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Title: Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band XI, Heft 7-9: Monatsschrift für Heimatschutz und Denkmalpflege
Author: Landesverein Sächsischer Heimatschutz
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Landesverein Sächsischer Heimatschutz — Mitteilungen Band XI, Heft 7-9: Monatsschrift für Heimatschutz und Denkmalpflege" ***
HEIMATSCHUTZ -- MITTEILUNGEN BAND XI, HEFT 7-9 ***



    Anmerkungen zur Transkription


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    dargestellt=.

    Weitere Anmerkungen zur Transkription befinden sich am Ende des
    Buches.



    Landesverein Sächsischer
    Heimatschutz
    Dresden

    Mitteilungen
    Heft
    7 bis 9

    Monatsschrift für Heimatschutz und Denkmalpflege

    Band XI

    _Inhalt_: Kriegerehrungen aus Porzellan – Schradenwanderung –
    Tierschutz – Hexenabend – Wolftitz – Werbekunst in Dorf und
    Stadt – Die Osterblume am Wachtelberg bei Wurzen – Ein altes
    Patrizierhaus – Gefährdete heimische Pflanzenwelt – Zur
    Geschichte des Bibers in Sachsen – Vom romantischen zum
    denkenden Wanderer – Das Abkochverbot – Antons –
    Die Pflege der Schönheit und Eigenart der Heimat als soziale
    Aufgabe gerade für unsere arme Zeit – Das Raubwild im Haushalte
    der Natur – Landheimbau – Heimatschutzbewegung und Hotel –
    Die Pfarrlinde in Markersbach bei Gottleuba – Die Bekämpfung
    der Nonne – Johann Pezel und die Turmsonate – Schußpreise
    für Raubvögel – Schattenbäume für den Hof – Förderung des
    Anbaues von Nußbäumen – Die Postsäule von Aue

    Einzelpreis dieses Heftes M. 50.–, Bezugspreis für einen Band
    (aus 12 Nummern bestehend) M. 200.–, für Behörden und Büchereien
    M. 50.–. Mitglieder erhalten die Mitteilungen kostenlos,
    _Mindest_jahresbeitrag M. 50.–, freiwillige Einschätzung
    erbeten

    Geschäftsstelle: Dresden-A., Schießgasse 24
    Postscheckkonto: Leipzig 13987, Dresden 15835
                     Stadtgirokasse Dresden 610

    Dresden 1922



Allen Gewalten zum Trotz sich erhalten ...


Im letzten Hefte unserer Mitteilungen erbaten wir freiwillige Beiträge
zur Erhaltung der Zeitschrift. Wenn dieses stattliche Heft im alten
Umfange noch erscheinen kann, so ist dies ein Erfolg obiger Bitte, eine
Tat unserer Mitglieder. Und dabei hat noch nicht einmal ein Zehntel
unserer 21000 Freunde unserm Aufruf entsprochen. Wir haben so viele
und so begeisterte Zuschriften über den Wert unserer Mitteilungen,
unserer grünen Hefte, empfangen, daß unser Wille »durchzuhalten« noch
stärker geworden ist, selbst von einer Einschränkung des Umfanges der
Zeitschrift wollen unsere Mitglieder nichts wissen. Unser herzlichster,
aufrichtiger Dank sei denen gesagt, die uns halfen. An die, die uns ihr
Scherflein noch nicht brachten, die vielleicht glaubten, es hat doch
keinen Zweck, ein Durchhalten sei unmöglich, richten wir die Bitte,
dem letzten Hefte die Zahlkarte zu entnehmen und uns einen Betrag
freiwillig für weiteres Durchhalten zu spenden. Die Zeiten haben sich
sehr, sehr geändert, mehrere Millionen Mark sind notwendig, damit die
Sächsischen Heimatschutz-Mitteilungen weiter erscheinen können. Wenn
uns alle unsere 21000 Mitglieder helfen, wird es möglich sein, und
darum bitten wir.

        _Dresden_, im September 1922

        Landesverein Sächsischer Heimatschutz

        ~Dr. ing. e. h.~ _Karl Schmidt_, Geh. Baurat
        _O. Seyffert_, Hofrat Professor



    Band XI, Heft 7/9        1922

[Illustration: Landesverein Sächsischer Heimatschutz

Dresden]

Die Mitteilungen des Vereins werden in Bänden zu 12 Nummern
herausgegeben

Abgeschlossen am 1. September 1922



Kriegerehrungen aus Porzellan

von der Staatlichen Porzellanmanufaktur, Meißen


Ein neuer Kunstwillen hat sich in alle Zweigströme der schaffenden
Künste ergossen, ist über mannigfache Klippen dahingebraust und oft auf
Untiefen geraten und hat doch immer und unaufhaltsam die Schaffenden
zu neuem Ausdruck mit fortgerissen. Es ist wohl ratsam, von Zeit zu
Zeit im bunten Wirbel der neuen Erscheinungen Ausblick zu halten und
bei solchen Erzeugnissen der werdenden Kunst, die ernster Kritik
standhalten, prüfend haltzumachen.

Noch vor Kriegsende und besonders nach der Niederlegung der Waffen
empfand man es als sittliche Pflicht, dem Gedenken der Opfer des
verlorenen Krieges würdige Erinnerungszeichen zu setzen und ging mit
opferwilligen Händen und viel Liebe an diese Aufgabe heran. Wenn auch
einer stattlichen Reihe dieser Denkmäler ein guter künstlerischer
Erfolg beschieden war, so wurden doch andernorts diese gutgemeinten
Ehrungen gar zu oft katalogmäßige Ware oder gar kunstwidrige Greuel
schlimmster Art. Da ist es uns eine rechte Freude, an dieser Stelle
von einer Reihe guter Leistungen auf einem Sondergebiet plastischen
Schaffens berichten zu können, nämlich von den in der Staatlichen
Porzellanmanufaktur Meißen entstandenen Kriegergedenktafeln. Man wird
fragen, eignet sich Porzellan denn zu monumentalem Ausdruck, ist es
denn nicht zu zart und zu flüssig für den Ausdruck des Herben, den
man doch bei solchen Toten geweihten Denkzeichen fordern muß? Man sehe
sich aber darauf die hier abgebildeten Erzeugnisse unserer Meißner
Manufaktur an, und man wird zugeben müssen, daß ihnen durchaus jene
ernste Würde innewohnt, zu der uns der Anblick oder die Erinnerung
an liebe Tote zwingt. Und doch ist das nicht die einzige Empfindung,
die uns bei Versenkung in die Tafeln beherrscht, ich finde bei aller
Getragenheit spiegeln diese mannigfachen Gebilde sämtlich auch eine
Erhobenheit wider: sie sind frei von Mutlosigkeit und wirken in dieser
für unser Volk so entsetzlich hoffnungslosen Zeit wie ein feiner
Sonnenstrahl, der sich zwischen schwarzen Winterwolken durchstiehlt,
als wolle er sagen, es muß doch endlich Frühling werden.

[Illustration: Abb. 1 =Gedenkplatte in der Großdobritzer Kirche=]

Gehen wir zunächst von den Kleinsten der hier vorgeführten, sämtlich
vom Bildhauer Paul Börner stammenden Keramiken aus. Sie wurden für
malerische Dorfkirchen geschaffen und in deren Innern an sorgfältig
ausgewählter Stelle in die Architektur der Kirchenwände eingefügt.
Während die für einen Gefallenen des Siebziger Krieges gewählte Tafel
in der Großdobritzer Kirche (Abb. 1) wegen ihres strengen und trotz
der geringen Größe monumentalen Ausdruckes hervorgehoben werden muß,
erinnert das in der Liebschützer Kirche aufgehängte Ehrenzeichen
(Abb. 2) mit seinen trauernden Engelköpfen an ältere Vorbilder
volkstümlicher Kunst. Es ist ein rührender Zug schlichter Liebe in
dieser Weihetafel; das ist eben das Beste an diesen Schöpfungen, daß
sie weit entfernt vom Reindekorativen und der Ausdruck eines inneren
Erlebnisses sind.

Nicht ganz auf gleicher Höhe steht die in der Porzellanmanufaktur
selbst aufgehängte Gedenktafel für die Gefallenen des Werkes.
Inschrifttafel und ihre Umrahmung sind nicht in so innige Verbindung
gebracht worden, als man hätte wünschen müssen, auch ist das Figürliche
ohne genügenden inneren Zusammenhang. Aber im ganzen zeigt auch diese
Arbeit, was aus dem Porzellan herausgeholt werden kann.

[Illustration: Abb. 2 =Gedenkplatte in der Liebschützer Kirche=]

Nun aber zu der im ehrwürdigen Meißner Rathaus an bedeutungsvoller
Stelle des Treppenhauses angebrachten Gedächtnistafel (Abb. 3) für die
städtischen Beamten und Angestellten. Eine Schriftfläche von schöner
Umrißlinie fügt sich formvollendet zwischen die Konturen der sie
tragenden trauernden Frauengestalten. Ausdruck von Gesicht und Haltung,
Faltenwurf und plastische Abtönung, alles klingt in prächtiger Harmonie
zusammen. Trotz starker stilistischer Sonderart ist das Übertriebene,
das wir oft an neueren Kunstwerken bedauern, vermieden. Komposition und
Ausdruck, Ideeliches und Stoffliches halten sich die Wage.

Ich glaube nicht zuviel zu sagen, wenn ich behaupte, daß uns solche
Leistungen ein gut Stück weiter vorwärts bringen und vielleicht tragen
unsere Abbildungen dazu bei, festeingewurzelte Vorurteile gegen das
neue Kunstwollen zu mildern und zu beheben.

Aber auch im braunen Böttcherporzellan, dessen Wiederbelebung die
Porzellanmanufaktur tatkräftig und mit schönem Erfolg fördert, wurden
verschiedene Versuche angestellt. So wurde den im Kriege gebliebenen
Arbeitern und Angestellten der Meißner Jutespinnerei eine derartige
Tafel geschaffen. Etwas nüchtern und vielleicht etwas fabrikmäßig wird
manchem die hierfür gewählte, streng geometrische Zusammenreihung von
Namenstafeln erscheinen, aber das erfordert eben gerade der Organismus
eines großen Industriewerkes, wo das Gefühlsmäßige zurückgedrängt,
intimere Bildungen ausgeschlossen werden.

[Illustration: Abb. 3 =Gedächtnistafel im Rathaus zu Meißen=]

Welche reichen Entwickelungsmöglichkeiten sich darbieten, zeigen
die beiden Schlußabbildungen (Abb. 4). Die obere, für die Kirche in
Röhrsdorf bestimmte Platte beweist, verglichen mit der Großdobritzer
Platte, auf wie einfachem Wege der kleinere Entwurf für eine größere
Zahl von Gefallenen nutzbar gemacht werden kann, die untere Zeichnung,
für eine studentische Verbindung berechnet, aber lehrt uns, wie durch
Zusammenreihung kleiner Namenstafeln derartige Gedächtnisplatten
je nach der Eigenart der Wandflächen und je nach der Gefallenenzahl
entstehen und reizvoll gestaltet werden können.

[Illustration: Abb. 4 =Denkplatten für die Röhrsdorfer Kirche= (oben)
=und für eine studentische Verbindung= (unten)]

Es ist hier nicht möglich, auf die in Ausführung begriffene
Umwandlung der mittelalterlichen Nikolaikirche in Meißen zu einer
Kriegergedächtniskirche einzugehen. Auch dieses großzügige Unternehmen
wurde der Staatlichen Porzellanmanufaktur anvertraut. Der Lösung
dieser Aufgabe sehen wir mit Spannung entgegen, die nicht ganz frei
von Sorge ist, daß der Eingriff in das mittelalterliche Gepräge des
Kircheninneren zu stark werden könne, aber der Vorwurf, daß wir bei
solchen Aufgaben die Gegenwart und ihre künstlerischen Tendenzen nicht
zu Worte kommen lassen, soll nicht erhoben werden können, auch war
die Erhaltung dieses vom Verfall bedrohten unbenützten Bauwerkes nur
dadurch möglich, daß man ihm einen neuen Zweck gab.

            ~Dr.~ Paul Goldhardt.



Schradenwanderung

Von _Edgar Hahnewald_


Drei Großenhainer Kasernenjahre lang lag der bewaldete Hügelzug
nördlich der flachen Ebene vor meinen Augen. Dahinter lockte das
Unbekannte, die Ferne, die Freiheit, das Unerreichbare. Diese blaue
Mauer verstärkte das Gefühl des Gebundenseins: darüber hinaus konnte
der Blick nicht schweifen. Felddienstritte drangen nie bis dahin vor,
denn dicht vor diesen Hügeln lief die Zickzacklinie der Grenze; der
blaue Wall schied Sachsen und Preußen.

Die Karte zerlegte den Hügelzug in benannte Gruppen: das Pfeifholz,
die Heidelberge, die Finkenberge, den Latschenberg. Aber das waren
Namen, die vor der sinnlichen Wahrnehmung nichts besagten – da erhob
sich die blaue Mauer, fern und unerreichbar. Dahinter lag eine andere
Welt, von der Sehnsucht sich eine Vorstellung bildete, die sich nicht
an die Karte band. Der kleine Hügelzug, an sich um nichts bedeutender
als tausend andere Hügel in der weiten Welt, bekam eine Bedeutung: er
begrenzte drei Jahre lang einen Lebensbereich.

       *       *       *       *       *

Später, als man die Freiheit genoß, so weit zu wandern wie der
Geldbeutel reichte, lockten andere Fernen. Die symbolische Hügelmauer
nördlich von Großenhain geriet in Vergessenheit.

Aber eines Tages fand ich in den Kursächsischen Streifzügen
von Otto Eduard Schmidt die Schilderung einer Fahrt um die
Meißnisch-Lausitzische Nordostgrenze. Und während ich las, trat jener
blaue Grenzwall wieder deutlich vor mich hin. Und aus der Begrenztheit
dreier Großenhainer Jahre rückte ihn das Buch in den weitgespannten
Rahmen der Kulturgeschichte.

Denn: dieser Hügelzug, der aus der Röderniederung südlich von
Elsterwerda allmählich ansteigt und in einer ungefähr zwanzig Kilometer
langen Schlangenlinie nach Osten streicht, um sich in der Gegend von
Ortrand im Lausitzer Wald- und Hügelland fast unauffällig zu verlieren,
war in der Zeit der germanischen Eroberung tatsächlich ein Grenzwall,
der zwei Welten trennte. Diesseits, südlich der Hügelmauer, lag das von
fränkischen und thüringischen Kolonisten durchsetzte meißnische Land,
jenseits dämmerten die slawischen Gaue der Niederlausitz.

Es war kein Zufall, daß die Deutschen nur bis zu jenen Hügeln und nicht
weiter vordrangen, denn hinter diesem Wall bildete ein unzugänglicher
Urwald ein natürliches Hindernis. Im Norden begrenzte ihn ein zweiter
Hügelzug. Dazwischen fließen heute die Pulsnitz und die Schwarze Elster
in einem sauberen, nahezu gradlinigen Spitzwinkel aufeinander zu, um
sich bei Elsterwerda zu vereinigen. Damals aber versumpften sie im
Urwald zwischen der nördlichen und südlichen Hügelkette. Berge, Urwald
und Sumpf bildeten die natürliche, schützende Grenze, eine viele
Stunden lange und mehrere Stunden breite Flächengrenze, wie sie damals
die Deutschen liebten. Sie hatte schon die Semnonen und Hermunduren,
die Lusizi und Dalaminzier voneinander geschieden. Sie schied nun die
Mark Meißen von der slawischen Niederlausitz. Sie scheidet seit der
Abtrennung der Provinz Sachsen sächsisches und preußisches Gebiet. Die
fränkischen Kolonisten erstiegen gerade noch den Wall und schoben an
seinem Nordhange entlang eine Reihe von Siedlungen gegen den Urwald
vor, die alle heute noch daliegen: Wainsdorf, Merzdorf, Seiffertsmühl,
Groeden, das schon die Dalaminzier als Deckung gegen die Liusitzen
angelegt hatten, Hirschfeld, Großthiemig, Frauwalde, Großkmehlen
(Kmehlen bedeutet Hopfendorf), Burkersdorf und Ortrand. Vermutlich
waren diese Siedlungen durch Verhaue untereinander verbunden; sie
bildeten eine Grenzwacht auf vorgeschobenem Posten.

Unter den Dörfern erstreckte sich der düstere, sumpfige Urwald. Und
»wenn sich nun im Herbste die weißen Nebelschleier aus dem Sumpfwald
hoben und das Brüllen des Elchs und des Auerochsen aus der Tiefe
herauftönte, da fürchteten sich nicht nur die Ahnfrau und die Kinder,
sondern auch den Männern war es wie eine tröstende Verheißung der
Nähe des Christengottes, wenn der Sakristan in der Dämmerstunde
das Glöcklein läutete. Sie nannten den unheimlichen Wald, den sie
vor sich sahen, den Schraden, das heißt den Wald der bösen Geister
(althochdeutsch: ~scrato~ = böser Geist, neuhochdeutsch: Schratt.)«

       *       *       *       *       *

Diese Kunde gab mir Schmidts Buch.

Noch heute heißt jenes Gebiet zwischen den beiden Hügelketten der
Schraden, und der Volksmund spricht von den Schradendörfern. Der
Schradenwald ist längst verschwunden, das Oberbuschhäuser Forstrevier,
das einen kleinen Teil der Ebene bedeckt, hat mit seinen schnurgeraden
Gestellen gar keine Ähnlichkeit mit einem Urwald. Wo einst Elch
und Auerochs durch unwirtliche Wildnis brachen, breiten sich heute
künstlich entwässerte Wiesen und Felder. Aber immer noch hebt sich der
Schraden schon auf der Karte als eine andere Welt von seiner Umgebung
ab. Neben der dichter besiedelten Großenhainer Pflege und von ihr durch
das dunkle Gestrichel der Hügel getrennt, liegt er als große leere
Fläche ohne Dörfer, durchsetzt von dem feinen Raster, der auf der Karte
sumpfige Wiesen kennzeichnet, durchzogen von geradlinigen Straßen und
Wassergräben und den beiden feingezackten Bändern der Pulsnitz und der
Schwarzen Elster. Vor allem diese beiden Flußkanäle geben dem Schraden
das besondere Gepräge.

Und man beschließt: da liegt eine andre Welt und da mußt du einmal hin.

       *       *       *       *       *

Das stand als Vorhaben lange fest. Und nun, auf einer Osterwanderung
von Radeburg nach Großenhain am Zickzacklauf der Röder entlang kam
wieder dieser blaue Hügelwall in Sicht und lockte.

Am nächsten Morgen fuhr ich in den Schraden.

       *       *       *       *       *

In der Nacht setzte starker Regen ein, und am Morgen regnete es noch.
Es regnete während der Bahnfahrt nach Ortrand, es regnete auf die
samtbraunen Äcker, auf die malachitgrünen Saaten, auf fröstelnde Dörfer
in der Ebene. Es regnete in Ortrand. Ein herbstlich kühler Wind trieb
graue Wolken über die kleine Stadt, deren gefällige Bescheidenheit
selbst noch bei solchem Wetter anheimelt. Man geht nur einige Minuten
und steht schon am jenseitigen Rande des Städtchens. Die hohen Bäume
einer sauberen Allee rahmen hübsche Kleinstadtbilder ein: halb
übersponnen von sprossendem Gezweig gucken braune Dächer über die
Obstgärtchen weg, eine alte Kirche ragt, umringt von Dächern, Narzissen
betupfen regengrüne Graspläne, über andere Dächer weg spitzt ein keckes
Kapellentürmchen, ein Wasserstrahl gulkert in einen Steintrog, eine
Frau in verwaschenem blauem Rock und blauer Hausjacke kommt und setzt
ihren Eimer unter den Strahl und macht sich gar nichts aus dem Regen,
draußen liegen grüne Wiesen mit Baumreihen an Wassergräben. Das alles,
vom Regen bespritzelt, von grauem Gewölk überflogen, sah recht hübsch
aus. Dabei gab es keine großen Geschichten mit Lichteffekten. Dach,
Wiese, Acker, Garten gaben sich dem Regen so naiv grün, braun, rotbraun
hin, wie sie eben von Haus aus sind.

Und als die Frist bis zum Abgange des Zuges nach Großenhain zurück bald
verstrichen war, hörte der Regen auf. Fünf Minuten später lag Ortrand
hinter uns und Kmehlen vor uns zu beiden Seiten der Allee mit den hohen
Bäumen. Links stieg ein bewaldeter Hügelzug aus Feldern auf. Das war
die blaue Mauer, und jetzt marschierten wir hinter ihr entlang.

       *       *       *       *       *

Kmehlen, das alte Hopfendorf, hat zwei Sehenswürdigkeiten: einen
reichgeschnitzten, reichvergoldeten niederländischen Flügelaltar
des Brüsseler Bildschnitzers Jan Bormann, ein Werk, von dem die
Kunsthistoriker heute noch nicht wissen, wie es in das weltferne
Schradendorf geriet, und ein Wasserschloß. Schmucklos und dunkel
steigen die Mauern aus dem tiefen Wassergraben auf, der das burgartige
Schloß umzieht. Schwere, runde Ecktürme verstärken den Eindruck der
Wehrhaftigkeit. Spätere Zeiten haben Blumen, gefällige Holzbrücken,
verschnittene Hecken hinzugefügt, und wohl auch die Renaissancegiebel
sind später hinzugekommen, die die Schwere des dunklen Daches
auflockern und gleichsam das Schloß leichter gegen den Himmel
aufstreben lassen. Aber man kann sich das Schloß wohl gut in die
graue Schradenvergangenheit zurückdenken, wenn in Novembernächten
die Nordstürme in den alten Kastanien zausen, wenn der Regen auf
das Dach rauscht und um das feuchte Dunkel der Gräben Schatten aus
Nordlands-Balladen ziehn: »Der Sturmwind brauste im Kamin, die Hunde
heulten laut am Tor ...«

       *       *       *       *       *

Freundlicher, gleichsam sommerlich auch unter Aprilwolken liegt das
Wasserschloß Lindenau in der Pulsnitzaue. Von Kmehlen geht man auf
lichten Wegen nur ein halbes Stündchen bis dahin, aber Schloß und
Dorf Lindenau zählen schon zur Lausitz, weil sie jenseits des Flusses
liegen. Diese Landschaft hat einen eigenartigen, frohstimmenden Reiz.
Unter lichten Birken und breitästigen Eichen fließt die Pulsnitz heran.
Zwischen hochbogigen Bäumen sieht man hinaus auf den weiten Schraden,
auf die Vorpostenkette der Dörfer am Hügelhang. Linker Hand liegt ein
lockerer Auwald. Muskulöse Eichen, riesenstarke Erlen, weißstämmige
Birken mit dem feinsten Zweigregen um sich, tausend weiße Anemonen
blühen zu ihren Füßen, Linden mit der feinen Kuppelarchitektur ihrer
noch kahlen, eben erst sprossenden Äste, saftige Wiesen darunter, und
Wasserläufe von allen Seiten – wie ein alter englischer Park liegt das
da. Und dann wird es wirklich ein Park. Rhododendronbüsche breiten
sich unter Bäumen aus, Edelkoniferen treten zu schönen Gruppierungen
zusammen. Es ist kein Zaun da, der den Schloßpark abschließt – ein
Graben mit samtbraunem Wasser ersetzt ihn. Und dann steht ein heiteres
Schloß mitten drin, ein Schloß mit Renaissancegiebeln rechts und
links und einem schlanken Turm in der Mitte. Gegenüber, in der Reihe
der Wirtschaftsgebäude, steht ein Torhaus mit einem Türmchen. Und
geht man durch das weitgewölbte Tor, so steht dahinter eine weiße,
ländliche Kirche, und an einer geraden Straße mit hohen Bäumen reiht
sich das Dorf auf. Parkweg und Wassergraben zwischen Schloß und Torhaus
überspreiten uralte Linden mit ihrem Gezweig. Kastanien sprossen da
und dort, Lärchen streben auf, von den grünen Funken der aufbrechenden
Knospen umschwärmt, und hinter Gezweig und Gezweig steht das Schloß,
der schlanke Turm vor der Baumfülle des Parks, von stillen Wässern
umzogen, vom Bogen des Tores eingerahmt. Man ahnt, wie sonnig und
schattig, wie licht und kühl an blühenden Junitagen das alles sein wird.

Das ist Lindenau, Linden-Au an der Pulsnitz.

       *       *       *       *       *

Und dann die Pulsnitz selber.

Es regnete wieder. Während wir im Dorfgasthaus einen Kaffee tranken
(die Wirtin plättete in der Gaststube und draußen bauschte der Wind
eine Karussellplane) hatte es begonnen. Vor uns lagen einige Stunden
Weg durch den Schraden, ohne Haus, ohne Dach – noch konnten wir
umkehren, nach Ortrand zurückgehen.

Aber vor uns zog die Pulsnitz hinaus in die Weite, ein schmales
Silberband zwischen glatten Grasdämmen, in der nebligen Ferne
verschwindend. Das lockte uns hinaus.

Und nun lag der Schraden vor uns, um uns.

       *       *       *       *       *

Man tritt in diese Landschaft, wie man einen Raum betritt – mit einem
Schritt. Da liegt die Parkaue mit ihren Bäumen, mit dem Schloß, mit dem
Reiz einer gewissen Verfeinerung – und da breitet sich der Schraden,
die einsame Ebene im Regengrau, mit Wasserspiegeln und Sümpfen und
Torfstichen, mit Birkenalleen und verstreuten Bäumen im Grenzenlosen.

Grenzenlos – so lag der Schraden vor uns. Der Horizont verschwand im
Grau. Alle Formen lösten sich auf und wurden weich im Gesprühe, das
uns der Wind entgegentrieb. Es regnete nicht entschieden, es war mehr
ein nässendes Wehen, als ob fortwährend die Kohlensäurebläschen eines
Selterwassers ins Gesicht spritzelten. Und nach einer halben Stunde
war man naß. Dabei sickerte durch die übereinander hintreibenden
Wolkenschleier ein milchiger Lichtschimmer, der das Grau ringsum
durchscheinend machte und keine Trostlosigkeit aufkommen ließ. Die
Landschaft überließ sich einer Melancholie, die ihr selber wohltat.

In den flachen Wässern spiegelte sich der geronnene Himmel. Durch das
Wasser sproßte spitzes Gras. Regenperlen bedeckten das junge Grün mit
einem ganz zarten Silberreif. Sumpfdotterblumen tupften die Wiesen
mit ihrem selbstzufriedenen Gelb. Es war ein Vergnügen, die fetten,
fleischig knapsenden Stengel zu brechen und den leuchtenden Strauß wie
einen Klumpen Sonne durch den silbergrauen Tag zu tragen.

       *       *       *       *       *

Geradefort, kilometerweit, wie mit dem Lineal gezogen, durchschneidet
die Pulsnitz den Schraden. Der Moorgrund schimmert durch die Flut –
klarflüssiges, samtbraunes Glas scheint zwischen grünen Uferrändern
dahinzufließen. Im Dialekt der Gegend heißt das Flüßchen »die
Pulse« – das Wort gibt das gleichmäßig ruhige Wallen dieses Wassers
lautmalerisch wieder. Blickt man aber geradeaus, so liegt die Pulsnitz
als gestrecktes Silberband in die grüne Ebene eingelassen. Hohe Dämme,
ebenso geradlinig gezogen wie der Fluß selbst, fassen die Ufer ein.
Manchmal steht ein Baum dicht dabei, ein Gebüsch wächst halb auf den
Damm herauf, eine helle Birkenallee kommt von weither, steigt über die
Dämme und zieht weiter, eine Brücke spiegelt sich im Fluß, vereinzelte
Bäume stehen nah und fern in den Sumpfwiesen, und weit drüben, halb
verloren im Grau, dämmert der Hügelzug mit den Schradendörfern.

