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Title: Versuch einer Ethnographie der Philippinen
Author: Blumentritt, Ferdinand
Language: German
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*** Start of this LibraryBlog Digital Book "Versuch einer Ethnographie der Philippinen" ***


               VERSUCH EINER ETHNOGRAPHIE DER PHILIPPINEN

                                  von

                        Prof. FERD. BLUMENTRITT.



                          Nebst einem Anhange:

  Die maritimen Entdeckungen der Spanier im Archipel der Philippinen.
                    Mit einer Karte der Philippinen.

        (Ergänzungsheft No. 67 zu "Petermann's Mittheilungen".)

                         Gotha: Justus Perthes.
                                 1882.



INHALT.


                                                                   Seite

    Einleitung                                                         1

    I. Negritos                                                        3

    II. Malaien                                                        9

         1. Tagalen                                                    9
         2. Pampangos                                                 20
         3. Zambalen (Zambales)                                       20
         4. Pangasinanen (Pangasinanes)                               21
         5. Ilocanen (Ilocanos)                                       22
         6. Ibanags oder Cagayanen (Cagayanes)                        23
         7. Igorroten (Igorrotes) mit Buriks und Busaos               24
         8. Altasanen (Altasanes) und Ilamuts                         32
         9. Bujuanos                                                  32
        10. Panuipuyes                                                32
        11. Isinays                                                   32
        12. Abacas                                                    32
        13. Italonen (Italones)                                       32
        14. Ibilaos                                                   33
        15. Ilongoten (Ilongotes)                                     33
        16. Mayoyaos nebst Quianganen, Pungianen und Silipanen        33
        17. Ifugaos                                                   34
        18. Gaddanen (Gaddanes)                                       34
        19. Itetapanen (Itetapanes)                                   35
        20. Guinanen (Guinanes)                                       35
        21. Calauas oder Itaves                                       35
        22. Gamunangen und Bayabonanen                                36
        23. Dadayags                                                  36
        24. Nabayuganen (Nabayuganes)                                 36
        25. Aripas                                                    36
        26. Calingas                                                  36
        27. Tinguianen (Tinguianes)                                   36
        28. Adangs                                                    38
        29. Apayaos                                                   39
        30. Catalanganen                                              39
        31. Irayas                                                    41
        32. Catubanganen (Catubanganes)                               42
        33. Vicols                                                    42
        34. Manguianen (Manguianes)                                   45
        35. Mundos                                                    45
        36. Carolanen (Carolanos)                                     46
        37. Visayer (Visayas)                                         46
        38. Manobos                                                   48
        39. Mamanuas                                                  49
        40. Tagbalays                                                 49
        41. Bagobos                                                   50
        42. Guiangas                                                  50
        43. Vilanen (Vilanes)                                         50
        44. Tagacaolos                                                50
        45. Sanguils                                                  50
        46. Mandayas                                                  50
        47. Subanos                                                   50
        48. Manguangas                                                51
        49. Sameacas                                                  51
        50. Guimbas                                                   51
        51. Die Piratenstämme von Mindanao und Sulu                   51


    III. Chinesen, chinesische Mestizen und Japanen                   55

        1. Chinesen                                                   55
        2. Chinesische Mestizen                                       57
        3. Japanen                                                    58


    IV. Weisse und andere Bevölkerungsbestandtheile                   58

        1. Weisse und deren Mischlinge                                58
        2. Sonstige Bevölkerungsbestandtheile                         59


    Anhang. Die maritimen Entdeckungen der Spanier im Archipel der
        Philippinen                                                   59

    Alphabetisches Register der Citat-Abkürzungen                     69



KARTEN:


Tafel: Karte der Philippinen zur Darstellung der Ethnographischen
Verhältnisse, der administrativen Eintheilung und der gegenwärtigen
geographischen Kenntniss. Maassstab 1:3 000 000.

Nebenkarte: Skizze zur Entdeckungsgeschichte der Philippinen. Maassstab
1:10 000 000.



                               Den Herren

                    Dr. A. B. Meyer und Dr. F. Jagor

                       hochachtungsvoll gewidmet
                                  vom
                               Verfasser.



EINLEITUNG.


Die Urbevölkerung der Philippinen bilden die Negritos, welche
jetzt nur noch in geringer Individuenzahl über den ganzen Archipel
zerstreut sind. Die einwandernden Malaien verjagten die ehemaligen
Herren in die unzugänglichen Bergwildnisse der Binnenlandschaften,
nur der nördlichste Strich der Ostküste Luzons blieb von der
malaiischen Invasion verschont, dort blieben die Negritos im Besitze
der Meeresgestade. Die ersten eindringenden Malaien besetzten die
Küsten und vermischten sich mit den Negritos zum Theile, indem sie
die Weiber der von ihnen Besiegten und Erschlagenen in ihre Hütten
aufnahmen. Wenn wir Luzon in Betracht ziehen -- über die anderen Inseln
liegt zu dürftiges Material vor --, so können als die Nachkommen der
ersten malaiischen Einwanderer jene Stämme gelten, welche heute im
Innern der grossen Insel wohnen, einst aber die Bewohner der Küsten
waren, während die von ihnen gegenwärtig besiedelten Landstriche von
Negritos noch eingenommen wurden. Von den meisten dieser Stämme wird
oder wurde die Kopfjägerei geübt, wie von den Igorroten, Apayos,
Zambalen, Abacas, Isinays, Italonen, Ibilaos, Ilongoten, Ifugaos,
Mayoyaos, Guinanen und Calingas, diess ist constatirt; dieselbe
Sitte scheint auch bei den Adangs, Gaddanen, Itetapanen, Aripas,
Dadayags &c. ausgeübt zu werden oder wurde es in vergangener Zeit,
nur von den Bergstämmen der Tinguianen, Catalanganen und Irayas wissen
wir bestimmt, dass sie keine Kopfjäger sind. Auch in ihren sonstigen
Sitten haben diese Kopfjägerstämme viele Anklänge an die Dayaks von
Borneo aufzuweisen. Für Mindanao nennen wir als Repräsentanten dieser
Kopfjäger den Bergstamm der Manobos. Dass diese Stämme in einer Zeit
eingewandert sein müssen, wo die Negritos viel zahlreicher waren als
heute, darauf weist der Habitus so mancher derselben hin, in welchem
sich eine sehr starke Dosis von Negritoblut deutlich offenbart, obwohl
manche dieser Stämme in Gegenden wohnen, wo heute kein Negrito mehr
existirt oder doch in so geringer Individuenzahl, dass eine Beimischung
in moderner Zeit nicht im Stande gewesen wäre, den Typus des gesammten
Stammes wesentlich und dauernd zu differiren. Diese Bergstämme wären
also die Repräsentanten der ersten Periode der Malaieninvasion,
und man würde nicht fehlgehen, wenn man die im Centrum Nord-Luzons
wohnenden Völker als die Nachkommen der ersten Einwanderer betrachtete,
so dass die heute in den Provinzen Nueva Vizcaya, Bontok und Isabela
sesshaften Stämme zu denselben gerechnet werden müssten. Die Igorroten,
Tinguianen, Apayos &c. sind demnach in einem späteren Zeitabschnitt auf
Luzon angelangt, der aber noch in die erste Periode der malaiischen
Invasion fällt. In diese zweite Hälfte der ersten Periode wäre jene
Beimischung von chinesischem und japanesischem Blute zu verlegen,
welche nach Semper u. A. die Igorroten, Tinguianen und Catalanganen
in ihren Gesichtszügen documentiren. Später kann sie nämlich
nicht erfolgt sein, da dann diese Stämme durch andere Malaien --
mit Ausnahme der Zambalen -- vom Meere getrennt wurden, und diese
letzteren zwar mit Chinesen und Japanesen in Handelsbeziehungen traten,
aber diese Berührung wurde durch eine geringe Individuenzahl jener
beiden Mongolenstämme vermittelt, so dass sie nicht im Stande war,
den Rassentypus zu verändern oder zu differiren.

