhaft in Bewegung gesetzt, sondern
auch manche friedliche und wissbegierige Reiselustige, Minstrels und
auch Abenteurer aller Art wurden nach dem Orient gelockt. Dadurch
entstanden nicht nur jene romantischen Legenden von dem heiligen
Lande, von den Heldenthaten und Abenteuern der Ritter, sondern auch
Beschreibungen von Reisen und Erlebnissen auf letzteren. Öfters
gingen auch Gesandtschaften an die Herrscher Asiens. Berühmt geworden
vor allen Reisenden in Asien ist der Venetianer Marco Polo. Eine
italienische Ausgabe seiner Reisen ist erst aus dem Jahre 1496 bekannt;
ob eine frühere existierte, weiss man nicht, eine deutsche, nach
einer lateinischen Ausgabe veranstaltete Übertragung war schon 1477
vorhanden. Die Reise Bernh. Breydenbachs fand grossen Anklang.

                                                          Die Entdecker.

Eine noch grössere Bedeutung für die geographische Litteratur als
die Kreuzzüge hatten die grossen Entdeckungen von Christoph Columbus,
Amerigo Vespuzzi, Fernando Cortez in Amerika, sowie von Vasco de Gama,
Albuquerque in Afrika und Indien. Berichte über diese Entdeckungen
lieferten teils die Entdecker selbst, teils Andere. Bedeutend für
die Kosmographie und die Kartographie war Martin Behaim aus Nürnberg
(1436-1507).

                                                          Die Chroniken.

Weniger anziehend waren die Erscheinungen auf dem Gebiete der
□Geschichte□. Die Annalen und Chroniken waren meist trockene
kritiklose Aufzählungen von Daten, oder mehr oder weniger dichterisch
ausgeschmückte Erzählungen von den Heldenthaten der Ritter. Durch ihre
reiche Illustrierung epochemachend war die Schedelsche Chronik.

                                                         Die juristische
                                                           Litteratur.

Unter den Werken der □Jurisprudenz□ waren namentlich die _Institutiones
juris Justiniani_, zuerst von Schöffer 1468 gedruckt, welche in
zahlreichen Ausgaben verbreitet wurden.

                                                        Die Naturwissen-
                                                        schaften und die
                                                           Heilkunde.

Die Werke auf dem Gebiete der gesamten □Naturwissenschaften□ und
der □Heilkunde□ blieben zumeist ohne grossen Wert. Den Anfang machte
auch hier der Druck der Schriften der alten römischen, griechischen
und arabischen Ärzte, namentlich des sogenannten Fürsten der Ärzte,
Avicenna, von dessen Schriften bereits vor 1500 mehr als 25 Ausgaben
im Druck erschienen waren. Bedeutende wissenschaftliche Ausbeute geben
sie nicht. Leerer Dogmatismus, Alchemismus und Astrologismus hemmten
die freie Forschung. Die grossen geographischen Entdeckungen sollten
jedoch auch nicht ohne wohlthätigen Einfluss auf die Naturwissenschaft
und ihre Litteratur bleiben, man lernte neue Pflanzen, neue Heilmittel
und leider auch neue Krankheiten kennen. Es entstanden hierdurch die
zahlreichen mit Illustrationen geschmückten Kräuterbücher und Gärten
der Gesundheit.

                                                             Die Poesie.

Italien hatte, wie oben schon erwähnt wurde, noch vor der Erfindung der
Buchdruckerkunst seine grossen □Dichter□: Dante Alighieri, Boccaccio
und Petrarca hervorgebracht. Dantes _Divina commedia_ wurde zum
erstenmale 1472 in Foligno gedruckt; seine gesammelten Gedichte 1500.
Boccaccios _Decamerone_ erschien schon 1470 und dann in sehr vielen
Ausgaben, unter welchen die berühmte Valdarfersche (1471). Die erste
Gesamtausgabe des Boccaccio datiert aus dem Jahre 1490. Petrarcas
_Sonetti e trionfi_ wurden 1471 durch den Druck veröffentlicht.

An die Meisterwerke der Poesie Italiens reichen die dichterischen
Erzeugnisse der anderen Länder nicht heran. Mit wenigen Ausnahmen
bewegen sich diese in der breiten, epischen Romantik des Rittertums, in
den Heldenliedern, in den lyrisch-elegischen Gesängen der Troubadours
und Minnesänger, in den, teils scherzhaften, teils ernsten Volksliedern
oder in langweiligen didaktischen Gedichten. Unter den humoristischen
und satirischen Schriften macht namentlich Sebastian Brants
Narrenschiff mit seinen Illustrationen Epoche.

                                                          Trennung der
                                                          Buchdruckerei
                                                         vom Buchhandel.

Der BUCHHANDEL. Mit den steigenden Bedürfnissen der Lesewelt und
der Verbreitung der Pressen selbst nach kleineren Städten musste
die Vereinigung des Schriftgiessers, Buchdruckers, Verlegers
und Händlers in einer Person von selbst fallen und die einzelnen
Geschäftszweige lösten sich nach und nach vom Stamme ab. Zuerst
musste der Buchdrucker-Verleger bei der Schwierigkeit des Betriebs
Persönlichkeiten suchen, die seine Fabrikate an das Publikum
verhandelten. So nahmen schon Peter Schöffer den Conrad Henliff;
Joh. Mentel den Adolf Rusch als Bevollmächtigte und Teilnehmer an,
welche weite Reisen machten, um die Bücher an den Mann zu bringen,
wozu sie sich auch der Kaufleute bedienten, die Bücher zugleich
mit anderen Waren führten. Neben dem kaufmännisch organisierten
Vertrieb fand auch das Kolportieren, das Webern, statt. Schon im
□xv.□ Jahrhundert fanden sich bedeutende Buchhändler. Niederlagen
wurden an den Knotenpunkten des Verkehrs errichtet, und gegen Ende des
Jahrhunderts war der Buchhandel in Venedig, Lyon, Frankfurt am Main
schon von grosser Bedeutung. Auch Köln war, wenn als Verlagsplatz auch
unter dem drückenden Einfluss der geistlichen Bevormundung stehend,
ein wichtiger Ort namentlich für die Vermittelung des Absatzes nach
den reichen Niederlanden, wo die Buchhändler der angesehenen St.
Lucas-Gilde angehörten, und nach England, wo indes der Buchhandel sich
nur langsam entwickelte, da es keine Bücher in Tausch anzubieten hatte.
Um bedeutende Werke erscheinen lassen zu können, wurde öfters zur
Association unter Buchdruckern und Buchhändlern geschritten. Man teilte
dann gewöhnlich die Auflagen.

                                                             Die Zensur.

Als die Bedeutung der neuen Kunst den geistlichen und weltlichen
Behörden klar geworden war, fand sich, als unwillkommener Gast,
baldigst die □Zensur□ ein, schon in den sechziger Jahren in Köln,
später in Mainz. Die Formel in Köln lautete: _admissum ac approbatum ab
alma universitate Coloniensi_. Ob jedoch vom Beginn ab die Einholung
der Approbation ein Zwang war, oder ob diese mehr als eine Empfehlung
nachgesucht wurde, ist nicht ganz klar. Gegen das Ende des □xv.□
Jahrh. findet man jedoch in allen deutschen Erzdiözesen eine wirkliche
geistliche Zensur eingeführt.

[Illustration:Kapitelende]



                             ZWEITES BUCH.

                     [Illustration:Verzierung]

                        GLANZPERIODE UND VERFALL

                                  DER

                            BUCHDRUCKERKUNST

                               1500-1750.



[Illustration:Kapitelanfang]

EINFÜHRUNG IN DAS ZWEITE BUCH.


WIR haben in dem vorstehenden gesehen, wie überraschend schnell
die Verbreitung der Buchdruckerkunst durch alle Länder Europas sich
vollzog, auch die Verhältnisse und Gründe kennen gelernt, welche zu
diesen ausserordentlichen Erfolgen beitrugen. Wir treten jetzt an die
zweite, die schönste, Periode der Typographie heran, in welcher sie
ihren Weltgang vollendete und in Europa zur hohen Blüte gelangte.

Gelehrte von Ansehen wenden sich, teils direkt als praktische Ausüber,
teils indirekt als fördernde Herausgeber, Redaktoren und Korrektoren,
der Buchdruckerei zu, als dem vollendetsten Mittel, Aufklärung
überallhin zu verbreiten. Sie schaffen durch dieselbe zahlreiche
Ausgaben der Klassiker und andere Werke, deren äussere Ausstattung mit
dem inneren Wert harmoniert. Eine Anzahl von Familien, die man als
den Adel der Buchdrucker bezeichnen kann, erwirbt durch treffliche
Arbeiten Ruhm und bewahrt diesen durch lange Reihen von Jahren.
Gebildete Herrscher, in Deutschland voran der Kaiser Maximilian □i.□
und die sächsischen Fürsten, in Frankreich Franz □i.□ und fast alle
seine Nachfolger, verschmähen es nicht der Typographie und den mit ihr
verwandten Gewerben ihre persönliche Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Buchdruckerkunst ist in den Dienst der Wissenschaft getreten, sie
ist ihr aber mehr eine sorgsame Genossin denn eine rastlos für alles
schaffende Magd.

Die schönsten Früchte der ersten Hälfte des □xvi.□ Jahrhunderts
reifen jedoch erst durch die enge Vereinigung der Xylographie mit
der Typographie. Bedeutende Künstler, die zum Teil nur durch die
Holzschnitte ihren Ruf haben, welche, wenn nicht von ihnen selbst, so
doch unter ihrer Leitung ausgeführt wurden, widmen sich mit Vorliebe
der Illustration. So entstehen sowohl viele, heute noch mustergiltige
ganze Werke, als zahllose Einzelblätter.

Diese Hinneigung zum Holzschnitt war nicht dem Zufall oder nur der
Bequemlichkeit, für ihn zu zeichnen, zuzuschreiben, sondern sie lag
in den Verhältnissen tiefer begründet. Es konnte nicht anders sein,
als dass die Maler der Reformationszeit, welche Zeugen der Segnungen
der Erfindung Gutenbergs waren, die populärste Kunst, die Xylographie,
deren Erzeugnisse so leicht und so weit durch die Druckerpresse
verbreitet werden konnten, freudig begrüssen und begierig eine
Gelegenheit ergreifen würden, durch welche auch sie berufen waren, an
dem grossen Werke der Reformation thätig mitzuwirken.

So wurde das Zeitalter der Reformation, wie die Gegenwart, zugleich ein
Zeitalter der Illustration und die glückliche Verbindung von Bild und
Wort hat denn auch gar viel zur schnellen Verbreitung der Bildung durch
alle Schichten beigetragen. Die Geschichte der illustrierenden Künste,
speziell der Xylographie, ist deshalb nicht von der Geschichte der
Typographie dieser Periode zu trennen.

Bei den in der Gegenwart mächtig sich kundgebenden ernsten
Bestrebungen, die zur Zeit der Renaissance bestandene innige
Verbindung der Kunst mit dem Gewerbe wieder herzustellen, musste
sich notwendigerweise auch die Aufmerksamkeit aller strebenden Jünger
Gutenbergs den goldenen Tagen der Druckkunst zuwenden.

Ehrt man auch die vorangegangenen Anfänge der druckenden Künste als
die ältesten ehrwürdigen Denkmale, verfolgt man auch mit lebhafter
Teilnahme die allmählichen Fortschritte der Kunst bis zum Beginn des
□xvi.□ Jahrhunderts, so kann doch nur ein einseitiges Schwärmen für
die Vergangenheit in diesen Leistungen -- mit wenigen Ausnahmen --
nachahmungswürdige Vorbilder erblicken.

Anders verhält es sich jedoch mit den Werken derjenigen Periode,
vor welcher wir jetzt stehen. Hier haben wir es nicht mehr mit nur
historisch interessantem oder relativ gutem zu thun, sondern mit
Erzeugnissen der besten Schriftschneider, Buchdrucker und Holzschneider
und mit meisterlichen Schöpfungen noch heute nicht übertroffener
Künstler. Die Werke der Renaissancezeit bilden einen Born, aus dem man
immer und immer schöpfen kann, ohne dass ein Versiegen bemerkbar wäre.

Deshalb kann auch ein Zurückgreifen der Schriftschneider auf die besten
Schriften des späteren Mittelalters oder ein Hervorholen der, lange
Zeit in den Kunstsammlungen und Bibliotheken für das grosse Publikum
begraben gewesenen Ornament- oder sonstigen Illustrations-Schätze nicht
als ein Rückschritt zu etwas „veraltetem“ bezeichnet werden. Nach den
Ausschreitungen über die Grenzen des Schönen, des Zweckmässigen und
der wirklichen Fortschritte hinaus, an welche die neuere Zeit ebenso
reich ist wie an wirklichen Verbesserungen, trat das Bedürfnis ein, die
ruhigen, einfachen und doch kräftigen Formen der Glanzperiode wieder
aufzusuchen, und was die Illustration betrifft, so kehren Künstler
ersten Ranges mit Befriedigung zu der edlen einfachen Weise eines Dürer
oder Holbein zurück.

Damit sei aber nicht behauptet, dass in dieser Richtung nicht das
rechte Mass vielfach überschritten werde und dass nicht sklavische
Nachahmungssucht auf Irrwege geführt habe, aber im grossen und
ganzen bleibt es doch wahr, dass der denkende Schriftgiesser, der
illustrierende Künstler und der Typograph in der Renaissancezeit
die reichste Anregung und schönste Ermunterung für ein gedeihliches
Schaffen auf ihren Gebieten suchen können und finden werden.

Darum bedarf es auch nicht der Entschuldigung, wenn wir bei dieser
bevorzugten Zeit und den hervorragenden Persönlichkeiten derselben mit
Vorliebe etwas länger verweilen; mussten doch gar zu bald fast in allen
Ländern die Folgen der kirchlichen und politischen Spaltungen sich
kund geben und der helle Glanz dem mehr oder weniger tiefen Dunkel des
Verfalls weichen.

Leider sollte dieser Rückfall auf das empfindlichste das Heimatland
der Erfindung treffen. Der Bauernkrieg, die langen inneren religiösen
Kämpfe, vor allem der unselige dreissigjährige Krieg und die
verwüstenden Züge der Franzosen schlugen der geistigen Entwickelung
Deutschlands und seinem nationalen Wohlstande tiefe Wunden, die
nur langsam vernarben konnten. Erst zu Ende der vorliegenden
Periode zeigten sich der aufgehende Stern des preussischen Staates
und die Anfänge der neueren nationalen Litteratur als Vorboten
des Fortschrittes auf dem Gebiete der politischen und geistigen
Machtstellung Deutschlands.

Je höher der Gipfel war, den Kunst und Bildung in Italien erreicht
hatten, um so tiefer war der Fall, der auch hier eintrat. Zu gleicher
Zeit seufzte Spanien unter dem Joche der Jesuiten und den Greueln der,
den physischen und geistigen Tod verbreitenden Inquisition.

Frankreich musste unter politischen und Religionskämpfen bluten,
erreichte jedoch trotzdem in dieser Periode unter der glanzvollen
Regierung Ludwigs □xiv.□ sein höchstes äusseres Ansehen und seinen
litterarischen Zenith. Infolgedessen sinkt die Typographie hier auch
nicht so schnell und erst zu einer Zeit, wo wir bereits von einem
beginnenden Wiederaufblühen in anderen Ländern, namentlich in England,
zu berichten haben.

Hier war eine Regierungsumwälzung der anderen gefolgt und die Presse
hatte in schweren Fesseln gelegen, bis gegen den Schluss der Periode
die Freiheit für immer einen festen Boden gewann, auf dem dann auch die
Buchdruckerkunst sich eben so mächtig wie schnell entfaltete.

Im skandinavischen Norden wüteten die verwandten Stämme gegen einander
und Schweden verzehrte ausserdem seine Kräfte in dem dreissigjährigen
Krieg und in den Kämpfen mit Russland. Die Türken überschwemmten Ungarn
und Österreich. Schwere und weitverbreitete Seuchen glichen in ihren
Folgen den Kriegen.

Somit war ein grosser Teil des zweiten und des dritten Jahrhunderts
der Buchdruckerkunst eine, dieser sehr ungünstige Zeit, in der sie
nothwendigerweise leiden musste, und erst das vierte Jahrhundert sollte
sie zum neuen Glanz wieder erstehen sehen.

Werke, welche ein Gesamtbild dieser interessanten Periode der
typographischen und xylographischen Thätigkeit geben, oder auch
nur die Geschichte der einzelnen Hauptländer in ihrer Totalität
schildern, besitzen wir nicht. Dagegen giebt es eine stattliche Reihe
erschöpfender Schilderungen der Wirksamkeit hervorragender Familien
oder einzelner Persönlichkeiten, welche den Kern dieser Zeit bilden.
Was die Meister der Typographie betrifft, so befindet sich das Ausland
in einer besseren Lage als Deutschland, welches nicht einmal ein
biographisch-kritisches Werk über die Familie Breitkopf aufzuweisen
hat. Es sind namentlich die Franzosen, die sich durch solche Arbeiten
Verdienste erworben haben.

Dahingegen bietet Deutschland vorzügliche Werke über seine grossen
Künstler, die auch für die Illustration thätig gewesen sind. Solche
Quellen des In- und Auslandes werden an den betreffenden Stellen
angeführt, hier sei nur der bereits eingangs erwähnten allgemeinen
Schilderungen □Jacksons, Chattos□ und □Firmin Didots□ gedacht, sowie
des, von Dr. □Rob. Dohme□ herausgegebenen Kollektiv-Werkes: „Kunst und
Künstler des Mittelalters und der Neuzeit“. 5 Bde. (Leipzig 1875-1881),
das kritische Würdigungen und biographische Skizzen fast aller der
Kleinmeister, die für die Illustration so Bedeutendes geschaffen haben,
enthält.

Einen grossen Vorteil bieten die Kunstverfahren der Neuzeit:
Photographie, Lichtdruck, Photolithographie und Zink-Hochätzung,
durch die Möglichkeit, mittels derselben eine Anzahl von Werken
aus der Renaissancezeit, die auf Grund ihrer Seltenheit und ihrer
hohen Preise nur einem kleinen Kreis zugänglich waren, in getreuen
Nachbildungen allgemein zu verbreiten; denn Werke, die wie □R.
Weigels□ wertvolles „Holzschnitte berühmter Meister“ (Leipzig 1857),
vorzügliche Nachbildungen in Xylographie bringen, sind nur bei grosser
Opferwilligkeit des Verlegers möglich.

Unter den Kollektivwerken, welche durch die oben erwähnten Verfahren
eine reiche Auswahl des für den Typographen zu Studium und Nacheiferung
Geeigneten bringen, sind namentlich die von □G. Hirth□ in München und
Leipzig herausgegebenen: „Der Formenschatz der Renaissance 1500-1600“
und „Die Bücherornamentik der Renaissance“ erwähnenswert.

Die Schriften der deutschen Fachgenossen aus älterer Zeit geben in
Bezug weder auf äussere noch innere Verhältnisse der Buchdruckereien
eine nennenswerte Ausbeute. Zu erwähnen sind:

□J. H. G. Ernesti□, „Die wol-eingerichtete Buchdruckerey“, (Nürnberg
1721). Mit vielen deutschen, lateinischen und orientalischen Schriften.

□Chr. Fr. Gessner□, „Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und
Schriftgiesserey“. 4 Teile. (Leipzig 1740-1745). Ein reichhaltiges,
fleissig zusammengetragenes Buch mit vielen Illustrationen technischer
und geschichtlicher Natur.

□Ch. G. Täubel□, „Theoretisch praktisches Wörterbuch der
Buchdruckerkunst und Schriftgiesserei“ (Wien 1805).

Höher stehen folgende Werke des Auslandes.

□M. D. Fertel□, _La science pratique de l'imprimerie. Avec des fig._ 2
Bde. (St. Omer 1723).

□P. S. Fournier, Le Jeune□, _Manuel typographique_. 2 Bände (Paris
1764). Das auf vier Bände berechnete Werk wurde durch den Tod des
Verfassers unterbrochen.

□Joseph Moxon□, Mechanick Exercises; or the doctrine of Handy-works,
applied to the art of printing_ (London 1677-1696). Das Buch ist sehr
selten und Schreiber dieses nicht zurhand gewesen.

□John Johnson□, _Typographia or the Printers Instructor_. 2 Bde.
(London 1824), und □Thomas Curson Hansard□, _Typographia_ (London
1825), erschienen fast gleichzeitig und beide Verfasser waren tüchtige
Typographen.

□C. H. Timperley□, _Encyclopaedia of literary and typographical
anecdote_ (London 1842) ist als eine vorsorglich gefüllte Vorratskammer
zu betrachten. Die unzähligen Artikel sind nach den Jahreszahlen, aus
allen Ländern untereinander, gereiht.

Ein sehr schätzbares Werk aus allerneuester Zeit ist:

□E. C. Bigmore□ _and_ □C. W. H. Wyman□, _A Bibliography of printing
with notes and illustrations_. I. Band. A-L (London 1880). Das Buch
enthält nicht nur eine reiche, wir möchten fast sagen überreiche,
typographische Bibliographie aller Länder von der ältesten Zeit bis
auf heute, sondern auch eine Menge von schätzbaren historischen Notizen
und Illustrationen. Die Fortsetzung des Werkes erscheint vorerst in der
von C. Wyman herausgegebenen vortrefflichen Fachzeitschrift: _Printing
times and Lithographer_.

Die bereits in dem □i.□ Buch erwähnten Spezialgeschichten einzelner
Druckorte werden in dem □ii.□ Buch nicht wiederholt.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

VI. KAPITEL.

DIE ILLUSTRIERENDE KUNST IN DEUTSCHLAND.

 Die deutschen Malerschulen. Der Kupferstich und der Holzschnitt.
   Michel Wolgemut. Albrecht Dürer, seine Zeitgenossen und Nachfolger:
   Hans Burgkmair, Hans Schaeuffelein, die „Kleinmeister“. Hans Holbein
   d. j. Lucas Cranach d. ä. Die Schweizer und Elsasser Künstler. Über
   die „eigenhändigen“ Holzschnitte der Zeichner.


                                                              Die Maler-
                                                               schulen.

UNTER wenig günstigen Verhältnissen hatte die Malerkunst in Deutschland
sich gestaltet. Das rauhe Klima gestattete keine Entwickelung der
Wandmalerei mit ihren grossen Verhältnissen und die alles beherrschende
gothische Baukunst benutzte die zeichnenden Künste fast nur zum
Zweck der Ornamentierung. Erst um die Mitte des □xiv.□ Jahrhunderts
entstanden eigentliche Malerschulen, die jedoch in ihrer ganzen Weise
noch die Spuren der früheren Unterordnung der Malerkunst unter die
Architektur tragen.

                                                                   Köln.

Unter diesen war die rheinische, nach dem Hauptorte KÖLN gewöhnlich
die Kölnische Malerschule genannt, die bedeutendste. Sie zeichnete
sich durch ideales Streben im Dienste der Kirche aus. Ihr eigentümlich
waren demgemäss die schlanken, duftigen Gestalten mit heiligem
Gesichtsausdruck in weichen Farben auf Goldgrund gemalt. Rundere,
gedrungenere Formen entstanden erst beim Schärferwerden der
fortschreitenden Naturbeobachtung und der Vervollkommnung der Technik.
Wie früher die Menschen der Künstler mehr Heilige waren, so wurden
jetzt die Heiligen mehr gewöhnliche Menschen.

                                                                   Prag.

Im Osten war PRAG ein Hauptsitz der Kunst geworden, welche hier unter
dem Einfluss des Kaiserhauses, besonders Karls □iv.□, eine, zunächst
die weltliche Macht verherrlichende Richtung nahm.

                                                                 Brügge.

Wie Köln und Prag der geistlichen und staatlichen Gewalt huldigten,
so entwickelte sich in Brügge, wie in Nürnberg, wo Handel und Verkehr
blühten und ein mächtiges Bürgertum herrschte, die Kunst mehr in der
realistischen und begrenzteren Richtung des Bürgertums. BRÜGGE wurde
die Pflanzstätte der niederländischen Kunst, die ihre besondere Grösse
im kleinsten Genre entwickelte und sich unter der Führung Huberts van
Eyck durch eine, bis dahin unbekannte Naturtreue auszeichnete.

                                                               Nürnberg.

Unterstützt durch die Energie seiner Bürger und begünstigt durch
seine, allerdings reizlose, Zentrallage war NÜRNBERG nicht allein
ein Stapelplatz für die Produkte und Fabrikate Deutschlands geworden,
sondern auch ein Knotenpunkt des Zwischenhandels des Nordens und des
Westens mit dem Süden und dem Osten. Die Selbstregierung ruhte nach
liberalen Grundsätzen in den Händen eines aufgeklärten und reichen
Patriziertums, welches die Rechte der, in kleineren Verhältnissen
Lebenden zu schonen verstand. Der rege Verkehr hatte den Gesichtskreis
nicht allein in staatlichen und kirchlichen Verhältnissen erweitert,
sondern auch den Sinn für Wissenschaft und Kunst verallgemeinert, und
der Reichtum gab die Mittel, sie zu fördern.

Die Malerschule in Nürnberg nahm zwar unter solchen Umständen, wie
in Brügge, einen bürgerlichen Charakter an, jedoch mit einer weit
vornehmeren, gemütreicheren und religiöseren Richtung.

                                                         Kupferstich und
                                                           Holzschnitt.

Unter Einwirkung der Buchdruckerkunst und der Reformation mussten die
neuen Kunstverfahren des Kupferstechers und des Holzschneiders einen
besonders günstigen Boden in Deutschland finden. Ohne Unterstützung
des sinnebestrickenden Farbenreizes und ohne andere Effektmittel,
als die mehr oder weniger geschwellten Linien und die weiteren
oder engeren Strichlagen, war der Künstler gehalten, eine um so
grössere Aufmerksamkeit der Idee, der Komposition und der korrekten
Formengebung zuzuwenden. Bald erreichten diese Künste, indem sie sich
den Bestrebungen der sich neu gestaltenden Zeit dienstbar machten,
trotz des räumlich kleinen Umfanges die Bedeutung einer monumentalen
Kunst, die am fröhlichsten dort gedeihen musste, wo die erwähnten
Bestrebungen sich am kräftigsten äusserten, demgemäss also auch in dem
geistig-bewegten Nürnberg.

                                                             Die Formen-
                                                              schneider.

Der erste Formenschneider, der als solcher im Bürgerbuche genannt
wird und zwar in den Jahren 1449-1492, ist □Hans Formenschneider□.
Bei dem langen Zeitraum ist es anzunehmen, dass man es mit zwei
Persönlichkeiten, vielleicht mit Vater und Sohn, zu thun hat. Auch
andere werden genannt, von denen jedoch keine Arbeiten bekannt sind.
Ein sehr unternehmender Mann war um diese Zeit □Hans Sporer d. j.□
Seine Hauptwerke sind: „Der Endtkrist“ 2. Ausg. 1472; „Die Kunst zu
sterben“ 1473; „Die Armenbibel“ 1475, in denen der Ausdruck der Figuren
zum Teil noch etwas entschieden Fratzenhaftes und Gespenstisches hat.
Auch □Georg Glockendon d. ä.□ arbeitete schon um 1480 und schnitt u.
a. eine „Marie“ mit fünf weiblichen Heiligen und eine „Himmelfahrt
Christi“. Von □Wolfgang Hamer□ hat man eine „Heilige Familie“[1].

  [1] □R. von Rettberg□, Nürnbergs Kunstleben. Stuttgart 1854.

                                                           Michel Wolge-
                                                               mut.

                                                          Wilh. Pleyden-
                                                               wurf.

Der eigentliche Begründer der Nürnberger so berühmten
Holzschneiderschule und wahrscheinlich der Einführer des Kupferstiches
in Nürnberg ist □Michel Wolgemut□ (geboren 1434). Seine künstlerische
Ausbildung erhielt er am Rhein. Nach Nürnberg zurückgekehrt, heiratete
er die Witwe des Hans Pleydenwurf, eines achtbaren Künstlers. Einen
seiner Stiefsöhne, □Wilhelm Pleydenwurf□, bildete er als Künstler
aus und errichtete, namentlich um die Ansprüche Kobergers für seine
grossen Unternehmungen befriedigen zu können, mit ihm zusammen ein
Holzschneide-Atelier. Dasselbe nahm eine grosse Ausdehnung an und es
entstanden in sehr kurzer Zeit die bereits früher erwähnten Werke: „Der
Schatzbehalter“ und Schedels „Buch der Chroniken“[2]. Pleydenwurf starb
bereits kurz nach Vollendung derselben (1495); Wolgemut, der auch eine
bedeutende Thätigkeit als Kupferstecher entwickelte, am 30. Nov. 1519.
Abgesehen von seinen eigenen künstlerischen Verdiensten behält Wolgemut
eine grosse Bedeutung als Lehrer Albrecht Dürers, der stets mit grosser
Hochachtung von ihm sprach.

  [2] Vergl. S. 47.

                                                         Albrecht Dürer.

□Albrecht Dürer□[3], mit dem der Holzschnitt einen hohen Standpunkt
erreichte, war am 21. Mai 1471 als dritter Sohn des gleichnamigen
Vaters in Nürnberg geboren. □Dürer d. ä.□ war als Goldschmiedegesell
1455 nach Nürnberg gekommen, wo sein Meister Hieronymus Holper ihm
seine Tochter zur Frau gab, die ihm achtzehn Kinder gebar. Albrecht
wurde von seinem Vater in dem Goldschmiedehandwerk unterwiesen,
jedoch auf seinen dringenden Wunsch, Künstler zu werden, mit seinem
fünfzehnten Jahre bei Michel Wolgemut in die Lehre gebracht, und er
nahm somit vielleicht schon an den Unternehmungen Kobergers thätigen
Anteil.

  [3] □A. v. Eye□, Leben und Wirken Dürers. 2. Ausg. Nördlingen
      1869. -- □M. Thausing□, Dürer, Geschichte seines Lebens
      und seiner Kunst. Leipzig 1876.

                                                            Jugendjahre.

Von seinen Lehrjahren und Wanderungen ist wenig bekannt. Zu Pfingsten
1494 kehrte er von letzteren nach Nürnberg zurück mit den äusseren
Vorzügen des Körpers sowohl als mit den inneren des Charakters und
der Tüchtigkeit ausgestattet. Er heiratete Jungfrau Agnes Frey, die
hübsch und nicht unbemittelt war. Es ist behauptet worden, dass die Ehe
nicht glücklich gewesen, doch liegen keine Beweise dafür vor, wenn es
auch den Anschein hat, als sei die Agnes mehr eine tüchtige Hausfrau,
als eine mit der Künstlernatur Dürers sympathisch gestimmte Seele
gewesen. Er bezog ein Haus am oberen Ende der Zisselgasse, welches er
gekauft hatte, um dort sein Atelier einzurichten. Das Haus, innerlich
und äusserlich leidlich unverändert erhalten, ist in den Besitz des
Dürer-Vereins übergegangen.

                                                         Die Offenbarung
                                                           St. Johannis.

                                                         Neue Bahnen für
                                                        den Holzschnitt.

Dürer, der noch nicht seinen Weltruf hatte, musste des Verdienstes
wegen manche Arbeiten übernehmen, an denen er sich sonst kaum versucht
haben würde. Aber schon frühzeitig beschäftigte er sich mit einem
Gegenstande, woran er seine ganze Kraft bethätigen und sich selbst
genügen wollte. Im Jahre 1498 erschien sein Bildercyklus von 15
xylographischen Darstellungen in Folio zur „Offenbarung St. Johannis“.
Der Text ist zweispaltig auf die Rückseite der Bilder gedruckt, jedoch
nicht immer so, dass Text und Bild korrespondieren. Das Werk erschien
sowohl in einer deutschen als in einer lateinischen Ausgabe und in
mehreren Auflagen. Komplette Exemplare sind selten. Hiermit war der,
bis dahin bekannte Kreis der Leistungen weit überschritten und die
Thätigkeit des Geistes zeigte sich selbst der aussergewöhnlichen
Fertigkeit der Hand so weit überlegen, dass die Ausübung der Kunst
nicht mehr als Handwerk gelten konnte.

Dürers bahnbrechende Richtung für den Holzschnitt lag in seiner Manier
für diesen zu zeichnen. Bis dahin bestand der Holzschnitt hauptsächlich
nur in derben Umrissen auf das Kolorieren berechnet. Zwar hatte
Wolgemut eine künstlerische Richtung mit Glück eingeschlagen, aber
erst Dürer erreichte die Vollendung. Durch Abwechselung von Licht
und Schatten erzielte er eine grössere malerische Wirkung, als durch
Kolorit möglich war. Dazu gehörten jedoch Formenschneider, die auf
seine Intentionen eingingen. Solche konnte aber Dürer ausbilden, denn
niemand verstand es besser, als er, seinen künstlerischen Willen fest
und bestimmt mit der Feder anzugeben. Es blieb für den Formenschneider
nichts anderes übrig, als Strich für Strich der Zeichnung zu folgen.
Dürer wusste ganz genau, was er der Technik des Holzschneiders zumuten
konnte. Es war dies zwar weitergehenderes als sonst üblich, jedoch
nicht mehr, als was mit dem einfachen Material geleistet werden konnte.
Wie sicher er dies zu berechnen wusste, zeigt am besten der Vergleich
seiner Holzschnitt-Technik mit seiner Kupferstich-Technik, für die
keine solche hemmenden Schranken existierten.

                                                            Verschiedene
                                                               Arbeiten.

Aus den ersten Jahren des □xvi.□ Jahrh. stammen eine grosse Zahl
von Zeichnungen, Stichen und Holzschnitten von seiner Hand. Sein
überströmender Geist legte in seinen Zeichnungen zum Teil die Gedanken
nieder, die er später zu abgeschlossenen Werken ausarbeitete.

                                                         Italien. Reise.

Nach zehnjähriger und aufreibender Arbeit machte er eine Reise nach
Italien. Aus den mitgenommenen kleinen Kunstwerken und den Vorräten
seiner Stiche und Drucke hoffte er Vorteile zu erzielen, die indes
nicht so reichlich ausfielen, wie die Ehrenbezeigungen, die ihm
erwiesen wurden. Bei seiner Rückkehr malte er eine grosse Altartafel
für den Kaufherrn Jakob Heller in Frankfurt, welche allgemeine
Bewunderung erregte, aber doch so wenig lohnte, dass Dürer wieder zur
Feder und zum Stichel griff. Zu den bedeutendsten seiner Leistungen
gehören die drei „Passionen“ und das „Leben der Maria“ in Holzschnitt
und Kupferstich. Sie haben durch Jahrhunderte ihren unvergänglichen
Wert behauptet und sind wieder und wieder nachgebildet, nachdem die
Originale nicht mehr für den Bedarf ausreichten.

                                                          Die Passionen.

Eine der Passionen in Folio und eine in Oktav sind in Holzschnitt
ausgeführt, die dritte, auch in Oktav, ist in Kupfer gestochen. Die
beiden ersteren erschienen 1511 in Buchform. Die „grosse Passion“ ist
12 Blätter stark mit ebenso vielen Darstellungen; die „kleine Passion“
38 Blätter mit 37 Darstellungen, beide mit lateinischen Versen von
Chelodonius, einem Benediktinermönch und Freund Dürers. Die dritte
„Passion“ in Kupferstich von 16 Blättern ward erst 1513 vollendet; sie
ist ohne Text und scheint nie in Buchform ausgegeben worden zu sein.
Die, ihrem Stoff nach umfangreichste „kleine Passion“ fängt mit dem
Sündenfall an und endigt mit dem jüngsten Gericht; die Bezeichnung
Passion ist demnach nicht ganz korrekt.

                                                            Unser Frauen
                                                               Leben.

In keinem Werke aber prägt sich der eigentümliche Geist Dürers und
überhaupt der deutschen Kunst voller und klarer aus, als in der Reihe
von zwanzig, „Unser Frauen Leben“ behandelnden Holzschnitten. Auch was
die Ausführung betrifft, gehört dieser Cyklus zu dem vorzüglichsten,
was die Holzschneidekunst je geliefert hat.

                                                          Einzelblätter.

Neben diesen Hauptwerken schenkte uns Dürer in diesem Zeitpunkt seines
reichen Schaffens eine grosse Anzahl von Einzelblättern, die den
genannten an Originalität der Erfindung und in der Ausführung nicht
nachstehen. Daneben musste er auch Zeit und Lust finden, Blätter für
Kinder und zum Schmücken von Schachteln; Zeichnungen von Wappen der
Patrizier zum Einkleben in ihre Bücher; Nachbildungen naturhistorischer
Gegenstände, u. dgl. m. zu liefern.

                                                        Die Arbeiten für
                                                          Maximilian I.

Eine besondere Klasse von Arbeiten, die zu den, für den Typographen
interessantesten gehören, sind die Werke, die er für den Kaiser
Maximilian ausführte, der zwar ein poetisches Gemüt und einen regen
Sinn für die schönen Künste besass, diese jedoch hauptsächlich
nur durch deren Ausbeutung zu seiner persönlichen Verherrlichung
bethätigte.

                                                         Hans Burgkmair.

Der Kaiser hatte den Gedanken gefasst, die ganze Glanzfülle seiner
ruhmreichen Abstammung, seine weite Herrschaft, Leben und Thaten durch
eine „Ehrenpforte“, einen „Triumphzug“ nebst einem „Triumphwagen“
darstellen zu lassen. Den hauptsächlichsten Teil der Arbeit wollte er
Dürer übertragen, aber auch andere Künstler sollten bei den Werken
beschäftigt sein. Unter diesen ragte besonders □Hans Burgkmair□,
geboren zu Augsburg 1473, gestorben ebendaselbst 1529, hervor, der,
durch seinen Aufenthalt in Venedig von der dortigen Kunst beeinflusst,
einer der Hauptvertreter der Renaissance in Deutschland wurde. Berühmt
ist er hauptsächlich durch seine Holzzeichnungen zu den erwähnten und
anderen durch Maximilian □i.□ hervorgerufenen Werken. Er lieferte
30 Platten zur Ehrenpforte, 66 zu dem Triumphzug. Von ihm stammen
grösstenteils die 245 Zeichnungen zu dem „Weisskunig“, auch eine
Verherrlichung des Kaisers, des weiteren arbeitete er mit an den 124
Blatt: „Heilige des österreichischen Kaiserhauses“. Berühmt ist auch
sein „Turnierbuch“ mit 52 Illustrationen.

                                                        Die Ehrenpforte.

Den Auftrag zur „Ehrenpforte“ erhielt Dürer mutmasslich schon im J.
1512. Der gelehrte Johannes Stabius war mit der litterarischen Leitung
und der Abfassung der vielen Inschriften betraut. Dürer ergriff die
Sache mit grossem Eifer und vollendete seine Arbeit schon 1515, obwohl
die Aussichten auf die entsprechende Entschädigung nicht gross waren,
da der Rat von Nürnberg das Ansinnen des Kaisers, der nicht gern aus
eigener Tasche zahlte, „Dürer Steuerfreiheit zu gewähren“, ablehnte
oder vielmehr Dürer veranlasste, selbst den Antrag zurückzunehmen.
Ebenso weigerte sich der Rat, ein, vom Kaiser auf Grund verschiedener
Arbeiten Dürer zugestandenes Jahresgehalt von 100 Gulden zugunsten
des Künstlers von den an Maximilian zu zahlenden Abgaben in Abzug zu
bringen.

Die „Ehrenpforte“ ist das grossartigste, was jemals in Holzschnitt
geschaffen worden ist. Sie besteht aus 92 Holzstöcken, die
zusammengestellt eine Ausdehnung von nahe an 3 Meter 50 ctm. Höhe und
3 Meter Breite einnehmen. Mit einer Sicherheit ohne gleichen zeichnete
Dürer die Blätter mit Feder und Pinsel. Mit gleicher Genauigkeit
schnitt sie □Hieronymus Andreä□. Das Werk ist nicht ein Triumphbogen
im antiken Stil, sondern ein hoher giebelgekrönter Renaissancebau,
durch runde Türme flankiert und mit drei Thoren versehen. Der Reichtum
an historischen Darstellungen, Allegorien, Portraitfiguren und
ornamentalem Schmuck ist geradezu überwältigend.

                                                         Der Triumphzug.

Der „Triumphzug“ bildet in seiner Entfaltung ein Tableau von 54 Metern
Länge bei 37 ctm. Höhe und besteht aus 135 Stöcken, war jedoch auf
eine noch grössere Zahl berechnet. Von den Stöcken lieferte Burgkmair
66, Dürer zeichnete 24 Blatt. Dieses grossartige xylographische Werk
bietet, abgesehen von dem Kunstgenuss, einen höchst interessanten
Stoff für das Studium der Kostüme, Waffen, Geräte und Sitten damaliger
Zeit. Das eingehende Programm verfasste des Kaisers Sekretär Marx
Treytz-Saurwein.

                                                            Der Triumph-
                                                               wagen.

Der „Triumphwagen“, sozusagen der Mittel- und Schwerpunkt der gesamten
Unternehmungen, ist ein Werk Dürers. Die Zeichnungen entstanden
1514-1515, die Holzschnitte waren 1522 fertig. Der Rat Pirckheimer
hatte die Idee ausgearbeitet, die sich lediglich auf schale Lobrednerei
gründet. Der Kaiser fährt auf einem von 12 Pferden gezogenen
Triumphwagen, umgeben von allegorischen Figuren, die alle seine
Tugenden repräsentieren. Die aus 8 Holzstöcken bestehende Komposition
hat eine Länge von 2 Meter 32 ctm. bei einer Höhe von 47 ctm.

Als Kaiser Maximilian am 12. Jan. 1519 starb, gerieten seine
Kunstunternehmungen ins Stocken. Dass der Kaiser nicht gern zahlte,
wurde schon erwähnt. Dürer und Andere hatten ihr Honorar noch nicht
erhalten. Um sich bezahlt zu machen, gab Dürer den „Triumphwagen“ auf
seine Rechnung heraus. Die erste Ausgabe erschien 1522 mit deutschem,
die zweite 1523 mit lateinischem Text; nachgedruckt wurde das Werk in
Venedig 1589. Auch von dem „Triumphzug“ verkaufte man einzelne Blätter.
König Ferdinand, dem daran lag, dass das Werk des Kaisers nicht in
Privathände zersplittert würde, erwarb durch Vermittelung des Rates
zu Nürnberg die noch unbezahlten Stöcke, die nach Wien kamen. Im Jahre
1759 machte man den Versuch, das ganze Werk herauszugeben. 1799 wurde
eine neue Ausgabe veranstaltet und die noch fehlenden Stöcke durch
Radierungen ersetzt.

                                                             Maximilians
                                                              Gebetbuch.

Zu seinem eigenen Gebrauch hatte Maximilian ein Gebetbuch
zusammenstellen lassen, das er von □Joh. Schönsperger□ in Augsburg in
kostbarem Pergamentdruck ausführen liess. Die Initialen wurden nach
einem, dem Congrevedruck ähnlichen Verfahren mehrfarbig eingedruckt.
Man kennt bloss drei Exemplare dieses Werkes, eins in der k. k.
Bibliothek zu Wien, das andere in der Münchner Bibliothek, das dritte
in dem _British Museum_. Zu 45 Blättern zeichnete Dürer mit farbiger
Tinte Einfassungen, die einen wahren Schatz von Ornamenten und
Allegorien, Ernst und Scherz, Profanem und Heiligem in bunter Reihe
enthalten. Dürer scheint die Absicht gehabt zu haben, sie durch seine
Schüler fortsetzen zu lassen. Es existieren auch acht Blatt von anderer
Hand gezeichnet, die fälschlich Lucas Cranach zugeschrieben wurden;
eher dürften sie Hans Springinklee gehören[4].

  [4] Diese Randzeichnungen sind von □N. Strixner□ 1808 in
      Lithographie vorzüglich nachgebildet und später auch
      anderweit reproduziert.

                                                          Reise nach den
                                                           Niederlanden.

Im Jahre 1520 unternahm Dürer in Gesellschaft seiner Frau eine Reise an
den Rhein und nach den Niederlanden, auf welcher er dort mit grossen
Ehren empfangen wurde und mit vielen berühmten Persönlichkeiten in
Berührung kam. Sein Hauptzweck war, den Kaiser Karl □v.□, dessen Einzug
in Antwerpen und Krönung in Aachen er beiwohnte, zur Zahlung der, ihm
vom Kaiser Maximilian ausgesetzten Rente zu veranlassen, was ihm auch,
nach verschiedenen vergeblichen Bemühungen an den Kaiser hinanzukommen,
schliesslich in Köln gelang.

                                                       Litterarische Ar-
                                                            beiten.

Eine Hauptthätigkeit Dürers in den letzten Jahren seines Lebens war
die Ausarbeitung und Herausgabe seiner litterarischen Arbeiten, für
welche er sich durch sein ganzes Leben vorbereitet hatte. Sein erstes
Werk erschien 1525 unter dem Titel: „Underweysung der Messung, mit
dem Zirkel und Richtscheyte, in Linien ebnen wnd gantzen Corporen“.
Für Buchdrucker hat das Werk ein besonderes Interesse, weil es
die Verhältnisse der Buchstaben zum erstenmal in Deutschland nach
geometrischen Grundsätzen feststellt. Es erlebte mehrere Auflagen,
sowie eine Übersetzung in das Lateinische von Joh. Camerarius. Sein
zweites Werk ist eine „Befestigungslehre“; sein Hauptwerk (1525)
führt den Titel: „Hierine sind begriffen vier Bücher von mennschlicher
Proportion“, und erlebte viele Ausgaben in vielen Sprachen.

                                                             Dürers Tod.

Seine letzte Zeit verlebte Dürer geschätzt von allen bedeutenden
Männern in einfachen, jedoch keineswegs ärmlichen Verhältnissen. In den
Niederlanden hatte er sich ein Fieber geholt, das er nicht wieder los
werden konnte, trotz dessen er aber noch übermässig arbeitete. Er starb
am 6. April 1528. Seit 1840 schmückt sein Standbild aus Erz den nach
ihm benannten Platz in Nürnberg und die dortigen Künstler begehen zu
seinem Geburtstage jährlich an seinem Grabe eine einfache Feier.

Die Zeitgenossen und Nachfolger Dürers zeigen, mit Ausnahme des
durchaus selbständigen Hans Holbein, einen unverkennbaren Einfluss
des grossen Meisters. Wenige unter ihnen, denen man im allgemeinen
auf Grund der räumlichen Kleinheit ihrer meisten Arbeiten den
Namen „Kleinmeister“ beigelegt hat, standen jedoch als Schüler in
einer näheren Verbindung mit Dürer. Nur von zweien wissen wir mit
Bestimmtheit, dass sie Dürers „Lehrjungen“ gewesen: Hans von Kulmbach
und Hans Springinklee, und gerade über diese sind die sonstigen
Nachrichten dürftig.

                                                          Hans von Kulm-
                                                               bach.

Hans Fuss, nach seiner Vaterstadt □Hans von Kulmbach□, trat, nachdem
er die Malerei bei _Jacopo dei Barberi_ (Jakob Walch) gelernt, 1510 bei
Dürer in weitere Lehre. Ob er viel für graphische Kunst gezeichnet hat,
ist nicht bekannt. Ein Blatt für den Triumphzug ist noch vorhanden mit
den hineingezeichneten Korrekturen Dürers.

                                                          Hans Springin-
                                                               klee.

□Hans Springinklee□, geboren zu Nördlingen 1470, entwickelte für die
graphischen Fächer eine grosse Thätigkeit. Er zeichnete 60, durch
seelenvolle Innigkeit sich auszeichnende Bilder zu dem _Hortulus
animæ_, der zuerst 1516 und dann in mehreren schnell auf einander
folgenden Auflagen bei Koberger erschien. Er arbeitete auch mit an den
Illustrationen zu dem Weisskunig und an verschiedenen Unternehmungen
Dürers, dessen Art er sich innig anschloss. Auch grössere Einzelblätter
hat man von ihm.

                                                           Erhard Schön.

□Erhard Schön□ war ein Mitarbeiter Springinklees bei dem _Hortulus
animæ_ (ob auch bei Dürers Werken ist nicht bekannt), lieferte auch die
zwölf Apostel und 24 Blatt Heilige. Er war Verfasser eines Lehrbuches:
„Unterweysung der Proportion und Stellung der Bossen (Modellfiguren)“
mit einer Anzahl gut gezeichneter Köpfe und Körper in verschiedenen
Lagen mit Konstruktionsnetzen; geschätzt sind von Sammlern seine
Spielkarten. Er starb zu Nürnberg 1550.

                                                           Pencz und die
                                                                Beham.

Georg Pencz, Hans Sebald Beham und Barthel Beham sind Namen, die nicht
allein durch die Gemeinsamkeit der Kunstübung, sondern auch durch die
gemeinsamen Schicksale unzertrennlich geworden sind.

Alle drei lernten in Nürnberg und erhielten in jungen Jahren die
Meisterschaft (ob in der Werkstatt Dürers ist nicht bekannt),
jedenfalls gehörten sie alle zu seinen begabtesten Nachfolgern. In
jugendlicher Schwärmerei wurden sie erklärte Anhänger des Thomas
Münzer, der anfangs der zwanziger Jahre nach Nürnberg kam. In einen
Prozess wegen Verbreitung deistischer und sozialistischer Ansichten
verwickelt, mussten die drei Maler ihrer Vaterstadt den Rücken kehren.

                                                            Georg Pencz.

□Pencz□ wurde nach einem Jahr begnadigt und später sogar Ratsmaler.
Er war ein vorzüglicher Kupferstecher in einer neuen Manier, die sich
nicht mit den einfachen Strichlagen Dürers begnügte, sondern nach
italienischen Vorbildern malerische Wirkung durch Licht und Schatten
und durch Abstufung der Töne zu erreichen suchte. Er liebte es,
zusammenhängende Folgen von Blättern zu liefern, z. B. die Geschichte
Abrahams, Josephs; 25 Blatt aus dem Leben Jesu. Vorzugsweise wandte
er sich Folgen aus dem klassischen Altertum zu, als z. B.: „berühmte
Liebespaare“, „Beispiele der Standhaftigkeit“, „unglückliche Frauen“.
Man besitzt von ihm 126 Blätter: Er starb 1550, hinterliess aber, trotz
fleissigen Arbeitens, die Seinen in grosser Dürftigkeit.

                                                             Hans Sebald
                                                                Beham.

Mehr Glück hatten die Behams, namentlich der jüngere, Barthel. Der
ältere □Hans Sebald Beham□ (geb. zu Nürnberg 1500) steht vielleicht von
allen Kleinmeistern als Zeichner Dürer am nächsten, und übertrifft ihn
als Kupferstecher. Er befindet sich schon vollständig auf dem Boden der
Renaissance. Nach verschiedenen Schicksalen fand er in Frankfurt 1534
eine bleibende Stätte und ein reiches Feld seiner Thätigkeit. Für viele
Werke Chr. Egenolffs lieferte er Illustrationen; für die Weltchronik
(die in neun Auflagen erschien) 80 Holzschnitte; 26 Holzschnitte zu der
Offenbarung St. Johannis; eine ähnliche Zahl zu dem Neuen Testament;
ferner zu einem Handbuch der Fecht- und Ringerkunst und einem Buch vom
gesunden Lebensregiment u. s. w. Als er 1550 starb, hinterliess er 270
Kupferstiche und an 500 Holzschnitte. Seinen Grundsätzen, für die er in
der Jugend büssen musste, blieb er bis an sein Ende treu.

Die Herausgabe eines „Büchlein von den Proportionen des Ross“
brachte ihn in Konflikt mit der Witwe Dürers, welche hierin eine
widerrechtliche Aneignung eines Manuskripts Dürers erblickte und ein
Verbot des Buches Behams erwirkte, bis Dürers Werk, das übrigens von
ganz anderen Gesichtspunkten ausgeht, erschienen sei.

Es wird behauptet, er habe gegen Ende seines Lebens eine Weinschenke
errichtet und einem liederlichen Leben sich ergeben, dagegen scheint
jedoch die grosse Zahl von Arbeiten, die gerade aus seinen letzten
Lebensjahren stammen, zu sprechen.

                                                          Barthel Beham.

□Barthel Beham□ ging nach München und trat 1527 in den Dienst des
Herzogs Wilhelm von Bayern, der ihn auf seine Kosten nach Italien
sandte, wo er plötzlich im besten Mannesalter und auf der Höhe seiner
Kunst starb. Von seinen Kupferstichen sind 85 auf die heutige Zeit
gekommen. Ganz vorzügliches leistete er in Ornamentvorlagen für das
Kunsthandwerk, wie in Vignetten für Bücher. In derselben Richtung
zeichnete sich □Ludwig Krug□ in Nürnberg aus.

                                                               Hans
                                                          Schaeuffelein.

□Hans Leonhard Schaeuffelein□ (geb. um 1476) lehnt sich sehr an Dürer
an. Er wendete sich mit Vorliebe dem Holzschnitt zu, dessen Technik
ganz der Richtung seines Geistes entsprach. Wahrscheinlich lernte er
zuerst bei Wolgemut und arbeitete später bei Dürer, bis dieser 1505,
vor seiner Abreise nach Italien, seine Werkstatt auflöste. Im Jahre
1507 lieferte er bereits eine Holzschnittfolge von 65 Blatt für das
_Speculum passionis_ des Dr. Pinder. Von ihm rühren 118 Zeichnungen für
die Holzschnitte zu dem Theuerdank (1512) her, die von dem vorzüglichen
Holzschneider □Jost de Negker□ geschnitten wurden. Bei Schönsperger
erschien ferner von ihm „Der Heiligen Leben“ mit 130 kleinen
Holzschnitten und, im Verein mit Hans Burgkmair und Georg Brew, „Das
Leiden Christi“.

Schaeuffelein heiratete die Nürnberger Patriziertochter Afra
Tucher und wandte sich 1515 nach Nördlingen, der Heimat seines
Vaters. Aus der Zeit seines dortigen Aufenthaltes sind zu nennen:
seine Holzschnittzeichnungen zu Ciceros Buch „Von den Pflichten“;
zu den Historien des Boccaccio; zu einem Buche mit dialektischen
Vorschriften; zu dem „goldenen Esel“ des Apulejus und zu mehreren
religiösen Werken. Am bedeutendsten sind einige, dem täglichen Leben
entnommene Darstellungen, Bilder aus dem Soldatenleben und namentlich
20 Blätter mit Hochzeitstänzern. Ein Abendmahl zeichnet sich durch
seine ungewöhnliche Grösse, 1 Meter 2 ctm. Breite bei 71 ctm. Höhe,
aus. Schaeuffelein besass wenig Genie und konnte sich nicht von dem
noch nicht fertigen Standpunkt der Form emanzipieren, auf welchem Dürer
damals, als er nach Italien reiste, stand. Schaeuffelein starb 1549.

                                                        Albr. Altdorfer.

□Albrecht Altdorfer□, wahrscheinlich in Amberg um 1480 geboren, tritt
weit selbständiger und origineller auf als Schaeuffelein, wenn er ihn
auch nicht in der Technik übertrifft. Er zersplitterte seine Kräfte
nach verschiedenen Richtungen hin. 1505 siedelte er nach Regensburg
über und wurde 1526 dort Ratsbaumeister. Er ist als Vater der modernen
Landschaftsmalerei zu betrachten und brachte es auch in der Ätzmanier
zur Virtuosität. Die Zahl seiner Kupferstiche beläuft sich auf etwa 80,
die der Holzschnitte auf 70, die der Radierungen auf 30. Er starb im
Jahre 1538.

                                                          Michael Osten-
                                                              dorfer.

□Michael Ostendorfer□, ein Zeitgenosse Altdorfers (1490-1559), leistete
als Zeichner mehr denn dieser und würde sicherlich bedeutendere Werke
geliefert haben, wenn nicht die Not ihn gezwungen hätte, die Kunst
allein als Erwerbsmittel zu betrachten und allerlei, seinen Fähigkeiten
nicht angemessene Arbeiten zu unternehmen. In der ersten Periode seiner
Thätigkeit sind seine besten Arbeiten der Verherrlichung der Jungfrau
Maria gewidmet, besonders ein Holzschnitt von ungewöhnlicher Grösse:
„Die Kirche der schönen Maria zu Regensburg“. Als diese Stadt 1542 das
Augsburger Bekenntnis annahm, widmete Ostendorfer seine Kunst mit Eifer
der Reformation. Seine bedeutendste Komposition ist ein umfangreicher
Holzschnitt „Die Kreuzabnahme“ (1548).

Aus der grossen Zahl von Zeichnern für Formenschnitt von der Mitte
des □xvi.□ Jahrhunderts ab sind nur wenige nennenswert, unter diesen
besonders: Virgilius Solis, Jost Amann, Peter Flötner und Melchior
Lorch.

                                                           Virgil Solis.

□Virgil Solis□, geboren 1514 zu Nürnberg, hat für die Typographie eine
besondere Bedeutung, weil er eine grosse Zahl der schönsten Zierstöcke
für Bücherornamentierung erfand. Von ihm sind 600 Kupferstiche
bekannt und die Zahl seiner Holzschnitte ist ebenfalls gross, als: 100
biblische Figuren zum Alten Testament; 116 zum Neuen; 67 zur Geschichte
der Bibel; 178 zu Ovids Metamorphosen; 194 zu Äsops Fabeln. Er starb um
1562.

                                                             Jost Amann.

□Jost Amann□[5] war einer der talentvollsten Holzzeichner seiner
Zeit und näherte sich mehr als Virgil Solis den alten Meistern. Seine
Figuren haben jedoch etwas theatralisches. Er war im J. 1539 in Zürich
geboren, zog 1560 nach Nürnberg und arbeitete vieles für dortige,
besonders jedoch für Frankfurter Buchhändler, namentlich für Sig.
Feyerabend. Wir haben von ihm Bibelillustrationen; _Icones Livianæ_,
Bilder aus der altrömischen Geschichte; Zeichnungen zu Reineke Fuchs;
das Stamm- und Wappenbuch; Kostümwerke von Bedeutung. Bekannt ist das
1564 erschienene: „Hans Sachse, eigentliche Beschreybung aller Stände
auf Erden -- aller Künste und Handwerken“. Wir finden darin auch den
Schriftgiesser, Drucker, Briefmaler, Formenschneider, Buchbinder. Bei
etwas grösserer Aufmerksamkeit auf die Details seitens Amanns würden
diese Abbildungen von grösserem Werte für die ältere Geschichte der
Buchdruckerkunst sein. Der Text in Versen bietet keine besonderen
Anhaltepunkte. Amann starb 1591.

  [5] □C. Becker□, Jost Amann, Zeichner etc. Mit Zusätzen von R.
      Weigel. Leipzig 1854. Vergl. auch S. 77.

                                                          Peter Flötner.

□Peter Flötner□ aus Nürnberg, gestorben um 1546, war in erster Reihe
Bildhauer, doch auch als Zeichner besonders für den Formenschnitt
thätig. Unter den erhaltenen etwa 60 Holzschnitten zeichnen sich
besonders eine Reihe von Landsknechtsbildern vorteilhaft aus. Von Wert
für die Ornamentik ist noch heute seine Sammlung von 24 Vorlegeblättern
für Goldschmiede und sonstige Metallarbeiter.

                                                         Melchior Lorch.

□Melchior Lorch□ aus Flensburg, geb. 1527, lieferte schon in
seinem 18. Jahre tüchtige Stiche. Zu Dürer muss er in persönlichen
Beziehungen gestanden haben, da er dessen Portrait 1550 in Kupfer
stach, ebenso 1548 das Bildnis Luthers. Lorch machte grosse Reisen
und besuchte zweimal, indem er kaiserliche Gesandtschaften begleitete,
Konstantinopel. Die reiche Ausbeute, die er aus dem Orient mitbrachte,
erschien 1570 in einem Buch, verlegt zu Hamburg. Später trat Lorch in
den Dienst des Königs Friedrich □ii.□ von Dänemark. Eine, auf zwei
Platten geschnittene figurenreiche Darstellung der Sintflut ist die
grösste der von ihm erhaltenen Kompositionen. Er starb zu Rom 1585.

                                                          Jakob Binck.
                                                        H. Ladenspelder.

Geschickte Kupferstecher waren □Jakob Binck□ und □Hans Ladenspelder□.
Der erstere, zu Anfang des □xvi.□ Jahrh. geboren, siedelte 1531 nach
Kopenhagen über, wo er Hofmaler wurde, wir haben ungefähr 150 Stiche
von ihm. Von Ladenspelder (1511-1554) sind etwa 50 Stiche auf uns
gekommen; er neigt sich mehr den Italienern zu.

                                                          H. Aldegrever.

□Heinrich Aldegrever□ ist der letzte der Künstler, die mehr oder
weniger unter den sich widerstrebenden Einflüssen der Gothik und der
Renaissance stehen. Er wurde 1502 entweder in Paderborn oder in Soest
geboren. Der Reformation sehr zugethan, stach er die Portraits Luthers
und Melanchthons und griff die Pfaffenwirtschaft in mehreren Stichen
an. Gegen 300 als echt anerkannte Stichblätter sind von ihm vorhanden.
In grösseren Bilderfolgen behandelte er biblische Geschichten, z. B.
die Adams und Evas, des barmherzigen Samariters, des keuschen Joseph.
Seine ornamentalen Arbeiten gelten noch heute als nachahmenswerte
Vorlagen, namentlich diejenigen Blätter, in welchen er sich an das
einfache Pflanzenornament hält[6].

  [6] Sie sind in vortrefflichen Lichtdrucken reproduziert.

                                                           Luc. Cranach.

Eine Sonderstellung behauptet □Lucas Cranach□[7], so genannt nach
seiner Vaterstadt Kronach in Oberfranken, wo er 1472 geboren wurde.
Im Jahre 1504 trat er in die Dienste des Kurfürsten Friedrich des
Weisen, bei dem, so wie auch bei den Kurfürsten Johann dem Beständigen
und Johann Friedrich dem Grossmütigen er in grosser Gunst stand und
zu denen er treu hielt. Nach Wittenberg übergesiedelt, kaufte er 1520
dort eine Apotheke, trieb auch Buch- und Papierhandel, beteiligte sich
bei einer Buchdruckerei und lieferte, unterstützt von zahlreichen
Gehülfen, eine Unzahl von Bildern, die zwar geschätzt wurden, aber
doch keinen Vergleich mit denen Dürers und Holbeins vertragen. Durch
Zeichenfeder wie durch Pinsel kann er als ein tüchtiger Mitarbeiter
an dem Reformationswerk gelten, nicht nur, dass er die Bildnisse der
Reformatoren allgemein verbreitete, sondern er trug auch durch seine
satirischen Bilder dazu bei, einerseits das Papsttum blosszustellen,
andererseits die Religiosität zu fördern. Unter seinen Mitbürgern war
er sehr angesehen und er bekleidete das Amt eines Bürgermeisters. Mit
dem Kurfürsten Johann Friedrich ging er nach Weimar, wo er im Oktober
1553 starb.

  [7] □Chr. Schuchardt□, Lucas Cranach des älteren Leben und
      Werke. 2 Bde. Leipzig 1851. -- □Jos. Heller□, Lucas
      Cranachs Leben und Werke. Nürnberg 1854.

Von beglaubigten Kupferstichen Cranachs giebt es kaum ein Dutzend;
von Holzschnitten jedoch über 500, teils Einzel-Blätter, teils Suiten.
Unter letzteren erwähnen wir: „Die Leiden Christi“ 14 Blatt; die 1509
als _Passio Jesu Christi_ erschienen, und später vielfach benutzt
wurden; „Christus und die Apostel“, 14 Blatt; „Die Marter der Apostel“,
12 Blatt; „Passional Christi und Antichristi“, 26 Blatt, wovon 13 je
eine Scene aus dem Leben Christi, diesen gegenüber 13 je eine aus
dem Leben eines Papstes vorstellen; „Das Papsttum“, 10 Blatt, dann
„Das Wittenberger Heiligtumsbuch“, 119 Blatt, mit Abbildungen und
Beschreibungen kostbarer Gefässe etc.

                                                           Hans Baldung.

In Strassburg lebte □Hans Baldung□, genannt □Grün□, wenige Jahre
nach Dürer (1475) in Schwäb. Gmünd geboren. 1509 liess er sich in
Strassburg nieder. Als Maler ist er namentlich durch sein Altarbild
in dem Freiburger Münster bekannt (1510-1526). Nach seiner Rückkehr
nach Strassburg widmete er sich besonders dem Holzschnitt und lieferte
auch schöne Blätter in Clair-obscur_-Manier. Grossartig sind seine
Apostel-Figuren aus den Jahren 1518-19. Man kennt etwa 150 Blätter von
seiner Hand. Ein wahres Kleinod für die deutsche Kunstgeschichte ist
sein Skizzenbuch, welches in Karlsruhe aufbewahrt wird. Er starb im
Jahre 1545.

                                                            Urse Graf.
                                                         Tobias Stimmer.

Ein besonderer Glücksstern ruhte über Basel. Hier wirkte zuerst
□Urse Graf□ (geb. 1470, gest. 1530), von dessen Zeichnungen manche
nicht hinter denen Dürers und Burgkmairs stehen (Leben Christi in
24 Bl.); dann □Tobias Stimmer□ (geb. zu Schaffhausen 1534), dessen
„Newe künstliche Figuren biblischer Historien“ (1576) Rubens als eine
Schatzkammer der Kunst bezeichnete. Stimmer starb um das Jahr 1590.

Basels grösster Stolz ist jedoch □Hans Holbein der jüngere□ dessen
Vater Hans, ein Maler von Verdienst, aus Augsburg stammend, um das Jahr
1495, in welchem der Sohn geboren wurde, nach Basel zog.

                                                      Hans Holbein d. j.

Die erste bedeutendere Holzschnitt-Arbeit Holbeins ist „Mucius
Scävola und Porsenna“. Das Werk des englischen Kanzlers Thomas Morus,
‚_Utopia_ʻ, welches bei Joh. Froben in Basel erschien, war Veranlassung
für Holbein, mit Erasmus in Berührung zu kommen, der ihn dem Kanzler
empfahl, durch dessen Vermittelung er als Hofmaler Heinrichs □viii.□
in das Schloss Whitehall zog, wo er seine unvergleichlichen Bildnisse
malte und zeichnete und 1543 starb. Basel besuchte er in den Jahren
1529 und 1539[8].

  [8] □Alfr. Woltmann□, Hans Holbein und seine Zeit. 2. Aufl.
      Leipzig 1876. -- □Ambr. Firmin Didot□, _Essai sur
      l'histoire de la gravure sur bois_. Paris 1853.

Holbein lieferte, abgesehen von seinen Alphabeten, über 300
Zeichnungen für den Holzschnitt, darunter Randverzierungen,
Titelblätter, Buchdruckerzeichen u. dgl. Seine drei in der Geschichte
der Holzschneidekunst unübertroffen dastehenden Werke sind: „Das
lateinische Totentanzalphabet“, „Der Totentanz“ und „Die Bilder zur
Bibel“.

                                                          Das Totentanz-
                                                             Alphabet.

„Das Totentanzalphabet.“ Auf Blättern von nur 24 Millimeter in Quadrat
hat es Holbein verstanden in Verbindung mit Initialen Gruppen zu
komponieren, von welchen jede eine Scene darstellt, wie der Tod den
Menschen in jedem Alter und in jeder Lebensstellung erfasst. Die
Zartheit des Stiches, die Reinheit der Linien veranlassten Kenner,
hierin eher Hochschnitte in Kupfer als Holzschnitte zu suchen. Die 24
Vignetten, auf ein Blatt gedruckt, sind nur in ganz wenigen Exemplaren
vorhanden; auf zwei davon wird Hans Lützelburger als der Formschneider
angegeben. Was aus den Originalen geworden, weiss niemand, kopiert sind
sie vielmals. Loedel in Göttingen hat sie vortrefflich nach dem schönen
Exemplar in Dresden gestochen.

                                                          Der Totentanz.

„Der Totentanz.“ Noch berühmter ist der Totentanz, der in dreizehn
Ausgaben existiert. Früher hielt man dafür, dass die erste gedruckte
Ausgabe von den Originalstöcken, welche eine Höhe von nur 6 ctm. 5
mm. und eine Breite von 5 ctm. haben, in Lyon erschienen sei, neuere
Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass wenigstens die zwei ersten
Ausgaben aus Basel stammen und dass wahrscheinlich erst die vierte aus
der Offizin der Gebr. Trechsel in Lyon herrührte. Dass die Schnitte
in Basel hergestellt wurden, dürfte ebenfalls zweifellos sein; in
Lyon waren damals keine, dieser Aufgabe gewachsenen Holzschneider.
Man schreibt sie dem, mit dem Namen Holbein so eng verknüpften
Formenschneider □Hans Lützelburger□, genannt □Franck□, zu. Die □iv.□
bis □xi.□ Ausgabe wurde in Lyon; die □xii.□ in Basel; die □xiii.□
wieder in Lyon gedruckt. Die □viii.□ Ausgabe und die folgenden haben
statt 41 Blätter deren 53. In dem Hin- und Herwandern der Holzschnitte
liegt nichts befremdendes; ein solches fand öfters statt.

Die Engländer haben behauptet, dass die Originale für die Holzschnitte
des Totentanzes Gemälde im Schlosse Whitehall, welches 1697 in Flammen
aufging, gewesen seien. Die mit der Feder ausgeführten, und durch
leichtes Aufsetzen von braunen Tinten gehobenen Originalzeichnungen
befinden sich jetzt, nach verschiedenen Schicksalen, in dem
kaiserlichen Kabinet in St. Petersburg. Das Werk ist vielfach kopiert,
in Holzschnitt hat man 48, in Kupferstich 43 Ausgaben. Die von dem
bekannten englischen Kupferstecher Hollar in London 1647 gelieferten
Stiche sind nach den, damals in Besitz des Lord Arundel befindlichen
Originalen gemacht.

Holbein erzielt in diesem Werke, dessen Gedankentiefe, Kraft
und Naivetät man nicht genug bewundern kann, mit den einfachsten
Mitteln die grösste Wirkung. Er schafft keine Schwierigkeit für den
Holzschneider, die Schatten deutet er nur schwach an.

                                                         _Icones veteris
                                                            testamenti._

Die _Icones Veteris Testamenti_ halten sich in demselben einfachen
Stil. Der Ausdruck ist kräftig und naiv; eine Eigentümlichkeit sind die
etwas kurzen Figuren. Die erste Ausgabe erschien 1538 bei Trechsel in
Lyon. Sie enthält 92 Blätter. Schon 1539 folgte die zweite. Die dritte
Ausgabe druckten die Gebr. Frellon, welche überhaupt fünf Ausgaben
lieferten, nachdem sie die Druckerei von Trechsel erworben hatten.

Wer die Platten geschnitten hat, ist unbekannt geblieben; dass Hans
Lützelburger allein eine so bedeutende Arbeit hätte ausführen können,
ist nicht anzunehmen. Angesehene Kenner haben vermutet, dass die
Schnitte in Paris besorgt sind.

Im Jahre 1830 haben zwei geschickte englische Holzschneider, John und
Mary Blyfield, sowohl diese Zeichnungen, als auch den Totentanz so
getreu nachgebildet, dass sie kaum von den Originalen zu unterscheiden
sind. In demselben Jahre, wo das Original Holbeins in Lyon erschien,
liess Pierre Regnault in Paris eine, jedoch schwache Nachahmung
erscheinen.

                                                         Höchste Stufe
                                                       d. Holzschnittes.