       *       *       *       *       *

Stundenlang schritten wir auf dem »Pulsdamm« dahin. Weit und breit
war kein Mensch. Einmal ging ein Bauernwagen über eine ferne Brücke
– Karren, Pferdchen, Brücke und ein Baum dabei trafen sich für ein
Weilchen als feingeschnittenes Schattenbild grau in grau über dem
Silberfluß, dann verschwand das lautlose Gefährt hinter flockigem
Gebüsch und wir waren wieder allein in der weiten Landschaft, unter dem
verschleierten Himmel, der als graue Riesenwand von der flachen Erde
aufstieg und unter dem Fluß und Damm, Baum und Wiese groß und einsam
ihre stillen Reize ausbreiteten.

Über den naßgrünen Wiesen flatterten schwarzweiße Kiebitze im
Taumelflug. Unaufhörlich erfüllten sie die Luft mit ihren besorgten
Rufen. Manchmal klingt es schnalzend: knuiuiui knuii, manchmal erregt,
durch die Luft fallend: kiwitt – kiwitt. Kiebitzrufe im Nebel – in der
Erinnerung steigt die Einsamkeit russischer Landschaften auf. Sand und
Sumpf und Nebel im Frühlingslicht und Kiebitzschreie im litauischen
Moor: kiwitt – kie-witt ...

       *       *       *       *       *

Das Sprühen hatte aufgehört – man empfand es kaum noch, so gut stimmte
es zu dieser Landschaft. Die grauen Wolken flogen höher. Von den Hügeln
in der Ferne hoben sich die Schleier. Die Dörfer grüßten.

Und nun standen wir an einem Kreuzweg. Geradeaus blinkte die Pulse.
Und quer zu ihrem Lauf zog eine Straße durch das weite Land, eine vom
Regen reinlich gewaschene Straße, von weißstämmigen Birken gesäumt. Das
zarte Gezweig flutete wie gelöstes Frauenhaar über der hohen Wölbung
zusammen. Unter den Birken hin liefen Gräben mit klarem Wasser, in dem
grüne Gewächse wie von Glas umschlossen sproßten.

Die Pulsnitz lockte und die Straße lockte. Wir schlugen die Straße ein
und marschierten unter den Birken hin. Draußen hinter der Säulenreihe
der weißen Stämme lag die weite Ebene. Fichtenwald mit schnurgeraden
Schneisen. Verträumte Kanäle. Und wieder die Ebene.

Und wieder ein samtbrauner Fluß zwischen hohen Dämmen: die Schwarze
Elster. Der Fluß ist breiter und die Dämme sind höher, aber reizvoller
ist die Landschaft an der Pulsnitz.

Wir gingen von Plessa nach Elsterwerda immer auf dem Elsterdamme hin.
Rechts begrenzten Hügel die kargere Landschaft: der nördliche Grenzwall
des Schradens. Links, leicht verschleiert im kühlen Grau weitete sich
die eigentliche Schradenlandschaft mit Gräben und Wässern und Dämmen
und Sümpfen und dem lockeren Geflock der Bäume in der Wiesenaue und mit
dem graublauen Hügelsaum in der Ferne. Als dunklerer Streifen und ganz
allmählich an den Elsterlauf heranbiegend zog drüben der Pulsnitzdamm
durch die Ebene, an den man an der Elster zurückdenkt und den man
noch einmal gehen wird, im Hochsommer, wenn die Mittagsglut über dem
duftenden Heu der Schradenwiesen zittert.



Tierschutz


Als ich vor vielen Jahren mal in Ziegenrück übernachtete, lag im Zimmer
meines Gasthofes ein altes Schwarzburg-Rudolstädter Gesangbuch von
1856, das ich aufschlug und folgendes schöne Lied darin fand:

    Der weise Schöpfer, dessen Ruf
    Einst mächtig scholl: Es werde!
    Und aller Welt Bewohner schuf,
    Bestimmte diese Erde
    Nicht für den Menschen nur allein,
    Auch Tiere schuf er groß und klein,
    Des Lebens sich zu freuen.

    Sein Wille war, daß ihre Zahl
    Sich allenthalben mehre.
    Sie füllen Wälder, Berg und Tal
    Und Seen, Flüß’ und Meere,
    Beleben hier die hohe Luft
    Und dort der Erde tiefste Kluft
    Und freuen sich des Lebens.

    Nie kann des klügsten Menschen Sinn
    Der Arten Anzahl wissen,
    Doch sänk auch nur die kleinste hin,
    So wär’ das Band zerrissen,
    Das auf der weiten Gotteswelt
    Die Wesen aneinanderhält
    Zu einem großen Ganzen.

    Das kleinste Tier betritt die Welt
    Mit mir auf gleiche Weise,
    Es fühlt sein Dasein und erhält
    Sich auch mit Trank und Speise,
    Hat ebenso, wie ich ein Herz,
    Hat Sinneskraft, fühlt Lust und Schmerz,
    Und liebt wie ich, das Leben.

    Dem, der für alles Sorge trägt,
    Dem Schöpfer aller Dinge,
    Ist nichts, was auf der Welt sich regt,
    Zu klein und zu geringe.
    Er, dessen Huld kein Engel mißt,
    Er, der des Menschen Vater ist,
    Ist auch des Wurmes Schöpfer.

    Und er, der alle Wesen liebt,
    Er sollte mir erlauben
    Dem Tiere, dem er Leben gibt,
    Mutwillig es zu rauben?
    Was gäbe mir wohl den Beruf,
    Ein Leben, das die Allmacht schuf,
    Aus Leichtsinn zu zerstören?

    Nein, kein Geschöpf, das mit mir lebt,
    Darf ich aus Frevel quälen;
    Mag, was mich übers Tier erhebt,
    Mag auch Vernunft ihm fehlen.
    Sie macht mich zu der Gottheit Bild,
    Doch lehrt sie mich auch, göttlich mild,
    Glück um mich her verbreiten.

    Vernunft, du sollst mich immer mehr
    Die wahre Weisheit lehren,
    In der Geschöpfe großem Heer
    Will ich den Schöpfer ehren.
    Wer stolz ein Mitgeschöpf verschmäht,
    Das unter Gottes Aufsicht steht,
    Entehrt auch seinen Schöpfer.

    Wen eines Tieres Qual erfreut,
    Der sieht mit kaltem Herzen
    Gar bald auch seiner Brüder Leid
    Und spottet ihrer Schmerzen.
    Wer frech sein Mitgeschöpf betrübt
    Und Härt’ und Grausamkeit verübt,
    Der kann auch Gott nicht lieben.

Warum ich das alte Lied ganz hersetzte? Weil es eine berechtigte Klage
der Tierschützer ist, daß die christliche Kirche sich wenig um die
Tiere kümmert. Beweis: Die gähnende Leere der Gesangbücher, soweit der
Tierschutz in Frage kommt. Es gab aber eine Zeit, wo es hierin besser
war. So z. B. enthielt das _alte_ Magdeburger Gesangbuch von 1837 eben
dieses und auch ein anderes gutes Tierschutzlied.

_Heimatschutz umfaßt unbedingt auch Tierschutz._ Ich glaube, der Satz
bedarf keiner besonderen Begründung. Pflanze und Tier beleben erst die
an sich tote Rinde. Es ist daher nicht zu verteidigen, wenn selbst
zu wissenschaftlichen Zwecken Vögel, die zu Zeiten (nur zu gewissen
Zeiten!) schädlich sind, in maßloser Weise in Unzahl abgeschossen
werden, um ihren Mageninhalt zu untersuchen. Dadurch muß die Natur
notwendig verarmen und kein Geringerer als ein Brehm hat schon auf
die bedauerliche Tierarmut Westeuropas hingewiesen. Im allgemeinen
vollzieht die Natur selber den notwendigen Ausgleich und tritt einer
übermäßigen Vermehrung einer Art entgegen. Wir können also Herrn Prof.
~Dr.~ Hoffmann nur recht geben, wenn er Einspruch erhebt gegen den
Abschuß zahlloser Elstern, und was noch weit schlimmer ist, von so
seltenen Vögeln wie Wasseramseln, die man nur noch an Gebirgswässern
trifft, ferner von insektenfressenden Singvögeln. Und beistimmen
muß ihm jeder, wenn er sagt, daß der durch die Magenuntersuchung
unter der Vogelwelt angerichtete Schaden _viel größer_ ist als der
Nutzen, den diese Untersuchungen uns und den überlebenden Artgenossen
gebracht haben. ~Nisi utile est quod agimus, _vana_ est gloria nostra~
(Hufeland).

            ~Dr.~ Pause.



»Hexenabend«

Von ~Dr. phil.~ _Gerhard Stephan_


In der Nacht des 30. April zum 1. Mai reiten die Hexen zum Brocken,
um dort mit dem Teufel ihre alljährliche Versammlung abzuhalten. Auf
ihrer Fahrt nach dem Harz verwünschen und verzaubern sie Haus und Hof,
Felder und Gärten. Doch vor offenem Feuer scheuen sie zurück, deshalb
werden im Kamin und auf Bergeshöhen mächtige Brände unterhalten. Die
Grundstücke werden durch Kreuze, die mit Kreide an die Türpfosten
gemalt werden, geschützt, auch die Anfangsbuchstaben der heiligen
drei Könige, C(aspar), M(elchior) und B(althasar), werden gern
dazugeschrieben.

So geschah es im Mittelalter. In unserer Zeit glaubt kein Mensch mehr
an diesen tollen Unfug, aber die Sitte des Feuerbrennens und der
Kreidebemalung hat sich vielerorts, besonders auch in katholischen
Gegenden, erhalten. So auch bei uns im Kamenz-Bautzner Bezirke, und
zwar besonders in den wendischen Gegenden, während die deutschen
Gebiete nur in ihren Grenzstreifen sich am »Hexenabend« beteiligen.

Die Jugend ist es natürlich, die diese Sitte hochhält. Tagelang vorher
sieht man die Jungens von Haus zu Haus laufen, um sich einen alten
Besen zu erbetteln. Und auch gar mancher, der noch nicht ausgedient
hat, muß dran glauben nach dem bekannten Motto: »Geh weg, oder ich
find’ch«. Die Besen werden schön mit Holzwolle und ähnlichen brennbaren
Stoffen ausgestattet, besonders Teer und Petroleum werden gern
verwendet, und nun ruhen sie im Schuppen – den Abend erwartend.

Doch damit man nicht selbst den teuflischen Geistern verfällt, wird man
von einer liebevollen Hand »bekreuzelt« oder, in schlichtes Deutsch
übersetzt, einem der Rücken mit Kreide vollgeschmiert. Da kann man
oft recht erboste und anderseits wirklich »teuflisch« sich freuende
Menschenkinder beobachten. Aber merkwürdig: Es scheint, als ob nur der
Choleriker eines solchen »Schutzes« vor dem Reich des Satans bedürfe!

Es beginnt kaum zu dunkeln, da brennen schon die Feuer auf den Höhen.
Wir steigen den Kamenzer Hutberg hinan. Vor uns und hinter uns ein
unendlicher Schwarm. Denn der »Hexenabend« ist ein Ereignis. Das weiß
auch der geschäftstüchtige Hutbergwirt – im alten Gasthaus hat er –
zeitgemäß – eine »Ef-Zet-Likörstube« eingerichtet. Nun, wir nehmen sie
nicht in Anspruch, sondern wenden uns lieber der »Mark« zu, wo auf
der Höhe ein gewaltiges Feuer brennt. Und daherum die »Hexen«, das
heißt eigentlich sollten es ja gerade deren Vertreiber sein, aber im
Volke, wo sich die »historischen« Zusammenhänge etwas verwischt haben,
sind es eben die »Hexen«. Sie schwingen ihre Besen im Kreise. Einem
feurigen Rade gleicht es von fernen. »Auch die brave Polizei ist wie
gewöhnlich schnell dabei«, – um den unvergleichlichen Busch in etwas
abgeänderter Form zu zitieren – ihr Zweck wird ersichtlich aus dem
immer wiederkehrenden Mahnwort: »Daßerr mirr ni de Felderr zerrtrretet«.

Wir blicken in die Ferne. Soweit das Auge nach Osten und Südosten
schaut – Feuer und Feuerräder. Die wendische Gegend. Über fünfzig kann
man zählen, die vorderen noch groß und mächtig, dazwischen öfters der
Schatten vorbeihuschender Gestalten – es sieht ganz unheimlich aus.
Nach dem Horizont zu wird es immer kleiner und die fernsten Feuer –
in der Wittichenauer, Königswarthaer und Bautzner Gegend grüßen nur
als kleine Punkte. Anders ist das Bild gegen Westen. Hier hemmen
allerdings die letzten Ausläufer der Kamenzer Berge einen weiten Blick,
aber soviel ist doch ersichtlich: außer in den nächsten Orten, wie
Lückersdorf und Gelenau, gibt es nur vereinzelte Brände. Das Gelände
liegt im Schatten der Nacht. Die Deutschen Kolonistendörfer. So zeigt
sich auch hier der Unterschied zwischen zwei Volksstämmen, aber wie
überall mit der »Übergangszone«.

       *       *       *       *       *

Unsre hiesigen »Pfadfinder«, unter ihrem tätigen Feldmeister Mai,
feierten ihren »Hexenabend« besonders schön. Sie waren schon am
Nachmittag ausgerückt – zum Galgenberg, in einen alten Steinbruch,
der sich schluchtartig nach hinten zog. Hier begann bald ein rühriges
Treiben. Nachdem jede Gruppe um ihren Wimpel ihre mitgebrachten Sachen
(was mochten die wohl alles enthalten?) verstaut hatte und die große
Fahne auf der Höhe eingerammt war, um Gönnern und Freunden den Weg zu
zeigen, gings an die Arbeit. Da mußte zunächst Holz herbeigeschafft
werden – also zog ein Holzholerkommando mit einem Wagen los in den
nahen Busch. Die andern aber scharten sich um Satanas, den Oberteufel,
und probten für die »Wolfsschluchtszene« des »Freischütz«. Und als sie
dann im Abenddunkel beim Schein des Holzfeuers gespielt wurde – »frei«
nach Carl Maria von Weber oder besser Friedrich Kind, mit Hexen und
Teufeln, mit Irrlichtern und Schrecken, da wirkte sie in ihrer Umgebung
recht hübsch. Dann kam ein fröhlicherer Teil: Man sprang über das Feuer
unter allerlei Heil- und Weherufen, die Besen wurden entzündet und der
Schwarm der Hexen und »Hexriche« machte einen feierlichen Umzug um
den Steinbruch. Einem vorbeifahrenden Zuge, aus dem die Klänge einer
Gitarre ertönten, wurde eine besondere Ehrung durch das Schwenken der
Besen zu teil – der Anblick für die Zuschauer war prächtig. Volkslieder
am verglimmenden Feuer und ein fröhlicher Heimmarsch bildete den
Abschluß für diesen Tag, während der folgende, der 1. Mai, der ja
bekanntlich dieses Jahr schulfrei war, unsere Pfadfinder – ~carpe
diem~ – draußen am Deutschbaselitzer Teiche in einem Waldlager bei
selbstgekochtem Essen wiedersah.



Wolftitz

Von ~Dr.~ Ing. _Hubert Ermisch_, Leipzig

Bilder von _J. Mühler_, Leipzig


Dort, wo sich im Süden der weiten Leipziger Ebene die ersten Höhenzüge
zeigen, liegt freundlich eingebettet die alte Töpferstadt Frohburg.

An einem prächtigen Vorfrühlingstage wanderte ich durch die stillen
Straßen des Städtchens. Wer ahnt, daß hier der Sitz einer Kunsttöpferei
ist, die – besonders durch die Ausstellungen auf der Leipziger Messe –
einen Weltruf hat?

Auf der Höhe hinter der Stadt, wo die alte Chemnitzer Straße die
stattlichen Rittergutsbauten und das Schloß hinter sich läßt, bietet
sich dem Auge ein überraschend schönes Landschaftsbild. Der Horizont
wird gerahmt von den weitgedehnten Waldungen, hinter denen das
berühmte Schloß Gnandstein liegt. Links ragen über die Hügel die zwei
nadelspitzen Türme der Kirche von Greifenhain. Vor uns an den Wald
geschmiegt, zum Teil von drei Seiten vom Wald umgeben, liegen die
beiden fast zu einem verschmolzenen Dörfer Streitwald und Wolftitz,
zwei als Sommerfrischen und Ausflugsorte allen Leipzigern wohlbekannte
Stätten. Weiter nach rechts an der alten Chemnitzer Straße, umgeben von
prächtigem alten Baumbestand, liegt das Rittergut Wolftitz. Der erste
Anblick erweckt den Eindruck eines alten umwehrten Ritterschlosses. Ein
spitzgedeckter Turm ragt zwischen den hohen Giebeln und breitgelagerten
Dächern hervor. Die ganze Gruppe der Gebäude und Bäume bildet ein
so einheitliches Ganzes, daß es in kunstliebenden Augen nur helle
Freude wecken kann. Und noch eine weiter rechts vor dem Walde auf
einem vorgelagerten Hügel sichtbare schöne, alte Baumgruppe zieht
das Auge unwillkürlich an. Man denkt an alte heidnische Opferstätten
oder an die Hünengräber der Lüneburger Heide. Diese Vermutung barg
etwas Wahres in sich: Es ist die Totengruft, die Begräbnisstätte der
Herren von Einsiedel, die seit 1455 Besitzer von Schloß und Rittergut
Wolftitz sind. Ein selten schöner, weihevoller Platz, würdig des alten
Herrengeschlechtes.

Ich wandere von der Höhe hinter dem Frohburger Schloß talwärts auf
Wolftitz, meinem Ziele zu.

Kunstgeschichtliche Streifzüge soll man nicht unvorbereitet
unternehmen. Das hat bei Schloß Wolftitz einige Schwierigkeiten. Die
»Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler«, die
sich zur Zeit der Bearbeitung dieses Gebietes im Wesentlichen mit
kirchlichen Bauten beschäftigt, sagt über das Schloß nur wenig. Die
geschichtlichen Nachrichten stammen aus dem bekannten Schumannschen
Ortslexikon von Sachsen. Aus diesen beiden Quellen kann man entnehmen,
daß der Bau des heutigen Schlosses Wolftitz aus dem fünfzehnten
Jahrhundert stammt und 1625 bis 1626 restauriert wurde. Beides wird
bestätigt durch die Architekturreste, die sich am Bau befinden. Die
schlichten Fasenfenster, die spitzen Giebel sind noch gotischen
Ursprunges, die Balkendecken und die meisten anderen künstlerischen
Schmuckteile stammen aus dem zweiten Viertel des siebzehnten
Jahrhunderts. Der Bau scheint im dreißigjährigen Kriege, der in dieser
Gegend erst in den dreißiger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts
wütete, wenig gelitten zu haben.

[Illustration: Abb. 1 =Schloß Wolftitz=, Blick vom Pächterhof aus]

Die Landstraße führt zwischen dem Schloß und der ehemaligen Schmiede
hindurch. Neben der Schmiede sieht man ein schönes barockes Tor und
seitlich zwei gleichfalls barocke Figuren. Das Tor führt nach dem
sogenannten Lustgarten, der jetzt der Obstgarten des Schlosses ist.
Der Name in Verbindung mit den Architekturresten weist auf die Zeit,
da man an die Herrensitze kleine nach französischer Art zugestutzte
Architekturgärten anfügte. Was der prachtliebende August der Starke
in und um Dresden in großem Stile ausführte, das fand in etwas
bescheidenerem Umfang wohl auch hier Aufnahme.

Gegenüber diesem Portal zum Lustgarten lag der jetzt leider
verstümmelte Eingang zum Schloßhof. Wie er gestaltet war, das läßt sich
nur mutmaßen aus dem im Torpfeiler vermauerten Schlußstein mit der
immer wiederkehrenden Jahreszahl 1625. Der Blick in den Hof ist überaus
erfreulich. Breitästig steht ein schöner alter Nußbaum in seiner
Mitte. Links, das Wirtschaftsgebäude mit seinen großen Toren barg wohl
dereinst Rosse und Wagen, darüber zieht sich eine reizvoll ausgebildete
Holzgalerie. Der Hof wird beherrscht von dem Treppenturm, der sich an
den einen Flügel des Schlosses – wohl ursprünglich dem eigentlichen
Wohnflügel – anlehnt. Nach der äußeren und inneren Gestaltung des
Treppenturmes möchte ich auch ihn dem Umbau der Jahre 1625 bis 1626
zuschreiben. Wo dereinst die alte Uhr die Stunden kündete, hat nun ein
Wasserbehälter zu Nutz und Frommen der Schloßbewohner seinen Platz
gefunden.

[Illustration: Abb. 2 =Wolftitz=, Schloßhof]

Leider stört in der schönen Harmonie des Schloßhofes das neben dem
Hofeingang gelegene Försterhaus, dessen Architektur sich so gar
nicht den anderen Bauten – besonders durch das recht flache Dach –
anschmiegt. Wie leicht hätte man mit nahezu gleichen Mitteln diesen
Mißton vermeiden können.

[Illustration: Abb. 3 =Schloß Wolftitz=, Tor zum Lustgarten]

Das Schloß, das sich mir gastlich öffnete, betrat ich zunächst in dem
dem Hoftor gegenüberliegenden Flügel, den ein Spätrenaissancedachaufbau
über dem Portal ziert. Vermutlich war dies der Saalbau. Die neuerdings
erfreulicher Weise freigelegten alten gekehlten Balkendecken gehen
durch die ganze Geschoßtiefe hindurch, das Erdgeschoß ist überwölbt.
Eine für die Zeit der Erbauung immerhin breite gradläufige Treppe führt
zu diesem großräumigen Obergeschoß hinauf. Heute ist das ganze Geschoß
durch eine Anzahl eingefügter Trennwände und durch eine liebevolle
Behandlung der Wände, Decken und vor allem der Fensternischen zu
einer sehr behaglichen und sonnigen Wohnung umgewandelt worden. Die
freigelegten Balkendecken fügen sich trefflich ein. Jede Zeit hat dem
Schlosse ihre Spuren hinterlassen und ich glaube, daß dieser Ausbau der
ehemaligen Festsäle des Schlosses ein Musterbeispiel genannt werden
kann für unsere Zeit. Wir sind arm geworden in der großen Welt. Unsere
Heimat, unser deutsches Heim wird aber die Quelle werden für einen
neuen Reichtum.

Im Gegensatz zu diesem ausgebauten Saalbau trägt der an den Turm sich
anschließende Flügel noch ganz den Charakter des alten Herrenschlosses.
Über dem architektonisch ausgeschmückten Rundbogentor sind die
Wappen derer von Einsiedel und von Haugwitz angebracht. Eine weite
überwölbte Halle empfängt uns. Die Schlußsteine dieser Gewölbe zeigen
übereinstimmend das Wappen der Einsiedel. Von der Halle aus ist die
sogenannte Kapelle zugänglich, ein rechteckiges geräumiges Zimmer mit
einer schönen gegliederten Holzdecke, die die Inventarisation auf die
Jahre um 1530 datiert. Hier haben nach alten Verträgen die Pfarrer
von Frohburg aller vierzehn Tagen zu predigen. Schumann erzählt, daß
das Rittergut nach Eschefeld eingepfarrt sei, während eigentümlicher
Weise das Dorf zu Greifenhain gehöre. Die Kapelle enthält ein schönes
Taufbecken, Nürnberger Arbeit aus der ersten Hälfte des sechzehnten
Jahrhunderts, auf dem der Sündenfall dargestellt ist. Außerdem sind
eine Anzahl Bilder beachtlich, unter denen zwei echte Chranachsche
Gemälde: Georg den Bärtigen und eine Judith darstellend, sowie die
beiden von Luther und Melanchthon aus der Chranachschen Schule wohl
die bedeutendsten sind. Die Farbstimmung des ganzen Raumes ist
überaus wohltuend. Möchte doch die beabsichtigte Neubemalung – wenn
sie wirklich nicht zu umgehen ist – nur einem Künstler ersten Ranges
übertragen werden. Denn bei der nahezu gänzlichen Architekturlosigkeit
des Raumes bedeutet die Farbstimmung alles.

Die eigentlichen Wohnräume des Schlosses liegen im Obergeschoß. Sie
gruppieren sich um den schönen bildergeschmückten Vorsaal. Auch
hier oben scheinen noch unter den Putzflächen der Decken, an denen
vereinzelt Stuckverzierungen zu sehen sind, die alten Balken der
Renaissance der Wiedererweckung zu harren. Schöne eingebaute Schränke,
der Schmuck der noch alten Renaissancetüren und vor allem auch eine
Anzahl Öfen aus der Zeit um 1800 lenken den Blick auf sich.

Sehenswert sind auch die Holzkonstruktionen der riesenhaften Dächer. Da
ist noch nichts zu spüren von Holzmangel. Die Holzstärken wirken wie
ein Spott auf unsere »Normen«.

An das Herrenhaus schließt sich der große Pachthof an. Besonders
die Blicke von dort auf die hochgiebligen Flügel des Schlosses sind
malerisch.

Prächtig schön ist der Wald, der zu dem Rittergut gehört. Der
verstorbene Förster August Schmidt und der jetzige Förster Böttrich,
der nunmehr dreißig Jahre diesen Wald und seinen guten Wildbestand
behütet, haben sich damit ein lebendiges Denkmal gesetzt. Möchte jeder,
der dort Stunden der Erholung genießt, wie vor allem allsommerlich
die vielen Sommerfrischler von Wolftitz und Streitwald mithelfen die
Schönheit dieses Waldes zu behüten.

Dort wo die Dorfstraße auf die Hauptstraße stößt, steht der von den
Schloßherren gestiftete Kriegergedächtnisstein von Wolftitz. Schlicht
und ernst, ein Zeichen der schweren Zeit, aber auch ein Zeichen dafür,
daß man heute wie dereinst vor dreihundert Jahren Sinn für edle schöne
Kunst in Wolftitz hat.



Werbekunst in Dorf und Stadt


Der Kampf der Heimatfreunde gegen die Auswüchse des Reklamewesens hat
in der Regel seinen tiefsten Anlaß in der geringen künstlerischen
Qualität der Reklamemittel, die allein der Zweck, zu wirken, heiligte.

In der schönen Gottesnatur draußen zwar richtet sich die Kampfansage
wohl an das Auftreten geschäftsmäßiger Anpreisungen überhaupt: denn
in der Stille des Waldes, an grünen Hängen und zwischen blumigen
Auen kränkt den Wanderfrohen schon der Versuch, ihn mehr oder
minder gewaltsam in seiner reinen Freude an der ewigen Schöpfung
durch Hinweise auf Erzeugnisse der Industrie oder auch besonders
bemerkenswerte Ereignisse des Geschäftslebens stören zu wollen. In
den Straßen der großen und kleinen Städte des Landes, im heimatlichen
Dorfbilde aber ist es nicht das Vorhandensein der Reklame schlechthin,
was das Auge auf Schritt und Tritt beleidigt, es ist viel mehr noch die
mangelnde Fähigkeit, die Anforderungen der Werbekunst mit den Gesetzen
der Baukunst, des Städtebaues, in Einklang zu bringen.

Sieh, wie ungeschickt sitzt dort das grasgrüne lackierte Schild am
ehrwürdig grauen Giebel des schönen alten Hauses, an dem eine schlichte
deutliche Schrift in zurückhaltender Farbgebung dem Fremden dasselbe
künden könnte, wie das häßliche Schild, nur in viel edlerer Sprache!
Oder wie schrecklich plump hängt das himmelblaue Blechbanner mit
den gußeisernen Quasten an der freundlichen Schauseite der behäbig
gelagerten Herberge, der ein Wirtshauszeichen, nach alter guter
deutscher Art an langer Eisenstange befestigt, der schönste Schmuck
sein würde. Und dann die vielen schwarzglänzenden Glasfirmenschilder
mit den steifen gelben Buchstaben! Überhaupt – fort mit dem Glas in
der Außenreklame, wo es fast stets alsbald in einen unüberbrückbaren
Widerspruch zu Holz und Stein des Straßenbildes tritt. Eins der
schönsten Städtebilder in sächsischen Landen können wir seit einiger
Zeit nicht mehr betrachten, ohne zugleich den Ärger über eine riesige,
buntfleckige Glastafel hinunterschlucken zu müssen, auf der eine
Unmenge verschiedener Firmen in allen Farben des Regenbogens einander
überschreien, um ihre Erzeugnisse anzupreisen. Das wäre nicht nötig
gewesen, denn erst kürzlich ist es der umsichtigen Verwaltung einer
kleinen Stadt unser engeren Heimat gelungen, sich mit Erfolg der
Entstellung des wohlerhaltenen Stadtbildes durch solcherlei Reklame zu
widersetzen: Fürwahr ein schöner Beweis praktischen Heimatschutzes, der
Nachahmung verdient.