Dann kam die zweite Periode der malaiischen Invasion, welche
jene Stämme nach den Philippinen brachte, welche bei der Ankunft
der Spanier bereits im Besitze beinahe aller Küstenstriche des
Archipels waren und einen etwas höheren Grad der Civilisation
und mildere Sitten aufzuweisen hatten, als die Malaien der ersten
Invasionsperiode. Diese Einwanderer (Tagalen, Pampangos, Visayer,
Vicols, Ilocanen, Pangasinanen und Cagayanen) unterwarfen sich
wie gesagt die Küstenstriche und zwangen die früheren Bewohner
derselben sich in die Binnenlandschaften zurückzuziehen, wo sie
noch heute wohnen. Es ist natürlich, dass die neuen Einwanderer
sich auch in ähnlicher Weise mit zurückgebliebenen Malaien der
ersten Invasionsperiode vermengten, wie es letztere mit den Negritos
gethan. Diesem Umstande ist die Ähnlichkeit zuzuschreiben, welche in
vielen Beziehungen hauptsächlich in der Religion [1], ein gemeinsames
Band um alle Malaien dieses Archipels schlingt. Je weiter wir nach dem
Norden Luzons vorwärtsschreiten, desto mehr sehen wir die Küstenmalaien
in Sitten und Bräuchen sich mehr denjenigen der Binnenlandstämme
zuneigen, ein Beweis, dass die Zahl der Einwanderer der zweiten Periode
nach dem Norden zu immer geringer wurde, diese daher nicht im Stande
waren, die dort sesshaften Stämme vollständig zu vertreiben, sondern
die friedlicheren Glieder derselben zahlreich als Heloten aufzunehmen
und sich mit ihnen zu einem Volke allmählich zu verschmelzen, in
welchem viele Züge des Volkslebens der früher eingewanderten Stämme
sich erhielten. Dieser Vorgang ist auch ganz natürlich, denn da die
Invasion von Süden her erfolgte, so nahm nach den nördlichen Breiten
zu auch ihre Expansivkraft und Individuenzahl ab; hatte ja doch auch
die Invasion der ersten Periode ihre Kraft bereits verbraucht, als
sie das rechte Ufer des Rio grande de Cagayán überschritten hatte;
die Küste von Casiguran-Paranan bis zum Cap Engaño blieb auch nach
der zweiten Invasion im unbestrittenen Besitze der ursprünglichen
Herren des Archipels, der Negritos! Daher auch die Erscheinung, dass
im Süden der Philippinen, in dem Visayer-Archipel auf vielen Inseln
die Nachkommen der Einwanderer der ersten Periode ganz in dem Stamm
der neuen Ankömmlinge, der Visayer, aufgingen oder vernichtet wurden,
welcher Vorgang auch bei den Vicols, vielleicht auch den Tagalen
und Pampangos, Statt gefunden hat. Nur auf den grösseren Inseln --
Mindoro (?) und Mindanao (hier unzweifelhaft) -- gelang es, den erst
Eingewanderten sich unabhängig zu erhalten. Auf Mindanao scheinen
mir die Subanos und Caragas solche Mischlinge zu sein, bei ersteren
prävaliren die Elemente der ersten, bei den letzteren jene der zweiten
Invasionsperiode. Deshalb auch fanden die Spanier bei jenen (nicht
allen) Visayern und Vicols, welche die ersten Einwanderer nicht zu
vertilgen oder zu verjagen vermocht und daher sich mit diesen vielfach
gekreuzt hatten, vielfache Überbleibsel in Tracht und Sitten vor,
welche an die Bergstämme erinnerten, z. B. die auf Cebú Und Panay,
wie auf den Catanduanes übliche Sitte des Tätowirens, während die
Visayer jener Inseln, auf welchen die ersteingewanderten Malaien in
die Binnenlandschaften gedrängt (wie auf Mindoro) oder vertilgt worden
waren (wie auf Leyte, Sámar und Bóhol) diese Sitte nicht übten. Der
spanische Katholicismus bringt jetzt eine bedeutende Änderung dieser
Verhältnisse hervor, die verschiedenen Malaienstämme des Archipels
verschmelzen langsam aber sicher zu einem einzigen Stamme [2].

Eine dritte malaiische Invasion wurde durch die Ankunft der Spanier
unterbrochen und theilweise auch verhindert. Zu Anfang des XVI.,
vielleicht auch schon in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts
begannen die Malaien des Reiches Brunai oder Borneo nach den westlichen
Visayern sich zu wenden. Es war diess zugleich, wenigstens in der
Zeit von 1521-1565, eine religiöse Conquista, denn die "Mauren
[3] von Burney" verbreiteten auch den Islam unter den Indiern der
Philippinen. Die Insel Palawan selbst wurde ein Bestandtheil des
Reiches Burney oder Brunai (Borneo), während solche Einwanderer an
der Bai von Manila und in den heutigen Provinzen Batangas und Tayabas
sich neue Reiche gründeten. Camarínes, Mindoro, Panay, Negros, Cebú
und die übrigen Visayer wurden vorläufig nur von Borneo-Kauffahrern
besucht. Gleichzeitig mit diesem Zuge von Borneo her, fand eine andere
Immigration von den Molukken her Statt, welche sich auf Mindanao
und den Sulu-Archipel erstreckte. Bei Palawan stiessen diese beiden
Einwanderungsströme zusammen. Das Erscheinen der Spanier machte dieser
dritten malaiischen und islamitischen Einwanderung ein Ende; auf Luzon
und in den Visayern wurde der eben erst eingedrungene Islam durch das
Christenthum unblutig verdrängt und so mussten die Einwanderer der
dritten Periode sich mit dem Besitze von Süd-Palawan, den Sulu-Inseln
und dem grösseren Theile der Mindanao-Küste begnügen. Es war ein
grosses Glück für die Bewohner der Philippinen, dass die Spanier noch
rechtzeitig genug kamen, ehe der Islam festen Fuss gefasst hatte,
sonst wären sie für die europäisch-christliche Civilisation verloren.

Auf Sulu scheinen noch andere Malaienstämme eingewandert zu sein:
Malaien von Johore und Javanen im Mittelalter, doch bin ich nicht
in der Lage gewesen, darüber Studien zu machen, da mir die nöthige
Kenntniss des Holländischen vorläufig noch abgeht. Mangkassaren dienten
zwar zahlreich in den Kriegen der Sulus gegen die Spanier von 1599-1646
als Söldner in den Heeren dieser Piraten, und haben gewiss auch im
Lande Nachkommen hinterlassen, doch fällt diese Blutmengung hier nicht
sehr in Betracht. Auch die Ansiedlungen katholischer Ternataner in
Marigondon an der Bai von Manila, welche auf Betrieb der Jesuiten,
bei der 1661 erfolgten Räumung Ternates durch die Spanier, entstand,
ist zu unbedeutend, als dass sie irgend einen Einfluss auf die Tagalen
hätte ausüben können.

Nächst den Malaien verdienen die meiste Beachtung die Chinesen,
welche besonders im Norden von Luzon sich stark mit den Malaien,
insbesondere den Bergstämmen vermengt haben sollen, ob zwar manche und
triftige Gründe dagegensprechen, dass vor der Ankunft der Spanier die
Chinesen besonders zahlreich gewesen wären; im Gegentheile erst die
Ankunft der edlen Castilianer lockte sie in grösseren Mengen nach den
Philippinen, der Acapulco-Handel, der so viele chinesische Waaren mit
dem in China so hochgeschätzten amerikanischen Silber baar bezahlte,
war es, der die Chineseneinwanderung nach unserem Archipel lenkte. Die
Spanier fanden bei ihrer Ankunft nirgends Chinesenansiedlungen vor,
sondern nur einzelne chinesische Kauffahrer. Die Chinesen haben seit
ihrer Niederlassung im Lande durch Erzeugung einer Mischlingsrasse,
der Mestizos de Sangley, einen neuen Bevölkerungsbestandtheil den
Philippinen zugebracht, der durch seine Intelligenz berufen ist,
einst eine grosse Rolle zu spielen.

Die Japanesen traten in ähnlicher Weise wie die Chinesen in dem
Archipel auf; seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts aber, wo
die letzten derselben Manila verliessen, kamen keine mehr nach den
Philippinen.

In den ersten Zeiten der Conquista wurden auch Neger- und
Kaffer-Sclaven von portugiesischen Händlern eingeführt; die aber noch
unter Philipp II. erfolgte Aufhebung der Sclaverei auf den Philippinen
machte diesem Handel zum Glücke ein rasches Ende und ersparte den
Indiern die Verseuchung durch Negerblut. Von diesen Schwarzen ist
keine Spur mehr vorhanden.

Von "kaukasischen" Völkern kommen zunächst die Spanier in Betracht,
welche mit den Eingeborenen sich vermengten und so die Kaste der
Mestizos españoles schufen. Portugiesen wanderten besonders im XVI. und
Anfangs des XVII. Jahrhunderts ein, von ihnen haben sich keine Spuren
mehr erhalten, sie gingen in die Spanier auf. Andere europäische
Nationen kommen gar nicht in Betracht. Unbedeutend war auch die im
XVII. und XVIII. Jahrhundert dann und wann Statt findende Einwanderung
von Armeniern [4], Klings und anderen Stämmen Südindiens, diese
Einwanderung beschränkte sich übrigens nur auf Manila. Die wenigen
Araber, welche als Proselytenmacher und Kaufleute nach Mindanao und
Sulu kamen, waren auch nur Tropfen im Meere.

Die Linientruppen, welche die Spanier im XVII. und XVIII. Jahrhundert
in Manila und Zamboanga unterhielten, bestanden der Hauptmasse nach aus
mejicanischen, zum Theile auch peruanischen Indianern und Mestizen,
welche alle mit Tagalinnen sich verheiratheten. Für Manila bedeutet
diese Blutmischung bei der geringen Anzahl der Truppen und der starken
Bevölkerung so viel wie Nichts, für Zamboanga aber, welches früher
eine nur unbedeutende Bevölkerung und eine verhältnissmässig starke
Garnison besass, fällt diese Blutmischung stärker in die Wagschale.