Mit den Arbeiten Holbeins hatte die Holzschneidekunst ihren Höhepunkt
erreicht. Trotz aller Fortschritte in der Technik, die heute spielend
alle Schwierigkeiten überwindet, giebt es nichts, was den, mit so
einfachen Mitteln und bei so kleinen Dimensionen erreichten Effekt
dieser Kunstwerke übertrifft. Die Vortrefflichkeit der Ausführung
hat Sachkundige veranlasst, in dem Holzschneider den Künstler selbst
erkennen zu wollen. Überhaupt ist die Frage öfters aufgeworfen: „Waren
in der ersten Periode des Holzschnittes Zeichner und Holzschneider
dieselbe Person?“, eine Frage, die unterschiedliche Beantwortung
gefunden hat.

                                                        Ueber die eigen-
                                                         händigen Holz-
                                                            schnitte.

Es mag wohl unzweifelhaft sein, dass die Künstler damaliger Zeit, wo
Kunst und Gewerbe einander weit näher standen, als heutzutage, die
Technik des Holzschnittes innegehabt und öfters selbst die Xylographie
geübt, namentlich die Teile eines Bildes geschnitten haben, die
besondere Sorgfalt erforderten. Ebenso unzweifelhaft ist es aber wohl
auch, dass dies eine Ausnahme war, und dass die Zeichner sich in der
Regel des Formenschneiders bedienten, um die langwierige Arbeit des
Schnittes auszuführen.

Es bleibt so gut für diese Periode, wie für unsere Zeit anzunehmen,
dass zwei Künstler bei der Arbeit zusammenwirkten: der eigentlich
Erfindende, der die Komposition entwarf und aufs Holz zeichnete (riss)
-- eine Arbeit, die aber in manchen Fällen auch von einem zweiten
Künstler besorgt wurde --, und der Holzschneider, der selbst und durch
seine Gehülfen den Schnitt ausführte.

Das Monogramm Holbeins oder Dürers auf einem Holzschnitt beweist
ebensowenig, dass er den Schnitt ausgeführt hat, als heutzutage das
Horace Vernets oder Adolph Menzels uns glauben lässt, dass diese in
Holz geschnitten haben. Dass der Holzschneider nicht seinen Namen
beigefügt hat, liegt einfach darin, dass er damals noch nicht den
Anspruch machte, als selbständiger Künstler zu gelten. Die Aufgabe des
Holzschneiders war nur, die Zeichnung auf das genaueste wiederzugeben;
je sklavischer er hierin arbeitete, je weniger er Anspruch auf
Selbständigkeit machte, ein um so besserer Holzschneider war er.
Abgesehen von den eigenen Äusserungen Dürers, woraus hervorgeht, dass
er sich wenigstens hauptsächlich nur mit der Zeichnung beschäftigt
hat, beweist die grosse Zahl von Holzschnitten von ihm, sowie die
Verschiedenheit in der Ausführung, dass sie nicht Arbeiten eines
einzigen Mannes sein können; und so wird es wohl auch mit den Arbeiten
mancher anderer Künstler der Fall sein.

       *       *       *       *       *

                                                            Die Drucker-
                                                              zeichen.

Über eine besondere Art der Illustration, welche sowohl in
Deutschland, wie in anderen Ländern allgemein üblich wurde, die
„□Druckerzeichen□“[9] mögen hier einige Worte Platz finden.

  [9] □Frid. Roth-Scholtz□, _Insignia bibliopolarum et
      typographorum_. Nürnberg 1728. -- □C. L. Silvestre□,
      _Marques typographiques_. Paris 1853. □Reiffenberg□,
      _Marques et devises_. Brüssel 1874. -- □J. Ph. Berjeau□,
      _Early Dutch German and English Printers Marks_. London
      1866. -- □Jessie E. Ringwalt□ in dem Amerikanischen
      _Printers Circular_. 1873.

Schon in der frühesten Periode machten die Buchdrucker Gebrauch von
Wappenschildern, Sinnbildern und Wahlsprüchen, die so zu sagen die
Stelle eines Fabrikzeichens einnahmen und sowohl ein Ursprungs-Zeugnis
als auch ein Eigentumszeichen bildeten. Bereits Fust und Schöffer
bedienten sich eines solchen; dass jedoch der zweite Zweck des
Druckerzeichens nicht immer erfüllt wurde, beweisen schon die Klagen
des Aldus, dass die Nachdrucker in Lyon nicht allein seine Bücher
nachdruckten, sondern auch sein Zeichen, den weltberühmten Anker von
einem Delphin umschlungen, nachmachten, so dass jedermann glauben
müsse, er sende solche fehlerhafte Drucke in die Welt.

Mit dem zunehmenden Geschmack an Verzierungen wurde immer mehr
Phantasie und Geschick auf Erfindung und Ausführung der Druckerzeichen
verwendet. Die Familie der Elzevire wählte den vieltragenden Ölbaum,
welchen die griechische Mythe als das segensreiche Geschenk der
weisen Göttin Minerva an die Menschheit bezeichnete. Die Stephane
nahmen ebenfalls einen Baum, welchem der fromme und gelehrte Heinrich
Stephanus eine Apostelfigur beigab, die mit einem Fingerzeig auf die
herabgefallenen gebrochenen Zweige und auf den Ausspruch des Apostel
Paulus: _Noli altum sapere, sed time_ (Strebe nicht zu hoch, sondern
sei besorgt) warnend hinweist.

                                                            Die Drucker-
                                                              zeichen.

Plantin kennzeichnete den Geist, der seine Arbeiten leitete, durch
eine Hand und einen Zirkel mit dem Motto _Labore et constantia_
(durch Arbeit und Beständigkeit). Froben führte einen, von Schlangen
umwundenen Stab, auf welchem eine Taube sitzt, was Erasmus zu dem
Ausspruch veranlasste, dass der gelehrte Drucker in Wahrheit die
Schlangenklugheit mit der Taubeneinfalt vereinige. Die Familie Marnef
wählte den Pelikan, wie er sich die Brust zerfleischt, um seine Jungen
zu nähren.

Künstlerisch ist das Zeichen des Oporin: der auf dem schwimmenden
Delphin sich wiegende Arion, der von den Winden getragen zu werden
scheint, ebenfalls bemerkenswert der Saturn des Colinäus, sowie
das schöne Sinnbild der Gioleti mit dem grossen, keck in die Sonne
schauenden Adler und dem Motto _semper eadem_. Voller Kraft und Grazie
ist auch der Greif der Familie Gryphius und der prächtige Pegasus, auf
dem die Wechel ihrem Ruhme entgegeneilten. Würdig obigen beigesellt zu
werden ist das merkwürdige Symbol des Hieron. Scott: eine weibliche
Figur auf einer Erdkugel, welche dem leisesten Druck der Zügel zu
gehorchen scheint, die sie in ihrer Hand hält. Prosaischer war die
Herleitung des Druckerzeichens von dem Zeichen des Wohnhauses wo
gedruckt wurde.

Manchmal hatten die Insignia eine bedeutende Grösse. Riesenhaft ist der
wilde Löwe des Mylius von Strassburg, ebenso wie die drei reissenden
Bestien Brylingers, während Couteaus kolossaler Löwe friedlich auf
einem Schild von Blumen ruht.

Besonders beliebt waren die rebus-ähnlichen Wortspiele. Das Wappen
Baumanns in Breslau zeigt ein unfertiges Haus mit dem Baumeister davor.
Apiarius (Bienenzüchter) in Ingolstadt sendet einen Bären baumaufwärts
trotz des diesen umgebenden Bienenschwarmes. Froschauer in Zürich mag
für seinen schlechten Rebus einige Entschuldigung in dem Humor finden,
mit welchem sein Junge den riesenhaften Frosch reitet oder letzterer
auf den Baum klettert. Für Granjon lag das Wortspiel fertig in der
grossen Binse (_grand jonc_). Das Schiff (Galliote) des Galliot du
Pré fährt unter vollen Segeln dahin. Der wuchtige Elephant Regnaults
gewinnt sehr in den Händen seiner Witwe durch den pikanten Zusatz, dass
sie das Elephantentum fortsetzen werde: _Sicut Elephas sto!_

                                                     Die Druckerzeichen.

Namentlich die englischen Buchdrucker gefielen sich in den, oftmals bis
an die Grenze des Erlaubten getriebenen Wortspielen. William Middleton
stellte sein W. M. mitten auf eine Tonne. William Griffith sendet uns
einen Greif mit einer Bartnelke (_Sweet William_) in dem Schnabel.
Thomas Woodcock (Holzhahn) setzte einen Hahn auf einen Scheiterhaufen
mit der Umschrift _Cantabo Jehovae, quia beneficit_ (ich will dem
gnadenreichen Gott lobsingen). Thomas Pavier führte als Zeichen einen
arbeitenden Pflastersetzer (_pavier_) mit dem Motto: _Thou shalt
labour, till thou return to dust_ (du sollst arbeiten, bis du wieder
zu Staube wirst). Reynard Wolf lässt seine Namensvettern, Fuchs und
Wolf, Schildhalterdienste bei ihm verrichten. Das Zeichen John Days
(Tag) zeigt eine von der aufgehenden Sonne beleuchtete Landschaft; im
Vordergrunde ein Schlafender, den ein Engel weckt, mit dem Ausspruch:
_Arise! for it is Day_ (Steh auf, denn der Tag ist da).

Gewisse einfache und sehr leicht verständliche Embleme scheinen als ein
Gemeingut der Drucker aller Länder gegolten zu haben, so gebrauchten
Oeglin, Notary, Martens, Thanner und Weissemburger die Erdkugel;
die Druckerpresse wurde benutzt von Ascensius, Vascosan, Roigny,
Schilders, de Preux, Hanns Lufft u. s. w., Kreuz, Stern und Anker
wurden in allen erdenklichen Zusammenstellungen verwendet, die Zeit
zeigt sich in allerlei Gestalten, die Schlange windet sich durch eine
Menge von Druckerzeichen, ja selbst in der Benutzung der Kohlköpfe
findet Rivalität statt. Die oft vorkommende Axt, welche einen Holzblock
spaltet, erhielt eine schreckliche Vorbedeutung in dem Zeichen des
grausam hingeopferten Etienne Dolets.

Als nach und nach die Buchdrucker aufhörten, zugleich die tonangebenden
Verleger zu sein, und Lohndrucker der Buchhändler wurden, mussten
sie den Verlegern den Platz räumen und bescheiden in den Hintergrund
treten. Die Verleger nahmen nun ihrerseits vielfach Embleme an, in
der Regel jedoch allgemeiner Natur, z. B. eine brennende Lampe, ein
aufgeschlagenes Buch, eine Presse im Strahlenkranze, einen Greif oder
einen Schild mit den Anfangsbuchstaben der Firma u. s. w.



[Illustration:Kapitelanfang]

VII. KAPITEL.

DIE TYPOGRAPHIE IN DEUTSCHLAND UND IN DEN SKANDINAVISCHEN LÄNDERN.

 □Nürnberg□: Der Theuerdank. Die deutschen Schriften. □Augsburg□:
   Hans Schönsperger d. ä. □Frankfurt am Main□: Chr. Egenolff,
   Sigism. Feyerabend, die Merians. □Mainz□: Die Nachfolger Schöffers.
   □Tübingen□: Der slawische Druck. Cotta. □Strassburg□: Illustrierter
   Druck. □Basel□: Joh. Froben, die Familie Petri, Joh. Oporinus.
   □Zürich□: Chr. Froschauer. □St. Gallen□: Leon. Straub. □Wien□: Johan
   Sigriener, Hans Kohl, Joh. v. Gehlen. □Leipzig□: Melch. Lotter,
   Valentin Bapst. Gute und schwere Zeiten. □Wittenberg.□ □Der Norden.□
   □Berlin.□

 DIE SKANDINAVISCHEN LÄNDER. □Dänemark□, □Norwegen□ und □Island□,
   □Schweden□ und □Finnland□.


DER Ruhm, die Arbeiten der in dem vorigen Kapitel erwähnten Künstler
durch den Druck verbreitet zu haben, gehört vor allen Nürnberg, dann
Augsburg, Frankfurt am Main, Strassburg, Basel; doch auch manche
Druckstädte des Auslandes, besonders Lyon, trugen dazu bei, den Ruhm
deutscher Künstler im Ausland weiter zu verbreiten.

                                                               Nürnberg.

                                                         Der Theuerdank.

Dass NÜRNBERGS Pressen den grössten Anteil an den von Maximilian I.
veranlassten Werken haben mussten, geht als natürliche Folge aus
dem oben mitgeteilten hervor. Typographisch das interessanteste
Druckerzeugnis bleibt: „Die Geheuerlichkeiten und eins teils der
geschichten des löblichen streytparen und hochberühmten Helds und
Ritters Tewrdanckhs“. Der Text ist eine recht schale Poesie des
Probstes Melchior Pfinzing zu St. Sebald in Nürnberg, und, wie
alle durch Maximilian hervorgerufenen Werke, auf dessen alleinige
Verherrlichung abgesehen. Das Buch schildert allegorisch alle
die Abenteuer, die er zu bestehen hatte, bis er in den Besitz der
Herzogin Maria von Burgund gelangte, und ist hauptsächlich nur seiner
artistisch-typographischen Ausstattung wegen berühmt geworden.

Aus der Korrespondenz des Kaisers mit seinem Sekretär Peutinger geht
hervor, wie lebhaft er sich für diese Arbeit interessierte. Er war
eifersüchtig, wenn er glaubte, ein Künstler stelle seine Aufträge
gegen die anderer zurück, und besuchte öfters das Holzschneide-Atelier
des Hieronymus Resch, um sich von dem Vorwärtsschreiten des Werkes
zu überzeugen. Aber das Bezahlen war, wie schon erwähnt wurde, nicht
seine starke Seite. Die Zeichnungen lieferten Schaeuffelein und andere
angesehene Künstler.[1]

  [1] Vergl. S. 116, Absatz: □Hans Schaeuffelein□.

                                                        Theuerdank-Type.

Die „Theuerdanktype“ ist eine ganz eigentümliche und kann als ein
Wendepunkt in der deutschen Schriftschneiderei betrachtet werden, indem
von nun an die gothische Schrift verlassen und die jetzt gebräuchliche
Fraktur ausgebildet wurde. Die Zeichnung zu der Schrift besorgte der
Hofsekretär des Kaisers Maximilian, Vincenz Röckner, und soll er dazu
ein, von dem bekannten Schriftzeichner Joh. Neudörffer hinterlassenes
Manuskript benutzt haben. Wer die Stempel schnitt, lässt sich nicht
bestimmt nachweisen, wahrscheinlich war es Hieronymus Andrae, nach
damaliger Sitte Hieronymus „Formenschneider“ genannt. Es ist um so
eher anzunehmen, dass Andrae die Schrift schnitt, als er sie später
in verschiedenen Grössen ausführte und sie zugleich in der von ihm
eingerichteten Buchdruckerei benutzte, in welcher auch die Bücher
Dürers gedruckt wurden.

Man hat lange darüber gestritten, ob nicht der Theuerdank von
Holztafeln gedruckt sei, jedoch einen unscheinbaren, aber sicheren
Gegenbeweis gefunden, indem in der ersten Ausgabe von 1517, unter
dem vierundachtzigsten Bilde, in der Unterschrift ein umgekehrtes i
vorkommt, ein Beleg, dass auch ein Satzfehler von Wert sein kann.
Die verschiedenen Formen der Versalbuchstaben, sowie die in Holz
geschnittenen angesetzten Züge und vielen Zieraten konnten freilich
leicht zu der Annahme führen, dass auch die eigentümliche Schrift
Holzschnitt sei. Diese Annahme konnte noch durch die Menge der
verschiedenartigsten Ligaturen bestätigt werden; mit solchen war
man jedoch damals äusserst freigebig. Die Theuerdankstype, ohne die
Zieraten, behielt bis in das □xvii.□ Jahrhundert ihre Geltung, sowohl
in Deutschland, wie in Holland, und alle andere deutsche Schriften
bildeten sich nach derselben.

                                                           Die Koberger.

Antonius Kobergers Wirksamkeit lernten wir schon früher kennen. Die
Bedeutung des Geschäftes hörte mit seinem Tode (1513) nicht auf. Der
Sohn □Ant. Koberger□ war damals minderjährig. Der eigentliche Chef
des Hauses scheint □Johannes Koberger□, entweder ein Sohn des älteren
Antonius aus erster Ehe oder ein Neffe desselben, gewesen zu sein;
das Verhältnis ist jedoch nicht ganz klar. Johannes war ein Mann von
grosser Thatkraft und das Geschäft befand sich 1532 in einem blühenden
Zustand; seit dieser Zeit hört man jedoch von demselben nichts mehr.
Antonius starb im J. 1540; Johannes 1543.

Durch die grosse Korrektheit seiner Ausgaben zeichnete sich □Johann
Petreijus□ aus. Das bis in die neueste Zeit bestehende □Endter□sche
Geschäft wurde 1604 gegründet. Aus diesem stammt auch das erste
deutsche typographische Handbuch (1721).

                                                        Schriftgiesserei
                                                          in Nürnberg.

Eine grosse Bedeutung hat Nürnberg für die Schriftgiesserei. Unter
den Schreibmeistern (Modisten), welche die deutsche, besonders die
Kanzlei- und die Fraktur-Schrift, zu Ehren brachten, war □Paul Fischer□
bedeutend. Sein Schüler □Johann Neudörffer d. ä.□ war der erste, der
die deutsche Schrift in die später allgemeine Form brachte. In den
Jahren 1538, 1544 und 1549 gab er seine Anweisungen heraus. Neudörffer
starb 1581. Einen guten Ruf erwarb sich □Pancratius Lobinger□, dessen
Schriften noch um die Mitte des □xviii.□ Jahrhunderts beliebt waren[2].

  [2] Interessant ist in Bezug auf das Typenwesen im
      Mittelalter: □F. Soennecken□, Das deutsche Schriftwesen.
      Bonn 1881.

                                                             Augsburg.
                                                            Hans Schöns-
                                                            perger d. ä.

AUGSBURG zählte den Drucker des Theuerdanks zu seinen Bürgern. Es
war □Hans Schönsperger der ältere□, der von 1481 bis 1523 eine Reihe
ausgezeichneter Druckwerke lieferte. Er stellte jedoch die erste
Auflage nicht in Augsburg her, sondern wurde nach Nürnberg berufen, um
das Werk dort unter den Augen des Verfassers auszuführen. Die zweite
Auflage schreibt sich jedoch aus Augsburg. Von Schönspergers sonstigen
Druckwerken war das _Regimen sanitatis_ das erste, das „Neue Testament“
das letzte. Von seinem gerühmten Verfahren, Gold- und Silberdruck
auszuführen, wissen wir nichts näheres.

                                                           Andere Augs-
                                                         burger Drucker.

Von bedeutenden Augsburger Druckern sind noch zu nennen: □Erhard
Oeglin□ (_Ocellus_), der zuerst in Deutschland hebräische, und
□Hans Müller□, welcher zuerst griechische Bücher lieferte. □Hans
Froschauer□ brachte ein Werk mit musikalischen Noten, die jedoch
nicht Typen, sondern Holzschnitte sind: _Lilium musicae planae_. Auch
Privatpersonen übten die Kunst, z. B. der gelehrte Arzt □Sigmund Grimm□
und der reiche Kaufmann □Marx Würsing□; ja man lernt selbst eine Art
Aktien-Buchdruckerei kennen, die, nach ihrem Signet sogenannte: _Ad
insigne Pinus_, mit welcher eine Schriftgiesserei verbunden war. Aus
dieser Offizin ging eine Reihe von guten Ausgaben der römischen und
griechischen Klassiker hervor. Als Schriftgiesser war □Johann Rainmann□
berühmt, man hat sogar behauptet, dass Aldus Manutius seine ersten
Typen von ihm bezogen habe.

Für den Buchhandel behielt Augsburg lange seine Bedeutung. Hier
erschien auch 1564 der erste Messkatalog.

                                                         Frankfurt a. M.

                                                          Chr. Egenolff.

FRANKFURT A. M., die bedeutende Handels- und Kulturstadt, bekam,
wenn man von einem zweifelhaften Hanns Petersheim absieht, erst
1531 eine Buchdruckerei durch □Christian Egenolff□[3] aus Hadamar im
Westerwalde (geb. am 26. Juli 1502). Er war ein feingebildeter Mann,
der in lebhafter Korrespondenz mit Melanchthon und anderen Gelehrten
stand. Seine Drucke (1531 bis 1555), namentlich die lateinischen
Ausgaben und seine deutsche Bibel, sind sehr sorgfältig ausgeführt.
Auch seine Schriftgiesserei war berühmt, und er lieferte Schriften
für einen grossen Teil der deutschen Offizinen, wie überhaupt die
Schriftgiesserei und die Stempelschneiderei damals und bis auf den
heutigen Tag in Frankfurt blühten. Von seinem Schwiegersohne □Sabon□
stammt der, dessen Namen tragende Schriftkegel.

  [3] □Dr. H. Grotefend□, Chr. Egenolff, der erste ständige
      Buchdrucker zu Frankfurt a. M. Frankfurt 1881.

                                                          Sigism. Feyer-
                                                              abend.

Als berühmter Buchdrucker, Holzschneider und Buchhändler glänzt
□Sigismund Feyerabend□ (geb. um 1527; gest. um 1590). Er entwickelte
eine grossartige Thätigkeit, besonders in der Herausgabe illustrierter
Werke, wobei er namentlich von den Künstlern Virgil Solis und Jost
Amann unterstützt wurde. Manche seiner grossen Verlagsunternehmungen
setzte er in Gemeinschaft mit Simon Hütter, Johann Feyerabend, Weigand
Hahn und Georg Rabe ins Werk. Die Holzschnitte fertigte er zum Teil
selbst. Als Korrektor und litterarischer Berater stand ihm Franz Modius
zur Seite, wofür dieser einen Jahresgehalt von 200 Kronenthalern bezog.
Feyerabend und seine gleichnamigen Verwandten druckten wenigstens
sieben Ausgaben der Bibel und fünf der biblischen Bilder in Folio, neun
Ausgaben der Bibel in kleinerem Format; eine Passion; Cäsar, Livius,
Josephus, Plutarch, alle in Folio; Werke über Krieg, Sport, Ackerbau;
Chroniken; Kochbücher, sämtlich mit zahlreichen Holzschnitten.

                                                             Die Merian.

Eine grosse Einwirkung auf die Frankfurter Bücherproduktion übten
die Merian, Vater und Sohn. □Matthias Merian□ der Vater (geb. 1593
zu Basel, gest. 1651 zu Schwalbach), genoss schon im 20. Jahr den Ruf
eines tüchtigen Kupferstechers. Er wirkte einige Zeit in Frankfurt bei
seinem Schwiegervater, dem Kupferstecher und Buchhändler Theod. de Bry,
und ging dann nach Basel, wo er zuerst einzelne Stadtpläne herausgab.
Auf den Wunsch de Brys kehrte er 1623 nach Frankfurt zurück, wo er sich
als Künstler und Buchhändler den besten Ruf erwarb und eine ganz enorme
Thätigkeit entwickelte. Sein Sohn □Matthias Merian d. j.□ (geb. 1621
zu Basel, gest. 1687) war fast noch berühmter als sein Vater und setzte
die Unternehmungen desselben fort, wobei sein Schwager Thomas Götz und
sein Bruder Kaspar ihn unterstützten[4].

  [4] □Ed. Heyden□, Gallerie berühmter Frankfurter. 1861.

                                                            And. Wechel.

Einen ausserordentlichen Ruf erwarb sich □Andreas Wechel□, Sohn des
berühmten Pariser Buchdruckers Christ. Wechel. Wie der Vater zeichnete
sich auch der Sohn durch die Sorgfalt für die Korrektheit seiner
Druckwerke aus. Die Druckerei wurde nach Wechels Tod unter Beibehaltung
der Firma von Wechels Schwiegersöhnen Claude Morny und Jean Aubry im
gleichen Geiste fortgesetzt.

                                                           Joh. Andreae.

Die von □Johann Andreae□ 1667 gegründete Buchdruckerei und
Schriftgiesserei nimmt bis auf die neueste Zeit eine höchst ehrenvolle
Stelle ein.

Weder Mainz, noch Köln, die in der ersten Zeit eine so hervorragende
Rolle spielten, behaupteten in dieser späteren Periode ihren früheren
Rang.

                                                                  Mainz.

                                                       Familie Schöffer.

In MAINZ ging, wie bereits erwähnt, die neue Gutenbergische
Buchdruckerei 1508 auf □Friedrich Hewmann□ aus Nürnberg über. Schöffer
hatte zwei Söhne, Johann und Peter. □Peter Schöffer der jüngere□[5]
druckte von 1513-1520 nur vier kleinere Schriften, sodass fast
anzunehmen ist, er habe in Mainz keine Druckerei selbst besessen und
die wenigen Schriften in der Offizin seines Bruders gedruckt. Seine
Verhältnisse scheinen nicht gut gewesen zu sein. 1518 soll er nach
Worms gezogen sein, wahrscheinlich ist es jedoch erst im Jahre 1528
gewesen. Dort druckte er bis 1529, dann in Strassburg, schliesslich von
1541-1542 in Venedig. Sein Todesjahr ist nicht bekannt, mutmaasslich
liegt es nicht weit von 1542 ab. Sein Sohn □Ivo□ blieb bei dem Onkel
Johann in Mainz.

  [5] □H. Helbig□, _Notice sur P. Schœffer le fils_. Gent 1848.

□Johann Schöffer□, der ältere Sohn Peters, ward einer der angesehensten
Bürger von Mainz und hat während seines Wirkens (1502-1531) eine Menge
tüchtiger Werke gedruckt, unter anderen eine Übersetzung des Livius
mit Holzschnitten. In der Dedikation zu diesem Werk giebt er unumwunden
Gutenberg die Ehre der Erfindung, während er bei anderen Gelegenheiten
diese seinem Grossvater Fust zu vindizieren versucht hatte. In den
Jahren 1519-1523 erschienen bei ihm mehrere Werke von Ulrich von Hutten
und Erasmus. Er starb 1531 und hinterliess vier Töchter. In der Leitung
des Geschäfts folgte ihm sein Neffe □Ivo□, der im Jahre 1552 kinderlos
starb, gerade ein Jahrhundert, nachdem sein Grossvater mit Hand an
das grosse Werk gelegt hatte. Die Druckerei ging in den Besitz von
□Balthasar Lips□ über, und wurde aus dem Hofe „Zum Humbrecht“ verlegt.

□Johann Schöffer ii□, der Sohn des obengenannten, etablierte sich
später in Herzogenbusch, wo seine Nachkommen das Geschäft bis 1796
fortführten, zu welcher Zeit die Familie mit einem □Jakob Schöffer□
ausstarb.

                                                               Tübingen.

                                                              Slawischer
                                                                Druck.

Einen guten Namen hat sich TÜBINGEN, seit 1477 Universitätstadt,
erworben. Eingeführt wurde die Kunst durch □Johannes Ottmar□ 1498.
Eine interessante Episode bildet um die Mitte des □xvi.□ Jahrh. der
slawische Bücherdruck in Tübingen und Urach[6]. Der Primus Truber,
1531 Domherr in Laibach, war der Lehre Luthers ergeben. Um drohenden
Verfolgungen zu entgehen, griff er zur Flucht und erhielt eine
Predigerstelle in Rotenburg a. d. Tauber, später in Kempten. Sein
sehnlichster Wunsch war, seinen wendischen Landsleuten die Bibel in
ihrer Sprache schaffen zu können. Nach vielen Schwierigkeiten brachte
er einen Katechismus zustande, stiess aber auf Zensurhindernisse
in Neuenburg und Schwäb. Hall und musste den Druck (1550) heimlich
in Tübingen veranstalten. Auf Veranlassung des Bischofs Paulus
Vergerius, welcher, der Religion wegen geflüchtet, sich in Graubündten
aufhielt, übersetzte er das Evangelium Matthäi. Den Druck übernahm
die □Morhard□sche Buchdruckerei in Tübingen auf Kosten des Herzogs
Christoph von Württemberg. Später wurde jedoch eine Presse nach
Reutlingen verlegt. Das erste Evangelium in wendischer Sprache erschien
1555; im Herbst 1557 war der ganze erste Teil des Neuen Testaments
vollendet, 1560 der zweite.

  [6] □C. F. Schurrer□, Slavischer Bücherdruck in Würtemberg
      im □xvi.□ Jahrh. Tübingen 1799. -- □H. C. W. Sillem□,
      _Primus Truber_. Erlangen 1861.

Ein Hauptförderer des slawischen Drucks war Hans Ungnad, Freiherr von
Sonnegg. Er schickte den Priester Stephan Consul, der schon Truber
behülflich gewesen war, im Jahre 1560 nach Nürnberg, um bei dem
Stempelschneider Joh. Hartwach und bei dem Schriftgiesser Simon Auer
glagolitische Schriften (vgl. S. 76) nach seiner Anweisung fertigen
zu lassen. Später liess er die beiden Genannten nach Urach, wo Truber
Pastor geworden war, kommen (1561), um unter dessen und des nach
Urach berufenen Anton Dolmatas Aufsicht cyrillische Schriften zu
schneiden, überhaupt eine Druckerei einzurichten, die unter Steph.
Consuls Leitung stehen sollte. Auch andere Gelehrte aus Serbien
und Bosnien wurden berufen. Waren Typen für die slawischen Sprachen
nicht in genügender Menge vorhanden, so wurde auch in italienischer
Sprache gedruckt. Nach Ungnads Tod (1564) geriet die Druckerei ins
Stocken, die Typen wanderten, nach der Schlacht bei Nördlingen von den
Kaiserlichen gefunden, als Geschenk Kaiser Ferdinands □iii.□ nach Rom
in die Druckerei der Propaganda. Tübingen brachte auch 1522 den ersten
hebräischen Druck, die durch Reuchlin herausgegebenen Buss-Psalmen.

                                                          Familie Cotta.

Hier stand auch die geschäftliche Wiege des weltberühmten Cottaschen
Etablissements. Die Familie □Cotta□ war eine der ältesten und reichsten
Adelsfamilien der Lombardei und behauptet, ihre Ahnen bis in die
römische Konsularzeit verfolgen zu können. Durch ihre Parteinahme
gegen Franz Sforza ging sie ihrer Güter verlustig und wanderte nach
Deutschland aus. Bonaventura Cotta, der Stammvater des im Buchhandel
und Buchdruck berühmten Zweiges der Familie, liess sich in Sachsen
nieder. Durch die Verhältnisse darauf angewiesen lernte □Joh. Georg
Cotta□ den Buchhandel bei Zimmermann in Wittenberg, ging 1640 nach
Tübingen und erwarb durch Heirat das frühere Brunnsche Geschäft. Der
Glanz des Hauses gehört der nächsten Periode.

                                                             Heidelberg.

Nach HEIDELBERG, das durch seine Bibliothek in Ruf stand, war der
berühmte □Hieronymus Commelinus□ (1587-1597) gekommen. Seine Ausgaben
griechischer und römischer Schriftsteller, unter welchen Athanasius
und Chrysostomus besonders geschätzt werden, sind so angesehen wie die
Drucke der Stephane und der Aldi. Die Offizin wurde nach Commelinus'
Tod von □Judas Bonnutius□ fortgesetzt. In Heidelberg druckte auch
□Ernst Vögelin□, der Leipzig auf Grund seiner krypto-calvinistischen
Schriften hatte verlassen müssen. Das Vorzüglichste in Bezug
auf typographische Ausstattung dürften wohl die römischen
Geschichtschreiber von □Haurisius□ sein.

                                                             Strassburg.

STRASSBURG zeichnet sich in zweifacher Beziehung aus, erstens durch
eine grosse Zahl von bedeutenden illustrierten Werken, dann durch
die lebhafte Beteiligung der Humanisten bei seiner litterarischen
Produktion. Die Stadt hatte seit 1459 ihre Universität und das
benachbarte Schlettstadt war der Sitz einer gelehrten Schule, wo der
Humanismus besondere Pflege fand. Namentlich waren es Jakob Wimpfeling,
Johann Geiler von Kaisersberg und vor allen Sebastian Brant, welche zum
Schluss des □xv.□ und zum Beginn des □xvi.□ Jahrhunderts einen grossen
Einfluss übten.

                                                         Joh. Grüninger.

Was die bildende Kunst betrifft, so besass Strassburg schon im
□xv.□ Jahrh. nicht allein den bedeutendsten Kupferstecher □Martin
Schongauer□, sondern war auch im Holzschnitt sehr produktiv. Kein
deutsches Buch damaliger Zeit hatte einen so durchgreifenden Erfolg
gehabt wie Seb. Brants zuerst in Basel (vergl. S. 44) erschienenes
„Narrenschiff“, zu welchem er, nach Behauptung Einiger, selbst
Zeichnungen, sogar Holzschnitte geliefert haben soll. Wenn dies auch
nicht der Fall gewesen wäre, so beweist wenigstens dieses Werk und die
Beteiligung Brants bei verschiedenen der bedeutenden Unternehmungen
des □Johann Reinhard□, genannt □Grüninger□ (1483-1528), welch grosses
Gewicht dieser merkwürdige Mann und Schriftsteller auf die Verbindung
von Text und Illustration legte.

Die Hauptwerke Grüningers sind der „Horaz“ in 4°, aus d. J. 1489; der
„Terenz“ in Folio, von 1496; besonders aber der „Virgil“ in Folio,
von 1492, mit über 200 „sorgfältig ausgeführten, durch Seb. Brant
beigefügten Figuren und Bildern“, von welchen etwa 40 die Grösse von
zweidrittel, 170 von einer halben Folioseite haben. Einen sonderbaren
Eindruck machen die Helden und Götter in dem Kostüm des □xvi.□ Jahrh.
Eine in Lyon gedruckte Ausgabe bringt, ohne Wissen Seb. Brants, ausser
den Holzschnitten der Strassburger eine Anzahl von weniger zarter
Natur, die er in der letzteren unterdrückt hatte. Es ist dieses Buch
nächst dem Theuerdank eins der interessantesten illustrierten Werke
des □xvi.□ Jahrh. Kunstkenner haben behauptet, die Schnitte seien
Metallhochschnitte, sie sind aber die Beweise dafür schuldig geblieben.

Ein merkwürdiges Buch ist die von Grüninger gedruckte _Logica
memorativa_, ein Lehrbuch der Logik des Thomas Murner in Krakau in
Form von Spielkarten. Die erste Auflage war in Krakau erschienen;
der Verfasser erlitt als Zauberer den Flammentod. Auch zwei
grosse illustrierte Ritterromane erschienen bei Grüninger, die
wahrhaftige Historie von Hug Schapler, einem Fleischersohn, der
die Krone Frankreichs errang (als Hugo Capet) und die Geschichte
einer französischen Königstochter, die nach vielem Unglück Königin
von England wurde. 1503 erschien bei ihm: _Hortulus animæ_ mit 57
Holzschnitten von Hans Springinklee und Erhard Schön.

                                                         Joh. Knoblauch.

□Johann Knoblauch□ brachte 1508 eine „Passion“ mit 25 Blatt von Urse
Graff, ferner Geiler von Kaisersbergs „Granatapfel“, von Hans Baldung
illustriert.

                                                              Bedeutende
                                                                Drucker.

Ausser den Genannten druckten noch □Joh. Scott□, □Wendelin Richel□,
□Reichart Beck□, □Bernh. Jobin□ u. a. viele illustrierte Ausgaben.
Besonders nennenswert sind Jobins: _Icones illustrium virorum,
recensente Nic. Reusnero_, 1587, mit Zeichnungen von Tob. Stimmer.
Zu HAGENAU waren □Heinr. Grau□ und □Theodor Anselm□ unternehmende
Verleger, die mit auswärtigen Künstlern von Rang, z. B. mit Hans
Schaeuffelein, in Verbindung standen. Ein Elsasser Formenschneider,
□Jakob von Strassburg□, gab 1503 in Venedig den „Triumphzug Cäsars“ in
12 Folioblättern heraus.

                                                          Peter Pilgrim.

Das Auftreten der Renaissance in Strassburg beginnt mit □Joh.
Wächtlin□, genannt □Pilgrim□ oder der Meister mit den gekreuzten
Pilgerstäben, der Maler und Formenschneider zugleich gewesen sein soll.
Er zeichnete sich namentlich durch den xylographischen Farbendruck aus.
Mit dem „Clair-obscur_-Druck“ sollte durch zwei oder drei Holzstöcke
mit verschiedenen Farben die Wirkung der damals sehr beliebten
Federzeichnungen auf farbigem Papier mit weiss aufgesetzten Lichtern
erreicht werden. Der Ursprung gehört jedenfalls Deutschland, in der
Weiterbildung war jedoch bald Italien voran.

       *       *       *       *       *

                                                                  Basel.

Nur wenige Städte haben auf eine so glanzvolle Druck-Periode
zurückzublicken, wie BASEL auf seine in der ersten Hälfte des □xvi.□
Jahrh. Selten haben Wissenschaft, Kunst und Technik brüderlicher
zusammen gewirkt, als dort. Namentlich ist es das Dreigestirn Froben,
Petri und Oporinus, welches einen hellen Glanz verbreitet.

                                                            Joh. Froben.

                                                           Verhältnis zu
                                                              Erasmus.

□Johannes Froben□ (geb. um 1460, gest. im Okt. 1527) stammt aus
Hammelburg in Franken. Er bezog die Universität zu Basel und bekam
durch die Bekanntschaft mit Ammerbach, in dessen Offizin er als
Korrektor arbeitete, Lust zur Buchdruckerei. Im Jahre 1491 fing er
seine Thätigkeit mit dem Druck einer Bibel in höchst zierlicher Schrift
an. Seine Hauptwirksamkeit beginnt aber erst von der Zeit, als Erasmus
1514 nach Basel zog und seine Wohnung im Frobenschen Hause aufschlug,
wo er mit wenigen Unterbrechungen bis zu seinem Tode weilte. Erst mit
vier, dann mit sieben Pressen druckte er über dreihundert, meist sehr
bedeutende Werke, darunter die erste griechische Ausgabe des Neuen
Testaments.

Das Verhältnis zu Erasmus erweckte grossen Neid unter Frobens Kollegen;
aber nicht nur mit dem Neide, sondern auch mit dem Nachdruck und
anderen geschäftlichen Sorgen hatte er zu kämpfen. Neben den Vorteilen,
welche die Verbindung mit Erasmus ihm brachte, musste er den Nachteil
mit in den Kauf nehmen, dass Luthers Schriften, die vorzugsweise
nachgefragt wurden, und alle anderen Schriften in den Hintergrund
drängten, von seiner Druckthätigkeit ausgeschlossen blieben, während
sein Kollege, Adam Petri, der Luther-(Nach-)drucker Basels wurde.

                                                         Frobens Schick-
                                                              sale.

Trotz aller Thätigkeit erwarb Froben kein Vermögen. Eine nicht gut
geregelte Wirtschaft und die Ausgaben, die er auf seine Druckwerke,
namentlich auf eine sorgfältige Korrektur derselben, verwendete, waren
zu gross. Als Korrektoren, oder „Kastigatoren“ wirkten für ihn, ausser
Erasmus, namentlich sein Schwiegervater Wolfgang Lachner, dann Marc.
Heiland, Wolfg. Musculus und Joh. Oecolampadius. Zu den Titeln liess er
sich meist Zeichnungen von Hans Holbein d. j. und Urse Graff liefern.
Froben verlor sein Leben infolge eines Falles von einer Leiter. Die
Vollendung seines Lieblingswerkes, der schönen Ausgabe des Augustinus,
welche er im Verein mit Ammerbach und Petri angefangen hatte, sollte
er nicht erleben, aber sein treuer Freund Erasmus that alles, damit
die Ausgabe im Interesse der Kinder Frobens rasch gefördert wurde. Der
Sohn □Hieronymus Froben□ (geb. 1501, gest. 1563) hielt das Verhältnis
zu Erasmus aufrecht, der in Frobens Hause „Zur Luft“ im Jahre 1536,
siebenzig Jahre alt, starb. Hieronymus druckte später im Verein mit
seinem Schwager Nikolaus Episcopius d. ä. (Bischoff) und seinen Söhnen
Ambrosius und Aurelius Froben eine Reihe von bedeutenden Werken[7].

  [7] Interessante Mitteilungen über diese geschäftliche
      Verbindung verbreitet das in Basel 1881 erschienene:
      Rechnungsbuch des Froben und Episcopius 1557-1564.

                                                          Familie Petri.

□Johannes Petri□, zu Langendorf an der Saale 1441 geboren, ward
1488 Bürger von Basel. Er druckte nur wenige Bücher allein, die
meisten gemeinschaftlich mit Ammerbach und Froben. Er brachte seinen
sechsjährigen Neffen □Adam Petri□ (geb. 1482, gest. um 1525), der
nach Johannes' Tod (1511) das Geschäft übernahm, mit nach Basel. Die
Reformatoren, namentlich Luther, wurden gute Beute für seine Pressen.
Blitzschnell folgten seine Nachdrucke den Originalen auf dem Fusse.
Luthers Neues Testament erschien im Sept. 1522; im Dez. war schon
der Nachdruck Petris da. Er machte bessere Geschäfte als sein Freund
Froben und scheint trotz seiner reformatorischen Druckthätigkeit gut
katholisch gesinnt gewesen zu sein, wenigstens stand er in dem besten
Verkehr mit den Kartäusern. Für die künstlerische Ausschmückung seiner
Druckwerke arbeitete namentlich Hans Schaeuffelein. Der Sohn □Heinrich
Petri□ (geb. 1508, gest. 1579) studierte erst die Medizin, übernahm
jedoch später die Druckerei und führte sie mit Eifer fort. Vom Kaiser
Karl □v.□ wurde er in den Ritterstand erhoben.

Die Druckthätigkeit seiner Nachfolger war seit 1620 nur eine geringe,
doch bestand die Firma noch 1660. Durch verschiedene Hände kam die
Offizin schliesslich in die Thurneisens und Schweighausers.

                                                          Joh. Oporinus.

Zu grossem Ansehen gelangte auch □Johannes Oporinus□[8] (Herbster).
Unter ärmlichen Verhältnissen am 25. Jan. 1507 zu Basel geboren,
wurde er in einem Kontubernium armer Schüler in Strassburg, woher
sein Vater stammte, erzogen. Später bekleidete er eine Lehrerstelle
an der Klosterschule St. Urban im Kanton Luzern, gab jedoch, von der
neuen Lehre angezogen, jene auf, fand 1526 bei Froben Beschäftigung
als Korrektor und gewann die Freundschaft des Erasmus. Später folgte
er dem berühmten Theophrastus Paracelsus als Famulus nach Strassburg,
wo er unter dessen Leitung die Medizin studierte, kehrte jedoch
nach zwei Jahren nach Basel zurück und wirkte als Professor erst im
Lateinischen, dann im Griechischen. Im Jahre 1539 kaufte er mit drei
Anderen, darunter seinem Schwager Rob. Winter, die Offizin des Andreas
Brabander. Die Teilnehmer wirtschafteten jedoch nicht gut und Oporin
versuchte es nun mit Winter, später, unter schweren Sorgen, allein.

  [8] □A. Jociscus□, _Oratio de ortu etc. J. Oporini_.
      Strassburg 1569.

Oporin wetteiferte in Beziehung auf Schönheit der Ausgaben, Sorgfalt
der Korrekturen und inneren Wert der Verlagswerke mit Froben. Selbst
sehr wissenschaftlich gebildet, stand er mit vielen Gelehrten in
innigem Verkehr und zeigte in allen Verhältnissen einen eisernen Fleiss
und eine unermüdliche Ausdauer. Er beschäftigte über fünfzig Arbeiter
und druckte mehr als siebenhundert und fünfzig grössere und kleinere
Werke, darunter viele von ihm selbst emendierte oder übersetzte
Klassiker.

                                                           Die Anatomie
                                                           des Vesalius.

Bis jetzt hatte man den Holzschnitt hauptsächlich nur als
künstlerischen Schmuck der Bücher verwendet, jetzt sollte man durch
die berühmte Ausgabe von Vesalius' Anatomie verstehen lernen, welchen
Wert der Holzschnitt für den wissenschaftlichen Zweck und das leichtere
Verständnis eines Werkes hat. Der berühmte Arzt und Anatom Andreas
Vesalius hatte in Venedig von Johann de Calcar, einem Schüler Tizians,
zahlreiche Holzschnitte anfertigen lassen, durch die mit grossem Talent
die Anatomie des Menschen erläutert wurde. Diese sandte Vesalius seinem
Freunde Oporin (1543), um damit sein Werk: _De humani corporis fabrica_
zu illustrieren. Das grosse Portrait Vesalius' an der Spitze des
Buches konnte für ein Meisterwerk Tizians gehalten werden. In seiner
Sorgfalt um den guten Druck ging Vesalius so weit, dass er den Faktor
der berühmten Bombergschen Druckerei in Venedig mitfolgen liess, dass
er die Ausführung überwache. Um so mehr mussten ihn die schlechten
Ausgaben der Nachdrucker empören.

Im Jahre 1566 zog sich Oporin von dem Geschäft zurück und starb am
6. Juli 1568. Er war viermal verheiratet, ohne jedoch besonderes
häusliches Glück zu geniessen.

Unter die verdienten Buchdrucker Basels gehören ferner □Michael
Isengrin□, welcher eine zweite, die erste des Aldus Manutius an
Schönheit übertreffende, vollständige Ausgabe des Aristoteles druckte,
dann auch □Josias Münsch□ (1550), □Konrad von Mecheln□ (1685) und
□Emanuel Thurneisen□.

                                                             Zürich.
                                                        Chr. Froschauer.

Mit Stolz blickt ZÜRICH auf □Christoph Froschauer□[9] (oder
Froschower), dem es zu einem grossen Teil die Blüte seines
litterarischen Lebens verdankt. Im □xv.□ Jahrhundert zeigt sich in
Zürich noch keine Spur der Buchdruckerkunst. Der erste bekannte Druck
ist ein, am 6. Januar 1504 von dem Rate erlassenes Mandat, ohne Namen
des Druckers. Wahrscheinlich war dieser □Hans am Wasen□, der 1508
einen Kalender mit guten Vignetten druckte. Von Wasen hörte man weiter
nichts.

  [9] □S. Vögelin□, Christoph Froschauer, erster berühmter
      Buchdrucker in Zürich. Zürich 1840. -- □E. Camillo
      Rudolphi□, Die Buchdrucker-Familie Froschauer in
      Zürich (1521-1595). Verzeichnis der aus ihrer Offizin
      hervorgegangenen Druckwerke. Zürich 1869.

Erst 1519 erhielt Christoph Froschauer aus Neuburg bei Oetting in
Bayern das Bürgerrecht. Sein Geburtsjahr kennt man nicht; es fällt
jedoch wahrscheinlich in das zweitletzte Jahrzehnt des □xv.□ Jahrh. Ob
Christoph ein Verwandter des Augsburger Druckers, Johann Froschauer,
war, ist nicht bekannt.

                                                             Froschauers
                                                             Thätigkeit.

Froschauer war ein wissenschaftlich gebildeter, sehr thätiger und
zugleich glücklich spekulierender Mann. Er schloss sich sofort Zwingli
an und blieb diesem und der Reformation ein innig ergebener, wenn auch
nicht zelotischer Freund. Seinem Beruf gab er sich mit grosser Liebe
und mit heiligem Ernst hin. Das ihm entgegengetragene Vertrauen und den
erworbenen Wohlstand verwendete er in der edelsten Weise.

Seine ersten datierten Drucke fallen in das Jahr 1521. Es waren
zwei von dem gelehrten Leo Jud ins Deutsche übersetzte Schriften des
Erasmus: „Ein klag des Frydens“ und „Ein nützliche wndervisung eines
Christenlichen Fürsten wol zw regieren“. Von Zwingli erschienen bei
ihm gegen 80 Schriften, oft in mehreren Ausgaben, einige davon druckte
□Hans Hager□ (1520-1526). Von da ab hörte man vom letzteren nichts
mehr, und Froschauer war der alleinige Drucker bis 1554, als sich
□Andreas Gessner□, ein naher Verwandter des bekannten Conrad Gessner,
etablierte. Zahlreiche Schriften von Leo Jud, Rod. Gualther (Walther),
C. Pellikan, Peter Martyr, Ludwig Lavater und namentlich von Heinrich
Bullinger, ausserdem eine grosse Anzahl Ausgaben der Klassiker wurden
von Froschauer verlegt.

                                                         Der Bibeldruck.

Seine wichtigste Thätigkeit war jedoch sein Bibeldruck. In den Jahren
1524-1529 stellte er die erste vollständige Schweizerausgabe der Bibel
in Folio fertig, und von da ab verging selten ein Jahr, in welchem
nicht entweder die ganze Bibel oder wenigstens Teile derselben in
deutscher, lateinischer, selbst in englischer Sprache erschienen. Zu
der ersten deutschen Ausgabe wurde mit Ausnahme der poetischen und
prophetischen Bücher, welche von Schweizer Gelehrten übersetzt wurden,
die lutherische Übertragung benutzt. Später führten Einheimische das
ganze Werk aus. Im Jahre 1535 wurde die berühmte englische Bibel, von
Moses Coverdale übersetzt und mit Holzschnitten von Hans Sebald Beham
illustriert, gedruckt. In den Jahren 1524-1564 erschienen nicht weniger
als 27 Ausgaben der vollständigen Bibel und viele Abdrücke des Neuen
Testaments. Anfänglich benutzte Froschauer die Antiquaschrift, später
veranlasste er den Schnitt einer an die Schwabacher sich anlehnenden
Schrift, liess Vignetten und Initialen anfertigen und verwandte
überhaupt die grösste Sorgfalt auf die Ausstattung. Die lateinischen
Ausgaben der Bibel waren von den Gelehrten sehr geschätzt.

                                                           Die Froschau.

Mit der Erweiterung des Geschäfts musste er auch nach einer
grösseren Lokalität suchen und fand eine solche in einem ehemaligen
Barfüsserkloster. Als diese Räumlichkeit jedoch i. J. 1551 eine andere
Bestimmung erhielt, kaufte er ein früheres Dominikaner-Frauenkloster,
welchem er den Namen: „Die Froschau“ gab, den es noch heute trägt. Auf
dem Brunnenhäuschen dort befindet sich noch sein Insignium. Er modelte
dasselbe in verschiedener Weise um, immer blieb jedoch der Frosch ein
Hauptbestandteil. In der ältesten Ausführung wird dieser von einem
behelmten Knaben geritten, der in der Linken den Zaun, in der Rechten
eine Fahne, mit der Inschrift CR. FR., hält.

Die Frankfurter Messe besuchte Froschauer eine lange Reihe von
Jahren zweimal jährlich und machte mit seinem Verlage vorteilhafte
Geschäfte. Mit Gelehrten des In- und Auslandes stand er auf dem
freundschaftlichsten Fusse und zeigte sich ihnen gefällig, wo er nur
konnte; so räumte er beispielsweise ein ihm gehörendes Haus flüchtigen
englischen Gelehrten vollständig ein, die sich mehrere Jahre hindurch
in Zürich aufhielten.

                                                             Froschauers
                                                             Nachfolger.

In seinem Geschäft wurde er getreulich von seinem Bruder Eusebius
und von dessen Söhnen Eusebius und Christoph unterstützt. Kinderlos
verheiratet, hinterliess er dem Neffen □Christoph Froschauer□ das
ganze Geschäft zu sehr billigen Bedingungen. Er starb hochbejahrt am 1.
April 1564. Der Neffe blieb unverheiratet. Nach dessen Tode, 2. Febr.
1585, wurde das Geschäft noch bis 1590 fortgeführt und dann aufgelöst.
Die Druckerei ging auf □Johann Wolf□ über, der jedoch noch bis 1595
einzelnen Werken die Bezeichnung _typis Froschovianis_ beifügte. Das
Verzeichnis des Froschauerschen Verlags zeigt 1564 bereits 601 Nummern,
von da bis 1595 noch 264. Im J. 1626 kam die Druckerei in den Besitz
der Familie Bodmer, 1723 an Heidegger & Rahn und wurde 1765 mit der
Orellschen Buchdruckerei, die jetzt noch blüht, vereinigt.

                                                            St. Gallen.
                                                          Leonh. Straub.

ST. GALLEN erhielt erst 1578 eine Buchdruckerei durch □Leonhard
Straub□, der eine sorgfältige Erziehung genossen und in den besten
Offizinen gearbeitet hatte. Ein von ihm gedruckter Wandkalender hat
eine zu merkwürdige Geschichte, um sie hier mit Stillschweigen zu
übergehen. Auf dem Kalender waren die Wappen der 13 Kantone, darunter
das Appenzeller, ein Bär, abgebildet. In Appenzell bemerkte man indes,
dass es eine Bärin, nicht ein „männlicher Bär“ sei! Grosse Aufregung
entstand; man verlangte Rüstung zu einer Fehde gegen St. Gallen. Der
dortige Rat erbat sich drei Tage Bedenkzeit, die aber nicht gewährt
wurde. In dieser kritischen Lage übernahm der Abt von St. Gallen die
Vermittelung. Der Bär hatte jedenfalls nur den Vorwand abgegeben, der
arme Straub musste jedoch Abbitte leisten und eidlich erklären, er habe
nur aus Einfalt gehandelt. Straub lebte in ewigem Hader mit der Zensur;
schliesslich musste er die Stadt verlassen, und starb 57 Jahre alt 1607
in Konstanz. Sein Geschäft blühte noch im Besitz seiner Söhne und Enkel
über hundert Jahre fort[10].

 [10] □G. Binckert□, Leonhard Straub, der erste Buchdrucker in
      St. Gallen. 1878.

       *       *       *       *       *

                                                                   Wien.

                                                        Joh. Singriener.

In WIEN eröffnete □Hieronymus Victor□ aus Liebenthal im Fürstenthum
Jauer seine Offizin im Jahre 1510. Die Kunst hatte er wahrscheinlich
in der Hallerschen Druckerei in Krakau erlernt. Er vereinigte sich
mit Joh. Singriener aus Oetting in Bayern, trennte sich jedoch 1514
wieder von ihm, worauf letzterer seine eigene Druckerei eröffnete.
□Joh. Singrieners□ Wirksamkeit durch 33 Jahre war eine bedeutende und
eine grosse Zahl gut ausgestatteter Werke ging aus seiner Offizin
hervor, unter welchen das 1517 erschienene _Tripartium opus juris
consuetudinarij incluti regis Hungarie_, über 70 Bogen stark, einen
bedeutenden Platz einnimmt. Die vielen in dem Werk vorkommenden
Druckfehler entschuldigt der Drucker damit, dass er das Werk in 40
Tagen (!) habe liefern müssen, eine Leistung, die selbst heute für eine
grosse Druckerei eine bedeutende gewesen sein würde. Singriener war
nicht nur ein tüchtiger Buchdrucker, sondern auch ein wissenschaftlich
gebildeter, von den Gelehrten und Geistlichen gern gesehener Mann.
Unter seinen vielen Drucken sind besonders schön ausgeführt: _Pomponius
Mela_ in Fol.; _Bandinus_ auf Pergament; _Cicero_, _Pro lege Manilia_.
Seine Söhne Matthäus und Johannes setzten das Geschäft fort, bis es mit
dem Tode des letzteren erlischt.

                                                              Hans Kohl.

□Hans Kohl□ (_Johannes Carbo_) gehörte zu den fahrenden Buchdruckern
und arbeitete in Wien von 1549 bis 1551. Er war gut mit deutschen,
hebräischen und griechischen Lettern versehen und druckte zuerst
in Verbindung mit □Aegidius Adler□ (_Aquila_), aus den Niederlanden
gebürtig. Im J. 1550 arbeitete letzterer allein und übertraf seinen
früheren Compagnon durch die Menge und Schönheit seiner Ausgaben. Er
starb bereits am 17. Aug. 1552.

                                                         Michael Zimmer-
                                                              mann.

Die Offizin wurde von □Michael Zimmermann□ (_Cymbermannus_) übernommen,
dem bedeutendsten Buchdrucker Wiens aus dieser Zeit. Er druckte Werke
in italienischer, spanischer, arabischer, hebräischer und syrischer
Sprache, zu denen er die Schriften von Kaspar Kraft aus Ellwangen
bezogen hatte. Seine Ausgaben schmückte er mit rotem Druck, sowie mit
illuminierten Figuren und Landkarten.

                                                         Raf. Hofhalter.

Ein Pole, □Rafael Hofhalter□ (_Skrzetuski_), der sein Vaterland
auf Grund religiöser Misshelligkeiten verlassen hatte, kam nach
vielen Wanderungen nach Wien, wo er mit □Kaspar Kraft□, 1556, ein
Privilegium für eine Buchdruckerei „mit schönen, zierlichen, auf die
neue französische Art geschnittenen Buchstaben“ erhielt. Er lieferte
sehr hübsche Ausgaben. Eine interessante Erscheinung ist das bei ihm
(1561) erschienene „Thurnier Buch“ mit einem kunstreich geschnittenen
Titel und Wappen in Holzschnitt, sowie mit sieben grossen und kostbaren
Kupferstichen, von Hanns Lautensack gestochen. Im Jahre 1562 wanderte
Hofhalter, ebenfalls wohl aus religiösen Gründen, nach Ungarn aus; 1565
druckte er in Debreczin calvinistische Schriften. Sein Sohn Rudolph
betrieb die Buchdruckerei in Grosswardein und folgte später dem Ruf des
Fürsten Johann nach Weissenburg in Siebenbürgen.

                                                           Die Jesuiten-
                                                             druckerei.

Ferdinand □i.□ hatte 1551 die Jesuiten nach Wien berufen. Der Rektor
Johann Victoria, ein geborener Spanier, kam auf den Gedanken, zum
besten der Religion und armer Studenten durch milde Beiträge eine
Druckerei anzulegen, die schon 1559 eröffnet wurde. Ein Hauptartikel
war der, auf Befehl des Kaisers von dem bekannten Pater Canisius aus
Nymwegen verfasste Katechismus, der in viele Sprachen übersetzt wurde
und noch jetzt in österreichischen Volksschulen im Gebrauch ist. Die
Druckerei hörte 1565, kurz nach dem Tode des kaiserlichen Beschützers
der Jesuiten, auf, und wurde 1577 als „Zeug“ an den Generalvikar von
Gran, Nikolaus Telegdi, verkauft, der damit eine Druckerei zu Tyrnau
gründete.

                                                      Buchdruck im
                                                □xvi.□ u. □xvii.□ Jahrh.

Die Buchdruckerkunst in Wien hatte, namentlich durch Fremde gepflegt,
im □xvi.□ Jahrh. im ganzen genommen auf einer hohen Stufe gestanden.
Dasselbe war mit der Xylographie der Fall. Unter den Verlegern, die
eine besonders gute Einwirkung auf die Wiener Buchdruckerei dieser
Periode übten, ist die Familie Atlantsee zu erwähnen, die unter den
Buchhändlern damaliger Zeit einen bedeutenden Namen hatte, namentlich
was Lukas Atlantsee betrifft.

                                                        Joh. von Gehlen.

Im □xvii.□ Jahrh. dagegen ging es zu Wien, wie überall, mit der Kunst
zurück. Die Folgen des dreissigjährigen Krieges und der Türkenkriege
blieben nicht aus; die Bedeutung der Wiener Buchdruckereien sank
fast auf ein Nichts und die meisten Verlagswerke wurden in Nürnberg,
Augsburg und Ulm gedruckt. Der bedeutendste Wiener Drucker ist □Johann
von Gehlen□. Er stammte aus einem alten westfälischen Geschlecht
und war zu Antwerpen am 17. Mai 1645 geboren, widmete sich den
Studien und erlernte dann den Buchhandel und die Buchdruckerei. Durch
Geschicklichkeit und Fleiss erwarb er sich bald ein Vermögen, sodass er
1672 die Buchdruckerei seiner Schwägerin, der Witwe des Buchdruckers J.
B. Haquet, kaufen konnte. Er war in Besitz bedeutender linguistischer
Kenntnisse und erwarb sich die Freundschaft der Gelehrten. Vom Kaiser
Leopold □i.□ erhielt er im Jahre 1678 das Privilegium eines k. k.
italienischen Hofbuchdruckers und wurde ermächtigt, eine italienische
und lateinische Zeitung herauszugeben. Während der Belagerung von
Wien durch die Türken liess er die Druckerei ruhen und stellte sich
in die Reihe der Verteidiger. Nach aufgehobener Belagerung versuchte
er eine deutsche Zeitung zu gründen, welche in unbestimmter Zeitfolge
herausgegeben wurde. Die Regierung, welche das nützliche einer
regelmässigen Zeitung einsah, sicherte einer solchen bedeutende
Vorteile zu, infolgedessen Gehlen die erste regelmässige Zeitung unter
dem Titel „Posttäglicher Mercurius“ 1703 zweimal wöchentlich herausgab.
Am 8. Aug. d. J. begann er eine zweite politische Zeitung „Das
Wiener Diarium“, ebenfalls posttäglich. Dasselbe wurde später Organ
der Regierung und es entstand daraus die k. k. privilegierte Wiener
Zeitung.

Gehlen starb am 13. Mai 1724, 72 Jahre alt. Sein Sohn Joh. Peter Gehlen
wurde in den Adelstand erhoben.

                                                                Breslau.

BRESLAU hatte in seiner „Stadtbuchdruckerei“ ein sehr angesehenes
Geschäft, das noch nach 350 Jahren blüht. Der Begründer □Andreas
Winkler□ war ein gelehrter Mann, der in Krakau studiert hatte und
die Kunst in echt wissenschaftlichem Sinne (1538-1555) übte. Auf ihn
folgten □Crispinus Scharffenberg□, dessen Sohn □Johann□, dann □Georg
Baumann□ und dessen gleichnamiger Sohn; die späteren Nachfolger gehören
der nächsten Periode an.

       *       *       *       *       *

                                                           Das nördliche
                                                            Deutschland.

                                                                Leipzig.

Es wurde schon früher erwähnt, dass ein solches Zusammenwirken der
zeichnenden Kunst, der Xylographie und der Buchdruckerei, welches
im Süden Deutschlands eine gar stattliche Reihe herrlicher Drucke
zuwege brachte, in dem Norden Deutschlands nicht angetroffen
wird, wo die Presse sich hauptsächlich nur als treue Dienerin der
Wissenschaft und der Reformation zeigte. Es gilt dies ganz besonders
von LEIPZIG[11], welches dieser Aufgabe bis auf den heutigen Tag treu
geblieben ist. Kunstbegeisterte Fürsten und Künstler ersten Ranges
besass Leipzig nicht; Schule und Universität waren die Mäcene seiner
Buchdruckereien. Leipzigs Klassiker-Ausgaben zeichnen sich durchweg
durch ihre Sauberkeit und Genauigkeit aus und viele derselben stehen
noch heute neben den Aldinen und Juntinen in Ansehen. Gelehrte Männer
verschmähten es nicht, die Korrekturen zu übernehmen, und Leipzig
hat es verstanden, sich den Ruhm der Sorgsamkeit für die Textreinheit
seiner Presserzeugnisse zu wahren.

 [11] _Jubilæum typogr. Lipsiensium._ Leipzig 1640. --
      Gepriesenes Andenken. Jubelschrift. Leipzig 1740. -- □F.
      Ch. A. Hasse□, Kurze Gesch. d. Leipziger Buchdk. Leipzig
      1840. -- □C. B. Lorck□, Die Druckkunst und der Buchhandel
      in Leipzig durch vier Jahrhunderte. Leipzig 1879.

                                                        Mart. Landsberg.

                                                         Wolfg. Stöckel.

                                                          Val. Schumann.

                                                          Jakob Thanner.

Als Mann von Geschmack ist □Martin Landsberg□ aus Würzburg (1499-1516)
zu erwähnen. Er gehörte zu den gelehrten Buchdruckern, interessierte
sich sehr für die Herausgabe wissenschaftlicher Werke und machte sich
namentlich durch seine Klassiker-Ausgaben bemerkbar. 1519 siedelte er
nach Halle über. □Wolfgang Stöckel□ (_Molitor_), aus München, ward in
Erfurt, wo er eine zeitlang eine Buchdruckerei hatte, Bakkalaureus.
1495 kam er nach Leipzig. Er druckte hauptsächlich Klassiker:
Ovid, Priscian, Seneca, Aristoteles, später theologische Schriften,
von welchen die, bis zum Jahre 1520 gedruckten, Partei für Luther
nehmen, zumteil von diesem verfasst waren. Von da ab wurde er ein
heftiger Gegner der Reformation und druckte schon im Jahre 1520 eine
Streitschrift des Franziskaner Alveld, eines der erbittertsten Gegner
Luthers; wahrscheinlich ist er auch der Drucker der Schriften Emsers
gegen jenen. Herzog Georg der Bärtige rief ihn 1524 als Hofbuchdrucker
nach Dresden. □Valentin Schumann□ (1525-1535) brachte vorzügliche
Klassiker-Ausgaben, darunter das erste griechische Buch Leipzigs.
□Jakob Thanner□ (_Abiegnus_) lieferte sehr gute Schulausgaben.

                                                          Melch. Lotter.

Unter den Buchdruckern, bei welchen die Reformation eine bereite Hülfe
fand, ist □Melchior Lotter□ obenan zu nennen. Er stammte aus Aue im
sächsischen Voigtlande, heiratete die Tochter Kachelofens, Dorothea,
und erhielt am 16. Juni 1498 das Leipziger Bürgerrecht. Ungefähr in dem
Jahre 1500 wurde er der Geschäftsnachfolger seines Schwiegervaters.
Die zweite Ausgabe des Meissner Missale hatten Kachelofen und Lotter
gemeinsam gedruckt, von nun an ging eine grosse Anzahl Missalen,
Breviarien und dergl., die das Bisthum Meissen herausgab, aus
Lotters Pressen hervor. Dieser selbst siedelte, vor der Pest aus
Leipzig fliehend, für eine zeitlang nach Meissen über. Seine eigene
Verlagsthätigkeit auf dem Gebiete der Philosophie und der Philologie
war eine ausserordentliche. Ein treuer wissenschaftlicher Mitarbeiter
war ihm Hermann Tulich, der später Professor in Wittenberg wurde.
Seit 1518 hatte Lotter wiederholt für Luther Druckaufträge bekommen
und letzterer bewog ihn, eine Druckerei in Wittenberg anzulegen, aus
der jedoch Lotter kein Segen erwachsen sollte. Er selbst übersiedelte
jedoch nicht nach Wittenberg, sondern sandte seine beiden Söhne
Melchior und Michael. Zum grossen Teil sind die zahlreichen Schriften,
welche Luther im Anfang der zwanziger Jahre in die Welt sandte,
aus Lotters Pressen hervorgegangen. Selbst das Monumentalwerk des
Reformators, die Bibelübersetzung, wurde von diesem unternommen und
schon am 21. Sept 1522 war der Druck des Neuen Testaments vollendet.
Während des Drucks des Alten Testaments tritt jedoch ein Erkalten
des freundschaftlichen Verhältnisses Luthers zu ihm ein und Hans
Lufft erscheint nun als der bevorzugte Bibeldrucker, wenngleich die
Verbindung zwischen Luther und Lotter nicht ganz aufhörte. Der Grund,
weshalb der letztere von dem ersteren fallengelassen wurde, und weshalb
auch der Kurfürst Friedrich ihm ungnädig wurde, ist nicht bekannt.
Lotters Thätigkeit, die jedoch sehr erlahmte, lässt sich noch bis Ende
der dreissiger Jahre verfolgen. Er soll im Jahre 1542 gestorben sein.

                                                         Valentin Bapst.

                                                       Luther über Illu-
                                                          strationen.

Ein Buchdrucker ersten Ranges ist □Valentin Bapst□ (1541 bis 1589).
Seine Erzeugnisse werden von Kennern als den besten ebenbürtig erklärt.
Ein reich illustriertes Werkchen sind die „Geistlyche Lieder mit einer
neven Vorrede D. M. Luth.“. Interessant dürfte es manchem sein, aus
dem Vorwort zu erfahren, wie ein so ernster Mann wie Luther über die
Bücher-Illustration denkt:

„Wer nicht singen vnn sagen wil, das ist ein Zeichen, das ers nicht
glaubet, vnn nicht ins new fröliche Testament, Sondern vnter das alte,
faule, vnlustige Testament gehöret. Darumb thun die Drucker sehr vol
dran, das sie gute Lieder fleissig drucken vnd mit allerley zierde,
den Leuten angeneme machen, da mit sie zu solcher Frewde des Glaubens
gereitzet werden, vnnd gerne singen. Wie denn dieser Druck Valentin
Bapsts sehr lustig zugericht ist, Gott gebe, das damit dem Römischen
Bapst, der nichts denn heulen, trawren vnd leid in aller welt hat
angericht, durch seine verdampte, vntregliche vnd leidige Gesetze,
grosser abbruch vnd schaden geschehe, Amen“.

                                                           Ernst Vögelin
                                                               u. a.

Berühmt waren die Klassiker-Ausgaben von □Ernst Vögelin□ (1559
bis 1578), dem Schwiegersohn V. Bapsts, sowohl hinsichtlich der
technischen Ausführung als der Korrektheit, so dass sie den Aldinen
gleich geachtet werden. Vögelin, selbst ein studierter Mann, wurde in
Religionsstreitigkeiten verwickelt, flüchtete, und starb in Heidelberg
1590. Grossen Ruf erwarben sich Abraham Lamberg (1587 bis 1629),
Henning Gross (1575 bis 1621), Gregorius Ritzsch (1624 bis 1643)
und dessen Sohn Timotheus Ritzsch (1638 bis 1678), der bedeutende
theologische und juristische Schriften verlegte.

                                                               Steigende
                                                               Bedeutung
                                                               Leipzigs.

Infolge der Reformation war der Schwerpunkt der Kultur immer mehr nach
dem Norden verlegt. Hier wehte eine frischere Luft, während der Süden
weit mehr dem Einfluss der katholischen Kaiser, den Einflüsterungen
des Klerus und den Plackereien der kaiserlichen Bücherkommissionen
und Zensoren preisgegeben war. Auch die städtischen Behörden in
Frankfurt a. M. hatten nicht den Wert eines vollständig unbehelligten
buchhändlerischen Verkehrs genügend erkannt.

Nichts war deshalb natürlicher, als dass der Norden sich von den
Büchermessen Frankfurts zu emanzipieren und in der berühmten Messstadt
des Nordens -- wo die Regierung jetzt liberaleren Ansichten huldigte,
die Zensur in humanerer Weise üben liess und die Bücher von der Accise
befreit hatte -- einen selbständigen Büchermarkt zu gründen wünschte.
Zur Michaelis-Messe 1594 erschien der erste Leipziger Messkatalog,
herausgegeben von dem Buchhändler und Buchdrucker □Henning Gross□,
zu dem sich in den Jahren 1598-1619 ein zweiter Katalog von □Abraham
Lamberg□ gesellte, der 1620 mit dem von Gross vereinigt wurde. Zwar
konnte Leipzig als Verlagsplatz im Jahre 1595 nur 68 Artikel gegen
117 in Frankfurt aufweisen, aber schon 1600 war das Verhältnis
ein besseres, nämlich 125 gegen 148, und 1632 trug Leipzig seinen
glänzendsten Sieg davon mit 221 Werken gegen 68 aus Frankfurt. Die
Messkataloge von 1565-1640 verzeichnen 8216 in Leipzig erschienene
Werke, davon kommen 243, als die stärkste Zahl einer Jahresproduktion,
auf das Jahr 1613.