Alles in allem nochmals: Nicht die Tatsache, _daß_ Reklame gemacht
wird, ist es, was uns grämt, sondern _wie_ sie gemacht wird, wie
häßlich, wie wenig überlegt, wie kunstlos. Und doch ist gegenwärtig
gerade die Werbekunst derjenige Zweig der angewandten Kunst, dem Not
und ungeheuerliche Teuerung im Gegensatz zu anderen Gebieten noch am
wenigsten schwere Fesseln anlegten. Wir sehen ja allenthalben auch
recht erfreuliche Anzeichen dafür, daß sich hier eine zielbewußte
Fortentwicklung fühlbar macht. »Daß wir die Reklame als Kunst ernst
nehmen, ist ein Zeichen unserer Zeit.« Man sucht und findet neue Wege.
Mit Wohlgefallen ruht das Auge da und dort auf einer schönen alten
Schauseite, die in neuem, kräftig farbigem Gewand erstrahlt, mit einer
klaren ruhigen Schrift das verkündend, was noch vor kurzem viele grelle
Schilder und Tafeln durcheinanderbrüllten. Trefflich ausgeführte
Plakate finden wir allerorten. In der eindrucksvollen Dresdner
Werbeschau konnten wir viel finden von dem, was wir suchen und in
weitester Verbreitung wünschten: wie, von den besten Künstlern geführt,
eine neuartige Werbekunst neue Bahnen sucht und zu schönen Hoffnungen
wohl berechtigt. Weite Gebiete stehen dieser Kunstart offen, große
Entwicklungsmöglichkeiten liegen auf ihrem Wege: auch in der Gegenwart,
denn die Reklame birgt, wenn sie gut ist, schon in sich die Deckung
der für sie aufgewendeten Kosten. Umsomehr gilt es jetzt, diejenigen
Kreise, die die praktische Ausübung des Reklamewesens betreiben, auf
die hohe Bedeutung der ihnen anvertrauten Kulturaufgabe hinzuweisen.

Die Werbekunst im heutigen Sinne ist eine durchaus neuzeitliche
Kunstart, die Überlieferung fehlt ihr. Darum ist sie bisher so
fremd gewesen im Stadtbild, darum wird es ihr noch immer so schwer,
sich mit ihrer Sprache hineinzuleben und hineinzufühlen in die
Formensprache der Baukunst. Das wird ihr um so rascher gelingen,
je gründlicher und sicherer der junge Nachwuchs der Ausübenden die
Grundbegriffe von Formen- und Farbenschönheit, Schriftwirkung, Stil
und Materialgerechtheit beherrscht. Daran muß vor allem an Lehr- und
Studienanstalten des Kunstgewerbes gearbeitet werden, wenn Handwerk
und Industrie das Reklamewesen zu künstlerischer Höhe führen wollen.
Trefflich hat kürzlich in Dresden der Reichskunstwart ~Dr.~ Redslob
den Weg zur Erreichung dieses Zieles vorgezeichnet: »Unser Streben
muß dahin gehen, die Kunst aus ihrer vereinzelten Stellung als Fach
zu befreien, und wieder alles mit Kunst zu erfüllen, wie es einst
selbstverständlich war. Der Wunsch nach Formengebung muß wieder etwas
ganz Notwendiges sein. Höchst wichtig ist dabei, die enge Verbindung
zwischen Kaufmann und Künstler zu schaffen, ohne die unser ganzes
Wirtschaftsleben leiden muß.«

Aber auch du, der du deine Heimatstadt, dein Heimatdorf lieb hast,
sollst an dem Ziel, die Reklame zu veredeln, mitarbeiten, kannst
mitarbeiten. Denn dein Auge ist mehr, als du denkst, geübt, wohl
zu entscheiden, was dem vertrauten Straßenbild, dem schönen alten
Marktplatz mit dem Brunnen, den schlichten Bürgerhäusern oder dem guten
Gasthof schadet mit zu Vielem und zu Häßlichem an Reklame, was ihnen
frommt an schönem guten Beiwerk dieser Art. Betrachte aufmerksam,
was da und dort an Trefflichem neu entstand und versuche, das auch
in deinem Heimatort heimisch werden zu lassen. Ein gutes Wort, ein
wohlmeinender Rat tun schon viel. Und sei gewiß: allmählich wird es
gelingen, jene schlichtbescheidene Straßen-Werbekunst zurückzugewinnen,
die vordem das Straßenbild schmückte, die nur vorübergehend von
einer traditionslosen, überlauten Unkunst verdrängt worden war. Dann
aber könnte etwas Unerwartetes geschehen: Reklame und Heimatschutz,
bisher zwei leider so oft feindliche Brüder, würden sich verbünden zu
gemeinsamem Werke, das dem schönen alten Heimatbilde wieder zu einer
würdigen, bescheidenen und dabei doch wirkungsvollen Belebung durch
gute Reklame verhilft.

            Nicolaus



Die Osterblume am Wachtelberg bei Wurzen

Von Professor ~Dr.~ _Arno Naumann_

Mit Aufnahmen von ~Dr. med.~ _Hoffmann_, Wurzen


Nach einem im Leipziger Zentral-Theater am Karfreitag gehaltenen
Vortrag beschloß ich, in Wurzen zu übernachten, um am Ostersonnabend
früh ein Naturdenkmal aufzusuchen, das mir als Mensch wie als Botaniker
gleich beachtenswert erschien: »die Osterblume am Wachtelberg«.

Als _Mensch_ reizte mich die _Schönheit dieser heimischen Pflanze_,
die mich vordem ein einziges Mal als vereinzelter Herbstblüher am
Staffelstein in Franken entzückt hatte, als _Botaniker_ trieb es mich,
diesen interessanten _sächsischen Standort einer pflanzengeographisch
bedeutsamen Pflanze_ zu besuchen.

Früh schon begab ich mich zu meinem pflanzenkundigen Vereinsbruder,
Herrn Konrektor Oberstudienrat ~Dr.~ Hoffmann, Wurzen, und wanderte mit
ihm bei herrlichstem Frühjahrssonnenschein zu dem eine halbe Stunde
südlich von Wurzen gelegenen, Bismarckturm-gekrönten Porphyrhügel des
Wachtelberges. Seine vereinzelten Birken zeigten schon den lichtgrünen
Schleier sprossenden Laubes, und östlich des Gipfels breitete ein
Kiefernwald seine dunklen Kronen (Abb. 1). Der Wachtelberg bietet einen
erfreuenden Blick auf den Muldenlauf, dessen tote Arme der Landschaft
einen besonderen Charakter verleihen. Unsere Blicke schweifen über den
Wald des Rehberges, umfassen den Planitzwald und ruhen schließlich auf
den fernen Auenwäldern, die sich längs eines diluvialen Flußbettes bis
gegen Leipzig ziehen. Aus ihnen hebt sich die Ruine von Machern.

Wir waren zur rechten Zeit gekommen, denn überall am Südhang und an
den trockenen Böschungen des Kiefernwaldes erblühte im herrlichsten
Blauviolett dieses lenzholde Florenwunder, dem Linné den Namen ~Anemone
Pulsatilla~ verlieh. Besser erscheint mir hierfür der selbständige
Gattungsbegriff ~Pulsatilla~ mit ~vulgaris~ als Artnamen. Als deutsche
Bezeichnung für diese Pflanze findet man in den Floren vielfach den
Namen »Küchenschelle«, einen Namen, der in den meisten Pflanzenbüchern
gedankenlos nachgedruckt worden ist. Er müßte, da er sich von der
Ähnlichkeit der Blüte mit einer Kuhglocke abzuleiten scheint, besser
in »Kühchenschelle« abgeändert werden. Deshalb ist der von Hallier in
seiner Flora von Deutschland gewählte Name _Kuhschelle_ annehmenswert.
Wir aber wollen in unserer Arbeit den um Wurzen gebräuchlichen, so
treffenden Namen »Osterblume« beibehalten und uns dieser volkstümlichen
Bezeichnung freuen. Die fünf deutsche Arten zählende Gattung
~Pulsatilla~ ist besonders blütenschön und wird daher in mehreren Arten
auch als lenzverkündender Gartenschmuck gepflegt, selten freilich mit
glücklichem Erfolg.

[Illustration: Abb. 1 =Der Wachtelberg mit der Osterblume=]

Zwei _weißblühende Arten_ besitzen wir in der hochgebirgischen
_~Pulsatilla alpina~_, die auch im Harz und den Sudeten wächst und in
der oft _rosa überhauchten_ heidegewohnten _~Pulsatilla vernalis~_,
die besonders häufig in Westpreußen trockene Hügel im ersten Frühling
schmückt, aber auch im sächsischen Heidegebiet vorkommt (Lausa,
Pulsnitz, Großenhain).

In der _hellvioletten Blütenfarbe_ gleicht unserer süd- und
westeuropäischen Osterblume die osteuropäische Schwester _~Pulsatilla
patens~_, deren Grundblätter aber nicht eine doppelte Fiederung,
sondern eine reizende Fingerung zeigen. Mit Entzücken denke ich
noch der herrlichen Ostertage, an denen ich mit meinem lieben Vater
in Nordböhmen am Kahleberg bei Kundratitz diese herrliche Pflanze
zu Tausenden erblühen sah, die dunklen Basaltrücken in leuchtendes
Blau hüllend. Einen ganz anderen Eindruck macht die _nickende_
~Pulsatilla pratensis~, deren glockig zusammengeneigte Perigonblätter
braunrot bis dunkelviolett schimmern. Im nordböhmischen Elbtal ist
dieselbe, ebenfalls zur Osterzeit, auf allen trockenen Höhen und
rasigen Wegrändern zu finden und führt dort den ansprechenden Namen:
»Osterglocke«. In Deutschland besitzt sie besonders nördliche und
östliche Verbreitung. In Sachsen besiedelt sie sonnige Stellen des
Elbtalgebietes, fand in unseren Heimatschutzheften bereits in meinem
Aufsatz über das Ketzerbachtal Erwähnung und ist dort auch nach
Aufnahmen »unseres Ostermaier« bildlich dargestellt[1].

Die Osterblume findet sich am Wachtelberg auf trockner Grastrift mit
vorherrschendem Feinrasen des Schafschwingels (~Festuca ovina~).
Das nackte Gestein von Pyroxen-Quarzporphyr wird oft überzogen
von den fingerblättrigen Polstern des Frühlingsfingerkrautes
(~Potentilla verna~), welches zur Zeit unseres Besuches seine
niedlichen goldgelben Blüten erschloß. Duftende Polster des Quendels
(~Thymus Serpyllum~) schoben sich dazwischen, und der Besenginster
hatte an seinen immergrünen Ruten bereits Blütenknospen angesetzt,
während dunkle Heidekrautbüsche noch in winterlicher Zerzaustheit
wie leblos dazwischenstarrten. Von anderen Pflanzen konnte ich
teils aus winterlichen Resten, teils frisch sprießend erkennen:
Pechnelke, Hornkraut (~Cerastium arvense~), Johanniskraut (~Hypericum
perforatum~), Fetthenne (~Sedum maximum~), Mauerpfeffer (~Sedum acre~),
Färbeginster (~Genista tinctoria~), Silberfingerkraut (~Potentilla
argentea~), Feldbeifuß (~Artemisia campestris~), Habichtkraut
(~Hieracium Pilosella~), Rispenflockenblume (~Centaurea paniculata~)
und Golddistel (~Carlina vulgaris~); alles Pflanzen, welche sich mit
dem Verwitterungsgrus von Silikatgesteinen begnügen.

In einem Briefe an den Landesverein Heimatschutz vom Mai 1920 sagt mein
Freund, Herr Universitätsoberbibliothekar ~Dr.~ R. Schmidt, Leipzig:
»Von der sonstigen Flora des Wachtelberges erfreuten mich besonders ein
paar in schönster Blüte stehender Holzbirnensträucher (~Pirus Achras~)
mit den charakteristischen Zweigdornen und große Trupps der ~Teesdalea
nudicaulis~. Pflanzen, die als Seltenheiten zu bezeichnen wären, habe
ich außer Kuhschelle nicht bemerkt.«

[Illustration: Abb. 2 =Die Osterblume=]

Die Seltenheit dieser Blume bewog schon im Jahre 1910 den einsichtigen
Stadtrat von Wurzen, sich an die Amtshauptmannschaft Grimma _mit der
Klage zu wenden, »daß die Gefahr besteht, daß sie, wenn weiterhin
das Abpflücken der Osterblume durch Spaziergänger erfolgt, völlig
verschwinde«_. Die Amtshauptmannschaft riet dem Stadtrat, sich
zunächst an den Landesverein »Sächsischer Heimatschutz« zu wenden.
Dieser beauftragte den leider so früh heimgegangenen Kustos des
Sächsischen Herbariums, Herrn Professor ~Dr.~ B. Schorler, mit der
Bearbeitung der Angelegenheit. Schorler erkundete, daß für die von
der Osterblume besiedelten Triften als Besitzer der Gemeindevorstand
Schmidt, Dehnitz, und der dortige Gutsbesitzer Robert Rasch in Frage
kämen. Dabei betont Schorler in seinem Gutachten, »daß unsere Pflanze
eine west- beziehungsweise südwesteuropäische Art ist, welche im
Osten Deutschlands völlig fehlt.« In Mitteldeutschland sind die zwei
sächsischen Standorte _Bienitz_ und _Wachtelberg_ die am weitesten
nach Osten vorgeschobenen Posten und werden in fast allen Floren von
Deutschland erwähnt. Die Osterblume wird am Wachtelberge sicherlich
einen weit ausgedehnteren Standort besessen haben, ist aber durch
Steinbruchsbetrieb und Feldwirtschaft schon recht eingeschränkt worden.
Nimmt man nun hinzu, daß der Bismarckturm als Aussichtspunkt viele
Besucher heranzieht, so ist die Gefahr des Verschwindens nahegerückt,
zumal sie als erster Frühlingsblüher besonders lockt und in manchem
Gartenbesitzer den Wunsch rege macht, dieselbe auszugraben und in
seinen Garten zu verpflanzen, um sich im eigenen Heim alljährlich
dieser Blütenschönheit zu freuen. Herrlich ist ja auch der in der
Sonne weitgeöffnete, violette, sechszählige Blütenstern, aus dessen
Mitte sich die zahlreichen goldgelben Staubgefäße wirkungsvoll abheben
(Abb. 2). Die doppelt gefiederten Grundblätter der Pflanze erscheinen
erst später, nur ein dicht unter der Blüte befindliches, gleich dem
Stengel weißlich behaartes Hochblatt ist zur Blütezeit erkennbar.
Das freiblättrige Perigon, die vielen Staubblätter und zahlreichen
Pistille, welche beide auf dem Blütenboden stehen, erweisen die
Zugehörigkeit der ~Pulsatilla~ zur _Familie der Hahnenfußgewächse_,
die so manches Giftgewächs umfaßt, darunter auch unsere Osterblume,
welche früher infolge eines kampferartigen Stoffes als Arzneipflanze
geschätzt wurde.

Nach dem Abblühen verlängert sich der Blütenstengel bis zu fast
einem halben Meter Höhe und trägt die nunmehr herangereiften, mit
Federschwanz versehenen Einzelfrüchte, ganz ähnlich wie die nahe
verwandte Clematis. Der fedrige Fruchtschopf erinnert auch an den
bekannten »Teufelsbart« ihrer Hochgebirgsschwester ~Pulsatilla alpina~.
Es ist ein köstlicher Anblick, wenn die Sonne durch die hochstengeligen
Federköpfe scheint und sie wie Silberfiligran aufleuchten läßt.
Schmidt, welcher an einem Osterblumenstock des Wachtelberges
dreiundvierzig Blüten in verschiedenen Entwicklungsstadien zählte,
bemerkt hierzu:

    Nicht weniger angenehm wie der Anblick dieser Blütenpracht war
    mir die große Menge der Fruchtstände mit ihren heranwachsenden
    Federschweifen; ich schätze sie an die Tausend. Es steht somit
    fest, daß eine recht stattliche Zahl Blüten pflückenden Händen
    entronnen ist und Gelegenheit findet, ihre Samenanlagen zu
    reifen und sich zu verbreiten. Ich konnte beobachten, daß die
    ~Pulsatilla~ von ihrem ursprünglichen Gelände aus mit einigen
    Stöcken in die Sohle des ehemaligen Steinbruches vorgedrungen
    war. _Dagegen fand ich an den anderen Seiten des Berges,
    zwischen Bismarckturm und Windmühle, nur ein einziges Exemplar._

Dies letzte beweist augenfällig, wie an den Orten regen Begängnisses
dieser Pflanze von den Bergbesuchern nachgestellt wird. Es wäre
aber _nicht nur eine ästhetische Einbuße_, wenn dieser herrliche
Frühlingsbote vom Wachtelberg verschwände, sondern auch _ein
unersetzlicher floristischer Verlust_, da uns dieses Vorkommen der
Pflanze auf einen von Südwesteuropa zu uns herstrahlenden Wanderweg
dieser Pflanzen hinweist, den sie mit so manchem andern Gewächs
genommen. Es ist in Wahrheit eine Urkunde, welche eindringlich vom
Entstehen unseres heimischen Florenbildes aus nach der Eiszeit zu uns
hergewanderten Bürgern entlegener Pflanzengebiete zu uns spricht.
Die mit Federanhang versehenen Früchte können, vom Winde entführt,
sicherlich eine weite Luftreise unternehmen. Es ist daher sehr
wahrscheinlich, daß der Wachtelberg dereinst seinen Osterblumenbestand
von dem etwa zwanzig Kilometer westlich gelegenen Bienitz bei Leipzig
empfangen hat. Der Bienitz selbst verdankt diesen Schmuck indirekt
einem präglazialen Saalelauf, der diesen pflanzenberühmten Hügel
mit herangeführtem Muschelkalk versorgt und die an den Saaleufern
verbreitete Pflanze darauf angesiedelt hat.

Nach alledem kann es jedermann nur dankbarst begrüßen, daß auf
Anregung der Amtshauptmannschaft Grimma schon im Frühjahr 1912 auf dem
Wachtelberggelände Verbotstafeln angebracht worden sind mit folgendem
Wortlaut:

    Heimatschutz!

    »Das unbefugte Betreten dieses Grundstücks, sowie das
    Abpflücken, Abzupfen und Abschneiden von Feld- und Wiesenblumen
    ist bei Strafe bis zu 30 Mark oder entsprechender Haft

    _verboten_.

    §§ 19 und 14 des Forst- und Feldstrafgesetzes.

    _Grimma_, den 27. März 1911.            Die Amtshauptmannschaft.«

    »Der Wachtelberg trägt inmitten der fruchtbaren Getreidefelder
    noch heute seine ursprüngliche Pflanzenwelt und zeigt uns,
    wie die Flora der sonnigen Hügel östlich von den Leipziger
    Auenwäldern zusammengesetzt war, bevor der Mensch mit seinen
    Kulturflächen sie zerstörte. Er ist also als Naturdenkmal
    anzusehen, das uns wie eine wertvolle Urkunde von alten Zeiten
    berichtet. Dieses auch für unsere Nachkommen zu erhalten,
    ist unsere Pflicht. Leider sind die seltenen Pflanzen des
    Berges durch Abrupfen und Ausgraben schon so vermindert, daß
    die Gefahr ihrer völligen Vernichtung vorhanden ist. Um dies
    zu verhindern, hat die Amtshauptmannschaft auf die Bitte des
    Sächsischen Heimatschutzes das obige Verbot erlassen.«

Diese Art, Pflanzenschutz zu treiben, erscheint mir vorbildlich! Der
Wortlaut eines _Verbotes_, das bei unerzogenen Menschen meist auf
Widerstand stößt, muß eben in seiner polizeimäßigen Schärfe _gemildert_
werden _durch eine belehrende und fesselnde Angabe der Verbotsursache_.
Letzteres ist unbedingt angebracht, denn der Einsichtige wird sich
dieser Betonung einer unabweisbaren heimatlichen Pflicht nicht
verschließen. Ein in solcher Form begründetes Verbot wird selbst in
unserer verbotsfeindlichen Zeit wirksam sein. Wo es _noch_ versagt,
werden auch alle anderen Mittel, welche zum Schutze von Naturdenkmälern
vorgeschlagen und erdacht sind, hinfällig, _denn ein gefühlsroher
Mensch ist mit Nichts zu packen; er bleibt eben ein Schandfleck auf dem
Kulturgewand seines Volkes_!


Fußnoten:

    [1] Vergleiche auch ~Dr.~ Naumann: »Praktische Wege des
        Heimatschutzes«, Heft 12, Bd. I, S. 417.



Ein altes Patrizierhaus

Aufnahme von _Konrad Richter_, Auerbach i. V.


Auch in Sachsen stößt der Wanderlustige gar nicht so selten auf
wenig bekannte Bauten, die einer näheren Betrachtung wert sind. Alte
Herrensitze und Baumgehöfte, Dorfkirchen, Rathäuser und Kleinhausbauten
sind oft geschildert und dargestellt worden. Ein Patrizierhaus, wie das
in der Abbildung gezeigte, findet man in Sachsen und vor allem auf dem
Lande oder im Gebirge selten. Die reicheren Bürger, die in der Lage
waren, sich vornehme Häuser zu bauen, suchten den Schutz der Stadt und
das Zusammenleben in ihr; Patrizierhäuser auf dem Lande oder in kleinen
Orten kannte man nicht.

[Illustration: Abb. 1 =Altes Patrizierhaus in Stützengrün= (Ansicht von
Südwesten)]

[Illustration: Abb. 2 =Altes Patrizierhaus in Stützengrün= (Ansicht von
Südosten)]

Um so überraschter ist man, in der kleinen Gemeinde Stützengrün i. V.
ein so behäbiges, auf Wohlstand und Geschmack hinweisendes Haus zu
finden. Der Bauherr hat zweifellos nicht irgendeine zufällige Planung
durch einen Unternehmer zur Ausführung bringen lassen, er hat bewußt
Form und Anlage seines Hauses geprüft und sich seinen Baumeister
gesucht. Die sicherlich nicht in jeder Einzelheit fein durchgebildeten
Formen des Hauses, die fast auf süddeutschen Einfluß hinweisen, lassen
die Gesamtanlage doch außerordentlich wirkungsvoll erscheinen. Die
horizontale Gliederung, die gleichmäßige Verteilung der Fenster und
die Betonung ihrer Achsen durch gleich große Dachgeschoßfenster, die
Durchführung der Achsenbeziehungen, die Hervorhebung des Einganges
durch einen kleinen Giebelvorbau, die schmucken Fensterläden, die
Putzgliederung und die starke Schattenwirkung des weit vorspringenden
Gesimses sind die Bestandteile dieses ausgezeichneten Werkes. Dazu
betont die Besonderheit des Hauses noch das in dieser Gegend sonst
nicht heimische Mansardendach, das aber zu diesem breitgelagerten Hause
mit seiner süddeutschen barocken Form gehört.

Möge die Veröffentlichung die Freude am Finden heimischer Kunstwerke
fördern.

            ~Dr.~ Conert.



Gefährdete heimische Pflanzenwelt

Von _Paul Apitzsch_, Ölsnitz i. Vogtl.


Ein sonnengoldner Sommertag blauet über den weiten Wäldern des
südwestlichen Vogtlandes. Ich wandre in der Herrgottsfrühe
mutterseelenallein von _Bad Elster_ das Kesselbachtal aufwärts und
erreiche bei der Theresienruh die sächsisch-tschechoslowakische
Grenze. Zwischen Hochwald und mooriger Wiese zieht der mit granitnen
Marksteinen besetzte Grenzweg dahin. Dort, wo vom Grenzpfad schmale
Waldsteige nach den böhmischen Dörfern Krugsreuth und Thonbrunn
abzweigen, liegen die Quellen des Kesselbaches. Lind fächeln im
Frühwind auf geschwellten Moospolstern die weißen Fähnchen des
Wollgrases (~Eriophorum vaginatum~). Dazwischen leuchten zwei
Bergorchideen: die roten Blütenstände des gefleckten Knabenkrautes
(~Orchis maculata~) und die gelblichweißen, stark duftenden Armleuchter
der zweiblättrigen Platanthere (~Platanthera bifolia~). Zwischen
Schachtelhalm und Farnkraut stehen vereinzelt, aus smaragdgrünen
Blattrosetten emporragend, die veilchenblauen Blüten des Fettkrautes
(~Pinguicula vulgaris~) und zu kleinen Genossenschaften vereinigt die
mit roten Drüsenhärchen versehenen Blattsterne des rundblättrigen
Sonntaues (~Drosera rotundifolia~), zwei immer seltner werdende
insektenfressende Sumpfgewächse. An dem Höhenwege von der Theresienruh
nach der Agnesruh und der Alberthöhe wächst im Preiselbeergestrüpp eine
weitere botanische Seltenheit, die, außer im Vogtlande, nirgends in
Sachsen vorkommt: die Buchsbaum-Ramsel (~Polygala Chamaebuxus~). Ihre
starren, dunklen Blätter unterscheiden sich kaum vom Preiselbeerlaub,
während die gelblichen Blüten denen des Waldwachtelweizens ähneln.

Wenn im Spätsommer die Waldblößen im purpurnen Glanze der Weidenröschen
(~Epilobium angustifolium~) glühen, dann erscheinen überall an sonnigen
Hängen die giftigen Blüten des blaßgelben Fingerhutes (~Digitalis
ambigua~). Während dieser noch allerwärts im Vogtland und in andern
Gebirgswäldern häufig vorkommt, ist sein gleichfalls giftiger Bruder,
der rotblühende ~Digitalis purpurea~, bereits dem Aussterben nahe.
Vor zwanzig Jahren waren die purpurnen Fingerhüte im Steinicht
zwischen Plauen und Elsterberg, im Triebtal und Kemnitzbachtale
keine Seltenheit. Heute sucht man sie dort vergebens. Sie sind
verdorben, gestorben. Ebenso gefährdet ist das Dasein der wenigen noch
wildwachsenden Türkenbuntlilien (~Lilium Martagon~) im Burgsteingebiet
und am Kandelhof bei Gutenfürst. Großstädtische Sommerfrischler und
botanisierende Schüler werden dafür Sorge tragen, daß dieser Schmuck
des Bergwaldes demnächst verschwindet. Im Frühherbst erscheinen dann
die Heerscharen der Heidekräuter oder ~Ericaceen~. Die gewöhnliche
Besenheide (~Erica vulgaris L.~ oder ~Calluna vulgaris Salisb.~) ist ja
durchaus nicht gefährdet, wenn auch während der Kriegszeit hektargroße
Flächen in Ackerland umgewandelt und ebenso große Gebiete des oberen
Vogtlandes entheidet wurden und ihr Pflanzenwuchs als Stallstreu
Verwendung fand. Aber sehr selten geworden ist die großblütige Sumpf-
oder Moorheide (~Erica Tetralix~), die meines Wissens nur noch an einer
einzigen Stelle des Vogtlandes vorkommt. Aus leicht begreiflichen
Gründen werde ich diesen einzigen und letzten Standort nicht verraten.
Ich würde sonst vielleicht das Gegenteil von dem erreichen, was ich
beabsichtige.