I. NEGRITOS.


Die Negritos oder Aëtas sind beinahe im ganzen Archipel der
Philippinen zu finden, jedoch nirgends in grösserer Anzahl, und nur
an der Nordostküste Luzons sind sie noch Strandbewohner geblieben,
sonst haben sie nur die Gebirgswildnisse der Binnenlandschaften
inne, wenngleich sie in jenen Landschaften, wo sie mit Spaniern und
Malaien in freundlichem Verkehre stehen -- diess ist nicht überall
der Fall --, auch zu den Gestaden des Meeres kommen, um dort Waaren
einzutauschen. Sie bilden, besonders auf Luzon, eine grosse Anzahl
von Rassen-Inseln, welche durch weite Strecken von Malaien bewohnten
Landes von einander getrennt sind.

Ihr Hauptgebiet liegt im Nordosten Luzons, den Provinzen Nueva Écija
(nördlicher Theil), Príncipe, Isabela und Cagayán. Hier sind sie,
wie kurz vorher erwähnt, auch Strandbewohner, indem sie den nördlichen
Theil der Ostküste von Luzon von Palanan im Süden bis zum Cap Engaño
im Norden bewohnen (Semper, Skizzen 49) und zwar ausschliesslich,
denn bis zu diesen sturmgepeitschten Gestaden sind die malaiischen
Eroberer nicht vorgedrungen. Diese Küste ist der letzte Fleck Bodens
der Philippinen, in welchem die ursprünglichen Herren des Archipels,
die Negritos, sich im ungeschmälerten Besitze des heimischen Bodens
behaupteten. Auch der Ostabhang jener gewaltigen Cordillere, welche
sich längs dieser Küste hinzieht, ist ihr unbestrittener Besitz,
während am Westabhange die Negritos bereits das Land mit Stämmen
malaiischer Abkunft theilen müssen. Auf diesem Boden besitzen sie auch
ihre "grösste Reinheit der physischen wie der geistigen Charaktere"
(Semper, a. a. O.). Im Thale des Rio Cagayán (Grande) oder Tago
leben sie gleichfalls, bei Furao, Gamú, Ilagan, Tumauini, Cabagan
und Tuguegarao (Mas, pobl. p. 39-40), aber auch im Stromgebiete des
Rio chico de Cagayan bei Tuao und Malaueg begegnen wir ihnen (Mas,
a. a. O., p. 41). Die Nordküste der Provinz Cagayán wird von ihnen
nur in der Nähe des C. Engaño berührt, wo wir sie beim Vulcane Cagua
häufig antreffen, von dem Meere durch Malaien, die Cagayanen oder
Ibanags, getrennt, wohnen sie südöstlich und westlich von Abulug und
in den Waldwildnissen von Masi (Mas, pobl. 42).

Ihr Vorhandensein in Ilócos ist von Semper (Erdk. XIII,
89) abgesprochen worden, doch ist diess wohl nur ein Versehen,
indem Semper nur, so fasse ich es wenigstens auf, ihre Existenz im
südlichen Theile jener Landschaft, d. h. in den heutigen Districten
Benguet, Lepanto, der Provinz Union und dem südlichen Theile der
Provinz Ilócos Sur verneinte, und diess ist auch richtig, denn
jener Landstrich wird von den Igorroten bewohnt, einem ungemein
kriegerischen Malaienstamm, der gewiss schon vor Jahrhunderten die
Negritos, die in seinem Gebiete wohnten, vernichtet hat. Für den
Militärdistrict Lepanto bestätigt Lillo de Gracia (Dist. de Lep.,
p. 18) diese Thatsache, indem er ausdrücklich erwähnt, dass sich
in dem ganzen Districte keine Negritos befinden. In dem nördlichen
Theile der Provinz Ilócos Sur existiren aber Negritos, Diaz Arenas
nennt uns sogar die Ziffer, welche die den Spaniern unterworfenen
Angehörigen dieses Stammes in Ilócos Sur ausmachen: 145 Köpfe. Buzeta
erwähnt einer Negrito-Ranchería (kleine Niederlassung) bei Candon. In
Abra dürften nur wenige Negritos anzutreffen sein, dagegen ist ihre
Anwesenheit in Ilócos Norte sichergestellt (Ilustr. 1860, Nr. 12,
p. 153; Hügel, S. 359). Die Zahl der die Autorität der spanischen
Behörden anerkennenden Negritos der Provinz Ilócos Norte betrug 1848
nach Diaz Arenas 113 Seelen, neuere Daten sind mir nicht bekannt.

In Pangasinán begegnen wir ihnen wieder (Mas, pobl. p. 1), Diaz Arenas
erwähnt einer Ranchería bei S. Miguel, sie zählte nur 32 Köpfe,
offenbar sind es bereits unterworfene Leute. Was Diaz Arenas von
4000 Negritos in dem Grenzgebirge zwischen Pangasinán und Zambales
spricht, ist ein offenbarer Irrthum. Denn die Grenze Pangasináns gegen
Zambales berührt jenes Gebirge nur in seinen äussersten Ausläufern,
kann also unmöglich eine so grosse Zahl dieser Wilden beherbergen,
und schliesslich bemerkt Drasche (Fragm., S. 21) ausdrücklich, dass
der nördliche Theil jener Cordillere unbewohnt sei. Es ist also jene
(jedenfalls übertriebene und auf roher Schätzung beruhende) Ziffer
nur auf die in der Provinz Zambales (südl. Theil) wohnenden Negritos
zu beziehen. In Zambales und Bataán sind sie häufig, Dr. A. B. Meyer
hat sie dort selbst aufgesucht und uns nicht nur genaue Nachrichten,
sondern auch Skelette mitgebracht, desgleichen Dr. Schadenberg. 1848
zählte man nach Diaz Arenas 825 den Spaniern unterworfene Negritos. In
dem centralen Theile von Luzon leben sie nur in vereinzelten Horden:
in der Provinz Bulacán (beim Monte Angal und S. José), in den Wäldern
von S. Mateo und Bosoboso in der nächsten Nähe der Hauptstadt (Waitz,
V, 57. -- Mas, pobl. 1. -- Jagor, Phil. 51. -- Meyer, Negr., S. 25). In
Cavite und Taal scheinen sie zu fehlen, doch deutet eine Sage über
die Laguna de Bombon auf ihre frühere Anwesenheit. Über ihre Existenz
in Tayabas berichtet nur ein Gewährsmann, Diaz Arenas, der von 516
unterworfenen Negritos spricht, und Cavada 1, 198. Auf der Insel Alabat
(Ostküste Luzons) sind sie auch vorhanden (Semper, Skizzen 49).

Das Südende Luzons bildet die langgestreckte, stark gegliederte
Halbinsel Camarínes, auf welcher sich die Provinzen Camarínes Norte,
Camarínes Sur und Albay befinden. Ob hier Negritos wohnen, war früher
zweifelhaft. Semper (Skizzen, 49) sagt: "im südlichen Luzon scheinen
sie zu fehlen" und Jagor (Phil. 106): "reine Negritos kommen, so weit
meine Erkundigungen reichen, in Camarínes nicht vor". Dem entgegen
berichtet Drasche (Fragm. 66), dass am Vulcan Iriga eine Ansiedlung von
Negritos und eine andere von Mischlingen von Negritos und Vicol-Malaien
existirte. Da aber Jagor ausführlich über jene wilden Stämme am Iriga
berichtet und sie nicht zu den Negritos zählt, so schien jene Meldung
ein Irrthum des Geologen Drasche zu sein. Andererseits befindet
sich in den Sammlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft
ein männliches Negritoskelett vom Iriga, welches Dr. Schetelig
mitgebracht hatte (Virchow, Verh. d. Berl. Anthr. Ges. 1871,
S. 36). Drasche erwähnt (Fragm. 61), dass in den Gebirgswildnissen
von Camarínes Norte Negritos leben, woran gewiss nicht gezweifelt
werden kann, denn jene Territorien sind sehr dünn bevölkert, und die
Vicol-Malaien, welche an den Küsten und in den Flussthälern wohnen,
eine indolente und unkriegerische Rasse, somit alle Vorbedingungen
zur Existenz von Negritos vorhanden. Diaz Arenas spricht von 500
Negritos in den Bergen von Albay (1848), Cavada (1, 221) erwähnt,
dass sie in den Bergen bei Malinao hausen.