                                                             Rückschlag.

Aber der Rückschlag der ungünstigen Zeiten sowohl für den Buchhandel
als für die Buchdruckerei konnte nicht ausbleiben und Leipzig litt mit
ganz Sachsen vorzugsweise unter den Drangsalen des dreissigjährigen
Krieges. Mangelhafte Schriften, nachlässige Korrektur, schlechtes
Papier kennzeichnen die Mehrzahl der Bücher aus damaliger Zeit. Nicht
besser war es mit der Xylographie bestellt. Hiergegen halfen natürlich
weder Beschränkungen der Buchdruckereien auf Leipzig, Wittenberg und
Dresden, noch kurfürstl. konzessionierte Buchdruckereiordnungen, Taxen
zur Regulierung der Papier- und Bücherpreise und Visitationsabschiede
an die Universitäten, worin Rektor und Dekane ermahnt werden, für guten
Druck und sorgfältige Korrektur zu sorgen.

                                                              Neuer Auf-
                                                               schwung.

Selbst nach dem endlich eingetretenen Frieden dauerte es lange,
ehe sich die Buchdruckerei von ihrem tiefen Verfall erholen konnte.
Trotzdem hat Leipzig, selbst aus der trübsten Periode, Druckwerke und
Drucker aufzuweisen, die jeder Zeit Ehre gemacht haben würden, und
hörte nie auf, namhafte Werke aus allen Gebieten der Wissenschaften an
das Tageslicht zu fördern. Ein wesentlicher und andauernder Aufschwung
tritt jedoch erst gegen Ende des □xvii.□ Jahrhunderts ein. Die Zahl
der angesehenen Verlagshandlungen wuchs, unter denen die von M. G.
Weidmann, J. F. Gleditsch, Joh. Fritsch, Joh. Fr. Zedler, Joh. S.
Heinsius zu nennen sind.

Der Messkatalog[12], dieser Gradmesser des Buchhandels, wies eine
Steigerung auf. Leipzig, das Frankfurt im Jahre 1604 zum erstenmale
überholt hatte und von da ab bald vorangeht bald zurückbleibt, behält
nun, mit Ausnahme des Jahres 1680, die Führung und weist im Jahre 1689
310 Werke gegen Frankfurts 90 auf; 1699 319 gegen 109 und im Jubeljahre
1740 253 gegen 74. Die Zahl der Presserzeugnisse Leipzigs von 1641 bis
1740 betrug 19711, wozu das Jahr 1698 mit 401 Artikeln das stärkste
Kontingent stellte.

 [12] □G. Schwetschke□, _Codex nundinarius Germaniae literatae
      bisecularis_. Halle 1850.

                                                          Bernh. Christ.
                                                             Breitkopf.

Mit den Buchhändlern mussten die Buchdrucker Schritt halten.
Unter letzteren zeichneten sich aus: □Heinr. Christ. Takke□ durch
orientalische Schriften, ganz besonders aber □Bernh. Christoph
Breitkopf□[13]. Er war am 2. März 1695 in Klausthal geboren. 1718
kam er nach Leipzig, heiratete 1719 die Witwe des Buchdruckers Joh.
Kasp. Müller, und übernahm die Buchdruckerei, die damals sehr in
Verfall geraten war. Breitkopfs Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit
liessen ihn jedoch Gönner finden, die ihn in den Stand setzten,
sich herauszuarbeiten und den „Goldenen Bären“ zu bauen, der das
Geschäft 135 Jahre lang beherbergen sollte und Veranlassung zu dem
Druckerzeichen dem „Bären“ gab. Der „Silberne Bär“ ward dem goldenen
gegenüber 1765-67 erbaut. Die Offizin, im Jahre 1722 die dreizehnte in
der Rangordnung, war 1742 schon die dritte und der Besitzer zur Zeit
des Jubelfestes 1740 angesehener Oberältester der Innung, welche damals
17 Prinzipale mit 137 Gehülfen zählte. Auf dem Boden des tüchtigen
Druckerhandwerks erwuchs bald ein ansehnlicher Bücherverlag, der 1723
mit einer hebräischen Handbibel begann. Die Messkataloge von 1725 bis
1761 weisen 656 Verlagswerke Breitkopfs auf. Den wesentlichen Charakter
erhielt der Verlag jedoch durch die engen Beziehungen Breitkopfs zu J.
Chr. Gottsched und dessen Frau Luise, geb. Kulmus. Gottsched blieb bis
zu seinem Ende Breitkopfs Freund und Hausgenosse im Goldenen Bären.
Seine Druckerei übergab Breitkopf 1745 seinem Sohn; im Verlage wirkte
er noch bis 1762 und starb hochbetagt und geehrt am 26. März 1777. Er
erlebte es noch, wie Gottsched ihm 1736 prophezeit hatte, dass, obwohl
er als der erste Buchdrucker Deutschlands gegolten hatte, sein Sohn ihn
noch überstrahlte. Die Geschichte darf aber nicht vergessen, dass dies
dem Sohne vielleicht nur dadurch möglich geworden ist, dass der Vater
ihm die Druckerei in einem Zustande hinterliess, der ihm gestattete,
sich ohne Schranken seinen, mitunter sehr kostspieligen Versuchen und
Erfindungen hinzugeben.

 [13] □Dr. O. Hase□, Breitkopf und Härtel. Leipzig 1875.

                                                             Wittenberg.

                                                         Hans Lufft, der
                                                           Bibeldrucker.

Ein schlagendes Beispiel, wie das Buchdruckergewerbe mit dem geistigen
Leben fällt und steigt, giebt WITTENBERG[14], wo Luthers Wirksamkeit
die Kunst zu einer schnellen Blüte trieb. □Melchior Lotter d. jüng.□
(1519-1523) begann die Reihe der Reformationsdrucker. Ihm folgte
□Georg Rhawe□ (1520-1548), welcher sowohl Schriften von Luther als von
Melanchthon druckte. Sein _Hortulus animæ_ mit Cranachs Zeichnungen
ist ebenso geschätzt wie □Gabr. Schnellboltzs□ Sammlung von Portraits
in einer so vorzüglichen Ausführung, dass man die Zeichnungen Lucas
Cranach zuschreibt. Der bekannteste unter Wittenbergs Buchdruckern
ist □Hans Lufft□, „der Bibeldrucker“ (1525-1584). Er druckte 1534 die
Luthersche Bibelübersetzung, die 1541, 1545 und 1546 in neuen Auflagen
wiederholt wurde. Da auch die meisten andern Schriften Luthers aus
seinen Pressen hervorgingen, so gewann sein Geschäft eine grosse
Ausdehnung. Für den Bibeldruck allein arbeiteten fortwährend drei bis
vier Pressen, und man behauptet, dass gegen 100000 Exemplare der Bibel
aus seiner Offizin hervorgegangen sind. Die Pressen von Hans Weyss,
Peter Seitz und Johann Kraft wurden ebenfalls durch die Reformation im
Gang erhalten.

 [14] □E. G. Eichsfeld□, Relation vom Wittenbergischen
      Buchdrucker Jubilio 1740. Wittenberg 1740.

                                                                Hamburg.

Auch in HAMBURG eröffnete die Reformation der Presse ein weiteres
Feld, jedoch hatte sie hier mit einer besonderen Schwierigkeit
zu kämpfen. Während die hochdeutsche Schriftsprache durch die
Reformation fast überall Boden gewann, blieb sie hier dem Volke ein
mehr oder weniger fremdes Idiom. Die Verleger Hamburgs konnten für
Werke in niederdeutscher Sprache nur auf ein kleines, mehr lokales,
Publikum rechnen, anderseits die für das Volk bestimmten Schriften
nicht hochdeutsch drucken. Hierin trat erst zu Anfang des □xvii.□
Jahrhunderts eine Änderung ein.

                                                                Rostock.

In ROSTOCK bestand schon 1476 eine angesehene Buchdruckerei der „Brüder
des gemeinsamen Lebens“. Die Reformation bereitete ihr den Untergang
(1534) und zwar zum grossen Verdruss der Gelehrten. Noch im Jahre 1564
klagt der Professor Chyträus, dass es in Rostock nur einen Buchhändler
mit einer Druckerpresse und einem Lehrling gebe, sodass viele gelehrte
Ausländer nicht einmal wüssten, dass in Rostock eine hohe Schule
vorhanden sei.

                                                                 Berlin.

BERLIN[15] war im Jahre 1500 zwar die Residenz der Kurfürsten in
den Marken, aber eine unbedeutende Stadt, die nicht einmal eine
Buchdruckerei besass, während Stendal und Kloster Zinna bei Jüterbogk
deren vor dem Schluss des □xv.□ Jahrhunderts hatten (vergl. S. 53), und
Frankfurt a. d. O. wenigstens 1502 eine solche, wenn auch nur in einem
kleinen Massstabe, durch Martin Tretter erhielt.

 [15] □G. G. Küster□, _Historia artis typographicæ in Marchia_.
      Berlin 1746. -- Abhandlung, worin etwas von märkischen
      Formschneidern. -- □J. C. W. Moehsen□, Beiträge zur
      Geschichte der Wissenschaften in Mark Brandenburg.
      Berlin 1783. -- □G. Friedländer□, Beiträge zur
      Buchdruckergeschichte Berlins. Berlin 1834.

                                                             Joh. Weiss.

Erst um das Jahr 1540, zu einer Zeit, wo der Süden Deutschlands
bereits über seinen typographischen Glanzpunkt hinaus war, erfolgte
die Einführung der Kunst in Berlin und zwar auf besonderen Betrieb
des Kurfürsten Joachim □ii.□, welcher 1539 □Johann Weiss□, der schon
seit 1525 als ein anerkannt tüchtiger Buchdrucker in Wittenberg
gewirkt hatte, nach Berlin berief. Das erste dort gedruckte Buch, die
Kirchenordnung im Kurfürstenthum der Marken, erschien 1540.

Bis 1544 lieferte Weiss etwa 20 Druckwerke, von da ab hört man weiter
nichts von ihm, und da auch die in Frankfurt a. d. O. bestehende
einzige Buchdruckerei von □Joh. Hanaw□ eingegangen war, so hatte die
Mark Brandenburg 1544 keine Buchdruckerei.

□Frankfurt a. d. O.□ erhielt endlich, nachdem Nikolaus Wolrab dort
auf kurze Zeit (1547-1549) aufgetreten und dann wieder verschwunden
war, in □Joh. Eichhorn□ aus Nürnberg einen tüchtigen Buchdrucker mit
einem alleinigen Privilegium für die Mark ausgerüstet (1567). In Berlin
findet sich aber fast 30 Jahre lang keine Spur einer Buchdruckerei, bis
1574 Leonhard Thurneysser zum Thurn als solcher erscheint.

                                                           Leonh. Thurn-
                                                              eysser.

Dieser □Leonhard Thurneysser□ war kein gewöhnlicher, aber ein unsteter
Mensch. Geboren zu Basel 1530, war er nach einander Goldschmied,
Naturhistoriker, Chemiker, Bergmann, Arzt, in allen Eigenschaften
tüchtig; bald arm, bald reich. Nach langen Reisen in Europa und
Asien kam er 1568 zurück und erwarb sich Ruf als Arzt durch seine
Wunderkuren, die er auch mit Glück an der Gemahlin des Kurfürsten
Johann Georg in Frankfurt a. d. O., wo er sich wegen des Druckes seiner
Werke aufhielt, übte. Der Kurfürst nahm ihn in seine Dienste und gab
ihm in Berlin ein Lokal in dem Grauen Kloster, um dort zunächst für
seine eigenen Werke eine Druckerei einzurichten, aber auch, um für den
Kurfürsten zu drucken. Die Offizin stattete Thurneysser auf das beste
nicht nur mit deutschen, sondern auch mit allerlei orientalischen
Schriften aus. Später kam eine Schriftgiesserei und Holzschneiderei
dazu. Seine Bücher sind sehr sorgfältig gedruckt. Bedeutend und weit
verbreitet war sein Verlag von Kalendern, die zu der Zeit überhaupt
fast nur von Ärzten herausgegeben wurden.

In Thurneyssers damals glänzenden Verhältnissen trat aber ein
allmählicher Rückgang ein. Unruhig wie er war, siedelte er 1579 nach
Basel über und ging dort eine unglücklich ausfallende Ehe ein, die
durch einen Prozess ihm grossen pekuniären Verlust brachte. Nach Berlin
zurückgekehrt, verliess er 1584 heimlich die Stadt und verschwand von
der Bühne. Die Druckerei hatte er schon 1577 für 1100 Thaler an seinen
tüchtigen Gehülfen □Michael Hentzke□ verkauft, der bereits 1580 starb.
Dessen Witwe heiratete □Nik. Voltz□, einen tüchtigen Buchdrucker,
der jedoch aus Mangel an Mitteln gezwungen war, einen Teilhaber zu
nehmen, den er in dem Rektor des Gymnasiums zum Grauen Kloster, □Wilh.
Hilden□, fand. Sie druckten jeder unter seinem Namen, bis Voltz 1586
wieder in den alleinigen Besitz des Geschäftes kam, mit welchem er 1593
nach Frankfurt a. d. O. zog. Hier fand er 1619 sein Ende, jedoch ohne
bessere Erfolge seiner Thätigkeit erreicht zu haben.

                                                               Christoph
                                                                 Runge.

Von 1593 bis 1599 tritt nun wieder eine Pause in der Druckthätigkeit
Berlins ein. In diesem Jahr berief der Kurfürst Joachim Friedrich
□iii.□ □Christoph Runge□, Buchdrucker zu Neudamm, nach Berlin, wo er
bis 1607 druckte. Sein Sohn Georg, später sein Enkel Christoph, setzten
das Geschäft fort. Letzterer entwickelte mit seiner gut ausgestatteten
Offizin eine bedeutende Thätigkeit. Bei ihm wurde 1615 die erste
Zeitung Berlins gedruckt. Sein sorgenvolles Leben schloss im Jahre
1681[16].

 [16] □J. O. Opel□, Die Anfänge der deutschen Zeitungspresse.
      Leipzig 1879. -- □E. Dominik□ und □Otto Wenzel□, Zwei
      Abhandl. in: „Der Bär“ 1881, Nr. 24 u. 42.

                                                            Die Hofbuch-
                                                              drucker.

Im Jahre 1660 wurde der erste Hofbuchdrucker ernannt, □Georg Schultze□,
der eine gut eingerichtete Buchdruckerei aus Guben mit nach Berlin
brachte, wo ihm im Schlosse ein Lokal eingeräumt wurde. Er starb 1685.
Seine Nachfolger im Amte brachten es nicht weit, und von 1721 ab, in
welchem Jahre der damalige Inhaber kassiert wurde, hört man nichts
weiteres von der Schlossdruckerei.

Dieserart waren die bescheidenen Anfänge der Buchdruckerkunst in der
jetzigen Kaiserresidenz, Millionenstadt und dem Hauptsitz deutscher
Wissenschaft und Kunst.


DIE SKANDINAVISCHEN LÄNDER.

                                                            Dänemark.
                                                        Die Reformation.

                                                          Lud. Dietz und
                                                             die Bibel.

                                                        Die Universität.

                                                             Die Zensur.

                                                         Der Buchhandel.

DÄNEMARK[17]. Die Einführung der kirchlichen Reformation war nicht
ein so entscheidender Wendepunkt in dem geistigen Leben Dänemarks,
wie in dem Deutschlands. Der König Christian □ii.□ begünstigte zwar
die Bestrebungen der Humanisten und der Reformatoren, konnte sie
aber während seiner unruhigen und blutigen Laufbahn nicht genügend
stützen. Die erste dänische Ausgabe des Neuen Testaments wurde so zu
sagen unter seinen Augen in Leipzig 1524 gedruckt. Überhaupt war der
Buchdruck in Dänemark noch nicht imstande, mit den Bedürfnissen Schritt
zu halten und viele Bücher wurden in Paris, Antwerpen, Köln, Lübeck,
Magdeburg und Rostock ausgeführt, an letzterem Orte durch die _Fratres
vitæ communis_, namentlich aber durch □Ludw. Dietz□, der 1533 Luthers
Bibel plattdeutsch gedruckt hatte. Sein Name hatte in Dänemark einen
so guten Klang, dass er vom König Christian □iii.□, als dieser den
Vorsatz gefasst hatte, eine schöne Ausgabe der Bibel veranstalten zu
lassen, nach Kopenhagen berufen wurde, wo er das Vorhaben des Königs
in würdigster Weise ausführte. Der Vorschlag war von dem Reformator
Bugenhagen ausgegangen, der auch die erwähnte plattdeutsche Bibel
besorgt hatte, welche noch um ein Jahr eher erschien, als die erste
vollständige hochdeutsche Bibel durch Hans Lufft. Dietz wurde mit
seinem Gehülfen und seiner Druckerei 1548 nach Kopenhagen kostenfrei
übergeführt; dort erhielt er freies Quartier, eine Ladung Holz, 200
Reichsthaler Handgeld und für jedes der 3000 Exemplare der Auflage
1 Gulden. Durch eine Abgabe von 2 Reichsthalern auf jede Kirche
in Dänemark wurden die Kosten für das Papier zuwegegebracht. Am
Johannistage 1550 war der Druck zur grössten Zufriedenheit beendigt
und Dietz und seine Offizin wurden wieder nach Rostock gebracht.
Diese Bibel ist ein vorzügliches Druckwerk, mit guten Holzschnitten
geschmückt, welche teilweise schon früher in Deutschland benutzt
waren. Das Portrait des Königs und ein Titelblatt sind von Jakob
Binck ausgeführt. Ein anderer Deutscher, □Hans Stockelmann□, war
der erste eigentliche Universitätsbuchdrucker (1574) und genoss als
solcher bedeutende Vorteile. Die Universität besass jedoch keine
rechte geistige Selbständigkeit und man blickte nach Wittenberg als
nach einem Richterstuhl ohne Appell in Angelegenheiten der Kirche
und der Wissenschaft. Die Zensur, die sich 1524 Eingang verschafft
hatte, um gegen Luthers Schriften angewendet zu werden, wurde nun
umgekehrt von den Protestanten nach Herzenslust geübt. Die Herausgabe
eines Spottliedes gegen einen Bischof kostete 1586 dem Prediger Jakob
Nielsen den Kopf. Die Einfuhr gedruckter Bücher wurde 1562 verboten.
Ein litterarisches Eigentumsrecht erkannte die damalige Zeit nicht an.
Selbstverständlich konnte der □Buchhandel□ keine grossen Fortschritte
machen; eine zunftmässige Organisation desselben bestand nicht und die
Bücher waren verhältnismässig teuer und selten. Unter den Verlegern
fand, wie in Deutschland, ein Tauschhandel statt; Kataloge und
Bekanntmachungen waren nicht gebräuchlich, doch besuchten dänische
Buchhändler die Frankfurter und die Leipziger Messen und erhielten
Besuch von deutschen und holländischen Verlegern. 1614 wurden die
ersten Zeitungsprivilegien erteilt.

 [17] □C. Nyrop□, _Bidrag til den danske Boghandels Historie_.
      2 Bde. Kopenh. 1870.

                                                      Schrift u. Papier.

□Schriftgiessereien□ hatte Dänemark noch nicht gehabt und die nötigen
Typen führten Deutschland und Holland ein. Nicht nur das Druckmaterial,
sondern auch die Arbeiter wurden aus dem Auslande geholt. Mit der
□Papierfabrikation□ wollte es auch nicht recht vorwärts gehen. Die
erste Fabrik wurde auf Seeland i. J. 1576 errichtet, prosperierte aber
nicht. Sogar berühmte Schriftsteller mussten den Druck ihrer Werke
einstellen, weil das benötigte Papier nicht zu beschaffen war.

Im Jahre 1589 legte der berühmte Astronom □Tycho de Brahe□, neben
seiner schon seit 1584 bestehenden Privatdruckerei auf der kleinen
Insel Hveen im Öresund, auch eine Papierfabrik an; dieselbe hörte
jedoch bald auf. Bei ihm hielt sich der berühmte holländische
Buchdrucker und Geograph Wilh. Janszoon Blaeu längere Zeit auf und
arbeitete zusammen mit ihm zu wissenschaftlichen Zwecken.

                                                           Buchbinderei.

Um die □Buchbinderei□ war es nicht ganz übel bestellt, sie wurde aber
hauptsächlich von Franzosen und Deutschen betrieben. Von letzteren
berief man z. B. im Jahre 1550 □Christoph Schoch□ aus Wittenberg und
□Paul Knobloch□ aus Lübeck, um die 2000 Exemplare der obenerwähnten
Bibel Christians □iii.□ zu binden, wofür sie neben freier Station den
hohen Preis von 2 Mark dänisch pro Stück erhielten.

                                                           Verfall
                                                       der Wissenschaft.

Wie der Glanz und die Herrlichkeit der Geistlichkeit vor der
kirchlichen Reformation erloschen war, so sank nach der grossen
politischen Umwandlung durch die Einführung des absoluten Königtums im
Jahre 1660 die Macht des Adels auf immer und damit auch die von ihm der
Litteratur und den Wissenschaften gewährte Unterstützung. Ein freies,
aufgeklärtes und wohlhabendes Bürgertum als Ersatz gab es noch nicht.
Von den Königen wurden zwar viele Hofbuchdrucker und Hofbuchhändler
ernannt, es handelte sich jedoch nur um leere Titel. Pietismus und
Bigotterie herrschten in den oberen Kreisen und verbreiteten sich nach
unten, um dann dem Materialismus Platz zu machen. Lateinisch war immer
noch die Sprache der Gelehrten, wer nicht lateinisch schrieb, schrieb
deutsch und es dauerte lange, ehe die dänische Sprache und Litteratur
zu Ehren kamen. Die Zensur wurde mit Strenge gehandhabt; der Nachdruck
blühte und die Einfuhr von Büchern war hoch besteuert.

                                                             Buchhandel.

                                                          E. H. Berling.

Glänzend konnte demnach der Zustand der Buchdruckerei und des
Buchhandels nicht sein. Hierzu kam noch der grosse Brand von
Kopenhagen 1728, nach welchem das Geschäft ganz darnieder lag und
erst durch □Georg Höpfner□ wieder zu Ehren kam. Im Jahre 1722 gab es
ausserhalb Kopenhagens keine Presse in Dänemark, 1769 arbeiteten 12
Buchdruckereien. Vieles wurde jedoch in Deutschland gedruckt, wenn
auch nicht viel besser. Ein Deutscher, □Ernst Heinrich Berling□, hatte
um 1740 eine Schriftgiesserei angelegt, und das Verbot der Einfuhr
von Schriften-Guss erlangt. Aber dieses Verbot scheint nicht beachtet
worden zu sein. Die Fraktur war die allgemein gebräuchliche Type und
ein Versuch des Buchdruckers □Jokum Wielandt□, 1723, sie durch Antiqua
zu ersetzen, misslang. Im Jahre 1754 wollte man eine „Freie dänische
Buchdruckerei“ begründen mit ähnlicher Tendenz wie die „Gelehrte
Buchhandlung“ in Deutschland; sie endigte mit gleichem Misserfolg. Im
Jahre 1720 war das erste kritische Blatt erschienen. Mit den Zeitungen
sah es keineswegs gut aus. Die in deutscher Sprache geschriebenen waren
reine Abklatsche der elenden Hamburger Zeitungen. 1666 erschien eine
gereimte dänische Zeitung „Dansk Mercurius“. Erst ein Kopenhagener
Lokalblatt „Die Nachrichten des Adress-Komptoires“ hatte einen solchen
Erfolg, dass nun auch Provinzstädte Lust bekamen an dem Gewinne
teilzunehmen, was dann auch die Verbreitung der Buchdruckereien mit
sich brachte.

                                                               Norwegen.

In dem mit Dänemark politisch und sprachlich verbundenen NORWEGEN ging
die wissenschaftliche und litterarische Bewegung ganz in der dänischen
auf, so dass die Buchdruckereien dort nicht festen Fuss fassen konnten.
Das erste Buch wurde in CHRISTIANIA i. J. 1643 von einem wandernden
Buchdrucker, □Tyge Nielsen□ aus Kopenhagen, gedruckt. Eine fest
angesiedelte Offizin erhielt Norwegen erst durch einen Deutschen,
□Valentin Kuhn□.

                                                                 Island.

Auf ISLAND herrschte und herrscht noch die von den eingewanderten
Norwegern mitgebrachte altnordische (_Norräna_-)Sprache und ein reges
geistiges Leben. Die Reformation ward 1551 eingeführt, und Island
erhielt, noch vor dem Mutterlande, eine Buchdruckerei. Dieselbe wurde
auf Veranlassung des letzten katholischen Bischofs Jon Arason durch
dessen Schreiber, den Schweden □Jon Matthiasson□, in HOLUM eingerichtet
und hier erschien 1531 das erste Buch _Missale Nidarosiense_
(Drontheimsches Missal). Als der Bischof, ein Opfer seiner Überzeugung,
gefallen war, nahm der weniger skrupulöse Matthiasson die lutherische
Lehre an, behielt die Druckerei und druckte mehrere evangelische
Schriften. Die Offizin zog öfters hin und her und wurde 1574 von
dem Bischof Guldbrand Thorlakson übernommen, mit neuem Material
versehen und erweitert, so dass sie 1584 eine Folio-Bibel, von der
später mehrere Auflagen erschienen, isländisch drucken konnte. Der
Bischof besorgte selbst eine sehr genaue Korrektur und soll sogar die
zierlichen Initialen gezeichnet und geschnitten haben. Im Jahre 1704
kam die Offizin nach SKALHOLT, wo sie über 40 Drucke lieferte, und
dann, nach längerem Stillstand, 1704 nach Holum zurück.

                                                               Schweden.

In SCHWEDEN wurde die Bibel zum erstenmale 1521 schwedisch gedruckt;
1548 das Neue Testament in finnischer Sprache. 1594 liess Karl □xi.□
eine königliche Buchdruckerei einrichten, deren erster Vorstand □Anund
Olai□ war, und die, bald unter deutschen, bald unter schwedischen
Dirigenten, tüchtiges geliefert hat.

                                                          Pet. v. Selou.

                                                          Heinr. Keyser.

Sowohl Gustav □ii.□ Adolf, als seine gelehrte Tochter, Christina,
förderten eifrig die Buchdruckerkunst. Zu einer Zeit, wo diese sonst
bereits anfing in Misskredit zu kommen, verlieh Gustav Adolf den
Buchdruckern Einkünfte. 1626 berief er aus Deutschland □Peter von
Selou□, damit er heilige Schriften mit russischen Typen drucke.
1636 gab er dem alten Bischofssitz STRENGNÄS eine Druckerei, nur
damit der Bischof von Schonen, Laurentius Paulinus, mit grösserer
Bequemlichkeit den Druck seiner Schriften überwachen konnte. Mit dem
Bischof wanderte die Druckerei später nach Upsala. Dem geschickten
Formenschneider und Kupferstecher □Heinrich Keyser□ schenkte er einen,
in Deutschland erbeuteten Buchdruckerei-Apparat, mit welchem Keyser,
unter der Regierung Christinas, die sehr geschätzte, sogenannte Bibel
der Königin Christina druckte. Bekannt ist Keyser namentlich durch sein
Werk _Insignia nobilitatis Suecanae_ mit sehr gut ausgeführten Wappen.
Als Keyser sich in seinen Hoffnungen auf guten Erfolg getäuscht sah,
zerstörte er in Unmut die Illustrationen, so dass das Werk sehr selten
geworden ist. Der tüchtige Sohn Keysers druckte in vorzüglicher Weise
die schönste Ausgabe der schwedischen Bibel, die erst 1703, nach seinem
1699 erfolgten Tode, vollendet wurde.

Die Königin Christina hatte einen bekannten Amsterdamer Buchdrucker
□Johann Jansson□ (nicht der berühmten □Blaeu□'schen Familie
angehörend) nach Stockholm berufen. Ausser festem Gehalt wurden
ihm manche Vorteile, darunter freie Papiereinfuhr, zugestanden. Als
die Königin die gelehrte Schule in Åbo in Finnland zur Universität
erhoben hatte, berief der akademische Senat 1642 □Peter Valdius□
als Universitätsbuchdrucker. 1713 wurde die Druckerei, auf Grund der
Kriegsunruhen, nach Stockholm gebracht.

Über der in Gothenburg 1650 von □Amund Grefwe□ errichteten Offizin
ruhte ein Unglücksstern. Erst ging ein Schiff, welches neue Typen und
Papier aus Hamburg bringen sollte, unter, und 1669 brannte, mit einem
grossen Teil von Gothenburg, die Druckerei ab.

                                                                 Upsala.

In UPSALA mit seiner schon 1476 gestifteten Universität hatte □Paul
Griis□ 1510 die Kunst eingeführt. Der König Karl Gustav unterstützte
ihn dabei, indem er ihm die Einkünfte eines Ritterguts überliess.
Griechisch, hebräisch, Runen und arabisch wurden bereits mit dem Anfang
des □xvii.□ Jahrhunderts dort gedruckt; die letztere Schrift wurde
von Peter Kirsten aus Breslau eingeführt, die Runen verbesserte 1702
Peringskjöld.

                                                          Olaus Rudbeck.

In Upsala lebte auch der berühmte Gelehrte □Olaus Rudbeck□, bekannt
durch sein grosses Werk _Atlantica, sive Manheim_, von welchem Band
□i-iii□ in Folio mit einem grossen Atlas in den Jahren 1675-1698
fertig wurden. Um den Druck zu fördern, hatte Rudbeck selbst 1686 eine
Druckerei angelegt, mit welcher, bei dem grossen Brande Upsalas 1702,
der noch in der Presse befindliche □iv.□ Band so gründlich vernichtet
wurde, dass nur 3 oder 4 Exemplare übrig geblieben sind.

                                                                   Lund.

LUND hatte 1666 durch Karl □xi.□ seine Universität erhalten. Die
Versuche, die 1668 und 1676 gemacht wurden, die Druckerkunst dort
heimisch zu machen, waren jedoch für lange Zeit ohne rechten Erfolg.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

VIII. KAPITEL.

DER DRUCKBETRIEB UND DAS BUCHGEWERBE IN DEUTSCHLAND.

 □Die Schriftgiesserei□ und die Druckschriften. □Die Technik□ des
   Setzens und Druckens: Der Satzapparat, die Korrektur, die Presse,
   die Farbe. Prinzipal, Geselle und Lehrling. □Die Buchbinderkunst.□
   □Der Buchhandel□: Die litterarische Produktion, das Verhältnis
   zwischen Autor und Verleger.


                                                         Technische Ver-
                                                           besserungen.

MÖGEN auch abweichende Urteile darüber herrschen, welcher Anteil an
der technischen Weiterbildung der neuen Kunst dem Erfinder selbst,
welcher seinen Genossen und ersten Nachfolgern gehört, so steht doch
das eine fest, dass die Technik der Kunst und der mechanische Apparat,
nachdem die ersten unsicheren Versuche hinter den genannten lagen,
eine derartige Festigkeit im Prinzip und Abrundung in der Ausführung
gewonnen hatten, dass man, trotz der Fortschritte der Gewerbe und der
Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze auf dieselben, in der langen
Zeit von dem Jahre 1500 bis zu dem Jahre 1750 nicht imstande war, das
Überkommene durch Neues zu ersetzen[1].

  [1] Vergl. die in der Einführung erwähnten technischen Werke.

Successive Verbesserungen in der Herstellung der Schriften und des
Druckes traten zwar ein, aber keine durchgreifenden Reformen. Erst
zu Ende des □xviii.□ Jahrhunderts zeigten sich die Vorboten solcher,
jedoch erst dem □xix.□ Jahrhundert war es beschieden, ihnen Fleisch und
Blut zu geben.

                                                       Schriftgiesserei.

In der SCHRIFTGIESSEREI bestanden die Verbesserungen, nachdem man schon
frühzeitig gelernt hatte, die Stempel in Stahl, die Matern in Kupfer,
die Schriften in härterer Metallmischung herzustellen, hauptsächlich
in der Einführung der nach bestimmten Regeln sich abstufenden
Schriftgrössen (□Kegel-System□), während anfänglich Zufälligkeiten oder
Laune bestimmend waren.

                                                             Kegel und
                                                            Schrifthöhe.

Leider wurde vom Beginn ab weder in Betreff des Kegels noch der
Schrifthöhe eine Einheitlichkeit in allen Ländern durchgeführt.
Nicht allein verfolgte jedes Land seinen eigenen Weg, sondern in den
einzelnen Ländern, und zwar ganz besonders in Deutschland, herrschte
Verschiedenheit, die sich sogar auf die einzelnen Städte ausdehnte, ja,
selbst in den Druckereien einer und derselben Stadt sah es oft traurig
genug um die Einheitlichkeit aus.

                                                        Giessinstrument.

Das □Giessinstrument□ war so eingerichtet worden, dass die Buchstaben
beim Giessen einen trichterförmigen Anguss erhielten, dessen
Schwere die scharfe Ausprägung des Buchstabenbildes förderte.
Die Interpunktionszeichen wurden vermehrt und erhielten eine
zweckmässigere, weniger prätentiöse Form. Die überaus zahlreichen
Ligaturen der Buchstaben wurden auf eine kleine Zahl beschränkt und
die sogenannten Auszeichnungsschriften zum Hervorheben einzelner Zeilen
oder Wörter eingeführt.

                                                               Signatur.

Die □Typen□ wurden mit einer Einkerbung (Signatur) versehen. Diese
diente nicht allein dem Setzer als Richtschnur, um den Buchstaben
gleich aus dem Kastenfach richtig zu fassen und in den Winkelhaken
einzureihen, sondern auch als Unterscheidung der verschiedenen, auf
einem und demselben Kegel gegossenen Schriftsorten, indem man mit der
Stellung der Signatur auf der unteren, beim Satz oberen, Langseite
der Type wechseln, nach Befinden auch gleichzeitig mehrere Signaturen
anbringen konnte.

                                                          Vermehrung der
                                                            Schriften.

Mit der steigenden Zahl der Schriften war dieses Unterscheidungszeichen
recht notwendig geworden. Bereits das, 1721 erschienene, Handbuch von
Ernesti weist nicht weniger als 47 verschiedene Frakturschriften bei
18 Kegelstärken auf. Man sieht auch hieraus, welche grosse Ansprüche
schon damals an die Schriftgiessereien und Buchdruckereien gestellt
wurden. In Deutschland verdoppelten sich diese Ansprüche, denn man
musste auch in Antiqua- und Kursiv-Schriften wohl versorgt sein. Das
erwähnte Handbuch bringt 21 Antiqua- und 14 Kursiv-Proben, daneben
11 Grade Griechisch und 9 Grade Hebräisch, ausserdem arabische,
samaritanische, armenische, koptische, cyrillische, glagolitische,
russische, hunnische, scytische, wendische Schriften, Runen, Choral-
und gewöhnliche Noten.

                                                         Das Clichieren.

War auch die eigentliche Stereotypie noch nicht zur Anwendung gekommen,
so kann doch kein Zweifel darüber obwalten, dass man bereits im □xv.□
Jahrhundert in ziemlich ausgedehnter Weise das □Clichieren□ geübt hat,
freilich noch aus freier Hand durch Eindrücken der grossen Initialen
oder der Holzstöcke in ein halberstarrtes Metall oder in Thon, wodurch
man eine, für das weitere Giessen verwendbare Mater gewann.

                                                       Die Fraktur und
                                                      die Zierschriften.

Obwohl die □Frakturschrift□ die in Deutschland herrschende Schrift
war, so zeigte sich doch keine grosse Thätigkeit in der Fortbildung
derselben; wir berührten diese bereits, als von Nürnberg die Rede war
(S. 129). Als Auszeichnungsschrift wurde hauptsächlich die Schwabacher
Schrift, nachdem sie aufgehört hatte Buchschrift zu sein, benutzt;
auch machte sich die Typographie die Kanzlei- und die Kurrentschrift
dienstbar. Mit der Kanzlei nahm der herumreisende Schriftschneider
□Schmidt□ in Leipzig einen nicht üblen Versuch vor; □Crabath□ in
Prag schnitt eine schattierte Schrift mit einem starken und einem
schwachen Strich. Mit der Kurrentschrift wurde zu Beginn des □xviii.□
Jahrhunderts verschiedentlich experimentiert. Voran ging □Christ. Zink□
in Wittenberg, ihm folgten Schmidt und in Wien □von Trattnern□. In
Basel zeichneten sich □Joh. Putorius□ und □W. Haas□ aus, in Frankfurt
a. M. □Luther□.

                                                            Die Antiqua.

Noch weniger als in der Fraktur leistete Deutschland in der □Antiqua□.
Frobens und Oporins Typen blieben noch zu Anfang des □xvii.□
Jahrhunderts massgebend, obwohl diese selbst mehr Nachahmungen des
römischen, als des verbesserten venetianischen Schnittes waren.

Als zu Ende des □xvii.□ Jahrhunderts die Verbreitung der holländischen
Ausgaben in Deutschland den Sinn für schöne Drucke geweckt hatte, fing
man an, sich Matrizen aus Holland kommen zu lassen. Besonders war es
der Schriftgiesser □Erhard□ in Leipzig, welcher sich die Janssonschen
Schriften anschaffte. In Nürnberg schnitt □Joh. Lobinger□ lateinische
Schriften, die Beifall fanden, ebenso, in Nachahmung der holländischen,
Christ. Zinck in Wittenberg. Ein eigentlicher Bahnbrecher erstand
jedoch nicht unter den deutschen Schriftgiessern. Wahrscheinlich
würde ein solcher auch, in Ermangelung jeglicher Unterstützung und
Aufmunterung, das Schicksal so mancher Bahnbrecher gehabt haben. Unter
solchen Verhältnissen findet man deutsches Geschick und Talent, wie in
manchem anderen Fach, so auch in der Schriftgiesserei hauptsächlich nur
im Dienste des Auslandes thätig.

                                                        Der Satzapparat.

DIE TECHNIK DES SETZENS UND DRUCKENS. Was den □Satz-Apparat□ betrifft,
so wurde der Setzkasten zweckmässiger eingeteilt, und für die Fraktur
und Antiqua verschieden eingerichtet; auch machte die öftere Benutzung
der orientalischen Schriften besondere Kästen für diese notwendig.
Der „Winkelhaken“ wurde verstellbar und aus Metall angefertigt. Das
„Schiff“ erhielt den Doppelboden (Zunge) zum Ausziehen, war jedoch noch
von Holz. Die eisernen Schliessrahmen fanden überall Eingang.

                                                               Der Satz.

Der □Satz□ selbst bekam durch den Durchschuss, die Absätze,
die Schmutztitel, Buch- und Kapitel-Einteilungen eine freiere,
übersichtlichere Gestaltung. Die Titel in der jetzigen Einrichtung
wurden allgemein, ebenso die Angabe des Druckorts und des Datums, des
Druckers, später auch des Verlegers. Die kleineren Schriftgattungen
gestatteten die Verwendung der kleineren, handlichen Formate. Die
Zahl der letzteren war eine übergrosse, ausser den gewöhnlichsten:
Folio, Oktav, Duodez und Sedez, wurden: Achtzehner, Vierundzwanziger,
Zweiunddreissiger, Achtundvierziger, Zweiundsiebenziger,
Sechsundneunziger oft verwendet, es kamen dazwischen aber auch noch
andere vor. Die Kolumnentitel, die Signatur, die Norm und der Kustos
waren an und für sich kleine, aber doch wesentliche Verbesserungen. Die
Accidenzarbeiten hatten noch keine grosse Bedeutung.

                                                             Die Presse.

Die □Presse□ von 1750 war im Prinzip und in allen wesentlichen
Bestandteilen dieselbe wie die aus dem Jahre 1500. Sie wurde aus Holz
konstruiert, jedoch fertigte man nach und nach die Spindel, die Mutter,
den Tiegel aus Messing oder Eisen und das Fundament und die Schienen
aus Eisen. Als Verbesserer der Pressen werden namentlich Danner in
Nürnberg und Wilh. Janszoon Blaeu in Amsterdam genannt.

Um eine Form zu drucken war ein zweimaliges Anziehen des Bengels
notwendig, da der Tiegel nicht gross genug war, um eine volle Form zu
decken. Der Karren wurde deshalb erst bloss bis auf die Hälfte der Form
hineingefahren und der erste Druck geübt, dann ganz hinein, damit auch
die andere Hälfte gedruckt wurde.

                                                            Die Drucker.

An der Presse arbeiteten zwei Drucker, der „Pressenmeister“ und der
„Ballenmeister“[2], die sich jedoch gewöhnlich in der Arbeit ablösten.
Der jedesmalige Ballenmeister hatte die zwei pilzförmigen Ballen
aus Holz, die mit Rosshaaren überdeckt und mit Schafleder überzogen
waren, einzufärben, die von dem Farbetische entnommene Farbe durch
tüchtiges Reiben der Ballen an einander gut zu verteilen und dann die
Form einzuschwärzen, indem er, unter fortwährend wiegender Bewegung
der Ballen, diese erst von oben nach unten und dann seitwärts auf
die Schrift drückte, und länger an den Stellen, die eine besonders
sorgfältige Einfärbung verlangten, z. B. bei grossen Titelschriften und
Illustrationen, anhielt.

  [2] Die Gehülfen, welche sowohl setzen als drucken konnten,
      nannte man „Schweizerdegen“. Wie so oft, wenn einer zu
      viel treibt, waren sie gewöhnlich in keinem Fach recht
      zuhause und deshalb weniger gut angeschrieben.

Trotz dieser zeitraubenden Manipulationen konnten doch zwei Drucker
in einem Arbeitstag 2000 Drucke, flinke Drucker sogar 3000, also resp.
1000 und 1500 vollständige Bogen fertig bringen.

                                                              Die Farbe.

Die □Farbe□ wurde von jeder Buchdruckerei selbst bereitet und bestand
aus Leinöl-Firnis und Kienruss. Sie war im allgemeinen eine gute,
und es kam hauptsächlich nur darauf an, dass der Firnis die richtige
Stärke erhielt. Da das Sieden desselben nicht ohne Feuergefahr war, so
gestattete man es nur auf einem, dazu von den Stadtbehörden bestimmten
Platz. Der Tag des Siedens galt als halber Festtag für die Drucker.
Um dem siedenden Öl sowohl die wässerigen als die überflüssigen
fettigen Teile zu nehmen wurden Stückchen von Brotrinde oder Semmel
hineingesteckt. Mit Salz bestreut, wurden diese Brotstückchen gern
gegessen, sie mehrten aber noch den selbstverständlichen Durst ins
unberechenbare und das Bier schmeckte nun um so besser.

                                                          Die Korrektur.

Die □Korrektur-Abzüge□ wurden mittels der Bürste abgeklopft, mitunter
auch in grausamer Weise abgetreten! Man legte eine Partie Makulatur
über den abzuziehenden Bogen und trat nun den Druck ab, indem man sich
auf die Form stellte.

Grössere Offizinen hatten ihre Haus-Korrektoren und es bildete sich
ein besonderer Stand der Korrektoren von Beruf. Soll man nach den
Ermahnungen eines ihrer Kollegen[3] urteilen, so müssen sie nicht immer
sich des solidesten Lebenswandels befleissigt haben, denn neben einem
guten Auge verlangt er vor allen Dingen von einem guten Korrektor, dass
er „mit allem Fleiss für der Trunkenheit sich hütet, auff dass er nicht
etwa gantz nichts, oder hingegen mehr, als in Wahrheit vorhanden, sehe
oder auffzeichne. Und, welcher zu dieser Verrichtung verordnet, gerne
trincket, ist ein unnützer Mensch, zu welchem der Druckherr, wann er
ihm offt also bezecht sihet, ohne Vorwunderung wol sagen möchte: troll
dich du Bösewicht“.

  [3] □Hieronymus Hornschuh□, Ορθοτυπογραφία. Leipzig 1634 und
      in mehr. Ausg.

                                                          Der Prinzipal.

□Der Buchdruckerprinzipal□ musste, bevor er eine Offizin eröffnete, den
Buchdruckereid ablegen, der, wenn auch nicht überall der gleiche, stets
darauf ging, nichts ohne Zensur und keine Schmähschrift zu drucken und
den Buchdruckerei-Ordnungen gemäss sich zu betragen. Die Rechte der
Innungen waren durch die Statuten und Freiheiten in den Artikel-Briefen
gesichert. Die Überwachung derselben, die Aufbewahrung der Lade und die
Führung der Innungsrechnungen war dem Oberältesten, dem „Ladenvater“,
übertragen, der auf dem Generalsitz (Session), welcher jedesmal 14 Tage
vor der Messe abgehalten wurde, gewählt ward.

                                                            Der Geselle.

□Die Gesellen□ bildeten ebenfalls unter sich einen Verein, der seine
zwei Obergesellen oder Assessoren, einen Drucker und einen Setzer,
hatte, die bei den Gesellen ungefähr die Stellung einnahmen, wie der
Oberälteste bei den Meistern, und für den Nutzen der Gesellschaft zu
sorgen hatten.

Die Gesellen arbeiteten entweder in festem Lohn oder konsensweise, d.
h. wurden per Stück bezahlt. Das Engagement galt von Messe zu Messe; 14
Tage vor der Messe wurde der „Anredetag“ abgehalten; wollte der Meister
den Gesellen noch ein halbes Jahr behalten, so wurde er „angeredet“,
geschah dies nicht, so wusste er, dass er nach 14 Tagen „Feierabend“
hatte. Was der Geselle von Messe zu Messe von seinem Lohn stehen
liess, hiess seine Messbesoldung. Wurde er verschrieben, so erhielt er
„Laufgeld“. Beim Eintritt musste er „Introitus“ zahlen, war er nicht
gut beleumundet, so wurde er von seinen Kollegen zurückgewiesen. Er
hatte das Recht den Degen zu tragen.

Der Introitus, die Abgaben der Ausgelernten, „das Titulgeld“, welches
der Verleger für den Druck eines roten Titels zahlte, oder sonstiges
Trinkgeld wurde jährlich zweimal, zu Fastnacht und zu Martini, verteilt
oder vertrunken. Zu Martini gab der Prinzipal einen Schmaus.

                                                           Der Lehrling.

                                                         Die Deposition.

□Der Lehrling□ wurde, wenn er eine Probezeit von einigen Wochen gut
bestanden und durch Zeugen nachgewiesen hatte, dass er in ehrlicher
Ehe geboren war, „aufgedungen“. Er hatte 5-6 Jahre zu lernen und
den Meister und die Gesellen zu bedienen. Hatte er seine Lehre
ehrlich bestanden, so wurde er „Kornut“ oder Hörnerträger und hatte
als solcher wöchentlich an die eigentlichen Gesellen eine Abgabe,
„nach christlicher Billigkeit“, zu zahlen. Wollte er nun als Geselle
losgesprochen sein, so musste er sich dem „Postulat“, oder der
Deposition, unterwerfen. Dies geschah unter scenischen Festlichkeiten
und in Anwesenheit der Gesellen und Bekannten mit ihren Damen. Erst
trat der Prologus auf und hielt eine salbungsvolle Lobrede auf die
Kunst. Mit dem unförmlichen, mit Hörnern versehenen Hut aus schwarzem
Leder bedeckt[4], wurde nun der Kornut von dem Knecht eingeführt,
von letzterem durchgehechelt, geschimpft, geschlagen und mit guten
Lehren versehen. Der Kornut lässt sich alles gefallen und verspricht
dem Depositor, den Gesellennamen mit Ehren zu führen, die Laster der
Jugend und die schlechten Sitten abzulegen, und einen tugendsamen
Wandel zu führen. Hierauf erhält er die Konfirmation als Geselle, und
die von ihm gewählte „Kranzjungfer“ setzt ihm den Kranz auf. Das ganze
Schauspiel wimmelte von Trivialitäten und Roheiten[5]. Der Schmaus bei
dem „Postulatvater“, der für gute Speise und guten Trank zu sorgen
verpflichtet war, bildete selbstverständlich durchaus nicht eine
Nebensache.

  [4] Ein solcher Kornutenhut war in der Halleschen Ausstellung
      1881, in der Abteilung der Faberschen Buchdruckerei aus
      Magdeburg, zu sehen.

  [5] Es giebt mehrere gedruckte Depositionsspiele; am
      bekanntesten ist das im Jahre 1654 „der hoch- und
      weitgerühmten Buchdrucker-Kunst zu unvergleichlichen
      Ehren“ von □Johann Rist□ abgefasste, das in Ernestis
      Handbuch mitgeteilt wird.

                                                        Sitten im allge-
                                                             meinen.

Von der Zucht und Ordnung in den Druckereien bekommen wir keinen
besonders vorteilhaften Begriff, wenn wir die Anordnungen lesen, in
welchen den Gehülfen eingeschärft wird, „ihrem Druckherrn gebührliche
Ehre und Gehorsam zu erzeigen, ihm nicht widersetzig zu sein, viel
weniger mit thatsächlicher Gewalt sich an ihm zu vergreifen“, und sie
ermahnt werden: „das Fluchen, Gottlästern, Andere zur Banckhauen zu
unterlassen; Abends nicht mit Ungestüm anzuklopfen, jauchzen, geschrey
zu tumultuiren, nicht die Wehren zu zucken; das liederliche Feiern,
mehrenteils um des unchristlichen Saufens, Schwelgens und Tollisirens
willen, sowie das Abhalten heimlicher Conventikula behufs des
Aufwiegelns anderer Gesellen, einzustellen“.

       *       *       *       *       *

                                                         Aenderungen in
                                                         d. Buchbindung.

                                                          Steigender Ge-
                                                         schmack im Ein-
                                                             binden.

DIE BUCHBINDERKUNST[6]. Keine andere gewerbliche Technik konnte in
dem Masse durch die Buchdruckerkunst beeinflusst werden, als die
Buchbinderei. Die Folianten und Quartanten weichen den Oktavbänden
und zierlichen Bändchen, infolge dessen auch das Material für den
Einband ein leichteres wird. An Stelle der Holzplatten tritt die
Pappendecke oder der aus mehreren zusammengeklebten Blättern bestehende
Überzug. Die Beschläge fallen nach und nach weg, die Spangen bleiben
jedoch noch lange. Die Bereitung des Leders vervollkommnet sich
und es wird in allen Farben verwendet. Durch die Filetten wird ein
grösserer Reichtum an Mustern möglich. Jetzt kommen namentlich die
arabisch-maurischen phantasiereichen Flachornamente zur Geltung,
daneben erhalten sich jedoch Ornamente im Sinne der Renaissance aus
antiken Motiven entspringend unter Hinzufügung von Figuren-Schmuck.
Götter und Helden, Kaiser und Könige, Reformatoren, reiche Wappen,
ganze zusammenhängende Figurenbilder dienen als Einbandsschmuck, wobei
oft nicht die geringste Rücksicht auf den Inhalt genommen wird. Selbst
die namhaftesten Künstler, wie Hans Holbein d. j., Lucas Cranach Vater
und Sohn, Virgil Solis, u. a. verschmähten es nicht, ihre Talente
der Buchhülle zuzuwenden. Das Interesse des grossen Publikums und die
Bücherliebhaberei der Reichen und Grossen unterstützten die Kunst. In
vielen Privatbibliotheken war der Einband fast Hauptsache geworden.
Manche Liebhaber aus den höchsten Ständen, selbst Könige und Fürsten,
übten persönlich das Buchbinden.

  [6] Vergl. die S. 89 angegebenen Quellen.

Die österreichisch-burgundischen kur- und pfalzbayrischen
Herrscher, die protestantisch sächsischen Fürsten Ernestinischer und
Albertinischer Linie, hatten schöne Büchersammlungen. Sowohl Kurfürst
Friedrich der Weise († 1525) als auch der unglückliche Johann Friedrich
der Grossmütige liessen ihre prachtvollen Bibelausgaben und die Werke
der Reformatoren für die Universitätsbibliotheken mit prächtigen
Einbänden versehen, die noch heute die Zierde der Sammlungen in Jena,
Weimar, Leipzig und Dresden sind. Die Hauptwerkstätte war Wittenberg,
der bedeutendste Buchbinder dort □Theodor Krüger□. Seinen Arbeiten
schliessen sich die von □Kaspar Krafft□ und die reichen farbigen
Lederbände aus den Offizinen der beiden □Cranach□ an. Auch der gelehrte
Herzog Georg der Bärtige († 1539) und sein Bruder Heinrich der Fromme
(† 1541) hatten dieses Interesse für die Kunst.

                                                         Die sächsischen
                                                             Einbände.

Unter den Förderern ist ferner der Kurfürst August von Sachsen (1526
bis 1586) zu erwähnen. Im Jahre 1555 legte er den Grund zu der jetzigen
königlichen Bibliothek in Dresden und umfasste diese Anstalt mit
grosser Liebe. Er berief die Buchbinder □Georg Krause□ und □Kaspar
Meuser□ als Hofbuchbinder, und sandte sie auf Reisen, dass sie Bücher
ankauften. Um den Betrieb besser unter Augen zu haben, errichtete
er ihnen im Schlosse eine Werkstätte und beteiligte sich selbst
eifrig bei den Arbeiten. Die Ornamentierung war eine mannigfaltige
und die Goldpressung prächtig. Bemerkenswert sind die, zumteil
unübertroffenen, gemalten Bände, die sich bis zu Ende des □xvii.□
Jahrh. hielten. Besondere Sorgfalt wurde dem Schnitt zugewendet. Auf
dem Goldschnitt schlug man mittels Punzen eine Zeichnung ein und malte
die Zwischenflächen aus. Interessant ist auch die Technik, den ein
wenig verschobenen Schnitt zu bemalen, und dann nachträglich den scharf
zusammengepressten Schnitt zu vergolden. Wird nun ein so gebundenes
Buch aufgeschlagen, und dadurch der Schnitt wieder verschoben, so tritt
die Untermalung in matten Farben hervor. Man hat diese Art von Arbeit
in neuester Zeit mit Glück wieder aufgenommen. Sehr praktisch sind die
Bände der kurfürstlichen Reisebibliothek. Damit sie nicht zu sehr ins
Gewicht fielen, wurden sie in feines Pergament ohne Pappenunterlagen
gebunden.

Etwas zurück gegen die früheren stehen die unter den Kurfürsten
Christian □i.□ und □ii.□ von □Christoph Weidlich□, □Matthias Hauffe□,
□Bastian Elert□ und □Kaspar Krafft□ gelieferten Arbeiten. Man wandte
sich damals wieder der Technik der durchbrochenen Metallarbeiten mit
unterlegtem Sammet zu, in der □Hans Reichardt□ in Leipzig Meister war.
Noch mancher tüchtige Buchbinder dieser Zeit aus dem Süden und Westen
wäre zu nennen.

                                                               Rückgang.

Die schweren Jahre brachten bald die Periode des Verfalls.
Der Lederband tritt zurück, die technische Behandlung wird
vernachlässigt und das Pergament meist glatt behandelt. Die glänzenden
Schweinslederbände der Holländer, die sogenannten Horneinbände, und
die lange in Holland in Gebrauch bleibenden Kartonnagen mit Rücken von
rotem Schafsleder und Pappendeckel, mit marmoriertem oder gefedertem
Papier überzogen, treten in den Vordergrund.

       *       *       *       *       *

                                                         Befestigung des
                                                           Buchhandels.

DER BUCHHANDEL UND DIE BÜCHER-PRODUKTION[7]. Nach dem Ablauf des
ersten Viertels des □xvi.□ Jahrhunderts trat mit dem Buchhandel eine
Wandlung ein, indem er sich von den Jahrmärkten emanzipierte und eine
respektable Stellung einnahm. Viele der grösseren Buchdruckereien
verwandelten sich in Buchhandlungen. Die grosse Masse der Buchdrucker
geriet dagegen in Abhängigkeit von den Verlegern. Die Buchhandlungen
bemühten sich, als abgeschlossene Geschäftskorporationen von den
Regierungen anerkannt zu werden und Privilegien zu erlangen, ohne zu
bedenken, wie sehr sie damit den Regierungen eine Handhabe zu ihrer
Beaufsichtigung und der leichteren Durchführung der Zensur-Massregeln
gewährten. Überwachungs-Kommissionen wurden ernannt und die Buchhändler
verpflichtet, nichts regierungsfeindliches zu drucken. Die Zensur wurde
streng, und, was noch schlimmer war, launenhaft geübt; im Norden im
allgemeinen etwas freisinniger, als im Süden.

  [7] Vergl. die S. 91 u. 92 erwähnten Quellen. -- Ferner □G.
      Schwetschke□, _Codex nundinarius etc._ Halle 1850 und
      dessen Fortsetzung. Halle 1877. -- Wertvolle Beiträge
      liefern ausserdem die von dem Börsenverein für den
      deutschen Buchhandel in zwanglosen Heften herausgegebenen
      „Publikationen“, deren neue Folge den Titel führt:
      „Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels.
      Herausgegeben von der Historischen Kommission des
      Börsenvereines etc.“.

                                               Einfluss der Reformation.

Den Impuls zu einem grösseren Bücherbetrieb hatten zuerst Luthers
Schriften gegeben; selbst seine Feinde mussten einräumen, dass seine
Bücher fast in jeder Bauernhütte zu finden waren. Zwar verlor sich
das religiöse Lesebedürfnis nach und nach, aber die einmal geweckte
Leselust blieb. Die schönwissenschaftliche Litteratur verschaffte den
Buchdruckereien viele Arbeiten und gewährte dem Buchhandel ein neues
Feld für seine Thätigkeit. Namentlich war es die fremde Litteratur, der
das Publikum von Beginn ab seine Neigung zuwendete. Boccaccio, Äneas
Sylvius und der Amadis von Gallien blieben die erklärten Lieblinge.

                                                             Hebung der
                                                             Litteratur.

Erst im Laufe des □xvii.□ Jahrh. hebt sich die deutsche Litteratur
und erweckt eine grössere Teilnahme, trotz der ungeheuerlichen
Romane, Erzählungen von Naturereignissen, Missgeburten, Unglücken;
je scheusslicher, je besser. Die Verarbeitung dieser Stoffe geschah
namentlich in Augsburg und Nürnberg. Hier, sowie auch in Frankfurt
am M., erschienen zuerst „die neuen Zeitungen“[8], die sich aus
Flugblättern nach und nach in regelmässig erscheinende Zeitungen
umwandelten, damit aber auch mehr und mehr dem Buchhandel entzogen
wurden, um in die Hände der Postanstalten überzugehen, namentlich
war die Thurn und Taxissche Post bemüht, den ganzen Zeitungs-Verlag
ihres Bezirks in die Hände zu bekommen. Hingegen erhielten die, gegen
Ende des □xvii.□ Jahrh. entstandenen wissenschaftlichen Journale
eine besondere, immer wachsende Wichtigkeit für den Buchhandel.
Auch der Kalender-Vertrieb erlangte grössere Bedeutung. Einige waren
ausserordentlich verbreitet, wie die, von Leonh. Thurneysser in Berlin
1572-1585 herausgegebenen (vergl. S. 152). Angeblich um die Richtigkeit
der Kalender zu überwachen, wurden sie von den Regierungen mit Stempel
versehen und öfters zum Gegenstand eines Monopols gemacht, welches man
verpachtete.

  [8] □Em. Weller□, Die ersten deutschen Zeitungen. Stuttgart
      und Tübingen 1872. -- □J. O. Opel□, Die Anfänge der
      deutschen Zeitungspresse. Leipzig 1879.

                                                       Die Klassiker und
                                                        die Reisewerke.

Auch ernsthaftere Lektüre bricht sich Bahn, namentlich Übersetzungen
der griechischen und lateinischen Klassiker, gewöhnlich mit
Holzschnitten, später mit Kupferstichen illustriert. In diesem Verlag
zeichneten sich namentlich Augsburg, Strassburg und Frankfurt a. M.
aus. Chroniken und Länderbeschreibungen, Originale und Übertragungen,
denen ebenfalls durch Illustrationen Reiz verliehen wurde, lieferten
namentlich Sigismund Feyerabend, Theod. und Joh. Th. de Bry sowie die
Matth. Merian in Frankfurt (s. S. 130); besonders bekannt waren die
Gottfriedsche Chronik mit ihren Fortsetzungen, das _Theatrum mundi_,
die Zeilerschen Topographien mit ihren unzähligen Kupferstichen und
Plänen. Eine Menge grosser Reisewerke, durchgehends reich illustriert,
erschienen bei L. Hulsius und später bei seiner Witwe in Nürnberg.

                                                         Schwierigkeiten
                                                          des Vertriebs.

Wennauch die Buchhändler selbst durch die Messen die neuen
Bücher kennen lernten, so blieb immer noch die Schwierigkeit des
Bekanntmachens derselben für das Publikum. Französische und englische
Buchhändler hatten schon früher Verlagsverzeichnisse gedruckt, deutsche
Buchhändler fingen jedoch mit solchen erst in der letzten Hälfte des
□xvi.□ Jahrh. an. Wenn die Gelehrten nicht durch ihre Korrespondenz
zufällig von dem Erscheinen eines Buches Kenntnis erhielten, so
waren sie ganz von ihrem Buchhändler abhängig. Hatten sie mit ihrem
Auftrag eine Messe versäumt, so musste in der Regel die nächste Messe
abgewartet werden.

                                                            Messkatalog.

Dies wurde wesentlich anders, als der Augsburger Buchhändler Georg
Willer 1564 den „Messkatalog“ ins Leben rief. Derselbe erschien
jährlich zweimal. 1592 hört der Katalog unter Willers Firma auf. Im
Jahre 1598 nahm die Stadt Frankfurt die Sache selbst in die Hand, und
der Messkatalog erschien nun bis 1615, bei Peter Kopff in Frankfurt:
_cum permissu superiorum_. Mit den Messkatalogen trat ein Umschwung
im Buchhandel ein. Die Buchhändler waren genötigt, ihre Erwerbungen
regelmässig auf den Messen zu machen und ein Lager des Neuesten zu
halten.

                                                            Messverkehr.

Für die Verleger war es natürlich von grösster Wichtigkeit, dass die
Neuigkeiten vor der Messe fertig vorlagen. Von den Besuchern waren
die Holländer, Belgier, sowie die Pariser und Lyoner Buchhändler
die wichtigsten. Das Hauptgeschäft beruhte auf Tausch, der sich
schon im □xv.□ Jahrh. ausgebildet hatte. Wennauch anfänglich den
Verhältnissen angepasst, hatte dieses System doch später auch seine
grossen Inkonvenienzen, da Produktion und Konsumtion der einzelnen
Länder und Städte und Firmen nicht immer sich die Wage halten konnten.
Dies verursachte eine teilweise Überproduktion in mittelmässigen
oder schlechten Büchern, um doch Tauschobjekte zur Messe mitbringen
zu können. Die grossen verlegenden Buchdruckereien, die nicht
Sortimentshandel trieben, konnten überhaupt nicht tauschen und so
bildete sich teilweise ein reiner Handel gegen Geld, der sogenannte
Nettohandel, aus.

                                                       Verfall d. Frank-
                                                         furter Messe.

                                                         Aufblühen Leip-
                                                              zigs.

Das erste grosse Sortimentslager gründete der Frankfurter Buchhändler
Paul Brachfeldt, in den letzten Jahren des □xvi.□ Jahrh. Ausländische
Verleger, wie die Elzeviere, hielten in Frankfurt Lager. Hierdurch
gestaltete sich neben dem Messhandel ein regelmässiger Verkehr der
Sortimentshandlungen mit Frankfurt, doch gestattete die Zerrüttung
der Verhältnisse kein rasches Emporblühen, wozu die Massnahmen der
kaiserl. Regierung das ihrige beitrugen. Auch die Frankfurter Behörden
hatten dieser in die Hände gearbeitet, als sie dem Kaiser Maximilian
□ii.□ vorschlugen, er möge selbst Beamte senden, um die Überwachung
des Buchhandels, welche der Rat abgelehnt hatte, zu besorgen. Die
Massregel war jedoch erst unter dem Kaiser Rudolph □ii.□, 1579,
zur Ausführung gekommen. Seit dem Jahre 1629 verfuhr die kaiserl.
Bücherkommission vollständig souverän und der Rat machte nur ab und zu
einen vergeblichen Versuch, den Einfluss derselben zu mindern. Darunter
litt begreiflicherweise die Frankfurter Messe ausserordentlich,
während das aufblühende Leipzig den Vorteil davon hatte. Doch wirkten
noch andere Gründe gegen Frankfurt. Je mehr die lateinische Sprache
als Gelehrtensprache durch die deutsche verdrängt wurde, um so mehr
schmälerte sich der Absatz der deutschen Bücher im Auslande. Die
fremden Buchhändler blieben deshalb nach und nach aus, namentlich weil
auch der Absatz ihrer Artikel durch die Übersetzungssucht der deutschen
Verleger geringer wurde. Der Verkehr mit Italien war schon um 1570
durch den _Index librorum prohibitorum et expurgendorum_ des Papstes
Pius □iv.□ so gut wie vernichtet. Mit den spanischen Niederlanden
verfiel der buchhändlerische Verkehr nach den Ordonnanzen Philipps
□ii.□ Am längsten hielt sich noch die Verbindung mit Holland, jedoch
bot letzteres bloss Bücher dar und nahm keine, wodurch der Handel
erschwert wurde, besonders da Holland zumteil seinem klassischen Verlag
untreu wurde, und sich den französischen Artikeln und dem Nachdruck
zuwandte. Wie Leipzigs Übergewicht um das Jahr 1650 eine vollendete
Thatsache wurde, ist bereits berichtet (S. 149). Ohne die Reformation
und ihren segensreichen Einfluss auf die Pflege der Wissenschaft, würde
es doch Leipzig kaum gelungen sein, seine Suprematie zu erlangen. Die
Gründung der Universitäten Wittenberg, Frankfurt a. d. O., später
Königsberg; die Kunstliebe der sächsischen und brandenburgischen
Kurfürsten und ihr Interesse für die Wissenschaften hatten einen
mächtigen Einfluss geübt, und im Norden ein bis jetzt brachgelegenes
Terrain dem Buchhandel, sowohl hinsichtlich der Produktion als der
Konsumtion, gewonnen[9].

  [9] Zur näheren Kenntnis des Messverkehrs ist von besonderem
      Interesse die Schilderung Heinrich Stephanus □ii.□
      Das lateinische Original ist von □J. Lisieux□ ins
      Französische übersetzt (Paris 1875) und von □H. Frommann□
      in seinen „Beiträgen etc.“ Heft 1 (Jena 1879) im Auszug
      deutsch wiedergegeben. -- Von besonderem Wert sind
      ferner zwei Werke neuerer Zeit. In dem Frankfurter Archiv
      wurde das Manuskript eines Messmemorials des Frankfurter
      Buchhändlers □Michael Harder□ von der Fastnachtsmesse
      1569 aufgefunden und 1873 durch den Druck veröffentlicht.
      Aus demselben geht hervor, dass Harder von seinen 83
      Messartikeln 5918 Bände verkaufte, davon 13 in mehr als
      100, 18 in mehr als 50 Exemplaren. Am besten gingen die
      Sammlungen belehrender Erzählungen und Ritterbücher.
      Die Geschichte von den sieben weisen Meystern trug den
      Sieg davon mit 233 Exempl., dann folgten Fortunatus,
      die schöne Magelona, Melusine, Ritter Pontus, Ritter
      Galmy mit je 196, 176, 158, 147, 144 Exempl. Die
      deutschen Heldensagen waren aus der Mode gekommen.
      Von den „Teufeln“ gegen verschiedene Laster waren die
      gangbarsten: der Sauf-, Hof-, Ehestands-, und Spielteufel
      in je 69, 67, 64, 62 Exempl. -- Das „Rechnungsbuch des
      Froben & Episcopius, Buchdrucker und Buchhändler zu
      Basel, 1557-1564. Herausgegeben von □Rud. Wackernagel□“
      (Basel 1881) giebt sehr wertvolle Mitteilungen, nicht
      allein in Betreff des Frankfurter Mess-Geschäfts, sondern
      auch bezüglich der Herstellungskosten der Druckwerke.

Neben Leipzig und Frankfurt a. M. entstanden auch andere
Kommissionsplätze mit beschränkteren Geschäftskreisen, darunter
namentlich Augsburg, das ein Mittelpunkt des katholischen Verlags
wurde, und Nürnberg. Auch in Strassburg zeigte sich zu Beginn des
□xvii.□ Jahrhunderts ein weiter gehender Verkehr.

                                                         Die Verlagsver-
                                                           hältnisse.

                                                          Die Honorare.

                                                           Die Zensur.

□Die Autorenverhältnisse□ boten nicht viel erfreuliches. Bei der
Ungunst, in welcher die deutsche Litteratur stand, sahen sich viele
Autoren genötigt, ihre Werke auf eigene Kosten drucken zu lassen. Wer
keine bedeutende litterarische Bekanntschaften oder einflussreiche
Verbindungen hatte, war übel daran und der Willkür der Buchhändler
anheim gegeben. Diese suchten durch lockende Titel, in Kupfer
gestochene Titelblätter und in den Text gedruckte Vignetten die
Kauflust zu reizen, die eigentliche Ausstattung jedoch wurde immer
schlechter und die Inkorrektheit ging oft über alle Grenzen. Die
Honorare waren sehr klein, oft nicht so hoch wie Schreiberlöhne.
Manchmal wurde durch Freiexemplare gezahlt. Als Ausgleich musste die
„Dedikation“ an einen vornehmen oder reichen Mann dienen, der seine
Dankbarkeit für die erwiesene Ehre klingend zu zeigen imstande war, bis
auch dieses Mittel in Misskredit kam. Zu den schlechten Verhältnissen
trugen der Nachdruck und die sowohl strenge als willkürliche Zensur
noch das ihrige bei. Letztere wurde von Lutheranern, Calvinisten und
Katholiken, je nach ihrer Konvenienz, zur Unterdrückung der Schriften
der Gegner benutzt und bei der engen Verknüpfung der geistlichen mit
den politischen Wirren bald auf das weltliche Gebiet übergeführt.
Manchmal beruhte die Unterwerfung unter die Zensur auf vorheriges
Abkommen mit den einzelnen Buchdruckern, bis sie mit dem Anfang des
□xviii.□ Jahrh. vollständig organisiert war.

                                                             Zudrang zum
                                                             Buchhandel.

Da der Betrieb des Buchhandels jedem freistand, so war es natürlich,
dass manche, die nicht den genügenden Grad von Bildung besassen,
besonders zu dem Sortimentshandel sich drängten, namentlich solche,
die schon mit dem Buchhandel in Berührung standen, z. B. Papier- und
Pergamentmacher, Buchbinder u. s. w. Bei den ersteren mag wohl der
Eintritt in den Buchhandel öfters ein unfreiwilliger gewesen sein,
wenn sie statt Barzahlung Bücher annehmen mussten. Am wichtigsten war
die Beteiligung der Buchbinder. Je mehr sich der Sortimentshandel
organisierte, je mehr fiel der Kleinhandel, namentlich auf den
Jahrmärkten, den Buchbindern zu. Auf der andern Seite schmälerten
Reisende den Markt. In dem Grade wie die Bildung und die deutsche
Litteratur sich verbreiteten, stieg der Zudrang zum Buchhandel und
damit die Unsolidität.

                                                          Missbräuche im
                                                            Buchhandel.