Eine spezifisch vogtländische ~Ericacee~, die in Otto Wünsches
»Exkursionsflora für Sachsen« als »sehr selten« bezeichnet wird, ist
die fleischfarbene _~Erica carnea~_ oder _Schneeheide_. Im Gegensatz
zu ihren Schwestern, die sämtlich an der Schwelle zwischen Spätsommer
und Frühherbst in Blüte stehen, ist die Schneeheide ein Kind des
Vorfrühlings, und ihre roten Polster sind ein hervorragender Schmuck
der sächsisch-böhmischen Bergwälder bei Brambach, Schönberg, Wildstein.
Ihr Vorkommen beschränkt sich im allgemeinen auf die südvogtländische
Granitinsel rund um den Kapellenberg, wenn auch hier und da in den
Kontaktgebieten, so im Muskowitschiefer bei Hennebach und Dürrngrün
in Böhmen, Schneeheide vorkommt. Als im Jahre 1885 der Eisenbahndamm
zwischen Ölsnitz und Adorf mit Brambacher Granitschutt beschottert
wurde, gedieh auch dort Schneeheide; sie kränkelte aber bald und
ging schließlich ein. Im Jahre 1906 versuchte ich, an der Südseite
des Hasenpöhles bei Ölsnitz Schneeheide zu akklimatisieren. Kräftige
Pflanzen aus den der Fürstenschule St. Afra in Meißen gehörigen
Brambacher Rittergutswaldungen wurden eingesetzt. Jedem Steckling
war ein großer Ballen heimatlicher Erde und reichlich Granitsand in
die Fremde mitgegeben worden, um die Lebensbedingungen möglichst
günstig zu gestalten. Vier Jahre später habe ich Schneeheidesamen
aus Mieders und Fulpmes im unteren Stubaital in Tirol ebenfalls am
Ölsnitzer Hasenpöhl unter Zuhilfenahme von vogtländischem Granitsand
ausgesät. Und der Erfolg beider Versuche? Die gepflanzte ~Erica
carnea~ gedieh zunächst ganz prächtig, ging aber dann stockweise
ein, und die letzten spärlichen Exemplare starben 1919 am Heimweh.
Der ausgesäte Same mag von vornherein die Aussichtslosigkeit der
Entstehung fortpflanzungsfähiger Schneeheideexemplare geahnt haben und
– ging gar nicht erst auf. Granitner Grund scheint eine Mitbedingung
des Fortkommens der Schneeheide zu sein. Wesentlicher jedoch als
die Kausalität zwischen Granit und Schneeheide scheint mir die
hochinteressante Beziehung zwischen dem Vorkommen der Schneeheide und
dem Vorhandensein radioaktiver Wässer zu sein. Es fällt unwillkürlich
auf, daß die Schneeheide ausgerechnet im Bereich der sächsischen
und böhmischen Bäder: Bad Elster, Brambach, Franzensbad, Karlsbad,
Königswart und Marienbad vorkommt. Alle diese Bäder besitzen, wie schon
Felix Heller in Band X, Heft 4–6, Jahrgang 1921 der »Mitteilungen des
Landesvereins Sächsischer Heimatschutz« ausführt, Quellen mit mehr
oder weniger starkem Radiumgehalt. Brambach, mit der weitaus größten
Zahl Macheeinheiten (2200), hat auch die stärkste Bodenbedeckung
mit Schneeheide. »Es liegt da nahe, die Radioaktivität des Wassers
als Ursache des Gedeihens der Pflanze anzusehen oder eine durch
Radium-Emanation bedingte höhere Bodenwärme.« Wissenschaftlich
ausgeführte pflanzenbiologische Untersuchungen könnten hier Klarheit
schaffen.

Die Schneeheide ist stark gefährdet, da sie in den blütenarmen Monaten
März und April Verkaufsobjekt, Handelsware, Erwerbsgegenstand geworden
ist. Trotz strenger Verbote der Amtshauptmannschaft Ölsnitz und der
Bezirkshauptmannschaft Eger setzt bei beginnender Schneeschmelze
alljährlich ein förmlicher Vernichtungskampf ein; und so ist das
Fortbestehen der obervogtländischen Schneeheide genau so gefährdet wie
das in den Alpenländern von einer rücksichtslosen Fremdenindustrie
bedrohte Edelweiß.

Zu den aussterbenden Gewächsen der heimischen Wälder gehört noch ein
anderes Vorfrühlingskind: der Kellerhals oder Seidelbast (~Daphne
Mezereum~). In Wildrosenhecken und im Schlehdorngesträuch leuchten
an kahlen, holzigen Stengeln scharlachrote Blüten und hellgrüne
Blattspitzen. Ein starker Geruch, wie von bitteren Mandeln, entströmt
den Giftblüten. Auch das prächtige Pfaffenhütchen (~Evonymus europaea~)
unsrer Wälder wird seltener. Je charakteristischer und auffallender
eine Pflanzenerscheinung ist, desto mehr fällt sie der Beachtung und –
Vernichtung anheim.

Unsre Heimat hat in ihrem großen Lebeweseninventarium nicht nur
aussterbende Tiere zu verzeichnen, sondern auch untergehende Pflanzen.
Insoweit dieses völlige Verschwinden mit unbedingt notwendigen
Kulturfortschritten ursächlich in Zusammenhang steht – ich denke
an das Zurückgehen der Sumpf- und Moorflora infolge Urbarmachung
bisher brachliegender Hochmoore –, ist dies wohl bedauerlich,
kann aber im Interesse gesunder kultureller Weiterentwicklung des
Menschengeschlechts nie und nimmer aufgehalten werden. Die Menschheit
kann nicht hungern, um etwa eine seltene Torfmoosart der Nachwelt
zu erhalten. Aber die gefährlichsten Feinde der seltnen Flora sind
nicht die Pioniere der Kultur, sondern sogenannte »Naturfreunde«. Ihr
deutschen Jungen, gefährdet nicht die letzten Reste einer sterbenden
Pflanzenwelt, indem ihr die wehrlosen Leiber derselben zusammenpreßt
und euerm furchtbaren Herbarium einverleibt! Diese Totenkammern,
diese Leichenhäuser, diese Mumiensammlungen tragen die Schuld, wenn
die eigenartigsten und charaktervollsten Vertreter unsrer heimischen
Pflanzenwelt dem Tode geweiht sind. Andachtsvoll stehe ich vor der
einzigen und letzten ~Erica Tetralix~ meiner Heimat. Ich rühre sie
nicht an. So gehe hin und tue desgleichen!



Zur Geschichte des Bibers in Sachsen

Von _Rud. Zimmermann_, Dresden


Zu den Mitteilungen über das Vorkommen des Bibers in Sachsen von ~Dr.~
Koepert in Band X, Heft 1–3, Seite 56–58 der Heimatschutz-Mitteilungen
seien mir einige ergänzende Angaben gestattet.

Der Biber, dessen einst viel weiter ausgedehntes Verbreitungsgebiet
in Deutschland heute zu dem letzten, räumlich kleinen Vorkommen
im Gebiet der Mulde und der Elbe zwischen den Städten Dessau und
Magdeburg zusammengeschrumpft ist, hat sich in unserem Vaterlande
Sachsen ziemlich lange gehalten; sein letztes Vorkommen an der
Mulde bei Wurzen ist erst in den vierziger Jahren des verflossenen
Jahrhunderts erloschen. Allerdings hat er es bei uns nie zu einer
besonders großen Verbreitung gebracht; die ganze Natur des Landes, das
nur in seinen nördlichen Teilen dem Tiere zusagende Aufenthaltsorte
bieten konnte, ist einer weiteren Ausdehnung seines Vorkommens von
vornherein hinderlich gewesen. Bereits in vorgeschichtlicher Zeit
stoßen wir auf seine ersten Spuren im heutigen Sachsenlande: Funde
eines Unterkieferastes einmal in einer neolithischen Erdgrube bei
Zauschwitz nahe bei Pegau (unweit der Elster) und zum anderen in der
Heidenschanze bei Coschütz südwestlich von Dresden, sei er aus der
slawischen oder der vorslawischen Zeit, denen sich spätere weitere
sechs Kieferreste von Leckwitz unweit der Elbe aus slawischer Zeit
angeschlossen haben, sind die ersten sicheren Belege vom Vorkommen des
Tieres in nachdiluvialer Zeit und geben uns gleichzeitig Kunde von
der Verwendung seines Fleisches in der »Küche« der vorgeschichtlichen
Bewohner unseres Landes. In geschichtlicher Zeit nennt den Biber
Lehmann in seinem »Historischen Schauplatz derer natürlichen
Merckwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Erzgebirge«, 1699. Er
schreibt: »Biber sind nicht so gemein als die Fischotter, welche aber
von den dazu bestellten Otternfängern aufgesucht und ausgegraben
werden.« Jedoch dürfte er sich dabei, da der Biber seinem ganzen Wesen
und seiner Lebensweise nach aber wohl kaum jemals im Erzgebirge, auf
das sich ja die Lehmannsche Darstellung bezieht, vorgekommen sein
dürfte, schwerlich auf eigene Erfahrungen und Kenntnisse gestützt,
sondern lediglich unverbürgtes Gerede wiedergegeben haben. Wie Lehmann,
so erwähnen auch andere spätere Schriftsteller den Biber nur dem Namen
nach, geben aber niemals einen Fundort an oder sprechen sich über
solche so allgemein aus, daß wir uns daraus kaum ein genaueres Bild
von der ehemaligen Verbreitung des Tieres im heutigen Sachsen machen
können. v. Fleming in seinem »Vollkommenen deutschen Jäger«, 1719, und
ebenso Döbel in seiner »Jäger-Practica«, 1746, gedenken des Tieres nur
kurz; v. Fleming sagt, daß »dieses Tier hier zu Lande sehr rar ist, und
man nur wenige oder keinen antreffen wird,« während Döbel genauer ein
Vorkommen nur aus dem Dessauischen, also überhaupt nicht aus Sachsen,
anführt. Erst Dietrich aus dem Winckell erwähnt ihn 1805 in seinem
»Handbuch für Jäger« »von der Mulde«, fügt dem aber leider auch wieder
keine genauere Ortsbezeichnung bei, so daß sich nicht entscheiden
läßt, ob er dabei auch die Mulde heute sächsischen Anteiles im Auge
gehabt hat. Ebenso sagt Pölitz in seiner »Geschichte, Statistik und
Erdbeschreibung des Königreichs Sachsen«, 1808–1810 (das damals aber
ja noch die jetzt preußische Provinz Sachsen mit umfaßte), »daß man
Biber allgemein in der Elbe und Neiße findet«, bis dann schließlich
1822 Schumann im achten Bande seines »Lexikons von Sachsen« sich als
erster Schriftsteller genauer über das Vorkommen des Tieres ausläßt und
uns mitteilt, daß »Biber nur an der Mulde bei Wurzen und an der Elbe
bei Strehla vorkommen.« Ein uns erhalten gebliebenes Verzeichnis des
während der Regierungszeit des Kurfürsten Johann Georg I. (1611–1656)
auf Jagden entweder von diesem selbst oder in seinem Beisein erlegten
Wildes führt 37 erbeutete Biber auf, und ein weiteres aus der
Regierungszeit seines Nachfolgers Johann Georg II. (1656–1680) gibt gar
597 Biber als erlegt an (die Angabe im neuen Brehm, Säugetiere, zweiter
Band, Seite 443, von 347 Stück – nach Genthe – muß dementsprechend
berichtigt werden) von denen neun vom Kurfürsten selbst erbeutet worden
sind. Doch darf man dabei nicht vergessen, daß damals das Land eben
auch noch die Provinz Sachsen mit umfaßte, die ja wohl ohne allen
Zweifel den Löwenanteil an den erlegten Bibern geliefert haben wird.

Der Fang der Biber, die man lange Zeit hindurch fälschlicherweise als
arge Fischräuber ansprach – erst Döbel in seiner »Jäger-Practica« läßt
sie als solche nicht mehr gelten – lag im ehemaligen Kursachsen den
Fischotter- und Biberfängern ob, die im Frühjahr und Herbst in ihren
Bezirken von einem Amt zum anderen zu reisen und neben den Fischottern
und dem übrigen kleinen Raubzeug auch dem Biber nachzustellen hatten.
Sie erhielten, solange sie unterwegs waren, für sich, ihre Gehilfen
und ihre Hunde eine tägliche Auslösung, und gegen Aushändigung der
erlegten Tiere oder ihrer Felle noch einen besonderen Fanglohn. Der
Biber scheint sich auch einer gewissen Schonzeit, allerdings weniger
aus rein weidmännischen Gründen, sondern, wie es scheint, mehr einer
bestimmten Verwendung seines Wildbretes wegen (als Fastenspeise),
erfreut zu haben, wie aus einer Verordnung des Oberhofjägermeisters
von Wolffersdorf vom 28. Februar 1750 an den Otter- und Biberfänger
Kluge in Dittersbach bei Chemnitz hervorgeht. In dieser Verordnung
wird dem Genannten vorgehalten, daß er »die Biber ohne Unterschied
der Zeit gefangen und eingeliefert, da doch laut bereits erteilter
Verordnung solches nicht eher als zur jetzigen Fastenzeit, da es
hergegen daran mangelt, geschehen sollen,« und ihm von neuem anbefohlen
wird, »künftig keinen Biber eher als zur Fastenzeit zu fangen und in
der Haut ins Dresdener Provianthaus einzuschicken.« »Dafern ein Biber
von ungefähr eingeht, so ist solcher jedoch jedesmal in der Haut
zum Dresdener Provianthaus einzuschicken.« Von den Fischotter- und
Biberfängern waren außer dem bereits von ~Dr.~ Koepert erwähnten, der
in Hintergersdorf seinen Sitz hatte, noch drei weitere angestellt,
je einer in Elbenau an der Elbe (Regierungsbezirk Magdeburg) und in
Liebenwerda an der Schwarzen Elster, also in der heutigen Provinz
Sachsen, der dritte in Dittersbach bei Chemnitz, dessen Bezirk gleich
dem Hintergersdorfer nur auch heute noch sächsisches Gebiet umfaßte,
nämlich die Ämter Augustusburg, Wolkenstein, Grünhain, Schwarzenberg,
Stollberg, Chemnitz, Rochlitz, Colditz, Grimma, Wurzen, Leisnig und
Sachsenburg. Im Jahre 1764 wurde durch eine Verordnung des damaligen
Landesverwesers, des Prinzen Xaver, die Einrichtung der Fischotter-
und Biberfänger, die mindestens bis ins siebzehnte Jahrhundert
zurückreicht, aufgehoben. Es scheint, als ob neben diesen, von der
Landesregierung bestellten Biber- und Otterfängern aber auch noch
einzelne Ämter eigene Fänger verpflichteten. Pfau wenigstens berichtet
uns, daß das Rochlitzer Amt 1651 einen solchen anstellte, der 1656 vier
Biber an der Zschopau bei Waldheim fing.

Leider aber sind uns weder über die Mengen der von den Fängern
erbeuteten Biber – und noch weniger über die Orte der Erbeutung
sichere Angaben überliefert, es müßte dann sein, daß die
fünfhundertsiebenundneunzig Biber aus der Zeit Johann Georgs II. zum
großen Teil den Fängern zum Opfer gefallen sind. Aus den Verordnungen
an den Dittersbacher und den Hintergersdorfer Fänger aber wissen wir
jedenfalls mit voller Sicherheit, daß auch im Gebiete des heutigen
Sachsens Biber erbeutet worden sind, und wir werden dabei wohl kaum
fehlgehen, wenn wir annehmen, daß sie ausschließlich im nordsächsischen
Flachland teils an der Mulde, teils an der Elbe und wahrscheinlich auch
in der Oberlausitzer Niederung, die wohl zum Bezirk des Liebenwerdaer
Fängers gehört hat, gefangen worden sind.

Für die Oberlausitz erwähnt den Biber die Zittauer Forstordnung
vom Jahre 1730. Jedoch ist nach Tobias hier der letzte bereits
1785 oder 1787 bei Leschwitz oder Deutsch-Ossig in der heutigen
preußischen Oberlausitz gefangen worden, so daß die oben angeführte
Angabe von Pölitz vom Vorkommen in der Neiße schon für ihre Zeit
nicht mehr richtig gewesen ist. Immerhin wurden um die Mitte des
achtzehnten Jahrhunderts in Bautzen noch Biberhüte angefertigt und
weithin verschickt. Wann der Nager an der Elbe sächsischen Anteiles
ausgerottet worden ist, ist leider nicht mehr festzustellen; außer der
Mitteilung Schumanns vom Jahre 1822 besitzen wir von hier keinerlei
Nachrichten mehr über ihn. Wohl aber liegen über sein Vorkommen
und sein Verschwinden an der Mulde bei Wurzen einige verläßlichere
Unterlagen vor. Das fürstliche Museum zu Waldenburg besitzt einen
1846 bei Wurzen erlegten Biber und außerdem befinden sich noch, wie
1909 ~Dr.~ Hesse mitteilt, im Leipziger Zoologischen Museum zwei
Stücke gleichfalls von der Mulde. Das eine, ein altes Tier, trägt
als Datum den 30. Januar 1809, das andere aber ist leider ohne Datum
und nur mit der Fundortsangabe »Nischwitz bei Wurzen« ausgezeichnet.
Hesse vermutet auf Grund der Abfassung und der Schrift des Zettels,
daß es etwa gleichzeitig mit dem Waldenburger Stück, vielleicht aber
auch noch bedeutend früher als dieses erbeutet sein könnte. Ein
1869 zuerst in der Gartenlaube erschienener Aufsatz Guido Hammers,
der dann auch in dessen 1891 herausgekommene »Wild-, Wald- und
Weidmannsbilder« übergegangen ist, berichtet von einem wildernden
Schäfer in einem Dorfe bei Wurzen, der einen Biber an der Mulde in
einem Eisen fing, das Wildbret mit seinen Vertrauten verzehrte,
Fell und Geil aber nach Leipzig schaffte, wo es Hehler heimlich
verwerteten. Nach einer Auskunft Hammers an Fickel ist der Zeit
dieses Vorganges aber nicht mehr sicher nachzukommen, doch dürfte der
letzte Biber auf Püchauer Flur, nördlich von Wurzen erbeutet worden
sein. In dem Waldenburger Biber besitzen wir demnach das nachweisbar
späteste Belegstück für das Vorkommen des Bibers in Sachsen. – Für
ein Vorkommen des Tieres weiter flußaufwärts an der Mulde wie auch
an der Elbe besitzen wir mit Ausnahme jener schon erwähnten Angabe
von Waldheim aus historischer Zeit keinerlei Anhalt – für die Elbe
allerdings läßt der schon eingangs erwähnte Coschützer Fund auf ein
Vorkommen stromaufwärts bis in die Dresdener Gegend wenigstens in
vorgeschichtlicher Zeit schließen – und auch des Tieres Wesen und
Lebensweise sprechen, wie eingangs ebenfalls bereits angedeutet, gegen
eine größere Verbreitung landeinwärts. Aus dem Gebiete der Vereinigten
Mulde dürfte unser Tier in das der Zwickauer Mulde kaum weiter als
über die Strecke Colditz–Rochlitz–Wechselburg vorgedrungen sein –
ein von Pfau als Stütze für ein häufigeres Vorkommen bei Rochlitz
angeführter Flurnamen bezieht sich auf eine Stelle, deren ganzer
Charakter gegen ein dauerndes Vorkommen des Nagers spricht – und für
das Gebiet der Freiberger Mulde, deren Unterlauf für ein Vorkommen
des Tieres viel geeigneter erscheint, als der der Zwickauer Mulde,
wird sein Vorkommen aus dem Charakter des Tales bis über die Gegend
Roßwein–Nossen hinaus wahrscheinlich. Einzeln mag er dann, wie der
schon erwähnte Fund in der Zschopau bei Waldheim beweist, in den
Unterlauf der Nebenflüsse aufgestiegen sein. Ein 1636 beim Fischen in
der Mulde in Zwickau gefangener Biber, und ein anderer, 1748 auf einem
Elbheger bei Niedermuschitz bei Meißen erbeuteter, dürften lediglich
einzelne versprengte Tiere gewesen sein. Darauf deutet ja auch schon
der Umstand hin, daß die zeitgenössischen Chronisten sie besonders
erwähnen, demnach ihre Erbeutung als ein ungewöhnliches Ereignis
aufgefaßt haben. – Aus der Einrichtung der Biber- und Otterfänger auf
ein häufigeres Vorkommen und eine weitere Verbreitung zu schließen,
ist meines Erachtens falsch; die Fänger waren zur Vertilgung von
Raubzeug überhaupt angestellt und hatten dabei eben auch, soweit er in
ihren Bezirken überhaupt vorkam, dem als Fischräuber angesprochenen
Biber mit nachzustellen, und daß sie diesen dabei nie in großen Mengen
fingen, geht deutlich auch aus der oben wiedergegebenen Vermahnung des
Dittersbacher Fängers hervor, in der es heißt: »da es dann hergegen
daran mangelt«, was aber bei einem häufigeren Vorkommen des Tieres
nicht der Fall hätte sein können. Wenn daher Berge annimmt, daß man den
Biber schon damals bei uns nicht mehr in größeren Kolonien, sondern
immer nur einzeln oder familienweise antraf, so wird man ihm darin nur
beistimmen können.

Ob schließlich das durch den Zauschwitzer Fund wenigstens für die
vorgeschichtliche Zeit gesicherte Vorkommen des Nagers auch in der
Weißen Elster noch in die geschichtliche Zeit hinein angedauert hat,
läßt sich heute kaum entscheiden, doch spricht meines Erachtens nichts
gegen die Annahme, daß der Biber dort wenigstens noch bis ins frühe
Mittelalter hinein vorkam, und dort erst später seinem Schicksal
erlegen ist.

    _Anmerkung_: Eine Zusammenstellung des Schrifttums und der
    Quellen zu vorliegender Arbeit findet sich am Schlusse meiner
    Untersuchung »Zur Geschichte des Bibers im Gebiete des
    ehemaligen Königreichs Sachsen« im »Naturwissenschaftlichen
    Beobachter« 62, Frankfurt a. M. 1921, S. 97 bis 104.



Vom romantischen zum denkenden Wanderer

Von ~Dr.~ _Kurt Schumann_


Es dürfte eine reizvolle Aufgabe sein, einmal eine Geschichte _des
Wanderns und des Wanderers_ zu schreiben, von den Tagen an, da Abraham
auf Geheiß des in jenen Zeiten noch sehr menschlich mit seinen
Geschöpfen verkehrenden lieben Gottes fortzog »aus seinem Vaterlande,
aus seiner Freundschaft und aus seines Vaters Hause« ins Gelobte Land
Kanaan bis ins Zeitalter des Wandervogels, der Feriensonderzüge und der
Mount-Everest-Besteigung. Was würde da nicht alles an unseren Augen
vorüberziehen, selbst wenn man von den großen Massenwanderungen in
den Zeiten des Krieges, der religiösen Begeisterung oder des Hungers
absähe: der wandernde Prophet, der Minnesänger, der fahrende Schüler
und der Handwerksbursche, der Bettelmönch und der Pilger, Goethe und
Rousseau, Seume und Scheffel. Jede Zeit hat ihre Wanderer gehabt,
Wanderer, die den Weg ebenso schätzten wie das Ziel, die um des
Wanderns willen die warme Ofenecke mit der Landstraße vertauschten.
Trotzdem kann man wohl behaupten, daß erst das vergangene Jahrhundert
den Wanderer als Allgemeinerscheinung hervorgebracht hat. Mit Rousseau,
dem ersten Wandervogel, fing es an, dann kamen die Romantiker, die uns
die großen Volksliedersammlungen erwanderten, dann der »Spaziergänger
nach Syrakus«, dann Eichendorff, dessen Wanderlieder heute noch in
jedem Wald erklingen, Wilhelm Müller, der Sänger der durch Schuberts
Vertonung überall bekannt gewordenen »Müllerlieder«, und Heinrich
Heine, dessen Lieder aus der Harzreise die herrlichen Verse einleiten:

    »Auf die Berge will ich steigen,
    Wo die frommen Hütten stehen,
    Wo die Brust sich frei erschließet,
    Wo die freien Lüfte wehen,
    Wo die dunklen Tannen ragen,
    Bäche rauschen, Vögel singen
    Und die stolzen Wolken jagen.«

Im unberührtesten deutschen Waldgebiet aber steht das Denkmal Adalbert
Stifters, des Dichters des »Hochwald«, am Blöckensteinsee. – Ein
Hinweis auf die »Kulturstudien« Riehls, Rudolf Baumbachs »Lieder
eines fahrenden Gesellen« und Fontanes »Wanderungen durch die Mark
Brandenburg« möge diesen literarhistorischen Überblick schließen; denn
es ist Zeit, auf eine ganz andere Kategorie von Wanderern aufmerksam zu
machen, die Wandertrieb und Wanderstil ebenso stark beeinflußt haben,
wie unsre wandernden Dichter.

Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nahm mit den glänzenden
Erstersteigungen Whympers der Alpinismus einen verheißungsvollen
Aufschwung. Die großen Alpenklubs bildeten sich und in ihrem Gefolge
die verschiedenen Mittelgebirgsvereine, auf deren Tätigkeit und das
gewaltige Wachsen der Großstädte der außerordentliche Aufschwung des
Wanderns im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts zurückzuführen
ist. Der Wandertyp dieser und bis zu einem gewissen Grade auch
noch unsrer Zeit ist der »Tourist«. Er hat die Fehler und Vorzüge
der Periode, die ihn wachsen sah, der Periode des wirtschaftlichen
Aufschwungs. Er schafft sich eine praktische Kleidung, baut Wege und
Hütten, sorgt für gute Karten, gründet allenthalben Sektionen, die Geld
für seine Zwecke in reichem Maße zusammenbringen, macht stramme Touren,
die Körper und Geist allerhand zumuten, nur eines tritt bei ihm in den
Hintergrund, was die romantische Periode vor ihm in überreichem Maße
besaß, die Poesie des Wanderns, das tiefe Erleben und Verstehen der
Landschaft. Oder wäre es sonst möglich gewesen, daß dreißig Jahre lang
vor den Augen von hunderttausend Touristen unsre Heimat in einer Weise
verschandelt wurde, daß die nächsten zehn Generationen es nicht wieder
gut machen können?

Da kam die notwendige Ergänzung von einer Seite, die mit dem
Wandern zunächst gar nichts zu tun hatte, die nichts war als eine
Protestbewegung gegen die »Alten«, gegen den Materialismus der Zeit,
gegen die Unterdrückung einer Altersstufe: die Jugendbewegung, deren
erste Verkörperung der Wandervogel war. Er stellte sich nicht etwa
in Gegensatz zur Touristik, denn die kannte er kaum. Er entstand und
gedieh am besten ja auch da, wo die Touristik nicht zu Hause war, im
Flachland und in den aller Großartigkeit und aller Gebirgsvereine
baren unbeachteten Mittelgebirgen Hessens und Frankens, an den Seen
der Mark und in den Einöden der Heide. Er lief ohne Karte »ins Blaue«,
verschmähte Wege und Unterkunftshäuser, kroch zu den Bauern ins Stroh,
pfiff auf Bergschuhe, Spirituskocher und Thermosflasche, Lodenmantel
und Wanderstock, »tippelte« eine Stunde und lag drei Stunden im Grase,
versunken in die Schönheit eines Kiefernwaldes, eines Sonnenunterganges
oder eines alten Bauerngehöftes, nährte sich von »Heuschrecken und
wildem Honig« und sang dazu Lieder, die so alt waren, daß sie Arnim
und Brentano hundert Jahre früher nicht entdeckt hatten. Eher vergaß
er den Brotbeutel als die Laute. Das war soviel Romantik auf einmal,
daß sie den älteren Zeitgenossen und ihren Vertretern auf dem Gebiete
des Wanderns nur ein Lächeln entlockte. Glücklicherweise blieb es nicht
dabei, und das ist das Verdienst _der_ Alten, die innerlich jung genug
geblieben waren und ähnlich fühlten wie diese Jungen, im Gegensatz zu
ihnen aber deren unausgegorenes Gefühl in Willen und Tat umsetzten. Und
diese Taten hießen: _Dürerbund_ und _Heimatschutz_.