Über die Existenz der Negritos auf den einzelnen Inseln des
Visayer-Archipels begegnen uns manche Widersprüche, und wir sehen uns
bei den spärlichen Nachrichten genöthigt, mitunter auf Quellen aus dem
XVIII. ja XVII. Jahrhundert zurückzugehen; diess ist gleich bei Mindoro
der Fall. Diese grosse Insel ist nur selten von wissenschaftlich
gebildeten Europäern betreten worden, und so kommt es, dass wir auf
das aus 14 dickbäuchigen Bänden bestehende Geschichtswerk des Fray
Juan de la Concepcion zurückgehen müssen, welches beim Jahre 1716
(T. VII, p. 11) erwähnt, dass auf Mindoro neben wilden "Indiern"
auch wilde Negritos ("negritos cimarrones") lebten. Dr. A. B. Meyer
zweifelt nicht daran, dass hier Negritos existiren (Negr. 11). Diess
ist alles, was uns über die Negritos von Mindoro bekannt ist, wobei
ich darauf hinweise, dass nur ein schmaler Küstensaum den Spaniern
unterworfen, das ganze Innere aber eine terra incognita ist.

Über Panay, die reichste und bevölkertste Insel der Visayas,
fliessen reichlichere Quellen: schon Fray Gaspar de San Augustin
und Gemelli-Carreri berichten, dass im Innern der Insel Negritos
wohnen. Dr. A. B. Meyer sah sie dort (Meyer, Negr. 11 u. 26). Sie
bewohnen die Gebirgswildnisse und kommen oft zur Küste herab, selbst
nach Ilo-ilo. Der Augustiner Mozo nennt speciell die Berge von
Bosoc als den Hauptschlupfwinkel derselben (Misiones, p. 142). Diaz
Arenas giebt für die Negritos der Provinz Ilo-ilo die Zahl von 500
Köpfen an, von den übrigen Provinzen der Insel weiss er keine Daten
anzugeben. Cavada bestätigt ihre Existenz auf Panay (II, 98). Auf
der kleinen Insel Tablas sind zwei Negrito-Niederlassungen (Cavada
II, 127).

Die Insel Negros dankt ihren Namen den Negritos, welche dort in der
Zeit der Conquista in viel grösseren Massen gewohnt haben müssen,
als wie diess heute der Fall ist. Übrigens ist es nicht einmal nöthig
diese anzunehmen, denn die Spanier konnten der Insel den Namen auch nur
des Umstandes wegen gegeben haben, weil sie dort zuerst auf Negritos
überhaupt stiessen, denn wie aus Morga, Fray Gaspar de S. Agustin,
Fr. Juan de la Concepcion &c. erhellt, war schon in jener Zeit die
Küste in den Händen der Indier oder Malaien, die freilich eine starke
Dosis von Negritoblut in ihren Adern besassen, wie sich das noch heute
erkennen lässt (Meyer, Negr. 26). Semper (Skizzen 49) spricht nur von
"wenigen Negerfamilien", welche um den Vulcan Malaspina "hausen". Dem
widerspricht die bestimmte Zahl von 3475 Köpfen, welche Diaz Arenas für
Negros angiebt, und Dr. A. B. Meyer erwähnt ausdrücklich, dass sie dort
zahlreich vorkommen (Negr. 11). Zu Gemelli-Carreri's Zeit müssen sie
noch zahlreich gewesen sein (man vgl. auch: Allg. Hist. d. Reisen XI,
412). Cavada (II, 171) schätzt die Zahl der Negritos in Nord-Negros
auf 8900 Seelen.

Auf Cebú traf sie Dr. A. B. Meyer (Negr. 11 u. 26), doch dürfte ihre
Zahl dort eine nur geringe sein. Über Bóhol liegen mir absolut keine
Nachrichten vor, so dass ich sogleich zu den beiden grossen Inseln
Leyte und Sámar übergehen will. Dr. Jagor (Phil. 227) sagt: "Negritos
sind weder auf Sámar noch Leyte vorhanden", wogegen Dr. A. B. Meyer
es nicht für unmöglich hält, dass dort Negritos wohnen. Spanische
Schriftsteller schweigen gänzlich über diesen Punkt.

Auf der Insel Palawan (Paragua der Spanier) und der Gruppe der
Calamianes leben nach Waitz, V, 57, Negritos, desgleichen nach S. 55
desselben Werkes im Innern der Hauptinsel von Sulu. Bezüglich letzterer
ist es nur auffallend, dass weder ältere (Combez) noch moderne (Pazos)
spanische Autoren hierüber etwas melden. Man könnte diese Negritos
von Sulu und Palawan mit den Idaanes oder Idanes identificiren, welche
(Waitz, V, 46) auf der Ostküste von Palawan (d. h. wo auch die Negritos
wohnen sollen) und im Innern von Sulu wohnen. Zwar heisst es, dass nur
die Heiden (also im Gegensatze zu den Moslim) so genannt würden, aber
auffallend ist immerhin einerseits die Nachricht, dass der Name Idan
eine Collectivbezeichnung sei, indem die Idan verschiedene Sprachen
sprächen, andererseits die Ähnlichkeit von "Idan" mit den Bezeichnungen
"Etas", "Itas", welche sich die Negritos von Luzon selbst beilegen
oder von den Eingeborenen erhalten. Insbesondere auffallend ist die
Ähnlichkeit mit dem Namen "Idayan", welchen ein Negritodialekt in
Nord-Luzon führt. Doch widerspricht dieser Hypothese entscheidend die
Nachricht, dass die Idanes -- welche übrigens den spanischen Autoren
nicht bekannt sind -- nach Dalrymple (Waitz, V, 98) hellfarbiger sein
sollen als die Küstenbewohner. Für Sulu (Hauptinsel) möchte ich die
Existenz von Negritos schon deshalb verneinen, als im Innern dieser
Insel ein ungemein kriegerischer Malaien-Stamm, jener der Guimbas,
wohnt, der gewiss die Negritos ebenso ausgerottet haben dürfte,
wie diess unter ähnlichen Verhältnissen in den Ländern der Igorroten
auf Luzon geschehen ist. Dass die Insel Palawan Negritos beherbergt,
ist wohl nicht zu bezweifeln, dagegen dürfte gegen ihre Anwesenheit in
den Calamianes einiges einzuwenden sein, obwohl man bei den spärlichen
Nachrichten und der geringen Kenntniss des Landes sich hierüber nur
sehr reservirt aussprechen darf. Ich mache nur darauf aufmerksam,
dass die Spanier unter der Bezeichnung Calamianes auch den nördlichen
Theil Palawans mitverstehen, wodurch leicht Irrthümer entstehen können.

Der südlichste Theil des Generalcapitañats der Philippinen, die grosse
Insel Mindanao, wird ebenfalls von Negritos bewohnt. Der berühmte
Jesuit P. Francisco Combez, der gründlichste Kenner jenes Landes zu
seiner Zeit, constatirt ihre Existenz auf Seite 36 seiner Geschichte
von Mindanao, und auch Dampier und Gemelli-Carreri bestätigen
diess. Selbst der 25. Bd. der Halle'schen Welthistorie berichtet,
dass im Innern Mindanao's Neger hausen. Ihr Hauptsitz soll der
nordöstliche Winkel Mindanao's sein, was sehr natürlich erscheint,
indem ja die malaiische Invasion von Südwest erfolgte, eine Analogie
haben wir bereits auf Luzon gefunden, nur sind die Negritos von
Mindanao von der Küste durch Malaien getrennt. Dr. F. Jagor schätzte
ihre Zahl auf dieser Insel auf 10 000 Köpfe, fügt aber hinzu, dass
ihre Rassenreinheit sehr fraglich wäre (Phil. 322). Cavada (II, 206)
constatirt ihre Existenz in dem zur Provinz Surigao gehörigen Theile
Mindanao's.

Die Negritos sind also beinahe in allen Theilen des Archipels zu
finden, mit Ausnahme der beiden Inselgruppen der Batanes und Babuyanes
und vielleicht von Sámar, Leyte, Bóhol und Sulu. Trotz dieser grossen
Verbreitung ist ihre Zahl eine sehr geringe, und wenn Mas (pobl.,
p. 9) und Mallat (II, 94) ihre Zahl auf 25 000 schätzen, so ist
diess jedenfalls eher zu viel als zu wenig, wie diess schon Semper
(Skizzen 138) hervorgehoben hat.

Was ihr Äusseres anbelangt, so haben darüber die ausgezeichneten
Untersuchungen von Hofrath Dr. A. B. Meyer, Prof. Virchow, Prof. Semper
und Dr. Schadenberg genug Eingehendes über diesen Gegenstand
gebracht, so dass ich mich mit einer kurzen Zusammenstellung des
Gegebenen begnüge. Ihr Körperbau ist klein, schmächtig, die Waden,
wie diess die Photographie in dem so überaus interessanten Werke
Dr. Meyer's "Über die Negritos &c." drastisch zeigt, fast gar
nicht vorhanden. Durchschnittshöhe der Männer (Prov. Zambales)
1445 mm. Der Kopf ist vollständig negerähnlich, der Kiefer ein
wenig vorspringend, die Lippen schwach gewulstet, die Nase ist
plattgedrückt; man vergleiche darüber die Skizzen Dr. Meyer's in
seinem oben erwähnten Werke. Das Haar ist wollig, dick und schwarz
oder braunschwarz, Prof. Semper hebt seine Glanzlosigkeit hervor, es
wird kurzgeschoren getragen. Ihre Körperfarbe ist schwärzlich-braun
(dunkelkupferfarben). Wie bei vielen Stämmen, die in ähnlichen
Verhältnissen leben, findet man bei ihnen verhältnissmässig grosse
Bäuche. Der spärliche Bartwuchs beschränkt sich meist auf den
Backenbart (Schadenberg 147). Auffallend ist die Geschicklichkeit,
mit welcher sie sich ihrer Zehen zum Greifen und Festhalten zu bedienen
wissen (Schadenberg 143).