Grossen Nachteil brachte ferner die Masse der Bücherauktionen.
Aus allen Winkeln wurden Bücher zusammengetrieben, gebundene und
rohe, komplette und defekte. Die Käufer wurden geprellt und gegen
die Buchhändler unwillig gemacht, die ihre Lager in jeder Weise
räumten, um Geld zu machen. An Stelle der Auktionen traten später die
Bücherlotterien, die sich bis in die Mitte des □xix.□ Jahrh. erhielten.
Nicht allein Sortimentslager, sondern ganze Verlagsgeschäfte wurden in
dieser Weise versilbert und das Publikum betrogen. Ebenfalls ein arger
Missbrauch war das, wennauch in seinen Anfängen nicht verwerfliche,
Pränumerationswesen, indem die Versprechungen gewöhnlich nur mangelhaft
oder gar nicht gehalten wurden.

                                                            Trennung des
                                                             Verlags vom
                                                              Sortiment.

Die Trennung des Verlags vom Sortiment wurde immer üblicher. Die
Zahl der Verleger wurde durch Buchdrucker vermehrt, die öfters durch
die ungünstigen Arbeitsverhältnisse zum Verlegen gedrängt wurden, um
das Personal in Zeiten zu beschäftigen, wo die Aufträge der Verleger
fehlten.

Hierdurch hörte das Tauschgeschäft ganz auf. Um die Artikel an den
Mann zu bringen, sah man sich genötigt die Neuigkeiten „in Kommission“
zu versenden. In dem letzten Viertel des □xviii.□ Jahrhunderts war
dies Geschäft vollständig organisiert und führte wieder zur Errichtung
der Kommissionslager und der Gross-Sortimentslager in Leipzig.
Viele Sortimentshändler zogen es vor, ihren Bedarf von den grossen
Leipziger Kommissionären zu beziehen, statt mit den vielen Verlegern in
Verbindung zu stehen.

                                                              Steigender
                                                              Nachdruck.

Durch diese Änderungen, verbunden mit der Verschlechterung des
Münzfusses, traten erhöhte Ladenpreise ein, wodurch wieder der
Nachdruck gefördert wurde, namentlich waren es der Süden von
Deutschland und Österreich, welche den Nachdruck gewerbsmässig
betrieben. Die kaiserliche Regierung leistete demselben in den
Erblanden Vorschub, indem sie in diesen die erteilten kaiserlich
deutschen Privilegien nicht respektierte, ein Beispiel, das gar zu
willig bei anderen deutschen Fürsten Nachfolge fand. Da der Verkehr
auf der Messe den Nachdruckern so gut wie verschlossen war, so nahmen
sie ihre Zuflucht zu dem Colportagehandel und zogen auch Buchbinder,
Landgeistliche, Schullehrer in ihr Interesse durch Gewährung von
grossen Rabatten. Die Verleger rechtmässig erworbener Schriften folgten
dem gegebenen Beispiel.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

IX. KAPITEL.

ITALIEN, SPANIEN, PORTUGAL UND DAS SÜDLICHE AMERIKA.

 □Venedig.□ Die Familie Aldus: Aldus Pius Manutius, Paul Manutius,
   Aldus □ii.□ Dan. Bomberg. Mechitar. □Rom□: Die Buchdruckerei
   der „Propaganda“. □Genua.□ □Florenz□: Die Giunta. □Padua.□ □Die
   Xylographie□: Cäs. Vecellius, der Clair-obscur-Druck. Ugo da Carpi,
   Graf Ant. Zanetti, John Jackson.

 SPANIEN UND PORTUGAL. Brocario und die complutinsche Polyglotte.
   Madrid. Ant. Bortazar. -- MEXICO. Joh. Kromberger, Juan Pablos.
   LIMA. PERU. ST. DOMINGO u. a.


RIESENHAFT waren bereits die Fortschritte Italiens in der ersten
Periode der Buchdruckerkunst gewesen, sie sollten in dieser zweiten
Periode noch weitergehendere werden.

                                                          Aldus Pius Ma-
                                                         nutius Romanus.

Der hervorragendste Wahrer und allezeit Mehrer des typographischen
Ruhmes Italiens war ganz besonders der Gründer der berühmten
aldinischen Familie. □Aldus Manutius□[1], der Mann, dem die Jünger
Gutenbergs neben diesem die grösste Verehrung schuldig sind, war in
der Zeit zwischen 1447 und 1449 in dem Städtchen Bassiano in der Nähe
der pontinischen Sümpfe geboren. Wenn Aldus von 1500 ab sich _Romanus_
nennt, so geschah es nur, weil diese Bezeichnung eine höhere Geltung in
den Augen des Publikums verlieh.

  [1] □A. A. Renouard□, _Annales de l'imprimerie des Alde_.
      Paris 1834. Dritte Auflage. -- □Ambr. Firmin Didot□,
      _Alde Manutius et l'hellenisme à Venise_. Paris 1875.

Sein Taufname Aldo ist der typographische Familienname geblieben;
Manuzio kommt selten vor, dagegen nannte sich Aldus gewöhnlich Aldo
Pio, welchen Namen ihm sein Zögling Alberto Pio, Fürst von Carpi, als
Zeichen seiner hohen Achtung zuerteilt hatte. Seit 1503 wird _Aldo Pio
Manuzio Romano_ oder _Aldus Pius Manutius Romanus_ geschrieben.

                                                           Seine Jugend.

Aldus hatte eine zwar gelehrte aber nicht gute Erziehung gehabt. Er
war in die Hände eines Pedanten geraten und fand erst später in Rom
seine wirkliche Ausbildung. Von seinem ernsten Streben und seinem Eifer
legen die vielen, von ihm kommentierten griechischen Ausgaben und seine
wertvolle griechische Grammatik Zeugnis ab.

In dem freundlichen Verkehr mit den fürstlichen Angehörigen seines
Zöglings, des Albertus Pius, namentlich dem gelehrten Johannes Pius,
entstand ohne Zweifel die erste Anregung, eine „gelehrte Buchdruckerei“
zu gründen und ist es auch wahrscheinlich, dass die Mittel zur Anlage
derselben von den genannten herrühren.

                                                        Etablissement in
                                                             Venedig.

□Venedig□, wo Künste und Wissenschaften blühten, schien mit Grund
der günstigste Boden für ein solches Etablissement. Aldus begab sich,
entweder in dem Jahre 1488, oder 1489, dahin. Sein erstes datiertes
Druckwerk ist Constantin Lascaris' griechische Grammatik, im Jahre
1495 vollendet. Wahrscheinlich ist es, dass zwei kleine Werke ohne
Datum, wenn auch später als das von Lascaris angefangen, doch früher
erschienen sind, nämlich Musäus' Gedicht Hero und Leander, griechisch
und lateinisch, und die _Galeomyamachia_, griechisches Gedicht von
Theod. Prodromos.

                                                         Die Ausgabe von
                                                           Aristoteles.

Mit rastlosem Eifer ging Aldus an das grosse Werk, eine griechische
Ausgabe von Aristoteles, die noch nicht existierte, herzustellen.
Um sich von dem Umfang und den Schwierigkeiten dieses Unternehmens
ein klares Bild zu machen, muss man sich vergegenwärtigen, dass der
Inhalt von fünf Foliobänden aus zahlreichen noch nicht herausgegebenen
Abhandlungen in verschiedenen, beinahe unleserlichen oder durch die
Unwissenheit der Kopisten korrumpierten Manuskripten zusammengestellt
werden musste, ohne dass der Herausgeber eine frühere Ausgabe als
Leitfaden zur Seite hatte, so dass er selbst die jeden Augenblick
entstehenden Zweifel nur durch seinen Scharfsinn lösen konnte.
Bedenkt man ferner, dass diese Arbeiten sich nicht auf den Aristoteles
beschränkten, dass Aldus vielmehr eine grosse Zahl anderer Ausgaben in
derselben Weise besorgt hat, so muss man seine Arbeitskraft staunend
bewundern und kann unmöglich streng über einzelne typographische oder
kritische Fehler mäkeln. 1495 wurde das erwähnte Werk, welches Aldus
zu dem ersten Rang sowohl als Buchdrucker wie als Herausgeber erhebt,
begonnen; 1598 war es vollendet. Inzwischen förderte er viele kleinere,
aber doch wichtige Ausgaben an das Tageslicht und seine Wahl wurde
stets mit Einsicht und Geschmack getroffen. Während seine Kollegen
sich noch grösstenteils auf den Druck mystischer, scholastischer oder
höchstens juristischer Werke beschränkten, war es Aldus vorbehalten,
eine neue Richtung vorzuzeichnen, und nichts hat mehr zur Verbreitung
der klassischen Studien beigetragen, als seine billigen, korrekten und
handlichen Ausgaben, die es beinahe jedem möglich machten, die Werke
anzuschaffen.

                                                          Griechische
                                                       Werke in Italien.

Die Annahme, dass Aldus der Erste war, der ganze Bücher mit
griechischer Schrift druckte, beruht auf einem Irrtum. Zwar wurde
noch gewöhnlich der Platz für griechische Zitate freigelassen, um
diese später hineinzuschreiben; man hat jedoch griechische, sogar
umfangreichere, Werke vor denen von Aldus, als: aus Mailand Lascaris'
Grammatik von 1476; aus Florenz Homer von 1488. Aber die Zahl war
klein und die Werke folgten einander langsam, während die griechischen
Ausgaben des Aldus so zahlreich waren und so schnell zum Vorschein
kamen, dass es selbst bei gewöhnlichen Druckwerken überraschend gewesen
wäre.

                                                        Lateinische Aus-
                                                             gaben.

                                                          Cursivschrift.

Nachdem Aldus eine grosse Zahl griechischer Meisterwerke gedruckt
hatte, ging er an die des alten Roms. Auch hier fing er mit einer
Grammatik, und zwar einer eigenen Arbeit, an. Um seine Bücher allgemein
zu verbreiten, fasste er den Plan zu einer Sammlung in klein Oktav
(_enchiridii forma_), wovon ein Bändchen jedoch ziemlich so viel,
wie sonst ein Quartband, enthalten sollte, und liess von □Franz von
Bologna□, der auch den Schnitt der meisten seiner übrigen Schriften
geleitet hat, seine berühmte schrägliegende Schrift schneiden, nach
Muster der üblichen _Cancellaresca Romana Cursiva_. Als nächstes
Vorbild soll Petrarcas Handschrift gedient haben. Da die Mehrzahl der
Bücher noch geschrieben war, so heimelte diese Buchschrift, die mit der
Feder geschrieben zu sein schien, die Leser zwar sehr an, und ganze
Bücher, zuerst der Virgil, wurden auch damit gedruckt. Bald jedoch
behielt die gefällige, zugleich kräftige Antiqua die Oberhand, und die
Cursiv wurde dann hauptsächlich nur zu den Einleitungen, Noten und als
Auszeichnungsschrift zu der Antiqua benutzt, bis in neuester Zeit die
fette, halbfette, Egyptienne, Stein- und andere Schriften ihr den Rang
abliefen. In Deutschland behielt die Schrift den Namen _Cursiv_; in
Frankreich hiess sie _Italique_ (auch _Penche_); in England _Italic_.

                                                             Die kleinen
                                                              „Aldinen“.

                                                          Die Nachdrucke
                                                          der „Aldinen“.

Man kann sich vorstellen, mit welcher Begeisterung die schönen und
bequemen Ausgaben des Aldus aufgenommen wurden. Der Sprung von den
schweren Folianten und Quartbänden zu diesen niedlichen Bändchen,
die man überall mit sich führen konnte, war nicht viel kleiner, als
von den Manuskripten zu dem Gedruckten überhaupt. Am 13. Nov. 1502
erhielt Aldus vom Senat ein zehnjähriges Privilegium für seine Cursiv
und am 17. Dezbr. ein solches vom Papste Alexander □vi.□, welches von
Julius □ii.□ und Leo □x.□ verlängert wurde. Auch sonst wurde er durch
Privilegien geschützt, die indes wenig respektiert wurden. Schon 1502
fingen die Lyoner, jedenfalls auf Antrieb der Giunta in Venedig, an,
die Aldinen nachzudrucken. Aldus beschwert sich in einer gedruckten
Anzeige, welche er wahrscheinlich verteilte, über den Schaden, der
ihm, und namentlich seiner Ehre, durch die fehlerhaften Ausgaben der
Lyoner zugefügt werde, und giebt die Fehler an, woran letztere zu
erkennen wären. Die Lyoner druckten Cartons oder neue Ausgaben und
berichtigten diese Fehler, so dass die Käufer nun erst ganz sicher
waren, Originalausgaben zu kaufen.

In den Jahren 1501-1505 entwickelte Aldus eine grosse Thätigkeit und
es verging kein Monat, worin nicht wenigstens ein klassisches Werk aus
seiner Offizin hervorging. Alles war an diesen Büchern gut; der Satz
mit Verständnis und Gleichmässigkeit besorgt; der Druck rein auf gutem
starken geleimten Papier, mit vorzüglicher Farbe, die noch heute ihre
Tiefe und ihren Glanz behalten hat.

                                                               _Aldi
                                                            Neacademia._

Aldus war selbstverständlich nicht imstande gewesen, die Riesenaufgabe,
die er sich gestellt hatte, allein zu erfüllen. Er verstand es aber,
einen Kreis von gelehrten Männern um sich zu sammeln, die von demselben
Streben, die Schätze der Litteratur allen zugänglich zu machen,
beseelt waren. Von diesen lebte eine Anzahl in seinem Hause ganz von
ihm unterhalten, während andere für Honorar oder nur für die Ehre
arbeiteten. Diese sogenannte _Aldi Neacademia_, gegründet gegen 1500,
versammelte sich an gewissen Tagen bei ihm und bestand aus etwa 30
Mitgliedern. Durch Tod und Wegzug lichteten sich aber die Reihen, und
die Akademie hörte nach einigen Jahren auf. Ausser mit den Mitgliedern
dieser stand Aldus selbstverständlich mit vielen anderen Gelehrten in
Verbindung, unter welchen sich auch Erasmus befand, mit dem er zuerst
in einem engen Freundschaftsbunde, später aber beinahe in Feindschaft
lebte.

                                                         Beabsichtigte
                                                        Polyglott-Bibel.

Der orientalischen Sprachen, besonders des Hebräischen, selbst mächtig,
wollte Aldus auch an den Druck hebräischer Werke gehen. Es existiert
aus den letzten Jahren des fünfzehnten Jahrhunderts ein Probeblatt
von einer Bibel in Folio, lateinisch, griechisch und hebräisch, mit
schönen Typen gedruckt, dieselbe ist jedoch nicht zur Ausführung
gekommen und Aldus hat sich somit den Ruhm nehmen lassen, zuerst
eine Polyglott-Bibel zu bringen. Dass weder von ihm, noch von seinen
Nachfolgern eine handliche Ausgabe des Neuen Testaments gedruckt worden
ist, mag vielleicht in den Verhältnissen zu Rom gelegen haben.

Gegen das Jahr 1500 verheiratete sich Aldus mit Maria Asola († 1520),
der Tochter von Andreas Torresanus aus Asola, welcher 1479 Jensons
Druckerei in Venedig gekauft hatte.

                                                         Geschäftliche
                                                        Schwierigkeiten.

1506 musste Aldus Venedig verlassen und seine Druckerei schliessen,
nachdem er durch den Krieg, welcher Italien verwüstete, den grössten
Teil seines Vermögens verloren hatte. 1507 fing er unter Sorgen wieder
zu drucken an, bis eine Assoziation mit seinem reichen, thätigen
Schwiegervater Andreas Asolanus ihn in den Stand setzte nach 1508 das
Geschäft wieder kräftig zu betreiben. In den Jahren 1510-11 ruhte es
jedoch nochmals und wurde erst 1512 wieder eröffnet, in welchem Jahre
auch sein dritter später so berühmte, Sohn, Paul Manutius, geboren
ward.

                                                          Tod des Aldus.

1513 und 14 entfaltete Aldus wieder grössere Thätigkeit und rüstete
sich für eine noch grössere, als ihn in seinem 66. Jahre der Tod am 7.
Febr. 1515 überraschte. Ob seine irdischen Überreste seinem Wunsche
gemäss nach Carpi gebracht wurden, wissen wir nicht. Der Abbé Zenier
liess im Jahre 1828 eine einfache Gedenktafel an dem Hause Nr. 2013
in der Nachbarschaft des _Campo di S. Agostino_, unzweifelhaft sein
Druckhaus, anbringen.

                                                    Sein Druckerzeichen.

Das berühmte Druckerzeichen des Aldus stellt einen, von einem Delphin
umschlungenen Anker vor und soll die, mit der Festigkeit verbundene
Beweglichkeit und Schnelligkeit, also das sprüchwörtliche _festina
lente_, symbolisch ausdrücken. Wie seine Typen und seine Ausgaben,
so wurde auch sein Druckerzeichen widerrechtlich von anderen, selbst
von den Giunta, nachgemacht, auch später von neueren Druckereien
angenommen.

       *       *       *       *       *

                                                        Andreas Torresa-
                                                          nus de Asola.

                                                          Paul Manutius.

Nach dem Tode des Aldus wurde die Buchdruckerei von seinem
Schwiegervater □Andreas Torresanus□ aus □Asola□ in Verein mit
dessen Söhnen □Franz□ und □Friedrich□ fortgeführt. Andreas war ein
tüchtiger Mann, wenn er es auch nicht so wie Aldus verstand, die
besten geistigen Kräfte für seine Unternehmungen um sich zu sammeln.
Die Kinder von Aldus lebten erst mit ihrer Mutter in Asola, kehrten
aber bald wieder nach Venedig zurück, woselbst □Paul Manutius□ eine
sorgsame Erziehung genoss, jedoch durch geistige Anstrengungen seine
Gesundheit so sehr schwächte, dass er sich mehrere Jahre hindurch ganz
von den Studien zurückziehen musste. Bald sollte er auch in anderer
Weise den Ernst des Lebens kennen lernen, indem das Geschäft infolge
von Familienauseinandersetzungen vier Jahre lang (von 1529-1533)
geschlossen blieb. In dem letzteren Jahre übernahm Paul, nur 21 Jahre
alt, die Buchdruckerei, vorerst für gemeinschaftliche Rechnung mit
seinen Geschwistern und den Asolas.

Trotz seiner Jugend zeigte er gleich den überlegenen Geist und trat
mit grosser Energie in die Fusstapfen seines Vaters. Da dieser die
griechische Litteratur beinahe erschöpft hatte, legte sich Paul
namentlich auf Herausgabe der lateinischen Klassiker und gewann zu
diesem Zweck die tüchtigsten Gelehrten für sich. 1535 liess er sich
zwar durch falsche Vorspiegelungen verleiten, nach Rom zu gehen, wo
sein eigentlicher Zweck sich bald als verfehlt ergab; aber die dort
angeknüpften Verbindungen mit vielen wissenschaftlichen Notabilitäten
kamen ihm später zu statten.

Nachdem die Druckerei in Venedig 1541 nochmals auf Grund von
Familienmisshelligkeiten geruht hatte, übernahm sie Paul endlich 1542
ganz für seine und seiner Geschwister alleinige Rechnung und heiratete
1546 Katharina Odoni, welche vier Kinder gebar, von denen das älteste,
Aldus, am 13. Febr. 1547 das Tageslicht erblickte.

Von einer schweren Krankheit genesen, ging Paul 1555 nach Bologna, wo
man ihn, ebenso wie in Ferrara und in Spanien, zu fesseln versuchte;
aber sein Lieblingsgedanke, ein Etablissement in Rom zu begründen,
liess ihn alle vorteilhaften Anerbietungen abschlagen. Inzwischen hatte
in Venedig der Senator Badoano, 1556, die Idee zu einer grossartigen
_Academia Veneziana_, mit der eine gelehrte Buchdruckerei verbunden
werden sollte, gefasst. Dem Paul Manutius beabsichtigte man den
Lehrstuhl der Beredsamkeit und die Direktion der Buchdruckerei zu
übertragen. Bedeutende Vorbereitungen wurden getroffen, aber die
Akademie nahm ein schnelles und klägliches Ende.

                                                           Ruf nach Rom.

Da machte der Kardinal Seripandi, im Namen des Papstes Pius □iv.□, dem
Paul ebenso vorteilhafte als ehrenvolle Anerbietungen, wenn er nach
Rom kommen wollte, um dort eine Reihe heiliger Bücher, Kirchenväter
u. s. w., herauszugeben. Es wurden ihm für die Zeit von 12 Jahren
jährlich 500 Dukaten in Gold, ferner 300 Dukaten Umzugsentschädigung
zugesichert, und seinem Sohne eine Pension von 150 Dukaten in Aussicht
gestellt. Die Druckerei sollte auf Kosten des Papstes, der auch alle
laufenden Ausgaben zu zahlen hatte, eingerichtet, der Verdienst aber
zwischen dem päpstlichen Stuhl und Paul geteilt werden. Solchen mit
seinen Wünschen stimmenden Anerbietungen konnte Paul nicht widerstehen.

                                                           Paul Manutius
                                                              in Rom.

In Rom wurde er mit grosser Aufmerksamkeit aufgenommen und gut
eingerichtet. Typen wurden durch Vermittelung von Thomas Giunta
geliefert; denn die berühmten Cursiv-Matern des Aldus, die in den
Besitz der Torresanis gekommen waren, wollten diese nicht hergeben,
während die griechischen Matern, die man einem Bruder des Paul,
Antonius, der eine kurze Zeit in Bologna etabliert war, anvertraut
hatte, durch dessen liederliche Wirtschaft verloren gegangen waren.

Aber diese Aussichten für Aldus waren nicht von langer Dauer. Die
eine Hälfte der Buchdruckerei ging als Eigentum auf den Magistrat von
Rom über, während die von dem Papst Sixtus □v.□ im Vatikan gegründete
typographische Anstalt ganz den Platz ausfüllte, der ursprünglich für
Pauls Druckerei bestimmt war. Die vorteilhaftesten Arbeiten wurden
dieser entzogen; der Magistrat verpachtete sogar seinen Anteil an
andere und nach dem Tode Pius' □iv.□ liess man im Jahre 1566 Paul die
Schlüssel abfordern. Zwar wurde diese harte Massregel auf Anordnung
Pius' □v.□ rückgängig gemacht, aber für Paul sollte keine rechte Freude
mehr aus seiner Stellung erwachsen.

                                                           Rückkehr nach
                                                              Venedig.

                                                          Wiederumzug
                                                        nach Rom u. Tod.

Der mancherlei Chicanen müde, gab er 1570 seine Stellung in Rom auf, um
nach Venedig zurückzukehren, wo es mit der, an Dom. Basa verpachteten
Aldinischen Druckerei auch nicht zum besten ging. Vorher wollte er
jedoch seine Gesundheit durch eine Reise kräftigen. Den ganzen Winter
1571 verbrachte er in Mailand. Nach Venedig, wo er nun nicht mehr im
eigenen Hause Herr war, kam er erst im Mai 1572, kehrte aber schon im
Juni nach Rom zurück, um seine Tochter, die er dort in einem Kloster
zurückgelassen hatte, zu holen. Hier wurde er von seinen Freunden so
gut aufgenommen, dass er seinen Entschluss änderte und ganz dort blieb.
Der neue Papst Gregor □xiii.□ war ihm sehr gewogen und er erhielt von
ihm eine zwar mässige, jedoch seinen Bedürfnissen genügende Pension.
1573 verheiratete er seine Tochter mit Alexander Honorio. Paul hatte
nun die Aussicht, ruhig seinen Freunden und seinen Lieblingsneigungen
leben zu können; aber ein so heiterer Abschluss seiner sorgen- und
mühevollen Wirksamkeit war ihm nicht vergönnt. Er starb schon 1574 in
den Armen seines Sohnes Aldus, allgemein geachtet, allgemein betrauert,
und ward in der Kirche _Sancta Maria sopra Minervam_ begraben, wo noch
eine einfache Namensinschrift auf einem Denkstein die Stelle seiner
Gruft bezeichnet.

       *       *       *       *       *

                                                             Aldus □ii.□

Sein Sohn □Aldus ii□., der älteste von vier Geschwistern, war, wie
erwähnt, 1547 geboren und ein frühreifes Kind, welches die Hoffnung
erregte, es werde seinem Vater und Grossvater gleich werden, wenn
nicht gar sie hinter sich lassen. Schon im zehnten Jahre war er bei
einer Ausgabe von Ciceros Briefen behülflich und im vierzehnten gab
er seine _Orthographiæ ratio_ heraus. Im Jahre 1562 ging er zu seinem
Vater nach Rom, wo er bis 1565 weilte, sich vielfach schriftstellerisch
beschäftigend.

Nach Venedig zurückgekehrt, wurde ihm von seinen Vettern Bernh. und
Hieron. Torresanus der Vorschlag gemacht, mit ihnen gemeinschaftlich
zu drucken, was sich jedoch zerschlug. 1572 heiratete er eine Tochter
aus der berühmten Buchdrucker-Familie der Giunta, Franzisca Lucrezia,
wodurch auch zwischen den rivalisierenden Familien eine geschäftliche
Verbindung eintrat, wahrscheinlich unter Mitbeteiligung Basas, des
Pächters der Aldinischen Druckerei, deren alleiniger Besitzer Aldus
nach dem Tode des Vaters geworden war.

                                                           Ruf nach Pisa
                                                           und nach Rom.

Einer Ernennung Aldus' zum Professor der schönen Wissenschaften (um
1576) folgte bald ein vorteilhafter Ruf nach Pisa von seiten des
Franz von Medici. Kaum hatte er diesen angenommen, als er ein noch
ehrenvolleres Anerbieten von Rom aus erhielt, und sein Ansehen war
so gross, dass sein Name, obwohl er die Stelle jetzt ausschlagen
musste, in die Liste der Professoren eingetragen wurde, und die Stelle
unbesetzt blieb. Gegen Ende des Jahres konnte er endlich diesem Ruf und
seiner Neigung folgen und nach Rom gehen, wo der Papst Clemens □viii.□
ihm auch die Aufsicht über die Vatikanische Druckerei anvertraute.

Die alte berühmte Aldinische Druckerei gab er 1585 ganz ab, überhaupt
war er mehr durch Umstände als durch Neigung Buchdrucker. Seine zeitige
geistige Reife und die ihm so früh zugefallene litterarische Ehre
hatten ihn der Druckerei abspenstig gemacht. Die Genugthuung, Bücher zu
schreiben, ging ihm über die lohnende materielle Arbeit der Förderung
der Buchdruckerei.

                                                          Aussterben der
                                                             Familie.

Aldus starb, nachdem seine vier Kinder ihm schon im Tode vorangegangen
waren, am 28. Oktober 1597 im 51. Jahre und mit ihm der letzte berühmte
Sprössling einer Familie, die der Wissenschaft und der Typographie die
grösste Ehre gemacht, und deren Ruhm nicht erlöschen wird, so lange
einer der zahlreichen Bände existiert, welche in dem Zeitraum eines
Jahrhunderts aus ihren Pressen hervorgingen. Renouard verzeichnet in
seinen Annalen 153 Ausgaben von Aldus Manutius; 109 von den Asolas; 592
von Paul Manutius; 215 von dem jüngeren Aldus; ausserdem noch 36 nicht
datierte Werke aus den Aldinischen Pressen, in Summa 1105 Ausgaben von
780 Autoren. Von Nachdrucken zählt er 64 auf.

       *       *       *       *       *

                                                             Die Familie
                                                                Giunta.

Glücklicher in ihren äusseren Erfolgen und spekulativer als die Aldi
zeigt sich die zweite berühmte Buchdrucker-Familie Italiens, die der
Giunta (Junta) in FLORENZ. Hat sie auch nicht die höchsten Ehren der
Familie Aldus erreicht, so nimmt sie wenigstens nach ihr die erste
Stelle ein und die Mitglieder der Familie waren, ohne selbst Gelehrte
von Rang zu sein, unterrichtete und tüchtige Männer, die ihre Kunst
thatkräftig und mit Vorteil zu üben verstanden.

                                                        Luc-Ant. Giunta.
                                                             Seine
                                                           Nachkommen.

Die Familie □Giunta□[2] gehörte zu den angesehenen in Florenz und
existierte schon im 14. Jahrhundert. Luc-Antonius und sein Bruder
Philippus, deren Vater Wollhändler war, begannen zu derselben Zeit, wie
Aldus in Venedig, zu drucken.

  [2] □A. M. Bandini□, _de Florentina Juntarum typgr._ 2 Bde.
      Lucca 1791.

□Luc-Antonius Giunta□ kam, nachdem er das Geschäft eines Buchhändlers
schon in Florenz betrieben hatte, um 1480 nach Venedig, wo sein
erstes Verlagswerk sich aus dem Jahre 1482 schreibt; Buchdrucker
ward er wahrscheinlich 1503. Eine seiner Hauptunternehmungen war der
Druck des Galenus in lateinischer Sprache. Während Aldus mit seiner
grossen griechischen Ausgabe bedeutenden Verlust hatte, druckten die
Giunta in der Zeit von 1522-1625 elf Auflagen ihrer lateinischen. Sie
spekulierten auf einen billigen Preis und reussierten.

Luc-Antonius starb im Jahre 1537 oder 1538 und einer seiner drei Söhne,
□Thomas□, übernahm die Buchdruckerei. Thomas hinterliess keine Kinder,
aber seine Neffen führten das Geschäft unter der Firma: _apud Juntas_
weiter und zwar mit so vielem Glück, dass ihr Nachfolger, □Gio-Maria
Giunta□, in den Jahren 1626-1628 jeder seiner zwei Töchter 100000
Scudi, nach jetzigem Geldwerte gleich 500000 Mark, mitgeben konnte.
Sie heirateten zwei venetianische Nobili Foscarini und Cornaro, und
mit ihnen endigte der venetianische Zweig der Familie, während das
Geschäft in Venedig auch von dem Florentiner Zweig fortgesetzt und 1642
von einem □Modesto Giunta□ geleitet wurde. Noch im Jahre 1791 wird eine
dieser Familie angehörende Persönlichkeit erwähnt.

                                                         Philipp Giunta
                                                         und sein Stamm.

□Philipp Giunta□, der Bruder Luc-Antonius', hatte Florenz nicht
verlassen und etablierte dort eine Buchdruckerei und Buchhandlung.
Sein erster Druck: _Zenobii Proverbia_, aus dem Jahre 1497, war ein
griechischer, ebenso der im Jahre 1500 folgenden _Orphei Argonautica_,
sonst druckte er nur lateinische und italienische Ausgaben, namentlich
in kleinem Oktav mit der, der Aldinischen nachgebildeten Cursivschrift;
den griechischen Druck nahm er erst 1514 wieder auf.

Philipp starb am 16. September 1517, nachdem er die erste griechische
Ausgabe von Plutarch, von ihm selbst redigiert, gedruckt hatte. Sein
Sohn Bernhard führte das Geschäft für die Erben weiter und ihm hat man
die berühmte Quartausgabe von Boccaccios _Decamerone_ zu verdanken,
die als Prototyp aller späteren Ausgaben diente, bis die Entdeckung
eines, im Jahre 1384 angefertigten Manuskriptes den Wert des Buches
verringerte. Der enorme Preis der Giuntaschen Ausgabe veranlasste 1729
einen Nachdruck, der in allen Äusserlichkeiten das Original nachzuahmen
versuchte; der Betrug wurde jedoch bald entdeckt.

Das Florentiner Haus kam zwar dem Venetianer an Reichtum nicht
gleich, hielt sich aber stets auf einem geschäftlich respektablen
Standpunkte. Bernhard starb 1551; die Druckerei wurde von einem
seiner vielen Söhne, Philipp, dirigiert und bestand noch im ersten
Drittel des 17. Jahrhunderts. Glieder der Familie etablierten sich in
Rom, Burgos, Madrid und Lyon, an letzterem Orte wohl zunächst in der
unedlen Absicht, die Aldinen ungestört nachzudrucken. Hinsichtlich der
Ausstattung stehen die Juntinen den Aldinen sehr nach und haben bei den
Sammlern nie das Ansehen gehabt wie letztere.

       *       *       *       *       *

                                                        Oriental. Druck.

                                                         Daniel Bomberg.

Was die Aldi und die Giunta für den griechischen, lateinischen und
italienischen Druck waren, war □Daniel Bomberg□ für den hebräischen.
Dieser Zweig der Typographie war bisher nur von den jüdischen
Buchdruckern zu Soncino, Neapel, Pesaro und Konstantinopel geübt.
Bomberg, gebürtig aus Antwerpen, war nicht Jude, gründete jedoch in
Venedig eine, nur der hebräischen und rabbinischen Litteratur gewidmete
Druckerei, in welcher er drei Ausgaben der Bibel mit den besten
rabbinischen Kommentaren in vier Foliobänden, ausserdem noch fünf
korrekte Handausgaben, einen prachtvollen babylonischen Talmud in zwölf
Foliobänden nebst mehreren rabbinischen Werken druckte. Die Korrektur
besorgte im Verein mit vielen tüchtigen Korrektoren der gelehrte Chaja
Maier Ben David. Die hebräischen Typen Bombergs gelten bis auf die
neueste Zeit für die schönsten, und ein Pergament-Abdruck seiner Bibel
von 1525, der sich auf der Wolfenbütteler Bibliothek befindet, wird als
ein typographisches Juwel betrachtet. Er soll zwischen 3-4 Millionen
Kronen für hebräischen Druck ausgegeben, und nicht genug auf seinen
eigenen Vorteil gesehen haben.

                                                               Mechitar.

Auch der sonstige orientalische Druck musste vorzugsweise in dem, mit
dem Orient so lebhaft verkehrenden Venedig Pflege und Unterstützung
finden. 1518 wurde hier der Koran arabisch gedruckt. 1701 gründete der
Armenier □Mechitar□ auf der Insel St. Lazaro bei Venedig ein Kloster,
mit welchem eine für orientalischen, speziell armenischen Druck
eingerichtete Druckerei verbunden wurde. Eine Foliobibel von 1733 mit
Kupfern ist wohl das erste grössere aus ihr hervorgegangene Druckwerk.

                                                         Greg. Gregorio.

                                                       _Congregatio de
                                                       propaganda fide._

Doch auch ausserhalb Venedigs wurde der orientalische Druck in Italien
geübt. Das erste gedruckte arabische Buch: _Septem horæ canonicæ_
erschien 1514 in FANO in der auf Kosten des Papstes Julius □ii.□ von
□Gregor Gregorio□ errichteten Buchdruckerei. Genua, Ferrara, Trient[3]
lieferten manches Beachtenswerte. In ROM hatte der Papst Pius □iv.□
schon die Vatikanische Bibliothek gegründet, welche von Sixtus □v.□
vervollständigt wurde. Als die im Jahre 1622 gestiftete Kongregation
zur Verbreitung des Glaubens (_de propaganda fide_) 1627 mit ihrem
Missionsseminar eine für die Zwecke der Mission eingerichtete Druckerei
verband, wurde die vatikanische Offizin hiermit vereinigt und durch die
orientalischen Schriften des berühmten Druckers und Stempelschneiders
□Stefanus Paoli□ vermehrt. Diese Druckerei lieferte nun in vielen
Sprachen Neue Testamente und Andachtsbücher, hat aber nie eine
Wirksamkeit entwickelt, die im Einklang mit ihren bedeutenden Mitteln
stand[4].

  [3] □E. Carmoly□, Annalen der hebr. Typogr. von Riva di
      Trento. Frankf. a. M.

  [4] □J. C. Amaduti□, _Catalogus libr., qui ex typ. S. Congr.
      etc. variis linguis prodierunt_. 7. Aufl. Rom 1773.

                                                                  Genua.

In GENUA erschien 1516 die erste Polyglotte, ein Psalterium in
hebräischem, griechischem, arabischem, chaldäischem Text mit drei
lateinischen Übersetzungen und mit lateinischen Interpretationen.
Der Verfasser war der Dominikaner Agostino Giustiniani, der Drucker
□Peter Paul Porrus□. Justinianus hatte die Absicht, die ganze Bibel
in derselben Weise herauszugeben, aber die Unterstützung, welche der
Versuch fand, war eine so geringe, dass er davon absehen musste. An die
Worte des □xix.□ Ps. 5. V. „ihre Rede gehet an der Welt Ende“ hatte er
eine Biographie des Columbus geknüpft, die jedoch so mangelhaft war,
dass der Rat zu Genua die Verbreitung verbot.

                                                                  Padua.

In PADUA[5] gründeten die zwei gelehrten Brüder Gaetano und Giovanni
Antonio Volpi eine bedeutende Buchdruckerei zur Herausgabe von
Klassikern und übergaben die Leitung dem □Giuseppe Comino□, der sich
durch grosse technische Tüchtigkeit auszeichnete. Die cominischen
Ausgaben der Klassiker, der Zahl nach zwanzig, sind sowohl wegen ihrer
Ausstattung als Korrektheit berühmt.

  [5] □F. Federici□, _Annali d. Tipogr. Volpi-Cominiana_. Padua
      1809. -- _Catalogus Stamperia Cominiana._ Padua. -- □G.
      Volpi□, _La libreria dei Volpi e la Stamperia Cominiana_.
      Padua 1756. -- □V. Fineschi□, _Notizie storiche sopra la
      stamperia de Ripoli_. Florenz 1781.

                                                                Verfall.

Die Blüte der, durch die Unterstützung fein gebildeter Fürsten und
Grossen, sowie einer reichen, unabhängigen Bürgerschaft geförderten
litterarischen Kultur ging mit dem Ende des □xvi.□ Jahrhunderts zurück;
mit ihr verfiel, wie überall, so auch in Italien, die Buchdruckerkunst,
die erst in viel späterer Zeit als anderswo, zugleich mit der, auch
spät errungenen, politischen, nationalen Unabhängigkeit und damit
verbundenen Press-Freiheit, sich wieder zu heben beginnen sollte.

       *       *       *       *       *

                                                                Die
                                                            Xylographie.

DER HOLZSCHNITT entwickelte sich in Italien nicht in demselben Masse
wie in Deutschland, und der Kupferstich behauptet den Vorrang. Nur
Venedig macht einigermassen eine Ausnahme. Doch übte Dürers Stil
seinen Einfluss auch in Italien und wir sehen sogar einen bedeutenden
Künstler, Marc-Antonio Raimondi, die Holzschnitte Dürers in Kupferstich
wiedergeben, weshalb ihn Dürer verklagte, wobei er jedoch nur
erreichte, dass es Raimondi untersagt wurde, Dürers Monogramm mit
nachzumachen.

                                                         Cesar Vecellio.

Eine merkwürdige Erscheinung auf dem Gebiete des illustrierten
Druckes ist die von Aldus (1499) herausgegebene _Hypnerotomachia_
oder der Kampf des Schlafes und der Liebe. Die reichen Illustrationen
wurden gewöhnlich □Benedetto Montagna□ zugeschrieben, von einigen
sogar Raphael, wahrscheinlich gehören sie aber einem, unbekannt
gebliebenen Künstler. Von Andrea Mantegna haben wir einige vorzügliche
Holzschnitte, ebenso von dem erwähnten Kupferstecher □Marc-Antonio
Raimondi□ (geb. 1488, gest. 1546). □Cesar Vecellio□ lieferte seine
berühmten _Habiti antichi e moderni_, 420 Kostümbilder, die von
Christoph Krieger (geb. 1550, gest. 1606) aus Nürnberg in Holz
geschnitten wurden[6]. Vecellius war ein Neffe Tizians und es ist von
Kennern behauptet worden, Tizian selbst habe die Originalzeichnungen
geliefert. Jedenfalls ist Vecellius sehr durch seinen berühmten
Verwandten beeinflusst worden und die Zeichnungen nähern sich
dessen grossartigem Stil. Die Ausführung in Holzschnitt ist leider
eine nur mittelmässige[7]. Sonst haben, besonders in Venedig,
eine Anzahl tüchtiger, aber dem Namen nach unbekannter Meister der
paduanisch-venetianischen Schule gearbeitet. Als Verfertiger der
vielen, mit dem aus den Buchstaben J. B. zusammengesetzten Monogramm
bezeichneten venetianischen Holzschnitt-Illustrationen ist nunmehr in
neuester Zeit □Giovanni Brito□ erkannt worden.

  [6] □Vecellius□ nennt □Krieger□, „_Christophe Guerra, mio
      amico et excellentissimo intagliatore di legno_“.

  [7] □Ambr. Firmin Didot□ gab von dem Werke eine gelungenere
      Reproduktion, welche zugleich Veranlassung zu der öfters
      erwähnten Schrift _Essai typographique_ gab.

                                                     Clair-Obscur-Druck.

In dem farbigen (_Clair-obscur_-)Druck behaupteten die Italiener das
Übergewicht; wenn sie aber auch auf die Erfindung Anspruch machen, sind
sie im Unrecht, da deutsche _Clair-obscur_-Drucke aus dem Jahre 1509
von Lucas Cranach existieren, während die ersten Drucke des angeblichen
Erfinders □Ugo da Carpi□ erst aus dem Jahre 1518 herrühren. Das
Verfahren besteht, wie schon kurz erwähnt wurde, darin, durch mehrere
Platten, in verschiedenen Farben oder Tonabstufungen gedruckt, den
Effekt des mit farbigen Tuschen gezeichneten oder in Sepia ausgeführten
Bildes hervorzubringen. Durch gänzliches Aussparen der lichten Stellen
fügt das, an diesen Stellen zum Vorschein kommende weisse Papier noch
die Wirkung hinzu, als wären weisse Lichter aufgesetzt. Öfters wurden
die ersten Konturplatten in Kupfer gestochen, die Töne aber mittels
Holzplatten aufgedruckt. Die Schwierigkeit der Ausführung dieser
Arbeiten liegt darin, dass die Grenzen der verschiedenen Platten sich
vollständig decken müssen, was bei dem Druck, trotz feinster Punkturen
und genauester Anlage, äusserst schwer zu erzielen ist, da das Papier
während des Druckes seinen Feuchtigkeitszustand, folglich seine Grösse,
ändert, auch die Punkturlöcher allmählich sich erweitern, was zur
Unsicherheit beiträgt.

Ausser Ugo da Carpi (gest. um 1520) besitzt Italien eine ziemliche
Anzahl tüchtiger Künstler in diesem Genre, unter welchen □Nicolo
Boldrini□ aus Vicenza und □Andreas Andreani□ (geb. 1540, gest. 1625)
bedeutende Plätze einnehmen. Letzterer gab Platten von grossen
Dimensionen nach den wundervollen Mosaiken Domenico Beccafumis
ausgeführt. Sein „Triumphzug Cäsars“, von Andrea Mantegna gezeichnet,
ist ebenfalls von grosser Bedeutung.

                                                            Graf Zanetti

                                                           John Jackson.

Noch in später Zeit machte sich der Graf □Anton Marie Zanetti□, geboren
in Venedig 1680, dort gestorben 1766, bekannt durch seine Bestrebungen,
den _Clair-obscur_-Druck aufs neue zu Ehren zu bringen. In einem
grossen Werke von 101 Blättern in Folio giebt er besonders Kopien
nach Parmesano. Leider wurde dieses kostbare Werk nur in 30 Exemplaren
gedruckt und dann die Platten vernichtet. In den Jahren 1738-1743 lebte
ein Engländer □John Jackson□, der in Papillons Schule sich ausgebildet
hatte, in Venedig, wo er eine Anzahl sehr tüchtiger Kopien von
berühmten italienischen Meistern in _Clair-obscur_-Manier fertigte.

       *       *       *       *       *


SPANIEN. PORTUGAL. DER SÜDEN AMERIKAS.

In SPANIEN und PORTUGAL machte die Buchdruckerei in dieser Periode
keine grossen Fortschritte. Die bis Ende des □xv.□ Jahrhunderts
gedruckten Bücher zeigen keine anderen Schriften, als die in
Frankreich verwendeten halbgothischen, und bis in die Mitte des □xvi.□
Jahrhunderts behalten die spanischen Bücher immer noch das Aussehen
derjenigen des □xv.□ Jahrhunderts.

                                                          Complutinische
                                                            Polyglotte.

Eine Berühmtheit der spanischen Buchdruckergeschichte weist die Stadt
ALCALA DE HENARES (_Complutum_) auf. Der Kardinal und Premierminister
Ferdinand des Katholischen, Franz Ximenes de Cisneros, hatte 1499
die dortige Universität begründet und einen ausgewählten Kreis von
Gelehrten, namentlich Linguisten, dahin versammelt. Man brauchte Bücher
für die Studierenden und berief □Wilhelm de Brocario□ aus Pampelona,
der als tüchtigster Buchdrucker Spaniens galt. Er druckte erst eine
Anzahl von Klassikern und dann auf Befehl des Kardinals die berühmte
Complutinsche Polyglott-Bibel in 6 Bänden in Folio (1514-1517), eins
der prachtvollsten Druckerzeugnisse damaliger Zeit. Den Kostenaufwand,
welchen die Ausarbeitung und Herstellung des Werkes verursachten,
schätzt man auf über 50000 Goldkronen. Nach der Vollendung beanstandete
der Papst Leo □x.□ die allgemeine Verbreitung, welche erst am 22. März
1520 zugestanden wurde. Die Übergabe des Werkes in den Verkehr fand
erst 1522 statt. Brocario druckte bis 1522; sein Sohn, □Johann□, noch
lange nach ihm. Berühmt war auch □Michel de Eguia□. Alfonse de Fonseca,
der Nachfolger Ximenes' bei Karl □v.□, trat ganz in die Spuren seines
Vorgängers und unterstützte die Kunst.

                                                                 Madrid.

Als MADRID 1560 Residenz geworden, zogen die Könige auch Buchdrucker
nach dort, und ernannten königliche Hofbuchdrucker, auch wurde, in
Nachahmung der Pariser Anstalt, eine königl. Buchdruckerei errichtet.
Die Kunst kam jedoch nicht recht in Flor; wollte man ein Buch recht
schön gedruckt haben, so suchte man vorzugsweise Plantin in Antwerpen,
oder dessen Nachfolger Moretus, auf. Unter den Madrider Buchdruckern
müssen wir □Johann de la Cuesta□ nennen, dem die Ehre vorbehalten
blieb, die erste Ausgabe von Miguel de Cervantes' unsterblichem Werke:
_El ingenioso hidalgo Don Quixote de la Mancha_, zu drucken.

Einen bedeutenden Namen hatte □Antonio Bortazar□ in Valencia. Der
König Philipp □v.□ wurde auf ihn aufmerksam gemacht; bevor jedoch die
Organisationspläne zur Ausführung kommen konnten, starb Bortazar. In
SEVILLA zeichnete sich □Johann Kromberger□, ein Deutscher, aus. Der
berühmteste Name der spanischen Druckkunst, □Joachim Ibarra□, gehört
der nächsten Periode an.

                                                            Süd-Amerika.

                                                                 Mexico.

Begreiflicherweise waren die Spanier die ersten, welche die
Buchdruckerkunst in MITTEL- und SÜD-AMERIKA einführten und zwar volle
hundert Jahre bevor Nordamerika eine Presse hatte. Dort, wie hier,
waren die, in dieser Periode gedruckten Schriften hauptsächlich
religiösen Inhalts. In MEXICO erschienen jedoch auch einige
geschichtliche Werke und viele sprachliche Bücher für den Gebrauch
der Eingeborenen, in den mancherlei Idiomen derselben abgefasst[8].
Was die Zahl, den Umfang und die Ausstattung der Bücher betrifft, ging
der Süden Amerikas bis gegen das Ende des □xvii.□ Jahrh. bedeutend dem
Norden voran.

  [8] □Joach. Garcia Icazbalceta□, _Apuntes para un catálogo de
      Escritores en lenguas indigenos de Amerika_. Mexico 1866.

Über die Zeit der Einführung und die Person des Einführenden herrschten
sehr abweichende Ansichten; jetzt steht es wenigstens unwiderleglich
fest, dass Bücher 1540 in Mexico gedruckt wurden, und dass die
Einführung der Kunst also noch vor diesem Jahre, wahrscheinlich um
1537, auf Betrieb des Vicekönigs Antonio de Mendoza geschah.

Lange galt die Annahme, dass das _Vocabulario en lingva Castellana y
Mexicana_ (1571) des Franziskaners Alonso de Molina das erste Werk und
□Antonio de Spinosa□ der erste Drucker gewesen. Die Druckerlaubnis
wurde 1569 erteilt und so ist auch das Vorwort datiert. Der erste
Teil dieses bedeutenden Werkes besteht aus 122, das zweite aus
162 numerierten Blättern in Folio, dasselbe also im ganzen aus 568
Seiten[9].

  [9] Dieses bedeutende Werk ist auf Veranlassung des Herrn
      □Dr. Jul. Platzmann□ in Leipzig zugleich mit einer Anzahl
      anderer der ältesten grammatikalischen Schriften Mexicos
      mit grossem Aufwand in ganz genauen Reproduktionen
      herausgegeben. Letztere sind vortrefflich in der W.
      Drugulin'schen Offizin in Leipzig ausgeführt. Von Dr.
      Platzmann erschien auch ein „Verzeichnis einer Auswahl
      amerikanischer Grammatiken etc.“, welche von ihm mit
      grosser Sorgfalt gesammelt wurden.

Später ward □Johan Krombergers□ Druck: _Doctrina Christiana_, in dem
Jahre 1544 mit gothischer Schrift ausgeführt, aufgefunden, die man nun
für das älteste Buch Mexicos hielt, bis auch diese Annahme, und zwar
durch sechs eigene Drucke Krombergers älteren Datums, widerlegt wurde.
Sein erstes Buch, _Manual de adultos_, von welchem jedoch nur die
letzten Blätter erhalten wurden, stammt nämlich schon aus dem J. 1540;
das zweite: _Relacion del espantable terremoto etc. de Guatemala_,
erschien 1541[10].

 [10] Ein Exemplar wurde in Leipzig 1869 in der Versteigerung
      Andrade (Bibliothek des unglücklichen Kaisers Maximilian
      von Mexico, von dem _British Museum_ für 2250 Mark
      angekauft.)

Nach den angesehenen Geschichtsforschern D. Padella, Alonzo Fernandez
und Gonzales Danila hat Juan de Estrada in dem Novizenhause zu Mexico
noch vor 1740 eine Übersetzung aus dem Lateinischen des Joh. Climachus:
_Escala esperitual para llegar al cielo_ geliefert und □Juan Pablos□
sie gedruckt. Nur nennt Danila den Verfasser _Juan de la Magdalena_,
was sich leicht als Klostername des Paters Juan de Estrada erklärt.

Es dürfte jedoch nicht gar zu schwer sein, diese widersprechenden
Nachrichten mit einander in Einklang zu bringen. Da der Vizekönig
Antonio de Mendoza 1535 nach Mexico kam und dem (oben erwähnten)
Kromberger in „Sevilla“ den Auftrag gegeben hatte, eine Druckerei in
Mexico anzulegen, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass Kromberger den
Juan Pablos nach dorthin gesandt hat, so dass dieser mit einem gewissen
Recht als der erste Drucker der neuen Welt bezeichnet werden, und
Kromberger doch die erste Druckfirma dort gewesen sein konnte. Pablos
kann also für Kromberger die erwähnte _Escala esperitual_ um 1537
gedruckt haben. Kromberger starb vor 1541, doch hat man später aus dem
Geschäft in Sevilla Bücher mit seiner Firma. Und so wird es wohl auch
in Mexico gewesen sein, bis wahrscheinlich Pablos das Geschäft erwarb,
denn 1550 kommt auf der _Doctrina Christiana_ seine Firma vor und dann
später öfters.

                                                             Südamerika.

Icazbalceta führt 93 in Mexico und 7 in PERU gedruckte Werke aus der
Zeit von 1540-1600 auf. Zeitungen hatten Mexico und LIMA mutmasslich
schon von Ende des □xvii.□ Jahrh. Die Jahrgänge 1728-1730 der
Mexico-Gazette sind noch vorhanden. Ein litterarisches Journal _Gazetta
de literatura_ erschien 1750.

Auf ST. DOMINGO war in der Stadt gleichen Namens eine spanische Presse
zu Beginn des □xvii.□ Jahrh. thätig. Es durfte jedoch nichts ohne
besondere Erlaubnis der Kolonialregierung gedruckt, und von jedem Werk
mussten derselben zwanzig Exemplare abgegeben werden. In PORT AU PRINCE
hatten die Franzosen 1750 eine königliche Druckerei etabliert.

SURINAM erhielt von den Holländern vor 1775 eine Offizin. In dem
portugiesischen Amerika scheint die Presse in den Händen der Regierung
geblieben zu sein und diese erst gegen Ende des Jahrhunderts in
Thätigkeit gewesen zu sein. In CORDOVA bestand bereits im □xvii.□
Jahrh. eine geheime Jesuitenpresse.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

X. KAPITEL.

FRANKREICH.

 Die Lage des Buchdruckers. Der Staat und die Presse. Die Xylographie,
   die _livres d'heures_. Anton Verard. Geofroy Tory. Jodocus Badius.
   Conrad Néobar. Berühmte Druckerfamilien. Die Stephane: Heinrich
   □i.□, Robert □i.□, Heinrich □ii.□, Ende der Familie. Die Gründung
   der königlichen Buchdruckerei. Ant. Vitré. Savary de Brèves. Lyon:
   Seb. Gryphius, Jean de Tournes, Steph. Dolet. Die Schriftgiesserei.
   Die Buchbinderkunst.


                                                          Unterstützung
                                                          und Bevormun-
                                                         dung der Kunst.

WENN auch die Unterstützung der Universität der Einführung der
Buchdruckerkunst in Frankreich grossen Vorschub geleistet und ihr
anfänglich auch materielle Vorteile gewährt hatte, so zeigten sich doch
andererseits bald die Nachteile durch stete Bevormundung und die Kunst
nahm, trotz einer Reihe von ausgezeichneten Druckerfamilien, unter
welchen, wie in Italien, wieder Eine alle anderen überragt, nicht die
freie Entwickelung, wie dort[1].

  [1] □P. Dupont□, Histoire de l'imprimerie. 2 Bde. Paris 1854.
      -- □A. Tarbouniech□, _Les livres d'heures_. Paris 1865.
      -- □J. Renouvier□, _Des gravures en bois dans les livres
      d'A. Vérard_. Paris 1859. -- □J. Renouvier□, _Simon
      Vostre_. Paris 1862. -- □G. A. Crapelet□, _Des progrès
      de l'impr. en France etc._ Paris 1836. -- □A. Bernard□,
      _Ant. Vérard_. Paris 1860. -- □A. Bernard□, _Ant. Vitré_.
      Paris 1857. -- □A. Vérard□, _Renseignements sur le prix
      des miniatures et des imprimés sur velin au XV siècle_.
      Angoulême 1859.

                                                            Vorteile der
                                                            Buchdrucker.

Nicht allein Bücher, sondern selbst das Material, als Schriften
und Farbe, waren abgabenfrei. Aber man wollte als Ersatz für diese
Begünstigungen, dass die Bücher auch äusserlich mit Sorgfalt behandelt
würden; man verlangte, dass sie sowohl mit guter Schrift als auch auf
gutem Papier gedruckt werden sollten, worüber Inspektoren zu wachen
hatten. Buchdrucker, Korrektoren oder Autoren wurden für die Fehler
verantwortlich gemacht und mussten nötigenfalls Cartons drucken lassen.
Wollten sie sich gegen Versehen Anderer schützen, so mussten sie
die, von ihnen korrigierten Bogen kontrasignieren und deponieren. Die
Bücher, die nicht im Besitz der vorgeschriebenen Eigenschaften waren,
wurden vernichtet und die Unachtsamen bestraft.

Auch auf mässige Preise hatten die Inspektoren zu halten, die
anfänglich zwar von den Druckereien aus eigenem Antrieb innegehalten
wurden, später aber nicht. Nicht weniger wurde der Zustand des
Materials überwacht. Das Abspenstigmachen eines Korrektors seitens
der Konkurrenten unterlag einer Strafe. Mit den auf Subskription
ausgegebenen Werken nahm man es sehr streng. Jeder Prospektus musste
von einem Probebogen begleitet sein, welcher ganz genau Format,
Papier und Schrift, sowie Umfang und Preis des Werkes angab. Bei
Übertretungen musste den Subskribenten der doppelte Betrag dessen, was
sie schon gezahlt hatten, vergütet werden, abgesehen von der sonstigen
gerichtlichen Brüche.

                                                         Das Zunftwesen.

Um als Buchdrucker oder Buchhändler aufgenommen zu werden war es
notwendig, vier Jahre gelernt und drei Jahre gedient zu haben,
Zeugnisse seiner Fähigkeiten im Lateinischen und Griechischen, seiner
Moralität und seiner Rechtgläubigkeit beizubringen, ausserdem bei
einem Examen zwei Drittel der Stimmen der acht Examinatoren für sich zu
haben. Die Meister waren berechtigt, den guten Arbeitern höher als nach
der Taxe zu zahlen, ohne dass diejenigen, welche diese Vergünstigung
wegen mangelhafter Arbeit nicht genossen, sich beschweren konnten.
Sowohl Lehrlinge als Gehülfen und Korrektoren wohnten in den Häusern
der Meister.

Der Pergament- und der Papierhandel unterlag ebenfalls der Kontrolle,
und der Universität waren in Bezug auf Ankauf Vorrechte eingeräumt.
Später bestimmte ein Reglement für die Papierfabrikation, dass
alles Papier geleimt sein müsse, und setzte strenge Strafen auf das
Untermengen der Masse mit Kalk oder anderen ätzenden Stoffen.

                                                       Fesseln verschie-
                                                           dener Art.

Aber solche Schutzmassregeln konnten selbstverständlich unter den
zerrütteten politischen und finanziellen Verhältnissen, und in
Ermangelung der Freiheit der geschäftlichen Bewegung und der Presse,
ebensowenig in Frankreich wie anderswo ein Zurückgehen der Kunst
verhindern. Fesseln der verschiedensten Art wurden der Presse angelegt
und das Schwert des Damokles hing fortwährend über den Häuptern der
Buchdrucker und Buchhändler.

Franz □i.□, der Typographie persönlich wohlgesinnt, bestätigte
alle vorhandenen Privilegien und stand, als die Sorbonne 1521 ein
fulminantes Verdammungsurteil über die Lutherische Lehre ausgesprochen
hatte und dadurch Gefahren über manche Buchdrucker und Buchhändler
heraufbeschworen wurden, zuerst auf deren Seite, liess sich jedoch
später verleiten, den strengsten Massregeln zuzustimmen. Zugleich
wurde die Zahl der Buchdruckereien in Paris auf nur 12 festgesetzt. Die
Thätigkeit der 12 auserwählten nahm dafür einen um so grösseren Umfang
an, so dass sogar Mangel an Arbeitern eintrat, was bereits damals
von den Gehülfen benutzt wurde, um einen wohlorganisierten Strike mit
gegenseitigen Unterstützungskassen in Scene zu setzen, welchem erst
1539 durch polizeiliche Massregeln ein Ende gemacht wurde.

Heinrich □ii.□ erliess ein Verbot, theologische Schriften ohne
Autorisation der theologischen Fakultät zu drucken, auch musste der
Name des Autors und des Druckers auf jedes Werk gedruckt werden.
Karl □ix.□ verwehrte 1563 unter Androhung der strengsten Strafe,
überhaupt etwas ohne Erlaubnis zu drucken; alle Bücher mussten von
seinem Geheimrate geprüft werden. Ludwig □xiii.□ erteilte 1616 dem
Grosssiegelbewahrer die Vollmacht, die Zensur jeder tauglichen Person
zu übertragen. Zur Handhabung der inneren Polizei ward ein Syndikat,
bestehend aus fünf Mitgliedern (_les gardes de la librairie_), 1618
errichtet.

                                                       Ludwig □xiv.□ und
                                                           die Presse.

Der Geschmack an der nationalen Litteratur, welcher schon zu Ende
der Regierung Ludwigs □xiii.□ namentlich durch die Gründung der
Akademie und durch die Werke Corneilles Nahrung gefunden hatte, gewann
allgemeine Verbreitung in der Glanzperiode der Litteratur und der Kunst
während der Regierung Ludwigs □xiv.□ und äusserte seine Wirkung auch
auf die Buchdruckerei, der der König, sowie sein Minister Colbert,
sehr zugethan war, was sie jedoch nicht verhinderte, die beschränkenden
Massregeln fortzusetzen. Die Zahl der Pariser Buchdruckereien wurde auf
36 festgesetzt. Zugleich wurde bestimmt, dass jede Druckerei wenigstens
vier Pressen und acht Sorten Antiqua- und Cursiv-Schriften haben müsse.

Die Aufhebung des Edikts von Nantes (1683) hatte zur Folge,
dass die französischen Papiermacher nach England gingen, wo die
Papierfabrikation noch keine hohe Stufe einnahm. Als Ludwig □xiv.□ die
Fortschritte der englischen Papierfabrikation bemerkte, wendete er
grosse Summen auf, um die Arbeiter zur Rückkehr zu bewegen, was ihm
auch gelang; jedoch, die Fabrikation, die einmal dort Fuss gefasst
hatte, entwickelte sich trotzdem auf das glänzendste.

Im Jahre 1723 wurde von Ludwig □xv.□ ein Dekret erlassen, durch welches
die Pressverhältnisse geordnet wurden und das bis zum Beginn der
Revolution Bestand hatte.

       *       *       *       *       *

                                                                Die
                                                            Xylographie.

Wenden wir unsere Aufmerksamkeit auch in Frankreich zuerst der
Xylographie zu, so finden wir, dass die Verhältnisse hier nicht
ganz so wie in Deutschland lagen. Dort war sie nicht, wie es hier
der Fall war, eine Lieblingsmanier der Künstler, um selbständige
Kunstwerke oder Kunstblätter herzustellen, sondern diente fast nur dem
Illustrationszweck, namentlich nur der Ornamentierung der Bücher. Die
Aufgabe, zu zeigen, was in letzterer Beziehung geleistet werden konnte,
fiel besonders den Andachtsbüchern zu. Die sehr beliebten illustrierten
Chroniken und Ritterromane enthielten fast nur rohe Umrisse, bestimmt
von den Künstlern ausgemalt zu werden, die öfters, wenn die Vorwürfe
ihnen nicht gefielen, die Stellen mit ganz anderen Kompositionen
ausfüllten und die vorhandenen Illustrationen ganz übermalten.

                                                             Die
                                                      _livres d'heures_.

Die Andachtsbücher (_livres d'heures_) wurden anfänglich fast nur
auf Pergament gedruckt, damit die Miniaturisten, von welchen Paris
eine Anzahl der gepriesensten besass, grössere Kompositionen und
Initialen, für welche Platz gelassen worden war, hineinmalen konnten.
Die bunten Figuren, nach byzantinischer Art auf Goldgrund gemalt,
boten einen prächtigen Anblick dar. Später versuchte man durch
Holzschnitte die Kunst der Miniaturisten, so weit dies ohne Farbe
möglich war, zu ersetzen und hatte es um 1486 soweit gebracht, solche
Bücher, dem Geschmack des Publikums angemessen, durch Hülfe allein der
Druckerpresse herstellen zu können.

                                                            Die
                                                      _Livres d'heures_.

Ein Teil der bekanntesten Herausgeber der _Livres d'heures_, als:
Pigouchet, Simon Vostre, Giles Hardoyn, Marnef, Michel le Noir u. a.,
nahmen die gothischen Schriften und den strengeren deutschen Stil an,
und manche Illustrationen verraten unverkennbar den Einfluss Dürers,
namentlich aus der Zeit seines Aufenthaltes in Venedig, so dass öfters
Dürersche Figuren, von italienischer Architektur oder Ornamenten
umgeben, vorkommen. Andere Herausgeber als: Guyot, Marchand, Gourmont,
Simon de Colines, Janot, Anabat, vor allen Geofroy Tory standen ganz
unter dem Einfluss des italienischen Geschmackes und adoptierten
folglich als Druckschrift die Antiqua.

Die schöne Ausführung dieser Bücher und ihr, im Vergleich zu den
Manuskriptenpreisen sehr wohlfeiler Ankaufspreis hatten einen
bedeutenden Absatz zur Folge. Man wandte sich von allen Seiten mit
Aufträgen nach Paris, wodurch die Buchdruckereien einen grossen
Aufschwung nahmen. Mit der zunehmenden Menge und Billigkeit liess
aber auch die Vortrefflichkeit der Ausführung nach. Die Feinheit
der Vignetten scheint auf Metallhochschnitt hinzuweisen, was durch
den Buchdrucker Jean Dupré, 1488, bestätigt wird, der von Vignetten,
_imprimées en cuyvre_, spricht. Wie hoch diese Bücher jetzt von den
Sammlern geschätzt werden, geht daraus hervor, dass die Preise seit dem
Beginn des Jahrhunderts bis auf das fünfzigfache gegen damals gestiegen
sind.

In wie weit die obengenannten und andere, deren Namen in Verbindung mit
den illustrierten Büchern gebracht werden, Drucker, Herausgeber oder
ausübende Künstler waren, ist nicht immer genau festzustellen.

                                                           Anton Verard.

□Anton Verard□, geboren zu Paris gegen d. J. 1450, gestorben 1512,
anfänglich Kalligraph und Miniaturist, hatte jedenfalls selbst eine
Buchdruckerei, obwohl es auch Bücher giebt, die bei Anderen für seine
Rechnung gedruckt wurden. Er widmete sich ganz besonders der Herausgabe
von Chroniken und Rittergeschichten. Ihm verdankt man die ersten
Ausgaben von Froissart und Monstrelet. Er wurde von der kunstsinnigen
Königin Anna von Bretagne sehr begünstigt und in verschiedenen seiner
Verlagswerke sieht man ein Bild, auf welchem er knieend der Königin
ein Exemplar überreicht. Die Zahl der von ihm herausgegebenen Werke
ist eine sehr grosse. Ist auch der künstlerische und litterarische
Wert dieser Bücher kein bedeutender, so trugen sie doch mächtig bei,
den Sinn für ritterliche Ehre und Ritterpflichten zu nähren, bis das
Erscheinen des Don Quixote dem Enthusiasmus einen mächtigen Dämpfer
aufsetzte. Von da ab haben diese Romane nur für den Bibliophilen Wert.

                                                           Geofroy Tory.

Unter den Herausgebern illustrierter Bücher, überhaupt unter den
Reformatoren der Kunst und der Schriftsprache in Frankreich, nimmt
□Geofroy Tory□ einen ganz hervorragenden Platz ein[2]. Geboren in
Bourges um das Jahr 1480, widmete er sich mit Erfolg den Studien,
begann zugleich um 1505 das Zeichnen und die Holzschneiderei. Eine
zeitlang trieb er diese und die Philosophie friedlich nebeneinander, er
war jedoch kein Mann der Halbheit, gab deshalb seinen Lehrstuhl auf und
widmete sich ganz der Kunst.

  [2] □Auguste Bernard□, _Geofroy Tory, Peintre, graveur etc._
      2. Ed. Paris 1869. Es ist ein Verdienst des deutschen
      Buchhändlers Edwin Tross, auf die allgemeine Anerkennung
      der grossen Bedeutung Torys eingewirkt zu haben.

                                                         _Champ-fleury._

Ein Werk des Italieners Sigismund Fanti über die Verhältnisse
der Buchstaben (Venedig 1514) gab Tory die Anregung zu seinen
späteren Arbeiten, auch waren ihm die Werke Dürers, in welchen
dieser sich mit Schrift beschäftigt, bekannt. Er liess sich in die
Zunft der Buchhändler aufnehmen, zu welcher er als Illuminator und
Holzschneider gehörte, und bereitete für ein Andachtsbuch eine Serie
von Einfassungen in antikem Stile vor. Während seiner Arbeiten, die
jedoch fast zwei Jahre durch den Schmerz über den Tod seiner geliebten
Tochter, Agnes, unterbrochen wurden, reifte bei ihm die Idee zu einem
linguistisch-typographischen Werke, das 1529 unter dem Titel erschien:
„_Champ-fleury, au quel est contenu L'art et science la deue et vraye
Proportion des lettres Attiques, qu'on dit autrement Lettres antiques
et vulgairement Lettres Romaines, proportionees selon le Corps et
Visage humain_“.

Das Werk zerfällt in drei Abteilungen. Die erste enthält die
Anweisung zu dem rechten Gebrauch der Sprache; die zweite behandelt
die Entstehung der Kapitalschrift und die Belehrung, wie die
Kapitalbuchstaben in Übereinstimmung mit dem Körper und dem Gesicht
eines wohlgebildeten Menschen stehen. Geistreiche Illustrationen in
Holzschnitt dienen zur Versinnlichung der Theorie, die zwar kaum für
etwas anderes als ein Paradoxon erklärt werden kann, jedoch in der
sinnreichsten Weise durchgeführt ist. Der dritte Teil wendet sich der
Praxis zu, und giebt genaue Zeichnungen der Buchstaben und begleitet
sie mit Untersuchungen über die Aussprache. Den Schluss machen
13 Alphabete, vier Gattungen französischer Schriften: _Cadeaulx_,
_Forme_, _Bâtard_, _Tourneure_, mehrere orientalische Schriften, grosse
Kapitalbuchstaben (_Imperiales_, _Bullatiques_), Phantasiebuchstaben
(_Utopiques_) mit Arabesken, verzierte Initialen u. s. w.

                                                         Einfluss Torys.

Das Werk, welches 1529 erschien, veranlasste eine wahre Revolution
in der französischen Typographie und Orthographie. In der Technik
wurde es eine Hauptveranlassung zur vollständigen Beseitigung der
gothischen Type und zu einem neuen Schnitt der Antiqua. Robert
Stephanus fand sich veranlasst, alle seine Schriften zu verwerfen und
andere einzuführen, die sich nun in ihrer neuen Gestalt beinahe bis zum
Anfang des □xix.□ Jahrhunderts unverändert erhielten. Noch wichtiger
waren die Veränderungen in philologischer Hinsicht, da von nun an die
Accente, Apostrophe und Cedillen, so wie eine verbesserte Orthographie
eingeführt wurden.

                                                          Tory wird Hof-
                                                           buchdrucker.

                                                           Torys Tod.
                                                       Seine Nachfolger.

Dies konnte von dem, die Wissenschaften und die Typographie so sehr
liebenden König Franz □i.□ nicht unbemerkt und unbelohnt bleiben. Er
ernannte Tory, 1530, zum königlichen Hofbuchdrucker, ein Titel, mit
dem reelle Einnahmen verbunden waren, auch wurde ihm zuliebe eine 25.
Stelle als Universitätsbuchhändler geschaffen, da die festgesetzte
Zahl 24 bereits voll war. Torys Todestag ist nicht genau bekannt,
er muss aber vor dem Jahre 1534 liegen, da seine Witwe, Perette le
Hulin, um diese Zeit das Geschäft fortführte. Im Jahre 1535 gingen
die verschiedenen Offizinen auf Olivier Mallard über; nur die
Holzschneiderei behielt die Witwe. Mallard, der das Zeichen Torys,
die zerbrochene Vase mit der Umschrift _non plus_, wahrscheinlich
eine Anspielung auf seine durch den Tod seiner Tochter vernichtete
Lebenskraft, fortführte, starb 1542. Das Material kam in die Hände
□Thielemann Kervers□. Der berühmte Schriftgiesser Claude Garamond, ein
Schüler Torys, war wieder ein Lehrer der nicht weniger berühmten Wilh.
le Bé und Jacques Sanleque.

                                                           Denys Janot.
                                                          St. Groulleau.