Die Rede von Ferdinand Avenarius vor der freideutschen Jugend auf
dem Hohen Meißner im Oktober 1913 besiegelte den Bund zwischen dem
Heimatgefühl der Jungen und dem Heimatwollen der Alten. Diese große
Bewegung konnte nicht ohne Einfluß auf Art und Stil aller Wanderer
bleiben, zumal auch die dem Wandervogel verwandten Jugendbünde diesen
von ihm übernahmen. Eine der erfreulichsten Erscheinungen unsres
sonst bisher so wenig erfreulichen Jahrhunderts ist die Tatsache, daß
sich alle diese Bewegungen: Touristik, Jugendbünde und Heimatschutz
gegenseitig befruchten und ergänzen. Und eines der angenehmsten
Produkte dieser Wechselbeziehungen ist der _Wanderer unsrer Tage_.
Das zeigt sich schon rein äußerlich. Er legt ebensowenig Wert auf die
komfortable Korrektheit des Touristen wie auf die Formlosigkeit des
Wandervogels. Er wandert barhäuptig und halsfrei, aber wenn die Sonne
brennt oder wenn es stundenlang regnet, dann hindert ihn kein Prinzip,
den Hut aus dem Rucksacke zu holen oder den Kragen zuzuknöpfen. Seine
Unterkunftshäuser sind keine Hotels mit Speisekarte und Himmelbett,
aber sie bestehen auch nicht nur aus einem Dach, einem Tisch und einem
Heuhaufen. Dagegen legt er großen Wert darauf, daß sie sich in die
Landschaft einfügen, in der sie stehen, und daß ihre Ausstattung so
beschaffen ist, daß der eben geschilderte Wanderer hineinpaßt. Nichts
dokumentiert besser die gekennzeichnete Entwicklung des Wanderers von
1900 bis 1920 als seine Unterkunftshütten. Welchen hervorragenden
Anteil der _Heimatschutz_ gerade auf diesem Gebiete hat, brauche ich
hier nicht darzulegen.

Auch die Wahl der _Wandergebiete_ zeigt den neuen Menschen. Er zieht
nicht nur in Heide und Moor, aber er schätzt ihre feineren Reize
neben den großartigen der Alpen und des Schwarzwaldes, durchwandert
Gebirge, die bisher die Touristik nicht gewürdigt hatte und findet
in Vogelsberg und Rhön, Jura und Erzgebirge, Weserbergland und Eifel
Schönheiten, von denen die Touristenweisheit sich nichts hatte träumen
lassen. Er würdigt von Kulturstätten im Gegensatz zum Wandervogel
nicht nur Burgruinen und mittelalterliche Nester; der Hafen von Emden
und die Parks der Barockschlösser, der Leipziger Hauptbahnhof und die
Münchner Galerien haben ihm nicht weniger zu sagen als die malerischen
Gäßchen von Rothenburg und Kronach oder die zerfallenen Mauern von
Hanstein und Hirsau. Wichtiger noch als der Gegenstand ist die Art
seiner Betrachtung. Hier handelt es sich nicht nur um Mischung von
Touristen- und Wandervogeleigenschaften, wenngleich ihm auch die mehr
beobachtende Einstellung des einen ebenso vertraut ist, wie die mehr
gefühlsmäßige des anderen. Hier setzt eine ganz neue Betrachtungs- und
Erfassungsweise ein, die ich kurz bezeichnen möchte als das _denkende
Erleben_ der Landschaft. Man muß schon bis auf Goethe zurückgehen, um
einen Wanderer zu finden, wie er sich jetzt als Gattung auszubilden
beginnt. Es ist unmöglich, an dieser Stelle alle die Wurzeln, die
zu dieser Entwicklung führen, aufzudecken (Ratzels Deutschland; die
amerikanischen Einflüsse in der geographischen Wissenschaft; die
Wanderfreude der jungen Geographengeneration; die Erweiterung des
erdkundlichen Unterrichts auf der Mittelschule; die zentrale Stellung
der Heimatkunde im Gesamtunterricht der Grundschule usw.). Nur auf
eine Institution muß ich hinweisen, die diese Entwicklung unter den
alten Wanderern mächtig gefördert hat, die _Volkshochschule_ mit ihren
verschiedenen Ausstrahlungen. Schließlich möchte ich noch versuchen,
diesen neuesten Wanderertyp, den ich den _denkenden_ nennen will,
mit wenigen Worten zu charakterisieren. Der Hauptzug seines Wesens
ist, daß er Zusammenhänge sucht und findet, wo seine Vorgänger nur
Einzeltatsachen sahen. Für ihn ist ein Dorf nicht eben ein Dorf, ein
Berg ein Berg, ein Tal ein Tal, ein Wald ein Wald. Die Rundlinge der
Elbaue und des Niederlands haben für ihn ein anderes Gesicht als die
Waldhufendörfer des mittleren Erzgebirges und die Streusiedelungen
auf dem Kamme, denn er kennt ihre Geschichte und den Zusammenhang
mit der Landschaft, in der sie liegen. Wenn er in den Tharandter
Wald geht, genießt er _vier_ Wälder, wo der Normaltourist nur
_einen_ sieht; denn einen ganz anderen Charakter hat der Buchenwald
auf dem Basalt des Landberges als der Fichtenwald auf den weiten
Porphyrdecken um Grillenburg, der Kiefernforst auf den Sandsteinhöhen
des Markgrafensteins als der Mischwald an den Gneishängen des
Weißeritztales. Jedes Tal, in dem junge und greisenhafte Formen
wechseln, in dem auf die vom Sturzbach durcheilte Schlucht die
weiche Mulde folgt, in der derselbe Bach in großen Windungen in
selbstgeschaffener Aue müde dahinschleicht, läßt vor seinem Auge nicht
nur die Geschichte des Tales, sondern diejenige der ganzen Landschaft
aufsteigen, in die es eingebettet ist.

Für ihn bekommen die _Namen_ der Berge, Straßen, Siedlungen, die
unsre Vorfahren ihnen mit feinem Gefühl gaben, weil sie ihr Vaterland
_kannten_ und nicht nur im Munde führten, neues Leben. Die groteske
Welt des Elbsandsteins klingt ihm entgegen aus den mit Stein, Horn,
Hörnel, Turm, Tor, Wand, Schlucht, Schlüchtel, Klamm und Gründel
zusammengesetzten Namen. Nur eine bedeutende Erhebung in der
Sächsischen Schweiz führt den Namen: Berg, und diese besteht nicht
aus Sandstein, sondern aus Basalt: der Winterberg. Er trägt auch
nicht wie alle andern den dürren Kiefernwald auf seinem Rücken,
sondern Buchenwald. Ähnliche Gegensätze spiegeln sich in Namen wie:
Sandschlucht – Steingrund, Verlorenes Wasser – Nasse Aue. Die Geologie
des Vaterlandes wird lebendig, wenn sie uns entgegentritt in Namen
wie: Grauberg (Gneis), Blauberg (Schiefer), Roter Berg, Rotes Vorwerk,
Purpurberg (Porphyr, roter Quarz), Rotes Wasser (Zinnwäschen),
Weißenstein, Weißenfels, Weißwasser (Kalk, Quarz, Granit), Eisenborn
und Kupferberg. – Eschenhau, Eschdorf, Eichwald, Eichberg, Eichleite,
Buchholz, Buchberg, Erlenschlucht, Lindhardt, Lindigt, Tanndorf,
Tännigt, Kiefernhöhe, Fichtelberg und unzählige ähnliche Namen spiegeln
den ursprünglichen Baumbestand wider, der leider bis auf die Flecke,
wo der Untergrund es verbot, der nivellierenden Forstwirtschaft zum
Opfer gefallen ist oder vom Kulturlande verdrängt wurde. Von den
fränkischen und thüringischen Auswanderern, die in unsre Gebirge
mit Axt und Pflug eindrangen, oder den Agenten (Locatores), die sie
dahin führten und dann als Schulzen (Erbgerichte) betreuten, künden
uns folgende Dorfnamen: Ullersdorf (Ullrich), Cunnersdorf (Konrad),
Dittersdorf (Dietrich), Hartmannsdorf, Waltersdorf, Rathmannsdorf,
Ottendorf, Leupoldishain, Nikolsdorf, Erkmannsdorf, Nenntmannsdorf,
Hennersbach und Reinholdshain. Fürstennamen tragen einerseits die neben
deren Schlössern gebildeten Ortschaften: Moritzburg, Augustusburg,
Karlsruhe, Ludwigsburg, anderseits die Exulantensiedelungen, die unter
ihrem Schutz entstanden: Georgenfeld (Gottgetreu), Johanngeorgenstadt,
Carlshafen. Endlich noch ein paar Namen, die Leben und Wirtschaft
unsrer Vorfahren widerspiegeln: Hammergut, Schäferei, Butterstraße,
Salzstraße, Kirchweg, Mühlweg, Leichenweg, Rabenhügel und Galgenberg.

Ich glaube, diese Namenübersicht, die selbstverständlich zu einem
dicken, höchst interessanten Buch ausgebaut werden könnte, zeigt
schon, wie weit und wie tief das Gebiet des »denkenden« Wanderers
ist. Sie zeigt aber auch, daß man nicht von heute auf morgen in
diese Wandererkategorie übergehen kann. Schule, Volkshochschule,
Heimatschutzvorträge und eine reiche Literatur bieten aber dem
Wollenden und Ausdauernden die Mittel, um diese Ziele zu erreichen.
Vielleicht ist ein andermal Gelegenheit, die sämtlichen Hilfswerke des
denkenden Wanderers wohlgeordnet aufmarschieren zu lassen; an dieser
Stelle will ich nur auf die Bücher hinweisen, die _ausgearbeitete
Touren_ bieten. Es sind dies in erster Linie die Dresdner, Chemnitzer,
Lausitzer[2] und Leipziger[3] Wanderbücher, herausgegeben von
Erdkundelehrern der betreffenden Orte. Dem vorwiegend historisch
eingestellten Wanderer werden Schmidts Kursächsische Streifzüge,
dem geologisch interessierten die Führer von Beck, Nessig (Dresdens
Umgebung), Krenkel (Nordwestsachsen), Beger (Lausitz) und Credner
(Granulitgebirge) reiche Anregung geben[4].

Der unselige Krieg hat uns siebzigtausend Quadratkilometer deutschen
Landes geraubt. Wie viele von uns haben sie gekannt? Wer kennt von
den uns verbleibenden vierhundertsiebzigtausend Quadratkilometern nur
den hundertsten Teil so, wie es eines Volkes der Denker und Dichter,
Goethes und Humboldts, würdig ist? – Schöne Anfänge auf diesem Gebiete
lassen schöneren Fortgang erhoffen. Die Volkshochschulkurse, die
sich dieser Aufgabe widmen, sind überlaufen, und die geographischen
Wanderbücher, die ebenfalls denkende Wanderer erziehen wollen,
»gehen« beinahe wie Courts-Mahlersche Romane. Erfreulicherweise
zeigt sich dabei auch wieder die Wahrheit des Karl Brögerschen
Kriegsliederrefrains: »daß Deutschlands ärmster Sohn auch sein
getreuester war.« Möchten diese Pioniere auf dem behandelten Gebiete
recht bald viele Kameraden aus _allen_ Schichten finden, die mit
ihnen ein neues gemeinsames Glück sich erkämpfen in der _schauenden_,
_fühlenden_ und _denkenden_ Eroberung der Heimat.


Fußnoten:

    [2] Erschienen bei Wittig und Schobloch, Dresden-Wachwitz
        1921/22.

    [3] Verlag von Bressendorf, Leipzig 1920.

    [4] Vergleiche auch die weniger geographisch als literarisch
        bedeutungsvollen Schilderungen in Johanna M. Lankaus
        _Dresdner Spaziergängen_ und Edgar Hahnewalds _Grünen
        Film_. Weitere Wanderaufsätze von letzterem (Oschatz,
        Leisnig, Mühlberg, Strehla, Pulsnitz, die Röder, der
        Valtenberg, der Triebenberg, Stolpen, Bischofswerda, der
        Schraden usw.) erschienen in der Dresdner Volkszeitung. –
        An gleicher Stelle finden sich des Verfassers erdkundliche
        Wanderungen: 2. November 1921: Moritzburg, 23. November:
        Gottleuba-Nollendorf, 4. März 1922: die Heide, 1. April:
        Auf den Spuren der Eiszeit, 15. April: Durchs Meißner Land,
        26. April, 13. Mai: Auf der Wetterwarte, 24. Juni: Auf der
        Zille.



Das Abkochverbot.


Das vom Finanzministerium im Sommer 1921 erlassene Verbot des
Mitführens von Geräten zum Abkochen in den fiskalischen Waldungen
außerhalb der öffentlichen Wege hat manche Verstimmung in der
Bevölkerung erregt und ist mehrfach als unbegründete Beschränkung der
persönlichen Freiheit bezeichnet und deshalb auch in der Sitzung des
Vorstandes Abteilung Naturschutz des Sächsischen Heimatschutzes zur
Erörterung gestellt worden.

Über die Gründe, die zu dieser Maßnahme geführt haben, gab
Oberforstmeister Feucht als Vorstand des Forstbezirks Schandau, der in
erster Linie von zahlreichen und umfänglichen Brandschäden im Jahre
1921 betroffen worden war, folgende Aufklärung:

Bei dem anhaltend schönen, trocknen und heißen Wetter, das im Frühjahr
1921, Sommer und Herbst mit ganz kurzen Unterbrechungen geherrscht
hatte, ergossen sich in die Sächsische Schweiz Ströme von Wanderern,
von wilden und zahmen Wandervögeln, Pfadfindern und Bergsteigern, die
zum großen Teile Geräte zum Abkochen mit sich führten.

Durch das Abkochen und vielfach grobe Fahrlässigkeit beim Rauchen sind
in den Waldungen der Sächsischen Schweiz mit ihren dürren Sandböden
und flachgründigen Felsbestockungen zahllose Brände von zum Teil
erheblichem Umfange verursacht worden, deren Verhütung die Forstbeamten
fast machtlos gegenüberstanden, da alle Warnungen und Verbote nichts
fruchteten.

Das Abkochen ist, wie man hier vielfach beobachten konnte, in eine
bloße Spielerei und einen groben Unfug ausgeartet, denn wenn jemand
einen eintägigen Ausflug von Dresden in die Sächsische Schweiz macht,
liegt wirklich keine Notwendigkeit vor, deshalb sich mit großen
Kesseln zum Abkochen abzuschleppen, um so weniger, als gerade in der
Sächsischen Schweiz an allen Ecken und Enden Wirtshäuser und sonstige
Erfrischungsgelegenheiten in reichlichem Maße vorhanden sind.

Das kurze Vergnügen des Abkochens, das namentlich für jugendliche
Gemüter mit einem gewissen romantischen Schimmer umgeben ist, kommt
schließlich dem Lande und der Allgemeinheit der Steuerzahler sehr
teuer zu stehen. Beträgt doch die Summe der Waldbrandschäden und
Löschungskosten allein in den Staatsforsten im Jahre 1921 über
dreiviertel Million Mark.

Besonders gefährlich ist dieses Abkochen neuerdings noch dadurch
geworden, daß leider jetzt vielfach auch die Kletterer begonnen
haben, auf für gewöhnliche Sterbliche unzugänglichen Felsen und
Hörnern abzukochen, wo für die Forstbeamten das Löschen bei der
schwierigen Zugänglichkeit der Brandherde und bei der Unmöglichkeit,
das Bodenfeuer auf solchen Felsen durch Überwerfen mit Erde und Sand
zu löschen, eine ebenso undankbare wie lebensgefährliche Arbeit
ist, weil genügend Erde auf diesen nur mit einer Rohhumusschicht
bedeckten Felsen fehlt. Wenn sich bei solchen Löschungsarbeiten
plötzlich der Wind dreht, wie dies bei Waldbränden häufig der Fall
ist, so können die Arbeiter kaum schnell genug ausweichen und geraten
selbst in Lebensgefahr. Wurden doch mehrfach an solchen Brandstellen
die Kochgeräte aufgefunden, welche die Wanderer, die vielfach keine
Ahnung von der Gefahr und dem raschen Umsichgreifen eines Waldbrandes,
namentlich bei heftigem Winde, haben, bei ihrer raschen Flucht vor dem
Feuer im Stiche lassen mußten.

Solche Brände auf kaum zugänglichen Felskegeln und Hörnern dauern
oft wochenlang und verursachen durch die ständige Bewachung der
bedrohten Bestände unterhalb dieser Felsen gewaltige Kosten, da
Tag und Nacht Arbeiter zur Stelle sein müssen, um die immer wieder
herabstürzenden glimmenden Humusmengen und die schließlich an den
Wurzeln durchgebrannten abstürzenden alten Kiefern der Felsbestockung
zu löschen, um neue Brände in den Beständen am Fuße der Felsen zu
verhüten.

So währte z. B. der am Sonntag, den 26. Juni, ausgebrochene, mehrfach
in den Tageszeitungen geschilderte Brand auf dem kleinen Lorenzstein
wochenlang. Immer wieder flammte das Feuer, das nach dem leider zu
kurzen Regen am 3. Juli bereits erloschen schien, bei stürmischem Winde
wieder auf und eine der uralten Kiefern nach der anderen stürzte,
nachdem sie an den Wurzeln durchgebrannt war, brennend ab, wie
namentlich in der Nacht weithin beobachtet werden konnte. Auch zwei
weitere Gewitterregen am 20. und 26. Juli löschten den glimmenden Humus
nicht völlig, denn an den heißen schwülen Tagen des 30. und 31. Juli
brach das Feuer infolge stürmischen Windes nochmals aus und erlosch
erst, nachdem aller Humus an den ergriffenen Stellen verbrannt war.

Schweren Schaden hat auch der gewaltige Brand an dem Hangstein,
Lamm und Lokomotive verursacht, woselbst am Sonntag, den 24. Juni,
bei stürmischem Südostwind gegen 6 Hektar mit der ganzen schönen
Felsbestockung dieser weit und breit bekannten malerischen Felsgruppe
am Amselgrund vernichtet worden ist. Die Löschungskosten haben allein
gegen vierzehntausend Mark betragen, der Schaden gegen vierzigtausend
Mark.

Der ebenfalls an einem Sonntag, den 31. Juli, ausgebrochene Brand
der Felsbestockung im Schrammsteingebiete brannte bis zum 11.
August und erforderte eine ununterbrochene Bekämpfung und Bewachung
der Bestände am Fuße der Wände, wofür ein Kostenaufwand von
dreitausenddreihundertneunundsechzig Mark entstanden ist. Kleinere
Brände auf unzugänglichen Felsen brachen noch mehrfach aus, z. B.
auf dem Goldstein, den Thorwalder Wänden und noch am 2. Oktober,
ebenfalls einen Sonntag, auf einem Felsenhorn zwischen Rauschen- und
Falkeniergrund. Dieser Brand schwelte ebenfalls über eine Woche und
verursachte gleichfalls umfängliche Löschungs- und Bewachungskosten von
über dreitausend Mark.

In der Sächsischen Schweiz ist aber fast noch mehr als der materielle
Verlust durch solche Brände vom Standpunkte des Heimatschutzes aus die
unersetzliche Vernichtung der malerischen Felsbestockung der alten
Kiefern mit ihren abenteuerlichen Formen zu beklagen, die vielfach
jahrhundertelang den Stürmen und der Dürre in fast unbegreiflicher
Weise getrotzt haben und nunmehr vielleicht niemals wieder auf diesen
Höhen wachsen werden.

Ein künstlicher Anbau ist auf solchen Standorten ganz ausgeschlossen,
nur die Natur selbst kann durch das eine oder andere Samenkorn, das von
vielen Tausenden der Wind auf eine geeignete Stelle weht, allmählich
wieder einen spärlichen Nachwuchs erzeugen. Aber auch diese Hoffnung
ist nur schwach begründet, denn durch das von unverständigen Menschen
an diese sonst unzugänglichen Orte gebrachte Feuer ist auch die gesamte
Humusschicht, die im Laufe von Jahrhunderten sich auf diesen Höhen
langsam angesammelt hatte und die einer kümmerlichen, aber zähen und
ausdauernden Baumvegetation die spärlichen Nährstoffe lieferte, mit
verbrannt. Die Aschenreste werden vom Regen abgespült oder vom Winde
verweht und schließlich bleiben nur die nackten Felsen übrig, auf denen
vielleicht nie wieder ein Samenkorn wird Fuß fassen können.

Die Versammlung hielt nach diesen Ausführungen weitere Schritte von
seiten des Heimatschutzes nicht für angezeigt.



»Antons«

Von Denkmalpfleger ~Dr.~ _Bachmann_

(Aufnahmen von _J. Ostermaier_, Blasewitz)


Jedem Dresdner ist das kleine Landhaus wohl bekannt, das schräg
gegenüber, flußabwärts der Waldschlößchenbrauerei auf dem Johannstädter
Ufer gelegen ist. Fast das ganze Jahr hindurch lag bisher das Anwesen
mit seinen schönen Baumgruppen trotz nächster Nähe der Großstadt in
idyllischer Ruhe da, die nur von Spaziergängern oder Sporttreibenden
belebt wurde. Einmal aber, im Sommer, zur Zeit der großen Vogelwiese,
bildet »Antons«, wie die Dresdner es nennen, eine Insel in den
hochgehenden Wogen der Volksfeststimmung.

[Illustration: Abb. 1 =Antons im Jahre 1754=

(aus Dresdner Geschichtsblätter 1918)]

Antons ist nicht immer, wie bis zum Jahre 1921, Sommersitz einer
Dresdner Familie gewesen. Carl Hollstein gibt uns darüber in Nr. 4 der
Dresdner Geschichtsblätter von 1918 genauen Aufschluß. Danach wurde
das Schlößchen mit dem Garten, ersteres aber noch ohne den Dachreiter
und die Veranda (siehe Abb. 1), von dem Oberfloßinspektor der Elster-
und Erzgebirgischen Flößerei, Christian Gottlob Anton, unter Kurfürst
Friedrich August II. im Jahre 1754 angelegt und mit Gerechtigkeiten
versehen: »sowohl der Gastier und Ausspannung, als auch des
Branntweinbrennens, diesen und einheimische und fremde Biere und Weine
einzulegen, zu verzapfen und verschänken usw.« Auch eine Kegelbahn
wurde in einem der langen Wirtschaftsflügel untergebracht.

Antons war demnach auch Ausflugsort für die Dresdner und Kneipe
zugleich und ist solches bis weit in das neunzehnte Jahrhundert
geblieben. So wird es also auch der exzentrische E. Th. A. Hoffmann
gekannt haben, als er einige Jahre in Dresden verlebte, und so finden
wir ja auch Antons in seinen Novellen genannt.

[Illustration: Abb. 2 =»Antons«.= Schauseite an der Elbe]

Auch Kriegsstürme sind oft darüber hinweggebraust, merkwürdigerweise
ohne besondere Spuren hinterlassen zu haben. Truppen Friedrichs des
Großen lagen hier während des Angriffs und der Beschießung auf Dresden
und besonders heftig tobten im August 1813 um Antons, das benachbarte
»Stückgießers« und das »Lämmchen« die Kämpfe zwischen Napoleons Garden
und den angreifenden Russen, wie das der Freund Dresdner Geschichte in
A. Brabants Buch »In und um Dresden 1813« nachlesen mag.

[Illustration: Abb. 3 =»Antons«.= Blick auf die Gartenrückseite des
Hauptgebäudes mit dem Rondell]

Antons hat verschiedentlich den Besitzer gewechselt. Nach dem Erbauer
war lange Jahre das Anwesen Eigentum des Geh. Kriegsrates von Broizem,
der eine Baumallee von dem Fürstenwege (heute Blumenstraße) bis
zum rückwärtigen Eingang anlegte, die aber vermutlich schon 1813
fortifikatorischen Maßnahmen zum Opfer fiel. Bis 1832 gehörte dann
Antons einem Herrn von Limburger, der es an die bekannte alte Dresdner
Bankiersfamilie von Kaskel verkaufte, in deren Händen es bis zur
Übernahme durch die Stadt, 1921, verblieb.

[Illustration: Abb. 4 =»Antons«.= Die Kegelbahn mit dem Hauptgebäude im
Hintergrund]

Wie die Zeichnung (Abb. 2) erkennen läßt, ist das Schlößchen selbst ein
durchaus anspruchsloser, aber feingegliederter Bau, typisch für den
Landhausstil seiner Entstehungszeit (1754). Was dem Ganzen aber die
charakteristische Note gibt, ist die gutempfundene Eingliederung ins
Landschaftsbild, geschaffen aus jenem untrüglich sicheren Geschmacks-
und Stilempfinden heraus, das die Bauherren und Baumeister jener Tage
auszeichnete und das wiederzugewinnen ja das Bemühen und die Sehnsucht
unserer Tage ist.

[Illustration: Abb. 5 =»Antons«.= Die Aussichtsterrasse im Gartenwinkel]

Im staatlichen Inventarisationswerk (Bd. Dresden 3, Seite 738)
gibt Cornelius Gurlitt uns eine kurze Baubeschreibung, desgleichen
Mackowsky in »Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden«.
Die in den Abmessungen durchweg bescheidenen Räume gliedern sich zu
seiten einer Mitteltreppe. Im Erdgeschoß ist unter anderem ein Salon
untergebracht, der sich mit einer breiten gedeckten Holzveranda
nach dem Garteninnern öffnet, gleichzeitig aber auch durch das hier
in der Gartenmauer angebrachte Lattengitter den Blick auf die Elbe
gestattet. Im Obergeschoß ist nach der Loschwitzer Seite ein zweiter
Salon gelegen, mit zierlicher Blumentapete und Rokokostuckdecke
in einfachen Mustern. Auch die fein profilierten Türen tragen
bescheidenes Rokokoschnitzdekor. Freilich die schönen Stilmöbel und die
Kristallüster sind mit dem Auszuge der letzten Bewohnerin verschwunden
und das ehemals so feinsinnig zusammengestimmte Milieu von Antons
ist damit leider für immer dahin. Das Aussichtstürmchen mit der Uhr,
das »Belvedere«, und der von einfach profilierten Pfeilern getragene
Balkonvorbau über dem Haupteingang an der Elbseite sind, wie schon
erwähnt, spätere Zutat des neunzehnten Jahrhunderts, gliedern sich
aber dem Gesamtbild in trefflicher Weise ein, wie ein Vergleich der
Abbildungen 1 und 2 eindrucksvoll lehrt.

[Illustration: Abb. 6 =»Antons«.= Durchblick im Park mit der alten
Platane.]

Antons schönster Schmuck jedoch ist der dicht an das Haus anschließende
Garten, den man trotz seiner verhältnismäßig kleinen Abmessungen von
etwa 150 zu 100 Meter Länge und Tiefe gern als Park bezeichnen möchte.

Riesige Kastanien und Linden umrahmen ein dicht am Hauptgebäude
gelegenes Rasenrondell (siehe Abb. 3) und verdecken es nach dieser
Seite fast gänzlich. Flußabwärts birgt sich die malerische alte
Kegelbahn, von Efeu umsponnen, dicht unter alten Baumriesen, kaum daß
die Sommersonne Platz hat, ein paar goldene Lichter auf Holzwerk und
Weg zu legen (Abb. 4). Verschlungene Wege, nach englischem Geschmack
angelegt und von Efeuhecken umrahmt, führen zu immer neuen, malerisch
schönen Durchblicken. In der südlichen Gartenecke, im Mauerwinkel
liegend, wird ein niedriger Aussichtsaltan sichtbar (siehe Abb. 5), von
herrlichen Kastanien und Linden beschattet, und unweit davon strebt aus
dunklen Efeubeeten eine mächtige Platane hell heraus (siehe Abb. 6).
So klein die Anlage ist, so wirkungsvoll erscheint sie hier durch
gärtnerische Kunst gestaltet.