Ihr Temperament ist ein sehr lebhaftes, und dass sie nicht so unbegabt
sind, wie es die spanischen Geistlichen gern darthun möchten, beweist
nicht nur der Umstand, dass sie ausser ihrer eigenen Sprache oft noch
zwei Dialekte der angrenzenden Malaien sprechen (Meyer, Negr. 15),
sondern auch die Thatsache, dass unter den malaiischen Irayas in
Nordost-Luzon sich die Negritos sogar zu fester Niederlassung und
sogar zum Ackerbau [5] haben bewegen lassen. Das sind auch ihre
einzigen festen Niederlassungen, sonst leben sie als Nomaden in
ihren Wäldern, selbst die Rancherías der den spanischen Behörden
unterworfenen Negritos haben nur einen festen Namen (oft auch
diesen nicht), aber keinen fixen Platz. Ihr einziger Schutz gegen
die Unbilden der Witterung besteht in leicht beweglichen Schirmen,
welche schräg gegen die Windrichtung oder gegen die Sonne gestellt
werden. Sie sind aus Palmenblättern geflochten und haben oft eine
Oberfläche von 25-30 Quadratfuss (Semper, Erdk. XIII, 253). Die
Küsten-Negritos von Nordost-Luzon, welche Dumagat genannt werden,
liegen unter diesen Schutzdächern je nach dem Vermögensstande auf
Strohmatten, Stücken von Baumrinde oder nur auf der nackten Erde
(Semper, l. c. und Ilustracion 1860, n. 17, p. 193), diese Schutzdächer
tragen sie bei ihren Wanderungen mit sich herum.

Um sich vor der Nachtkälte in den Bergwäldern zu schützen, legen
sie sich so nahe an das Feuer, dass man glauben sollte, ihre Haut
müsse versengt werden, oder sie legen sich sogar in die heisse Asche
hinein. Da sie sonst auch sehr unreinlich sind, so ist es kein Wunder,
wenn ihr Körper mit Schmutzkrusten bedeckt ist.

Bis zum Eintritt der Pubertät laufen sie ganz nackt herum (Mundt-Lauff,
Natur V, 458), dann schlagen sie sich ein Tuch um die Lenden oder
tragen ein oft ungenügendes Suspensorium (Meyer, Negr. 15). Die Weiber
jener Horden, welche in einem freundschaftlichen Handelsverkehre mit
den Christen stehen, tragen ein kurzes Jäckchen (auf den Philippinen
Hemd -- camisa -- genannt) und den Tapis der philippinischen Malaien
(Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Unter den Männern tragen einige
auch einen erhandelten Mantel um die Schultern und auf dem Kopfe
ein Tüchlein (Ilustr., l. c.). Die Leibbinde besteht aus einem
selbstbereiteten Baumrindenstoff oder aus gekaufter Baumwolle. Es
giebt aber auch Negrito-Horden, welche die Tracht der christlichen
Malaien angenommen haben (Cavada I, 221; II, 127).

Sie kennen und üben die Sitte des Tätowirens. Bei den Negritos von
Zambales und Bataán (Sierra Mariveles) werden die Tätowirungsmuster,
welche aus geradlinigen Mustern bestehen, durch Hauteinschnitte
mittelst geschärfter Bambussplitter erzeugt. Dadurch entstehen schwach
erhöhte Narben, welche aber erst in grosser Nähe in die Augen fallen
(Meyer 16). Auch die Dumagat-Negritos tragen geradlinige Muster
auf Brust, Oberleib, Schultern und Rücken, hier (Nordost-Luzon)
aber werden keine Hauteinschnitte gemacht, sondern jene Muster
wie bei den umliegenden Malaien mittelst einer Nadel eingestochen
(Semper, Skizzen 50). Sobald die Tätowirung vollständig ist, wird der
Negrito-Jüngling ein selbständiger Mann, er kann jetzt heirathen und
eine Familie gründen (Schadenberg 136).

Bei einigen Horden werden die Schneidezähne sägeförmig zugefeilt (Jagor
374; Meyer, Negr. 23 u. 27), diese Sitte ist aber nicht allgemein,
denn Mas (pobl. I) sagt ausdrücklich, er hätte nur einige Negritos
gesehen, welche die Zähne spitzgefeilt trugen, was auch Schadenberg
bestätigt (136). Semper will diese Sitte nur auf die Negritos von
Mariveles oder Zambales beschränkt wissen (Palau-Inseln 364). Über
künstliche Schädeldeformation ist wenig bekannt, doch muss dieselbe
wenigstens theilweise Statt finden (Schadenberg 135).

Ledige Männer tragen in den Haaren Kämme aus Rohr (m. vgl. die
Abbildungen bei Schadenberg), angeblich zum Zeichen ihres ehelosen
Standes (Ilustr. 1850, n. 17, p. 193), doch scheint letzteres nicht
für alle Horden zu gelten, am allerwenigsten für die Negritos der
Sierra Mariveles. D. Sinibaldo Mas (pobl. 2) erwähnt, dass bei den
Negritos der Waldwildnisse des Mte. Camachin die Mädchen Halsbänder
aus Palmenblättern trugen. Von ähnlichen Halsbändern aus Bast- oder
Bejucoschnüren spricht Dr. Schadenberg (S. 141). Die Negritos von
Zambales tragen nur selten Ohrgehänge, welche mitunter aus Muscheln
bestehen, die Dumagat-Männer sowie alle Negrito-Weiber tragen in
ihren Ohren verschiedene Schmuckgegenstände oft der verwunderlichsten
Art. Es sind oft nur Stücke Rohr oder Holzsplitter, welche an den Enden
ganz zerfasert sind, so dass faustgrosse leicht gekräuselte Büschel
dadurch entstehen; Semper (Erdk. XIII, 253) fand diesen Schmuck
bei den Dumagat-Negritos. Die Weiber benutzen ihre Ohren auch als
Transportmittel, indem sie Rollen jener Pflanzenrinde, welche ihnen
zur Bereitung ihrer Kleiderstoffe dient, in die Ohrlöcher stecken
(Semper, Erdk. XIII, 253). Manche Weiber tragen auch ein Zweiglein
sammt seinem Blüthenschmucke in den Ohren (Ilustr. 1860, n. 17,
p. 193), die Weiber tragen auch schön verzierte Bambuskämme in den
Haaren (Schadenberg 141). Ringe werden an Armen und Beinen getragen
(Semper, Skizzen 50). Glasperlen und Messingdraht (um den Hals zu
tragen) dienen den Frauen zum Schmucke (Meyer, Negr. 15). Sonst
schleppen sie noch selbstverfertigte Beutel mit sich herum, in denen
sie den leidenschaftlich begehrten Tabak und Betel verwahren. Da
ich schon vom Tabak spreche, so sei erwähnt, dass sie ihn nur in
Cigarrenform rauchen, wobei sie das glimmende Ende zwischen die Zähne
nehmen (Schadenberg 146). Eine Zierde der Männer ist der Hayabung,
d. h. eine mit Wildschweinborsten, Glasperlen und Fledermausfellen
verzierte Schnur, die oberhalb der Wade getragen wird (Schadenberg
141). Nach Dr. Jagor legt diesen Schmuck nur derjenige an, dem es
geglückt ist, ein Wildschwein zu erlegen.

Man hat ihnen früher jede Religion abgesprochen. Bastian (Reisen V,
268) berichtet, dass sie ausser Gott ("Cambunian") Mond und Sterne
verehren. Beim Donnern opfern sie Schweine und dem Regenbogen bringen
sie Gebete dar. Nun ist aber der Cambunian eine Igorroten-Gottheit,
ebenso ist, was Mas (pobl. 4) von der Religion der Negritos vom
Mte. Camachin erwähnt, der alte Glaube der Tagalen. Nur was den
Mondcultus anbelangt, ist Bastian im Rechte, denn Schadenberg
erzählt (S. 144), dass sie in Vollmondnächten mit Bogen und
Pfeil auf den Schultern Tänze abhalten, an denen auch die Weiber
theilnehmen. Dr. A. B. Meyer konnte bei den Negritos der Sierra
Mariveles weder Götzen oder den Göttern geweihte Stätten entdecken. Bei
den Dumagat-Negritos existiren einige "rohe Mythen, die sich um Essen
und Trinken drehen"; auch feiern sie in Gesängen eine grosse Schlange,
welche ihnen im Traume die Orte weist, wo das Wild oder der Honig zu
finden ist (Semper, Erdk. X, 254).