Die eigentliche illustrierte Litteratur, in der der Schriftsteller,
wenn nötig, sich der Illustration unterordnet, wurde von □Denys Janot□
(1530-1545), noch mehr von seinem Nachfolger □Stephan Groulleau□
(1547-1565) in System gebracht. Als Schriftsteller unterstützte sie
Gilles Corrozet mit seiner geschmackvollen Feder und als Künstler
□Jean Cousin□ mit seinem grossen Zeichnertalent. Es ist schwer die
Stellung der einzelnen Teile dieses vierblätterigen Kleeblattes genau
festzustellen. Die Begierde des Publikums nach ihren Produktionen war
eine so grosse, dass es nicht immer möglich war, sie zu befriedigen.
Man musste deshalb, in Ermangelung der schönen Renaissance-Vignetten,
öfters zu Zeichnungen älteren Datums greifen und so findet man, sogar
in einem und demselben Buch, oft neues und geschmackvolles neben altem
und stillosem.

Janots letztes Werk, _l'Amour de Psyché et de Cupidon_, erst durch
seine Witwe, aus der berühmten Buchdruckerfamilie de Marnef stammend,
herausgegeben, ist zugleich sein schönstes. Die Witwe heiratete 1547
Stephan Groulleau, der viele der zierlichsten illustrierten Ausgaben
lieferte. Gilles Corrozet, geb. 1510, starb 1568. Jean Cousin,
ebenfalls 1510 geboren, 1590 gestorben, war Zeichner, Goldschmied,
Bildhauer und Geometer.

                                                        Andere Künstler.

Von Zeichnern und Holzschneidern sind noch zu nennen: □Mercure Jollet□,
□Pierre Wojiriot□, nach seinem Geburtsort □de Bouzey□ genannt, ein
Schüler Cousins und vielseitiger Künstler. Die Prinzessin □Marie von
Medici□ (geb. 1573, gest. 1642) war nicht allein eine grosse Gönnerin
der Kunst, sondern soll auch die Xylographie in tüchtiger Weise geübt
haben.

□Jean Papillon□ (geb. 1660, gest. 1710) war der Stammvater einer
Holzschneider-Familie, die eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, ohne
eigentlich grosse Ansprüche darauf machen zu können. Am bekanntesten
ist Jean Papillon durch seinen: _traité historique et pratique de la
gravure sur bois_ (2 Bde. Paris 1766) geworden, ein Werk, das zwar
ohne Kritik geschrieben ist, jedoch eine Menge von Nachrichten über
zeitgenössische Künstler enthält, die man sonst nicht haben würde.

Von den Papillons ab sank der Holzschnitt vollständig und nur der
Kupferstich wurde zur Bücher-Illustration benutzt, nicht allein durch
Beigabe besonderer Blätter, sondern auch indem man Vignetten in den
Text eindruckte[3].

  [3] □H. Cohen□, _Les livres à vignettes du XVIII Siècle_.
      Paris 1873.

                                                         Jodocus Badius.

                                                         Mich. Vascosan.

Unter den zugleich gelehrten und tüchtigen Buchdruckern ist zu
nennen □Jodocus Badius□[4] (1498-1535), nach seiner Vaterstadt Asch
bei Brüssel auch Ascensius genannt. In Lyon hatte er bei Trechsel
als Korrektor fungiert und dessen Tochter geheiratet. Er druckte
über 400 Werke, die sich durch Schönheit und Korrektheit empfehlen,
und versah viele Klassiker-Ausgaben mit seinen Anmerkungen. Er war
zu gleicher Zeit Buchhändler, Buchdrucker, Schriftschneider und
Schriftgiesser. Seine drei Töchter verheirateten sich mit drei der
berühmtesten Typographen, Michael Vascosan, Joh. Roigny und Robert
Etienne. Der Sohn, □Conrad Badius□, ebenfalls ein tüchtiger Gelehrter
und Buchdrucker, ging, als Calvinist verfolgt, 1549 nach Genf, wo er
litterarisch und typographisch fortwirkte. Sein Schwager □Vascosan□,
dessen Bücher in Druck und Papier gleich schön und grösstenteils mit
Antiqua gedruckt sind, wurde 1566 königlicher Typograph und lieferte,
ungerechnet neue Auflagen, 297 Werke.

  [4] □E. Hoyois□, _Notice sur Jose Bade_. Mons o. J.

                                                          Die Familien
                                                        Morel u. Wechel.

Der Schwiegersohn Vascosans, □Friedrich I. Morel□ (1571-1583), ist
Stammvater einer gelehrten und berühmten Druckerfamilie, von welcher
der Sohn des Genannten, □Friedrich ii. Morel□, das bedeutendste Glied
war. Seine Kommentare zu den Psalmen sind noch heute hoch geschätzt.

Eine andere berühmte Familie war die Wechelsche, begründet 1522 von
□Christian Wechel□ aus Basel. Derselbe druckte öfters den Flavius
Vegesius, von dem mehr als 50 Ausgaben existieren, und gab die Werke
Dürers in lateinischer Sprache heraus. Maittaire verzeichnet 335 von
ihm verlegte Werke, durch welche er vorzugsweise die Medizin, die
Anatomie und die Chirurgie förderte. Er beschäftigte die berühmtesten
Korrektoren seiner Zeit, Friedr. Sylburge und Joh. Obsopäus. In
religiöse Streitigkeiten verwickelt, zog er es vor nach Frankfurt
a. M. zu gehen, wo er 1554 starb. Sein Sohn □Andreas□ (1535-1573)
war ebenfalls ein ausgezeichneter Drucker. Wie der Vater, nur noch
im höheren Masse, war er der Religion wegen Verfolgungen ausgesetzt.
In der Bartholomäusnacht entging er zwar der Todesgefahr, aber sein
Eigentum wurde konfisziert. Er zog, 1573, mit seiner Familie nach
Frankfurt (vergl. S. 131).

                                                        Die Familie Ste-
                                                             phanus.

Das Geschlecht, welches neben den Aldi zu den höchsten typographischen
Ehren gelangte und durch das ganze sechzehnte und einen Teil des
siebzehnten Jahrhunderts eine grossartige litterarisch-typographische
Thätigkeit entwickelte, war die Familie □Etienne□[5] oder nach
damaliger Sitte □Stephanus□, die mit dem □Heinrich Stephanus□ als
Stammvater begann.

  [5] □F. J. Almeloven□, _De vitis Stephanorum dissertatio_.
      Amsterdam 1633. -- □A. A. Renouard□, _Annales de
      l'imprimerie des Estienne_. Paris 1837. -- □Aug. Bernard□,
      _Les Estienne et les types grecs de François I_. Paris
      1856.

                                                     Heinr. □i.□ Stepha-
                                                            nus.

Sein Geburtsjahr kennen wir nicht, wissen auch nichts von seiner
Jugendgeschichte und in welcher Weise er die Fähigkeiten erwarb, die
ihm einen hervorragenden Platz unter den tüchtigsten und gelehrtesten
Buchdruckern sicherten. Eine kurze Zeit (1502 bis 1504) arbeitete er
zusammen mit einem gelehrten deutschen Buchdrucker □Wolfgang Hopyl□,
dessen Ausgaben bis 1489 zurück- und bis 1522 heraufgehen.

Die Ausgaben Heinrich □i.□ Stephanus' erreichen, so weit bekannt,
die Zahl von gegen 130, wovon einige in Gemeinschaft mit andern
Buchdruckern oder für fremde Rechnung, 107 aber für eigene Rechnung
ausgeführt wurden. Die meisten waren in Folio und mit grosser Sorgfalt
gedruckt. Der Inhalt ist beinahe ausschliesslich theologisch und
philosophisch, denn die klassische Litteratur war noch immer Domaine
der Italiener und hatte sich noch nicht nach Frankreich den Weg
gebahnt.

Heinrich, welcher 1520 im August oder September starb, hatte drei
Söhne, Franz, Robert und Carl, welche alle Buchdrucker oder Buchhändler
wurden. Die Witwe Heinrichs verheiratete sich das Jahr nach dessen
Tod mit □Simon de Colines□ (_Colinäus_), der mutmasslich schon
Teilhaber des Geschäfts gewesen war und nun Besitzer der Buchdruckerei
wurde, deren Schriftenvorrat er vermehrte, namentlich durch eine,
grösstenteils von ihm selbst geschnittene Cursiv. Er machte sich durch
seine schöne Klassikerausgabe berühmt.

                                                          Robert Stepha-
                                                             nus □i.□

□Robert□, der zweite Sohn, war 1503 geboren. Über seine Jugend wissen
wir nichts, wahrscheinlich ist er im väterlichen Hause geblieben, wo er
auch nach der Verheiratung seiner Mutter mit Colines arbeitete. Robert
heiratete Perette, die Tochter von Jod. Badius, die eine gelehrte
Bildung hatte und das Lateinische fliessend sprach. Überhaupt war
durch den steten Verkehr der Gelehrten in Roberts gastfreiem Hause, das
öfters durch die Besuche Franz □i.□ und Margarethas von Navarra geehrt
wurde, das Lateinische die tägliche Umgangssprache geworden, die selbst
den Dienstboten geläufig war. Perette ward die Mutter von acht Kindern
und starb gegen 1550, worauf Robert Margaretha Duchemin heiratete.

                                                          Seine Wirksam-
                                                               keit.

Roberts Wirksamkeit richtete sich auf die Herausgabe der so sehr
notwendigen Elementarbücher für das Studium der alten Sprachen
und auf korrekte Ausgaben der Klassiker; die Angabe, dass er seine
Korrekturbogen öffentlich aushing, gehört jedoch in das Gebiet der
Dichtung. Vor allem beschäftigte ihn die Herausgabe der heiligen
Schriften, lateinisch, griechisch und hebräisch. Schon die, 1523
in Sedez gedruckte, sorgfältig revidierte lateinische Ausgabe des
Neuen Testaments erregte das Missvergnügen der Sorbonne gegen den
jugendlichen Herausgeber auf Grund der Emendationen, welche er
notwendig fand, und gab das Signal zu den Verfolgungen, unter welchen
er sein lebenlang zu leiden hatte. Jede neue Ausgabe der Bibel brachte
ihm zwar neue Ehren, aber auch neue Sorgen und Anfeindungen, gegen
welche ihn die Gunst Franz □i.□ nur wenig zu schützen vermochte.

                                                       _Thesaurus linguæ
                                                             latinæ._

Die Zahl seiner Drucke beträgt über 600. Sein Hauptwerk, welches
allein als Ehrendenkmal für ihn genügend gewesen sein würde, ist der
_Thesaurus linguæ latinæ_ (1532). Die vergeblichen Versuche, ein altes
Vocabularium des Calepin zeitgemäss zu korrigieren, gaben dazu die
Veranlassung. Alle Gelehrten, die Robert anging, ein neues Lexikon
zu liefern, schreckten vor der Arbeit zurück, an die nunmehr Robert
selbst unter Beihülfe eines bescheidenen Gelehrten Joh. Thierry mit
einem solchen Eifer ging, dass das grosse Werk nach zweijähriger Arbeit
vollendet war. 1536 erschien eine zweite, verbesserte Auflage, eine
dritte 1543 und später noch weitere Ausgaben.

                                                           Conr. Néobar.

Bei Gelegenheit des Druckes seiner hebräischen Bibel (1539-1546) wurde
Robert am 24. Juni 1539 vom König Franz □i.□ zum königlichen Drucker
für die lateinischen und hebräischen Schriften ernannt, wozu noch im J.
1545 die Erhebung zu demselben Posten für das Griechische kam, welchen
zuerst □Conrad Néobar□ inne gehabt hatte. Es war der Aufmerksamkeit
Franz □i.□ nicht entgangen, dass die griechischen Drucke Frankreichs
trotz der Anstrengungen des gelehrten François Tissard im Verein
mit dem tüchtigen Praktiker Gilles de Gourmont, die zuerst 1507 ein
griechisches Buch in Frankreich gedruckt hatten, weit den italienischen
nachstanden. Dem wollte der König abhelfen und glaubte in Conrad
Néobar (1538-1540) den rechten Mann gefunden zu haben. Durch Patent vom
17. Januar 1538 wurde er zum königlichen Drucker für das Griechische
ernannt mit einem Jahresgehalt von 100 Goldthalern nebst den Vorteilen
der Universitäts-Angehörigen, auch sollten alle von ihm zuerst
gedruckten Werke auf 5 Jahre Schutz geniessen. Die Schriften sollte
Claude Garamond schneiden. Dies erlebte Néobar nicht, der schon nach
zwei Jahren starb, in der kurzen Zeit sich aber bereits einen berühmten
Namen erworben hatte.

                                                         Rob. Stephanus,
                                                         kgl. Typograph.

Stephanus übernahm nun die weitere Leitung. Die Zeichnungen zu der
Schrift rühren von dem berühmten Kalligraphen Angelus Vergecius (_Auge
Vergece_) her, zumteil auch von dessen damals erst fünfzehnjährigen
Schüler Heinrich, dem Sohne Roberts. Diese Schriften sind kaum durch
irgend eine spätere Produktion übertroffen und wurden bis in die
neueste Zeit in der kaiserlichen Druckerei in Paris verwendet. Auch der
berühmte Schriftschneider und Schriftgiesser Wilhelm le Bé wurde von
Robert, namentlich für die hebräische Bibel, beschäftigt. Dafür, dass
die hebräischen Schriften ebenfalls für königliche Rechnung geschnitten
wären, liegen keinerlei Beweise vor.

                                                             Robert geht
                                                              nach Genf.

Der fortwährenden Verfolgungen durch die Sorbonne müde, ging Robert
1550 oder 1551 nach Genf, um dort in der Ruhe, die er in Frankreich
nicht hatte finden können, mit den Reformatoren Calvin, Theodor Beza
u. a. zusammenzuleben, ihre Werke zu drucken und die Bibelausgaben
ungestört fortzusetzen. Es scheint, als habe Robert mit Standhaftigkeit
und Kraft die mit der Übersiedelung verbundenen Verluste und das
Ungemach aller Art ausgehalten. Seine Wirksamkeit in Genf war gleich
eine bedeutende, das Pariser Geschäft wurde jedoch nicht geschlossen
und 1556 beginnt sein Sohn Robert □ii.□ dort seine Ausgaben.

                                                        Die griechischen
                                                            Schriften.

Dass die Genfer Robert unentgeltlich als Mitbürger aufnahmen,
konnte ihm seinen Verfolgern gegenüber, gegen die er eine bittere
Rechtfertigungsschrift veröffentlichte, als eine Genugthuung gelten. Es
ist ihm vielfach zum Vorwurf gemacht, dass er die berühmten königlichen
griechischen Schriften mit nach Genf nahm. Sein Biograph Renouard hat
mit schlagenden Gründen ihn gegen den Verdacht, als habe er damit etwas
unrechtmässiges gethan, verteidigt. Im Jahre 1621 wurden die Schriften,
welche für 1500 Goldthaler dem Rate von Genf von Roberts Enkel, Paul,
verpfändet waren, von der französischen Regierung für 3000 Livres
gekauft und von Paul nach Paris gebracht. Bei den Verhandlungen deutet
nichts darauf hin, als sei Paul nicht rechtmässiger Besitzer der Matern
gewesen. Seit 1774 befinden sie sich in der Staatsdruckerei in Paris.

Seinem lateinischen Wörterbuch wollte Robert ein griechisches folgen
lassen. Mit den Vorarbeiten beschäftigte er sich lebhaft, wurde aber
dabei vom Tode überrascht. Den Zustand dieser Vorarbeiten kennen wir
nicht, doch müssen dieselben nach der Aussage des Vollenders, seines
Sohnes Heinrich, weit vorgeschritten gewesen sein.

                                                              Franz □i.□

Robert starb am 7. Sept. 1559, 56 Jahre alt. Von seinen acht Kindern
werden Heinrich □ii.□, geb. 1528; Robert □ii.□, geb. 1530, und Franz
□ii.□ Gegenstand weiterer Besprechung sein. Von Roberts □i.□ Bruder
□Franz i.□ ist wenig zu sagen; man kennt das Datum seiner Geburt
nicht, weiss auch nicht, ob er verheiratet war. Wahrscheinlich war
er nur Buchhändler; ein Buch von ihm später als aus dem J. 1548 kennt
man nicht, schliesst deshalb auf seinen frühen Tod um diese Zeit, der
vielleicht auch nur Schuld gewesen sein wird, dass er keine grössere
Berühmtheit erlangte; denn seine kurze Wirksamkeit zeugt von grosser
Tüchtigkeit.

                                                                   Karl.

Der jüngste Bruder Roberts □i.□, □Karl□ (geb. 1504 od. 1505), war ein
tüchtiger Arzt, geschickter Buchdrucker und ausgezeichneter Gelehrter.
Der Wegzug Roberts von Paris war der Grund, dass Karl wider seinen
Willen das Geschäft übernehmen musste; er setzte aber dabei seinen
ärztlichen Beruf fort. Die Druckerei übte er nur bis zum Jahre 1561,
produzierte aber in der kurzen Zeit eine Reihe von guten Ausgaben, die
einen ehrenvollen Rang unter den Erzeugnissen der Familie einnehmen.
Er starb 1564 im Gefängnis, worin er sich, einige behaupten wegen
religiöser Ansichten, andere wegen Schulden, befand; Thatsache ist,
dass er vieles verloren hatte und dass man seit 1561 geschäftlich
nichts weiter von ihm hörte.

                                                            Robert □ii.□

Nach dem Tode Roberts □i.□ fiel das Geschäft dem Sohne Heinrich □ii.□
zu und Robert □ii.□ wurde enterbt; doch scheint dies keineswegs ein
Akt der Rache gegen Robert gewesen zu sein, der dem katholischen
Glauben treu geblieben war, sondern eine aus Klugheit getroffene
Massregel; denn wir sehen □Robert ii.□ seine Wirksamkeit auf Grundlage
des früheren Pariser Geschäfts beginnen und in freundschaftlichem und
geschäftlichem Verkehr mit seinem Bruder bleiben. Er starb 1571. Seine
Witwe heiratete Mamert Patisson, einen tüchtigen Buchdrucker.

                                                          Heinrich □ii.□

□Heinrich ii.□, dessen Ruhm denjenigen der übrigen Mitglieder der
Familie noch überragte, war 1528 geboren, in demselben Jahre, in
welchem die berühmte lateinische Folio-Bibel seines Vaters erschien. Er
wurde von dem Lehrer des Dauphin, Pierre Danis, auf das sorgfältigste
im Griechischen unterrichtet; auch schrieb er das Griechische ebenso
kalligraphisch schön wie sein Lehrmeister Angelus Vergecius und trieb
eifrig Mathematik, selbst Astrologie. Von 1546 ab liess ihn der Vater
an den litterarischen Arbeiten teilnehmen, die er mit der Redaktion
des Dionysius von Halikarnass begann. Nach dreijährigen Reisen in
Italien, wo er die Bibliotheken durchsuchte und Italienisch wie ein
Eingeborener sprechen und schreiben lernte, kam er 1549 nach Paris
zurück, reiste aber schon 1550 nach England und 1551 nach Flandern,
wo er das Spanische studierte. Wahrscheinlich folgte er dem Vater nach
Genf, kehrte aber bald nach Paris zurück und ging dann wieder nach Rom.

Seine typographische Laufbahn begann Heinrich erst 1557. Zwar nennt
er sich _Typographus Parisiensis_, welches aber nicht ausdrücken
soll, dass seine Offizin in Paris war; die Bezeichnung sollte ihm
nur ein grösseres Gewicht in den Augen des Publikums verschaffen.
Wahrscheinlich auf Grund seiner Reisen und der Kosten des
Etablissements kam Heinrich bald in Verlegenheit, wurde aber durch
ein Mitglied der berühmten Familie Fugger, Hulderich, unterstützt und
erhielt von ihm eine jährliche Rente. Er nannte sich deshalb auch zehn
Jahre lang _Fuggerorum Typographus_. Dies hörte aber, zugleich mit der
Freundschaft, 1568 auf.

                                                       _Thesaurus linguæ
                                                             græcæ._

Mit grosser Energie ging Heinrich an die Fortsetzung der Wirksamkeit
des Vaters, in einer Weise, die seine körperlichen Kräfte überstieg.
Wenn auch die typographische Ausstattung ein wenig hinter der der
Pariser Ausgaben zurückbleibt, so kann ihnen dies doch den inneren
Wert nicht rauben. 1572 erschien das Werk, welches seinen Arbeiten
die Krone aufsetzte, der _Thesaurus linguæ græcæ_, aber er hatte
damit seine pekuniären Kräfte erschöpft. Den grössten Schaden that ihm
Johann Scapula durch einen Auszug. Obwohl Scapula an der Korrektur von
Stephanus' Werk und an der Redaktion teilgenommen hatte, entblödete er
sich nicht zu erklären, dass er nur zufällig den Thesaurus gesehen habe
und dass seine Arbeit ganz dem eigenen Geiste entsprungen sei. Eine
_editio posterior_, die Heinrich einige Jahre nachher veranstaltete,
ist nur durch Umdruck einzelner Blätter eine neue Ausgabe.

Von jetzt ab fängt Heinrich ein nomadisierendes Leben an, das erst mit
seinem Tode aufhören sollte. Er folgte darin zumteil seinen Neigungen,
beabsichtigte aber auch seine grossen Lagervorräte an den Mann zu
bringen. Namentlich Deutschland und seine Büchermessen besuchte er
regelmässig, kam auch nach Wien und selbst nach Ungarn; war ebenso
öfters in Paris, wo er vom König Heinrich □iii.□ gut aufgenommen wurde.

                                                   Heinrich □ii.□ stirbt
                                                          in Lyon.

1597 wollte Heinrich von Genf aus wieder Frankreich besuchen. Er
verblieb eine zeitlang in Montpellier, wo seine Tochter Florence an den
gelehrten Isaak Casaubon verheiratet war, dem er seine Mitwirkung bei
dessen litterarischen Arbeiten anbot. Diese scheint abgelehnt worden zu
sein und Heinrich setzte nun seine Reise weiter fort, kam krank nach
Lyon und liess sich in das Spital bringen, wo er in den ersten Tagen
des März 1598, gegen 90 Jahre alt, starb. Heinrichs finanzielle Lage
war zwar nie glänzend gewesen, doch haben wir nicht nötig anzunehmen,
dass ihn die Armut in das Spital führte. Seine Verlegenheiten gingen
nicht so weit, dass seine Existenz gefährdet war, und der Verkauf
seiner Werke deckte nicht allein seine Schulden, sondern liess auch
noch etwas für die Witwe übrig und erhielt die Druckerei seinem Sohne
Paul.

                                                                   Paul.

□Paul□ war zwar ein tüchtig gebildeter Mann, besass jedoch nicht
die geschäftliche Energie des Vaters, betrieb das Geschäft in wenig
hervorragender Weise und verkaufte dasselbe 1627 an die Gebr. Chouet.
Ein Sohn Pauls, □Antonius□, entwickelte Tüchtigkeit und Thätigkeit in
Paris, war jedoch nicht vom Glück begünstigt und starb 1674 schwach und
erblindet, 84 Jahr alt, im Hôtel-Dieu.

                                                             Franz □ii.□

Der jüngste Bruder Heinrichs □ii.□, □Franz ii.□, kam schon jung mit
seinem Vater nach Genf, wurde dort in der protestantischen Konfession
erzogen und wissenschaftlich ausgebildet. Im Jahre 1562 hatte er
in Genf eine Druckerei, die bis zum Jahre 1582 fortbetrieben wurde,
jedoch keine besondere Thätigkeit entwickelte. Später zog er nach der
Normandie.

Das grossartige Wirken der 1713 gegründeten Didot'schen Buchdruckerei
gehört der folgenden Periode an.

       *       *       *       *       *

                                                          Die kgl. Buch-
                                                            druckerei.

Es ist mehrfach angenommen worden, König Franz □i.□ habe die königl.
Buchdruckerei gestiftet; dem ist nicht so, und das Verhältnis der
„Königlichen Buchdrucker“ zu ihm ist schon oben klargelegt. Er förderte
die Kunst durch Unterstützung einzelner hervorragender Drucker in
dieser oder jener Richtung, wo es über die Kräfte des einzelnen
gegangen wäre, die notwendigen Opfer zu bringen. Das Verdienst, die
königliche Buchdruckerei gegründet zu haben, gehört Ludwig □xiii.□ und
dem Kardinal Richelieu[6].

  [6] □Aug. Bernard□, _Histoire de l'imprimerie Royale du
      Louvre_. Paris 1867. -- □F. A. Duprat□, _Histoire de
      l'impr. Royale de France_. Paris 1851.

Im Jahre 1631 hatte der zuletzt Genannte den Druck der liturgischen
und heiligen Schriften in verschiedenen, auch orientalischen
Sprachen, einem Consortium von Pariser Buchdruckern übergeben, unter
der Bedingung, dass eine Anzahl von Exemplaren zu Missionszwecken
der Regierung gratis zur Disposition gestellt würde. Der Verein
veröffentlichte auch mehrere solche Bücher in arabischer Sprache,
die Muselmänner wollten sie aber nicht annehmen, und Selim □i.□
erneute das strenge Verbot Bajazet □ii.□ (vgl. S. 76). Der Verein
entsprach überhaupt nicht den Absichten des Kardinals und hatte
selbstverständlich zunächst seinen eigenen Vorteil vor Augen. Richelieu
fasste nun 1640 den Entschluss, eine Staatsanstalt, □Die königliche
Buchdruckerei□, zu errichten.

                                                          Die königliche
                                                          Buchdruckerei.

Eine Grundlage war schon in den griechischen Schriften Franz □i.□
vorhanden gewesen, welche durch die Erwerbung der orientalischen
Schriften □Savary de Brèves'□ bedeutend vermehrt worden war. Der
Genannte war 1589 als französischer Gesandter nach Konstantinopel
gegangen, lebte dort eine lange Reihe von Jahren und hatte grosses
Interesse für orientalische Litteratur gefasst, eine bedeutende
Manuskripten-Sammlung angelegt und arabische, persische und syrische
Typen schneiden lassen, im ganzen über 1600 Stempel. Von Konstantinopel
zurückgekehrt, liess er mit seinen Typen 1613 in Rom, 1615 in Paris
drucken, wo mehrere Werke _ex typographia Savariana_ erschienen.

Savary de Brèves starb bereits 1627. Von mehreren Seiten erstrebte
man die Erwerbung der Typen, es gelang jedoch 1632 dem Buchdrucker
□Antonius Vitré□, diese und die Manuskripte im geheimen Auftrag des
Königs, der früher vergeblich 27000 Livres geboten hatte, für die
höchst mässige Summe von 4300 Livres anzukaufen.

Zwischen Vitré einerseits und den Erben de Brèves' und der Regierung
andererseits entstanden sehr langdauernde unerquickliche Differenzen;
schliesslich kamen die Typen nach dem Tode Vitrés 1691 definitiv in den
Besitz der königlichen Druckerei, welche sie den Pariser Buchdruckern
zur Disposition stellte. Die Typen waren bereits von Vitré zum Druck
der Polyglott-Bibel des Präsidenten le Jay benutzt. Diese Bibel in
hebräischer, samaritanischer, chaldäischer, griechischer, syrischer,
lateinischer und arabischer Sprache ist eins der merkwürdigsten
Druckerzeugnisse des □xvii.□ Jahrhunderts. Jay opferte mehr als 100000
Thaler für dieses Werk und ruinierte sich vollständig. Es lag, wie man
berichtet, ganz in seiner Hand, diesen Schlag abzuwenden, wenn er sich
dazu verstanden hätte, dem Kardinal Richelieu die alleinige Ehre als
Urheber einzuräumen; er wollte jedoch diese sich nicht nehmen lassen.

Die königliche Buchdruckerei ward auf das beste im Louvre eingerichtet
und □Sebastian Cramoisy□ zum Direktor ernannt. Richelieu hatte
namentlich Missionszwecke vor Augen und man begann daher mit dem
Drucke von Andachtsbüchern, die gratis verteilt werden sollten. Die
Wirksamkeit nahm aber bald eine typographisch grossartigere Richtung
an und man lieferte in dem ersten Jahrzehnt an 100 Werke, die mit dem
grössten Luxus und aller Sorgfalt ausgeführt, teilweise mit Stichen und
Vignetten der besten Künstler, selbst eines Nic. Poussin, geschmückt
waren.

                                                          Die königliche
                                                          Buchdruckerei.

Im Jahre 1692 bestimmte Ludwig □xiv.□, der sich nicht weniger als
sein Vorgänger für die kgl. Druckerei interessierte, dass ein grosses
Werk: _Description et perfection des arts et des metiers_, von
welchem der erste Band die Buchdruckerei, die Schriftgiesserei und
die Buchbinderkunst umfassen sollte, herauszugeben sei. Dieser Band,
der einzige, welcher überhaupt erschien, entsprach jedoch gerechten
Erwartungen nicht. Wichtiger war die Bestimmung des Königs, dass
eine besondere französische Schrift gezeichnet und geschnitten werden
sollte, welche nur in der königl. Druckerei Verwendung finden dürfe.
Zwar waren die, s. Z. von Claude Garamond geschnittene, vortrefflich,
man fand jedoch den Duktus etwas veraltet. Eine Kommission von
Akademikern wurde ernannt, die sich mit dem Schriftschneider Philipp
Grandjean in Verbindung setzte, in welcher ihm erst sein Schüler Jean
Alexandre 1723, dann dessen Schwiegersohn Louis Luce folgten. Die neue
prachtvolle Schriftengarnitur, welche 1745 vollendet wurde, leidet an
einer kleinen Geschmacklosigkeit. Die Schrift sollte, wie erwähnt,
nur für die kgl. Druckerei sein; man musste deshalb für sie etwas
eigentümliches erfinden. Dies bestand in einigen Strichelchen, welche
einer Anzahl Buchstaben angehängt wurden. Diese Geschmacklosigkeit
hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Die erste Verwendung fand
diese Schrift 1702 in einem Prachtwerke _Médailles sur les principaux
événements du règne de Louis le Grand_[7].

  [7] Bei der grossen Bedeutung, welche diese Schrift in der
      Geschichte der Typographie einnimmt, sei es gestattet
      noch einige Einzelheiten zu erwähnen. Sie besteht aus
      21 Graden mit den dazu gehörenden Cursivschriften und
      den grossen Initialen (_lettres de deux points_). Der
      St. Augustin-(Mittel-)Kegel, mit dem das oben erwähnte
      Werk _Description_ etc. gesetzt wurde, war der erste
      Grad, der als Prototyp für alle die anderen Grade
      diente. Der Punkt der kgl. Druckerei bildet den 6. Teil
      einer Linie des _pied du roi_; 2½ Punkte gleichen einem
      Millimeter. Die besonderen Kennzeichen sind, dass an
      einigen der gemeinen Buchstaben, namentlich den hinauf-
      oder heruntersteigenden, oben resp. unten, quer über den
      Grundstrich durchgehende horizontale Strichelchen statt
      der damals üblichen einseitigen, etwas schrägen Striche
      angebracht sind, und dass das l einen kleinen Ansatz an
      der Mitte der linken Seite des Striches bekam, welcher
      dem Buchstaben das Aussehen giebt, als hätte die Mater an
      dieser Stelle einen kleinen Fehler gehabt.

                                                          Die königliche
                                                          Buchdruckerei.

Aus den erwähnten Jahreszahlen ist bereits ersichtlich, dass Ludwig
□xiv.□ nicht die Vollendung der von ihm angeregten Verbesserungen
erlebte. Für die Anstalt blieb dies ohne weitere Folgen, denn der
Regent sowohl als der junge König Ludwig □xv.□ waren der Druckkunst
wohlgesinnt. Der letztere hatte sogar in den Tuilerien für seinen
persönlichen Gebrauch eine kleine Buchdruckerei, aus der ein Werkchen:
_Cours des principaux fleuves et rivières de l'Europe composé et
imprimé par Louis XV, roy de France et de Navarra. Paris_ 1718, stammt.

Die griechischen Typen des Néobar und Stephanus wurden restauriert,
hebräische geschnitten und die Anfertigung chinesischer Typen unter
der Aufsicht des Herrn de Fourmont angeordnet, womit der Anfang schon
1742 gemacht wurde, während die Vollendung des im ganzen missglückten
Unternehmens sich jedoch weit über die Grenze unserer Periode
hinauszog.

Wie Ludwig □xiv.□ die Vollendung des sorgfältig Angebahnten nicht
erlebte, so auch nicht der verdienstvolle Direktor Sebastian Cramoisy.
Er starb i. J. 1669; sein Nachfolger und Enkel □Marbre-Cramoisy□, ein
eben so tüchtiger Mann wie der Grossvater, 1687. Diesem folgte der
bekannte Lyoner Buchdrucker □Jean Anisson□, der 1709 sein Amt zugunsten
seines Schwagers und Associés, □Claude Rigaud□, niederlegte; nach ihm
traten wieder die □Anissons□ ein.

Die grossartigen Werke alle aufzuzählen, die aus der königlichen
Anstalt hervorgegangen sind, ist nicht möglich, erwähnt seien nur die
_Biblia sacra_ in 8 Folio-Bänden; die _Concilia generalia etc._, 37
Bde.; _Scriptores historiæ Byzantinæ_, 29 Bde.; _Gallia christiana_, 13
Bde., alle in Folio; _Buffon, histoire naturelle_, 33 Bände in Quarto.

Als ein Zeichen des Ansehens, worin die Buchdruckerkunst stand,
kann es gelten, dass die Sitzungen der von Richelieu gegründeten
französischen Akademie bei ihrem Buchdrucker und Buchhändler, □Jean
Camusat□, stattfanden, der öfters als Repräsentant der Akademie
verwendet wurde. Bei seinem Tode 1639 veranstaltete dieselbe eine
Leichenfeier, ausserdem ehrte man sein Andenken, indem man seiner Witwe
die Funktionen als Buchdrucker der Akademie liess, gegen den Willen
Richelieus, welcher diesen Posten Cramoisy zugedacht hatte.

Doch, wie erwähnt, das wahre belebende Prinzip, die allgemeine gesunde
freiheitliche Bewegung, fehlte und konnte nicht durch persönliche
Vorliebe der regierenden Häupter ersetzt werden; der Verfall der
Buchdruckerei in Frankreich wurde zwar lange aufgehalten, konnte jedoch
nicht abgewendet werden, als die Revolution und dann die Reaktion über
Frankreich hereinbrachen.

       *       *       *       *       *

                                                                   Lyon.

In Frankreich spielte ausserhalb Paris nur □Lyon□[8] eine wichtige
Rolle in der typographischen Geschichte Frankreichs, namentlich durch
die Produktion einer grossen Anzahl illustrierter Werke. Es entstand
eine besondere Holzschneiderschule, deren berühmtestes Mitglied
□Salomon Bernard□ war. Auch Werke deutscher Künstler erschienen in
Lyon, vor allen anderen zu nennen Holbeins „Totentanz“ und dessen
Illustrationen zu dem Alten Testament. Von der Bedeutung des dortigen
Druckgewerbes kann man sich daraus eine Vorstellung machen, dass
bei dem Einzug Heinrichs □ii.□ in Lyon, 1548, nicht weniger als 413
Drucker, prachtvoll kostümiert, ihn im festlichen Aufzug empfingen.

  [8] _Manuel du bibliophile et de l'archéologue Lyonnais._
      Paris 1857.

                                                          Jean Grandjon.

Ausser durch seine illustrierten Werke zeichnete Lyon sich durch schöne
Schriften aus. □Jean Grandjon□ lieferte 1558 eine Cursivschrift, die
berühmt geworden ist. Er suchte die Feinheit der Federzüge nachzumachen
in ähnlicher Weise wie es in der Theuerdanktype der Fall war. Auch das
Binden der Bücher erreichte, namentlich durch das Interesse, welches
□Joh. Grollier□ daran nahm, hier eine grosse Vollkommenheit (vergl. S.
215).

                                                          Seb. Gryphius.

Zu den bedeutendsten Buchdruckern Lyons zählte □Sebastian Gryphius□
(1528-1566). Er war zu Reutlingen geboren und einer der gelehrtesten
Männer seiner Zeit, der eine grosse Anzahl nützlicher Bücher in
lateinischer, griechischer und hebräischer, dagegen nur wenige in
französischer Sprache herausgegeben hat. Sein Sohn □Anton□, ebenfalls
ein sehr unterrichteter Mann, aber im Geschäft unpraktisch, starb arm.

                                                        Jean de Tournes.

Ein Schüler von S. Gryphius war □Jean de Tournes□ (geb. 1504, gest.
1564). Er stattete seine Bücher reichlich mit künstlerischem Schmuck
aus. Besonders hervorzuheben sind: _Delectus amicorum_; _Ovid_; mehrere
Ausgaben der Bibel und des Neuen Testaments. Er starb an der Presse
arbeitend. Der Sohn □Jean de Tournes□ war noch gelehrter als der Vater,
kam ihm aber als Buchdrucker nicht gleich. Der Reformation ergeben,
wurde er eingekerkert, sein Haus geplündert, seine Bücher verbrannt
und seine Papiere verwüstet. Zwar kam er mit dem Leben davon, als
aber Heinrich □iii.□ Todesstrafe über die Bekenner der neuen Lehre
aussprach, zog er nach Genf und gründete dort eine Buchhandlung und
Buchdruckerei, die bald in Flor kamen.

                                                           Steph. Dolet.

Das Leben des unglücklichen □Stephan Dolet□[9] (1508/09-1546) gehört
mehr der Litteratur-, als der typographischen Geschichte an. Dolet
stammte aus einer angesehenen Familie in Orleans, genoss einer
ausgezeichneten Erziehung, und zählte unter die gelehrtesten Männer
damaliger Zeit. Sein stürmischer Charakter und die Kühnheit seiner
religiösen Ansichten stürzten ihn in Ungelegenheiten aller Art. Von
Toulouse verbannt, flüchtete er nach Lyon und wurde Korrektor in
Gryphius' Offizin, wo er wahrscheinlich die Kunst lernte. Bereits
1536-1538 druckte Gryphius das bedeutendste Werk Dolets: _Commentarii
linguæ latinæ_. Nachdem er in einem Streit den Maler Henri Guillot
getötet hatte, war er gezwungen, Lyon zu verlassen, erhielt jedoch
durch die Protektion der Königin Margaretha von Valois und vieler
mächtigen Freunde die Erlaubnis, nach Lyon zurückzukehren, wo er 1537
eine Druckerei errichtete, aus der viele geschätzte Werke hervorgingen.
Seine scharfe Feder schaffte ihm überall Feinde, mit seiner
Kollegenschaft überwarf er sich, indem er in Lohnstreitigkeiten sich
auf die Seite der Gehülfen stellte. Mehrmals eingekerkert, flüchtig
geworden, dann wieder zurückgekommen, wurde er angeklagt, Schriften
zugunsten der Reformation gedruckt zu haben, und am 3. Aug. 1546 in
Paris lebendig verbrannt.

  [9] □Jos. Boulmier□, E. Dolet. Paris 1857.

                                                          Verschiedene
                                                        Drucker zu Lyon.

Ein ebenso gewandter Buchdrucker als Buchhändler war □Guillaume de
Roville□ aus Tours. An Geschmack wetteiferte er mit de Tournes, und
seine Druckwerke enthalten viele schöne Illustrationen. Er erwarb
sich grosses Ansehen und grosse Reichtümer. Die Gebrüder □Jean□ und
□François Frellon□ (1520-1570) sind namentlich als Drucker Holbeinscher
Illustrationen bekannt. Ausser den genannten hat Lyon auch im □xvii.□
Jahrh. noch manche tüchtige Buchdrucker aufzuweisen, unter diesen die
Mitglieder der Familie Anisson, deren bekanntestes, □Jean Anisson□,
in Verein mit seinem Bruder □Jacques□ druckte, bis er zum Direktor der
königlichen Druckerei im Louvre ernannt wurde. Anissons Druckerei war
die letzte von künstlerischer Bedeutung in Lyon, sie fabrizierte jedoch
später auch nur gewöhnliche Ware.

                                                                  Rouen.

Von den Provinzstädten ist noch □Rouen□ zu erwähnen, wo namentlich
ein grosses Druckgeschäft mit Missalen stattfand, welche nach England
ausgeführt wurden, und □Sedan□, wo eine, noch heute geschätzte,
Sammlung von Klassikern mit einer sehr kleinen Schrift, _Sedanoise_,
von □Jean Jannon□, gedruckt wurde.

       *       *       *       *       *

                                                       Schriftgiesserei.

Aus dem, was oben über die Schriften der kgl. Druckerei, der Stephane
und anderer in Paris und Lyon gesagt wurde, geht bereits hervor, dass
Frankreich in der STEMPELSCHNEIDEREI und SCHRIFTGIESSEREI den Vorrang
behauptete.

Die älteste der Privatschriftgiessereien ist die von □Guillaume le Bé□.
Mit den von ihm selbst geschnittenen Schriften vereinigte er 1561 einen
grossen Teil der Stempel des verstorbenen Garamond. Die le Bé folgten
sich in vier Generationen. 1730 kam das Geschäft in die Hände von
□Fournier l'ainé□.

Die Anfänge der zweiten Giesserei durch □Jacques Sansleque□, Schüler
des le Bé, reichen bis auf das Jahr 1596. Auch dieses Geschäft erbte
durch vier Generationen auf □Jacques□, □Louis□ und □Louis Eustache
Sansleque□.

                                                          Typogr. Punkt.

1736 begann □Fournier le jeune□, Bruder des Besitzers des le Béschen
Geschäfts, eine Schriftgiesserei eigentümlicher Art, indem er selbst
alle Schriften derselben zeichnete, schnitt, abschlug und justierte,
wozu er etwa 30 Jahre gebrauchte. Er schrieb das bereits erwähnte
_Manuel typographique_ (2 Bde. Paris 1764), dessen zweiter Band,
fast nur systematische Schriftproben enthaltend, uns ein ziemlich
klares Bild von dem damaligen Stande des Typenwesens giebt. In dem
ersten Band entwickelt Fournier sein, 1737 aufgestelltes, System des
typographischen Punkts, welches, später von Didot fortentwickelt, die
Einheit in der französischen Schriftgiesserei zuwege brachte[10].
Zwar bestand ein Reglement v. 28. Febr. 1723 sowohl in Betreff
der Schrifthöhe als der Progression der Schriftkegel. Dieses wurde
hinsichtlich der Höhe (10½ geom. Linien) nicht beachtet, so dass
letztere bis auf 10% differierte, und für die Kegel fehlte eine
„Normal-Einheit“, von welcher man auszugehen verpflichtet war, so dass
das Reglement gar keinen Nutzen erzielte.

 [10] □Fournier□ stellt als Ausgang für sein System ein
      Typometer auf von 2 Zoll oder 12 Linien, gleich 12
      Cicero. Jede Linie teilt er in 6 typographische Punkte.
      Die kleinste Schrift ist _Parisienne_ = 5 Punkte,
      dann steigen _Nonpareille_, _Mignonne_, _Petit-Text_,
      _Gaillarde_, _Petit-Romain_, _Philosophie_, _Cicero_
      je um 1 Punkt; darauf _Saint-Augustin_, _Gros-Texte_,
      _Gros-Romain_, _Petit-Paragon_, _Gros-Paragon_,
      _Palestine_ je um 2 Punkte, die dann folgenden grösseren
      Schriften wachsen in stärkeren Steigungs-Verhältnissen.

In der STEREOTYPIE hatte der Buchdrucker □Valeire□ bereits zu
Anfang des □xviii.□ Jahrh. Versuche gemacht und einen Kalender von
Messingplatten gedruckt. Die Typen wurden in Thon eingepresst; da die
Tiefe jedoch nicht gleichmässig war, konnten die Platten es auch nicht
werden.

       *       *       *       *       *

                                                         Die Buchbinder-
                                                              kunst.

                                                                de Thou.

Eine hohe Stufe erreichte die □Buchbinderkunst□. Als Förderer
derselben steht obenan der erwähnte □Jean Grollier□, Vicomte d'Aguisy
(1479-1565), Schatzmeister unter mehreren französischen Königen. Er
hatte in Italien schöne Einbände lieben gelernt, ahmte sie nach und
veredelte sie. Er liess die Bücher in seinem Hause binden und legte
selbst Hand mit an. Die Bände Grolliers mit der Devise: _J. Grolliero
et amicis_ gelten noch heute als Edelsteine der Buchbinderkunst und
werden mit den höchsten Preisen bezahlt. Mit Grollier übernimmt
Frankreich die Führung in der Buchbinderei und behauptet sie.
Ausgezeichnet in seinen Bänden war der Zeitgenosse Grolliers, □Geoffr.
Tory□. Als würdiger Förderer gegen Ende des □xvi.□ Jahrh. erwies
sich □Ch. A. de Thou□, Direktor der königlichen Sammlungen. Während
Grolliers und Torys Bände phantastische arabische Ornamente zeigten,
sind die Fonds der meist in Maroquin ausgeführten Bände de Thous
hauptsächlich mit an die Natur sich anschliessenden Verzierungen:
Lorbeer-, Öl- und Eichenzweige gefüllt, während die Ornamente in
die Zwischenräume der Ranken verwiesen sind. Die Bände de Thous sind
ausserordentlich gesucht und mit bis zu 15000 Fr. bezahlt. Ebenfalls
geschätzt und selten sind die bei weitem einfacheren gleichzeitigen
Bände des Königs Franz □i.□ Sie sind meist in schwarzes Leder oder
Sammet gebunden, nur mit der königlichen Chiffre und einem Salamander
in Gold geschmückt.

                                                        Bibliothek der
                                                      Diana v. Poitiers.

Prächtig und sehr geschmackvoll sind die Bände des Königs Heinrich
□ii.□, namentlich diejenigen, welche er für seine Geliebte, die
geistreiche Diana von Poitiers, herstellen liess. Das für sie mit
Aufwand aller künstlerischen Ausschmückung eingerichtete Schloss
Anet enthielt eine Sammlung von gegen 800 in Ziegen- oder Schafleder
gebundenen Bänden. Sie sind reich mit Symbolen der Liebe ornamentiert,
z. B. den verschlungenen Anfangsbuchstaben H und D, zu welchem
letzteren noch galanterweise das Zeichen der jungfräulichen Göttin
Diana, die Mondsichel, gefügt wurde.

                                                              le Gascon.

Unter den späteren Meistern ist □le Gascon□, der Buchbinder der Königin
Anna von Österreich, berühmt geworden. Er war durchaus originell,
verzichtete auf die Wirkung verschiedener Farben und wendete nur
einfache Goldpressung auf dem einfarbigen Untergrund an; die leeren
Stellen zwischen den Linien wurden mit Punkten oder kleinen Ornamenten
ausgefüllt. Seine Hauptepoche fällt in die Zeit von 1640-1655.

Als Ersatz für die Vielfarbigkeit suchte man dem Leder durch künstliche
Texturen und neue Färbungen Abwechselung zu geben; so erhielt der rote
Maroquin den Charakter der schuppigen Schlangenhaut, in welcher Weise
die Bücher des Ministers Colbert gebunden wurden, man ahmte Marmor,
Granit, Stoffe nach, verliess die Pflanzenornamente und die Arabesken,
imitierte durch Punkte Spitzenmuster oder überspannte die Decken wie
mit goldenen Spinnengeweben.

                                                     du Seuil, Padeloup,
                                                            Derome.

Zu Anfang des □xvii.□ Jahrh. wirken □du Seuil□, □Padeloup□ und
□Derome□. Die Goldpressung wird übermässig angewendet. In der
Ornamentierung herrscht Zerfahrenheit. Um 1750 tritt noch eine anmutige
Art der Goldpressung auf: Vögel, die sich in Ranken wiegen oder um
diese herumflattern. Der Üppigkeit der Zeit gemäss werden die Deckel
mit Atlas oder Sammet überzogen und mit Gold-, Silber- und anderen
Stickereien geschmückt, sogar die Gobelins werden der Buchbinderei
dienstbar. Man verfällt aber nach und nach in Geschmacklosigkeit und
geht in dieser so weit, beide Deckelseiten und den Rücken mit einem
fortlaufenden Bild zu überziehen. An Stelle des reichen Vorsatzes tritt
farbiges marmoriertes, gefedertes oder verschiedene Stoffe nachahmendes
Luxuspapier. Schon zu Anfang des □xviii.□ Jahrhunderts macht sich der
Papierüberzug als Ersatz für das Leder bemerkbar und die Periode des
Halbfranzbandes beginnt.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

XI. KAPITEL.

DIE NIEDERLANDE.

 Die Illustration. Christoph Plantin, seine Nachkommen, das Plantinsche
   Museum. Die Familie Blaeu. Die Elzeviere: Ludwig □i.□, Matthias und
   Bonaventura, Isaack, Bonaventura und Abraham □i.□ Johann und Daniel.
   Ludwig und Daniel, das Ende des Hauses. Die Nachahmer der Elzeviere.
   Die Familie Enschedé und die Schriftgiesserei.


DAUERTE es auch lange, ehe die Buchdruckerkunst in dem jetzigen
Belgien und Holland recht heimisch wurde, so trieb sie, einmal dorthin
verpflanzt, um so tiefere Wurzel; die Blütezeit derselben währte viel
länger als in Deutschland, der Verfall war dort nie so gross als hier.

                                                         Die typographi-
                                                         schen Eigentüm-
                                                           lichkeiten.

Dieselben Eigenschaften, welche die niederländische Malerkunst
auszeichnen, die grosse Sauberkeit der Ausführung und die über alle
Einzelheiten sich erstreckende minutiöse Sorgfalt, kennzeichnen
auch die dortige Typographie. Gleich den malenden Künstlern des
Landes verfolgten die Buchdrucker und Verleger im allgemeinen eine
realistische Tendenz. Sie veranstalteten eine Menge für das Leben und
die Wissenschaft nützlicher Werke, huldigten jedoch selten der idealen
Richtung, welche vorzugsweise in Deutschland, jedoch auch in Frankreich
und Italien, durch Zusammenwirken des Griffels der Künstler mit der
Feder des Schriftstellers die uns bekannt gewordene Reihe prächtiger
Erzeugnisse des Buchgewerbes hervorgebracht hat.

                                                       Die Illustration.

Dennoch blieben die Niederländer nicht ohne Verdienste um die
vervielfältigenden Künste, doch machen sich diese hauptsächlich in dem
Kupferstich und der Radierung, weniger in der mit dem Buchgewerbe enger
verbundenen Xylographie, geltend.

Deutschlands Albrecht Dürer stellen sie ihren □Lucas van Leyden□
(Dammetz, geboren 1494, gestorben 1533) entgegen. Er lieferte etwa 200
Stiche; für den Holzschnitt ist seine Thätigkeit eine unbedeutende.
Im _Clair-obscur_-Druck zeichnen sich aus: □Hubert Goltz□ (geb. 1524,
gest. 1583), dessen _Icones imperatorum Romanorum_ in Kupferstich mit
aufgedruckten Holzschnittplatten ausgeführt sind; □Abraham Bloemaert□
(geb. 1567, gest. 1647); und □Heinr. Goltzius□. Dieser nähert sich
in mancher Hinsicht Luc. van Leyden. Schon 1523 erschien bei Dodo in
Amsterdam eine Passion in 62 Blättern von einem ungenannten Künstler
(□Joh. Walter von Assen□?), welcher ein Jahrhundert vor Rembrandt in
der bekannten Manier dieses Künstlers zeichnete. □Rembrandt□ selbst
(geb. 1606, gest. 1665) hat sich im Holzschnitt versucht und □Joh.
Livens□ (geb. 1607, gest. 1663), sowie □Dirk van Bray□ (gest. 1680)
ahmten mit Glück seinen Stil im Holzschnitt nach, während Rubens'
Zeichnungen einen tüchtigen Dolmetsch in dem Holzschneider und Zeichner
□Christoph Jegher□ fanden, einem geborenen Deutschen, der 1620-1660 in
Antwerpen wirkte.

Eine Notiz von K. v. Heinecken hat zu vielen Debatten über einen
mystischen frühesten Xylographen der Niederlande „Phillery“ Anlass
gegeben. Allem Anschein nach schrumpft derselbe zu einem erst in den
zwanziger Jahren des □xvi.□ Jahrh. lebenden Holzschneider „Willem“
zusammen und beruht der Name Phillery wohl nur auf undeutlichen
Schriftzügen.

       *       *       *       *       *

Als Träger der Buchdruckerei erblicken wir in den Niederlanden wie in
Italien und Frankreich mehrere berühmte Familien, vornehmlich die der
Plantin, der Blaeu und der Elzeviere.

                                                           Blühende Lage
                                                             Antwerpens.

Das blühende und mächtige Brügge hatte auf Grund seiner Haltung
gegen den Kaiser Maximilian □i.□ seine Privilegien verloren, die auf
ANTWERPEN übertragen wurden. Hierdurch hatte die letztere Stadt seit
dem Beginn des □xvi.□ Jahrhunderts einen grossen Aufschwung als Depot
zwischen Nord und Süd genommen. Auch die Buchdruckerei behauptete dort
eine angesehene Stellung, und es erschienen viele wertvolle und gut
ausgestattete Werke. Unter Karl □v.□ erreichte die Stadt ihre höchste
Blüte, ward jedoch zugleich ein Angelpunkt für die reformatorische
Bewegung in den Niederlanden, welche, nachdem Karl □v.□ am 25. Okt.
1555 die Regierung zugunsten seines Sohnes Philipp □ii.□ niedergelegt
hatte, so schwere Zeiten über das Land heraufbeschwören, jedoch auch
ihre Freiheit begründen sollte.

                                                        Christ. Plantin.

Inmitten der politischen und religiösen Gährung liessen sich, um das
Jahr 1550 herum, Plantin und seine Frau Johanne Rivière in Antwerpen
nieder. □Christoph Plantin□[1], in Mont-Louis bei Tours in Frankreich
geboren, hatte bei Robert Macé in Caen gelernt und eröffnete nach
vielen Reisen einen kleinen Buchladen mit Buchbinderei, während seine
Frau mit Leinen-Waren handelte. Der Gerichtsschreiber Graphäus gab
Plantin seine Bücher zu binden und machte ihm kleine Vorschüsse. 1550
wurde er als Buchdrucker in die St. Lucas-Gilde aufgenommen, aber erst
1555 hatte er in dem von ihm angekauften Hause auf dem Freitagsmarkt
eine vollständig eingerichtete Offizin.

  [1] □C. Ruelens□ et □A. de Backer□, _Annales Plantiniennes_.
      Paris 1866. -- □M. Rooses□, _Plantijn an de Plantijnsche
      Drukerey_. Brüssel 1877. -- □Léon. Degeorge□, _La maison
      Plantin à Anvers_. 2. Aufl. Brüssel 1878.

                                                             Sorgsamkeit
                                                               Plantins.

Eifersüchtig auf den Ruhm derselben, sorgte er für die schönsten
Schriften und den besten Druck. Wennauch die Verwendung silberner Typen
in das Reich der Fabel gehört, so steht es doch fest, dass er in seiner
Giesserei mit dem Guss solcher experimentiert hat. Plantin gehörte auch
nicht zu den Druckern, die, nach dem Ausspruch des Erasmus, „lieber
6000 Fehler, wie Ameisen, in ihren Werken herumkribbeln sehen, als
einen tüchtigen Korrektor bezahlen“; im Gegenteil, er hatte sich die
Worte Heinrich Stephanus', dass „die Korrektur das für die Druckerei
ist, was die Seele für den Leib“, zu eigen gemacht. Überhaupt verstand
er, wennauch nicht in Besitz tiefer Kenntnisse, als vorzüglicher
Praktiker, dabei zäh ausdauernd in der Durchführung seiner Pläne, die
Talente Anderer zu benutzen.

                                                         Sein Korrektor
                                                         Corn. van Kiel.

Der erste seiner Korrektoren war der berühmte Cornelius van Kiel, oder
Kilianus (geb. um 1528, gest. 15. April 1607), der während seines
fünfzigjährigen Wirkens in dem Plantinschen Hause sehr zu dem Ruhme
desselben beitrug. Über alle Beschreibung anspruchslos, dachte van Kiel
nie daran, sich selbst geltend zu machen, zufrieden wenn nur das Haus,
an das er seine Existenz geknüpft hatte, gedieh.

                                                           Th. Pullmann.

                                                          Just. Lipsius.

Eine zweite Stütze hatte Plantin in dem gelehrten Theodor Pullmann
(geb. um 1510), von Profession ein Walkmüller, jedoch von seiner Jugend
ab den Wissenschaften mit Leidenschaft ergeben. Leider führte diese
ihn in seinem Emendieren der Klassiker zu weit, und oft füllte er die
Lacunen in kühnster Weise aus. Auch mit dem berühmten Justus Lipsius
stand Plantin in engem geschäftlichen Verkehr.

                                                         Franz Raphelin-
                                                               gius.

Einen Hauptmitarbeiter im Geschäft fand Plantin in □Franz
Raphelingius□. Derselbe hatte in Paris eifrigst griechisch und
lateinisch getrieben und seine Studien in Cambridge vollendet. Plantin
nahm ihn nicht allein als Korrektor auf, sondern gab ihm auch seine
älteste Tochter Margaretha zur Ehe. Als Plantin, 1582, das belagerte
Antwerpen verliess und das Geschäft in Leyden eröffnete, leitete
Rapheling die Stammoffizin und trieb zugleich den Buchhandel. Nach
der Rückkehr Plantins nach Antwerpen übernahm dagegen Rapheling das
Geschäft in Leyden und wurde an dortiger Universität Professor der
hebräischen Sprache. Er war ein Mann von bedeutenden Kenntnissen und
ein unermüdlicher Mitarbeiter an dem grossen Bibelwerke Plantins.

Eine geschäftlich noch kräftigere Stütze fand Plantin in □Johannes
Moretus□ (Jean Moerentorff), geboren in Antwerpen am 22. Mai 1543.
Anfänglich Arbeiter bei Plantin, gefiel er, wenn er auch dessen Ideale
von einem Buchdrucker nicht vollständig entsprach, doch durch seine
praktische Tüchtigkeit diesem noch mehr als der gelehrte Rapheling
und er gab ihm seine zweite Tochter Martina zur Frau. Die dritte
Tochter ward mit □Gilles Beys□, ebenfalls einem tüchtigen Buchdrucker,
verbunden, welcher der Filiale des Geschäfts in Paris vorstand.

                                                               Biblia
                                                             polyglotta.

Das Werk, welches den Namen Plantin in der Buchdruckerwelt unsterblich
gemacht hat, und in seinem Leben eben so eine Epoche bildet, wie der
_Thesaurus græcæ linguæ_ in dem Dasein des Heinr. Stephanus, ist die
„_Biblia sacra hebraice, chaldaice, græce et latine. Philippi II.
reg. cathol. pietate et studio ad sacro sanctæ ecclesiæ usum Christoph
Plantinus excud. Antwerpiæ_“.

Die erste Idee eines polyglotten Bibelwerkes[2] stammt von Aldus
Manutius, wie aus der in der National-Bibliothek zu Paris vorhandenen
Probe hervorgeht (S. 179). Diese dreispaltige Seite enthält den
hebräischen, griechischen und lateinischen Text und gab wahrscheinlich
Veranlassung zu der in den Jahren 1514-1517 in Alcala in Spanien
gedruckten Polyglotte des Kardinal Ximenes (S. 189), die bereits eine
grosse Seltenheit geworden, sodass öfters der Gedanke entstanden
war, eine neue Polyglottbibel zu drucken. Diesen Plan hatte auch
der Kurfürst August von Sachsen gefasst, gab ihn aber zugunsten des
Plantinschen Vorhabens auf. Auch Philipp □ii.□ beabsichtigte ein
ähnliches Werk ausführen zu lassen. Als Plantin ihm die Probebogen
seines Unternehmens überreichen liess, ging er bereitwillig auf dessen
Idee ein, bewilligte die Zahlung der für Druck und Papier allein auf
24000 Gulden veranschlagten Kosten, gewährte ausserdem einen Vorschuss
von 6000 Dukaten und bestellte seinen Kaplan Arias Montanus als
Überwacher der litterarischen Herstellung. Letzterer kam am 18. Mai
1568 nach Antwerpen und empfing vom König ausser seinem Gehalt noch
einen Zuschuss von 300 Kronen jährlich; für die Textrevision wurde eine
Anzahl tüchtiger Gelehrter gewonnen. Den Auftrag zur Anfertigung der
Schriften erhielt der berühmte Schriftgiesser Wilhelm le Bé in Paris.

  [2] □G. Outhuis□, _Geschiedkundig Verslag der voornamste
      uitgaven van de Biblia polyglotta_. Franecker 1822.

                                                   Druck der Polyglotte.

Der Druck begann im Jahre 1568 und dauerte bei fortwährender
Beschäftigung von 40 Arbeitern bis zum Jahre 1572. Anfänglich war
das Werk auf vier Bände berechnet; auf Plantins Vorschlag wurde
jedoch noch das Neue Testament in der syrischen Sprache, welches
bereits in Wien gedruckt war, mit einverleibt, so dass das Werk
mit Inbegriff der drei Bände „_Appendix_“ aus acht Bänden besteht.
Ausser 12 Pergament-Abdrücken wurden 1200 Exemplare gedruckt; 10
auf Imperial-Velin zu 40 Gulden das Ries; 30 Exemplare auf etwas
geringeres; 200 auf Royal-Velin aus Lyon und 960 Exemplare auf
Royal-Papier aus Troyes. Im Verhältnis zu den Kosten waren die
Verkaufspreise mässig gestellt. Der Preis betrug für eins der 200
Exemplare auf Royal-Velin 40 Kronen, für ein gewöhnliches 35 Kronen[3].

  [3] Eine ganz ausführliche bibliographische Beschreibung
      der Polyglotte befindet sich in □C. Ruelens□ et □A. de
      Bacher□, _Annales_ S. 128 u. f.

                                                        Schwierigkeiten.

Ein mühsames Werk war vollbracht; Plantin selbst sagt: „Jetzt, wo die
Bibel vollendet ist, stehe ich mit Überraschung und Erstaunen vor der
Arbeit, welche ich nicht nochmals machen möchte, selbst wenn man mir
12000 Kronen dazu schenkte, und obwohl sie jetzt, wo die Schriften und
die Einrichtung vorhanden sind, vielleicht um 6000 Kronen billiger zu
stehen kommen würde“. Nimmt man seine Aussprüche buchstäblich, so war
ihm nicht allein kein angemessener Vorteil, sondern sogar ein direkter
Nachteil aus der Arbeit erwachsen; jedoch, Plantin war ein schlauer
Geschäftsmann, der sich nicht gern tief in die Karten blicken liess.

Ohne Verdriesslichkeiten sollte es nicht abgehen. Der König wünschte
die Approbation des Papstes Pius □v.□ Dieser verweigerte sie jedoch
entschieden und Plantin erhielt Ordre, vorläufig kein Exemplar
auszugeben. Montanus musste im Auftrag des Königs nach Rom gehen, um
womöglich die Angelegenheit zu ordnen. Er kam gerade an, als Gregor
□ix.□ den Stuhl des verstorbenen Pius □v.□ eingenommen hatte und fand
den neuen Papst günstiger für die Sache gestimmt. Die Approbation
wurde 1572 erteilt. Hiermit waren jedoch die Anfechtungen nicht vorbei.
Einer der erbittertsten Feinde des Unternehmens, der Professor León de
Castro in Salamanca, denunzierte Plantin und Montanus der Inquisition.
Montanus reichte seine Rechtfertigung ein, erhielt aber erst nach vier
Jahren, 1580, insoweit Recht, dass das Buch dem Schicksal entging, auf
den Index der verbotenen Bücher gesetzt zu werden.

                                                        Plantin, _Proto-
                                                          typographus_.

Durch Patent vom 10. Juni 1570 wurde Plantin zum _Prototypographus_
der Niederlande ernannt. Es handelte sich dabei nicht um einen blossen
Ehrentitel. Er hatte die Rolle der Meister und Lehrlinge, sowie
der autorisierten Korrektoren, Holzschneider und Kupferstecher zu
führen, eine Liste über alle Werke, deren erster und letzter Bogen
ihm behändigt werden mussten, anzufertigen, und sollte ausserdem die
Bücherpreise bestimmen. Alle Änderungen in den Arbeiterverhältnissen
waren ihm anzuzeigen. Die Mühen und Verdriesslichkeiten bei diesem
Amte waren jedoch so gross, dass Plantin i. J. 1576 seine Entlassung
nachsuchte. Einmal war er sehr nahe daran, die Gunst des Königs zu
verscherzen, indem auf Veranlassung des Wiedertäufers Niclaes aus
Münster, mit dem er in inniger Verbindung stand, mehrere ketzerische
Schriften, angeblich freilich ohne Wissen des zufällig abwesenden
Besitzers, in seiner Offizin gedruckt wurden. Über seine religiöse
Überzeugung herrschte bereits lange einiger Zweifel, er verstand es
jedoch so gut, sich wenigstens äusserlich als guter Katholik zu geben,
dass er allen drohenden Gefahren entging.

                                                            Umfang von
                                                           Plantins Thä-
                                                             tigkeit.

Plantins Druckerthätigkeit blieb eine sehr grosse. Ruelens und Backers
Annalen zählen von ihm 1031 Druckwerke auf, obwohl viele Bibelausgaben
und Missalen nicht mit angeführt sind. Mit dem _Missale Romanum_ von
1522 fängt eine Reihe von prachtvollen liturgischen Werken an, durch
welche die Plantinsche Druckerei sich langezeit auszeichnete.

                                                        Schönheit seiner
                                                              Typen.

Die Typen des Plantin halten den Vergleich mit denen seiner
Zeitgenossen, Aldus Manutius und Heinr. Stephanus, vollkommen aus.
Seine Cursiv ist besonders elegant und nicht so schreibschrift-ähnlich,
wie die Aldinische. Die Antiqua ist etwas derb und breit, jedoch für
das Auge gefällig, leicht lesbar und den Schriften des Stephanus
vollständig ebenbürtig. Die griechischen Schriften sind schöner
als die des Aldus. Zu loben ist ferner die Genauigkeit des Gusses,
einschliesslich des Durchschusses und der Quadrate. Die ganze
Disposition der Titel, der Schriftkolumnen und der Vignetten zeigt
Geschmack und Verständnis.

                                                         Plantins Druck-
                                                             zeichen.

Das erste, 1555 angenommene Druckerzeichen Plantins war ein Baumstamm,
um welchen sich ein Weinstock schlingt, mit zwischen den Zweigen
herabhängenden Trauben. Ein Weinbauer ist beschäftigt die schlechten
Zweige abzuschneiden. Als Umschrift liest man _Excerce imperium et
ramos compesce fluentes_[4]. Als Zeichen bedient er sich von 1558 ab
des Zirkels, von einer Hand aus den Wolken geführt, mit der Inschrift:
„_Labore et constantia_“. Zwei allegorische, schildhaltende Figuren
versinnlichen des weiteren den Gedanken, worauf der Zirkel schon
hinweist: der feste Teil desselben deutet auf die Beständigkeit in dem
einmal Vorgenommenen; der bewegliche auf die rastlose Arbeit.

  [4] Abgebildet auf der Schlussseite von Ruelens, _Annales_.

                                                           Plantins Tod.

Plantin starb am 1. Juli 1589, 75 Jahre alt. Sein letztes Werk war der
□i.□ Band der: _Annales ecclestiastici Cæsaris Baroni Sorani_.

                                                          Die Nachfolger
                                                             Plantins.

Nach seinem Tode übernahm Rapheling das Leydener Geschäft. Beys behielt
die Pariser Filiale und Moretus die Antwerpener Offizin, deren Leitung
er schon seit zwei Jahren besorgt hatte.

□Johannes Moretus□ besass keine tiefergehenden Kenntnisse, verstand es
aber die Verbindungen mit den vielen Gelehrten aufrecht zu erhalten.
Als im Jahre 1592 die _Vulgata_ in Rom gedruckt wurde, erhielt er durch
päpstliches Breve vom 11. März 1597 für zehn Jahre das Alleinrecht,
jenseit der Alpen das Werk zu drucken und zu verbreiten, unter
der Verpflichtung, die grösste Sorgfalt auf Korrektur und Druck zu
verwenden und durchaus keine Änderungen vornehmen zu lassen.

                                                           Balthazar Mo-
                                                              retus.

Unter der Leitung von dem Sohne des Johannes, dem gelehrten □Balthazar
Moretus□, nahm die Plantinsche Druckerei noch durch lange Zeit eine
hochangesehene Stellung ein. Gegen die Mitte des □xvii.□ Jahrhunderts
jedoch schwand die Bedeutung mehr und mehr, und mit dem Beginn des
□xviii.□ Jahrh. war der geschäftliche Glanz des Hauses erloschen.
Äusserlich wurde jedoch alles mit grosser Pietät in dem alten Stand
gelassen und das Haus mit allen seinen reichen Sammlungen, welche
es, von dem grossen Publikum ungekannt und selbst für Auserwählte nur
schwer zugänglich, umfasste, sorgfältig erhalten. Da wurden seitens der
Verwaltung der Stadt Antwerpen Verhandlungen über die Erwerbung dieser
typographischen Schatzkammer angeknüpft. Nachdem der Graf von Flandern
die Initiative ergriffen hatte, zeigte sich die Staatsregierung
geneigt, einen wesentlichen Anteil der Kosten auf sich zu nehmen, der
aber später sehr zusammenschrumpfte. Schliesslich wurde i. J. 1875
ein Vertrag abgeschlossen, nach welchem das Haus und die Sammlungen
für 1200000 Franken, von welchen der Staat die 200000, die Stadt die
1000000, zahlte, in den Besitz der letzteren überging. Hiermit ist
ein wahres graphisches Museum für alle Zukunft erhalten, welches mit
jedem Jahr, das uns ferner von der früheren Geschäftsweise rückt,
an Wert gewinnt. Es ist geboten, demselben in einer Geschichte der
Buchdruckerkunst einige Seiten zu widmen.

                                                              Das „Hôtel
                                                               Plantin“.

                                                          Das Vestibule.

Das HÔTEL PLANTIN, auf dem Freitagsmarkt gelegen, nimmt die eine Seite
desselben ganz ein. Die Façade wurde durch Joh. Moretus restauriert,
das alte Merkzeichen jedoch erhalten. Hat man die Thorschwelle
überschritten, befindet man sich in einem Vestibule mit vier
Eingangsthüren, zwei rechts, zwei links, während eine gut erhaltene
Glasthüre das Vestibule von dem Hofe abschliesst. Eine besondere
Zierde des ersteren ist das Medaillonporträt des Balthazar Moretus,
darüber ein Adler, in der linken Klaue einen, zu dem Wappen der Moretus
gehörenden, Stern haltend.

                                                                Der Hof.

Der Hof bildet ein grosses Viereck, von dessen vier Seiten drei ihr
ursprüngliches Aussehen ganz behielten. Das Hauptgebäude besteht
aus einem Erdgeschoss und zwei Etagen; der rechte Flügel aus zwei
Etagen und einem Bogengang, der sich auch unter die Hälfte des
Hintergebäudes erstreckt, das ganz von den Zweigen und Blättern
eines dreihundertjährigen Weinstocks, zwischen welchen die mit Blei
eingefassten Fensterscheiben sichtbar werden, überdeckt ist. Der linke
Flügel, aus neuerer Zeit stammend, besteht aus Einer Etage. Büsten von
Plantin, Johannes, Balthazar und Joh. Jak. Moretus, Just. Lipsius u. a.
zieren die Façaden. Der ganze Hof übt in seiner Abgeschlossenheit einen
besonderen Reiz aus, es ist, als könne von aussen keine Störung hier
hineindringen. Nichts Verunstaltendes, nichts Zerfallenes, wennauch
die Zeit dem Gemäuer ihr Gepräge aufgedrückt hat; man fühlt sich um
Jahrhunderte zurückversetzt.