Lange hat so Antons mit einer Parkanlage im tiefen Frieden geruht,
ein Denkmal feinsinniger Kultur aus vergangenen Tagen. Heute nun
herrscht lebhaftes Bade- und Sportsleben in und um das alte Landhaus
herum und der stimmungsvolle Reiz des Ganzen ist damit wohl für immer
dahin. Der Freund der Heimat und sächsischer Kultur muß sich aber
fragen, ob zu dieser gewaltsamen Änderung wirklich ein zwingendes
Bedürfnis vorlag, ob es wirklich nötig war, ein Stück bester Dresdner
Tradition zu zerstören, um ein Luftbad mehr entstehen zu lassen in
einer Zeit, in der die den Elbufern benachbarte Bevölkerung sich mehr
und mehr gewöhnt, in der freien Elbe und an ihren Ufern ein möglichst
uneingeschränktes Freibadeleben zu genießen. Uns will es scheinen,
als hätten die für die »Modernisierung« von Antons von der Stadt
ausgegebenen Millionen an anderem Platze besser und zweckdienlicher
Verwendung finden können, denn auch die Erhaltung der Denkmäler alter
Kultur ist eine Ehrenpflicht des freien Volkes, und der Ertüchtigung
unserer Jugend dient in erster Linie auch der, der es unternimmt, sie
vom Werte der Tradition und von den Grundlagen unserer heutigen Kultur
zu überzeugen.



Die Pflege der Schönheit und Eigenart der Heimat als soziale Aufgabe
gerade für unsre arme Zeit

Von _Fritz Koch_, Weimar


Wenn man für eine Notwendigkeit eintritt, die Schönheit und Eigenart
unsrer Heimat zu pflegen, so hört man nicht selten die Meinung, unsre
Zeit sei zu hart und zu arm, als daß sie sich mit solchen idealen
Dingen beschäftigen dürfte. Und doch hat unsre arme Zeit dazu erst
recht die Verpflichtung.

Wer sich darüber klar werden will, muß freilich etwas weiter ausholen.
Denn mit einer nur äußerlichen Betrachtung kann man den Zielen und den
Notwendigkeiten des Heimatschutzes nicht beikommen. (Mit diesem Wort,
das auch den Schutz der Bau- und Naturdenkmäler einschließen will,
faßt man bekanntlich die Bestrebungen zur Pflege unsrer schönen Heimat
zusammen.) Es handelt sich beileibe nicht um eine Liebhaberei. Der
Heimatschutz ist vielmehr ein Teil einer großen Kulturbewegung. Der
materiell so günstige Aufschwung unsres Vaterlandes seit dem Kriege
von 1870 war unstreitig in mancher Beziehung nicht gleichbedeutend
mit Kultur. Man vergaß vielfach, daß materielles Wohlergehen nicht
Selbstzweck sein kann, sondern nur ein Mittel zu einer höheren
Entwicklung, die möglichst weiten Volksschichten Vervollkommnung
und Glück ermöglicht. Diese Überschätzung des Materialismus und
Kapitalismus ließ unter anderm auch die Rücksichten außer acht, die
man auf die Erhaltung der Schönheit und Eigenart des Bildes der Heimat
nehmen muß; denn die Heimat mit allen ihren Schönheiten ist schließlich
doch Gemeingut aller, ist etwas mehr als nur ein Objekt der Ausbeutung,
als eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. Die ärgsten Verunstaltungen
unsrer früher überall so schönen Orts- und Landschaftsbilder waren
die Folge. Andre wurden obendrein angerichtet bloß durch den Mangel
an Verständnis und an Fähigkeit, ein Haus, eine Wegeanlage usw.
vernünftig zu gestalten. Soweit man z. B. etwas Besonderes »für die
Kunst« tun zu müssen glaubte, wie beim Hausbau oder bei der Errichtung
von Denkmälern, machte sich ein übler Parvenügeschmack, ein hohles
Protzentum breit.

Gegen diese Schädigungen der Heimat wandte sich die
Heimatschutzbewegung, als ein Teil jener Gegenströmung gegen den
Materialismus, die etwa seit der Wende des Jahrhunderts eine Erneuerung
unsrer gesamten Kultur erstrebt. Der Heimatschutz begann den Kampf
zum Schutze von idealen Gütern, die seines Erachtens das Leben in
der Heimat erst lebenswert machen. Von Anfang an hat er jedoch dabei
betont, daß er durchaus nicht überspannt und weltfremd vorgehen
wolle, und hat darauf hingewiesen, daß, von einer höheren Warte
aus betrachtet, seine Forderungen, die auf allgemeine kulturelle
und speziell vielfach auf schönheitliche Gründe gestützt werden,
schließlich doch auch das für die volkswirtschaftliche Entwicklung auf
die Dauer allein Segensreiche und Notwendige sind. »Es ist das, was wir
anstreben, keineswegs rückschrittlich, reaktionär oder romantisch, wie
man es vielleicht schelten wird; wir denken nicht daran, dem Rade der
Entwicklung, auch der wirtschaftlichen, in die Speichen zu fallen, um
es aufzuhalten oder gar zurückzudrehen, was wir doch nicht vermöchten,
– aber wir können und wollen es lenken, daß es nicht unnötig die
Schönheiten unsrer Heimat zermalmt und uns nicht hinabführt in den
Abgrund, sondern hinauf auf die Höhen wahrer Kultur. Daß diese Höhen,
die früher nur von einer privilegierten Minderheit beschritten werden
konnten, jetzt allen zugänglich gemacht werden, – das ist der einzige
wahre Sinn des modernen technischen Fortschritts!« (Fuchs, Professor
der Nationalökonomie an der Universität Tübingen, in »Heimatschutz und
Volkswirtschaft«, 1905.) Der Heimatschutz will, indem er für den Schutz
der Heimat wirkt, weitesten Kreisen den Blick öffnen für die Schönheit
und Eigenart unsrer Heimat. Er will mit seiner Arbeit allen Menschen
Möglichkeiten des Glücks und von Freuden erhalten, die doch gewiß zu
den besten gehören.

Das ist die hohe soziale Aufgabe, die er übernommen hat, und das
macht auch seine besondere Bedeutung für unsre arme Gegenwart aus!
Gewiß, erst muß der Mensch – in dieser schweren Zeit doppelt – bemüht
sein, sein Brot zu verdienen und überhaupt zu leben. Aber so heißt es
auf jede Kultur verzichten, wenn man sagt, er könne in dieser Zeit
überhaupt für nichts andres mehr Sinn haben. Das ist aus äußeren
Gründen falsch. Solange es zu Alkohol und Tabak reicht, muß es auch
noch zu höheren, kulturellen Bedürfnissen reichen. Es ist aber auch aus
inneren Gründen unrichtig. Der Mensch lebt nicht von Brot allein, und
der Reichtum ist eine Sache, die nicht nur auf äußere Dinge gegründet
ist, sondern die ebenso in uns selbst liegt. Das bekannte Beispiel:
Ein Reicher, der sich das teuerste Klavier gekauft hat, kann allein
deshalb noch nicht darauf spielen. Aber auch ein Armer kann mit den
vielen geistigen Genüssen und Werten, die ihm trotz seiner Armut zu
Gebote stehen, nichts anfangen, solange er es nicht gelernt hat. Hier
liegt das Geheimnis. Noch heute gilt das Dichterwort: In deiner Brust
sind deines Schicksals Sterne. Je ärmer wir werden, je schlechter
es uns geht, um so mehr müssen wir lernen, unser Leben mit idealen
Werten auszustatten. Vor allem mit den Werten, die uns nichts kosten,
die jedem, auch dem Ärmsten im Volke, zu Gebote stehen, wenn er nur
seine Augen für die Schönheit dieser Welt offen hält. Man behaupte nun
etwa nicht, der »Mann aus dem Volke« habe dafür doch keinen Sinn! Das
ist einfach nicht wahr! Dutzende von Beispielen könnten zum Beweise
beigebracht werden. Und für den, der uns trotzdem nicht glaubt, ergibt
sich doch schließlich nur die Forderung an den Staat, besser als bisher
für die Erziehung der »breiten Massen« zu sorgen, damit sie auch an den
Genüssen der »sozial Höherstehenden« teilnehmen können. Zweifellos wird
die Volksbildung gar nicht genug tun können, die Kenntnis der Heimat
und die Freude an ihr zu vertiefen. Die Volkshochschule hat hier eines
ihrer besten Tätigkeitsfelder. Vor allem aber wird es natürlich Sache
der Schule sein, dieses Ziel weit mehr als früher in den Vordergrund zu
stellen. Es ist bekannt, daß sie sich dieser Aufgabe bewußt ist. Sie
kann dabei des Dankes und der Mitarbeit weitester Kreise sicher sein.

»Die Schönheit unsres Vaterlandes ist ein nationaler Reichtum.«
Diesen Satz tragen die Veröffentlichungen des Heimatschutzvereins von
Frankreich (das schon im Frieden Millionen für diese Bestrebungen
aufwandte). Wir fügen hinzu: Sie ist ein Reichtum, den uns kein Feind
rauben kann, nur wir selbst. Vor dem Kriege wollte man oft mit einem
gewissen Schein des Rechtes geltend machen, es wäre nicht so schlimm,
wenn auch viele Gegenden verunstaltet würden. Bei den billigen
Verkehrsmöglichkeiten habe auch jeder Arbeiter, der in einer dumpfen
freudlosen Vorstadt lebe, die Möglichkeit, am Sonntag in eine schöne
Gegend zu fahren und sich dort zu erholen. Das ist bekanntlich jetzt
anders. Jetzt müssen wir darauf dringen, daß jeder Wohnort und jede
Landschaft nicht etwa nur gerade noch menschenwürdig, sondern so schön
bleibt, daß man sich dort wohl fühlen kann.

Damit ist schon übergeleitet zu der Tatsache, daß der Heimatschutz
sich nicht nur auf ideale Forderungen gründet, sondern sich auch
mit vielen schwerwiegenden materiellen Interessen deckt; hier mit
der Pflege der Volksgesundheit. So ist er z. B. längst, bevor diese
Forderungen durch die neue Wendung der Politik vertreten wurden, für
Bodenreform eingetreten, für innere Kolonisation, vor allem dafür, daß
jedermann auch sein Gärtchen und sein Stück Land bekäme, weiter für
Verstaatlichung der Naturkräfte usw. Und wenn der Heimatschutz sich
gegen die Begradigung aller Wasserläufe wendet (deren Übertreibung
Hochwasserschäden, Austrocknung des Landes, Verminderung des
Fischreichtums mit sich gebracht hat) und gegen die Verunreinigung
der Gewässer, und wenn er sich für den Schutz der nützlichen Vögel
einsetzt, wenn er – um einige weitere Beispiele zu nennen –, vor
den schematischen Bebauungsplänen mit viel zu breiten kostspieligen
Straßen ebenso wie vor der Errichtung vieler überflüssiger Denkmäler
gewarnt hat, so vertritt er damit auch schwerwiegende Interessen rein
volkswirtschaftlicher Art.

Ganz besonders gilt dies für die Ziele des Heimatschutzes auf dem
Gebiete des Bauwesens. Allenthalben ist von der Verbilligung des
Bauens die Rede, und doch müssen die amtlichen Stellen fast in jedem
Falle die Erfahrung machen, daß die Bauherren die Grundbedingung dazu
außer acht lassen. Sie wollen nicht einsehen, daß man bei den jetzigen
Verhältnissen (wenn man nicht zu den Reichen gehört) seinen Bau nur
dann durchsetzen kann, wenn im Äußern wie im Innern so einfach und
so sparsam wie möglich und auch wesentlich kleiner gebaut wird als
früher. Fast alle Bauherren lassen sich Bauzeichnungen machen, wie man
sie vor dem Kriege gewohnt war, möglichst im sogenannten »Villenstil«,
sehr reichlich groß, mit Vor- und Anbauten, Verzierungen und sonstigem
Aufwand. Und doch waren alle Einsichtigen schon vor dem Kriege längst
darüber einig, daß nur ein irregeleiteter Geschmack und die Sucht nach
dem Mehr-Scheinen-Wollen solche Bauten sich wünschen, und daß die
schlichten Wohnhäuser viel schöner sind. Was aber in der Zeit früheren
Reichtums in erster Linie Geschmacksfrage war, das ist heute zwingende
Notwendigkeit. Wir können uns solchen verfehlten Luxus einfach nicht
mehr leisten. Wir müssen heute schlicht bauen, praktisch, solid und
dauerhaft natürlich (denn das Unsolide ist auf die Dauer das Teuerste)
und bei aller Einfachheit trotzdem oder richtiger gerade deshalb
schön. »Die erste Bedingung für die Verbilligung eines Baues ist also
eine gute, der Armut unserer Zeit entsprechende Bauzeichnung. Fehlt
sie, dann nützt alle Sparsamkeit bei der Bauausführung nichts, es ist
dann unmöglich, daß der Bau billig wird.« (Aus einer Bekanntmachung
des Stadtrats Rennert in Meiningen, betreffend Baukostenzuschüsse.)
So sind die Forderungen, die der Heimatschutz auf dem Gebiete der
Architektur aus Gründen der Sachlichkeit und Wahrhaftigkeit seit Jahren
erhoben hat, durch die wirtschaftlichen Zeitverhältnisse glänzend
gerechtfertigt worden.

Aber nicht nur am Bauwesen, sondern überhaupt ist heute die
Notwendigkeit der Bestrebungen des Heimatschutzes in allen einsichtigen
Kreisen des Publikums anerkannt und ebenso auch durch den Staat. Der
Heimatschutz findet jetzt seine feste Stütze in der Reichsverfassung.
Artikel 150 stellt fest: »Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und
der Natur, sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege
des Staates.« Damit ist ausdrücklich betont, daß der Staat seine
Verpflichtungen gegen die Heimatschutzsache mit der Schaffung von
Gesetzesvorschriften allein nicht erfüllt, sondern daß er auch sonst
Maßnahmen zum Schutz und zur Pflege der Schönheit und Eigenart der
Heimat treffen muß.

Es sind Maßnahmen und Aufwendungen, die sich hundertfach lohnen.



Das Raubwild im Haushalte der Natur

Von _Hainz Alfred von Byern_


»Wissen Sie,« sagte mir einmal ein Jagdherr, »das ist doch eigentlich
sonderbar, auf meinem ganzen Revier gibt es kein einziges Stück
Raubzeug, und trotzdem werden die Strecken von Jahr zu Jahr schlechter!«

»Jawohl,« entgegnete ich, »eben _weil_ Sie alles Raubwild abschießen
lassen!«

Der gute Mann sah mich ungläubig lächelnd an, er meinte wohl, ich wolle
einen Scherz machen. Aber dann klärte ich ihn auf:

»Können Sie sich eine Großstadt, oder meinetwegen auch ein ganzes
Reich, ohne Sanitätspolizei denken?«

»N–ein, – nein, eigentlich nicht –«

»So, na sehen Sie, und da wollen Sie klüger sein als die Natur,
welche das Haarraubwild und die gefiederten Räuber einzig und allein
aus dem Grunde erschaffen hat, um die Ausbreitung von Seuchen, die
Fortpflanzung kranker und schwächlicher Stücke zu verhindern?! Denn
jeder Fuchs, Marder und Iltis _wittert_ es, ob ein Stück Wild krank
oder gesund ist, jeder Wanderfalke, Hühnerhabicht, Rauhfußbussard und
Milan schlägt das _schwächste_, zur Nachzucht ungeeignetste Stück, weil
er es am leichtesten erbeuten kann!«

Mein Bekannter war recht nachdenklich geworden, und als ich ihn nach
drei Jahren wieder besuchte – ei siehe da! – die Strecken hatten sich
um fünfzig Prozent gehoben und Raubwild gab es gerade so viel, daß die
gesunden und kräftigen Stücke von der »freiwilligen Sanitätspolizei«
verschont blieben! –

Bitte, meine Herren, fragen Sie mal jeden alten, erfahrenen
_Praktiker_! Er wird Ihnen – ich wette tausend zu eins! – sagen:
»Ein Revier, namentlich ein _Niederwildrevier_ ohne Raubwild _muß_
herunterkommen, ist einfach ein Unding!« _Eine_ Ausnahme gibt es: die
Fasanerie! _Da_ freilich soll es heißen: Krieg _allen_ Räubern! Und
mit allen _weidgerechten_ Mitteln: Pulver und Blei, Knüppelfallen
und Kastenfallen, Krähenhütte und Hasenquäke, _aber nicht mit
dem aasjägerischen, hundsgemeinen Gift und diesen furchtbaren,
tierquälerischen Marterwerkzeugen, den Eisen, in denen sich so ein
armes Gottesgeschöpf eine lange, endlos lange Winternacht in stummen
Schmerzen, in Todesangst quält und windet_!

Zwei Arten Raubwild verdienen keine Schonung: wildernde Hunde und
verwilderte Katzen. Die schieße ich ab wo und wann ich ihrer habhaft
werde.

Aber es gibt mir einen Stich, wenn ich lese, daß Herr X. das
»Weidmannsheil« hatte, einen Adler zu erbeuten. Ja, meine Herren,
muß denn _alles_ »verruiniert« werden?! Muß das _wirklich_ sein?!
Ich meine, wir, unser heutiges Geschlecht, unsere »moderne« Zeit,
sind so bettelarm an ethischen Werten, an Dingen, die sich nicht mit
schmutzigen Markscheinen kaufen lassen! Soll uns denn die Freude an der
Natur, die Liebe zum Mitgeschöpf _auch_ noch genommen werden?!

Wie meinten Sie, Verehrtester? Ein Marderbalg kostet jetzt
fünfzehnhundert Mark? Sehr richtig, und ein Hirsch ist ein brauner
Lappen! Aber, lieber Herr Neureich, Sie haben doch Kinder – Enkel
sogar? Na also, sehen Sie mal, sollen die vielleicht statt Füchse
Ratten, statt Falken Sperlinge schießen?! Dann sind sie nicht Jäger,
sondern »Kammerjäger«.

»Jeder ist sich selbst der Nächste!«

»Ach nein, Herr Neureich, jeder – Sie und ich, – sind ein Glied in
einer Kette, ein einziges Rädchen der gigantischen Maschine, und wir
haben die Pflicht – verstehen Sie mich recht: die _Pflicht!_ – das Erbe
nicht zu verschleudern, sondern zu erhalten und zu mehren!

Sehen Sie nur einmal einem Wanderfalkenpaar bei seinen Flugspielen
zu, beobachten Sie eine Marderfamilie und – wenn Sie dann den rechten
Finger nicht auch mal vom Abzug lassen können, tun Sie mir leid – Sie
_Schießer_!!«

Nun werden meine liebwerten Leser wohl bald aufsässig werden und sagen:
»Nächstens verlangt der Kerl noch eine gesetzliche Schonzeit für das
Raubzeug!« Ganz recht, meine Herren, das tue ich auch, wenigstens für
einige seltene Arten: Fischreiher, Adler, Edelfalken, Baummarder,
Uhu usw. _Warum soll denn bei uns etwas nicht gehen, das z. B. in
Mecklenburg schon seit einiger Zeit Landesgesetz ist?!_

Freilich – wie viele unsrer jetzigen Jäger können wohl einen
Rauhfußbussard von einem Mäusebussard, Wespenbussard oder
Hühnerhabichtweibchen unterscheiden? (Daß es – hm – »Jagdkarteninhaber«
gibt, die jeden Kuckuck als Sperbermännchen ansprechen, sei nebenbei
erwähnt.)

Und – ich kenne Leute, die jedes Stück Raubwild grundsätzlich auf
die unglaublichsten Entfernungen beschießen mit der drastischen
Entschuldigung: »Ach was, das ist ja »_nur_« Raubzeug, hoffentlich
kriegt es ein paar Schrote ab!«

Diesen Schindern und Aasjägern soll ein dreifaches Donnerwetter in die
Knochen fahren! Wie sagt Riesenthal?

    »Bewahr’s vor Mensch _und Tier zumal_,
    _Verkürze_ ihm die Todesqual!
    Sei außen rauh und innen mild,
    _Dann_ bleibet blank dein Ehrenschild!«

Laufen solche – solche – solche – (ich finde keinen Ausdruck aber
– platzen soll’n se! Bajonett’ soll’n se schwitzen! Ä Ephei soll’n
se wär’n un wuchern soll’n se um nix!) herum, haben sich als Jäger
kostümiert und sind doch nichts als schlecht verkleidete Henkersknechte!

_Diese_ Sorte ist schuld, wenn das Weidwerk bei den breitesten
Volksschichten in Mißkredit gekommen ist, wenn uns von der grünen
Gilde (wie dies kürzlich eine der verbreitetsten Tageszeitungen tat)
»Sadismus« vorgeworfen wird!

Ihr Gesangbuchchristen und Pharisäer: _ehrt den Schöpfer in seinem
Geschöpf_! Wer sagt euch denn, daß ihr mehr seid, ihr lieblichen
Ebenbilder Gottes, als die stumme, leidende, wehrlose Kreatur?!
Größenwahnsinnig seid ihr! – Vor Gott, dem Lenker aller Weltensysteme,
dem Gestalter und Erhalter dieser Ungeheuerlichkeit, die wir mit unsern
dumpfen, stumpfen Sinnen nicht begreifen können, seid ihr Mikroben,
seid ihr Stäubchen im Weltenall!

_Eines_ allein bleibt: die Liebe, die sich für uns ans Kreuz schlagen
ließ, die Liebe, die auch im hilflosen Geschöpf ein gleichberechtigtes
Wesen sieht!

Oder – _wie wollt ihr Barmherzigkeit erlangen, wenn ihr selbst kein
Erbarmen kennt_?!

Und nicht nur ein Erbarmen aus Nützlichkeitsgründen, nein, _auch dem
verfehmten verfolgten Raubwild gegenüber_!

Wohl bekomm’ euch meine Philippika, ihr Herren!



Landheimbau


Unser altes Landheim, die Sorge am Habichtsberg bei Cranzahl, hatten
wir verloren. Zu Pfingsten 1919 mußten wir sie verlassen, da das Haus
zum Abbruch von der Gemeinde Cranzahl verkauft worden war. Aber die
Amtshauptmannschaft Annaberg verbot den Abbruch, – und uns eröffnete
sich die Aussicht, unser Heim, das uns in so vielen Jahren, seit 1913,
lieb und traut geworden, wieder zu gewinnen, – als Ostern 1920 die
Sorge abbrannte. »Durch Funkenflug der Lokomotive« stand’s in der
Zeitung geschrieben. Aber wir wissen, daß das unmöglich ist.

Wir suchten uns ein anderes Heim. In jetziger Zeit eine recht
schwere Aufgabe. Dieses Jahr, noch war Winter, untersuchten zwei von
unserer Ortsgruppe das Häusel im Schmalzgruber Hammerwerk auf seine
Bewohnlichkeit. Es war bereits stark verfallen, Türen und Fenster
fehlten, innen sah es schwarz und finster aus. Dem Verfall geweiht.

»Das wird ein Heim für uns. Wir bauen es uns wohnlich aus!«

Der Besitzer, Herr Fabrikbesitzer Paul Pilz in Niederschmiedeberg,
zeigte sich uns außerordentlich entgegenkommend, und bald war der
Vertrag abgeschlossen. Wir hatten ein Heim, das wir wieder unser nennen
konnten. Und für den Jungen bedeutet es eine große stolze Freude, wenn
er sagen kann, dies Haus ist unser. Er ist mit seinem Heimatboden näher
nun verbunden.

Aber eine gewaltige Arbeit stand uns nun bevor: das Häusel ausbauen.
Kosten sollte, durfte und konnte es nicht viel. Arbeitslohn brauchten
wir keinen, da wir selbst die Arbeiter stellten. Herr Pilz überließ uns
viel Material für den Ausbau in der freundlichsten und freigebigsten
Weise, so daß wir hier in ihm eine mächtige Stütze fanden. Sein
Betriebsleiter, Herr Leichsenring, ging uns mit Rat und Tat zur Seite.

So war es eine Lust zu schaffen. Und mancher, der vorüberging, hat sich
gewundert, wie eine Handvoll Annaberger Jungens und Studenten »mitten
im kalten Winter« schwer gearbeitet haben und dabei so lustig waren.

Eins stand uns beim Ausbau von vornherein fest: das Häusel bleibt in
seiner Eigenart voll gewahrt.

An einem frühen Sonntagmorgen vor den Osterferien rückte eine Schar
Jungen mit Handwagen, Hacken, Schaufeln, Eimern, Besen, Kellen, Hammer,
Beilen und einem Handofen von Annaberg weg nach dem neuen Heim in
Schmalzgrube.

Kräftig ging der Angriff los. Das Wetter war prächtig, die Sonne lachte
dazu, und bald stand das ganze Häusel im Nebel, so kehrten und fegten
alle dienstbaren Geister darin herum und brachten den Dreck und Staub
hinaus aus dem Haus. Nur die Hose auf dem Leib, so schranzte alles,
daß es »nur so roochte«. Die zerfressenen Bretterdielen wurden auch
gleich herausgenommen, es waren nur noch kleine Stücke, »Fragmente«. An
diesem Tage war das Häusel sauber gekehrt, dahinter aber im Steinbruch
hatte sich ein ganz beträchtlicher Schutt- und Kehrichthaufen gebildet.
Schwarzgrau und verrußt sahen die aus, die aus dem Häusel herauskamen.
Im nahen Bache wurde sich gründlich gewaschen, um am späten Nachmittage
den Heimmarsch anzutreten. Nicht schlecht guckte unser lieber
Leichsenring über die Arbeit, die in den paar Sonntagsstunden geschafft
worden war. Ja, das war für die Buben ein ander Zugreifen und Schaffen,
als auf der Schulbank zu sitzen.

Die Osterferien kamen. Mit ihnen neuer unerwarteter Schnee und neue
Kälte, dann wieder Tauwetter, kalter Wind und wieder Schnee. Das alles
in recht bunter Abwechslung.

Das hielt uns nun nicht ab, den Bau mit Wucht weiterzuführen. Ein
Sachkundiger hatte uns einen Bauplan entworfen. Im übrigen half uns
Vater Leichsenring, wo er nur konnte. Und Mutter Leichsenring hatte
nichts weniger zu tun, als zweimal am Tage für durchschnittlich
fünfzehn Mann – alles starke Esser und keine Kostverächter – warmes
Essen zu kochen. Wir kochten diesmal nicht selbst, damit wir hiermit
keine Zeit verloren. Unser Nachtquartier hatten wir in einem
leerstehenden Zimmer des Nachbarhauses bezogen.

Sofort begann die Arbeitsteilung. Die eine Hälfte der Mannschaft
arbeitete im Heim, die andere ging »auf Transport«.

Uns war die Arbeit nicht leicht gemacht durch das böse Wetter.
Verdrießen aber konnte uns das nicht.

In der unteren vorderen Stube arbeiteten immer drei bis vier Mann,
hackten den schwarzen Boden, der steinfest gefroren war mühsam, oft
nur splitterweise los. 25 Zentimeter tiefer wollten wir den Fußboden
legen in einer Fläche von 27 Quadratmetern, weil wir ihn betonieren
und darauf die Diele legen wollten. Acht Tage haben wir gebraucht,
um den förmlich zu Stein gefrorenen Boden herauszuhacken. Die Hände
wurden dabei steif und rissig. Die Hacke prellte ganz ekelhaft in den
Händen. Dabei kam beim Tieferlegen des Bodens das Grundwasser hervor,
so daß von Zeit zu Zeit ein Mann schöpfen mußte, was in der Kälte auch
nicht gerade ein Vergnügen war. Außerdem pfiff der Wind durch die öden
Fensterhöhlen.