Die Frauen gebären leicht und schnell, bei schweren Geburten vertritt
ein altes Weib die Stelle der Hebamme. Die Nabelschnur wird durch
einen scharfen Bambus abgetrennt und das Kind abgewaschen, und zwar mit
Wasser, welches an der Sonne gestanden hat. Die Kinder werden rittlings
auf der Hüfte und später auf dem Rücken getragen (Schadenberg 135);
das Stillen dauert beiläufig zwei Jahre (l. c.).

Die Ehen werden frühzeitig vereinbart, aber erst später nach erlangter
Pubertät vollzogen, es giebt Eheleute oder vielleicht richtiger
gesagt Verlobte, welche nur 8 oder 9 Jahre zählen (Ilustr. 1860,
n. 17, p. 193). Nach Mundt-Lauff (Natur V, 458) heirathen die Männer
nicht vor dem fünfzehnten, die Weiber nicht vor dem dreizehnten
Jahre. "Monogamie ist bei ihnen Regel" berichtet Schadenberg
(135). Bei den Negritos von Albay wird die Braut durch Kauf vom
Schwiegervater erworben; wird die Ehe durch Untreue der Gattin
gelöst, so muss dieser Kaufpreis dem Schwiegersohne rückgestellt
werden (Cavada I, 221). Die heutigen Negritos von Zambales-Bataán
suchen ihre Frau sich womöglich aus der eigenen Verwandtschaft,
während bei den Negritos auf Negros Ehen innerhalb derselben Horde,
wenigstens am Ausgange des XVII. Jahrhunderts, nicht gestattet waren,
man konnte die Weiber nur durch Raub von fremden Horden erlangen,
und diess führte zu endlosen Kriegen (Allg. Hist. XI, 412). Die
Hochzeit selbst wird durch Gesang und Tanz gefeiert, wobei Braut und
Bräutigam in festlichem Schmucke erscheinen (Schadenberg 137). Die
Frau hat alle Lasten des Lebens zu tragen, dem Manne obliegt nur die
Jagd, er hat auch eine unumschränkte Macht über alle Glieder seiner
Familie (l. c.). Ein angenehmer Zug im Charakter der Negritos ist die
hohe Achtung vor dem Alter, erwerbsunfähige Greise werden von ihren
Angehörigen liebevoll gepflegt (Schadenberg 135).

Da sie nur mit Misstrauen sich den Christen nähern, so ist uns auch
über ihre sonstigen Bräuche wenig bekannt. Ihre Festlichkeiten bestehen
in Tänzen und Gesängen. Der Tanz Acubac wird in folgender Weise
ausgeführt: ein oder mehrere Mädchen stellen sich in die Mitte eines
Kreises, welcher von Männern gebildet wird. Diese halten einer den
anderen beim Gürtel fest und drehen sich um die Weiber, indem sie mit
den Füssen den Boden nach dem Takte eines monotonen und langweiligen
Gesanges stampfen. Ähnliches berichtet Dr. Schadenberg. Dieser
Gesang heisst "inalug" und wird von den Weibern gesungen, die
Männer wiederholen oder antworten mit einem ähnlichen Wechselgesang
(Ilustr. 1860, n. 17, p. 194). Der Text besteht aus sinnlosen und
zufälligen Phrasen (Meyer 16), alte Männer halten es unter ihrer
Würde mitzusingen, diess gebührt nur den jungen. Mas (pobl., p. 3)
vergleicht diese Gesänge der Negritos mit dem Comintan der Tagalen,
jedenfalls müssen diess andere sein, wie der eben beschriebene
Acubac. Nach Semper besingen sie auch kriegerische Grossthaten. Die
Negrito-Weiber vom Mte. Camachin besassen eine Art von Guitarre oder
Zither, welche aus Rohr verfertigt war, die Stelle der Saiten vertraten
drei dünne Fäden, welche aus Wurzelfasern bestanden, doch gab es auch
solche von Sehnen. Das Instrument besitzt keinen Griff und wird mit
der linken Hand gespielt (Mas, l. c.). Mit dieser Zither oder Guitarre
begleiteten sie im 2/4 Takte den Gesang anderer Mädchen, wobei die
Spielenden mit dem Fusse taktförmig stampften, auch die Männer wussten
das Instrument zu handhaben. Dr. Schadenberg fand ausser Muschelhörnern
keine Musikinstrumente bei den Negritos von Zambales vor.

Ackerbau ist ihnen als herumstreifenden Jägern und Fischern fremd,
nur die unter den Irayas wohnenden und die Negritos von Tarlac bauen
Reis, sonst nähren sie sich durchweg von Waldfrüchten und anderen
Vegetabilien, Honig, Wildpret und Fischen. Unter den ersteren sind es
die Herzen der Palmensorten und die Wurzeln wilder Aroideen, welche
ihnen die meiste Nahrung aus dem Pflanzenreiche liefern (Semper,
Skizzen 52). Ihr Hauptleckerbissen ist der Honig der zahlreichen wilden
Bienen; die Zeit, wo die von den Bienen besiedelten Bäume gefüllt
sind, ist ihre Erntezeit. Das Wachs verhandeln sie an Christen und
Chinesen für Tabak und Betel, denn sie sind nicht nur leidenschaftliche
Tabakraucher, sondern auch Betelkäuer (Semper, l. c.). Das Fleisch der
erlegten Thiere braten sie in Gruben (Schadenberg 144, nach P. Felipe
Calayag). Was sonst kriecht und fliegt und schwimmt wird von ihnen
gegessen, wenn sie nur dessen habhaft werden können, aber diess ist bei
dem elenden Zustande ihrer Waffen nicht so leicht. Letztere bestehen
aus Bogen, Pfeil und Waldmesser, die Pfeile haben eine eiserne Spitze,
die sie durch Handel erlangen; früher bestand die Pfeilspitze,
wie Gemelli-Carreri berichtet, meist aus Kieselsteinen, Knochen
oder Holz. Die Pfeile werden in einem primitiven Köcher -- einem
Stück Bambusrohr getragen (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Dr. Meyer
(Negr. 15) und Dr. Mundt-Lauff (Nat. V. 479) haben keine vergifteten
Pfeile bei ihnen vorgefunden, dagegen aber Dr. Jagor (Phil. 51),
desgleichen Mozo, welcher (Misiones, p. 110) erzählt, dass sie das
Pfeilgift aus der Rinde eines von ihnen Camandag genannten Baumes
und mehreren anderen Wurzeln und Kräutern bereiten. Vergiftete
Pfeile erwähnt Cavada nicht bei ihnen, wohl aber bei den mit ihnen
wahrscheinlich identischen Balugas. Sie haben drei Gattungen Pfeile,
nämlich für Vögel, Wildschweine und grösseres Wild (Schadenb. 138). Gut
wissen sie auch Steine zu schleudern, seltener trifft man bei ihnen
Lanzen an (l. c., p. 140 f.). Bei der Jagd werden sie von Hunden,
ihren einzigen Hausthieren, unterstützt (Mozo 106, Schadenberg 146).

Selten gelingt es ihnen, ein grösseres Thier zu erlegen, so dass ihre
animalische Kost sich nur auf das Fleisch von Schlangen, Fröschen
und Fischen reducirt (Meyer, N. 14), letztere werden nicht geangelt,
sondern mit Pfeilen geschossen (Semper, Skizzen 52).

Stirbt ein Negrito (in Ilócos Norte), so wird er im Gebirge begraben,
in das Grab werden ihm Feuerstein, Waffen und Stücke Wildpret
mitgegeben, desgleichen von allem, was dem Verstorbenen nahe ging,
wenigstens ein Theil (Ilustr. 1860, n. 12, p. 153). Dr. Meyer fand
die Leichen der Zambales-Negritos in ausgehöhlten Baumstämmen [6],
nur einen Fuss tief unter der Erdoberfläche, in diesen rohen Särgen
fand sich nur hie und da eine Eisenspitze. Der Kopf der Todten wird
in ein rohes Gewebe gehüllt (Schadenberg 148). Die Gräber waren auch
äusserlich kenntlich: sie besassen ein Schutzdach von Bambus und
Palmzweigen, ein Bambusgitter umgab das Grab (Meyer 17), letzteres
sah auch Mas bei den Negritos vom Mte. Camachin (Mas, pobl. 4). Diese
pflegen ein Jahr lang die Grabstätte gänzlich zu meiden, die Negritos
von Nordost-Luzon verlassen zwar den Ort, bleiben aber in der Nähe,
um zu verhindern, dass jemand die Stätte betritt. Wer diess thut,
wird aus sicherem Verstecke durch Pfeilschüsse getödtet [7] (Semper,
Erdk. X, 255); sollte diess nur eine Strafe für die Entweihung der
Stätte sein, oder soll durch die Tödtung des Fremden der Verlust des
eigenen Stammes gleichsam wettgemacht werden?