                                                         Der Setzersaal.

In der Werkstätte findet sich der Apparat für 20-25 Setzer vor. Die
Setzkästen sind noch gefüllt, die Tenakel stehen noch darauf befestigt.
Die Kästen sind nicht so hoch angebracht, wie bei uns, man arbeitete
sitzend, und die Sessel stehen noch in den Gassen; an den Wänden hängen
die Kolumnenschnuren. Es ist, als wäre die Arbeit nur von der üblichen
Mittagspause unterbrochen und als müsste sie baldigst wieder begonnen
werden.

Im Hintergrunde des Zimmers liegen auf verschiedenen Tischen: Linien
in allen Grössen, Schiffe mit noch nicht umbrochenem Satz, Durchschuss
u. dgl. Die hintere Wand ist von Aufsätzen mit Regletten und Keilen
eingenommen. Zwei zum Druck fertige Formen lehnen an der Wand. Auch
ein Stoss Papier steht noch da. An der linken Langseite sind sieben
hölzerne Pressen aufgestellt.

                                                          Das Zimmer der
                                                           Korrektoren.

Durch zwei kleine Räume, von denen der eine das Arbeitszimmer des Just.
Lipsius war, der andere die Revisionsbogen von verschiedenen Werken
in bester Ordnung enthält, kommt man in das Zimmer der Korrektoren,
ein längliches Viereck und einer der grössten Räume des Hauses. Alles
steht noch auf seinem alten Platze, alles spricht von den grossen
Arbeitern, deren Namen mit dem Ruhme des Hauses Plantin verbunden sind,
und die hier viele Jahre in rastloser Wirksamkeit zugebracht haben. Zur
Rechten steht eine enorme Truhe, gefüllt mit Briefen, Korrekturbogen,
Manuskripten, weiter das Pult der Korrektoren, ein Meisterstück der
Holzschnitzerei. Eine Seite desselben lehnt an der Mauer. An zwei
Seiten sind Sitze mit hohen Rücklehnen und reichen Bildschnitzereien
auf einem Podium angebracht, so dass man eine Stufe hinaufsteigen muss.
Unter dem Pult befinden sich viele Fächer. Zwei mächtige Repositorien
enthalten eine grosse Anzahl von Kästen, jeder derselben trägt den
Namen einer der Städte, mit welchen Plantin Verbindungen unterhielt,
und umschliesst die Aushängebogen der in Arbeit befindlichen Werke
aus dieser Stadt und die darauf bezügliche Korrespondenz. Der übrige
Wandraum ist mit Wandschränken und Regalen ausgefüllt, welche Pakete
mit Vorratsschriften und Defekten zu den in Gebrauch befindlichen
Schriftsorten enthalten; durch alles geht der Geist der genauesten
Ordnung.

                                                            Bücherstube.

                                                       Schriftgiesserei.

In dem obern Stock ist die Bücherstube für das Trocknen, das Abpressen
und Komplettieren der Bücher. Hier steht auch ein Schatz von hohem
Wert, ein Schrank, dessen Kästen eine bedeutende Anzahl, mit grösster
Akkuratesse geordneter Geschäfts- und Familienbriefe bergen. Die
Schriftgiesserei nimmt zwei Räume ein; der eine für das eigentliche
Giessen bestimmt, der andere für das Schleifen, Fertigmachen und
Verpacken. Auch das Firniskochen wurde hier besorgt. Ferner zeigt man
eine Bronziermaschine. In diesen Räumen steht ebenfalls alles da, als
ob die Arbeit eben aufgehört hätte. Das Handwerkszeug hängt an den
Wänden, die Giessöfen enthalten Reste von flüssig gewesenem Metall.
Probepakete, Stempel, Instrumente liegen umher. Auch einige silberne
Buchstaben finden sich vor, jedenfalls Resultate von unpraktisch
befundenen Versuchen, Typen aus diesem Metall zu formen.

                                                         Die Bibliothek.

Die grosse Bibliothek (es giebt auch eine kleine) ist ein längliches
Viereck, dessen Wände, soweit sie nicht durch die Fenster unterbrochen
werden, mit Regalen bedeckt sind. Durch die ganze Länge des Zimmers
zieht sich ein Doppelpult, unten mit Fächern versehen. Hier lagern
Bücher, Zeichnungen, Stiche nach Rubens, Teniers, van Dyck, Jordaens
u. a., fast alle in den ersten Abdrücken vor der Schrift. Ein Album
umfasst mehr als vierhundert Handzeichnungen der grossen Meister,
darunter elf Rubens. Dreiunddreissig Familienporträts vollenden den
Schmuck des Raumes.

Selbstverständlich bilden die Plantinschen Drucke einen wichtigen
Bestandteil der Bibliothek, sie sind jedoch nicht ganz vollzählig.
Die Zahl der Manuskripte kann man auf 200 anschlagen. Von Inkunabeln
sind gegen 60 vorhanden. Die Zahl der sonstigen Bücher wird auf 9000
geschätzt, darunter eine auserlesene Sammlung von Missalen, Breviarien
u. dgl.

Eine typographische Kuriosität ist ein Band, welchen Johann Moretus
1576 Plantin gewidmet hat, der eine Sammlung der Titel von allen bei
Plantin bis zum Jahre 1576 gedruckten Büchern enthält, gewiss ein
interessantes Musterbuch für Typographen. Von noch grösserem Interesse
dürfte das Studium des Journals des Hauses und der Hauptbücher aus
drei Jahrhunderten, 1566 bis 1865, sein. Mit letzterem Jahre hörte die
Thätigkeit des Hauses auf, die bereits früher auf ein Minimum reduziert
war.

                                                       Die Schriftstücke
                                                         und andere Sel-
                                                           tenheiten.

Ferner sind noch aufbewahrt: die Messabsatz-, die Arbeits- und
die Buchbinderbücher, Kataloge der verschiedensten Art, sowie die
Korrespondenz-Brouillons, geeignet Licht über manches zu werfen, was
jetzt dunkel ist. Die Zahl der Holzstöcke beträgt mindestens 15000;
die der Kupferstiche 7 bis 8000. Von den kostbaren Porträts aus den
Meisterhänden Rubens', van Dycks und anderer, den prachtvollen Meubeln,
den seltenen Porzellanstücken und von vielen anderen Kostbarkeiten
wollen wir hier nicht reden. Abgesehen von diesen, bietet das
Plantinsche Museum in typographischer Hinsicht ein so ungemeines
Interesse, dass die typographische Welt sich zu der Opferwilligkeit der
Bürgerschaft der Stadt Antwerpen Glück zu wünschen hat, welche diese
Schätze der Zukunft erhielt.

                                                             Die Familie
                                                                Blaeu.

Eine zweite bedeutende Druckerfamilie war die der Blaeu in Amsterdam.
□Wilhelm Blaeu□[5], geboren zu Alkmar im Jahre 1571, legte sich auf
Astronomie und war ein Schüler und Freund des berühmten dänischen
Astronomen Tycho de Brahe (S. 155). Blaeus Hauptthätigkeit war der
Herausgabe astronomischer und Karten-Werke gewidmet. Selbst ein
tüchtiger Mechaniker, richtete er seine Aufmerksamkeit auf die
Vervollkommnung der Druckpressen, deren neun, von verbesserter
Konstruktion und nach den neun Musen benannt, in seiner Offizin
aufgestellt waren. Die Verbesserungen bezogen sich namentlich auf den
elastischen Zug. Blaeu starb am 21. Okt. 1638 und sein Sohn □Johann□
(geb. 1596) setzte die Druckerei fort, zuerst in Verbindung mit
seinem Bruder Cornelius, von 1641 ab allein. Im Jahre 1663 lieferte
er einen prachtvoll ausgeführten Atlas in zwölf Grossfoliobänden, dem
mehrere ebenso grossartige Werke folgten. Seine Offizin galt für die
bedeutendste und schönste Europas, sie beschäftigte regelmässig über
40 Arbeiter namentlich mit dem Druck grosser Werke, mit Karten und
Illustrationen, für deren Herstellung er einen besonderen Ruf hatte.
Am 22. Febr. 1672 brannte die Offizin gänzlich ab. Die strenggläubigen
Protestanten erklärten dies für ein Strafgericht des Himmels, weil
Blaeu viele Breviarien und Missalen für die Papisten druckte. Er starb
am 28. Dezember 1673 und wurde von seinen Söhnen □Peter□ und □Johann□
gefolgt.

  [5] □P. J. H. Baudet□, _Leven en Werken van W. J. Bläu_.
      Utrecht 1871.

       *       *       *       *       *

                                                          Der Stammvater
                                                          der Elzeviere.

Es bleibt noch die berühmteste der holländischen Buchdruckerfamilien,
die, wenn von den Leitsternen der Typographie die Rede ist, gewöhnlich
mit den Geschlechtern des Aldus und des Stephanus zusammen genannt
wird.

□Ludwig Elzevier□, der Stammvater des berühmten Geschlechts, ist zu
Löwen in Brabant um das Jahr 1540 geboren. Aus den Arbeitsbüchern des
Plantin geht hervor, dass ein Buchdrucker Johann aus Löwen mit dem
Beinamen _Helsevier_ bei ihm von 1565-1588 arbeitete. Ob dies Ludwigs
Vater war, ist nicht ermittelt, doch ist es nicht unwahrscheinlich,
da Ludwig sich schon in jüngern Jahren in Antwerpen aufhielt und ihm
dort zwei Kinder Matthias (1564) und Ludwig (1566) geboren wurden. Die
Mutter derselben hiess Mayke (Marie) Duverdyn. Die Hypothese in Bezug
auf Ludwig Elzeviers Vater gewinnt dadurch an Wahrscheinlichkeit, dass
Ludwig, der die Buchbinderei übte, von Plantin beschäftigt wurde, der,
selbst früher Buchbinder, sich der Buchdruckerei und dem Verlagshandel
mit so grossem Erfolge gewidmet hatte[6].

  [6] □Ch. Pieters□, _Annales de l'impr. elzevirienne_. 2. Ausg.
      Gent 1858. -- □A. de Reume□, _Recherches historiques_.
      Brüssel 1847. -- □Minzloff□, _Les Elzevir etc. de St.
      Pétersbourg_. 1862. -- □Ch. Fr. Walther□, _Les Elzevir
      etc. de St. Petersbourg_. 1864. Ein Hauptwerk ist:
      □Alphonse Willems□, _Les Elzevir. Histoire et annales
      typographiques._ Brüssel 1880.

                                                  Lage der Protestanten.

Antwerpen war, wie schon erwähnt wurde, der Herd der reformatorischen
Bewegung in den Niederlanden geworden, von welcher auch Elzevier
ergriffen wurde. Die scharfen Edikte des Kaisers Karl □v.□, welche
Todesstrafe für den Anschluss an eine sektiererische Verbindung
feststellten, waren noch in Kraft, wenn sie auch unter der milden
Regierung der Statthalterin Margaretha von Parma nicht so gefährlich
waren. Die Lage änderte sich jedoch, als König Philipp □ii.□ den Herzog
von Alba (1567) mit dem Auftrag sandte, durch Feuer und Schwert jede
Spur der Ketzerei zu vertilgen. Tausende von Familien verliessen den
heimatlichen Herd; auch die Ludwig Elzeviers gehörte zu diesen und
zog nach Wesel, wo zahlreiche Emigranten sich zusammengefunden hatten
und von wo eine thätige Propaganda ausging. Viele Bücher und kleinere
Schriften reformatorisch-agitatorischen Inhalts in vlämischer Sprache
wurden dort gedruckt und von dort aus verbreitet, so dass Elzevier als
Buchbinder auf Beschäftigung rechnen konnte.

Wie man über seinen Aufenthalt in Antwerpen hauptsächlich aus den
Geburtsscheinen seiner Kinder Positives weiss, so auch über seine
Existenz in Wesel und später in Douai. In Wesel wurde sein dritter
Sohn, Aegidius; in Douai Justus und Arnold geboren. Nach seinem
Vaterland ist er jedenfalls erst nach der Übernahme der Regentschaft
durch Louis de Requesens i. J. 1574 zurückgekehrt, und mag wohl nur,
weil in Antwerpen schon verdächtig, Douai vorgezogen haben, das
seit 1462 eine wallonische Universität besass, die Philipp □ii.□
als Gegengewicht zu den Universitäten in Genf und Paris mit ihrer
freieren religiösen Bewegung errichtet hatte, so dass ein Buchbinder
auch hier auf Erwerb rechnen durfte. Der Friede zu Gent, 1576, schien
den religiösen Wirren ein Ende machen zu wollen; als sich jedoch die
wallonischen Provinzen 1579 wieder unter das Joch Spaniens begaben,
zogen die Protestanten, unter diesen Elzevier, wieder aus, letzterer
nach Leyden, damals, nächst Amsterdam, die volkreichste Stadt Hollands,
wo der Handel blühte und die von Wilhelm von Oranien begründete
Universität einen raschen Aufschwung nahm.

                                                         Ludwig Elzevier
                                                            in Leyden.

Elzevier fand, als er 1580 mit seinen fünf Söhnen und einer Tochter
Marie nach Leyden kam, eine Stütze bei den vielen emigrierten
Landsleuten. Im übrigen kann er nicht ganz ohne Mittel gewesen
sein, denn er erwarb bald zwei Häuser, von denen das eine auf der
„Rapenburg“, in der Nähe der Universität gelegen war. Dass er für
letztere beschäftigt war, beweisen viele Rechnungen. Die günstige Lage
im Zentrum der Gelehrsamkeit veranlasste ihn den Buchhandel anzufangen,
der bald einen ziemlichen Umfang genommen haben muss, wie man aus einem
unerfreulichen Zusammenstoss mit Plantin erfährt. Elzevier war diesem
für gelieferte Bücher 1270 Gulden schuldig und musste 1583 vor Gericht
erklären, dass Plantin berechtigt sei, sich an seine beiden Häuser zu
halten, wenn Zahlung in den übereingekommenen Terminen nicht erfolgen
würde.

                                                           Elzevier wird
                                                              Pedell.

Elzevier hatte Gelegenheit gehabt, verschiedene bibliopolische
Erwerbungen für die Universität in einer für diese vorteilhaften Weise
zu machen, was auch Anerkennung fand, so dass er am 30. September 1586
zum Pedell mit 72 Gulden Gehalt ernannt wurde. Noch mehr sollte ihm
aber die Gunst der Universität in indirekter Weise zustatten kommen.
Elzevier konnte die oben erwähnten Verbindlichkeiten gegen Plantin
nicht erfüllen und er musste seine Häuser diesem überweisen. In dieser
Not richtete er das Gesuch an den akademischen Senat, auf dem Grund
und Boden der Universität einen Laden errichten zu dürfen, weil es sehr
zum Nachteil der Professoren und Studierenden gereichen würde, wenn er
seinen Laden weit weg von der Universität verlegen müsste. Das Gesuch
Elzeviers wurde zugestanden; bis 1595 besass er den Laden ganz umsonst,
von da ab musste er 75 fl. Miete bezahlen. Dieser Laden war die Wiege
des Glanzes der Elzeviere, jedoch hatte Ludwig noch lange mit Sorgen
zu kämpfen. Erst das Jahr 1594, in welchem er Bürger von Leyden wurde,
scheint den Wendepunkt zum Günstigen gebildet zu haben.

                                                         Ludwigs Kinder.

Seinen ältesten Sohn □Matthias□ nahm er um 1590 als Teilnehmer auf,
später den zweitjüngsten □Bonaventura□; der zweite □Ludwig□ ging als
Buchhändler nach dem Haag, der vierte □Justus□ nach Utrecht. Der dritte
□Aegidius□ erscheint nur vorübergehend in dem Haager Geschäft, seine
übrigen zwei Söhne, Arnold und Adrian, gehören so wenig wie seine zwei
Töchter der Geschichte der Buchdruckerkunst an.

                                                         Sein Verlag und
                                                           seine Reisen.

Von seinen Verlagswerken erschien das erste 1592; nach 1594 folgten
sie in ununterbrochener Reihe. 1595 wendete er zum ersten male das
Insigne an: den Adler auf einer Säule, in den Klauen das Bündel mit
sieben Pfeilen haltend und mit der Umschrift: _Concordia res parvæ
crescunt_, wie bekannt die Devise der holländischen Republik. Um diese
Zeit fängt auch sein regelmässiger Besuch der Frankfurter Messen an.
Ludwig begriff sehr wohl, dass die Erzeugnisse des Geistes nicht
auf den heimischen Markt sich beschränken konnten und suchte den
ausländischen Markt auf. Er selbst war viel gereist und liess auch
seinen Sohn Bonaventura noch jung auf Reisen gehen. Seit 1601 besuchte
er regelmässig zweimal jährlich die Frankfurter Messe, wo er ein
besonderes Depot hatte, ohne sich durch die damals mit solchen Reisen
verbundenen vielen Mühseligkeiten und Gefahren abhalten zu lassen. Als
die Buchmesse sich mehr und mehr nach Leipzig zog, folgte Elzevier dem
Strom doch nicht, sondern fuhr fort, Frankfurt zu besuchen, wo er fast
das Monopol für Versorgung Deutschlands mit ausländischer Litteratur
hatte. Mit Paris unterhielt er ebenfalls regelmässige Verbindungen,
obwohl der Verkehr dort mancherlei Beschränkungen unterworfen war.

Der Umfang seiner Geschäfte und das Zutrauen der Autoren zu ihm
stiegen fortwährend. Nicht wenige der letzteren übergaben ihm ihre
Werke in vielen Exemplaren zum Debit. Wenn deshalb sein Name öfters in
Verbindung mit dem eines anderen Verlegers auf einem Titel vorkommt,
so ist daraus nicht zu schliessen, dass es sich um eine Association
handelte, sondern, dass ein Verleger ihm den Debit eines Werkes für das
Ausland übertragen hatte.

                                                           Geschäftliche
                                                           Manipulation.

Bei seiner grossen Thätigkeit im Vertrieb war er nicht immer gar zu
wählerisch in den Mitteln. Er kaufte öfters liegengebliebene Auflagen
und versah sie, unter Benutzung seiner Firma, mit neuen Titeln;
manchmal wurden einige Seiten neu angedruckt oder zwei Bände in einen
verbunden, und dann solche als neue Ausgaben versandt. Kurz, es wurden
verschiedene, auch noch heute im Buchhandel übliche Mittel angewendet,
die man nicht gerade als Unrecht bezeichnet, die aber doch auch
nicht zu den ganz soliden zählen. Dass sein persönlicher Charakter
ein ehrenwerter war, dafür sprechen das grosse Zutrauen und die
Auszeichnung, welche ihm von den Gelehrten, seinen Geschäftsfreunden
und seinen Mitbürgern entgegengetragen wurden.

So war der Name Elzevier, noch ohne Hinzutreten des Elements, welches
seinen eigentümlichen Ruhm begründen sollte, der Typographie, ein sehr
gut renommierter geworden. Ludwig selbst sollte eine Buchdruckerei
nicht besitzen, wohl aber erleben, dass sein Enkel Isaack, zweiter Sohn
des Matthias, eine solche (1616) erwarb. Noch konnte man nicht auf den
künftigen typographischen Ruhm schliessen, und die Werke, die Ludwig in
den verschiedenen Offizinen ausführen liess, zeichneten sich in Nichts
vor hundert anderen aus, wenn man auch später, als der Nimbus das
Haus umgab, oft versucht hat, einen besonderen Wert herauszufinden, wo
keiner vorhanden war.

                                                           Ende Ludwigs.

Ludwig näherte sich dem Ende seiner Laufbahn, auf die er mit
Befriedigung zurückschauen konnte. Der unbekannte Handwerker war ein
durch Europa angesehener Mann geworden. Vier Söhne hatten den Beruf
des Vaters ergriffen; ein Enkel übte die Buchdruckerei; sie konnten
sich in ihrer Wirksamkeit gegenseitig stützen und ergänzen. Sein neues
Vaterland war in seiner Freiheit anerkannt, es war ihm beschieden, auch
seinen religiösen Überzeugungen sich ruhig hingeben zu können.

Doch sollten seine letzten Tage noch in peinlicher Weise eine Störung
erleiden. Ludwig hatte erlangt, dass sein Sohn Matthias 1607 ihm
als Vicepedell adjungiert wurde. Am 11. Nov. 1616 wurde ein Teil der
Universitätsgebäude vom Feuer zerstört und die Untersuchungsrichter
gaben der Nachlässigkeit der Pedelle allein die Schuld. Matthias wurde
seines Amtes enthoben; über Ludwig wurde der Beschluss noch nicht
gefasst. Die Möglichkeit ist wohl nicht ausgeschlossen, dass dies
Ereignis heftig auf ihn eingewirkt hat; Thatsache ist es, dass er
gleich zu Anfang des Februar 1617 starb und am 4. Febr. neben seiner
Frau, die ihm schon vor drei Jahren im Tode vorangegangen war, begraben
wurde. Übrigens wurde Matthias in demselben Jahre wieder in sein Amt
eingesetzt, das er bis zu seinem Tode behielt. 1636 war ihm das Recht
zugestanden, sich durch seinen Schwiegersohn, Peter Caron, vertreten zu
lassen.

       *       *       *       *       *

                                                          Ludwigs Söhne.

Nach dem Tode des Vaters übernahmen der älteste Sohn □Matthias□ und
der vorletzte □Bonaventura□ das Leydener Geschäft, jedoch bereits am
3. Septbr. 1622 übertrug der erstere seinen Anteil auf seinen ältesten
Sohn □Abraham□.

Der zweite Sohn Ludwigs, □Ludwig ii.□, wahrscheinlich 1566 geboren,
ging 1590 als Buchhändler nach dem Haag. Seinen Laden hatte er in
einem grossen Saal des Palais der Generalstaaten, vorzugsweise _de
Zaal_ genannt, an dessen Wänden Buchhändlerstände ringsum eingerichtet
waren. Mit einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1598-99 stand er
an der Spitze des Haager Etablissements, welches keine grosse Bedeutung
hatte, und nur eine ganz geringe Verlagsthätigkeit entwickelte. Ludwig
□ii.□ starb wahrscheinlich 1621. Das Geschäft erwarb Bonaventura und
übergab es wieder in demselben Jahre an Jacob Elzevier, den dritten
Sohn des Matthias. Jacob zog sich 1636 zurück, ging in Staatsdienst
über und siedelte sich schliesslich in Gensingen im Kurpfälzischen an.
Das Haager Geschäft blieb als Filiale bei dem Leydener. Von dem dritten
Bruder □Aegidius□ weiss man nur, dass er in der Abwesenheit Ludwigs
eine kurze Zeit das Haager Geschäft besorgte. Er starb als Kaufmann in
Leyden 1651.

Der vierte Bruder □Justus□ (geb. 1575) erhielt in Utrecht das
Bürgerrecht als Buchhändler. Von seinen vier Kindern war das älteste,
□Ludwig iii.□, der später so berühmte Gründer des Amsterdamer Hauses.
Sein Todesjahr ist nicht bekannt. Ein Enkel von ihm, □Peter□, trieb
kurze Zeit den Buchhandel in Utrecht und verschwand 1675 von der
geschäftlichen Bühne. Der fünfte Sohn wurde Landschaftsmaler, der
siebente, Adrian, trat in die Dienste der Ostindischen Compagnie und
wurde 1609 von den Wilden auf den Bandainseln ermordet.

Bevor wir an die weitere Geschichte des Stammhauses in Leyden unter
Bonaventuras und Abrahams Leitung gehen, müssen wir der Thätigkeit
des zweiten Sohnes des Matthias, des Buchdruckers Isaack, gedenken,
die fast ihr Ende erreicht hatte, als die zuerstgenannten die ihre
begannen.

                                                         Isaack, Ludwigs
                                                              Enkel.

□Isaack□ war am 11. Mai 1596 in Leyden geboren. Am 14. Febr. 1616
verheiratete er sich mit Jaquemine Symons van Swieten, einer Waise,
und wurde wahrscheinlich durch ihr Vermögen in die Lage versetzt, eine
Druckerei erwerben zu können, denn seine grossen für den Grossvater
ausgeführten Druckwerke datieren aus dem Jahre 1617. Isaack fuhr fort
vorzugsweise für Matthias und Bonaventura, später für Bonaventura und
Abraham zu drucken. Es finden sich auch Druckwerke vor, die keine
andere Firma als die Isaacks tragen, doch lässt sich daraus nicht
schliessen, dass er als Verleger und Konkurrent seiner Verwandten
aufgetreten wäre, sondern nur, dass solche Werke im Selbstverlage der
Autoren erschienen sind.

                                                              Isaack,
                                                           Universitäts-
                                                            Buchdrucker.

Am 9. Febr. 1620 erhielt Isaack die Stellung als akademischer
Buchdrucker, in der die Familie bis zu ihrem Ende 1712 blieb. Gleich
bei der Begründung der Universität Leyden war der Beschluss gefasst,
einen gelehrten, namhaften und erfahrenen Mann zum akademischen
Buchhändler und Buchdrucker zu ernennen. Die Wahl fiel auf Wilhelm
Sylvius, der in Antwerpen mit dem Titel königl. Buchdrucker etabliert
war (1579), Sylvius starb bereits 1580. Sein Nachfolger war der
berühmte Christoph Plantin (1584), der Antwerpen verlassen hatte,
jedoch bald wieder nach dort zurückkehrte. Seine Offizin und sein Amt
gingen auf seinen gelehrten Schwiegersohn, Franz von Rapheling, über;
das Amt erbte nach dessen Tode (20. Juli 1597) der Sohn Christoph, der
ihn jedoch nicht vier Jahre überlebte. Der Senat erwählte nun (1602)
Johann Paedts (_Patius_) zu seinem Nachfolger. Er starb 1620 und das
Amt wurde auf Isaack Elzevier übertragen. Als Universitätsbuchdrucker
war er verpflichtet, eine und eine halbe Presse für den Druck der
kleinen Universitäts-Schriften zur Disposition zu halten. Er hatte für
gute Korrektur und dafür zu haften, dass keine willkürlichen Änderungen
gemacht wurden; die Besorgung der Bücher zur Frankfurter Messe übernahm
er zu festgesetzten Bedingungen. Jährlich erhielt er eine Entschädigung
von 50 Gulden.

                                                          Die Druckerei.

Das Universitätsgebäude lag, und liegt noch, in einer breiten,
von einem Kanal, dessen Ufer mit grossen Bäumen bepflanzt waren,
durchzogenen Strasse, der „Rapenburg“. Das Gebäude war früher ein
Nonnenkloster gewesen, die Seitenfront kehrte es nach der Strasse,
daneben lief eine Mauer, in welcher sich der Eingang zu dem
Universitätshof und dem botanischen Garten befand. Das angrenzende Haus
hatte Matthias, Isaacks Vater, am 26. Aug. 1608 gekauft. Als Isaack
nun Universitätsbuchdrucker geworden war, teilte er dem Senat mit,
dass er bereit sei, das Haus seines Vaters zu beziehen, wenn man ihm
gestatten wollte, längs seinem Hause in dem unbenutzten Winkel des
Universitätshofes, der dem Ganzen keineswegs zur Zierde gereichte,
ein Atelier anzubauen. Es würde dies eine sehr grosse Annehmlichkeit
für die Professoren und die Studierenden sein. Man fand den Vorschlag
annehmbar und gestattete Isaack ein Gebäude von 14 Fuss Tiefe,
bestehend in einem Parterre mit einem hohen Dach, zu errichten. Der
Eingang für seine Arbeiter sollte jedoch durch sein Haus sein, und das
Hofthor nur für die Besucher der Universität dienen. Auch hinsichtlich
der Anbringung der Fenster wurden ihm verschiedene Beschränkungen
auferlegt. In diesem bescheidenen Lokal, das jetzt verschwunden ist,
blieb die Druckerei bis zu ihrem Aufhören.

                                                      Isaack erwirbt die
                                                       Offizin Erpenius.

Die Massregel der Universität, Isaack zu ihrem Buchdrucker zu ernennen,
war gewiss eine glückliche, denn durch die Ausführung schwieriger
Arbeiten, unter welchen namentlich das _Theatrum geographiæ veteris_ in
Folio, für Rechnung des Buchhändlers J. Hondius, besondere Erwähnung
verdient, hatte er sich bereits einen guten Namen erworben, und
sich auch in anderer Weise, durch den Ankauf der Buchdruckerei des
berühmten Orientalisten Erpenius (Th. van Erpe), klüglich vorbereitet.
Nicht damit zufrieden, die orientalischen Sprachen zu lehren und
Werke herauszugeben, hatte Erpenius eine Druckerei in seinem Hause
eingerichtet, die er selbst überwachte. Nach seinem plötzlichen Tod an
der Pest am 13. Nov. 1624 legte die Universität grosses Gewicht darauf,
seine Druckerei für Leyden zu erhalten. Mit dem seinem Geschlechte
eigenen Geschäfts-Instinkt war Isaack den Wünschen der Universität
bereits zuvorgekommen, und hatte alle Stempel, Matrizen und Schriften
des Erpenius erworben.

                                                         Druckerzeichen.

Als Druckerzeichen nahm Isaack eine Ulme an, die von einem Rebstock
voll Trauben umschlungen wird, daneben steht ein Einsiedler; die Devise
lautet: _non solus_. Der Baum mit dem Rebstock deutet dasselbe an, was
das Bund mit den Pfeilen ausdrücken will. Dies Druckerzeichen wurde
bis 1712 benutzt. Ein anderes, von Isaack verwendetes: ein Palmbaum
mit der Umschrift _Assurgo pressa_, war ursprünglich das Insigne des
Erpenius. Im übrigen bedienten sich Isaack sowohl als auch Bonaventura
und Abraham mitunter der Marke des Vaters.

                                                        Isaack giebt das
                                                          Geschäft auf.

Trotz des günstigen Fortgangs des Geschäfts fasste jedoch Isaack den
Entschluss, dasselbe aufzugeben, angeblich aus Besorgnis um die Folgen
des langwierigen Krieges in Deutschland. Durch Vertrag vom 24. Dez.
1625 übergab er die Offizin mit 5 Pressen und 1 Kupferdruckpresse, 10
000 Kilo Schriften, Stempeln, Matern etc. seinem Bruder Bonaventura
und seinem Neffen Abraham für die Summe von 9000 Gulden, und 2000
Gulden für das Lokal. Im Februar 1626 legte er auch sein Amt nieder
und verliess in den letzten Tagen des Jahres Leyden, trat in den
Marinedienst und hatte 1632 Kapitänsrang. 1648 finden wir ihn in Delft
in Association mit seinen zwei jüngsten Söhnen, um eine Brauerei zu
betreiben. Er starb in Köln am 8. Okt. 1651.

       *       *       *       *       *

                                                         Bonaventura und
                                                             Abraham.

Wir kehren nun zu dem Stammgeschäft zurück. □Bonaventura□,
wahrscheinlich so nach dem berühmten Gelehrten Bonaventura Vulcanus (de
Smidt) aus Brügge genannt, war 1583 in Leyden geboren. Sein Vater liess
ihn zeitig Geschäftsreisen machen. □Abraham□, in Leyden am 14. April
1592 geboren, war an Stelle seines Vaters eingetreten. Er hatte in
Leyden studiert und sich bei seinem Bruder Isaack mit der Typographie
vertraut gemacht. Am 21. Mai 1621 heiratete er Katharina van
Waesberghe, Tochter des Admiralitätsbuchdruckers in Rotterdam, und kam
dadurch in eine unabhängige Stellung, sodass er sich als Buchhändler
etablieren konnte. Ein Glück für Bonaventura war es, nachdem 1625 die
Druckerei Isaacks ihm noch zugefallen war, einen Mitarbeiter gefunden
zu haben, der sich namentlich der Buchdruckerei widmete.

In demselben Jahre heiratete Bonaventura Sahra van Keulen, Tochter des
berühmten Gelehrten Daniel Colonius, für ihn ein doppelter Vorteil,
indem er nicht nur in eine sehr angesehene Familie eintrat, sondern
auch in nähere Verbindung mit einer grossen Anzahl der bedeutendsten
Gelehrten trat, die sich nun vorzugsweise der Pressen der Elzeviere
bedienten.

Dass unter den obwaltenden Verhältnissen die Stellung als
Universitätsbuchdrucker den Elzeviers nicht entgehen konnte, ist fast
selbstverständlich. Man gewährte ihnen das Recht, die alte Lokalität
innezubehalten, und bewilligte ihnen ein jährliches Gehalt von 100 fl.,
das auf 200 und später auf 300 fl. erhöht wurde.

                                                           Der Glanz des
                                                               Hauses.

Die nun folgenden 26 Jahre waren die des grössten Glanzes des Hauses.
Das Streben der Associés war von Beginn ab darauf gerichtet, sich
von dem Alltäglichen zu emanzipieren und ihren Erzeugnissen mehr
und mehr den Stempel der Vollkommenheit aufzudrücken. Schon ihre
ersten Druckwerke übertrafen die Isaacks, und jedes Jahr zeigt einen
Fortschritt, sei es in der Schrift, in der Ornamentierung, oder in
dem Druck. Schritt für Schritt kann man diese Elzeviere auf ihrem Wege
zur Vollendung verfolgen, bis sie, nach zehn Jahren, Meisterwerke wie
ihren Cäsar, Terenz und Plinius v. J. 1635 hervorzubringen imstande
waren. Ihnen verdankt man die Initiative zu allen den Unternehmungen,
welche den Namen Elzevier zu einem unsterblichen in der Geschichte
der Buchdruckerkunst und des Buchhandels gemacht haben. Im Jahre 1625
begannen sie die Sammlung der kleinen „Republiken“, für welche sie
ein Privilegium vom 15. Mai 1626 erhielten. 1629 weihten sie die Reihe
der lateinischen Klassiker in dem berühmten Duodez durch den Horaz und
den Ovid ein; 1641 die Kollektion der renommiertesten Schriften einer
neueren Zeit mit dem Cid; die Sammlung französischer Klassiker mit
Régnier 1642. Daneben folgten aber auch Bücher in grösserem Formate,
darunter verschiedene orientalische Werke.

                                                        Die kleinen Aus-
                                                             gaben.

Ihren Hauptruhm bilden jedoch die Duodezausgaben der Klassiker zu
billigen Preisen. Zwar waren solche kleinere Ausgaben nicht ohne
Vorbild, wir erinnern nur an die „Aldinen“, im allgemeinen war man
jedoch bei den grossen Formaten geblieben, bis mit den Elzevieren die
Ausnahme Regel wurde. Die Bändchen, von den berühmtesten Kritikern
und Kommentatoren der Zeit besorgt, nahmen im Sturm das Publikum für
sich ein. Das Oktavformat blieb nur für die Ausgaben mit vielen Noten
und Varianten. Durch den billigen Preis von 1 fl. als Mittelpreis für
einen Band von etwa 500 Seiten steigerte sich der Absatz enorm. Die
Durchschnittsgrösse der Auflagen ist nicht bekannt, sie muss aber eine
bedeutende gewesen sein.

Übrigens fehlte es nicht an Stimmen, die diese handlichen Bändchen als
eine Herabwürdigung der Gelehrsamkeit bezeichneten und als eine rein
kaufmännische Manipulation verdammten. Trotzdem suchten die Gelehrten
eine Ehre darin, dass ihre Werke den Kollektionen einverleibt wurden.
Ja, selbst Autoren, deren Schriften von den Elzevieren nachgedruckt
waren, schrieben ihnen verbindliche Briefe auf Grund der auf den
Nachdruck verwendeten Sorgfalt. Das Format wurde in ganz Holland und
Belgien _standard_ und auch von mehren Pariser Buchhändlern angenommen.
Bald bemächtigte auch die Sammelwut sich der kleinen Bändchen. Noch
vor Ablauf des Jahrhunderts wurde von Liebhabern berichtet, die sich
das Allernotwendigste versagten, um eine komplette Elzeviersammlung zu
besitzen.

                                                         Papier und Kor-
                                                              rektur.

Mit der Beschaffung des Papiers scheinen die Elzeviere manchmal Not
gehabt zu haben. Öfters wenden sie französisches an, das jedoch schon
in Frankreich auf Grund der dortigen Abgaben sehr teuer zu stehen kam,
wie viel mehr also im Auslande. Während des Krieges mit Frankreich
war die Einfuhr von Papier ganz verboten und die Elzeviere bezogen
grosse Massen aus Deutschland, klagen jedoch öfters, dass dieses oder
jenes Werk nicht recht gefördert werden könne, weil das in Frankfurt
bestellte Papier nicht angekommen sei.

In Betreff der Korrektheit der Elzevier-Ausgaben sind von einander
abweichende Stimmen laut geworden. Viele loben dieselbe sehr, viele
tadeln derb die Inkorrektheit. Der Grund ist nicht schwer zu finden.
Die Elzeviere waren nicht, wie die Aldi, Stephane, oder wie Badius,
Morel, Oporin begeisterte Gelehrte, die im Interesse der Wissenschaft
Typographen geworden waren und einen Hauptteil der litterarischen
Arbeit auf sich nahmen; sie waren praktisch-tüchtige Geschäftsleute,
welche die Typographie hochhielten, aber nicht in der Lage waren,
durch ihre persönlichen Kenntnisse zur Förderung der Wissenschaft
beizutragen. Man darf sich nicht von ihrem Titel „akademischer
Buchdrucker“ oder von den gutgeschriebenen lateinischen Anreden in
ihren Verlagswerken irreleiten lassen; letztere sind Arbeiten ihrer
litterarischen Freunde, namentlich des Dan. Heinsius. Sie gaben sich
alle Mühe, für gute Korrektoren zu sorgen, diese waren aber selten;
oft mussten sie sich deshalb in Betreff der Korrektur auf die Verfasser
selbst verlassen, die bekanntlich selten diese Arbeit in befriedigender
Weise üben. So giebt es neben sehr gut korrigierten Ausgaben der
Elzeviere auch fehlerreiche. Im allgemeinen sind ihre lateinischen
Klassiker sorgsam korrigiert, der Virgil von 1676 gilt sogar als
ein nicht leicht zu erreichendes Muster, auch ihre französischen und
italienischen Ausgaben, obwohl Nachdrucke, waren öfters weit korrekter
als die Originale. Viele bekannte Namen fanden sich unter ihren
Korrektoren nicht vor, berühmte gar nicht.

                                                        Das ausländische
                                                            Geschäft.

Als eine Eigentümlichkeit der Elzevierischen Geschäftsorganisation
wurde schon der ausgedehnte ausländische Vertrieb erwähnt, der bereits
von Ludwig begonnen und sowohl (seit 1630) von dem Leydener als später
von dem Amsterdamer Haus in System gebracht wurde.

Die meisten Glieder der Familie begannen ihre Thätigkeit mit dieser
Branche. Selbst nach seiner Association mit Matthias und Abraham setzte
Bonaventura seine Reisen fort; doch nötigten ihn später die steigenden
Geschäfte, diesen Teil der Arbeit dem Neffen, Ludwig, zu überlassen,
bis dieser sich 1638 in Amsterdam etablierte. Er wurde von Johann, dem
ältesten Sohn Abrahams, dieser wieder von Daniel, Bonaventuras Sohn,
abgelöst.

Als letzterer später dem Geschäft Ludwigs in Amsterdam beitrat, setzte
er seine Reisen für dieses fort.

Über die Depots in Frankfurt, Italien und Paris wurde schon oben
gesprochen. Eine grosse Bedeutung hatte die Verbindung mit den
skandinavischen Ländern. Kopenhagen, der Hauptsitz der Litteratur
im Norden, war gewohnt, sich in Frankfurt zu versorgen. Als jedoch
der Verkehr im 30jährigen Krieg immer schwieriger wurde, hielten
die Holländer mit ihrem merkantilen Genie es für angebracht, die
litterarische Versorgung des Nordens zu übernehmen. Der erste, der
den Versuch machte, war der Buchhändler Johann Jansson aus Amsterdam
und der Erfolg war ein so glänzender, dass die dänischen Buchhändler
bittre Beschwerden über die Eindringlinge führten. Eine Merkwürdigkeit
war, dass der Buchhandel dort in den Kirchen betrieben wurde, was erst
aufhörte, als Christian □iv.□ die prachtvolle Börse baute, in deren
erstem Stock eine Menge Detail-Läden, namentlich für den Buchhandel,
sich befanden. Hier mieteten Jansson und die Elzeviere Lokale. Ihr
Handel muss ein sehr bedeutender gewesen sein, denn sie liessen
besondere Kataloge drucken, von welchen einer auf uns gekommen ist:
_Catalogus omnium librorum, qui hoc tempore in officina Elzeviriana
prostant. Hafniæ 1642._ Man sieht, es handelt sich um eine vollständige
Filiale. Wer sie dirigierte, ist nicht bekannt; die Elzeviere selbst
besuchten jedoch oft Kopenhagen. Nicht weniger gut als dort waren sie
in Schweden angeschrieben, und die für die Wissenschaften eingenommene
Königin Christine machte ihnen vorteilhafte Anerbietungen, um sie zu
bestimmen, ein Haus dort zu gründen. Sie lehnten es ab, dagegen kamen
die Verhandlungen mit Joh. Jansson zustande, der 1647 das Privilegium,
eine Druckerei anzulegen, erhielt (vgl. S. 157).

                                                           Eigenschaften
                                                           der Associés.

                                                        Daniel Heinsius.

Zu dem Glanze des Leydener Hauses trug jeder der Associés bei.
Bonaventura leitete mit grossem Geschick den bibliopolischen
und kaufmännischen Teil des Geschäfts, wozu ihn eine sorgfältige
Vorbereitung geeignet machte. Mit ihm verhandelten gewöhnlich die
Gelehrten und die Kunden. Abraham besorgte mit gleicher Sorgfalt und
grosser Hingebung das typographische Departement. Eine gute Hülfe
hatten sie in Ludwig □ii.□, bis dieser selbst sich etablierte. Eine
ganz wesentliche Stütze für das buchhändlerische Geschäft war der
berühmte Gelehrte Daniel Heinsius, der so eigentlich die Seele der
litterarischen Produktion war. Heinsius war 1580 in Genf geboren. In
Leyden war er der bevorzugte Schüler von Jos. Scaliger und später
von dessen Nachfolger. Er war ein Universalgenie, in allen Fächern
des Wissens zuhause, zugleich ein Dichter von gutem Geschmack. Ganz
natürlich, dass ein solcher Mann einen Verleger im Guten sowohl wie im
Bösen vollständig beherrschen konnte. In beiderlei Hinsicht übte er
auf die Elzeviere, speziell auf Bonaventura, einen grossen Einfluss.
Ihm verdanken sie den Besitz einer Reihe der besten Verlagswerke, bei
deren Herausgabe er ihnen zuhilfe kam, indem er die Einleitungen und
Dedikationen, mit welchen die Verleger ihre Werke begleiteten, schrieb.
Er war jedoch eine streitsüchtige, egoistische Natur und hielt die
Elzeviere von denjenigen Gelehrten ab, die bei ihm nicht in Gunst
standen.

                                                          Tod Abrahams
                                                        u. Bonaventuras.

Bonaventura selbst zeigt sich auch nicht durchweg als liebenswürdiger
Charakter, namentlich scheint er von einem mitunter hässlichen Geiz
beherrscht gewesen zu sein. Nichtsdestoweniger suchte man gern
eine Verbindung mit den Elzevieren und rühmte ihre Genauigkeit,
Pünktlichkeit und ihren Eifer, sowie ihr warmes Interesse für ihren
Beruf, dem sie einen förmlichen Kultus erwiesen. Liebenswürdiger als
Bonaventura dürfte Abraham gewesen sein, Wenigstens spricht für seine
Beliebtheit, dass die Universität nach seinem Tode, am 14. Aug. 1652,
ihm zu Ehren eine goldene Medaille prägen liess, eine Auszeichnung, mit
der sie sehr sparsam war. Dagegen geschah nichts zu Ehren Bonaventuras,
als dieser einen Monat später, am 17. Septbr. 1652, verschied.

Die Auszeichnung Abrahams fällt um so mehr auf, als schon 1649
Differenzen mit der Universität auf Grund der von den Elzevieren
angesetzten Preise entstanden waren. Es kam sogar in Frage, ihnen die
Emolumente zu entziehen, während sie ihrerseits auf Erhöhung derselben
antrugen. Bei dem Tode Abrahams und Bonaventuras war noch nichts
entschieden, doch muss ein Ausgleich stattgefunden haben, denn man
bewilligte den Nachfolgern die bisherigen Emolumente, und so blieb es
bis zum Erlöschen des Hauses 1712.

       *       *       *       *       *

                                                              Johann und
                                                                Daniel.

Bonaventura vermachte seinem ältesten Sohne Daniel sein Haus auf der
Rapenburg und seinen Anteil an allem, was er in Verbindung mit Abraham
besessen hatte. Ein Gleiches that Abraham in Betreff seines Sohnes
Johann.

□Johann□, der älteste Sohn Abrahams aus seiner Ehe mit Katharine van
Waesberge, war das einzige von dessen Kindern, welches der väterlichen
Laufbahn folgte. Er war zu Leyden im Febr. 1622 geboren; 1638 wurde
er, 16 Jahre alt, nach Paris gesandt, wohl weniger um sich in der
Typographie, als im Französischen zu vervollkommnen und um neue
Verbindungen anzuknüpfen oder die alten zu pflegen. Schon 1643 ist er
wieder dort, zum Vertrieb von Büchern; 1641 ging er nach Dänemark; 1644
wieder nach Paris. 1647 heiratete er Eva van Alphen aus Leyden; 1649
etablierte er sich im Hause des Grossvaters Bonaventura.

□Daniel□, der älteste Sohn Bonaventuras und der Sarah van Keulen, war
im Aug. 1626 in Leyden geboren. Aus seiner Jugendzeit wissen wir nur,
dass er 1645 nach Paris ging, um seine Ausbildung zu vollenden. Dort
blieb er gegen drittehalb Jahre, um dann in Leyden zu studieren, dabei
nahm er jedoch an den Geschäften teil.

                                                              Trennung
                                                             Daniels von
                                                               Johann.

Es war eine schwere Last, welche auf den Schultern der jungen Männer
ruhte. Sie begannen jedoch guten Mutes ihr Werk. Ihre Ausgaben der
Nachfolge Christi und des Psalters von 1653 gehören zu den besten
Erzeugnissen der Elzeviere. Aber die Aussichten für die Zukunft
waren weniger freundlich, als bisher. Gleichzeitig mit den Vätern
war eine grosse Zahl der gelehrten Freunde und Ratgeber von der Bühne
abgetreten; die Universität befand sich in einer Krisis; die Zeiten
waren vorbei, wo die Arbeiten ihrer Professoren die gelehrte Welt in
Bewegung setzten, sie genügten nicht mehr, um einer Druckerei eine
Fülle von Arbeit und Ehre zu bringen. Dabei war das Verhältnis der
jungen Männer zu der Universität ein nicht ganz ungestörtes. Es fehlte
ihnen noch an der nötigen Erfahrung und Autorität, um glücklich über
alle Klippen wegzukommen, Eigenschaften, die dagegen der Amsterdamer
Ludwig in hohem Grad besass. Diejenigen berühmten Gelehrten, die durch
Heinsius den Leydener Elzevieren entfremdet worden waren, näherten sich
Ludwig; selbst Leydener Gelehrte suchten die Verbindung mit ihm. Diese
Umstände, dazu Johanns schwankender Charakter werden wohl mitgewirkt
haben, um Daniel zu bestimmen aus dem Geschäft zu treten und sich mit
seinem Vetter Ludwig in Amsterdam zu verbinden. Ein weiterer Grund mag
wohl auch seine Heirat mit Anna Bierninck, Enkelin von seinem Onkel
Justus und Nichte und Mündel Ludwigs, gewesen sein. Er trennte sich
nach zwei und einem halben Jahre von Johann.

       *       *       *       *       *

Wir werden nun □Ludwigs□ und □Daniels□ Schicksale in Amsterdam
verfolgen, um dann zu dem Leydener Geschäft und dessen traurigem Ende
zurückzukehren.

                                                       Ludwig □iii.□ und
                                                         das Amsterdamer
                                                              Haus.

Der Gründer des Amsterdamer Geschäfts, Ludwig □iii.□, ältester der
vier Söhne des Justus, war 1604 in Utrecht geboren. Früh vaterlos,
wurde er, um zu studieren, nach Leyden gesandt, wo er bei seinem
Onkel Matthias wohnte und Gelegenheit fand, sich mit Buchhandel und
Typographie bekannt zu machen. Durch seine vielen Reisen kreuz und quer
durch Europa hatte er sich vortrefflich für ein eigenes Etablissement
vorbereitet. Er war 33 Jahr alt geworden; Aussichten auf eine
selbständige Stellung in dem Leydener Geschäft waren nicht vorhanden;
Konkurrenz wollte er demselben nicht machen. Er wählte deshalb
Amsterdam zum Schauplatz seiner Thätigkeit. Wennauch vorzugsweise
Handelsstadt, war Amsterdam doch durch seine gelehrten Gesellschaften
bekannt, und besass eine Art von Universität in seinem neu errichteten
Athenäum, welches schon berühmte Lehrer zu den Seinigen zählte. Die
Leydener Verwandten hatten nichts gegen das Etablissement einzuwenden,
sie hofften sogar Vorteile durch energische Verbreitung ihrer Artikel
seitens Ludwigs zu erreichen und druckten auch anfänglich mehrere Werke
für ihn.

                                                           Aufblühen des
                                                               Hauses.

Jedoch Ludwig war der Mann, um ganz auf eigenen Füssen zu stehen. Kaum
etabliert, suchte er die Verbindung mit dem berühmten Hugo Grotius,
der als schwedischer Gesandter in Paris lebte. Ohne Freigeist zu sein,
hatte Ludwig auf seinen Reisen doch in religiösen Angelegenheiten einen
freieren Blick erworben, als seine Leydener Verwandten, die eine grosse
Strenggläubigkeit entweder wirklich besassen, oder durch die Verbindung
mit der Universität zu zeigen gehalten waren. Er war so recht geeignet,
als Verleger die unabhängigen Geister um sich zu versammeln. Er zählte
sogar zur katholischen Kirche übergetretene zu seinen litterarischen
Freunden, ohne dass dies ihn verhinderte, Schriften zu verlegen,
welche die Katholiken wenig schonten. Seit 1642 druckte er alle Werke
des Cartesius, was auf die volle Unabhängigkeit seines Charakters
deutet, denn man weiss, welche heftigen Angriffe der Autor seitens der
holländischen Theologen auszustehen hatte, sodass es in Leyden sogar
verpönt war, den Namen Cartesius zu nennen. Auch die Werke der Schüler
und Anhänger desselben gab Ludwig heraus, ebenso die Schriften der
französischen Jansenisten.

Jedenfalls lag es gleich von Beginn ab in Ludwigs Absicht, eine
Druckerei anzulegen. Im Jahre 1640 besass er eine solche, wennauch
nach einem beschränkten Massstabe, denn seine Mittel waren nicht
bedeutend. Er liess sowohl bei seinen Verwandten, wie bei anderen
Kollegen, namentlich bei Fr. Hackius in Leyden drucken, der von allen
Buchdruckern den Elzevieren am nächsten stand, um so mehr als ein Sohn
des Hauses Hackius, Cornelius, mit Margaretha Elzevier, Schwester von
dem in Utrecht als Buchhändler etablierten Peter und Nichte Ludwigs,
verheiratet war.

Es dauerte nicht lange, so stand das Amsterdamer Geschäft dem Leydener
gleich. Von 1640-45 kamen 219 Verlagsartikel heraus. Die Geschäfte
wuchsen so rasch, dass es Ludwig nicht immer möglich war, die nötige
Ordnung und Pünktlichkeit zu zeigen; er sah sich deshalb nach Hülfe
um. So wurde die Association mit Daniel am 1. Mai 1655 abgeschlossen.
Bei dieser Gelegenheit gingen eine Menge Verlagsartikel des Leydener
Geschäfts auf Daniel über und von dieser Zeit an begannen auch die
Amsterdamer Pressen, die berühmten Duodeze zu reproduzieren, auf
welche das Leydener Geschäft bis jetzt faktisch das Monopol gehabt
hatte. Die Zahl der von Ludwig und Daniel, während eines neunjährigen
Zusammenwirkens, herausgegebenen Werke beträgt gegen 150; auch der
Anfang ihres Hauptwerkes, der grossen Bibel von Desmarest, stammt aus
dieser Zeit.

                                                         Druckerzeichen.

Als Zeichen bedienten sie sich der Minerva mit der Aegide, dem Ölzweig
und der Eule und mit der Devise _Ne extra oleos_. Der Gedanke der
Devise ist dem Wettrennen der Alten entlehnt, bei welchem das Ziel
durch eine Reihe von Ölbäumen bezeichnet war. Die Warnung: „nicht über
die Ölbäume hinaus“, heisst also soviel als: „Halte dich innerhalb der
richtigen Grenzen, und schiesse nicht über das Ziel hinaus“.

                                                         Geschäftslokal.

Das Geschäftslokal war „_opt Water_ in den _Olm-boom_“. Diese
Bezeichnung „Auf dem Wasser“ hatte ein Hauptquai in Amsterdam, wo
vorzugsweise die Lokale der Buchhändler und Buchdrucker sich befanden.
Die Elzeviere bewohnten dort nach und nach verschiedene Häuser; wenn
sie nichtsdestoweniger als „in der Ulme“ wohnhaft fort firmierten, so
ist dies durch die Sitte erklärlich, die Häuser nicht nur nach den,
von dem Besitzer über den Thorweg in Stein gehauenen Emblemen, sondern
auch nach den beweglichen Schildern der gewerbetreibenden Bewohner zu
bezeichnen.

                                                            Ludwigs Tod.

Im Jahre 1664 zog sich Ludwig zurück, und lebte auf seinem schönen
Landsitz, welchen er halbwegs zwischen Amsterdam und Utrecht besass.
Sein Name findet sich fernerhin nur auf der Bibel Desmarests, welche
1669 in 2 Bdn. in Folio vollendet wurde. Sie war bei dem Ausscheiden
Ludwigs Gegenstand eines besonderen Übereinkommens unter den Associés
geblieben. Ludwig starb 1670 in Leyden, infolge eines Beinbruchs.

In allen Angelegenheiten der Familie war Ludwig stets als das Oberhaupt
betrachtet worden, und er hatte gesucht, ihr Interesse, wo er konnte,
wahrzunehmen. Seine Rechtschaffenheit und Einsicht wurden überall
anerkannt. In seinem Testament zeigt er sich als einen durchaus noblen
Mann, sowohl gegen Andere, als auch gegen seinen Associé. Es sollten
alle Rechnungen mit ihm ohne irgend eine Revision geordnet werden. Es
war ihm freigestellt, die Artikel zu den Druck- und Papierkosten ohne
Zinsen und sonstige Lasten zu übernehmen, und die daraus entstehende
Schuld erst in langen Terminen unter 4% Verzinsung zu zahlen.

       *       *       *       *       *

                                                         Daniels weitere
                                                           Wirksamkeit.

Die Weiterführung des ausgedehnten und vielseitigen Geschäfts war
für Daniel mit seinen alleinigen Kräften eine schwere Aufgabe, wozu
die grösste Energie notwendig war. Hierzu kamen noch ungünstige
Zeitverhältnisse. Kurz nach der Übernahme brach der Krieg mit England
aus, der zwei Jahre (1665-67) mit wechselndem Kriegsglück, aber unter
fortwährender Hemmung der Geschäfte, dauerte. Daniel nahm deshalb
Jakob Zetter in sein Geschäft, der den buchhändlerischen Teil sehr gut
leitete. 1669 fesselte er den jungen □Heinr. Wetstein□, der bestimmt
war, selbst einen bedeutenden Platz in der niederländischen Typographie
einzunehmen, an sich. Wetstein war 1649 in Basel geboren, wo sein Vater
Professor der griechischen Litteratur war. Er hatte eine vortreffliche
wissenschaftliche Erziehung genossen, aber sein Trieb zur Typographie
war ein unwiderstehlicher. Am besten glaubte er seinen Zweck in
Holland zu erreichen, trat daher mit seinem 20. Jahre bei Daniel in
die Lehre und blieb 7 Jahre bei ihm. 1676 verheiratete sich Wetstein
und etablierte sich dann als Buchhändler. Er war mit Zetter zusammen
dem Hause Elzevier von grossem Nutzen. Daniels Buchhandlung hatte
vorher nur aus Verlags- oder Kommissionsartikeln bestanden; jetzt fügte
Wetstein ein vollständiges Sortiment neuer und alter Bücher hinzu. 1674
gab Daniel, durch Wetstein unterstützt, seinen grossen Lagerkatalog,
über 20000 Werke enthaltend, heraus.

In den Jahren 1667-1672 wurden über 100 neue Werke gedruckt, daneben
die grosse Bibel fortgesetzt. Daniel sammelte, als letzter der
bedeutenden Elzeviere, die ganze Ehre des Namens auf sich und wurde
als einer der Buchdrucker _majorum gentium_ betrachtet. Als im Jahre
1672 ein grosser Brand einen bedeutenden Teil des Blaeuschen Geschäfts
vernichtete und Blaeu in Verlegenheiten kam, kaufte Daniel eine Anzahl
von dessen Verlagsartikeln. Auch von Hackius machte er bedeutende
Erwerbungen.

Trotz der schweren Zeiten hat man sich also Daniel nicht als mutlos
geworden zu denken, und noch in den Jahren 1675-1680 verliessen 90
Verlagswerke, unter welchen sich einige seiner bedeutendsten Leistungen
befinden, seine Pressen.

                                                            Daniels Tod.

Da überraschte ihn der Tod mitten unter den Vorbereitungen zu einer
Menge neuer grossartiger Unternehmungen. Am 13. Oktbr. 1680 unterlag er
dem wiederholten Anfall eines heftigen Fiebers, wie solche in Amsterdam
nicht selten auftreten.

                                                           Die Elzevier-
                                                             schriften.

Die Verhältnisse waren schwer zu beherrschen. Zwar beabsichtigte
die Witwe das Geschäft fortzusetzen, sah aber bald die Notwendigkeit
einer Beschränkung ein. Zuerst kam die Reihe an die Schriftgiesserei,
bei welcher Gelegenheit ein Licht über die Entstehung der
Elzevier-Schriften geworfen wird. Es gelang dem Herrn Alfons Willems,
im Plantinschen Museum in Antwerpen ein Schreiben von der Witwe Daniels
an die Witwe des Balthazar Moretus aufzufinden, in welchem erstere den
Plantins ihre Schriftgiesserei anbietet, mit 27 Sorten von Stempeln
und 50 Sorten Matern „_gemaekt wesende bij Christoffel van Dyck, de
beste meester van sijnen en onsen tijdt, en bij gevolge de beroemste
gieterije, die ooyt ist geweesi_“. Beigefügt ist eine Schriftprobe,
ein einzelnes Blatt in Plakatformat, mit der Überschrift: „_Proeven
van Letteren die gesneden ziin door Wylen Christoffel van Dyck, soo
als de selve verkoft sullen werden ten huyse van de Weduwe Wylen Daniel
Elsevier, op't Water by the Papenbrugh, in den Olmboom, op Woensdagh,
den 5 Martii 1681_“.

Zwar ist nur die Rede von den Typen der Amsterdamer, aber es ist
nicht anzunehmen, dass diese nur Plagiate der Leydener gewesen. Es
würde die Witwe Daniels kaum gewagt haben von van Dyck als von dem
ersten Schriftschneider seiner Zeit zu sprechen, wenn er nur ein
Plagiator gewesen[7]. Früher hat man die Schriften der Elzeviere
dem Claude Garamond oder den Sanleques zugeschrieben. Garamond war
jedoch bereits 1561 gestorben, auch zeigen seine Schriften einen
abweichenden Charakter. Eher stimmen die Elzevier-Schriften mit denen
Sanleques überein, der ein Zeit- und Religionsgenosse der Elzeviere
war, so dass die Vermutung, die Schriften stammten von diesem, mehr
Wahrscheinlichkeit hatte.

  [7] Über die Schriften van Dycks vergleiche auch „_Specimen de
      J. Enschedé & fils_“. Haarlem 1867.

                                                          Schicksale der
                                                             Elzevier-
                                                            schriften.

Das Plantinsche Haus nahm das Anerbieten der Witwe Elzevier nicht
an, und die Schriftgiesserei ging nunmehr durch Kauf an Jean Bos im
Hause □Joseph Athias□ über. Letzterer war ein spanischer Jude, der
ein bedeutendes typographisches Etablissement in Amsterdam besass. Er
war namentlich bekannt als Drucker einer Anzahl von Bibeln in fremden
Sprachen, ganz besonders ist seine hebräische Bibel berühmt, für
welche ebenfalls Christoff van Dyck die Schriften geschnitten hatte,
die noch jetzt unter die schönsten hebräischen Schriften zählen.
Als Belohnung für diese Arbeit erhielt Athias von den Staaten von
Holland und Westfriesland eine goldene Medaille an goldener Kette zu
tragen, eine Auszeichnung, die noch keinem Israeliten zuteil geworden
war. Vielleicht hat Athias seine Dankbarkeit gegen van Dyck, durch
Ankauf des ganzen Komplexes seiner Schriften, zeigen wollen. Sein
Etablissement ging in die Hände von □J. J. Schepper□ über, später
an den Schriftgiesser □Johann Roman□, der die oben erwähnten Proben
genau mit allen Fehlern als Proben seiner Giesserei druckte. Diese
kam 1767 an die Brüder □Ploos van Amstel□ in Amsterdam und an □Johann
Enschedé□ in Haarlem, die den Fond teilten; später ging das Ganze
auf Enschedé über. Dieser, ein warmer Bewunderer der Leistungen des
Schriftschneiders Fleischmann, legte übrigens, wie es scheint, kein
grosses Gewicht auf die Schriften von van Dyck.

                                                           Auflösung des
                                                            Amsterdamer
                                                             Geschäfts.

Die Verhältnisse bei dem Tode der Witwe Daniels im Mai 1681 machten
alle Gedanken an eine wennauch beschränktere Fortführung des Geschäfts
zunichte. Die Erbschaft konnte von den Beauftragten der neun Kinder
Daniels nur _cum beneficio inventarii_ angetreten werden. Die
Liquidation fiel jedoch über alle Erwartung günstig aus und erzielte
nach heutigem Geldwerte eine Summe von etwa einer viertel Million
Mark. Die Amsterdamer Verleger hatten sich längst auf diesen Augenblick
gerüstet und kauften mit Begierde die berühmten Verlagsartikel.

So verblieb nur die Erinnerung an das angesehene Elzeviersche Haus in
Amsterdam. Doch nicht allein der Glanz desselben wurde mit Daniel zu
Grabe getragen, auch der hohe Ruhm der niederländischen Typographie im
allgemeinen war dahin. Fast gleichzeitig mit Daniel schieden fast alle
die grossen holländischen Buchdrucker, welche die letzte Hälfte des
□xvii.□ Jahrhunderts mit ihrem Ruhm erfüllt hatten. Zwar erstanden aufs
neue tüchtige Männer, welche die typographische Fahne hochhielten, aber
die Kette war gebrochen, und es gelang nicht, die Glieder wieder zu
einem Ganzen zu vereinigen.

       *       *       *       *       *

                                                        Ende d. Leydener
                                                              Hauses.

Wir haben nun noch den letzten Blick, der keine Freude gewährt, dem
Leydener Hause zuzuwenden.

Daniels Austritt war ein schwerer Schlag, indes verlor □Johann□ den
Mut nicht. Da er keinen Associé hatte, suchte er helfende Kräfte
zu gewinnen, und es scheint ihm dies durch das Engagement □Karl
Gerstekorns□ gelungen zu sein. Wenn unter den schwierigen Verhältnissen
Johann den Senat um Erlaubnis ersuchte, die Offizin baulich erweitern
zu dürfen, so ist dies, wenn es damit überhaupt Ernst war, nur in
der Weise zu erklären, dass er sich auf die Druckerei allein hat
beschränken und diese mit aller Kraft hat betreiben wollen. Wenigstens
mässigt er seine Verlagsthätigkeit sehr und sucht sein Lager durch
Auktionen zu erleichtern. Es gehören immerhin einige seiner Leistungen
dieser Zeit, als: _de Brebeuf, Pharsalus_ und _P. le Moyne, Gallerie
des femmes fortes_, zu den besten seiner Pressen.

Johann starb, ohne einen Plan für die Zukunft des Geschäfts gelegt
zu haben, am 8. Juni 1661, erst 39 Jahre alt. Seine Witwe entschloss
sich, die Geschäfte fortzuführen, und erhielt auch die Bestätigung
des Verhältnisses zur Universität. Durch Auktionen in den Jahren 1659,
1660 und 1661 entledigte sie sich des Leydener Lagers und der Haager
Vorräte. Mit Ausnahme der Fortführung der grossen holländischen Bibel,
die schon während Daniels Zeit angefangen und bei der er beteiligt
geblieben war, scheint sie eigenes Verlegen ganz unterlassen zu haben.
So ging das Geschäft nach und nach zurück. 1681 übergab sie es dem
zweiten Sohne Abraham □ii.□, und starb 1695.

□Abraham□, am 5. April 1653 geboren, hatte in Leyden studiert und 1679
den Doktorgrad erworben. 1695 wurde er Schöffe zu Leyden. Unter seiner
Misswirtschaft verfiel die Druckerei vollständig. Als nach seinem am
30. Juli 1712 erfolgten Tode das Geschäft verkauft wurde, war der Erlös
noch nicht 2000 Fl. -- _Sic transit gloria mundi._

       *       *       *       *       *

                                                          Die Nachahmer
                                                          der Elzeviere.

Es konnte nicht anders sein, als dass der grosse Erfolg der
Elzevierschen Duodezausgaben auch andere Buchdrucker innerhalb und
ausserhalb der Grenzen der Niederlande zur Nachahmung anstachelte. Es
dauerte nicht volle zehn Jahre nach den ersten Ausgaben seitens der
Elzeviere, bis eine Überschwemmung mit Nachahmungen derselben eintrat,
die oft die Vignetten und anderes Beiwerk so genau wiedergaben, dass
die Entscheidung, ob ein Buch wirklich den Elzevieren gehörte oder
nicht, manchmal eine sehr schwierige war.

Nach der Druckerei der Elzeviere war in Leyden die bedeutendste die
von □Franz Hackius□, die viel für die erstgenannte druckte, und eine
sehr leistungsfähige Offizin war. Um die Mitte des □xvii.□ Jahrhunderts
gab es in Leyden überhaupt 9 Druckereien mit 23 Pressen, darunter
keine mit mehr als vier. In Amsterdam waren die Druckereien nicht so
zahlreich, aber sehr tüchtig. Von den □Blaeu□ hörten wir bereits.
□Johann Jansson□, der nicht dieser Familie angehörte, druckte von
1618-1664 und war besonders als Nachdrucker bekannt. Fand ein Werk
eines ausländischen oder auch eines holländischen Kollegen Beifall,
so war Jansson schnell mit einem Nachdruck bei der Hand. Er hatte, wie
schon erwähnt, eine Filiale in Kopenhagen und errichtete eine Druckerei
in Stockholm. Nachdem □Johann van Waesberge□ eine Tochter Janssons
geheiratet hatte, fügte letzterer den Namen des Schwiegersohns dem
seinigen bei. Nach Janssons Tod associierte sich Waesberge erst mit
seinem Schwager □Elisäus Weyerstraten□ (1664-1667), später mit dessen
Witwe. Von 1669 ab bis zu seinem Tode 1681 druckte er allein[8].

  [8] □A. M. Ledeboer□, _Het geslagt van Waesberghe_. 2. Ausg.
      Haag 1869.

Zu den talentvollsten Nachahmern der Elzeviere gehören auch die
Brüsseler Buchdrucker □François Foppens□ (gest. 1684) und □Eugène Henry
Frix□ (gest. um 1715).

Ein sehr geschätzter Buchdrucker, Buchhändler, Kartenstecher und
Geograph war □P. van der Aa□ (gest. 1730). Sein grösstes Werk, eine
Weltgalerie, umfasst 66 Bände. Die berühmte Familie □Wetstein□ wurde
schon früher erwähnt.

                                                            Die Schrift-
                                                             giesserei.

Nach dem Erlöschen der Familie der Elzeviere ist die der □Enschedé□
die bekannteste, namentlich ist ihre Geschichte mit der der
□Schriftgiesserei□ in Holland auf das engste verknüpft.

Es wurde schon früher erwähnt, dass Paffroed in Deventer[9] für
damalige Zeit sehr schöne nationale Schriften geliefert hatte. Von da
an jedoch machte in den Niederlanden der Schnitt der gothischen Schrift
nur sehr langsam Fortschritte. Dürers litterarische Arbeiten waren
durch seine Reise in den Niederlanden populär und von Joh. Jansson in
Amsterdam sowohl lateinisch als auch (1606) deutsch mit Frakturschrift
gedruckt worden. Die Fraktur fand bei den Schriftgiessern Aufnahme und
□Dirk Voskens□ z. B. lieferte sie in 14 Graden mit den entsprechenden
Schwabacher Schriften. Wahrscheinlich geschah dies mit auf Antrieb
Philipps von Zesen, der sich um die Mitte des □xvii.□ Jahrhunderts in
Amsterdam aufhielt und eine Anzahl eigener und übersetzter Werke dort
und in Leyden herausgab. Auch verschiedene der grossen illustrierten
Reisebeschreibungen wurden mit deutscher Schrift gedruckt. Es dauerte
jedoch nicht lange, so wurde sie ganz durch die Antiqua und die
Schreibschriften nach französischem Duktus verdrängt.

  [9] Seite 68. Durch ein Versehen ist dort die Silbe „roed“ aus
      dem Namen „Paffroed“ ausgefallen.

Die Antiqua erreichte jedoch im allgemeinen nicht die Schönheit
der Vorbilder. Sie ist in der Regel sehr schmal geschnitten und eng
zugerichtet, hauptsächlich auf Betrieb der holländischen Nachdrucker,
die viel Ware für das Geld bieten mussten. □Ament Tavernier□
in Antwerpen führte 1558 die, dem Granjon in Lyon nachgebildete
Schreibschrift _Civilité_ ein, deren sich Wilh. Sylvius zuerst
bediente. Auch Plantin druckte ein Buch mit dieser Schrift, die bis
in das □xviii.□ Jahrhundert benutzt wurde. Die _Ronde_ wurde ebenfalls
als Werkschrift verwendet; daneben hielt sich die _Coulé_, von □J. F.
Rossart□ und □J. M. Fleischmann□ geschnitten.

                                                         Isaak Enschedé.

Der Stammvater der Enschedés □Isaak□ ward 1681 in Haarlem geboren
und gehörte einer in Gröningen angesessenen Buchdruckerfamilie an. Um
1703 eröffnete er eine Buchdruckerei in Haarlem und druckte 1727 im
Verein mit seinem Sohne □Johannes□ eine Bibel in Folio nach dem neuen
Verfahren von van der Mey und Müller.