In der Hausflur und in der hinteren unteren Stube wurden Stützbalken
eingezogen. Im Obergeschoß rissen wir die Dielen heraus, um den
noch versteckt liegenden Unrat herauszuschaffen. Manch altes Schloß
und anderes verrostetes Eisenwerk fanden wir, so daß wir bald eine
»Raritätensammlung« anlegen wollten. Zwei wohlerhaltene Kinderkutschen
waren auch vorhanden. Wir benutzten den Oberteil davon zum Sand holen.
Der Sand wurde aus dem nahen Teiche von zwei Mann herausgeschaufelt,
in die Kinderkutschen geworfen und dann auf einem Schlitten von zwei
Mann über die abschüssige Wiese ans Haus herangefahren und dort
ausgeschüttet, wo ihn ein Mann durchs Sieb warf. Das Obergeschoß blieb
im übrigen unberührt, nur die gröbsten Löcher im Schindeldach wurden
mit Holzbrettern ausgebessert.

Die andere Abteilung, die ungefähr sieben Mann stark »auf Transport«
rückte, hatte es nicht leichter. Da gab es Bretter, Balken, Schwarten,
Lehm und anderes mehr heranzuschaffen. Früh um sechs Uhr wurde zu
Herrn Pilz nach dem zweieinhalb Stunden entfernten Niederschmiedeberg
mit einem Tafelwagen gefahren. Im oberen Preßnitztal lag Schnee,
im unteren war er weggeschmolzen. Mit leeren Wagen abwärts zu Tale
ließ sich gut fahren. Ganz anders aber wieder zurück: vierzig große
schwere Bretter hatten wir aufgeladen. Wir mußten tüchtig schieben
und zerren, um den Wagen durch den aufgeweichten Schmutz der Straße
vorwärtszubringen. Toll aber wurde die Sache, als wir wieder in die
Region des Schnees kamen. Da brach natürlich der schwer beladene Wagen
erst recht ein. Wir griffen in die Speichen, um ihn vorwärtszubringen.
Nur stückweise. Wir schwitzten. Die Zeit verging rasend schnell. Ich
schickte einen Läufer nach dem eine Stunde entfernten Heim, daß die
Leute aus dem Heim uns mit Schlitten entgegenkämen. Indessen versuchten
wir mit unserer Last weiterzukommen. – Ein Geschirr auf der einsamen
Straße! – Ob wir anhängen dürften? – Ja, wenn wir mitschöben! –
Natürlich! – Mit drei Seilen banden wir fest. Gleich beim ersten Anzug
des Pferdes rissen alle drei Seile mitten durch. Also das nächste
Mal vorsichtiger anfahren! Es ging. Noch drei-viermal rissen uns die
Seile. Der Kutscher hatte eine bewundernswerte Geduld mit uns. Aber
wir kamen doch vorwärts. Bis das Gefährt nach Grumbach die neue Straße
abbog. Nun wieder allein. Nach einer Stunde kommt die Ablösung mit
zwei Schlitten. Umgeladen. Mit nur wenig Brettern auf dem Wagen fährt
die alte Transportmannschaft ins Heim, während die Ablösung mit dem
Schlitten nachkommt. Es ist bereits fünf Uhr nachmittag. Wir haben seit
diesen Morgen noch nichts als eine Schnitte Brot gegessen. Wir sind im
Heim, als ein Bote ankommt: der eine Schlitten sei zerbrochen. Also
alles noch einmal raus! Teils auf dem anderen Schlitten, teils auf den
Schultern bringen wir das letzte, immerhin noch große Stück die Bretter
ins Heim. Wir waren froh, diese Tagesarbeit hinter uns zu haben.

Nicht besser war es anderntags mit der Lehmfuhre. Die war noch ein
bissel schwieriger. In dem Moor, in dem Walde bei Grumbach gruben wir
den Lehm, den wir zum Ofensetzen und Ausbessern der Holzverkleidung im
Obergeschoß verwenden wollten. Den Waldweg bis zur Grumbacher Straße
mußten wir erst ausschaufeln, so gut es ging. Und trotzdem wären wir
kaum noch durchgekommen, wenn uns nicht der Förster zu Hilfe kam,
Eisenketten mitbrachte und sich selbst gleich mit ins Zeug legte.
Sein Dackel lugte nicht schlecht. Unter lautem »Hühott« zerrten wir
die schwere Lehmfuhre durch den schneeigen Waldweg auf die offene
Landstraße. Dort konnten wir fahren bis durch Grumbach durch. Aber am
Ausgang des Dorfes lag wieder eine gewaltige Schneewehe, die wir nicht
überwinden konnten. Wir holten uns kurz entschlossen einen Ochsen vom
Bauern, spannten ihn vor den Wagen. Und nun vorwärts. Der Bauer hieb
auf den Ochsen ein und wir brüllten und schrien und schoben mit, bis
die kleine Anhöhe und die Schneestelle unter beängstigendem Gestöhne
des Wagens überwunden war. Seit jenem Tage sind wir mit dem Bauer gut
Freund. – Dann konnten wir die Straße wieder allein fahren; Schnee lag
da keiner mehr.

So galt es noch manchen Transport zu vollbringen. Und die
Transportabteilung wurde darum nicht beneidet.

Die Arbeit ging rüstig vorwärts. Der Boden der Stube war fünfundzwanzig
Zentimeter tief herausgeholt. In der Mitte hatten wir ein Wasserloch
gegraben, quer durch den Fußboden eine Schleuse und die Fensterwand an
einer Stelle durchstoßen, um Abfluß zu schaffen. Außen am Hause bauten
wir einen unterirdischen Flußlauf.

Nun das Betonieren. Der Wassergraben im Fußboden wurde mit Steinen
ausgesetzt und überdeckt, dann legten wir eine Packlagerschicht von
Ziegelbrocken, die wir aus dem Herrenhaus herüber gehandlangert hatten,
wobei es manchen Riß in der Haut gab. In diese Schicht bauten wir
sieben Querbalken und zwei Längsbalken ein für die Dielung, nahmen sie
sorgfältig in die Wage, was gar nicht so einfach war, als wir es uns
vorgestellt hatten. Aus dem Herrenhaus schleppten wir nun die Säcke
Zement herüber, mischten den Zement mit Sand. Ein alter Schachtmeister
half uns dabei redlich mit. Es war das sein Palmsonntagsvergnügen,
wie er uns sagte. Solche Leute gibt es doch heute selten. Bis abends
neun Uhr betonierten wir. Da galt es tüchtig und sachkundig Zement
mischen, die Mischung in die Stube zu schleppen und Wasser zum Gießen
herbeitragen. Eine Zementschicht von fünf Zentimeter Dicke entstand.
Die Balken ragten noch drei Zentimeter heraus, damit das Dielenholz
nicht auf den Beton zu liegen kommt, sondern Luftzug möglich ist. In
der rechten Stubenecke gossen wir einen zehn Zentimeter hohen, zwei
Meter dreißig Zentimeter langen und ein Meter zehn Zentimeter tiefen
Sockel für den Ofen mit Herd. Mit einem gelernten Ofensetzer zusammen
setzten wir den Ziegelofen auf. Einen eisernen Ofen setzten wir nicht
hinein, da die Größe des Zimmers und die geschwungenen Fensterbögen
einen mächtigen Ofen mit Herd forderten. Für den Herd bestellten wir
eine Platte von ganz gewichtiger Größe, die uns zweitausendzweihundert
Mark kostete, eine ganz erkleckliche Summe für unsern Geldbeutel. Aber
dafür haben wir ein stilgerechtes Zimmer, in dem wir, wenn es nun ganz
fertig ist, uns wohlfühlen können.

Unterdessen zimmert ein Junge mit einem gelernten Zimmermann, den
wir für einen Tag zur Verfügung gestellt bekommen haben, für die
Fenster die Mauerrahmen. Am ersten Tage wurden zwei Stück fertig, der
dritte angefangen, die nächsten zimmert der Junge kunstgerecht allein
mit Winkelmaß und allem Werkzeug. Zwei Mann mauern die Rahmen ein.
Auch hier muß mit der Wasserwage gearbeitet werden. Dann werden die
Fensterläden gebaut mit drei Querleisten in der ~Z~-Form und Angeln
und Sturmhaken. Auch hier lernen wir, daß der untere Winkel der
Querstreifen seinen Scheitelpunkt in der unteren Angel haben muß, damit
sich der Fensterladen nicht senkt. Alles will bedacht sein. Und weißt
du, wieviel Nägel man zu einem solchen Fensterladen von ungefähr einem
Quadratmeter Größe braucht? oder zu einem Quadratmeter Diele?

Auf die Dielenbalken legten wir vorläufig Bohlen und Bretter und
besserten die Wände aus, putzten und verkalkten sie. Diese Arbeit war
gar nicht so einfach. Besonders schwierig waren die Fensterbogen, die
arg in Verfall geraten waren, auszubessern. Aber zwei von uns, die im
sonstigen Beruf sich ~stud. iur.~ und ~stud. med. vet.~ nennen, hatten
den Schwung, den Mörtel anzusetzen und zu verreiben, besonders gut weg.
Und nun ging es ans Weißen. Nachdem der Zement abgebunden hatte und
trocken war, wurden die gespundeten und feingehobelten Dielenbretter
genagelt. Sie zu schonen und vor allem vor dem Kalk zu bewahren,
streuten wir Sägespäne.

Unsere Bauarbeit zog sich bis auf die Sonntage nach Ostern, bis in die
Pfingstferien; zu den Großen Ferien hoffen wir leidlich fertig zu sein.
Denn dann entfaltet der Wandervogel seine Schwingen und fliegt weit
hinaus in die Welt, bis in fremde Länder. Und in seinem Heim wohnen
geladene Gäste aus dem fernen Süden.

Nach des Tages Last und Müh’ zogen wir uns in unser warm geheiztes
Quartier zurück. Zum Singen, das wir so sehr lieben, brachten wir es
in den Osterferien kaum, dazu waren durch das schlechte Wetter unsere
Kehlen zu rauh und heiser geworden. Aber der oder jener spielte auf der
Laute, oder wir lasen vor. Aus Selma Lagerlöfs »Gösta Berling«. Und
denen, die voriges Jahr mit oben in Schweden waren, tauchten frohe,
freudige Erinnerungen auf, wir sahen wieder die herrlichen Seen,
umschlossen von ernsten, rauschenden Wäldern, dachten an die schönen
Stunden, die wir auf stolzen Schlössern verlebten, wie weiland die
Kavaliere auf Eckeby im frohen Vermland.

Und so haltens wir Wandervögel. In der sonnigen Sommerszeit schweifen
wir weit in die Ferne. Die Große Fahrt ist uns das Höchste, sie gibt
uns das Meiste und Wertvollste. Aber gern kehren wir zurück in unsere
Heimat, die unser ist.

Annaberg im Erzgebirge.

            _Fritz Wollmann_, ~stud. rer. merc.~



Heimatschutzbewegung und Hotel


Aus dem Bewußtsein der Kürze des eigenen Lebens ergibt sich für den
denkenden Mann, der seine Kraft an eine edle Aufgabe und ein hohes
Ziel gesetzt hat, die Aufgabe, Motive und Ergebnisse seines Daseins an
andere Männer weiterzugeben, daß, auch wenn sein Licht erlosch, sein
Werk nicht stirbt. Aber damit in seinem Geist weiter gearbeitet werden
kann, ist es nötig, Freunde und Schüler zu bilden. Es gibt keine große,
geistige Gemeinschaft, die ihr Werk erhalten wissen will, die nicht
ebenso verführe. Auch diejenigen, die ihre Heimat lieb haben, wirken
in diesem Sinne. Es darf gefragt werden, ob durch unsere Bestrebungen
schon alle erreichbaren Kreise berührt worden sind. An einen Stand
zu erinnern mag erlaubt sein, an den Stand der Kellner. Niemand
bezweifelt, daß seine Aufgabe nicht in der Sorge um gutes Essen und
Trinken für die Gäste aufgeht; des tüchtigen Kellners Ziel ist es,
dem Gast das Heim möglichst zu ersetzen. Er ist bemüht, dem Reisenden
Unterhaltungsmöglichkeiten nachzuweisen; er wird oft zum Berater für
Ausflüge, für Sehenswürdigkeiten. Um das tun zu können, wird er bemüht
sein, aus den Reisehandbüchern sich selbst eine umfassende Kenntnis
anzueignen. Aber sind diese Bücher ohne weiteres Hilfsmittel für den
Heimatschutz? Niemand wird über die bekannten Reisehandbücher gering
denken; sie bieten eine Fülle von Stoff. Aber es kann nicht von
ihnen verlangt werden, daß sie die stillen Schönheiten, daß sie das
Stimmungsvolle einer ganz schlichten Landschaft weitergeben, mitteilen
können. Das ist nur persönlichem Erleben und, wenn ich so sagen darf,
in der individuellen Mitteilung möglich. In dieser Art Mitteilung aber
bewegt sich hauptsächlich die hierher gehörige Aufgabe der Kellner.
Um sie zu erfüllen, bedürfen sie einer Einführung in das Wesen der
Heimatschönheit, brauchen sie selber Mitteilung erlebter Schönheit
und Stimmung. Für die Mitglieder des Heimatschutzes liegt hier eine
Aufgabe. Wir werden – wenn es die Gelegenheit gibt – auch dem Kellner
gegenüber es nicht an Mitteilung über die Schönheit seiner Stadt fehlen
lassen dürfen, wir werden doch auch in den größeren Hotels nach den
»Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz« fragen
müssen. Jedermann weiß, daß man in Gasthöfen bisweilen Lektüre trifft,
deren Wert man als fragwürdig bezeichnen darf. Warum sollen wir da
nicht für wirklich Wertvolles freudig eintreten? So möchten diese
Zeilen bitten, für die Heimatschutzbewegung in einem ganz besonderen
Berufe Freunde und Förderer zu gewinnen.

            Pfarrer _Herzog_, Aue i. E.



Die Pfarrlinde in Markersbach bei Gottleuba


Eine wichtige Aufgabe des Heimatschutzes ist von jeher die Erhaltung
alter Bäume. Die erheblichen Mittel, welche bisher für diese Art
Altershilfe Verwendung fanden, haben manchen ehr- und denkwürdigen Baum
vor völliger Zerstörung und Zusammenbruch bewahrt.

[Illustration: =Die Markersbacher Pfarrlinde= (Phot. R. Wiehl, Dresden)]

Auch der alten Pfarrlinde in Markersbach bei Gottleuba drohte
dieses Schicksal. Es wäre ein besonders schwerer Verlust gewesen,
stellt doch dieser Baum nicht nur ein durch Alter geweihtes
Naturdenkmal dar, sondern er ist auch als getreuer Schicksalszeuge
der Gemeinde kulturgeschichtlich von hohem Werte. Soll doch hier
unter seinem grünen Blätterdache, der Überlieferung nach, der erste
evangelisch-lutherische Gottesdienst abgehalten worden sein,
und da Markersbach 1576 seinen ersten evangelisch-lutherischen
Pfarrer erhielt, kann das Alter dieser Linde auf etwa vierhundert
Jahre angenommen werden. Daß bei diesem hohen Alter auch alle
lebensfeindlichen Einflüsse sich besonders geltend machten, ist
trotz des gesunden Aussehens des eineinhalb Meter im Durchmesser
habenden Stammes und der vollen Laubkrone nicht verwunderlich. Durch
die Öffnungen zweier vor langer Zeit abgebrochenen Hauptäste hatten
Regen und Schnee ungehindert Zutritt in das unzugängige, völlig hohle
Stamminnere und förderten die Fäulnis in besorgniserregender Weise.
Diese Gefahr für den Weiterbestand des Baumes ist jetzt beseitigt.
Die nicht ungefährliche, auf hohen Leitern auszuführende Arbeit des
Verschließens der Astöffnungen wurde in zweckentsprechender Weise von
Herrn Baumeister Reppchen in Gottleuba ausgeführt. Die Mittel hierzu
stiftete ein seit Jahren mit Markersbach und seinen Bewohnern innigst
verbundener Freund aller Heimatschutzbestrebungen, Herr Geheimer
Kommerzienrat Meinel-Tannenberg.

Zum Danke dafür aber rauscht jetzt die alte ehrwürdige Pfarrlinde in
Markersbach besonders freudig und aus ihrer mächtigen Krone klingt
nicht nur in leisen Flüstern ein Lied aus längst vergangenen Tagen,
sondern sie kündet auch laut und vernehmlich das hohe Lied ihrer
Wohltäter. –

            _Georg Marschner._



Die Bekämpfung der Nonne

Von Oberforstmeister _Feucht_, Bad Schandau


Während der letzten Kriegsjahre hat im südwestlichen Böhmen,
zunächst in der Umgebung von Pilsen eine Massenentwicklung der Nonne
stattgefunden, die wegen Mangel an Arbeitskräften wie an Leim, für
den die Rohstoffe fehlten, überhaupt nicht bekämpft werden konnte und
bereits zu gewaltigen Kahlfraßflächen geführt hatte, ehe im Jahre
1919 überhaupt die erste Kunde davon zu uns nach Sachsen gekommen
ist. Aus diesen Kahlfraßgebieten sind nun bei schwüler Wärme und
starkem südöstlichen Winde gewaltige Schwärme meist weiblicher
Nonnenfalter abgeflogen, die in der Nacht vom 17. zum 18. Juli 1920
die Staatsforstreviere der Oberforstmeisterei Schandau von Sebnitz bis
Gottleuba in einer Breite von fünfunddreißig Kilometer und etwa zehn
Kilometer Tiefe überfluteten.

Von der Staatsforstverwaltung wurde sofort der Kampf gegen diese
unwillkommenen, gefürchteten Feinde unserer Fichtenwaldungen
mit allen verfügbaren Arbeitskräften an Männern, Frauen und
Schulkindern durch Sammeln und Töten namentlich der weiblichen
Falter aufgenommen. Das Ergebnis waren hundertdreitausend männliche
und zweihundertdreiundsechzigtausend weibliche Falter. Auch die
Gemeindevorstände und Privatwaldbesitzer sind auf Anregung der
Forstverwaltung zum sofortigen Sammeln veranlaßt worden. Leider konnte
diese Sammeltätigkeit bei der gewaltigen Größe der mit einem Schlage
befallenen Fläche von gegen dreihundertfünfzig Quadratkilometer nicht
so gründlich und vollständig mit den vorhandenen Arbeitskräften
durchgeführt werden, daß ein voller Erfolg der Sammeltätigkeit
möglich gewesen wäre. Dies zeigte sich bei den im Herbst und Frühjahr
vorgenommenen Eierzählungen, die in einzelnen Beständen schon Eiablagen
von tausend bis dreitausend und mehr Eiern an manchen Stämmen ergaben.
Es war also für das Jahr 1921 nichts Gutes zu erwarten.

Der Falterflug des Jahres 1921 hat dies, zumal das Frühjahr und
der Sommer mit seiner anhaltenden warmen, trockenen Witterung,
die für die Entwicklung der Nonne äußerst günstig war, durchaus
bestätigt. Die Sammelergebnisse bei der Vertilgung von Raupen und
Puppen waren folgende: zweimillionenzweihundertvierzigtausend
Raupen, zweimillionenfünfhundertvierzehntausend Puppen und
fünfzehnmillionensiebenhundertzweiundfünfzigtausend Falter,
darunter dreizehnmillionensiebenhundertsiebenunddreißigtausend
weibliche Falter. Diese ungeheure Zunahme und das Ergebnis der
Probeeierzählungen an gefällten Stämmen gaben der Forstverwaltung
Veranlassung für das Jahr 1922 umfassende Volleimungen in Aussicht zu
nehmen. Diese Leimungen umfaßten eine Fläche von nicht weniger als
zweitausendachthundertdreißig Hektar.

Leider war auch der Witterungsverlauf des Frühjahrs und des Sommers
1922 für die Entwicklung der Nonne wieder außerordentlich günstig. Das
Frühjahr trat zwar spät ein, es herrschte aber dann fast ununterbrochen
trockenes, windstilles Wetter, so daß die Entwicklung der Raupen bis
zur Verpuppung völlig ungestört vor sich ging.

Die Folge war in vielen Beständen mehr oder weniger starker Lichtfraß,
stellenweise in den besonders stark belegten Flächen auch Kahlfraß,
jedenfalls war aber später festzustellen, daß viele Bestände, die
sonst unfehlbar dem vollen Kahlfraß zum Opfer gefallen wären, durch
den Leimring, der ungezählte Millionen von Spiegelräupchen vernichtete
und später ebensoviel alte Raupen abfing, nur lichtgefressen und
daher erhalten geblieben sind, so daß sich die Kosten für die Leimung
reichlich bezahlt gemacht haben.

Gewaltig war in diesem Jahre der Falterflug, zeitweise machte er den
Eindruck eines starken Schneegestöbers.

Ebenso wie 1920 uns aus Böhmen große Überflüge heimgesucht haben, sind
nun in diesem Jahr aus den Hauptbefallsgebieten der Sächsischen Schweiz
große Überflüge in nördlicher Richtung erfolgt und haben vermutlich die
Gebiete des Fischbacher Waldes, der Dresdner und der Lausnitzer Heide,
des Tharandter Waldes usw. heimgesucht und dort ihre Eier abgelegt, so
daß nunmehr auch diese Gebiete und ebenso die dortigen Privatwaldungen
für nächstes Jahr gefährdet erscheinen.

Die ungeheuren Schäden, die man von den Bergen der Sächsischen Schweiz
gegenwärtig bei einem Blick nach Böhmen hinüber, aber auch schon in
den sächsischen Waldungen selbst, stellenweise zu Gesicht bekommt
und die großen Überflüge dieses Sommers, die auch die bewohnten
Ortschaften und offenen Fluren und Gärten überfluteten, haben nun
die öffentliche Meinung und weite bisher gleichgültigere Kreise
aufgerüttelt und auf die Größe der unseren Waldungen drohenden Gefahren
aufmerksam gemacht und die vorher vielfach fehlende Geneigtheit bei der
Bekämpfung der Nonne werktätig Hilfe zu leisten, geweckt. Dies zeigen
auch die zahlreichen in der Presse von mehr oder weniger berufenen
Verfassern gemachten, gutgemeinten Vorschläge, die Wahres und Falsches
durcheinandermischen und längst versuchte und als unwirksam wieder
aufgegebene Bekämpfungsmaßnahmen mit großer Begeisterung erneut
empfehlen.

Es seien daher zur Aufklärung die bisher bekannten und in der Praxis
bewährten Bekämpfungsmaßnahmen in aller Kürze etwas näher beschrieben.

[Illustration: Abb. 1 =Weiblicher Nonnenfalter=

(Phot. Emil Wünsche Nachf., Dresden)]

Die erste und sinnfälligste Maßnahme ist der Fang der Falter,
namentlich der weiblichen, um die Eiablage zu verhüten. (Abbildung 1
zeigt einen weiblichen Falter an einen Fichtenstamm.) Diese Maßnahme
ist bei einer _beginnenden_ Nonnenkalamität oder bei eben erfolgten
Überflügen in bisher nicht befallene Waldgebiete die wirksamste
Vertilgungsmaßnahme, wenn sie _sofort_ nach dem Auftreten der Falter
mit möglichster Beschleunigung, also mit möglichst viel flinken und
raschen Arbeitskräften, vorgenommen wird. Man kann also in diesem
Falle, wenn man wirkliche Erfolge erzielen will, auf die Mitwirkung
von Schulkindern nicht verzichten, um so weniger als das erfolgreiche
Faltersammeln sich nur auf die _kurze_ Zeit vor und während der
Eiablage erstreckt. Falter zu sammeln, die ihre Eier abgelegt haben,
hat keinen Zweck, sie tun keinen Schaden mehr und sterben in Kürze ab.

Sehr lebhaft sind zur Faltervertilgung neuerdings wieder Leuchtfeuer,
Fackeln, Scheinwerfer oder irgendwelche andere starke Lichtquellen
empfohlen worden, alle diese Mittel sind bereits bei früheren
Nonnenplagen, so z. B. in den Jahren 1908 bis 1910 in Sachsen und
1890/91 in Bayern in großem Maßstabe versucht worden, sämtlich
ohne durchschlagenden Erfolg. Herrscht zufällig einmal bei einem
Hochzeitsflug günstiges warmes Wetter, so fliegen wohl einige
Zehntausende Falter in die Leuchtfeuer, meistens aber sind es Männchen,
denn sowie die Weibchen mit der Eiablage beschäftigt sind, kümmern
sie sich um Feuer und Fackeln nicht im geringsten mehr und bei rauhem
kühlen Wetter tun dies auch die Männchen nicht.

Weiter kommt in Frage das Sammeln von Eiern. Diese Maßnahme ist mühsam
und schwierig, denn die Eier sind gut unter Rindenschuppen verborgen,
die erst mit dem Messer abgeblättert werden müssen, um die Eier zu
finden. Will man die Eier abkratzen, fallen viele zu Boden und bleiben
entwicklungsfähig. Besser ist daher die Eier mit Teer zu überstreichen.
Im ganzen ist dieser Maßnahme nur geringe Bedeutung beizumessen, da man
nur den geringen Teil der Eier im untersten Stammabschnitt vernichten
kann.

Bei sehr starkem Befall kann auch das Eiersammeln lohnen, wie
die Sammelergebnisse des Herbstes 1921 beweisen, die über
einundzwanzigmillionen Eier im Forstbezirk ergeben haben.

Das Sammeln von Raupen kommt zumeist in Kulturen, in denen man die
Raupen ablesen kann, in Frage. In Althölzern kommen zeitweilig,
namentlich bei großer Hitze und kurz vor der Häutung große Massen von
Raupen aus den Kronen bis in den untersten Stammteil herab, so daß sie
hier ebenfalls mit gutem Erfolg in größeren Mengen vernichtet werden
können, wenn diese Erscheinung rechtzeitig bemerkt wird.

Das Sammeln von Puppen ist nur neben dem gleichzeitigen Raupensammeln
und bei starkem Befall von Wert; da die Puppen in borkigen Beständen
ziemlich schwer zu finden sind, lohnt das Sammeln nicht sonderlich.

Mehrfach ist auch das Bespritzen mit giftigen Flüssigkeiten
versucht worden. Dies empfiehlt sich namentlich zur Vertilgung
von Spiegelräupchen unter Verwendung der bekannten auch gegen
die Kiefernschütte gebräuchlichen Platzschen Pflanzenspritze mit
fünfprozentiger Lösung von Obstbaumkarbolineum. Unter Verwendung des
Verlängerungsrohres dieser Spritze kann man die Stämme bis hoch hinauf
mit dem Verstäuber erreichen.

Auch mit giftigen Gasen, wie sie im Kriege Verwendung gefunden haben,
sind in Böhmen umfassende Versuche gemacht worden. Leider zeitigte auch
dieser Versuch keinen Erfolg. Es starben höchstens die Bäume ab, aber
nicht die widerstandsfähigen Raupen.

[Illustration: Abb. 2 =Nonnenraupengespinste unter den Leimringen=

(Phot. Oberverwaltungs-Inspektor Herrmann, Zittau)]

Als letztes uns zu Gebote stehendes Mittel bliebe nur noch der
viel umstrittene Leimring zu besprechen. Seine Wirkung ist eine
doppelte. Zunächst fängt er alle unterhalb des Leimringes aus den
Eiern gekommenen Spiegelräupchen, die zum Fraße in die Baumkronen
hinaufsteigen wollen, ab, und verurteilt sie zum Hungertode. Wer
in der Sächsischen Schweiz in diesem Frühjahre derartige geleimte
Bestände besichtigt hat, wird bestätigen können, daß durch die
Leimringe schon in einem einzigen geleimten Bestande Millionen und
Milliarden von Räupchen vernichtet worden sind, bevor sie irgendwelchen
Schaden anrichten konnten. Die Abbildungen 2 und 3 geben davon ein
anschauliches Bild. Da man nun damit rechnen kann, daß etwa die Hälfte
der Raupen sich zu weiblichen Faltern entwickelt haben würden, so sind
für das nächste Jahr ebensoviel eierablegende Weibchen, die man beim
Sammeln im Falterzustande in gleichem Maße niemals gefangen hätte, mit
vernichtet worden.