Ihre Zersplitterung macht sie ihren Feinden gegenüber ohnmächtig,
selbst die kleinen, 20-30 Köpfe zählenden Horden haben gar keine feste
Organisation oder irgendwelche Disciplin, sie kennen eben nur die Bande
der Familie (Meyer, Negr. 15), doch geniessen die älteren Männer ihrer
Erfahrung wegen einen freilich nicht schwerwiegenden Einfluss. Der
Häuptling bestimmt die Lagerplätze und die Zeit des Aufbruches
(Schadenberg 137). Die Negritos der Provinz Ilo-ilo erkennen diejenigen
als Häuptlinge an, welche von den spanischen Missionären eingesetzt
werden (Buzeta II, 103 f.). Einzelne Horden zahlen der spanischen
Regierung eine Abgabe in Naturalien als Zeichen der Unterwerfung, doch
geschieht diese Zahlung sehr unregelmässig und hängt nur von dem guten
Willen der Negritos ab, da die spanischen Behörden ihren Wildnissen
gegenüber machtlos sind. Solche "unterworfene" Negritos besitzen
dann einen "Gobernadorcillo (Gemeindevorsteher)", eine Puppe, welche
den Verkehr zwischen der Behörde und den Negritos vermittelt. Der
Gobernadorcillo wird aus den ältesten der Horde erwählt, hat aber unter
seinen Stammesgenossen gar keine Macht, sein Amt ist sehr einträglich,
denn die spanischen Beamten und Pfarrer pflegen ihn reichlich zu
beschenken. Manche Horden stehen mit den Spaniern auf Kriegsfuss,
ein Mal kamen 700-900 feindliche Negritos bis vor Lingayen (Mas,
pobl. 2). Die Malaien haben vor ihnen trotz ihrer schwachen Zahl und
ihren armseligen Waffen einen bedeutenden Respect. Die einzelnen
Horden sind in beständige blutige Fehden mit einander verwickelt,
wodurch sie immer mehr decimirt werden. Scheidnagel (Filipinas
30) sagt von den Zambales-Negritos, dass sie wild und blutdürstig
wären. Die Negritos zwischen Baler und Casiguran sind im ständigen
Kampfe mit christlichen wie heidnischen Malaien begriffen (Semper,
Erdk. XIII, 252). Sie wurden von den heidnischen Stämmen oft auch
bekriegt blos um Gefangene zu erhalten, letztere wurden der Familie
eines Erschlagenen von jener des Mörders übergeben, um als Sühne für
den Ermordeten abgeschlachtet zu werden.

Nach dem Erzählten ist es leicht begreiflich, dass die Gesammtzahl
der Negritos nur eine sehr geringe sein kann, Mas (pobl. 9) schätzt
sie auf 25 000, Mallat (II, 94) giebt dieselbe Ziffer an, Semper hält
diess mit Recht für übertrieben (Skizzen 138). Jedenfalls beträgt
ihre Anzahl mehr als 10 000 Seelen, wobei ich von Mindanao ganz absehe
und mich nur auf Luzon und die Visayas beschränke. Sie gehen langsam,
aber sicher ihrem Untergange entgegen.

Ehe ich zu den Malaien übergehe, habe ich noch den interessanten
Stamm der Balugas zu erwähnen, welcher in Pangasinán und zwar der
Centralebene Luzons wohnt. Semper hat die Balugas selbst gesehen
und bezeichnet sie als eine Mischlingsrasse von Negritos und Malaien
(Skizzen 53); der Name ist nach ihm tagalisch und bedeutet soviel als
schwarzer Mestize, schwarzer Bastard (Skizzen 136). Diese Mischung mit
malaiischem Blute ist aber nicht stark genug, um die den Negritos
charakteristischen Eigenthümlichkeiten verschwinden zu machen;
im vorigen Jahrhundert haben diese Balugas ein Leben geführt,
das sich in gar Nichts oder wenigstens so gut wie gar nicht von
jenem der Negritos unterscheidet, so dass man geneigt wäre, sie in
jener Zeit als noch unvermischt anzusehen. Es darf nicht unerwähnt
bleiben, dass nach Mas (pobl.) die Negritos neben dem spanischen
Namen Negrillos auch noch die eingeborenen: aëtas, itas, etas und
balugas führen und Scheidnagel (Filipinas 61) bemerkt ausdrücklich:
"Se les suele denominar por los indios con el nombre de balugas",
ebenso spricht Cavada (I, 164) von Balugas ó Aëtas. Die Malaiinnen
Luzons haben einen Abscheu vor den Negritos und gehen trotz ihrer
starken Sinnlichkeit keine geschlechtlichen Verbindungen mit den
Männern der schwarzen Rasse ein, wie Fr. Gaspar de S. Augustin schon
bemerkt (die Visaya-Malaiinnen sollen nicht so heikel sein), es kann
daher jene Vermischung nur durch geraubte Malaiinnen Statt gefunden
haben oder durch Remontados, das heisst durch Malaien, welche eines
Verbrechens wegen oder um den Steuern zu entgehen in die Wälder
flohen und sich unter jenen Negritos niederliessen, was aber nicht
gut möglich ist, da die Negritos gegen diese Exchristen ein starkes
Misstrauen hegen. Es ist also nur der erste Fall der wahrscheinlichere.

Fray Antonio Mozo überschreibt das VIII. Cap. seines Werkes mit:
"Missiones de Balugas ó Aëtas", er will also Balugas mit Negritos
identificiren, wie auch aus dem Inhalt des ganzen Capitels erhellt. Was
er von dem Leben und Treiben der Balugas erzählt, ist eben so gut auf
die heutigen Negritos anwendbar. Die Balugas von Pangasinán, welche
Professor Semper sah, müssen also erst seit der Mitte des vorigen
Jahrhunderts mit malaiischem Blute sich gemengt haben, und man wird
vorsichtig mit dem Namen Baluga umgehen müssen, nachdem, wie wir
soeben gesehen, auch Vollblut-Negritos so genannt wurden und werden.

Noch sei zum Schlusse bemerkt, dass es eine Zeit gab, wo man zweifelte,
ob die Negritos sich im Besitze eines eigenen Idioms befänden. Diess
kam daher, weil die Negritos im Verkehre mit Spaniern und Indiern sich
der Sprache ihrer malaiischen Nachbarn bedienen. Durch die gründlichen
Untersuchungen der Herrn Dr. A. B. Meyer, Dr. v. Miklucho-Maclay
und Dr. A. Schadenberg ist sichergestellt, dass die Negritos sich
im Besitze einer eigenen Sprache befinden, welche freilich von den
malaiischen Nachbar-Dialekten nicht unbeeinflusst geblieben ist.



II. MALAIEN.


1. Tagalen.

Der bedeutendste Zweig der malaiischen Rasse auf den Philippinen
wird von den Tagalen (Tagales) gebildet. Die Tagalen bewohnen den
centralen Theil Luzons. Die Provinzen und Districte: Manila, Laguna,
Cavite, Batangas, Bulacán, Morong, Infanta, Tayabas, Bataán und die
Corregidor-Insel werden beinahe ausschliesslich von ihnen bewohnt,
nur in Manila bilden Weisse, Chinesen und die Mischlinge dieser Rassen
einen erheblichen Bruchtheil der Bevölkerung, wie die officiellen
Censuslisten aufweisen. Überdiess wohnen sie in nicht unbedeutender
Stärke in der Provinz Zambales, ferner in den Provinzen Príncipe,
Isabela und Nueva Écija. An der Nordostküste Luzons ist der nördlichste
von ihnen bewohnte Punkt Paranan (Semper, Erdk. X, 258). In der
Provinz Camarínes Norte reichen sie von Nordwesten her bis zu dem
durch seine reichen Goldminen bekannten Orte Paracáli, wo bereits
mehr Tagalisch als Vicol gesprochen wird (Jagor, Phil., 149). Hier hat
also das Tagalog seit den Tagen der Conquista bedeutende Fortschritte
gemacht, denn in der Zeit des Don Juan de Salcedo waren jene Gegenden
von Camarínes Norte ausschliesslich mit Vicols besiedelt. Die grosse
Insel Mindoro wurde im XVII. Jahrhunderte nur an den Nordküsten von
Tagalen bewohnt (Allg. Hist. XI, 406), heute herrscht auf der ganzen
Insel, so weit sie Spanien unterworfen ist, d. h. an den Küsten,
die tagalische Sprache. Die Insel Marinduque war bei der Ankunft der
Spanier von Visayern bewohnt, welche unter tagalischen Häuptlingen
lebten, die Zahl der Tagalen war gering, auch hier bewährte sich die
tagalische Sprache als Siegerin, sie ist heute die herrschende, wie die
Censuslisten aufweisen. Auf der Ostküste Luzons wird die Insel Polillo
gleichfalls von ihnen bewohnt. Verstreut, aber nur in geringer Anzahl,
sind sie in allen Theilen der Philippinen zu finden, selbst ausserhalb
des Archipels, so fand Jagor auch welche in Singapore (Jagor, Skizzen
35). In Zamboanga auf Mindanao, ferner auf den Marianen bilden Tagalen
und deren Mischlinge einen erheblichen Theil der Bevölkerung (Buzeta I,
66). Ebenso giebt es tagalische Niederlassungen seit 1848 im Meerbusen
von Davao auf Mindanao (Cavada II, 224).