Ob dies Verfahren wirklich dasselbe gewesen ist, welches wir jetzt als
Stereotypie bezeichnen, blieb langezeit zweifelhaft. □J. van der Mey□
stellte zu Anfang des □xviii.□ Jahrh. mit Unterstützung des deutschen
Predigers □Johann Müller□ in Leyden (gest. 1710), der von vielen für
den eigentlichen Erfinder gehalten wird, mehrere „stereotypierte“
Werke. Die ersten Versuche haben sich wohl auf zusammengelötete
Schrift beschränkt, später scheint es jedoch, als habe man eine
wirkliche Stereotypie erfunden, denn unter den zu dem Caxton-Jubiläum
in London 1877 ausgestellt gewesenen Gegenständen befanden sich auch
vier auf Holz genagelte Platten Meys und Müllers[10]. Die Firma S. &
E. Luchtmanns in Leyden, für deren ersten Inhaber Samuel Luchtmanns
mehrere solche stereotypierte Werke hergestellt waren, drückt sich in
einem Schreiben vom 24. Juni 1801 an A. Renouard in Paris ebensowenig
wie der Baron van Weestreenen van Tiellandt in seinem, im Auftrag
der niederländischen Regierung abgefassten Bericht recht klar über
das Technische aus[11]. Eine Bibel in 4° und eine in Folio; ein Neues
Testament englisch und eins griechisch in 18°; ein syrisches Wörterbuch
wurden stereotypiert, dann ward es wieder still von der Erfindung.

 [10] _Caxton Celebration 1877. Preleminary issue. Class M.
      Sect. II._ (Seite 395) 4652: _Original casts of various
      pages made in the years 1700-1726 in the printing office
      of Messrs Luchtmans & Co. by the process invented by
      Rev. Muller, of Leiden. Lent by Messrs G. J. Brill._
      Zu wünschen wäre es gewesen, dass die Platten nicht
      aufgenagelt worden. Die Rückseiten derselben könnten
      möglicherweise noch einige nähere Aufschlüsse gegeben
      haben.

 [11] _Rapport sur les recherches, relatives à l'invention et
      à l'usage le plus ancien de l'imprimerie stéréotype etc._
      Haag 1813.

                                                            Johannes En-
                                                               schedé.

Isaak Enschedés Sohn □Johannes□ fing schon als Knabe an, Schriften
in Holz zu schneiden, und erwarb sich durch fortgesetzte praktische
Arbeiten einen sichern Blick, der ihn zu einer Autorität in der
Beurteilung xylographischer und typographischer Erstlingsdrucke
machte. Sein langes Leben (er starb 1781) teilte er zwischen
Wissenschaft und Praxis. Er vermehrte die schon von seinem Vater
gegründete ausgezeichnete Bibliothek mit den grössten typographischen
Seltenheiten. Das Ideal seines Strebens war, ein Hauptwerk über die
Erfindung der Buchdruckerkunst zu schreiben, wobei seine Sammlungen
ihm als Unterlage dienen sollten. Leider kam er aber damit nicht einmal
so weit, wie Breitkopf mit seiner ähnlichen Arbeit, und wir haben von
ihm nur eine Skizze über die Schriftgiesserei in den Niederlanden. Er
entdeckte Fragmente eines Donat und eines Horariums, welches letztere
von den Holländern als das erste Druckwerk Kosters mit beweglichen
Typen angesehen wird. Sein Sohn □Dr. Johannes Enschedé□ war noch mehr
Gelehrter als Buchdrucker; er stand in freundschaftlichem Verkehr
mit den berühmten Philologen Valckenaer und Ruhnken und vermehrte die
seltene typographische Büchersammlung.

Durch die Vereinigung der wissenschaftlichen Bildung mit den
praktischen Kenntnissen haben die Chefs ihrer, noch heute fortblühenden
Buchdruckerei und Schriftgiesserei das eigentümliche Doppelgepräge
eines Geschäfts und einer historischen Sammlung aufgedrückt. Sie stehen
in dieser Hinsicht einzig in ihrer Art da, indem es hier gelungen ist,
beinahe alle Originalschriften aus der Blütezeit der Buchdruckerei
in Holland zu sammeln. Es bleibt unter diesen Umständen um so mehr
zu bedauern, dass die prachtvolle Bibliothek im Jahre 1867 durch
Versteigerung zerstreut wurde. Sie würde in Verbindung mit den seltenen
Schätzen der Giesserei und der Druckerei eine würdige Vervollständigung
des Plantinschen Museums abgegeben haben.

                                                        Schriftgiesserei
                                                         der Enschedés.

Johannes Enschedé wurde 1743 Schriftgiesser, indem er die bekannte
Giesserei von Hendrik Floris Wetstein kaufte. Die Stempel für diese
Giesserei hatte zumteil der berühmte Stempelschneider Johann Michael
Fleischmann geschnitten, der im November 1701 geboren war und am 11.
Mai 1768 in Amsterdam starb. Fleischmann fuhr fort, für Enschedés
Geschäft zu schneiden, das ausserdem durch die wertvollen Arbeiten
Johann Franz Rossarts, geb. zu Namur 1714, gest. zu Brüssel am 26.
Mai 1777, vermehrt wurde. Während das Geschäft in dieser Weise durch
die besten Künstler der Zeit bereichert wurde, erhielt es seinen
historischen Wert durch Erwerbung einer bedeutenden Anzahl älterer
Schriftgiessereien ersten und zweiten Ranges. So wurde die Giesserei
der Blaeu annektiert, welche am 21. April 1677 in die Hände des
Schriftschneiders □Dirk Voskens□ übergegangen war. Das Geschäft
Voskens wurde von dem Sohne Bartholomäus übernommen, später unter der
Firma Witwe Voskens & Sohn, nachher als Clerk & Voskens fortgeführt
und 1780 von Enschedé erworben. Wie die Erwerbung der Elzevierschen
Schriftgiesserei durch Enschedé geschah, ist bereits (S. 247) erzählt.

                                                          _Specimen_ der
                                                             Enschedés.

Leider gab es eine Zeit, wo man nicht, wie heute, diese Schätze
genügend würdigte, und zu Anfang unseres Jahrhunderts wanderte eine
grosse Masse von Stempeln unter das alte Eisen und die wertvollen
Matern in die Schmelztiegel, so dass von vielen Schriften nur ein
Minimal-Quantum übrig geblieben ist, allenfalls gross genug, um damit
einige kleine Wiederabdrücke für den Liebhaber herstellen zu können. Um
so mehr muss man den Enschedés dankbar sein, dass sie Abdrücke dieser
Schätze, nachdem sie schon mehrere ähnliche Proben gedruckt hatten, in
einem „_Specimen de caractères typographiques anciens, qui se trouvent
dans la collection typographique de Joh. Enschedé et fils, imprimeurs
à Harlem_“ vereinigten[12], denn diese Probe enthält nur solche
Schriften, von welchen die Stempel und Matern nicht mehr existieren,
sie führt uns somit die ältere Geschichte der Schriftgiesserei in
Holland vor Augen und wir müssen deshalb bei ihr verweilen. Den Anfang
machen die grossen Kapitalbuchstaben, überschrieben _chalcographia
sive typi aenei et matrices plumbeæ_. Diese Schriften rühren aus der
Zeit Albrecht Dürers her und tragen die Spuren seines Einflusses: die
Stempel waren aus Kupfer, die Matrizen aus Blei, wie in der ersten Zeit
der Buchdruckerkunst. Auf 12 Grade Antiqua-Versal, 8 Grade Cursiv,
12 Grade schattierte und verzierte Antiqua und 3 Grade schattierte
Cursiv folgen die Antiqua- und Cursiv-Buchschriften in breiterem und
schmälerem Schnitt, von der groben Canon bis abwärts zur _Non plus
ultra_.

 [12] Eine Anzahl dieser Schriften ging in den Besitz von Karl
      Tauchnitz in Leipzig über und befindet sich jetzt in der
      dortigen Offizin W. Drugulin.

Darauf folgen die berühmten holländisch-gothischen Schriften
(_Flamand_), ebenfalls von der groben Canon bis _Non plus ultra_,
in einer Reinheit des Schnittes und einer Schärfe des Gusses, als
wären sie heute aus den Händen des Schriftschneiders und des Giessers
gekommen.

Was von den gothischen Schriften gilt, lässt sich auch auf die
Fleischmannschen Musiknoten anwenden, welche Veranlassung zu einer
heftigen Polemik mit Breitkopf gaben. Höchst interessant ist eine
Reihe von zwanzig Schreibschriften (_Coulé_), unter ihnen die von
Fleischmann, „_den grootsten en konstigsten Letter-Stempelschnyder, die
'er ooit in de Wæreld geweest is, en mogelyk komen zal_“, welche er
1768 vollendete. Dann folgt die merkwürdige, sehr sauber und korrekt
ausgeführte _Civilité_, die ihren Namen von einem im 15. Jahrhundert
in Paris erschienenen Büchlein: „_La civilité puérile et honnête_“
hat. Nach diesen schönen, im besten Stil ausgeführten Schriften bildet
allerdings die _Ecriture Allemande_ keinen besonders günstigen Schluss,
so wenig wie eine sehr magere, abscheulich geschnittene _Cicero
Allemande_, die einzige Frakturschrift in der Probe, einen schönen
Übergang zu zwei alten gothischen Schriften, die zwischen 1470-1480
geschnitten sind.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

XII. KAPITEL.

ENGLAND. NORDAMERIKA.

 Das allmähliche Wachstum der englischen Presse. Wynkyn de Worde,
   Richard Pynson, Reynold Wolfe, John Day, Th. Vautrollier, Th.
   Roycrofft, Sam. Palmer, Sam. Richardson. □Oxford□, □Cambridge□. Die
   schottische und die irische Presse. Die Stereotypie und Will. Ged.
   Das Zeitungswesen. Die Schriftgiesserei.

 NORDAMERIKA. Kleine Anfänge der Presse. John Glover, James Franklin,
   Benjamin Franklin. Die deutschen Einwanderer und ihre Presse.
   Christoph Sauer und seine Nachkommen.


                                                         Kämpfe der eng-
                                                         lischen Presse.

DIE englische Presse, welche später einer Freiheit geniessen und eine
Macht erlangen sollte, um welche der Kontinent das Inselland beneiden
musste, hatte in ihrem Beginn schwere Kämpfe zu bestehen. Bevormundung
mancherlei Art und Privilegien spielen eine grosse Rolle in der
englischen Buchdrucker-Geschichte. So lange der erste Buchdrucker
Caxton noch ohne Rivalen dastand, waren keine Privilegien notwendig,
als aber die Zahl der Buchdrucker wuchs, entstand auch der Wunsch
eines Schutzes. Schon 1504 wird William Fawkes als _regius impressor_
genannt, d. h. als berechtigt alle Regierungsarbeiten herauszugeben.
Das erste ausschliessliche Privilegium für den Druck eines Buches
wurde an Richard Pynson 1518 erteilt, später mit solchen sehr freigebig
umgegangen. In diesen Privilegien finden sich auch die ersten Spuren
der Anerkennung eines geistigen Eigentumsrechtes, wennauch mehr in dem
materiellen Interesse des Verlegers als dem des Autors. Die Privilegien
gewährten nicht allein Schutz, sie waren auch eine Art von Empfehlung.

Der Druck „vieler ketzerischer und aufrührerischer“ Bücher war unter
der Regierung der Königin Maria Veranlassung, dass die Buchdrucker,
die, wie in Deutschland, zugleich Buchführer waren, 1556 in der
Genossenschaft _Stationers' company_ vereinigt wurden. Eigentlich
handelte es sich nicht um ein neues Institut, denn schon 1403
bestand eine Vereinigung von Abschreibern, Rubrikatoren, Briefmalern,
Papiermachern und Manuskriptenhändlern. Die Vorsteher waren für die
einzelnen Mitglieder verantwortlich und nur solche durften Bücher
drucken. Einige Jahre nachher wurde verfügt, dass jeder, der ein Buch
druckte, es in das Register des Vereins eintragen lassen müsse, was ihn
gegen den Nachdruck seitens anderer Mitglieder schützte.

                                                       Privilegien, Ver-
                                                       bote und Strafen.

Daneben blieben aber königliche Privilegien fortbestehen, die vielfach
an Personen ausserhalb des Vereins erteilt und dann für grosse Summen
an Mitglieder zur Ausnutzung verpachtet wurden. 1559 verordnete die
Königin Elisabeth sogar, dass kein Buch ohne besondere Erlaubnis von
ihr oder den von ihr dazu bevollmächtigten Personen erscheinen durfte.
Dies wurde jedoch nicht allgemein befolgt, weshalb 1566 Konfiskation,
Konzessionsentziehung, Gefängnisstrafen und Bürgschaftsscheine, kurz
der ganze Apparat der Presspolizei-Massregeln eingeführt wurde, welchen
man in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts in Deutschland so gut zu
kopieren verstand. Da aber die Beschwerden immer noch nicht aufhörten,
wurde bestimmt, dass mit Ausnahme der Universitätspressen in Oxford
und Cambridge nur in London gedruckt werden dürfte. Unter Karl □i.□
wurden auf Antrieb des Erzbischofs Laud 1637 sehr scharfe Verordnungen
gegen den Buchhandel und die Presse erlassen und die Zahl der Londoner
Buchdrucker auf 20 beschränkt, die der Schriftgiessereien auf 4.
Dieselben durften nur je zwei Lehrlinge halten und waren solidarisch
verpflichtet, alle Gehülfen zu beschäftigen, denn kein Gehülfe durfte
feiern. Nur zu dem Abbrechen der Buchstaben war es gestattet, nicht
gelernte Arbeiter zu nehmen.

                                                             Die Chapel.

In den Druckereien bildete das Personal eine sogenannte Kapelle und
der älteste Gehülfe war der Vater der Kapelle. Eine Hauptaufgabe
derselben war, durch Strafbestimmungen der Kasse vielen Stoff
zuzuführen, so war es z. B. strafbar, seinen Winkelhaken fallen, oder
drei oder mehr Buchstaben auf der Erde liegen zu lassen u. dgl. m.
Die Strafen wechselten von 1-12 Pence; wer widerspenstig war, wurde
über den Korrigiertisch gelegt und bekam zehn Pfund und einen Beutel
dazu, d. i. elf Schläge auf einen gewissen Teil des Körpers. Jeder
Neueintretende musste sein _Bienvenue_ zahlen. Ein sehr beliebtes Spiel
war das Raffeln mit Gevierten. Der, welcher die meisten Signaturen
nach oben warf, war der Gewinner. Jedes Jahr wurden neue Papierfenster
eingesetzt, da musste der Prinzipal eine Stoppelgans mit den nötigen
Flüssigkeiten zum besten geben, bei welcher Gelegenheit man zugleich
die mit der Druckerei Verkehrenden, mit Ausnahme der Korrektoren,
brandschatzte. Die Setzer nannte man nach den Satzschiffen (_galleys_)
Galeerensklaven.

                                                           Die Republik.

Die Versuche, während der Republik die Bücher dem freien Verkehr zu
übergeben, blieben fruchtlos. 1643 erliess das Parlament eine Akte
zur Unterdrückung der Missbräuche und Unordnungen. Dem Nachdruck trat
man zwar entgegen, sogar der Buchbinder wurde durch das Binden von
Nachdrucken strafbar, dagegen beschränkte man die Presse durch neue
Edikte weiter und das Erscheinen der Bücher ward von einem vorherigen
Erlaubnisschein (_license_) abhängig gemacht, was Milton zu seiner
berühmten Rede für die Pressfreiheit Veranlassung gab.

                                                          Wiedereinfüh-
                                                         rung des König-
                                                              tums.

Die Wiedereinführung des Königtums hatte auch keine grössere Freiheit
im Gefolge und es kam noch 1663 die Anordnung dazu, drei Exemplare
jedes gedruckten Werkes an die Bibliotheken abzuliefern. Erst 1694
wurden die letzten Restriktivmassregeln gegen die Presse aufgehoben und
von dieser Zeit ab kann man England als im Besitz einer freien Presse
betrachten.

Mit dem ersten Viertel des □xviii.□ Jahrhunderts hatte London 75
Buchdruckereien, die Provinzen deren 28. In London erschienen an
Zeitungen 3 täglich, 10 dreimal die Woche, 5 einmal wöchentlich. Der
Zeitungsstempel wurde 1712 eingeführt.

                                                          Das geistige
                                                         Eigentumsrecht.

Mit der Anerkennung des geistigen Eigentums war es auch schlecht genug
bestellt, und das Verlagsrecht wurde eigentlich als ein dem König
gehörendes betrachtet. Erst 1709 wurde das Autorrecht auf vierzehn
Jahre garantiert und, wenn der Autor beim Ablauf dieser Frist am Leben
war, auf noch weitere vierzehn Jahre.

       *       *       *       *       *

                                                          Berühmte Buch-
                                                             drucker.

Unter den Ausübern der Buchdruckerkunst in England befanden sich
zwar manche tüchtige Männer und die Kunst machte auch nach ihrer
Einführung durch Caxton rasche Fortschritte; aber von solchen
hervorragenden Familien, wie wir sie in Italien, Frankreich und
Holland kennen gelernt haben, deren Mitglieder gleich bedeutend als
Gelehrte und Kunstjünger waren, hören wir ebensowenig wie von solchen
zeichnenden Künstlern ersten Ranges, wie die, welche eine Reihe von
xylographisch-typographischen Kunstwerken in Deutschland schufen.
Die Vorzüge der Engländer als Buchdrucker treten erst in der spätern
Periode der Kunst, wo die Mechanik eine hervorragende Stelle einnimmt
und die Buchdruckerei sich mehr dem Fabrikbetrieb nähert, in helles
Licht.

Unter den mit Caxton nach England gekommenen Buchdruckern zeichnen sich
namentlich Wynkyn de Worde und Richard Pynson aus.

                                                               Wynkyn de
                                                                 Worde.

□Wynkyn de Worde□ war in Lothringen geboren und ward Mitarbeiter
und Nachfolger Caxtons, den er als Drucker bedeutend übertrifft. Er
vollendete in dem Caxtonschen Lokal mehrere, von diesem unvollendet
hinterlassene Werke, unter welchen die _Canterbury tales_. Später,
wahrscheinlich 1499, bezog er die „Goldene Sonne“ in St. Bride, wo er
eine grosse Anzahl, über 400, sehr sorgsam ausgestatteter Werke aus
allen Fächern, namentlich jedoch grammatikalischen Inhalts, ausführte.
Seine Typen sind ganz verschieden von den bis dahin verwendeten und
zeichnen sich durch Schönheit des Gusses und vorzügliche Zurichtung
aus. Wahrscheinlich war Wynkyn de Worde selbst Schriftgiesser,
wenigstens deutet der Umstand, dass seine Schriften sich in den Werken
anderer Druckereien häufig vorfinden, darauf hin. Selbst, wenn es nicht
der Fall wäre, verdient Wynkyn de Worde als einer der bedeutendsten
Typographen seiner Zeit geschätzt zu werden. Ob er oder Pynson die
Antiqua zuerst in England verwendete, lässt sich nicht bestimmt
entscheiden. Eins seiner schönsten Bücher ist der _Polychronikon_
in Folio, aus d. J. 1495. Er starb hochbetagt 1534, wennauch eine
Ausgabe von „Esop“ aus dem Jahre 1535 noch seinen Namen trägt. In
seinem Druckerzeichen verband er das Monogramm Caxtons mit dem eigenen
Namen. Mit seinem früheren Kollegen bei Caxton, jetzigem Rival, Pynson,
verblieb er in dem besten Vernehmen.

                                                         Richard Pynson.

□Richard Pynson□ stammt wahrscheinlich aus der Normandie. Er stand sehr
in Gunst bei Hofe und wurde von Heinrich □viii.□ zum Hofbuchdrucker
ernannt. Mehr als 200 Werke gingen aus seinen Pressen hervor, sie
waren hauptsächlich mit einer, mutmasslich aus Frankreich bezogenen
Art semigothischer Schrift gedruckt, und reicher illustriert, als die
Druckwerke seiner Vorgänger und Zeitgenossen. Er starb um das Jahr
1529.

                                                          Julian Notary.

□Julian Notary□ druckte 1498 zusammen mit □Jean Barbier□, einem
Franzosen und einem der vorzüglichsten Typographen damaliger Zeit. Man
kennt aus ihren Pressen 23 Druckwerke.

                                                        Richard Grafton.

                                                          Will. Tyndales
                                                               Bibel.

Ein Mann von hervorragender Bedeutung ist □Richard Grafton□, der
wahrscheinlich während der letzten Lebensjahre Heinrichs □viii.□
geboren ward und bis in die Regierungszeit der Königin Elisabeth lebte.
Grafton war nicht allein ein bedeutender Geschäftsmann, sondern auch
ein tüchtiger Autor und angesehener Bürger, der mit den Notabilitäten
der Wissenschaft und des Adels in regem Verkehr stand. Sein Name
ist besonders eng mit der Geschichte der Verbreitung der heiligen
Schrift in England verknüpft, welcher hier, wie beinahe überall, viele
Schwierigkeiten in den Weg gelegt wurden, deren Ueberwindung oft mit
wesentlicher Gefahr für Gut und Leben verbunden war. „Wir müssen die
Buchdruckerkunst ausrotten oder sie wird uns ausrotten“, hatte ein
bekannter englischer Geistlicher geäussert, und sein Ausspruch hatte
lebhaften Anklang gefunden. Unter solchen Verhältnissen konnte es
William Tyndale, ein Engländer, der nach Antwerpen gegangen war, nur
im Auslande wagen, zuerst das Neue Testament und dann einen Teil des
Alten zu übersetzen und zum Druck zu geben. Die Übersetzung, bei der
ihn John Fryth und Joseph Roye unterstützten, ist ein Ergebnis der
Energie und des Ernstes, welche die Reformatoren beseelten, und blieb
eine Grundlage für alle späteren englischen Bibelbearbeitungen. Das
Neue Testament wurde 1526 bei Quentell in Köln, das Alte von Hanns
Lufft gedruckt. Der gegen diese Übersetzung in England begonnene
Vernichtungskrieg wurde so gründlich durchgeführt, dass von 3000
Exemplaren nur eins, zudem ein defektes, auf uns gekommen ist. Tyndale
beabsichtigte nun eine zweite Ausgabe des Neuen Testaments bei Martin
Kayser in Antwerpen zu drucken. Aber auch auf fremdem Boden ereilte
die Rache den Urheber. Kaiser Karl □v.□ liess sich bestimmen, Tyndales
Gefangennehmung und Auslieferung anzuordnen; nach achtzehnmonatlicher
Einkerkerung wurde er gehängt und sein Leichnam verbrannt. Fryth
kam 1533 in Smithfield auf den Scheiterhaufen, Roye erlitt dasselbe
Schicksal in Portugal. Die Holländer druckten die Tyndalesche
Übersetzung in grossen Massen nach.

                                                          Myles Coverda-
                                                            les Bibel.

Zwar änderte Heinrich □viii.□, wenn nicht seine Gesinnung, so
doch seine Haltung, nachdem Erzbischof Cranmer die Lösung des
Bandes, welches ihn an Katharina von Aragonien fesselte, ermöglicht
hatte; nichtsdestoweniger wagte man es aber doch noch nicht, eine
Bibelübersetzung in England zu drucken. In dem Jahre 1535 erschien
die von Myles Coverdale revidierte und vervollständigte Übersetzung
Tyndales, jedoch in der Schweiz (ohne Angabe des Druckers Christoph
Froschauer in Zürich), da man sich nicht der Verfolgungen enthoben
glaubte, soweit die Macht Kaiser Karls □v.□ reichte. Die nach
derselben bearbeitete Matthews-Bibel erschien 1517 ebenfalls im
Auslande, wahrscheinlich in Deutschland. 1538 bis 1539 liess Grafton
in Verbindung mit □Edward Whitchurch□ eine Bibel in Paris drucken, die
aber in 2500 Exemplaren nebst den Pressen von der Regierung Franz □i.□
mit Beschlag belegt wurde. Whitchurch, früher ein angesehener Kaufmann
und Abgesandter Heinrichs □viii.□ in Deutschland, heiratete später nach
der Hinrichtung des Bischofs Cranmer (1656) dessen Witwe.

                                                             Cranmersche
                                                                Bibel.

Das Hauptbibelwerk, welches Grafton selbst druckte, bleibt aber die
1539-1541 erschienene Prachtausgabe, bekannt als die Cranmer- oder
die Grosse Bibel. Die Type dieser Bibel, von der man sieben oder acht
Ausgaben hat, ist eine schöne gothische; das Titelblatt wird Holbein
zugeschrieben. Der Erzbischof Cranmer und Thomas Cromwell, Lord Essex,
interessierten sich besonders dafür. Grafton musste es indes erleben,
dass seine beiden Gönner durch Henkershand umkamen. Grafton druckte
auch das erste autorisierte Gebetbuch nach dem protestantischen Ritus.
Eines seiner schönsten Werke ist _Edw. Halles Chronicle_.

In ernste Verwickelungen kam Grafton, als er in seiner Eigenschaft als
königlicher Buchdrucker nach Eduards □vi.□ Tode die Proklamation Jane
Grays als Königin druckte. Ihr Königtum dauerte bekanntlich nur 9 Tage
und nach der Einsetzung der Königin Maria wurde Grafton gefänglich
eingezogen, kam jedoch mit sechswöchentlichem Gefängnis, Einbusse von
ihm noch zuständigen 300 £ und Verlust seines Amtes als Hofbuchdrucker
davon. Er starb um 1572.

                                                           John Bydells
                                                               Bibel.

Von englischen Bibeln damaliger Zeit sind ausser den genannten zu
erwähnen die □John Bydells□, eigentlich nur eine verbesserte Ausgabe
der Matthewschen, und die „Bischofsbibel“ aus 1568, auch „Leda-Bibel“
genannt, weil die Briefe an die Hebräer als Kopfvignette eine
Darstellung der Verbindung Jupiters mit der Leda zur Schau tragen.

                                                        Die autorisierte
                                                              Bibel.

Im Jahre 1604 wurden grosse Anstrengungen gemacht, um eine neue
tüchtige Bibelübersetzung zu bewerkstelligen. Ein Edikt Jakobs □i.□
stellte die Ernennung einer Kommission von 54 gelehrten Männern fest,
welche, in 6 Sektionen geteilt, die Übersetzung besorgen und sich
gegenseitig in der Arbeit kontrollieren sollten. Das Werk wurde 1611
durch □George Backer□ fertiggestellt.

                                                         George Baker
                                                        u. George Lucas.

Teuer sollte diesem und □George Lucas□ ein Druckfehler, die Weglassung
des Wortes „nicht“ aus dem □vii.□ Gebot, in einer von ihnen 1632
gedruckten Bibel zu stehen kommen. Die Auflage wurde konfisciert
und die Drucker zu einer Busse von 3000 £ verurteilt. Dieses Geld
wurde nach Bestimmung des Königs Karl □i.□ grossenteils zum Ankauf
von griechischen Matern und Typen verwendet, welche den königl.
Buchdruckern zur Benutzung überlassen werden sollten, die dagegen
jährlich wenigstens ein griechisches Buch auf ihre Kosten zu drucken
hatten.

                                                             John Field.

Durch seine schlecht gedruckten Bibeln zeichnete □John Field□ sich
aus (um 1650). Es wurde ihm sogar nachgesagt, er habe sich von den
Independenten bestechen lassen, eine Stelle nach ihren Ansichten zu
fälschen. In einer seiner Bibelausgaben sind 3600 Fehler nachgewiesen,
man sagt sogar, die Zahl sei eine noch viel höhere.

                                                             Thomas Roy-
                                                               crofft.

Eine in der englischen Bibeldruckgeschichte epochemachende Erscheinung
ist die von Thomas Roycrofft (geb. 1718) gedruckte Waltonsche
Polyglottbibel in sechs Foliobänden, in welchen neun Sprachen
repräsentiert sind. Der erste Band erschien 1654, der letzte 1657; es
war das erste Werk, welches in England auf Subskription erschien. Das
Exemplar wurde zu 10 Pfund Sterl. geliefert und man sammelte bereits
in zwei Monaten 900 Subskribenten. Sowohl Cromwell als Karl □ii.□
unterstützten das Unternehmen und Cromwell gewährte Steuerfreiheit für
das Papier. Als nach Cromwells Tode König Karl □ii.□ an die Regierung
gekommen war, liess Walton einige Dedikationsblätter, auf welchen er
sich dankend gegen Cromwell ausgesprochen hatte, durch andere, dem
König schmeichelhafte ersetzen, weshalb man von zwei Ausgaben, der
republikanischen und der loyalen, spricht.

Als ein Appendix ist ein anderes grossartiges, durch Roycrofft
gedrucktes Werk, das _Lexicon Heptaglotton_ des Dr. E. Castell, 2 Bände
in Folio 1669, zu betrachten. Der Verfasser setzte leider dabei nicht
allein sein Vermögen von 12000 Pfund Sterl. zu, sondern stürzte sich
auch noch in Schulden. Siebzehn Jahre hatte er täglich 16-18 Stunden
daran gearbeitet und er musste ausserdem noch vierzehn Hülfsarbeiter,
die sämtlich während des Druckes starben, in seinem Hause unterhalten.
An diese beiden Unternehmungen schliessen sich die 1660 in 9
Foliobänden erschienenen: _Critici sacri_ gedruckt von □Cornelius Bee□
als verwandtes drittes.

                                                          Reynold Wolfe.

Sehr in Gunst am Hofe Heinrichs □viii.□ stand der Deutsche oder
Schweizer □Reynold Wolfe□ (gest. 1574). Er war der erste Buchdrucker,
der ein Patent erhielt, um lateinisch, griechisch und hebräisch zu
drucken, und wurde überhaupt durch die vorteilhaftesten Privilegien
begünstigt. Er druckte fast alle Schriften des Erzbischofs Cranmer.

                                                               John Day.

Als ein sehr tüchtiger Mann zeigte sich □John Day□. Er war in Suffolk
geboren und hatte ein Geschäft von grosser Ausdehnung, das er während
der Jahre 1544-1583 betrieb; doch setzte er seine Wirksamkeit,
wie Grafton und Whitchurch die ihrige, während der Regierung der
Königin Marie aus und gab sich in dieser Zeit mit Verbesserungen und
Erfindungen ab. Seine schönen Schriften verschafften ihm den Namen
des englischen Plantin und er brachte die Antiqua- und Cursivtype zu
einer solchen Vollkommenheit, dass von nun ab die gothische Schrift
(_Black letters_) so gut wie verschwand; auch die griechische Schrift
vervollkommnete er und liess angelsächsische Typen schneiden. Von
seinen Druckwerken nennen wir _Cosmographical glasse_ (1559), mit seiner
schönen Cursiv gedruckt und reich illustriert. Besonders geschätzt ist
sein _Queen Elizabeth's Prayerbook_, eins der wenigen englischen Bücher,
die in der Ausführung sich mit den französischen _livres d'heures_
messen können. Als sein Hauptwerk gilt _Fox's book of martyrs_ mit sehr
guten Illustrationen. Day starb, reich an Jahren und Ehren, 1583. Er
war zweimal verheiratet und hatte mit jeder seiner Frauen 13 Kinder.

Mit Ruhm verdient noch □Thomas Vautrollier□ (1574-1588) aus Paris oder
Rouen genannt zu werden, vorzüglich wegen seiner Ausgaben der Werke
des 1600 in Rom verbrannten Giordano Bruno. Um Verfolgungen deshalb
zu entgehen, zog er eine zeitlang nach Edinburgh, wo er vieles dazu
beitrug, die dortige Buchdruckerkunst auf eine höhere Stufe zu bringen.
Man kennt von ihm 78 Werke.

                                                             Thomas Guy.

Mit Dank zu erwähnen, wennauch nicht auf Grund seiner typographischen
Leistungen, die sehr primitiver Natur waren, ist □Thomas Guy□ (gest.
1724). Mit der Universität Oxford schloss er einen Vertrag ab,
nach welchem er den Druck der heiligen Schriften in die Hand nahm.
Hierdurch und durch Spekulationen, die jedoch zu den nicht allzu gut
angeschriebenen gehörten, verdiente er ein kolossales Vermögen, von dem
er aber für sich keinen Gebrauch machte, indem er im Gegenteil ärmlich
und unverheiratet lebte. Mit einem Aufwand von einer viertel Million
Pfund liess er das nach ihm genannte Hospital in London erbauen und
machte ausserdem zu wohlthätigen und gemeinnützigen Zwecken grosse
Schenkungen.

                                                            Sam. Palmer.

Bekannt durch die nach ihm benannte _History of printing_ war □Samuel
Palmer□ (gest. 1732). Dieses Werk rührt jedoch nicht von Palmer selbst
her; der eigentliche Verfasser hiess Palmanazar, und der zweite,
praktische Teil, der noch folgen sollte, musste aufgegeben werden,
weil seitens der Kollegen und der Schriftgiesser sich ein wahrer
Sturm der Entrüstung gegen die durch ein solches Lehrbuch vermeintlich
entstehende Schädigung des Gewerbes und Entwürdigung der Kunst erhob.

                                                            John Barber.

Im Jahre 1741 starb □John Barber□, der erste Buchdrucker Londons, der
die Würde eines Lord Mayors bekleidete. Er stand in naher Berührung mit
bedeutenden Männern seiner Zeit wie Lord Bolingbroke, Swift, Pope und
anderen.

                                                          S. Richardson.

Bekannt als Schriftsteller, Buchhändler und Buchdrucker ist □Samuel
Richardson□, der berühmte Verfasser der Romane „_Pamela_“, „_Clarissa
Harlowe_“, „_Grandison_“ und anderer Werke. Er war 1689 als Sohn eines
respektablen Tischlers geboren. Obwohl er nur eine ganz gewöhnliche
Erziehung genossen hatte, gab er bald Beweise seines ausserordentlichen
Talentes. In seinem fünfzehnten Lebensjahre entschied er sich aus
Neigung für den Buchdruckerberuf. Nach sieben schweren Lehrjahren
arbeitete er sechs Jahre als Gesell und Korrektor, worauf er selbst
ein Geschäft anfing, in welchem er sich durch seine Pünktlichkeit
und Ordnungsliebe bald Vertrauen erwarb. Er druckte unter anderen die
ersten 26 Foliobände des Journals des Unterhauses. Richardson starb
nach längeren Leiden, 72 Jahre alt, am 4. Juli 1761, nachdem ihm sechs
Söhne im Tode vorausgegangen waren.

                                                                 Oxford.

                                                              Cambridge.

                                                                   York.

In OXFORD wurde die Buchdruckerei 1478 durch □Theodor Rood□ aus Köln
und □Thomas Hunt□ eingeführt. Von 1486 bis 1585 ist eine vollständige
Lücke in der Druckgeschichte Oxfords mit Ausnahme der Jahre 1517-1519.
Nach der Begründung des _Sheldonian theatre_ im Jahre 1669 wurden
hier durch 50 Jahre viele vortreffliche Werke gedruckt und erst 1759
verschwindet die Bezeichnung _e theatro Sheldoniano_. Die später
so berühmte sogenannte _Clarendon Press_ trat 1713 in Wirksamkeit.
Der Sohn Lord Clarendons hatte das Manuskript seines Vaters zu der
Geschichte der englischen Revolution der Universität geschenkt und
mit dem Erlös aus den gedruckten Exemplaren wurde die Druckerei,
aus welcher eine grosse Anzahl wertvoller Werke hervorgegangen ist,
gegründet. Um die Beschaffung von orientalischen und anderen Typen
machte sich namentlich der Bischof Fell verdient. Im Jahre 1672
wurden 4000 £ zum Ankauf von Typen in Holland, Frankreich und England
bestimmt, da derzeit keine Schriftgiesserei in England im Gange war.
Eine solche erhielt Oxford 1677. Die Universitätsbuchdruckereien in
Oxford und Cambridge erwarben auch das Alleinrecht auf den Druck der
heiligen Schriften und der englischen liturgischen Bücher. In CAMBRIDGE
wurde die erste Presse um 1520 durch □Joh. Siberch□, einen Freund des
Erasmus, errichtet. In YORK druckte □Hewe Goes□ aus Antwerpen, 1509 bis
1516, in welchem letzteren Jahre er nach London übersiedelte.

                                                             Schottland.

Nach SCHOTTLAND kam die Kunst 1507 durch □Walter Chepman□, der Kaufmann
war und sich mit einem Praktiker □Andreas Myllar□ verband. Nach Chepman
ruhte die Pressthätigkeit Schottlands fast 30 Jahre lang. Erst im Jahre
1576 wurde die heilige Schrift von □Thomas Bassandyne□ gedruckt; selbst
in diesem Jahre besass Schottland weder griechische noch hebräische
Schriften. Während der Bürgerkriege suchte jede Partei, welche die
Macht hatte, hier wie in England die Presse auf jede mögliche Weise zu
knechten. 1648 wurde sogar unter Androhung der Todesstrafe verboten,
ohne Erlaubnis des _Committee of Estates_ etwas zu drucken. 1661
erschien die erste Zeitung: _Mercurius Caledonicus_.

1671 erhielt □Andreas Andersen□, in Vertretung auch anderer
Buchdruckereien Edinburghs, soweit gehende Privilegien, dass kein Buch
ohne Andersens Erlaubnisschein gedruckt werden konnte. Später trat
jedoch eine Beschränkung des Privilegs auf Parlamentsakte und heilige
Schriften, so wie auf 41 Jahre ein. Andersen selbst druckte das Neue
Testament so fehlervoll, dass es verboten wurde. Mit □James Watson□,
der sich 1695 in Edinburgh etablierte, lag er in fortwährendem Hader,
da Watson, Andersens Privilegium zum Trotz, druckte was er Lust hatte,
bis ihm die Königin Anna durch ein Patent 1711 das Recht zum Drucken
erteilte. Er veröffentlichte nun eine Reihe tüchtiger und sehr gut
ausgestatteter Werke, von welchen ein Neues Testament aus d. J. 1715
von „unvergleichlicher Schönheit“ war.

                                                        Die Stereotypie.

Eine besondere Wichtigkeit hat Schottland als die vermeintliche Wiege
der Stereotypie. Bei der weiteren Verbreitung der Buchdruckerkunst
konnte es nicht fehlen, dass der Wunsch rege ward, teuere Satzwerke
aufheben zu können, um nach Bedürfnis Exemplare zu drucken, ohne
dass es nötig war, entweder grosse Kapitalien in Papier und Druck zu
stecken, oder auch sich neue Satzkosten zu bereiten. Man konnte sich
nicht verhehlen, dass die alten Bilderdrucker mit ihren Platten in
dieser Beziehung einen Vorsprung gehabt hatten. Der Gedanke lag zwar
nahe, die Schriftformen aufzuheben, aber erstens war das Verfahren
bei umfangreicheren Arbeiten kostspielig, und ausserdem unsicher, da
in dem beweglichen Satz leicht Fehler vorkommen konnten. Letzterer
Umstand liess sich allenfalls beseitigen, indem man die Fussseiten
der Buchstaben zusammenlötete, dadurch ging die Schrift aber für jeden
anderen Zweck verloren. Wir haben bereits die Versuche van der Meys und
Joh. Müllers kennen gelernt.

                                                            William Ged.

Die Priorität der Erfindung der Stereotypie, in dem Sinne wie wir jetzt
von dieser sprechen, wird fast allgemein dem Schottländer □William
Ged□ zugeschrieben. Dieser, ein Goldschmied in Edinburgh, kam gegen
das Jahr 1725 auf den Gedanken der Stereotypie. Mittellos, verband er
sich mit einem wohlhabenden Mann, der jedoch misstrauisch gegen die
Sache wurde und die nötigen Mittel herzugeben sich weigerte. Ged ging
nun 1729 nach London und einigte sich mit einem gewissen Fenner und den
Schriftgiessern James. Nach ihrem Verfahren wurde der Satz mit einer
Gipsmasse übergossen und die Matrize in Schriftzeug abgegossen. Ged
erhielt von der Universität Cambridge das Privilegium zum Druck einer
Bibel und mehrerer Gebetbücher. Die Platten wurden jedoch auf Grund der
grossen Masse von Fehlern, die durch Chicane entstanden sein sollen,
unterdrückt. Ruiniert kam Ged wieder nach Edinburgh zurück. Doch gelang
es ihm noch, im Verein mit einem dortigen Buchdrucker eine Ausgabe des
Sallust (1739, 150 Seiten in 12°, mit Petit gesetzt) herzustellen, die
sich jedoch keineswegs auszeichnete. Ged starb 1749. Das Prinzip, mag
nun die erste Ausführung Ged, Valeire, van der Mey oder Müller gehören,
sollte sich erst später nach den Verbesserungen durch Lord Stanhope für
die Praxis vollständig bewähren.

                                                          Andr. und Rob.
                                                              Foulis.

Bedeutende Buchdrucker waren □Andreas Foulis□ († 1774) und □Robert
Foulis□ († 1776) in Glasgow, letzterer druckte mehrere vorzügliche
Ausgaben von Klassikern, bekannt ist namentlich die 1744 erschienene
fehlerfreie Ausgabe des Horaz. Die erste Schriftgiesserei Schottlands
errichtete □Alex. Wilson□ und □Bain□ 1742 in St. Andrews. Bei ihrer
zunehmenden Geschäftsverbindung mit Irland und Amerika zogen sie nach
Gamalachie, einem Dorfe bei Glasgow.

                                                                 Irland.

In IRLAND wurde erst 1551 durch □Humfrey Powell□ gedruckt und es
dauerte lange, ehe die Kunst hier einigermassen heimisch wurde. Irische
Typen wurden 1571 eingeführt und mit solchen ein Katechismus durch Joh.
Kerney gedruckt. Noch bis zum Beginn des □xviii.□ Jahrh. wurden beinahe
alle bedeutenden Werke ausser Landes hergestellt. Später entstand in
dem irländischen Nachdruck dem englischen Buchhandel ein böser Feind.

       *       *       *       *       *

                                                          Zeitungswesen.

Das in England jetzt in einer so grossartigen Weise entwickelte
Zeitungswesen hatte in seinen schwachen Anfängen manchen schweren Kampf
zu bestehen[1].

  [1] □N. Drake□, _Essays etc. of the Tatler, Spectator
      and Guardian_. 3 Bde. London 1814. -- □Jul. Duboc□,
      Geschichte der engl. Presse nach J. Grant. Hannover 1873.

Zur Zeit des Auslaufens der spanischen Armada (1588) fühlte die Königin
Elisabeth das Bedürfnis, durch Mitteilungen über den genauen Stand der
Sachen dahin zu wirken, dass die Besorgnisse betreffs der wirklichen
Gefahren nicht durch unnötige Furcht vor nicht vorhandenen vermehrt
würden. Sie ordnete deshalb das Erscheinen von _The english Mercurie
published by Autoritie_ an. Es erschienen hiervon 54 Nummern. An
Nachfolgern, unter den Titeln _Mercurius_, _Gazette_, _Diurnal_ etc.,
fehlte es nicht. Darunter waren _Certain news of the present week_,
wahrscheinlich das erste politische Wochenblatt, _Imperial and spanish
news_, das zweite.

                                                        Der _Tatler_ und
                                                        der _Spectator_.

                                                             _Gentlemans
                                                              Magazine._

Von den periodischen Erscheinungen, die auch auf Belehrung und
Unterhaltung des Publikums berechnet waren, hatten namentlich der
von 1709 ab dreimal wöchentlich erscheinende _Tatler_ (der Plauderer)
herausgegeben von Rich. Steele, als Pseudonym Isaac Bickerstaff, und J.
Addisons, 1711 begonnener, _Spectator_ (Zuschauer) einen bedeutenden
Leserkreis und grossen Einfluss. Ein Schlag für diese Blätter und die
ganze periodische Presse war der 1712 eingeführte Stempel von einem
halben Penny für Blätter von einem halben Bogen, von einem Penny für
jeden Bogen. Hierdurch wurde der Preis von manchem Blatt verdoppelt,
wodurch die Abnehmerzahl sich verminderte, was wieder zu weiteren
Preiserhöhungen nötigte. Der _Spectator_ war das einzige Blatt, das,
ohne an Verbreitung einzubüssen, den Preis hatte verdoppeln können.
1731 begann das bis auf den heutigen Tag beliebte: _The gentlemans
Magazine_. Von allen konkurrierenden Blättern hatte nur das _London
Magazine_, von einem Consortium Londoner Buchhändler kräftigst
begonnen, eine grosse Verbreitung (10000 Expl.) und einen längeren
Bestand.

                                                         Beliebte Werke.

Der Prototyp aller Konversations- und Fachlexika war das 1719
erscheinende _Dictionary of arts and science_. Unter den Werken, die
dem Buchhandel und den Buchdruckereien grossen Verdienst bereiteten,
ist Dan. Defoes († 1731) _Robinson Crusoe_, das, abgesehen von den
vielen Nachahmungen, in der ursprünglichen Gestalt, 41 Auflagen
erlebte. Bunyans: The _pilgrim's progress_ wurde fortwährend neu
gedruckt. Shakespeare war noch nicht populär; die erste gesammelte
Ausgabe seiner Bühnenstücke erschien, von zwei Schauspielern
herausgegeben, 1623, in fol. Bis 1664 gab es von seinen Werken nur
zwei Ausgaben, zusammen in kaum mehr als 1000 Exemplaren gedruckt. 1676
erschien _General Catalogue of books 1666-1676_, von Rob. Clavel, nach
Fächern zusammengestellt und bis 1700 fortgesetzt.

       *       *       *       *       *

                                                       Schriftgiesserei.

Dass die englische Buchdruckerei nicht ohne eine entsprechende
Entwickelung der Schriftgiesserei zur Blüte hatte gelangen können, ist
selbstverständlich. Die Zahl der Schriftgiessereien, die, wie erwähnt,
anfänglich auf vier beschränkt war, ist bis heute eine verhältnismässig
kleine geblieben. Von Bedeutung war □Thomas James□. Im Jahre 1710
kaufte er Matrizen in Holland und gründete nach seiner Rückkehr eine
Giesserei. In Verbindung mit Ged hatte er auch in der Stereotypie
experimentiert, was ihm direkt und indirekt Schaden brachte, denn
seine Kunden, die Buchdrucker, betrachteten das Verfahren mit scheelen
Augen als ein ihnen nachteiliges. Nach dem Tode von Thomas James (1736)
vereinigte der Sohn □John□ mehrere ältere Giessereien mit der seinigen
und gelangte dadurch in Besitz einer grösseren Anzahl von Matrizen von
der Zeit Wynkyn de Wordes bis auf die seine. Später erwarb □Rowe Mores□
(geb. 1730) das Geschäft. Er ist bekannt als Verfasser eines Werkes
über Schriftgiesserei und starb 1778 in unglücklicher Lage.

                                                           Will. Caslon.

Der bedeutendste der englischen Schriftgiesser war □William Caslon□,
der England erst von dem Kontinent unabhängig machte. Er war in
Cradley, Shropshire, geboren, arbeitete für Büchsenmacher als Graveur
und bewies als solcher durch Ornamente seine Geschicklichkeit.
Gelegentlich fertigte er auch für Buchbinder Stempel. Einige derselben
kamen dem Buchdrucker John Watt zu Gesicht. Die Sauberkeit und
Genauigkeit derselben liessen ihn folgern, dass Caslon wohl imstande
sein würde, den Mängeln der englischen Schriftgiesserei abzuhelfen,
und er verhiess ihm seine Unterstützung und Empfehlung, wenn er eine
Schriftgiesserei errichten wollte. Seine Freunde liehen ihm 500 £
und er fing nun mit Eifer sein Werk an. Für die Bibelgesellschaft
bekam er den Auftrag eine arabische Schrift zu schneiden. Als
Unterschrift seiner Firma hatte er sich einiger von ihm geschnittener
Antiqua-Buchstaben bedient, von welchen Sam. Palmer so entzückt war,
dass er ihm auftrug, die ganze Schrift zu schneiden. Später wurde
dies dem Palmer leid, da er gute Gründe hatte, es nicht mit den
anderen Schriftgiessereien zu verderben, die durch Caslons überlegene
Konkurrenz Schaden leiden mussten. Er suchte deshalb Caslon von
seinem Vorhaben wieder abzubringen, was ihm jedoch nicht gelang.
Caslon wendete sich an den Buchdrucker William Bowyer den älteren, mit
dessen Hülfe nun seine prachtvolle Antiqua-Garnitur, die an Klarheit,
Leserlichkeit und Gleichmässigkeit nicht viele ihresgleichen hat,
vollendet wurde. In der Zeit von 1720-1780 wurden fast alle Werke von
Bedeutung mit den Caslonschen Schriften gedruckt, die den Vergleich mit
den Meisterwerken der früheren Periode der Kunst vollständig vertrugen
und von späteren nicht übertroffen wurden. Er starb am 23. Januar 1766,
74 Jahre alt.

       *       *       *       *       *

NORDAMERIKA.

                                                        Die Presse Nord-
                                                             amerikas.

Die Presse Nordamerikas[2], welche in unserer Zeit eine so grossartige
Entwickelung nehmen und die meisten ihrer älteren Schwestern
überflügeln sollte, war in dieser Periode noch das „Riesenkind in
Wickeln“.

  [2] □Isaiah Thomas□, _The history of printing in America_. 2
      Bde. Albany 1874. -- □J. F. Fabricius□, Notizen über die
      Einführung und erste Ausbreitung der Buchdruckerkunst
      in Amerika. Hamburg 1841. -- □Fr. Kapp□, Der
      deutsch-amerikanische Buchdruck und Buchhandel im vorigen
      Jahrh. Leipzig 1878.

Es lag in den Verhältnissen, dass die Presse in Nordamerika nicht wie
in Europa ihre hauptsächlichste Nahrung aus der Wissenschaft und der
Litteratur ziehen konnte. In den Tagen des Ringens um die politische
und materielle Existenz bestand ihre hauptsächlichste Aufgabe
darin, zur Förderung der bürgerlichen Freiheit und der politischen
Ausbildung, sowie zur Stärkung des Glaubens unter den Anhängern der
vielen religiösen Sekten beizutragen, die in Amerika ein Asyl für
das „Seligwerden eines jeden nach seiner Façon“ gesucht und gefunden
hatten.

                                                          Joseph Glover.

Als Schöpfer der nordamerikanischen Typographie ist der Prediger
□Joseph Glover□ zu bezeichnen. Er schiffte sich mit einer Buchdruckerei
in England ein, starb jedoch während der Überfahrt; seine Witwe
gründete darauf 1638 die erste Druckwerkstätte in CAMBRIDGE
(Massachusetts), und das erste Buch, welches aus dieser hervorging,
war _The Freemans Oath_ (1639). Die Offizin ward später nach Boston
übergeführt und die Leitung □Stephan Daye□ übertragen, dem □Samuel
Green□ folgte. Bei der Gründung der frühesten Druckereien in Amerika
war in der Regel das Material Eigentum der Regierung oder einer
Gesellschaft. Ein verantwortlicher Geschäftsführer wurde ernannt, der
unter seinem Namen druckte. Oft blieb in dieser Weise die Leitung einer
Buchdruckerei auf lange Zeit in einer Familie.

Viele Bücher wurden noch in England gedruckt. Die Regierung war im
allgemeinen der amerikanischen Presse nicht besonders günstig gestimmt,
vielleicht im Vorgefühl der Gefahren, die ihr von derselben erwachsen
sollten, und die Freiheit der Presse war eine ziemlich beschränkte.
1662 setzten die Behörden von Massachusetts förmliche Zensoren ein
und erliessen ein Gesetz, dass ausser der in Cambridge befindlichen
Druckerei keine andere im Bereich ihrer Jurisdiktion angelegt werden
sollte. Erst um 1755 scheint eine vollständige Freiheit eingetreten zu
sein.

                                                                 Boston.

In BOSTON ward □John Forster□ mit der ersten Buchdruckerei belehnt, die
zweite begann der schon erwähnte □Sam. Green□. Sie wurde von seinem
Bruder □Bartholomeo□ fortgesetzt, der 1704 die erste amerikanische
Zeitung _The Boston News Letter_ begann. 1709 erschien bei Green ein
Psalter in indianischer Sprache mit der Bezeichnung: _Boston, printed
by B. Green and F. Printer_. Letzterer, ein getaufter Indianer, war
jedoch nicht Miteigentümer der Offizin, sondern Drucker daselbst, und
sein Name wurde wahrscheinlich nur aus Klugheit auf den Titel gesetzt,
um dem Buch bei den Indianern leichteren Eingang zu verschaffen.

                                                         James Franklin.

Im März 1717 kam □James Franklin□, älterer Bruder des berühmten
Benjamin, mit einer Presse und mit Schriften nach Boston. Die Kunst
hatte er in England gelernt, 1719 druckte er für Rechnung des Bostoner
Postmeisters die zweite amerikanische Zeitung: _The Boston Gazette_.
Als ihm der Druck derselben entzogen ward, gründete er selbst _The
New England Courant_. Auf Grund von dessen freisinniger Richtung
sollte dem James Franklin 1723 die Zensur auferlegt werden. Um dies zu
umgehen, sprach er seinen Bruder Benjamin, der bei ihm lernte, los,
und das Blatt erschien nun mit dem Impressum: _Boston, printed and
sold by Benjamin Franklin_. James ging später nach Newport und gab die
_Rhode-Island Gazette_ heraus. Er starb 1735.

                                                         Benj. Franklin.

□Benjamin Franklin□, dessen Ruhm ewig leben wird, war am 17. Januar
1706 geboren. Gehört er auch nicht zu den Koryphäen der Typographie in
der Bedeutung, wie ein Aldus, Elzevier, Stephanus, Didot, so werden die
Jünger Gutenbergs ihn doch stets mit wahrem Stolz den ihrigen nennen,
und er war seinerseits auch nicht nur dem Namen nach einer der ihrigen.

Nach der Übernahme des _New England Courant_ scheint eine Spannung
zwischen den Brüdern eingetreten zu sein. Aufgemuntert durch den
Gouverneur von Philadelphia Sir William Keith, auf dessen Kosten dort
eine Buchdruckerei, die Benjamin aus England holen sollte, anzulegen,
ging er nach London. Aber die Kreditbriefe blieben aus und Franklin
war, um zu existieren, genötigt als Gehülfe zu arbeiten. Nach seiner
Rückkehr nach Philadelphia errichtete er zusammen mit einem gewissen
□Meredith□ eine Buchdruckerei, die Verbindung wurde jedoch bald gelöst
und nun entwickelte Franklin seine ganze ausserordentliche Thätigkeit.
Er arbeitete von früh bis spät, schrieb seinen _Poor Richards
almanack_, den er 25 Jahre lang herausgab, und gelangte zu Ansehen und
Wohlhabenheit.

                                                            Deutscher
                                                        Druck Franklins.

Mit der deutsch-amerikanischen Typographie ist Franklins Name
enger verknüpft, denn seiner Presse entstammt der älteste
aufgefundene deutsche Druck Amerikas, ein Büchlein von 96 Seiten
in Duodez mit Antiqua gedruckt. Der Titel, der zugleich geeignet
ist, eine Vorstellung von der Beschaffenheit der Anfänge der
deutsch-amerikanischen Litteratur zu geben, lautet:

„Goettliche Liebes und Lobesgethoene, welche in den Hertzen der kinder
der Weiszheit zusammen ein und von da wieder ausgefloszen. □Zum Lob
Gottes□ und nun von denen schuelern der himmlischen Weiszheit zur
erweckung und aufmunterung in ihrem Creutz und leiden aus hertzlicher
Liebe mitgetheilet. Dann mit lieb erfuellet sein, bringt Gott den
besten Preisz Und giebt zum singen uns die allerschoenste weisz. Zu
Philadelphia, Gedruckt bey Benjamin Franklin in der Marckstrasz 1730“.

                                                              Verdienste
                                                              Franklins.

Franklins ausserordentliche Verdienste um die Wissenschaft, seine
Stadt, seinen Staat und die ganze Menschheit können wir hier nur
andeuten. 1752 erfand er den Blitzableiter, wofür die Universität
Oxford ihn zum Doktor ernannte, eine damals seltene Ehre. Im
bürgerlichen und Staats-Leben stieg er von Stufe zu Stufe, bekleidete,
und zwar mit Auszeichnung, selbst den militärischen Posten eines
Obersten in der, besonders durch ihn hervorgerufenen, freiwilligen
Miliz. Als Agent für Pennsylvanien in England legte er der englischen
Regierung, die mit Frankreich in Krieg verwickelt war, einen Plan
zur Eroberung Canadas vor, der auch ausgeführt wurde und vollständig
gelang. Zur Belohnung erhielt sein Sohn den Posten eines Gouverneurs
von New-Jersey. Derselbe wurde jedoch, als er sich später nicht der
Revolution gegen England anschloss, zwei Jahre gefangen gehalten.
Bei Begründung der Konföderation wurde Benjamin als Abgeordneter
Pennsylvaniens zum Kongress und dann zum Präsidenten dieses Staates
gewählt, als welcher er die Universität Philadelphia gründete. In
seiner Eigenschaft als nordamerikanischer Gesandter in Frankreich
leistete er seinem Lande und dessen Unabhängigkeit die grössten
Dienste. Die französische Akademie ernannte ihn zu ihrem Mitglied und
der Präsident derselben, d'Alembert, begrüsste ihn mit dem berühmt
gewordenen: _Eripuit coelo fulmen sceptrumque tyrannis_[3].

  [3] Dem Himmel entriss er den Blitz, den Tyrannen das Szepter.

Bei seinem Tode am 17. April 1790 wurde eine vierwöchentliche
Landestrauer angeordnet und die französische Nationalversammlung legte
seinem Andenken zu Ehren eine dreitägige Trauer an.

Als Franklins Zeit durch die öffentliche Angelegenheit zu sehr in
Anspruch genommen wurde, hatte er erst □David Holl□ zum Teilnehmer
am Geschäft genommen und ihm dann 1766 die Firma Franklin & Holl ganz
übergeben. Hörte er auch damit auf, ein Mitglied des Buchdruckerstandes
zu sein, so beweist doch seine, von ihm selbst verfasste Grabschrift,
dass er demselben im Herzen treu geblieben war. Sie lautet:

                                                         Franklins Grab-
                                                             schrift.

_The body of Benjamin Franklin, Printer, (like the cover of an old
book, its contents worn out, and stript of its lettering and gilding)
lies here, food for worms! Yet the work itself shall not be lost, for
it will, as he believed, appear once more in a new and more beautiful
edition, corrected and amended by its Author_[4].

  [4] „Hier ruht der Leib Benjamin Franklins, Buchdrucker
      (gleich dem Deckel eines alten Buches, dessen Inhalt
      herausgenommen ist und der seiner Aufschrift und
      Vergoldung beraubt wurde), Nahrung für die Würmer.
      Doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern
      einstens in einer neuen und schöneren, vom Verfasser
      durchgesehenen und verbesserten Auflage erscheinen.“ --
      Der Gedanke selbst war vielleicht nicht ganz original,
      wenigstens hat er grosse Ähnlichkeit mit einem von Joseph
      Capen in einem Leichencarmen auf John Foster in Boston
      ausgesprochenen.

                                                           Baltimore und
                                                             New-York.

In BALTIMORE war der erste Buchdrucker □Nikolaus Hasselbaugh□, von
deutschen Eltern in Philadelphia geboren. NEW-YORK erhielt erst 1693
eine Offizin durch □William Bradford□ aus Philadelphia. Die zweite
Buchdruckerei errichtete □Joh. Peter Zenger□ 1726. Dieser gab 1733 _The
New-York weekly Journal_ heraus, das durch seine freisinnige Haltung
Zenger Gefangenschaft eintrug, aus welcher ihn jedoch, nach Verlauf von
acht Monaten, der Spruch der Geschworenen erlöste.

                                                           Die deutschen
                                                            Einwanderer.

Wesentliche Verdienste erwarben sich die deutschen Ansiedler um die
Presse. Die ersten derselben gehörten zumeist pietistischen Sekten
an, und waren namentlich Anhänger und Freunde Ph. Jacob Speners. Will.
Penn, der auf seinen Reisen dem erwähnten näher getreten war, forderte
zur Einwanderung auf. Die zu diesem Zweck gebildete „Frankfurter
Compagnie“ erwarb ein Stück Land, und der Grund zu Germantown, jetzt
ein Teil von Philadelphia, ward gelegt.

Die deutschen Einwanderer waren jedoch nicht allein der Frömmigkeit,
sondern auch der Thätigkeit ergeben und bei ihren Mitbürgern gut
angeschrieben. Die ersten deutschen Drucke sollen von den in Ephrata
angesiedelten Wiedertäufern stammen, von ihren Büchern ist jedoch
nichts auf uns gekommen, dagegen besitzt die Historische Gesellschaft
in Philadelphia, die um die Sammlung der deutsch-amerikanischen Drucke
sich sehr verdient gemacht hat, ihre Presse.

                                                        Christoph Sauer.

Für die deutschen Ansiedler war die Errichtung von Druckereien eine
schwierige Aufgabe. Pressen, Schriften, Papier, Schwärze, kurz alles
zum Druck Notwendige musste aus Deutschland beschafft werden. Die
grössten Verdienste erwarb sich □Christoph Sauer□ (Saur, Sower),
geboren 1693 in Laasphe in Westfalen. Er übte die Profession eines
Brillenmachers und wanderte 1724 nach GERMANTOWN aus. Von 1726-1731
lebte er in Lancaster als Heilkünstler, kehrte dann nach Germantown
zurück, wo er 1737 oder 1738 eine Druckerei kaufte, die ein Freund in
Deutschland erworben und von dort nach Amerika befördert hatte.

Anfänglich wollte es nicht recht gehen und Sauer hatte viele Sorgen.
Sein erstes Verlagswerk war ein „ABC Buch, bei allen Religionen ohne
billigen Anstoss zu gebrauchen“ (1738) und ein Kalender, welcher
bis 1777 fortgesetzt wurde. Sein erstes grösseres Verlagswerk war
das, von der Sekte der Siebentäger (die den Sonnabend als Sabbat
feierten) herausgegebene Gesangbuch: „Zionitischer Weyrauchs-Hügel oder
Myrrhen Berg, worinnen allerley liebliches und wohlriechendes nach
Apotheker-Kunst zubereitetes Rauch-Werk zu finden“. Gewidmet war es:
„allen in der Wüsten Girrenden und einsamen Turteltäublein“.

Im Jahre 1739 gab Sauer das erste Stück der ersten
deutsch-amerikanischen Zeitung heraus: „Der hochdeutsch Pennsylvanische
Geschicht Schreiber, oder Sammlung wichtiger Nachrichten aus dem Natur
und Kirchen-Reich“, die viermal jährlich erscheinen sollte, hieraus
ward bald zwölf- und von 1762 ab 24mal. Von 1775-1777 erschien das
Blatt wöchentlich und soll bereits 1751 4000 Abonnenten gehabt haben;
die Zahl steigerte sich später auf 8000. Der Titel ward mehrmals
geändert, zuletzt von dem jüngern Sauer in „Germantowner Zeitung oder
Sammlung wahrscheinlicher Nachrichten aus dem Natur- und Kirchenreich“.
Er wählte das Wort „wahrscheinlicher“, da er zu gewissenhaft war, um
die Leser durch den Titel zu dem Glauben veranlassen zu wollen, es sei
alles wahr, was in der Zeitung stände.

                                                           Sauers Bibel-
                                                               druck.

Sauers bedeutendstes Unternehmen war die Herausgabe der deutschen
lutherischen Bibel. Bei dieser Veranlassung legte er (1740) selbst
eine Schriftgiesserei an, die erste in Amerika, und 1743 war das Werk
von 1284 Seiten in Royal-Quart in 1200 Exemplaren vollständig und
in Leder gebunden. Diese Bibel war die erste in einer europäischen
Sprache in Nordamerika gedruckte; die erste Ausgabe in englischer
Sprache erschien, auf Grund des Monopols der Universität Oxford, erst
1782. Ausser der Bibel druckte Sauer das Neue Testament in 7 Auflagen
und eine grosse Anzahl Bücher, meist Nachdrucke von in Deutschland
erschienenen theologischen Schriften und Andachtsbüchern. Politisch
gehörte Sauer zu den Gesinnungsgenossen Franklins und der Einfluss
seines Blattes ward von den Regierungsmännern besonders gefürchtet.

                                                     Christ. Sauer d. j.

□Christoph Sauer□ d. j. dehnte das Geschäft sehr aus, beschränkte
jedoch, wie der Vater, den Verlag hauptsächlich auf Schul- und
Andachtsbücher. Nur einer seiner vielen Verlagsartikel hat nähern
Bezug auf Deutschland: „Das Leben und die heroischen Thaten des König
Friedrich □ii.□ von Preussen“. Auch als Buchdrucker blieb der Sohn
der bedeutendste Vertreter der deutsch-amerikanischen Presse. Die
Bibel druckte er noch in zwei Auflagen, von welchen die letzte fast
gänzlich von den Soldaten zu Patronen verwendet wurde, als 1776 der
Freiheitskrieg sich nach Germantown gezogen hatte. Alle Druckwerke des
Vaters sowohl als des Sohnes zeichnen sich durch Reinheit der Schriften
und guten Druck aus; auch das Papier ist kräftig und gut geleimt. Der
Sohn stand politisch auf Seiten der englischen Regierung und zog zu
seinen Kindern nach Philadelphia, welche ebenfalls für den König Partei
nahmen. Er ward als Verräter erklärt, sein Eigentum konfisciert und er
nach seiner Rückkehr zu Germantown verhaftet und misshandelt. Seinen
Lebensabend verbrachte der tüchtige und redliche Mann in ärmlichen
Verhältnissen, und starb 1784.

                                                            Die späteren
                                                              Nachkommen
                                                                Sauers.

Zwei seiner Söhne, □Peter□ und □Christoph iii.□, gaben in Philadelphia
das einzige, sich zugleich durch seine masslose Sprache auszeichnende
deutsche, englischgesinnte Blatt, heraus. Ein dritter Sohn □Samuel□
liess sich erst in Philadelphia, dann in Baltimore als Schriftgiesser,
Drucker und Verleger nieder und genoss einen bedeutenden Ruf; der
vierte Sohn □Daniel□ setzte das alte väterliche und grossväterliche
Geschäft in Philadelphia fort.

                                                            Sonstige
                                                        deutsche Drucker
                                                         u. Buchhändler.

Die übrigen deutschen Buchhändler Pennsylvaniens nahmen keinen grossen
Rang ein. Die Gebrüder □Gotthart□ und □Anton Armbruster□ gehörten
zu den bedeutendsten und gaben eine zeitlang gemeinschaftlich mit
Benjamin Franklin die _Pennsylvania Gazette_ heraus. Vor und während
der Revolution blühte das Geschäft von □Heinrich Müller□, der
sich 1760 dauernd in Philadelphia niederliess. Sein wöchentlicher
„Philadelphia-Staatsbote“ war das erste Blatt, welches am 9. Juli 1776
die Unabhängigkeits-Erklärung veröffentlichte. Bei dem Einzug der
Engländer wurde Müllers Offizin verwüstet. Noch verdienen □Melchior
Steiner□ und □Carl Cist□ als Drucker und Verleger genannt zu werden.
Von einem geregelten buchhändlerischen Verkehr war keine Rede, der
Vertrieb wurde durch Hausierer besorgt.

                                                        Sonst und Jetzt.

So waren die ersten schwachen Anfänge der amerikanischen Presse, deren
Riesendimensionen jetzt unser Staunen erregen. Was würde wohl der
einstmalige Gouverneur von Virginien Sir Thomas Berkeley sagen, wenn
er heute nach Virginien zurückkehrte, von wo aus er 1671 mit Stolz
und Befriedigung nach London berichtete: „Ich danke Gott, wir haben
hier keine Freischulen und keine Buchdruckereien, und ich hoffe, es
soll noch lange Zeit so bleiben, denn das Lernen hat nur Ungehorsam,
Ketzerei und Sektenwesen in die Welt gebracht; die Buchdruckerkunst
aber war die Dienerin aller dieser Gräuel; Gott bewahre uns vor
beiden“.

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

XIII. KAPITEL.

DIE SLAWISCHEN LÄNDER. DIE TÜRKEI. DIE OSTASIATISCHEN LÄNDER.

 □Polen.□ □Russland□: Moskau, St. Petersburg. □Die Türkei□:
   Konstantinopel, Ibrahim und Said Efendi, Syrien. □Das östliche
   Asien, China□, das chinesische Tafeldruckverfahren und die
   Papierfabrikation. Europäischer Druck in Asien.


POLEN, im □xv.□ und □xvi.□ Jahrhundert ein blühendes Reich, wo
Wissenschaft und Litteratur begünstigt wurden, förderte auch rüstig
die Buchdruckerkunst. □Johann Haller□ aus Nürnberg (um d. J. 1500),
ein Schüler Kobergers, war ein bedeutender Buchdrucker und Buchhändler
in KRAKAU. Die Juden begannen 1517 den hebräischen Druck zu üben, der
sehr aufblühte. □Paul Helic□ gab 1540 das von einem getauften Juden
ins Hebräische übersetzte Neue Testament heraus. Mit ihm gleichzeitig
wirkte □Hieronymus Victor□ aus Wien (1518-1543).

Der bedeutendste Buchdrucker war wohl □Nikolaus Scharfenberg□.
Berühmt sind seine den Königen Sigismund August, Heinrich von Valois
und Stephan □i.□ gewidmeten Bibeln in polnischer Sprache und seine
_Constitutiones, statuta et privilegia in comitiis regni etc._, die er
für den Buchhändler □Andreas Lazarsz□ druckte, der, selbst Buchdrucker,
auch eine grosse Anzahl vorzüglicher und hochgeschätzter Werke aus
seiner Offizin lieferte.

                                                                  Polen.

Einer der angesehensten Männer Polens war □Johann Januszowski□. Früher
Gesandter bei Kaiser Maximilian □ii.□ und Geheimschreiber des Königs
Sigismund August, zog er sich von den Staatsgeschäften ganz zurück, um
nur den Wissenschaften und der Typographie zu leben. Polen hat seiner
Feder und seinen Pressen eine Menge wertvoller Schriften zu verdanken.
Ein berühmter Buchdrucker war □Franz Cäsarius□ (wahrscheinlich ein
Deutscher, Kaiser), der die Lazarszsche Offizin erwarb, welche über 100
Jahre im Besitz der Familie blieb.

Unter den jüdischen Buchdruckern zeichnete sich namentlich
□Isaak-Ben-Aaron Prostitz□ (um 1550) aus. Unter vielen anderen
Schriften druckte er sowohl den babylonischen als den jerusalemitischen
Talmud. In POSEN, WILNA und LUBLIN, wo sich der Sitz der Socinianer[1]
befand, wurde viel gedruckt, ebenso in BRZESC, wo die bekannte _Biblia
swięta_ mit Illustrationen (1563) erschien, die nach dem Kostenträger
gewöhnlich die Radziwill-Bibel genannt wird. In OSTROG kam auf Kosten
des Fürsten Konstantin von Ostrog, Palatins von Kiew, die jetzt sehr
selten gewordene Bibel in altrussischer Sprache heraus. Die Leitung
hatte der Patriarch Jeremias von Konstantinopel übernommen; die Typen
sind genau den slawischen Manuskripten nachgebildet. Der Druck ist
vorzüglich, nur das Papier ist nicht gut.

  [1] Unitarier. Vorläufer der Rationalisten.

In WARSCHAU wurde erst 1580 gedruckt; in LEMBERG 1593. Die galizische
Presse hat nie eine Bedeutung erlangt und wurde von den Jesuiten
vollständig beherrscht. Aus Böhmen und Mähren ist wenig zu berichten.
PRAG hat einige hebräische Drucke von Bedeutung aufzuweisen. Auf
dem Schlosse KRALITZ in Mähren liess der Freiherr von Zarotin
von böhmischen Brüdern die erste Bibel in der Landessprache in 6
Quartbänden drucken (1579-1593).

                                                                 Ungarn.