Zum besseren Verständnis der Abbildungen 2 und 3 sei noch folgendes
hinzugefügt: die im Frühjahr aus den Eiern ausgeschlüpften Räupchen
sitzen zunächst einige Tage dicht gedrängt in sogenannten Spiegeln
beisammen, ehe sie den Aufstieg in die Baumkronen beginnen. Bei ihren
Wanderungen spinnen sie ununterbrochen ihre feinen Fäden, die sie
auf den Unterlagen stellenweise festheften, so daß zuletzt feinste
schleierartige Gespinste entstehen. Diese Gespinste werden um so
dichter, je mehr Räupchen denselben Weg nehmen. Das ist namentlich
unter den Leimringen der Fall, unter denen sich schließlich gewaltige
Mengen von Spiegelräupchen ansammeln, die immer spinnend rastlos den
Stamm umwandern, am Leimring, den sie nicht überschreiten können, sich
an einen Gespinstfaden fallen lassen, um dann denselben Weg ruhelos zu
wiederholen, bis sie schließlich an Nahrungsmangel zugrunde gehen.

Vielfach werden die leichten Räupchen, an ihrem feinen Spinnfaden
hängend, vom Winde nach Nachbarbäumen verweht, dadurch bildet sich
eine Querverbindung von einem Baum zum anderen, bei zahlreichen Raupen
vermehren sich diese Fäden rasch, kreuzen sich und werden von den
Räupchen nun gewissermaßen als Brücke von Baum zu Baum und von Ast zu
Ast benutzt und immer dichter versponnen, so entstehen schließlich auch
dichte Schleier zwischen nahe beieinanderstehenden Bäumen, in denen
ebenfalls Massen von Räupchen zugrunde gehen.

Damit ist aber die Wirkung des Leimrings nicht erschöpft. Im Laufe
ihres Lebens kommen zahllose Raupen, wie alle früheren und jetzigen
Beobachtungen beweisen, sei es nun durch Sturm oder Regen oder aus
eigenem Antriebe, z. B. während der viermaligen Häutungen oder wegen
übergroßer Sonnenwärme in den Wipfeln, wenigstens einmal vom Baum herab
und werden dann am Wiederaufklettern durch den Leimring gehindert. Es
sammeln sich deshalb unter den Leimringen auch gewaltige Massen von
fast ausgewachsenen Raupen an, wie Abbildung 4 zeigt. Diese Raupen
können leicht vernichtet werden. Unterläßt man dies, so sind sie
doch, nachdem sie den etwaigen Unterwuchs und das Heidelbeerkraut
am Boden kahlgefressen haben, dem Nahrungsmangel ausgesetzt, so daß
sie massenhaft zugrunde gehen oder für Krankheitskeime besonders
empfänglich werden und bei dem dicht gedrängten Beisammensitzen,
manchmal in doppelter Schicht übereinander, sich gegenseitig anstecken.
Selbst der ungläubigste Thomas müßte beim Anblick derartiger Bilder
in der Natur sich zu der Überzeugung durchringen, daß der Leimring
gegenwärtig noch das relativ beste Mittel auch zur Einschränkung der
Massenvermehrung der Nonne ist.

[Illustration: Abb. 3 =Nonnenraupengespinste unter den Leimringen=

(Phot. Oberverwaltungs-Inspektor Herrmann, Zittau)]

Das ist aber nicht seine einzige Wirkung. Fast größer noch ist seine
wirtschaftliche Bedeutung, insofern als er viele Bestände, deren
Eibelag für einen vollständigen Kahlfraß gerade hinreichen würde, durch
Vernichtung eines großen Teiles der fressenden Raupen davor bewahrt.
Dadurch werden große volkswirtschaftliche Schäden vermieden, die durch
den Abtrieb hiebsunreifer und darum minderwertiger Bestände, sowie
durch die übermäßige Vergrößerung der Wiederanbauflächen entstehen. Bei
früheren Nonnenkalamitäten sind die ungeheueren Kahlschlagsflächen erst
in zehn und mehr Jahren, nachdem der Boden durch das lange Bloßliegen
stark gelitten hatte, mit sehr großen Schwierigkeiten und Kosten wieder
angebaut worden. Außerdem wird durch den unregelmäßigen Kahlfraß der
Nonne, mitten aus den geschlossenen Beständen heraus, vielfach die
geordnete Bestandslagerung zerstört und Anlaß zu späterem ausgedehnten
Windbruch gegeben.

Man kann daher jedem Waldbesitzer nur den Rat geben, seine
Fichtenbestände, wenn durch die nötigen Probeeizählungen der starke
Eibelag festgestellt ist, zu leimen, er erweist damit nicht nur
sich selbst einen Dienst, sondern auch der Allgemeinheit, indem er
dadurch zur Einschränkung der Weiterausbreitung der Nonnenplage
beiträgt. Die Bereitstellung erheblicher Staatsmittel zur möglichst
weitgehenden Durchführung der Leimung wäre deshalb vom allgemeinen
volkswirtschaftlichen Standpunkt aus durchaus gerechtfertigt. Ein
kleiner Waldbesitzer, der vielleicht nicht einmal schlagbaren Wald,
sondern nur jüngere Bestände besitzt, die ihm keinen Ertrag liefern,
könnte sonst die erheblichen Mittel, die das Leimen erfordert, vielfach
gar nicht aufbringen. Will er sich das Geld zu den in diesem Jahre
erheblichen Leimungskosten borgen, so wäre er mit Schulden belastet,
die ihn zugrunde richten könnten.

Wie sich aus dem Gesagten ergibt, besitzen wir leider keine absolut
sicher wirkenden Bekämpfungsmittel gegen die Nonne. Mißerfolge bei
Anwendung eines oder des andern der geschilderten Mittel und selbst bei
Anwendung aller dieser Mittel gleichzeitig sind bei dem stellenweise
ungeheuren Massenauftreten der Raupen nicht ausgeschlossen. Das hat
vielfach zu der fatalistischen Auffassung geführt, überhaupt nichts
gegen die Nonne zu tun und alles der Natur zu überlassen. Diese
Auffassung muß verhängnisvoll wirken. Für die Natur ist es vollkommen
gleichgültig, ob eine gewisse Bodenfläche mit Wald bestockt ist oder ob
sie zur Grassteppe, zu Moor oder Heide oder Flugsandboden wird, für den
Menschen dagegen bedeutet dieses unter Umständen den Untergang.

Große Hoffnungen hat man auf die »biologische« Bekämpfung, jetzt ein
sehr beliebtes Schlagwort, gesetzt, leider auch vergebens, denn alle
Versuche, künstlich Krankheiten bei den Nonnenraupen, namentlich die
sogenannte Wipfelkrankheit, zu erzeugen oder zu verbreiten, sind bis
jetzt gescheitert. Alle Infektionsversuche im Großen in der freien
Natur durch Ausbreiten von toten Raupen, Streu und Kot aus Orten, wo
die Wipfelkrankheit unter den Raupen bereits herrschte, waren erfolglos.

Ebenso trügt die Hoffnung, die man auf die Wirkung von Schmarotzern,
Schlupfwespen und Raupenfliegen (Tachinen) setzt. Diese Tachinen sind,
wenn sich die Insektenwelt in der Natur im Gleichgewicht befindet,
nur in verhältnismäßig geringer Zahl vorhanden, da sie von der Zahl
der Wirtstiere abhängig sind, in denen sie sich entwickeln. Ihre
Massenentwicklung tritt deshalb erst ein, wenn die Wirtstiere sich
schon außergewöhnlich vermehrt haben. Sie können also den Nonnenschaden
ebenfalls nicht aufhalten, denn sie sind erst dann in Überzahl
vorhanden, wenn der Schaden im Walde bereits geschehen ist.

[Illustration: Abb. 4 =Anhäufung von Nonnenraupen unter dem Leimring=

(Phot. Forstwart Hohlfeld, Zeughaus, Sächs. Schweiz)]

Auch die Wipfelkrankheit, die in früheren Fällen jedesmal der
Nonnenplage schließlich ein rasches Ende machte, tritt ebenfalls immer
erst dann ein, wenn der Kahlfraß weite Flächen der Waldungen bereits
vernichtet hat. So lange es uns nicht gelingt, die Erreger der immer
noch ungeklärten Wipfelkrankheit zu finden und auch außerhalb der
Raupen künstlich zu züchten, um sie schon beim Eintreten einer größeren
Nonnenvermehrung sofort zur Infektion von Raupen verwenden zu können,
um so die vernichtende Krankheit mit Erfolg künstlich zu verbreiten,
wird unsere biologische Bekämpfung der Nonne, wie zeither, so gut wie
erfolglos bleiben.

Das ist zunächst das bis zu einem gewissen Grade betrübende Ergebnis
unserer heutigen biologischen Forschungen. Das darf uns aber nicht
entmutigen, diese Forschungen fortzusetzen. Ebensogut wie das
jahrzehntelange Suchen nach den Erregern mancher menschlichen
Krankheiten schließlich von Erfolg gewesen ist, wird dies hoffentlich
auch bei der rätselhaften Wipfelkrankheit, die seit Jahrzehnten die
Wissenschaft beschäftigt hat, gelingen.

Jedenfalls dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen, so lange uns
die Wissenschaft keine besseren Bekämpfungsmittel in die Hand gibt,
sondern müssen die bisher angewendeten, erfahrungsmäßig wirksamen
Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen des Sammelns von Faltern, Eiern,
Raupen und Puppen und namentlich des Leimens der besonders gefährdeten
Bestände auch weiterhin im weitesten Umfang anwenden. Namentlich in den
erst in diesem Jahre neu befallenen Landesteilen Mittelsachsens und des
Niederlandes, wo die Plage noch in der Entwicklung begriffen ist, ist
das eine zwingende Notwendigkeit. Je umfassender und gründlicher die
Bekämpfung beim ersten Auftreten der Plage einsetzt, um so mehr ist auf
einen Erfolg zu hoffen.



Johann Pezel und die Turmsonate

Von _Herbert Biehle_, Bautzen


Zu den vielen musikalischen Gebräuchen aus vergangenen Zeiten gehört
auch das Turmblasen. Wie 1670 der damalige Leipziger Stadtpfeifer und
spätere Bautzener Stadtmusikant Johann Pezel im Vorwort zu seiner
»Musicalischen Arbeit zum Abblasen um zehn Uhr in Leipzig« schrieb, war
es schon bei Persern und Türken üblich, beim Opfern die Gottheiten von
Türmen anzurufen. Derselbe Gedanke, Gott möglichst nahe zu stehen, und
eine gewisse Himmelssehnsucht, wie sie auch bei den gotischen Domen zum
Ausdruck kommt, liegt dem Turmblasen zugrunde. Diese schöne Sitte ist
hervorgegangen aus dem Hornrufe des Turmwächters, der das Herannahen
von Feinden, Feuerausbruch und die Stunden verkündete. So entstand
die besondere Hervorhebung der Haupttageszeiten mit ausgedehnteren
Melodien. Später erfuhr das Turmblasen durch Luther eine kräftige
Anregung; das von ihm begründete deutsche evangelische Kirchenlied
wurde eine wertvolle Bereicherung der Turmmusik. Und wie stimmungsvoll
und andachterweckend wirkt es, wenn im Sonnenglanze Trompeten und
Posaunen in den lichten Morgen hinein rufen: Wachet auf, ruft uns die
Stimme! Indessen entwickelte sich allmählich eine eigene Turmliteratur,
die in der Turmsonate gipfelt. Sie ist aus der einfachen Liedform nach
dem Vorbilde der italienischen Orchestersonate gestaltet.

Unter den wenigen, die Turmsonate vertretenden Komponisten steht
Johann Pezel voran. Seine vierzig Turmsonaten sind für zwei Cornetti,
zwei Tromboni und Basso trombone gesetzt. Heute würde die Ausführung
technischen Schwierigkeiten begegnen; denn die edle Trompeterkunst wird
nicht mehr gepflegt. Pezel bevorzugt das strahlende ~C-dur~ oder die
ernste Stimmung des ~a-moll~. Er hat die »Musicalische Arbeit« in Druck
gegeben, weil er »verspüret, daß auch an anderen Orten dergleichen
verlanget werde«; und in der Tat sind seine anmutigen Bläserstücke
in sächsisch-thüringischen Landen oft erklungen und weit verbreitet
gewesen. Hier war ja durch die protestantische Idee der Laienhilfe beim
Gottesdienste der Musiksinn jedes einzelnen Bürgers geweckt und so der
geeignete Boden bereitet worden, auf dem auch die Turmmusik gedeihen
konnte.

Pezel hat 1664–1669 als Kunstgeiger, 1669–1681 als Stadtpfeifer in
Leipzig gewirkt und war dann nach Bautzen berufen worden, wo er bis
zu seinem Tode 1694 als ~Director musicae instrumentalis~ lebte.
Aber nicht nur in seiner Eigenschaft als Stadtmusicus war er eine
bemerkenswerte Persönlichkeit. Die große Anzahl seiner gedruckten
Instrumentalwerke sicherte ihm besonders nach außen hin einen
bedeutenden Ruf und einen festen Platz in der Geschichte der deutschen
Instrumentalmusik. Um so verwunderlicher ist es, daß man sich über
Pezels nähere Lebensumstände noch ganz im Dunklen befand, bis es
Verfasser gelang, in den Akten des Bautzener Ratsarchivs darüber
Klarheit zu erlangen. Pezels Schaffenszeit gehörte jener Glanzperiode
sächsischer Musikpflege an, als dieses Land, wie kein zweites, die
bedeutendsten Musiker hervorbrachte. So wurde Sachsen auch die
Hauptpflegestätte der Werke Meister Pezels, den wir als den Klassiker
des gesamten deutschen Kunstpfeifertums seiner Zeit bezeichnen dürfen;
er war für unser weiteres Vaterland ein Stück bodenständige Heimatkunst.

Außer Pezel hat 1696 der Leipziger Stadtpfeifer Gottfried Reiche
Turmsonaten geschrieben, und ihr letzter Vertreter ist der durch
sein Oratorium »Das Weltgericht« berühmte Friedrich Schneider aus
Altwaltersdorf bei Zittau gewesen. Er fand schließlich in einem
Oberlausitzer Bauern Schönfelder noch einen Nachfolger im vorigen
Jahrhundert.

In vielen Städten, wie beispielsweise in Leipzig, Bautzen, Löbau,
Görlitz, gehörte es zu den Amtspflichten des Stadtmusikanten, mit
seinen Stadtpfeifergesellen in den Sommermonaten fast täglich vom
Rathausturme zu blasen, wie auch an den ersten Feiertagen, zu Neujahr
und bei sonstigen festlichen Anlässen. Vielleicht gibt diese Abhandlung
auch den Architekten und Kunsthistorikern Anlaß, die Frage zu
verfolgen, wieweit der Turmbau der damaligen und früheren Zeit diesen
musikalischen Veranstaltungen durch bauliche Maßnahmen zur Aufstellung
der Mitwirkenden in Gestalt von Galerien, Umgängen oder Balkonen
Rechnung trug. Gegenwärtig ist dieser musikalische Brauch fast völlig
in Vergessenheit geraten; wo er noch besteht, geschieht es auf Grund
alter Stiftungen mit dem Abblasen von Chorälen.

Die Turmmusikpflege selbst darf als ein getreues Abbild jener alten
Beschaulichkeit gelten, als man noch Muße und Sinn hatte, den
schlichten Weisen der Stadtpfeifer vom Rathaus- oder Kirchturme zu
lauschen. Und zu dem Begriff des deutschen Kleinstadtidylls um 1700
gehört auch die Turmsonate. Es wäre wohl lohnend, diese Perlen früherer
Kunst auch der Gegenwart zugänglich zu machen; denn sie war ein Stück
blühender Romantik. Und eine fromme Kunst.



Schußpreise für Raubvögel

Von _Martin Braeß_


Während die Jagdschutzvereine im Sinne des Natur- und Heimatschutzes
die »Raubzeugprämien« teils wesentlich eingeschränkt, teils vollständig
abgeschafft haben, glauben die _Brieftaubenzüchter_ ohne solche
Schußpreise nicht auskommen zu können, wie folgende, in verschiedenen
Tageszeitungen erschienene Veröffentlichung beweist: »Der Verband
deutscher Brieftaubenzüchter-Vereine setzt für das Jahr 1922 für den
Abschuß der den Brieftauben schädlichen Raubvögel, als Wanderfalken,
Hühnerhabichte und Sperberweibchen, eine Belohnung von zwanzig Mark für
das Paar Fänge aus. Diese Belohnung wird Ende Dezember 1922 ausgezahlt.
Zur Erhebung eines Anspruchs auf diesen Preis müssen die beiden Fänge
eines Raubvogels (nicht der ganze Raubvogel) bis spätestens Ende
November 1922 ... frei zugesandt werden.«

Wenn man den _Sperber_ kurz hält, so haben wir dagegen gewiß nichts
einzuwenden. Er ist ein böser Geselle, der für unsre Kleinvögel
zu einer schlimmen Geißel wird; dazu findet er sich fast in allen
waldreichen Gegenden noch so häufig, daß eine Ausrottung dieses
Vogels vorläufig nicht zu befürchten ist. Aber was der Sperber gerade
den Brieftauben zuleide tun soll, ist nicht recht einzusehen. Auf
Haustauben stößt er nur dann, wenn sich in dem Schwarm eine junge
befindet, die noch nicht ganz flüchtig ist, wie er auch nur auf junge
Wildtauben Jagd macht. Eine _gesunde, flugfähige Brieftaube_ hat von
dem kleinen Räuber wohl nichts zu befürchten. Anders _Hühnerhabicht_
und _Wanderfalke_. Indessen, diese schönen Vögel sind in den meisten
Gegenden unsres Vaterlandes bereits so selten geworden, daß man sie
schonen sollte; keineswegs aber darf man durch Schußbelohnungen
zu ihrer völligen Ausrottung auffordern. Die Brieftaubenzucht ist
gewiß kein bloßer Sport, keine nutzlose Spielerei, sondern hat ihre
Berechtigung, aber doch nur so lange und so weit, als sie sich nicht
in bewußten Gegensatz zu andern Bestrebungen setzt, die wie Heimat-
und Naturschutz von einer ungleich höheren und allgemeineren Bedeutung
sind. Der Brieftaubenzüchter muß eben beim Freiflug seiner Tauben mit
Verlusten mancherlei Art rechnen und darf nicht verlangen, daß die
Natur lediglich um seinetwillen ihrer schönsten Geschöpfe beraubt
werde, an deren herrlichem Fluge so viele Naturfreunde ihre Freude
haben. In Norddeutschland, namentlich auf der Seenplatte, die von
Ostpreußen bis nach Schleswig-Holstein zieht, mag der Wanderfalke noch
häufiger vorkommen; bei uns in Sachsen gehört er aber als Brutvogel
bereits zu den seltensten Naturdenkmälern, und auch seine Wanderflüge
im Herbst und Frühling führen ihn nicht allzuoft in unser Land. Ähnlich
verhält es sich mit dem Hühnerhabicht, wenn auch dessen völlige
Vernichtung für unsre Heimat noch nicht zu befürchten ist. Ich hoffe,
es wird sich, wenigstens in Sachsen, kein Jagdberechtigter finden, der
sich durch Abschuß so seltener Raubvögel die Prämie von zwanzig Mark
verdienen will – was sind übrigens heute zwanzig Mark nach Abzug der
Kosten für Patrone und Porto!

Aber die Aufforderung der Brieftaubenzüchter-Vereine hat noch eine
schlimme Seite. Es ist bekannt, daß nicht jeder Jagdberechtigte die
Raubvögel nach ihrem Flugbilde richtig anzusprechen versteht, und so
wird gewiß mancher unschuldige Bussard, Turmfalke, manche Weihe u. a.
unerfahrenen Schützen zum Opfer fallen.

Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß das Sächsische
Finanzministerium schon unter dem 30. Januar 1911, bzw. 20. Mai
1912 zwei Generalverordnungen erlassen hat, nach denen, »soweit
irgend zulässig«, die Turmfalken, _Wanderfalken_, Schrei-, See- und
Fischadler, die Uhus, Eulen, Weihe, Bussarde, ebenso der schwarze und
rote Milan zu schonen sind, selbst die Reiher, obgleich diese für
die Fischereiberechtigten gewiß ebenso und noch mehr als Schädlinge
bezeichnet werden müssen, wie jene obengenannten Raubvögel für die
Brieftaubenzüchter. Die einzelnen Berufs- und Interessentenkreise haben
sich eben der allgemeinen großen Idee unterzuordnen, und diese kann in
unserm Falle nur heißen: _Schutz der Natur_!



Schattenbäume für den Hof

Von Gartenarchitekt _Hans S. Kammeyer_


Wenn die brennende Mittagssonne in den Sommermonaten ungehindert vom
Himmel in den Hof strahlt, dann suchen Tier und Mensch ein schattiges
Plätzchen. Der Hof, auf dem sonst reges Leben herrscht, liegt
verlassen, selbst das Hühnervolk meidet die überreiche Wärme.

Es ist unbedingt notwendig, daß ein breitkroniger Baum in einem
sonnigen Hof im Sommer Schatten bietet. Obstbäume sind so recht
geeignet als Hofbäume, weil sie alljährlich auch einen Ertrag bringen.
Während die Linde ein richtiger Hausbaum ist, wenn nicht mit dem Nutzen
gerechnet wird, wähle man breitkronige Sorten für den Hof, die zu
großen Bäumen heranwachsen. Ein rechtes Beispiel hierfür bietet der
Birnbaum. Wie prächtig sieht er in weißem Blütenschmuck aus. In seinem
Schatten stehen die Futterschüsseln und Trinkgefäße für das Federvieh.
Hier werden die Hühner in der Mittagsstunde gefüttert, ohne daß sie
unter der brennenden Sonne zu leiden haben. Zu allen diesen Vorteilen
hat man dann noch im Herbst die reiche Ernte. Wir laben uns an den
saftigen Birnen, die der Baum bietet.

Höfe und Hofplätze, die nach Süden offen sind und die volle Sonne
hereinlassen, bepflanze man deshalb mit einem großwachsenden Hofbaum,
an dem sich später noch die Kinder und Kindeskinder erfreuen.

An Obstbäumen kommen in Frage: _Apfel_: Reichsobstsorte Jacob
Lebel, Weißer geflammter Cardinal, Landsberger Renette; _Birne_:
Reichsobstsorte William Christbirne, Pastorenbirne und Prinzeß Marianne.

Von Zierbäumen, die sich ebenfalls zur Anpflanzung eignen, sind zu
nennen: ~Aesculas hippocastanum~, Roßkastanie; ~Ailanthus glandulosa~,
Götterbaum; ~Catalpa speciosa~, Trompetenbaum; ~Juglans regia~,
Walnußbaum; ~Liriodendron tulipifera~, Tulpenbaum; ~Platanus
occidentalis~ und ~orientalis~, Platane.

    »Pflanz’ einen Baum, und kannst du auch nicht ahnen,
    Wer einst in seinem Schatten tanzt,
    Bedenke Mensch, es haben deine Ahnen
    Eh’ sie dich kannten, auch für dich gepflanzt.«



Förderung des Anbaues von Nußbäumen

Von _Hans Jacob_


Die Anpflanzung des Walnußbaumes ist infolge der Verwüstungen durch
die Kriegsjahre für die Zukunft besonders bedeutsam geworden.
Viele Nußbäume sind der Holzgewinnung wegen abgeschlagen worden.
Der Walnußanbau soll und muß deshalb mit allen Mitteln gefördert
werden. Allerdings nicht wahllos, mit unsicherem Ergebnis, sondern in
planmäßiger Weise. Zur Pflanzung müssen solche Pflanzstätten ausgesucht
werden, an welchen erfahrungsgemäß der Nußbaum gut gedeiht und sichere
Erträge bringt. Nußbäume sind in geschlossenen Pflanzungen nur da
anzubauen, wo auf einen Ertrag der Unternutzung verzichtet werden kann.
Für Einzelpflanzungen aber, und hierzu ist der Nußbaum mehr als alle
andern Obstarten geeignet, gibt es fast allerorts noch eine ganze Menge
brauchbarer Stellen. So auf Gutshöfen, Dorfplätzen, an Wegescheiden
und an andern Orten, wo die Bäume nicht nur durch ihre Früchte Segen
bringen, sondern auch zur Verschönerung der Heimat beitragen. Während
man für solche Plätze die Anpflanzung fertig vorgebildeter Bäume
bevorzugen soll, dürfte für den Großanbau die Aussaat an Ort und
Stelle in Betracht zu ziehen sein. Da eine spätere Veredelung der
Nüsse erhebliche Schwierigkeiten bietet, hat man auf jeden Fall dafür
zu sorgen, daß als Saatgut nur Nüsse allerbester Abstammung verwendet
werden. Nur reichtragende, spätblühende, widerstandsfähige Sorten mit
großen, mäßig dünnschaligen Früchten sind geeignet.



Die Postsäule von Aue


Wenige Tage bevor das Heft 4/6 der »Mitteilungen« mit ~Dr.~ Kuhfahls
Postsäulenaufsatz in meine Hände kam, war es mir gelungen, einen Rest
der alten Auer Postsäule aufzufinden. Aufmerksam geworden darauf war
ich bei Gelegenheit einer Ausstellung: »Die Gesamtentwicklung der
Stadt Aue«, die ich eingerichtet hatte. Auf mehreren alten Bildern vom
Marktplatz war dort eine Postsäule zu sehen, und zwar an der Ecke der
jetzigen Markt- und Bahnhofsstraße (ehedem Lößnitzer Straße). Ältere
Leute kannten sie noch. Der einstige Posthalter Walther hatte sie,
als sie beseitigt werden sollte, in seinen Hof gestellt. Sein Sohn
half mir, die Säule ausfindig machen. Sie dient jetzt als Steinbank
an einem Hause Wiesenstraße 2, ist auf den sichtbaren zwei Seiten
ziemlich abgenutzt, läßt aber noch ein Posthorn, den Namen Schneeberg,
sowie Zahlenreste erkennen. Sockel und Spitze fehlen. Der Stein
(Granit) weist unten ein Loch zur Befestigung auf und verjüngt sich
obeliskenartig. Es besteht die Hoffnung, daß er wieder an geeigneter
Stelle aufgerichtet wird.

            ~Dr.~ _Sieber_, Aue.

=Postmeilensäulen=: Zum Aufsatz von ~Dr.~ Kuhfahl im Heft 4/6 XI sind
uns und dem Verfasser erfreulicherweise eine Reihe von Mitteilungen
zugegangen. Allen Einsendern sei bestens gedankt. Um weitere
Ergänzungen wird gebeten. Dies neue Material wird später in einem
Nachtrag veröffentlicht werden.

            Die Schriftleitung.


Für die Schriftleitung des Textes verantwortlich: Werner Schmidt –
Druck: Lehmannsche Buchdruckerei

Klischees von Römmler & Jonas, sämtlich in Dresden.



Soeben erschienen:


Die Vegetationsverhältnisse des östlichen Erzgebirges

von

Professor ~Dr.~ Arno Naumann

*

Mit einer Kartenskizze

(Sonderdruck aus der »Isis«, 46 Seiten Oktav)

*

Preis 20 Mark und Postgeld

Zu beziehen:

Landesverein Sächsischer Heimatschutz Dresden-A.

Schießgasse Nr. 24



_Friedhof und Denkmal_

Halbmonatsschrift

herausgegeben von

Robert B. Witte

Für Künstler, Gartenfachleute, Industrie und Gewerbe das _erste und
einzige reichillustrierte_ Organ der gesamten Friedhofskultur

Das unentbehrliche Fachblatt für alle zuständigen Behörden

Probenummer

durch den Verlag der Zeitschrift

_Friedhof und Denkmal_

G. m. b. H., Dresden-N. 6


Lehmannsche Buchdruckerei, Dresden-A.



    Weitere Anmerkungen zur Transkription


    Offensichtliche Fehler wurden stillschweigend korrigiert. Die
    Darstellung der Ellipsen wurde vereinheitlicht.

    Korrekturen:

    S. 139: Heist → Geist
      ~scrato~ = böser {Geist}



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