In UNGARN war die frische Blüte bald vorbei und die Buchdruckerkunst
in Ofen bis 1725 wieder in Vergessenheit geraten. SIEBENBÜRGEN erhielt
in KLAUSENBURG 1550 seine erste Druckerei. Der berühmteste Typograph
und Schriftgiesser dort war □Nikolaus Tótfalu□, der sogar Florenz und
Amsterdam mit georgischen und samaritanischen Schriften versorgte.[2]

  [2] □J. D. Hoffmann□, _de typographiis eorumque initiis et
      incrementis in Regno Poloniae_. Danzig 1740. -- □K.
      Ungar□, Neue Beiträge zur alten Gesch. d. Buchdrk. in
      Böhmen. Prag 1795. -- □Ch. d'Elwert□, Beitr. zur Gesch.
      etc. Mährens. I. Bd. Brünn 1854. -- Etwas von der Buchdr.
      des □xv.□ u. □xvi.□ Jahrh. in Ungarn und Siebenbürgen.
      (Ungar. Mag. 1788. No. 26.) Pressburg. -- □Joh. Nemeth□,
      _Mém. typogr._ Pest 1838.

                                                               Russland.

In RUSSLAND war die alte Zarenstadt MOSKAU der Hauptsitz der
slawischen Gelehrsamkeit. Hier entstand unter dem Grossfürsten Iwan
Wassiljewitsch 1553 die erste Buchdruckerei □Synodalnija typografia□
durch den Diakon □Iwan Feodorow□ und □Timoféew Mstislavzoff□ unter
Aufsicht des Dänen □Hans Hannsen□, und hier erschien 1564 der in der
russischen Litteratur so berühmte _Apostol_, in slawischer Sprache
gedruckt, von welchem das einzige bekannte Exemplar in der Bibliothek
der Akademie zu St. Petersburg aufbewahrt wird. Das Volk verjagte
die Drucker, die es für Zauberer hielt und die nun ihre Arbeiten in
Wilna und Lemberg fortsetzten. Erst 1644 unter Michael Fedorowitsch'
Regierung wurde eine neue Offizin eröffnet, deren Erzeugnisse, fast
nur aus kirchlichen Werken bestehend, grosses Lob verdienen. Im Jahre
1643 hatte der Klostergeistliche □Arsenij Suhanow□ den Gebrauch einer
sehr schmalen und schlanken Schrift eingeführt, die noch jetzt in der
Synodaldruckerei unter dem Namen „die arsenijsche“ vorhanden ist. Im
Jahre 1663 erschien die zweite sorgfältige Ausgabe der russischen Bibel
nach dem Muster der Ostroger v. 1581.

                                                       Peter der Grosse.

Die Einführung der weltlichen russischen, sich an die Antiqua
anlehnenden, Schrift, durch welche die Volkslitteratur sich entschieden
von der kirchlichen scheidet, ist ein Werk Peters des Grossen. Dieser
erteilte im Jahre 1698 dem Amsterdamer Buchdrucker □Tessing□ das
Privilegium, Bücher für Russland zu drucken. Zar Peter liess auch
Typen in Holland schneiden und Schrift giessen, mit welcher die
Synodal-Buchdruckerei in Moskau 1705 die erste Zeitung in Russland
druckte. Bis 1707 war das Drucken ein Vorrecht der Krone oder des
Metropoliten gewesen, von da ab durften auch Privatpersonen das
Buchdrucker-Geschäft ausüben, welches nun einen kräftigen Anlauf nahm.

                                                       Peter der Grosse.

Im Jahre 1717 liess Zar Peter die Bibel in Amsterdam von □Jan van
Duren□ derart drucken, dass von zwei Spalten die eine den holländischen
Text enthielt, während die slawische Übersetzung auf die zweite Spalte
in Russland eingedruckt werden sollte. In dieser Weise kam jedoch nur
das Neue Testament 1721 zustande, das Alte blieb in der unfertigen
holländischen Gestalt.

Im Jahre 1740 errichtete ein Engländer □Andrew Johnson□ eine georgische
Buchdruckerei, in welcher die Bibel mit Typen, die auf Befehl des
gelehrten georgischen Fürsten Vakuset ausgeführt waren, gedruckt wurde,
unter dessen Aufsicht auch das Evangelium Matthäi 1712 als Polyglotte
in 8 Sprachen ausgeführt sein soll.

                                                         St. Petersburg.

Nach ST. PETERSBURG brachte Peter der Grosse die Pressen von Moskau,
das erste hier erschienene Buch war „das Buch des Mars“, datiert
1713. Die erste St. Petersburger Zeitung erschien 1714. Der Senat
erhielt 1719 eine eigene Offizin. 1720 errichteten die Mönche
in dem St. Alexander Newski-Kloster eine Offizin, 1724 hatte das
Admiralitäts-Kollegium, 1727 die Akademie der Wissenschaften, 1735
die Synode eigene Druckerei. Chinesische Bücher wurden bereits 1730
geliefert.

Für GRIECHENLAND war die Kunst so gut wie nicht vorhanden, nur hier und
dort erschien vorübergehend eine ambulante jüdische Buchdruckerei.

                                                             Die Türkei.

In der TÜRKEI[3] war auf Anordnung des Sultan Bajazet □ii.□ die
Ausübung der Buchdruckerei verboten worden (S. 76) und sein Sohn Selim
□i.□ hatte dieses Verbot erneuert. Trotz der angedrohten Todesstrafe
druckten jedoch die Juden im Stillen fort und aus den Jahren 1490-1726
sind manche Drucke in hebräischer Sprache bekannt, unter welchen der
Polyglott-Pentateuch von 1546 wohl der bedeutendste ist.

  [3] □J. Beckmann□, Nachrichten von der Buchdruckerei zu
      Konstantinopel (Hann. Mag. 1768). -- □Giamb. Toderini□,
      Litteratur der Türken. Aus dem Ital. durch P. W. G.
      Hausleutner. □ii.□ Band. 2. Teil. Buchdruckerei der
      Türken. Königsberg 1790.

Im □xvii.□ Jahrhundert versuchte □Nicodemus Metaxa□, ein gelehrter
Mönch aus Cephalonia, unter den Auspizien des Patriarchen Cyrillus
Lukaris eine griechische Offizin in KONSTANTINOPEL zu begründen. Der
Versuch wurde jedoch durch die Jesuiten vereitelt und eine 1698 aus
Venedig eingeführte armenische Presse auf Befehl des Sultans zerstört.

                                                            Ibrahim und
                                                            Said Efendi.

Erst 1726 unter der Regierung Achmeds □ii.□ trat die, von der
Regierung erlaubte, ja von ihr unterstützte freie Ausübung der
Buchdruckerei ein. Sie war ein Werk des verdienten und gelehrten
□Ibrahim Efendi□. Besonders thätig war dabei □Said Efendi□, der als
Gesandtschaftssekretär in Paris Geschmack an der Kunst gefunden
hatte und nun die nötigen Schriften anschaffte, und zwar diese
in Konstantinopel selbst schneiden und giessen liess. Nach vielen
Beratungen mit den ersten Staatsmännern und Gesetzverständigen that der
Mufti den Ausspruch, dass es gestattet sein solle, mit Ausnahme der
Religionsbücher, in arabischer Sprache zu drucken, dass es aber gut
sei, wenn vier Oberaufseher ernannt würden, welche wissenschaftliche
Kenntnisse genug besässen, um über den richtigen Abdruck der Bücher
zu wachen. Das erste Buch, welches demgemäss erschien, war Wankulis:
_Kitab Lugat_, arabisch-türkisches Wörterbuch, 2 Bde., zusammen von
1422 Seiten, 1728. Ein kaiserlicher Befehl stellte den Preis auf 35
Piaster fest. Als erstes mit Antiquaschrift gedrucktes Buch folgte
Holdermanns französisch-türkische Grammatik 1730. Um dieses Jahr
entwickelte sich eine ziemlich lebhafte Druckthätigkeit, namentlich
um geschichtliche und geographische Werke herzustellen, darunter eine
Geschichte von Amerika mit Landkarten und Illustrationen, ein Atlas von
39 Tafeln; „das Buch von dem Spiegel der Welt“ u. a.

Dies Aufblühen der Buchdruckerei war jedoch nicht von langem Bestand.
Man hat behauptet, dass sie auf Grund einer Pression der vielen
Abschreiber auf die Regierung eingestellt worden sei. Das ist jedoch
unbegründet, auch dürfte der Schaden, der den Abschreibern entstanden
war, nur ein sehr kleiner gewesen sein, da die religiösen Werke
nicht gedruckt werden durften, auch das Abschreiben vieler Werke
noch notwendig blieb. Mehr scheint der Mangel an Arbeitern massgebend
gewesen zu sein und die Vorliebe für schön geschriebene Bücher, die
allen Orientalen gemeinsam ist.

Mit Ibrahims Tode tritt der Stillstand ein und erst gegen das Ende des
Jahrhunderts lebte die Buchdruckerkunst in Konstantinopel wieder auf.

                                                          Die Wallachei.

In der WALLACHEI wurde im Kloster SNAGOF, nahe bei Bukarest, auf
Kosten des Woywoden Johannes Konstantin Bessaraba, i. J. 1701 ein
griechisch-arabisches Missal gedruckt. Die dortige Klosterbuchdruckerei
war reich an arabischen, griechischen und illyrischen Schriften.

                                                                 Syrien.

In SYRIEN bildeten die Klöster des Libanon eine Zuflucht für
abendländische Wissenschaft, wo seit länger als 250 Jahren
gedruckt worden ist. □Paschalis-Elis□ und □Joseph Ibn-Amimas□
arabisch-syrischer Psalter ist 1610 datiert. Aus ALEPPO, wo eine
Buchdruckerei unter der Direktion des Patriarchen Athanasius von
Antiochien bestand, existierten Drucke aus dem Jahre 1706, aus BEIRUT
von 1751; georgische aus TIFLIS von 1701. In DAMASCUS druckten die
Juden schon 1605. Im Jahre 1622 beschloss ein Konzil der armenischen
Bischöfe die Buchdruckerei einzuführen. Ein Mönch aus Eriwan, □Uscan□
oder □Osgan□ (gest. 1676) wurde nach Amsterdam gesandt und druckte dort
die Bibel. 1669 errichtete Uscan eine armenische Presse in Marseille,
die schliesslich nach Konstantinopel übergeführt wurde.

       *       *       *       *       *

                                                         Früher Druck in
                                                               China.

Im ÖSTLICHEN ASIEN wurde lange vor Einführung von Gutenbergs Kunst
der Bücherdruck in ziemlichen Umfange getrieben und CHINA[4] ist oft
als die Mutter der Buchdruckerkunst genannt. Nach dem, was wir unter
Typographie verstehen, kann davon, wie auch gleich eingangs bemerkt
wurde, keine Rede sein, aber der chinesische Bücherdruck ist wichtig
und interessant genug, um demselben unsere Aufmerksamkeit zu schenken.
Wir übergehen alle sich in das Mythenreich verlierenden Erzählungen von
der Entstehung der chinesischen Schrift und der frühesten Verwendung
derselben, und halten uns an die historisch begründete Thatsache, dass
um das Jahr 1000 n. Chr. viele Bücher von Holztafeln gedruckt wurden.
Zuerst waren die Schriften vertieft in Stein oder Holz geschnitten
worden, so dass nach der Einreibung mit Farbe die Schrift weiss auf
schwarzem Grund erschien; man lernte jedoch bald die Vorzüge des
erhabenen Buchstabenschnittes kennen.

  [4] □Stan. Julien□, _L'imprimerie en Chine au VI Siècle de
      notre ère_. Paris o. J. -- □Stan. Julien□, _Documens
      sur l'art de l'impr. etc. en Chine_. Paris 1847. -- □H.
      Wuttke□, Die Entstehung der Schrift etc. Leipzig 1872.

Das chinesische Druckverfahren, wie es sich bis auf den heutigen Tag
erhalten hat, ist folgendes:

                                                         Das chinesische
                                                         Druckverfahren.

Aus hartem Holz, gewöhnlich Kirsch-, Birn- oder Pflaumenbaumholz,
werden, ½-¾ Zoll dicke Tafeln geschnitten, die kleinen Ritzen und
Löcher ausgefüllt und die geglätteten Flächen (man benutzt in der Regel
beide) mit einem Reisteig überzogen. Das Herstellen solcher Platten
ist ein besonderer Geschäftszweig. Der Schönschreiber malt nun genau
und zierlich das zu Druckende auf durchsichtiges Papier und vergleicht
seine Arbeit mit dem Manuskript. Ein Blatt (zwei neben einander
stehende Seiten) enthält gewöhnlich ein halbes tausend Zeichen. Die
beiden Seiten werden mit einem starken Strich umrahmt; ein anderer
Strich durch die Mitte des Blattes bezeichnet die Stelle, wo das, nur
auf der einen Seite bedruckte Blatt, mit der zugemachten Seite nach
aussen gekehrt, beim Heften gefalzt werden muss, ganz wie es bei den
xylographischen Reiberdrucken des □xv.□ Jahrh. in Deutschland der Fall
war.

                                                            Uebertragung
                                                            der Schrift.

Auf die noch feuchte Klebmasse, mit der das Holz überzogen wurde, wird
das beschriebene Blatt verkehrt aufgelegt und, nachdem es angetrocknet
ist, mit einem benetzten Finger das Papier sorgsam abgerieben. Die
Schrift bleibt deutlich auf dem Holzblock zurück. Damit sie noch besser
hervortritt und das Holz leichter zu behandeln ist, wird die Oberfläche
mit Fett überzogen oder mit Öl getränkt.

                                                            Der Schnitt.

Dann geht „der Setzer“ (d. h. der Holzschneider) ans Werk und sticht
alles nicht Beschriebene wie bei der Holzschnittzeichnung weg. Den
durch einen solchen erhabenen Schnitt entstehenden Druck nennt man den
männlichen (_Jangwen_), wird dagegen die Schrift vertieft geschnitten,
so dass sie im Druck weiss auf schwarzem Grund erscheint, so heisst das
Verfahren weiblicher Druck (_Jenwen_).

                                                            Der Drucker.

„Der Drucker“ sitzt vor einer Bank, auf welcher der Block so festgelegt
wird, dass er sich nicht rücken und reiben kann, was schon deshalb
vermieden werden muss, weil, wie erwähnt, gewöhnlich beide Seiten der
Platte zum Schnitt benutzt werden. Auf der einen Seite steht ein Haufen
Papier, auf der andern befindet sich der Topf mit der Schwärze, sowie
der Pinsel oder die Bürste. Die Druckerschwärze besteht aus gestossenem
und durch ein Haarsieb geschüttetem Lampenruss, welcher in Branntwein
zu einem Brei aufgeweicht, bis zu einem Zehnteil der Masse mit
animalischem Leim oder Pflanzenöl angemacht, schliesslich mit Wasser
verdünnt wurde.

                                                            Reiberdruck.

Das erste Geschäft des Druckers ist, dass er mit dem in die Schwärze
getauchten Pinsel oder der Druckbürste die Tafel zweimal sanft
überfahrt, so dass die erhabenstehende Schrift gleichmässig gefärbt
wird. Dann legt er einen Bogen auf die Schrift, streicht ihn behutsam
mit der Bürste aus, legt einen zweiten Bogen als schützenden Deckel
darauf und fährt mit der Bürste oder einem Reiber aus Palmenrinde ein
paarmal fest darüber weg, dann ist der Druck fertig. Der Farbenanstrich
dient für drei bis vier Abzüge und muss dann erneuert werden. Ein guter
Drucker soll täglich zwei- bis dreitausend Blätter liefern können.

                                                               Das Heft.

Die zusammengefalzten, gedruckten Blätter werden zu einem Heft (_pen_)
vereinigt, selten mehr als 50-80 Blätter. Oft erhalten die Hefte einen
obern und untern Deckel, mit Seide oder Brokat überzogen. Die zu einem
Werke gehörenden Hefte werden zusammen in einer Kapsel von Pappe oder
Holz aufbewahrt. Die Kapseln werden auf die Bücherbretter flach gelegt
und über einander geschichtet.

                                                             Das Format.

Das beliebteste „Format“ ist, was wir ein längliches Oktav nennen
würden. Doch giebt es auch „Ärmel-Ausgaben“ in kleinerem Format und ein
„Quartformat“ bis 14 Zoll im Quadrat.

                                                          Typographische
                                                            Einteilung

Der „Titel“ kommt nach unserer Bezeichnung hinten, wie bei den
semitischen Büchern, die erste Seite eines chinesischen Buches würde
also unsere letzte sein. Die „Zeile“ geht von oben nach unten, und jede
Zeile ist von der nächsten durch einen Längenstrich geschieden. Der
allgemeine und der Kapiteltitel wird der Länge nach in der Mitte des
Bundstegs gedruckt, so dass er halb auf der einen, halb auf der andern
Kolumne steht. Der Titel zu Anfang giebt das Druckjahr und den Drucker
an. Fängt das Buch nicht mit einem Vorwort an, so hat es gewöhnlich ein
Schlusswort. Längere Anmerkungen werden auf dem oberen Teil der Seite
angebracht und durch einen Strich von dem Text getrennt, kurze öfters
mit kleinerer Schrift zwischen den Zeilen eingefügt. Reich illustrierte
Ausgaben mit höchst zierlichen Konturzeichnungen sind sehr häufig.
Ein Inhaltsverzeichnis wird manchmal beigegeben, nie ein Register, da
ja der Begriff einer alphabetischen Anordnung überhaupt den Chinesen
mangelt. Die Seiten werden gezählt, aber nicht durch das ganze Werk
fortlaufend, sondern für jeden Abschnitt besonders. Vom Staat besorgte
Ausgaben sind durch Drachenbilder kenntlich. Der Kaisersitz Hangtscheu
war lange der Hauptort der Druckereien und die dort erschienenen Drucke
galten als die vorzüglichsten.

                                                             Das Papier.

Das chinesische und japanische □Papier□ wird hauptsächlich aus
Bambusfasern, sowie aus Reis- und Getreidestroh, ausserdem auch aus
der Rinde, teilweise aus den Wurzeln des Papier-Maulbeerbaumes (der
_Broussonetia papyrifera_), der Schwertlilienpflanze, sowie aus
mehreren Nadelhölzern, endlich aus Baumwolle, Hanf und Abfällen der
Seidenspinnerei gefertigt.

                                                             Das Bambus-
                                                             rohrpapier.

Das für die Papier-Fabrikation bestimmte Bambusrohr wird im ersten
chinesischen Monat geschnitten, von den Blättern befreit und in 3-4
Fuss lange dünne Stäbe gespalten. Diese werden entweder lose, oder in
Bündel gebunden, in Küpen gelegt, worin sie, schichtweise mit Kalklagen
bedeckt und mit Wasser übergossen, 3-4 Monate liegen, bis das Rohr in
völlige Fäulnis übergegangen ist. Nach dieser Zeit werden die Stücke
herausgenommen und mittels Schläger zu einem Brei verwandelt, der dann
gehörig gereinigt, und mit etwas Leimwasser vermischt wird. Von der
halbflüssigen Masse wird nun diejenige Quantität auf einen viereckigen
siebartigen Rahmen geschöpft, die zur Erzeugung eines Bogens nötig
ist, der Rahmen vorsichtig, aber rasch, hin und her bewegt, um die
gleichmässige Verteilung der Masse auf dem Siebe zu ermöglichen,
endlich die so gebildete dünne Schicht halbtrocken als Papierbogen vom
Rahmen abgehoben. Diese Bogen werden später auf mässig erhitzte Wände
geklebt und bei manchen Papiersorten mit einem Überzug von Reisstärke
versehen, schliesslich an der Sonne völlig getrocknet. Für die besten
Papiere werden bloss die Schösslinge des Bambus verwendet und diese
noch, ehe man sie spaltet, sorgfältig abgeschabt, während für die
Fabrikation geringerer Qualitäten auch die Blätter als Material dienen.

                                                Der Papier-Maulbeerbaum.

Die Anfertigung des Papiers aus den Schösslingen des
Papier-Maulbeerbaumes erfolgt so: In jedem Jahre werden die Pflanzen
bis auf die Wurzeln abgeschnitten. Von jedem Stengel entstehen in
dem folgenden Jahre fünf Triebe, so dass sich im Laufe von fünf
Jahren ein dichter Strauch bildet. Die Triebe aus dem fünften Jahre
werden zu Papier verarbeitet. Nachdem die Stengel in Stücke von 2½-3
Fuss Länge geschnitten worden sind, werden sie in einem Kessel, der
merkwürdigerweise aus Stroh besteht, mit Dampf behandelt. Durch diesen
Prozess wird die Rinde von den Stengeln gelöst, welch letztere nur als
Brennmaterial zu verwenden sind. Die Rinden werden getrocknet, später
einen Tag lang in fliessendem Wasser gewaschen, um die Ablösung der
innern Fasern, aus denen das beste Papier gemacht wird, zu erleichtern,
während die äussere, dunkle Rinde nur zu ordinärem Papier dient. Die
Fasern werden nun gepresst, gekocht und wieder gepresst und dann in
Blöcken aufgehoben. Nach Bedarf wird dann die Masse mit einer Art
Paste, die aus den Wurzeln des „Tororo“, einer der Baumwollenstaude
nicht unähnlichen Pflanze, gewonnen wird, versetzt. Die Mischung wird
tüchtig eingerührt, bis die richtige Konsistenz erreicht ist, und
dann das Papier in Formen mit zwei Böden geschöpft, getrocknet und
beschnitten.

                                                         Das Reispapier.

Ein, uneigentlich als Reispapier bezeichnetes Produkt ist das auf der
Insel Formosa aus der _Aralia papyrifera_ gewonnene. Das Mark dieser
Pflanze wird in dünne Blättchen geschnitten und dann noch flacher
gepresst und liefert Stücke von ½-1 Fuss im Quadrat. Die besten Stücke
werden zum Bemalen, die kleinen Stücke zu der Fabrikation künstlicher
Blumen benutzt.

                                                         Das Papiergeld.

Zur Fabrikation des Papiergeldes wird in Japan nur der Bast eines
Baumes „Mitsumata“ verwendet, welcher ausdrücklich zu diesem Zweck
kultiviert wird. Der Bast des Kaji-Baumes, der unserer Weide gleicht,
wird namentlich zu _Papiermaché_ verarbeitet, von welchem die
Chinesen und Japanesen wie bekannt eine Unendlichkeit von Gegenständen
herstellen[5].

  [5] In der Beschreibung der Herstellung des Papiers
      folgten wir dem Spezialkatalog der chinesischen
      Ausstellungskommission der Wiener Ausstellung, der in
      mehreren Punkten von den älteren Darstellungen, sowie von
      einer Beschreibung des Herrn □von Ransonnet□, abweicht.
      Die chinesische Ausstellung in Wien enthielt über hundert
      verschiedene Sorten von Papier.

       *       *       *       *       *

                                                           Europäischer
                                                          Druck in China
                                                            und Japan.

EUROPÄISCHE TYPOGRAPHIE IN ASIEN. Um die Einführung der gutenbergischen
Typographie im östlichen und südlichen Asien machten sich die
Jesuiten-Missionäre schon ausgangs des □xvi.□ oder anfangs des
□xvii.□ Jahrhunderts verdient und sie hatten in der Hauptstadt PEKING
verborgene Pressen. Eins der ältesten dort gedruckten Bücher ist
die _Cœlestis doctrinæ vera ratio_ chinesisch aus dem Jahre 1603.
In NANKING gab der Jesuit Nikolas Trigault um 1620 ein chinesisches
Wörterbuch in 3 Bänden heraus, das jetzt zu den grössten Seltenheiten
gehört. In MACAO wurde schon um 1590 gedruckt. Das erste Buch war
der Bericht eines japanesischen Gesandten nach Rom in japanischer und
lateinischer Sprache. In CANTON wurde vieles gedruckt, darunter ist
zu erwähnen die „Bibliothek nützlicher Kenntnisse“ in 100 Bändchen.
Auf der Insel FORMOSA erschien 1661 eine malaische Übersetzung der
Evangelien Johannis und Matthäi.

Das Druckverfahren in JAPAN ist dem chinesischen gleich und wird seit
uralter Zeit geübt. In europäischer Weise gedruckt erschien bereits
1591 in TACACO auf der Insel Nippon ein Leben der Apostel mit einem
angehängten Vokabularium. Gleichzeitig druckten die Jesuiten in
AMACUSA. NANGASAKI hatte zu Ende des □xvi.□ Jahrh. schon eine ziemlich
thätige Presse.

                                                              Ostindien.

OSTINDIEN. Im nördlichen Teile Ostindiens, in Kaschmir, Thibet und
Kabul, wurde der Holztafeldruck schon seit vielen Jahrhunderten geübt.
Der erste Ort, der 1563 nach europäischer Weise druckte, war GOA auf
einer Insel an der Westküste des Dekan, die früheste Niederlassung
der Portugiesen. Fast gleichzeitig, 1569, erhielt TRANQUEBAR auf
der Koromandelküste seine Presse durch die Londoner Gesellschaft für
Verbreitung des Evangeliums. Zuerst wurde ein schönes Neues Testament,
in Quarto, gedruckt, dann verschiedene Gebetbücher und Katechismen
in portugiesischer, englischer und dänischer Sprache, sowie in
verschiedenen asiatischen Dialekten. Als Tranquebar in dänischen Besitz
kam, war die dänische Mission sehr thätig. □Bartholomäus Ziegenbalg□
und □Heinrich Plutschau□ brachten eine Presse und Schriften aus
Deutschland. Auf Kosten des Königs von Dänemark wurden tamulische
Schriften in der Waisenhausbuchdruckerei in Halle gegossen und durch
J. G. Adler nach Indien gebracht, wo dieser 1714 die vier Evangelien
und die Apostelgeschichte, 1715 die Episteln und die Apokalypse
herausgab. 1723 erschien die _Biblia tamulica_, 3 Teile in Quarto. Am
wichtigsten für die Typographie Indiens ist BENGALEN, es wurde jedoch
die Druckkunst erst 1778 dort eingeführt; demnach gehört die dortige
Pressthätigkeit erst einer späteren Periode an.

                                                         Die asiatischen
                                                              Inseln.

In dem ASIATISCHEN ARCHIPEL fand die Kunst zuerst auf JAVA eine Heimat.
Die niederländisch-indische Gesellschaft errichtete in BATAVIA zu Ende
des □xvii.□ Jahrhunderts mehrere Pressen.

Von dem Wunsche beseelt, den Eingebornen das Evangelium in der
Landessprache in die Hände zu geben, befahl der Gouverneur von CEYLON
Freiherr □G. W. von Imhof□ 1737 eine Druckwerkstätte in COLOMBO
zu errichten, die später auch manches wissenschaftliche Werk ans
Tageslicht förderte. In der Hauptstadt der Philippinen, MANILLA,
wurde um 1600 gedruckt. Im □xviii.□ Jahrhundert wetteiferten die
katholischen Missionäre hier mit den protestantischen in Tranquebar in
der Verbreitung des Evangeliums.

       *       *       *       *       *

So war die Kunst Gutenbergs, welche bereits in den ersten hundert
Jahren ihres Bestehens sich über ganz Europa den Weg gebahnt und
eine hohe Stufe der Ausbildung erreicht hatte, von welcher ungünstige
Verhältnisse sie nur zeitweilig herabzudrängen vermochten, über die
ganze Welt verbreitet. Schon um die Zeit, welche unsere vorläufige
Grenze bildet, galt das, hundert Jahre später ausgesprochene Wort:

      „_Über des Oceans Raum in die fernsten Gebiete der Erde
      Trägt, Gefeierter! dich Fama, nie rastend im Flug;
      Nicht des Gesteines bedarf es für dich, noch gegossenen Erzes,
      Denn es verkündet dein Lob jegliche Zeile des Buchs._“

[Illustration:Kapitelende]



[Illustration:Kapitelanfang]

A. NAMEN- UND SACH-REGISTER.


Aa, Peter van der S. 250.

Åbo 158.

Aalst 67.

Abbreviieren 14.

Ablassbriefe 28.

Abschreiben der Bücher 13.

_Academia Veneziana_ 181.

Adler, Aegidius 143.

_Ad insigne Pinus_ 130.

Alcala de Henares 189.

Aldegrever, Heinrich 119.

Älteste Spuren vom Druck 12.

□Aldus-Familie.□

Aldus Manutius 60. 175.
  Herkunft 175.
  Offizin in Venedig 176.
  Griech. u. latein. Ausgaben 177.
  Cursivschrift 177.
  „Aldinen“ 178.
  _Neacademia_ 178.
  Geschäftl. Schwierigkeiten 179.
  Tod des Aldus 179.
  Druckerzeichen 180.

Paul Manutius 180.
  Jugendzeit 180.
  Ruf nach Rom 181.
  Rückkehr nach Venedig 182.
  Wiederkehr nach Rom 182.
  Tod 182.

Aldus □ii.□ 182.
  Jugend 182.
  Ruf nach Rom 183.
  Aussterben der Familie 183.

_Allemand_-Schrift 65.

Aleppo 282.

Alexandre, Jean 210.

Altdorfer, Albrecht 117.

Amacusa 287.

Amann, Jost 77. 118.

Ammerbach, Johannes 44.

Amstel, Ploos van 247.

Amsterdam 228. 233. 242.

_l'amour de Psyché_ durch J. Janot 200.

Anabat, Guillaume 197.

Andersen, Andreas 265.

Andrae, Hieronymus in. 128.

Andreae, Johann 131.

Andreani, Andreas 189.

Anisson, Jean 211. 213.

-- Jacques 213.

Anopistographischer Druck 19.

Anselm, Theodor 136.

Antiqua-Schrift 59. 65. 161.

Antwerpen 218.

_Apostol_ 279.

Arabische Schrift 61.

Arendes, Stephan 74.

Armbruster, Gotthart 275.

-- Anton 275.

„Armenbibel“, die 21.

Armenischer Druck 186.

_Ars memorandi_ 21.

_Ars moriendi_ 20.

Assen, Walter von 218.

Athias, Joseph 247.

_Atlantica_ von Olaus Rudbeck 158.

Auer, Simon 133.

Auflagen in ältester Zeit 57.

Augsburg 46. 129.

Augustinus, St., _de civitate dei_ 56.

Autorenverhältnisse 172.


Backer, George 261.

Badius, Familie 201.

Bämler, Johann 46.

Baldung, Hans 120.

Ballenmeister 163.

Baltimore 273.

Bamberg 48.

Bapst, Valentin 147.

Barber, John 263.

Barbier, Jean 259.

Barcelona 62.

Bartholdus de Basilea 43.

Basel 43. 120. 136.

Bassandyne, Thomas 265.

Batavia 287.

_Batavia_ von Hadrianus Junius 70.

Baumann, Georg d. ä. 145.

-- d. j. 145.

Bé, Guillaume le 214.

Bechtermünze, Heinrich 34.

-- Nikolaus 34. 35.

Beck, Reichart 136.

Beham, Barthel 116.

-- Hans Sebald 115.

Beildeck, Lorenz 25.

Beirut 282.

Bellaert, Jacob 70.

Bergmann von Olpe, Joh. 44.

Berlin 151.

Berling, Heinrich 156.

Bernard, Salomon 212.

Beromünster 42.

Beschreib. all. Künste (J. Amann) 118.

□Bibeldruck.□

Bibel, welche war die erste 29.

-- 36zeilige (Gutenberg) 29.

-- 42zeilige (Gutenberg) 30.

-- 48zeilige (Schöffer) 40.

-- spanische (Palmert) 62.

-- böhmische 76. 278.

-- illustr. (Koberger) 47.

-- (Ulrich Zell) 51.

-- niederdeutsche 51.

-- Hebr. (Bomberg) 185.

-- -- (Athias) 247.

-- Armenische 186.

-- d., k. Druckerei in Paris 211.

-- Englische (Cranmer) 260.

-- -- (Coverdale) 260.

-- -- (John Bydell) 261.

Bibel, Englische (Bischofs) 261.

-- -- (autorisierte engl.) 261.

-- -- (John Field) 261.

-- -- (Baker) 261.

-- -- deutsch-amerikan. 274.

-- russische 280.

-- russisch-holländ. 280.

-- polnische 278.

-- -Druck v. Froschauer 140.

-- -- in Wittenberg 140. 146. 150.

-- -- in Dänemark 153.

-- -- auf Island 156.

-- -- in Schweden 157.

-- -- in Finnland 157.

-- Polyglotten.
  Aldus' Versuche 179.
  Complutinische 189.
  Le Jays 209.
  Plantins 220.
  Waltons 261.

-- Verbreitung 92.

_Biblia Pauperum_ 21.

Bibliothek des M. Corvinus 75. 91.

Biel, Friedrich 43. 62.

Binck, Jakob 119.

Blaeu, Familie 162. 228.

Bloemaert, Abraham 218.

Blavio, Johannes 64.

Boccaccio, _Decamerone_ (Valdarf.) 60.

Boldrini, Nicolo 189.

Bologna, Franz von 177.

_Bombardeyro d'El Rei_ 64.

Bomberg, Daniel 185.

Boners „Fabelbuch“ 49.

Bonhomme, Pasquier 66.

Bonnutius, Judas 134.

Borchardus, Hans 52.

-- Thomas 52.

Bordeaux 67.

Bortazar, Antonio 190.

Boston (Nordamerika) 270.

_Boston Gazette_ 271.

_Boston News letter_ 270.

Brabander, Andreas 138.

Bradford, William 273.

Braga 64.

Brahe, Tycho de 155.

Brand, Matthäus 74.

Brandis, Marcus 54.

Brandis, Moritz 52. 54.

Brant, Sebastian 135.

Bray, Dirk van 218.

Breitkopf, Bernh. Christoph 149.

Breslau 145.

Brèves, Savary de 208.

Breydenbachs „Reyssen“ 41.

Brief (Breve) 15.

Briefdrucker 19.

Brito, Giovanni 188.

Brocario, Familie 189.

Brüder d. gemeinsamen Lebens 68.

Brügge 67. 106.

Brunus, Petrus 62.

Brzesc 278.

Buch des Mars 280.

Buchbinderkunst 89. 155. 166. 215.

Buchdruckerwappen 49.

Bücher-Messe in Frankfurt 170.

-- in Leipzig 148. 171.

Buchhandel im □xv.□ Jahrhundert 95.

-- in Deutschland 168.

-- Missbräuche 173.

_Buffon, histoire naturelle_ 211.

Bukarest 282.

_Bulla retractionum_ 51.

Burgkmair, Hans 111.

Burgos 62.

Burgundischer Hof 67. 72.

Buyer, Bartholomäus 66.

Bydell, John 261.


Cambridge 264.

Cambridge (Nordamerika) 270.

Camusat, Jean 211.

_Canterbury tales_ (Caxton) 73. 258.

_Cancioneiro Geral_ 64.

Canton 287.

Carpi, Ugo da 188.

Caslon, William 268.

Catholicon (Gutenberg) 32.

Caxton, William 71.

Cennini, Bernardo 60.

„Ciromantia, die Kunst“ 21.

Champ-fleury von G. Tory 198.

Chepman, Walther 265.

China, Bücherdruck 282.

-- Papierfabrikation 285.

Christiania 156.

„Christoph, der heilige“ 17.

„Christus am Kreuze“ 17.

_Chronica Hungarorum_ 75.

Cicero _de officiis_ (Schöffer) 41.

-- _de oratore_ (Sweynheim) 56.

-- _epistolae_ (J. de Spira) 58.

Clair-obscur-Druck 136. 188. 218.

_Clarendon-Press_ 264.

_Codex argenteus_ 13.

Colines, Simon de 197. 202.

Colombo 287.

Colorito, Abraham 61.

Comino, Giuseppe 187.

Commelinus, Hieronymus 134.

Complutinische Polyglotte 189.

_Const. Clementi v._ (Schöffer) 40.

_Constitutiones regni Poloniæ_ 277.

Consul, Stephan 133.

Coornhert, Dirk Volckharts 70.

Cordova (Südamerika) 192.

_Corpus juris_ (Remboldt) 66.

Corvinus, Matth. 75. 91.

Corrozet, Gilles 200.

_Cosmographia, Ptolomäi_ 46.

_Cosmographical glasse_ (J. Day) 263.

Cotta, Ursprung der Familie 133.

-- Johann Georg 133.

_Cours des fleuves par Louis □xv.□_ 211.

Cousin, Jean 200.

Crabath 161.

Cramoisy, Familie 209. 211.

Cranach, Lucas d. ä. 119. 167.

Crantz, Martin 65.

Cuesta, Johann de la 190.

Cursivschrift des Aldus 177.


Damascus 282.

Dammetz, s. Luc. v. Leyden 218.

Danner 162.

„Dante“ (Numeister) 60.

Day, John 262.

Daye, Stephan 270.

Denkmäler Gutenbergs 35. 36.

Deposition, die 164.

_Description des arts et des metiers_ 209.

Deventer 68.

_Dialogus creaturum_ 75.

_Dictes and sayings_ (Caxton) 72.

_Dictionary of arts_ 267.

Dietz, Ludwig 153.

Diptychen 90.

_Doctrina christ._ (Kromberger) 191.

Dolet, Stephan 213.

Dolmata, Anton 133.

Domingo, St. 192.

Donatus 19. 22. 27.

_Don Quixote de la Mancha_ 190.

Dritzehn, Andreas 24.

_Droit_-Schrift s. Antiqua.

Druck, Älteste Spuren 12.

Druck u. -Apparate, früheste 79.

Drucker, Die 163.

Druckschwärze 84, 163.

Druckerzeichen 124.

Dublin 266.

_Duits_-Schrift 68.

Durandi, _Rationale_ (Schöffer) 40.

Duren, Jan van 280.

Dürer, Albrecht.
  Jugendjahre 108.
  „Offenbarung St. Johannis“ 108.
  Neue Bahnen f. d. Holzschn. 109.
  Verschiedene Arbeiten 109.
  Italienische Reise 109.
  Die „Passionen“ 110.
  „Unser Frauen Leben“ 110.
  Arbeiten für Maximilian □i.□ 110.
  Die „Ehrenpforte“ 111.
  Der „Triumphzug“ 112.
  Reise nach d. Niederlanden 113.
  Litterarische Arbeiten 113.
  Tod 113.

Dyck, Christoffel van 246.


Edinburgh 265.

Egenolff, Christian 130.

Eggesteyn, Heinrich 42.

Eguia, Michel de 190.

Eichhorn, Johann 152.

Elert, Bastian 168.

□Elzevier-Familie.□

Elzevier, Ludwig 228.
  Übersiedelung nach Leyden 230.
  Ernennung zum Pedell 230.
  Sein Verlag u. seine Reisen 231.
  Geschäftl. Manipulationen 232.
  Sein Tod 233.

Elzevier, Matthias 233.

-- Ludwig □ii.□ 233.

Elzevier, Aegidius 233.

-- Justus 233.

-- Peter 233.

Elzevier, Isaack 234.
  Universitätspedell 234.
  Offizin Erpenius 235.
  Druckerzeichen 235.
  Geschäftsaufgabe 236.

Elzevier, Abr., u. Bonavent. 236.
  Ihre Association 236.
  Glanz des Hauses 237.
  kleine Ausgaben 237.
  Ausstattung ihrer Bücher 238.
  Ausländisches Geschäft 239.
  Charakteristik 240.
  Daniel Heinsius 240.
  Tod beider 241.

Elzevier, Johann 241.
  Association mit Daniel 241.
  Trennung von ihm 242.
  Tod 248.

Elzevier, Ludwig □iii.□ 242.
  Aufenthalt bei Johann 242.
  Geschäft in Amsterdam 243.
  Aufblühen desselben 243.
  Druckerzeichen 244.
  Geschäftslokal 244.
  Association mit Daniel 244.
  Ludwigs Tod 245.

Elzevier, Daniel 241.
  Association mit Johann 241.
  -- mit Ludwig 244.
  Uebernahme des Geschäfts 245.
  Heinrich Wetstein 245.
  Daniels Tod 246.
  Die Elzevierschriften 246.
  Auflösung v. Daniels Geschäft 248.

Elzevier, Abraham 249.
  Ende der Familie 249.

Enschedé, Familie.
  Niederländ. Schriftgiesserei 250.
  Isaak Enschedé 251.
  Die Stereotypie 252.
  Dr. Johannes Enschedé 252.
  Die Sammlungen d. Hauses 252.
  _Specimen de caractères_ 253.

„Entkrist“, der 21.

Erhard, Schriftgiesser 161.

Erpenius, Theodor 235.

_Escala esperitual_ (Pablos) 192.

Estienne s. Stephanus.

„Euklid“ (Ratdolt).


Fano 61, 186.

Farbendruck 39.

Faust, Johann s. Fust.

Faust, Johann (falscher) 71. 76.

Faust-Märchen 71.

Fehde weg. eines Holzschnittes 142.

Feodorow, Iwan 279.

Fèvre, Raoul le, _Hist. de Troyes_ 72.

Feyerabend, Sigismund 130.

Field, John 261.

Fischer, Paul 129.

Flander, Matthias 62.

Fleischmann, J. M. 251. 254.

Flötner, Peter 118.

Florenz 60. 184.

Foligno 60.

Foppens, François 250.

Formenschneider 19. 107.

Formenschneider, Hans 107.

Formosa 287.

Fouchet, Jean 65.

Foulis, Andreas u. Robert 266.

Fournier _l'ainé_ 214.

-- _le jeune_ 214.

Fox _Book of martyrs_ 263.

Franck, Hans (Lützelburger) 122.

Frank, Swaybold 76.

Frankfurt am Main 130.

Frankfurt a. d. Oder 151.

Franklin, James 270.

-- Benjamin 271.

_Fratres vitæ communis_ 35. 51. 68.

_Freemans_ Oath 270.

Frellon, François 213.

Friburger, Michel 65.

Friesner, Andreas 53.

Frix, Eugène 250.

Froben, Hieronymus 137.

Froben, Johannes 136.

Froschauer, Christoph 139.

-- Christoph II. 141.

-- Hans 130.

Fust, Johannes.
  Darlehn an Gutenberg 26.
  Association mit ihm 27.
  Rechtsstreit mit ihm 31.
  Trennung von ihm 31.
  Fust und Schöffer 38.
  Fusts Tod 41.


Gallen, St. 142.

_Gallia christiana_ 211.

Garamond, Claude 210.

Gascon, Le 216.

Ged, William 266.

Gehlen, Johann von 144.

Gehmen, Gottfried von 74.

Gelthuss, Arnold 26.

Gensfleisch, Frielo der Vater 23.

-- Frielo der Sohn 23.

-- Henne der ältere 26.

-- -- d. j. (s. Gutenb.)

Genf 204.

_Gentlemans Magazine_ 267.

Genua 61. 186.

Gering, Ulrich 43. 65.

Gerling, Johann 64.

Germantown 274.

Gernsheim 42.

Geselle, der 164.

Gessner, Andr. 140.

Giunta-Familie.
  Luc-Antonius Giunta 184.
  Thomas Giunta 184.
  Gio-Maria Giunta 184.
  Modesto Giunta 184.
  Philipp Giunta 184.

Glasgow 266.

Glockendon, Georg d. ä. 107.

Glover, Joseph 270.

Goa 287.

Goes, Hewe 264.

„Goettliche Liebesgethoene“ 271.

Götz; Nikolaus 51.

Golddruck 59.

Goltz, Hubert 218.

Goltzius, Heinrich 218.

Gothenburg 158.

Gothische Schrift 59. 66.

Gourmont, Gilles de 204.

Graf, Urse 120.

Grafton, Richard 259.

Grandjean, Philipp 210.

Grandjon, Jean 212.

Grau, Heinrich 136.

Green, Samuel 270.

-- Bartholomeo 270.

Grefwe, Amund 158.

Gregorio, Gregor 61. 186.

Griechische Schrift 57. 59. 60.

Griis, Paul 158.

Grimm, Sigmund 130.

Gross, Henning 148.

Groote, Gerhard 68.

Groulleau, Stephan 200.

Gryphius, Anton 212.

-- Sebastian 212.

Gutenberg, Johannes.
  Herkunft 23.
  Aufenthalt in Strassburg 24.
  Dortige Associationen 24.
  Rückkehr nach Mainz 26.
  Association mit Fust 26.
  Erste Presse 27.
  Ablassbriefe 28.
  Bibeldruck 28.
  36zeilige Bibel 29.
  42zeilige Bibel 30.
  Rechtsstreit mit Fust 31.
  Trennung von Fust 32.
  Neue Offizin 32.
  Das Catholicon 32.
  Gutenberg in Eltville 33.
  Sein Tod 34.
  Sein Andenk. u. s. Denkm. 35.

Gutenberg, Else zum 23.

Gutenbergerin, Anna 26.

Guy, Thomas 263.


Haag 233.

Haarlem 70. 251.

Haas, W. 161.

Hackius, Franz 249.

Hagenau 136.

Hager, Hans 140.

Haller, Johann 277.

Hamburg 52. 150.

Hamer, Wolfgang 107.

Han, Ulrich 58.

Hanaw, Johann 151.

Hannsen, Hans 279.

Hardoyn, Gilles 197.

Hartwach, Joh. 113.

Hasselbaugh, Nik. 273.

Hauffe, Matthias 168.

Haurisius 134.

Hebräischer Druck 185. 203.

Heidelberg 134.

Heilmann, Andreas 24.

Heilspiegel, der 21.

Helic, Paul 277.

Henlif, Conrad 42.

Hentzke, Mich. 152.

Hermann von Kempen 64.

Hess, Andreas 75.

Hewmann, Friedr. 35. 132.

Hilden, Wilhelm 152.

_Histoires. Historier_ 67.

_Historyes of Troy_ (Caxton) 72. 73.

_Historia Hispanica_ (61).

Höpfner, Georg 156.

Hof „zum Gutenberg“ 35.

-- „zum Jungen“ 26.

-- „zum Humbrecht“ 132.

Hofhalter, Rafael 143.

Hohenwang, Ludwig 45.

Holbein, Hans d. j.
  Jugend 120.
  „Totentanzalphabet“ 121.
  „Totentanz“ 121.
  _Icones veteris testamenti_ 122.
  Vollendung d. Holzschnitts 123.

Holl, David 272.

-- Leonhard 46.

Holzschnitt 15.
  Wesen desselben 15.
  Aeltester 15. 17.
  Altersbestimmung 18.
  Fortschritte 20. 22.
  Magdeburg 52.
  Zeichner-Holzschnitte 123.
  Strassburg 135.
  Schweden 157.
  Italien 187.
  Paris 196.
  Lyon 212.
  Niederlande 217.

Holum 156.

Hopyl, Wolfgang 202.

_Hortulus animæ_ (Springinklee) 114.

Humery, Conrad 32. 34.

Hunt, Thomas 264.

Huros, Paulus 62.

Hveen 155.

_Hypnerotomachia_ (Aldus) 187.


Ibn-Amima 282.

Ibrahim-Efendi 281.

Illuminatoren 14. 84.

Illustration s. Holzschnitt.

Indianischer „Psalter“ 270.

Inkunabeln 91.

Isengrin, Michael 139.


Jackson, John 189.

James, Thomas 268.

Jannon, Jean 214.

Janot, Denys 199.

Jansson, Johann 157. 249.

Januszowski, Johann 278.

Japan: Bücherdruck (s. China) 282.

-- Papierfabrik. (s. China) 285.

Jegher, Christoph 218.

Jensen, Nikolaus 59.

Jesuiten-Druckerei in Wien 143.

Jobin, Bernhard 136.

Johannis, St., „Apokalypse“ 20.

Johnson, Andrew 280.

Jollet, Mercure 200.

_Justiniani Institutiones_ (Schöffer) 41.


Kachelofen, Konrad 54.

Kaiser, Peter 66.

„Kalend. d. Joh. de Gamundia“ 21.

-- d. Joh. v. Kunsperk“ 21.

Kapitalbuchstaben 56.

Kartenmacher 19.

Kerver, Thielemann 199.

Keyser, Heinrich I. und II. 157.

Kirchenväter 93.

Klassiker-Ausgaben, Älteste 93.

Klausenburg 278.

Kleinmeister, Die 114.

Knoblauch, Johann 135.

-- Paul 155.

Koberger, Antonius, d. ä. 46.

-- -- d. j. 129.

-- Johannes 129.

Köln 50. 105.

Kogelherren 70.

Kohl, Hans 143.

Kgl. Buchdrucker 203. 208.

-- Buchdruckerei in Paris 208.

Konstantinopel 76. 280.

Kopenhagen 74. 154. 239.

Korrektur 82. 163.

Kornut 164.

Koster, Laurenz Johanns Sohn 70.

Kosterlegende 70.

Kraft, Kasper 143. 167.

Krakau 76. 277.

Kralitz 278.

Krause, Georg 167.

Krieger, Christoph 188.

Kromberger, Jakob 64.

-- Johann 190. 191.

Krüger, Theodor 167.

Kuhn, Valentin 156.

Kulmbach, Hans von 114.

Kuttenberg 76.


_Lactantius_ (Sweynheim) 56.

Ladenspelder, Hans 119.

Lamberg, Abraham 148.

Landsberg, Martin 145.

Lateinische Schrift 57.

Lavagna, Philippus de 60.

St. Lazaro 186.

Lazarsz, Andreas 277.

„Leben d. Heiligen“ 116.

Lederbereitung zum Binden 90.

_Legend, the golden_ (Caxton) 73.

Lehrling, Der 164.

Leipzig 53. 145.

Leiria 63.

Lemberg 278.

Leroy, Wilh. 66.

_Lettres cadeaux_ 66.

_Lettres de Forme_ 65.

-- _de Somme_ 66.

-- _Tourneurs_ 66.

_Lex. Heptaglotton_ (Dr. Castell) 262.

Leyden 230. 251.

Lima 192.

Limburgus, Johannes 51.

Lips, Balthasar 132.

Lissabon 63.

_Litteræ florentes_ 59.

Litterarische Produktion 91.

Livens, Joh. 218.

_Livius_ (Sweynheim) 57.

_Livres d'heures_ 196.

Lobinger, Johann 161.

Lobinger, Pancratius 129.

London 72. 257.

_London Magazine_ 267.

Lorch, Melchior 118.

Lotter, Melchior d. ä. 146.

-- -- d. j. 150.

Lublin 278.

Lucas, George 261.

Lucas van Leyden 218.

Luce, Louis 210.

Luchtmans, S. & E. 251.

Lübeck 52.

Lützelburger, Hans Franck 122.

Lufft, Hans 150.

Lund 158.

Luschmer, Joh. 62.

Luther über Illustration 147.

Lyon 66. 212.


Macao 287.

Madrid 190.

Magdeburg 52.

Mailand 60.

Mainz 23. 132.

Malerschulen, Deutsche 105.

_Mamotrectus_ (Beromünster) 43.

Manilla 287.

Mansion, Colard 68.

Mantegna, Andrea 187.

_Man. de adultos_ (Kromberger) 191.

„Manung widd' die Durken“ 29.

Manuskriptenhandel 14.

Manutius s. Aldus.

Marchand, Guyot 197.

Marienthal 35.

Marnef, Geoffroy de 197.

Martens, Dierik 66.

Martinez, Anton 62.

Matthiasson, Jon 156.

„Mazarinsche Bibel“ (42zeilig) 29.

Mecheln, Konrad von 139.

Mechitaristen-Druckerei 186.

_Médailles etc. de Louis le Grand_ 210

Medici, Marie von 200.

_Membrana_ 86.

Mentelin, Johannes 42.

_Mercurius Caledonicus_ 265.

_Mercurie, The english_ 267.

Merian, M., Vater u. Sohn 131.

Merseburg 53.

„Messkatalog“ 148. 170.

Metallschnitt 16. 17.

Metaxa, Nicodemus 280.

Meuser, Kaspar 167.

Mexico 190.

Mey, J. van der 251.

Millar, Andreas 265.

Miniaturen 14. 84.

Miniaturen 67.

Modisten, die 129.

Monserrat 62.

Montagna, Benedetto 187.

Montreale 61.

Moravius, Matthias 61.

Morel, Familie 201.

Mores, Rowe 268.

Moskau 279.

Mstislavzoff Timoféew 279.

Müller, Hans 130.

-- Heinrich 276.

-- Johann 251.

Münsch, Josias 139.

Münster 51.

Myllar, Andrew 265.


Nachdruck 174.

„Nachf. Christi“ v. Th. a. Kempis 46.

Nangasaki 287.

Nanking 287.

„Narrenschiff“ (Seb. Brant) 44. 135.

de Negker, Jost 116.

Néobar, Conrad 203.

Neudörffer d. ä. 129.

_New-England Courant_ 271.

Newport (Nordamerika) 271.

New-York 273.

_New-York weekly Journal_ 273.

Nielsen Tyge 156.

Nikolaus von Breslau 61.

Nikolaus aus Sachsen 63.

Noir, Michel le 197.

Notary, Julian 259.

Notendruck, erster 130.

Nürnberg 46. 106. 127.

Numeister, Johann 60.


Odense 74.

Oeglin, Erhard 130.

Ofen 75.

Olai, Anund 157.

Oporinus, Johannes 138.

Ortas, Abraham d' 63.

Ostendorfer, Michael 117.

Ostrog 278.

Ottmar, Johannes 132.

Oxford 264.


Pablos, Juan 191.

Padeloup 216.

Padua 187.

Paffroed, Richard 68.

Palmanazar 263.

Palmer, Samuel 263.

Palmert, Lambert 62.

Pampelona 189.

Pannartz, Arnold 56.

Paoli, Stefanus 186.

Papier, Ältestes 86.

Papiermühlen in Basel 44.

Papier, chinesisches u. japan. 285.

Papillon, Jean 200.

Paris 65. 197.

Paschalis-Eli 282.

Paul von Köln 62.

Pegnizer, Joh. 62.

Peking 287.

Pencz, Georg 115.

Pergament 85.

_Persij Satire_ 50.

Petersburg, St. 280.

Petreijus, Johann 129.

Petri, Adam 137.

-- Heinrich 138.

-- Johannes 137.

Petzensteiner, Heinrich 49.

Pfister, Albrecht 48.

Philadelphia 271.

Phillery 218.

Pigouchet, Paul 197.

Pilgrim s. Wächtlin 136.

_Pilgrim's Progress_ 268.

Pilsen 76.

Plantinsches Haus.
  Plantin, Christoph 219.
  Begründung des Geschäfts 219.
  Seine Korrektoren 219.
  Raphelingius, Franz 220.
  Moretus, Johann 220.
  Beys, Gilles 220.
  _Biblia polyglotta_ 220.
  _Prototypographus regius_ 222.
  Plantins Schriften 223.
  Sein Druckzeichen 223.
  Seine Nachfolger 224.
  Moretus, Balthazar 224.
  Plantinsche Museum 225.

Pleydenwurf, Hans 107.

-- Wilhelm 107.

Plutschau, Heinrich 287.

_Polychronicon_ (Caxton) 73.

Polyglotten s. Bibel.

_Poor Richards Almanach_ 271.

Porrus, Pet. Paul 186.

Port au Prince 192.

Posen 278.

Postulat 165.

Powell, Humfrey 266.

Prag 76, 106.

Pressen, die ältesten 82. 162.

Pressenmeister 163.

Prinzipal 164.

_Printers_ 19.

Privilegien in Frankreich 193.

-- in England 255.

-- in Schottland 265.

„Propaganda“, Druckerei der 186.

„Proportion. d. Ross“ v. Beham 116.

Prostitz, Isaak 278.

„Psalterium“ (Schöffer) 38.

Puerto, Alfons de 62.

Putorius, Johann 161.

Pynson, Richard 259.


_Queen Elizabeth's prayer book_ 263.

Quentell, Heinrich 51.


Radewynzoon, Floris 69.

Räff, Povel 74.

Raimondi, Marc-Antonio 188.

Rainmann, Johann 130.

Ratdolt, Erhard 46, 59.

Ravenstein, Albert 52.

Regiomontanus, Joh. 46.

Reiberdrucke 19.

Reichardt, Hans 168.

Reineke de Voss (Lübeck) 52.

Reinhard, Johann 135.

Remboldt, Berthold 66.

Rembrandt, Paul 218.

Rewich, Erhard 41.

Rhawe, Georg 150.

Richardson, Samuel 264.

Richel, Bernhard 44.

-- Wendelin 136.

Riffe, Hans 24.

Rigaud, Claude 211.

_Rimkrönike, Dansk_ 74.

Ripen 74.

„Robinson Crusoe“ 268.

Röckner, Vincenz 128.

Römische Schrift 56.

Rom 57. 181. 183. 186.

Roman, Johann 247.

_Roman_ (_Romain_, _Romeyn_) s. Antiqua.

Rood, Theodor 264.

Rossart, J. F. 251.

Rostock 151.

Roville, Guillaume de 213.

Roycrofft, Thomas 261.

Rubrik 13.

Rubrikatoren 14. 84.

Rudbeck, Olaus 158.

Runen 74.

Runge, Christoph 153.


Sabon 130.

„Sachsen-Chronik“ (Schöffer) 41.

„Sachsen-Spiegel“ (Richel) 44.

Said-Efendi 281.

Salamanca 62.

_Sallust_, stereotyp. v. W. Ged 266.

Sansleque, Familie 214.

Saragossa 62.

Saspach, Hans 25.

Satz-Apparate, früheste 79. 162.

Sauer, Familie 274.

Schaeuffelein 116. 128.

Scharffenberg, Crispinus 145.

-- Johann 145.

-- Nikolaus 277.

„Schatzbehalter, Der“ 47. 107.

Schedel „Buch d. Chroniken“ 47. 107.

„Schellhornsche Bibel“ (36zeil.) 29.

Schepper, J. J. 247.

Schleswig 74.

Schnellboltz, Gabriel 150.

Schnitzer, Joh. v. Armsheim 46.

Schoch, Christoph 155.

□Schöffer-Familie.□

Schöffer, Peter 30.
  Jugend 30.
  Ankunft in Mainz 31.
  Verbindung mit Fust 38.
  Psalterium 38.
  48zeilige Bibel 40.
  Schwabacher Schrift 41.
  Tod 42.

Schöffer, Ivo 132.

-- Jakob 132.

-- Johann 132.

-- Johann □ii.□ 132.

-- Peter □ii.□ 132.

Schön, Erhard 114. 135.

Schönsperger, Hans d. ä. 46. 129.

Schongauer, Martin 134.

Schreibmeister, Die 129.

□Schriftgiesserei.□
  Älteste 31. 77.
  Verbesserungen 160.
  Kegel und Höhe 160.
  Giessinstrument 160.
  Signatur 160.
  Clichieren 161.
  Fraktur 161.
  Nürnberg 129.
  Italien 177.
  Frankreich 198. 214.
  Niederlande 246. 250.
  England 268.
  Russland 279.

Schultze, Georg 153.

Schwabacher Schrift 41.

Schumann, Valentin 146.

Scott, Joh. 136.

_Scriptores hist. Byzantinæ_ 211.

Sedan 214.

_Sedanoise_-Schrift 214.

Segur, Bartholomäus 62.

Selou, Peter von 157.

Semigothische Schrift 66.

Sensenschmid, Johann 46. 49.

_Sephar Orach Chaim_ 63.

Seuil, de 216.

Sevilla 62. 190.

_Sheldonian Theatre_ 264.

Siberch, Johann 264.

Singriener, Johann 142.

Skalholt 157.

Slawischer Druck in Tübingen 133.

Snagof 282.

Snell, Johann 74. 75.

Solis, Virgil 117.

Soncino 61.

Sorbonne 65.

Sorg, Anton 46.

_Spectator, The_ 267.

_Speculum hum. Salvationis_ 21.

_Speculum pass._ (Schaeuffelein) 116.

Speyer, Joh. von 58.

Spielkarten 18.

Spiess, Wigand von Ortenberg 35.

Spindeler, Nikolaus 62.

Spinosa, Antonio de 191.

Springinklee, Hans 114. 135.

Stathoen, Hermann an 42.

Stendal 52.

□Stephanus-Familie.□

Stephanus, Heinrich 202.

Stephanus, Robert □i.□ 202.
  Jugend u. Geschäftsanfang 202.
  _Thesaurus linguæ latinæ_ 203.
  Königl. Typograph 204.
  Übersiedelung nach Genf 204.
  Kgl. griech. Schriften 204.

Stephanus, Franz □i.□ 205.

-- Karl 205.

-- Robert □ii.□ 206.

Stephanus, Heinrich □ii.□ 206.
  Geschäftsbahn 206.
  _Thesaurus linguæ græcæ_ 207.
  Heinrichs Tod 207.

Stephanus, Paul 207.

Stephanus, Franz □ii.□ 208.

Stereotypie:
  Valeire 215.
  van der Mey und Müller 251.
  William Ged 265.

Stimmer, Tobias 120.

Stockelmann, Hans 154.

Stockholm 75. 157.

Stöckel, Wolfgang 145.

Stoll, Johann 66.

Strassburg 23. 42. 120. 134.

Strassburg, Jakob von 136.

Straub, Leonhard 142.

Strengnäs 157.

Subiaco 56.

Suhanow, Arsenij 279.

_Summa de art. fidei_ (Gutenberg) 32.

Surinam 192.

Svirler, Michael 66.

Sweynheim, Konrad 56.

_Synodalnija Typografia_ 279.


Tacaco 287.

Takke, Heinrich 149.

„Talmud“ (Bomberg) 185.

_Tattler, the_ 267.

Tavernier, Ament 251.

Technik, Verbesserungen 159.

Teigdruck 16.

Thanner, Jakob 146.

_Theatrum geographiae veteris_ 235.

_Thes. ling. lat._ (Rob. Steph.) 203.

-- -- _græcæ_ (H. Steph.) 207.

Theuerdank, Der 127.

Theuerdank-Type 128.

Thou, Charles de 215.

Thurneisen, Emm. 139.

Thurneysser, Leonhard 152.

Tiflis 282.

Tissard, François 204.

Tissnova, Martin von 76.

Torresanus, Andr., de Asola 180.

_Torquemada Meditationes_ (Han) 56.

Tory, Geofroy 198. 215.

Tótfalu, Nikolaus 279.

Tournes, Jean de 212.

_Tractatus racionis_ (Gutenberg) 32.

Tranquebar 287.

Trattnern, von 161.

Trechsel, Joh. 66.

„Triumphz. Cäsars“ (Andreani) 189.

Truber, Primus 133.

Tschernigow 76.

Tübingen 132.

Testament, Neues (Tyndale) 259.

Tzwyvel, Theodorik 52.


Ulm 44.

Ungnad, Hans, von Sonnegg 133.

„Unterweysung d. Proportion“ 114.

Upsala 157. 158.

Urach 133.

Uscan 282.

Utrecht 231.


Valdarfer, Christoph 60.

Valdius, Petrus 158.

Valeire 215.

Valentin aus Mähren 63.

Valencia 61. 190.

Vascosan, Michel 201.

Vautrollier, Thomas 263.

Vecellio, C., _Habiti antichi_ 188.

Velin (_Vellum_) 86.

Venedig 58. 176. 184. 185. 187.

Vérard, Anton 197.

Verlagskatalog, Erster 42.

Vesalius, A., _hum. corp. fabrica_ 139.

Victor, Hieronymus 142. 277.

_Virgilius_ (Ratdolt) 66.

Vitré, Antonius 209.

_Vocabulario_ des A. de Molina 191.

Vögelin, Ernst 134. 147.

Volpi, Giovanni 187.

Voltz, Nikolas 152.

Voskens, Dirk 250.

Vostre, Simon 197.


Wächtlin, Joh. 136.

Waesberge, Johann van 249.

Waltons Polyglotte 261.

Wankuli _Kitab Lugat_ 281.

„Wappenbuch“, erstes (Sorg) 46.

Warschau 278.

Wasen, Hans am 139.

Wasserzeichen 87.

Watson, James 265.

Wechel, Familie 131. 201.

Weidlich, Christoph 168.

Weiss, Johann 151.

Wendelin, Joh., de Spira 58.

Wenssler, Michael 43.

Westfal, Joachim 52.

Wetstein, Heinrich 245.

Weyerstraten, Elisäus 250.

Whitchurch, Edward 260.

Wien 49. 142.

Willer, Georg 170.

Wilna 278. 279.

Wilson, Alexander 266.

Winkler, Andreas 145.

Winterburger, Joh. 50.

Wittenberg 119. 150.

Wojiriot, Pierre 200.

Wolf, Johann 141.

Wolfe, Reynold 262.

Wolgemut, Michel 47. 107.

Worde, Wynkyn de 258.

Würsing, Marx 130.


Xylographie s. Holzschnitt.

Xylographische Werke 20.


Zahlen, arabische 58.

Zainer, Günther 46.

-- Johannes 45.

Zanetti, Anton Graf v. 189.

Zell, Ulrich 51.

Zeitungen, erste, in Wien 144.

-- -- in England 267.

Zeitungsstempel in England 267.

Zenger, Peter 273.

Zensur 96. 173.

Zeugdruck 16.

Ziegenbalg, Barth. 287.

Zimmermann, Mich. 143.

Zink, Christoph 161.

Zinna, Kloster 53.

„Zionitisch. Weyrauchs-Hügel“ 274.

Zorba, Familie 63.

Zürich 139.

Zunftwesen in Frankreich 194.

Zuren, Jan van 70.


B. NACHWEIS DER ANGEFÜHRTEN QUELLENSCHRIFTEN.

 Äbi, J. L., Die Buchdruckerei in Beromünster 43.

 Almeloven, F. J., _De vitis Stephanorum etc._ 202.

 Amaduti, J. C., _Catalogus librorum etc. St. Congregationis_ 186.

 Andenken, gepriesenes. Jubiläumsschrift 1740 145.

 Arnett, J. A., _The books of the Ancients_ 13.

 Astle, T., _The origin of writing_ 14.

 Baader, L., Beitrag zur Kunstgeschichte Nürnbergs 46.

 Bandini, A. M., _De Florentina Juntarum Typographia_ 184.

 Bandtkie, G. S., _De primis Cracoviæ etc. incunabulis_ 75.

 Baudet, P. J. H., Leven van W. J. Blaeu 228.

 Becker, C., Jost Amann 118.

 Bekker, E., Buchdruckerwappen 49.

 Berjeau, J. Philipp, _Early printers Marks_ 124.

 Bernard, A., _Ant. Vérard_ 193.

 -- _Ant. Vitré_ 193.

 -- _Débuts de l'imprimerie_ 9.

 -- _Geofroy Tory_ 198.

 -- _Hist. de l'impr. Royale_ 208.

 -- _Les Estienne_ 202.

 Beyschlag, Beiträge zur Kunstgeschichte von Nördlingen 88.

 Bigmore, E. C., _and_ C. W. H. Wyman _A bibliography of printing_ 104.

 Binckert, G., Leonh. Straub 142.

 Blades, W., _How to tell a Caxton_ 71.

 -- _The Life and typography of W. Caxton_ 71.

 Bockenheimer, K. G., Gutenbergs Grabstätte 34.

 Boulmier, J., _Estienne Dolet_ 213.

 Breitkopf, J. G. J., Beiträge zu einer Gesch. d. Schreibkunst 14.

 -- Urspr. d. Spielkarten 18.

 Bräutigam, J. A., Das Bücherwesen des Alterthums 13.

 -- Das Zeitungswesen bei den Römern 13.

 Brunet, J. Ch., _Manuel du libraire_ 91.

 Buchschriften des Mittelalters 14.

 Carmoly, E., Hebräische Typographie in Riva di Trento 186.

 _Caxton Celebration_ 1877 251.

 Chatto, W. A., _Hist. of playing cards_ 18.

 Chatto, W. A., _and_ J. Jackson, _Treatise on wood engraving_ 8.

 Clerc, J. O. le, _Des journaux chez les Romains_ 13.

 Cohen, H., _Les livres à vignettes_ 200.

 Crapelet, G. A., _Des progrès de l'imprimerie en France_ 193.

 Cundall, J., _On bookbinding ancient and modern_ 89.

 Denis, M., Wiens Buchdrucker-Geschichte bis 1560 49.

 Degeorge, _La maison Plantin_ 219.

 Delprat, G. H. M., _Verh. over de Broederschap v. G. Groote_ 68.

 Dibdin, Th. F., _The bibliographical Decameron_ 8.

 Didot, A. F., _Alde Manuce_ 175.

 -- _Essai sur l'histoire de la gravure sur bois_ 9. 121. 188.

 Dohme, Rob., Kunst und Künstler des Mittelalters etc. 103.

 Drake, N., _Essays of the Tattler, Spectator_ etc. 267.

 Duboc, J., Gesch. d. engl. Presse 267.

 Duchesne, J., l'ainé, _Jeux de Cartes, Tarots_ etc. 18.

 Dupont, P., _Hist. de l'imprim._ 193.

 Duprat, F. A., _Hist. de l'imprimerie Royale_ 208.

 Eichsfeld, E. G., Wittenbergisches Jubiläum 1740 150.

 Ernesti, J. H. G., Die wol-eingerichtete Buchdruckerey 103.

 _Esame sui principii della typogr._ 85.

 Eye, A. v., Leben und Wirken Dürers 108.

 Fabricius, J. F., Die Buchdruckerkunst in Amerika 269.

 Falkenstein, K., Geschichte der Buchdruckerkunst 5.

 Fantozzi, F., _Not. di B. Cennini_ 60.

 Faulmann, K., Illustrirte Geschichte der Schrift 14.

 Fechter, D. A., Beiträge zur Baseler Buchdruckergeschichte 43.

 Federici, F., _Annali di Tipogr. Volpi-Cominiana_ 187.

 Fertel, M. D., _La science pratique de l'imprimerie_ 104.

 Fineschi, V., _Stamperia di Ripoli_ 187.

 Fischer, G., Versuch d. Papierzeichen als Kennzeichen anzuwenden 85.

 Fischer, Ludw., Math. Corvinus und seine Bibliothek 75.

 Fournier, P. S., _le jeune, Manuel typographique_ 104. 214.

 Friedländer, G., Beiträge zur Buchdruckergeschichte Berlins 151.

 Frommann, H., Aufsätze z. Gesch. des Buchhandels 56. 172.

 Fumagalli, Ch., _Dei primi libri etc. in Italia_ 56.

 Gand, J. de, _Recherches sur la vie de D. Martens_ 67.

 Garnier, J. M., _l'Imagerie populaire à Chartres_ 19.

 Gessner, Chr. Fr., Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst 104.

 Götze, L., Ältere Geschichte der Buchdrkst. in Magdeburg 52.

 Grässe, J. G. Th., _Trésor de livres rares_ 91.

 Grotefend, H., Chr. Egenolff 130.

 Hain, L., _Repertorium Bibliogr._ 91.

 Hansard, T. C., _Typographia_ 104.

 Harless, Ch. F., Die Litteratur der ersten hundert Jahre etc. 92.

 Hase, O., Brieffbuch der Koberger 48.

 -- Die Koburger 47.

 -- Breitkopf & Härtel 149.

 Hasse, F. Ch. A., Kurze Geschichte d. Leipzig. Buckdruckereien 145.

 Hassler, K. D., Die Buchdruckergeschichte Ulms 44.

 Helbig, Henri, _Une découverte pour l'histoire de l'imprimerie_ 35.

 Helbig, H., _Notice sur P. Schöffer le fils_ 132.

 Heller, Joh., Lucas Cranach 119.

 Heyden, Ed., Gallerie berühmter Frankfurter 131.

 Hirth, G., Der Formenschatz der Renaissance 103.

 -- Die Bücherornamentik der Renaissance 103.

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                    LEIPZIG, DRUCK VON W. DRUGULIN.



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