Die Tagalen zeigen eine grössere Verschiedenheit vom malaiischen Typus
als die Visayas (Bastian, Reisen V, 273). Ihre Hautfarbe ist bräunlich
mit einem gelblichen Tone, in Manila durch Kreuzung mit Europäern und
Chinesen etwas heller als in den anderen Provinzen. Der Körper ist gut
gewachsen, die Gliedmaassen sehr zart. Der Kopf ist rund, hinten platt,
die Nase ist etwas plattgedrückt und mit breiten Flügeln versehen,
der Mund ist gross, die Lippen ziemlich dick. Die Backenknochen
treten stark hervor, die Stirne ist niedrig. Die Augen sind gross
und dunkel, nach Mallat lebhaft, nach Cañamaque das Gegentheil. Einen
eigenthümlichen Eindruck machten auf mich stets die zwei Hautfalten,
welche von den Nasenflügeln sich zu den Mundwinkeln hinziehen und die
man auf Abbildungen und Photographien selbst jugendlicher Personen
schärfer hervortreten sieht, als diess bei Europäern desselben Alters
der Fall ist. Dieser Umstand ist noch von Niemandem bemerkt worden. Der
Haarwuchs ist ein ungemein üppiger, das Haar schwarz, aber grob.

Die Beweglichkeit ihrer Zehen ist eine auffallende, sie sind im
Stande die Füsse zur Unterstützung ihrer Hände herbeizuziehen,
mit Leichtigkeit erfassen sie die kleinsten Gegenstände mit den
Zehen und heben sie vom Boden auf, um sich die Mühe des Bückens zu
ersparen; beim Klettern kommt ihnen besonders diese Eigenschaft zu
gute (Ilustr. 1858, n. 7, p. 53). Wir haben bereits oben Ähnliches
bei den Negritos gefunden. Die grosse Zehe ist auch von den übrigen
durch einen grösseren Zwischenraum getrennt (Buzeta I, 59).

Nicht minder ausserordentlich ist ihr Geruchssinn. Selbst in einer
grösseren Gesellschaft erkennen sie an dem Geruche der Taschentücher
deren Besitzer (Jagor, Skizzen 39). Es giebt Diener, welche durch
Beriechen unter einem Dutzend fremder, frischgewaschener Hemden
das Eigenthum ihres Herrn sofort herausfinden. Liebende tauschen
Kleidungsstücke &c. aus, um sich am Beriechen derselben zu erfreuen,
ist der fremde "Duft" durch den eigenen verdrängt, findet neuer
Austausch Statt. Nach Mas (pobl. 87), dem ich auch das Obige entnehme,
sollen die Weiber durch ihren Geruchssinn es erkennen, ob ein in
ihrer Nähe befindlicher Mann geschlechtlich erregt ist oder nicht (?).

Die Tagalen siedeln sich stets unmittelbar an einem grösseren Wasser
an, sei es ein Fluss, ein Bach, ein See oder das Meer selbst, ihr
Name selbst soll soviel wie Flussbewohner bedeuten, die Ebene und das
Thal sind ihre Heimath, die steilen Hänge, die Gebirgsgelände meiden
sie nach Thunlichkeit. In den Zeiten ihrer Unabhängigkeit waren ihre
Niederlassungen klein und zersplittert, die Spanier aber zwangen sie,
sich in grössere Ortschaften zusammenzusiedeln, welche Pueblos (wenn
sie eine autonome Gemeinde bilden) oder Barrios heissen. Es gehörte
viel dazu, die zum isolirten Vegetiren sich hinneigenden Tagalen zu
dieser Concentration zu bringen, zum Glück begegneten sich da die
Absichten der Regierung mit den Interessen der Geistlichkeit und des
durch kluge Concessionen gewonnenen eingeborenen Adels.

Die Hütten der Tagalen stehen auf Pfählen; der von den Pfählen
eingeschlossene Raum wird durch Bambuslatten abgesperrt (Jagor,
Phil. 20), in denselben werfen die Tagalen durch die Spalten des Bodens
der Hütte den Kehricht herunter (Semper, Skizzen 50). Die Hütten
selbst sind aus Rohr, bei Reicheren aus Brettern und Balken erbaut,
meist besteht jedoch nur das Gerüste aus diesem Material, die Wände
werden dann aus Pandanusblättern verfertigt. Die Fenster haben Läden
aus Fächerpalmblättern oder Bambusrohr. Selten fehlt die Azotea oder
Batalan, eine Art Galerie oder Veranda. Das Dach wird mit Blättern der
Nipapalme gedeckt, welche oft zu förmlichen Ziegeln geformt sind. Es
giebt Hütten, welche sammt dem Mobiliar zwei Centner wiegen (Jagor,
Phil. 20). Beim Baue wird zuerst das Dach, dann erst die Hütte selbst
hergestellt (Jagor, Phil. 46; Scheidnagel 54). Der Aufstieg geschieht
auf einer Leiter oder einem eingekerbten Bambus, bei Nacht wird die
Hütte durch Aufziehen der Leiter unnahbar. Die Hütten haben nur ein
Stockwerk, dessen Fussboden ungefähr einen Meter über der Erde erhaben
ist (Scheidnagel 54). Vornehme Indier, die Principales oder Glieder der
Dorf-Aristokratie, haben bessere zum Theil aus Stein erbaute Häuser,
welche mitunter ein mit Zink gedecktes Dach besitzen (Scheidnagel
l. c.). Das Mobiliar besteht bei der Mehrzahl der Tagalen nur aus dem
Kochgeschirr und Matten. Jagor fand die stattlichsten Tagalenhäuser in
der Provinz Bulacán, in denselben fehlten weder Stühle, noch Tische,
Bänke, Schränke, selbst Spiegel und Lithographien waren vorhanden
(Jagor, Phil. 48).

In den Provinzen laufen die Kinder ganz nackt herum oder tragen nur
das philippinische Hemd, die Camisa, d. h. eine Jacke, welche nicht
einmal den Nabel bedeckt. Selbst grössere Burschen begnügen sich
mit dem Tapa-Rabo, einem Baumwollstoffe, welcher zwischen die Beine
geschlagen und am Gürtel festgemacht wird (Vila 7). Die Tracht der
erwachsenen Männer ist sehr einfach, sie besteht aus der erwähnten
Camisa und Beinkleidern, nur pflegt hier das Hemd meist so lang wie das
der Europäer zu sein, was aber um so unanständiger erscheint, indem
das Hemd über den Hosen getragen wird. Die Hemden der Vornehmen sind
oft reich gestickt oder wenigstens mit rothen Knöpfen versehen. Reiche
Leute tragen Perlen oder Brillanten als Knöpfe (Scheidnagel 60). Die
Mitglieder des eingeborenen Adels tragen über dem Hemde eine schwarze
Tuchjacke, doch ist diess nicht ihr ausschliessliches Privileg, wie
in einigen Werken zu lesen ist. Lächerlich nehmen sich die Kutscher
europäischer Herren aus: Das Hemd über den Hosen, eine gallonirte
Jacke, Gamaschen und Cylinderhut! Die Füsse tragen sie meist nackt,
selbst die eingeborenen Truppen der Spanier tragen Schuhe nur zur
Parade, und in der Stadt, bei Märschen und im Felde gehen sie barfuss,
sonst würden sie bald marschunfähig werden. Die Vornehmen tragen
mitunter selbst Lackschuhe (Scheidnagel 60).

Auf dem Kopfe tragen sie einen grossen Hut, den Salacot oder
Salacó. Dieser hat die Form eines Kugelsegments und ist sehr häufig
mit einer Spitze versehen, welche aus Silber oder gar aus Gold
besteht (Scheidnagel, l. c.). Das Material sind Palmenblätter, Stroh
&c. Vornehme tragen gern Hüte europäischer Façon, ja mit Vorliebe
Cylinder.

Ärmere Frauen tragen nur die kurze Camisa und dann die Saya. Letztere
ist ein Frauenrock, der von der Hüfte bis zu den Knöcheln reicht, oft
aber auch die Waden ganz unbedeckt lässt. Bei der Kürze der Camisa
bleibt häufig ein Streifen nackten Leibes den Blicken der Männer
ausgesetzt. Reichere tragen noch den Tápis, dieser besteht aus einem
Zeuge, welches um den oberen Theil der Saya herumgewunden wird. Sie
wissen den Tápis in einen schönen Faltenwurf zu bringen. Man liebt
besonders gestreifte Stoffe, am berühmtesten sind die Tápisstoffe,
welche in Balívag (Provinz Bulacán) fabricirt werden, sie sind
dunkelbraun und weiss gestreift. Die Stoffe zu diesen Kleidern werden
aus Baumwolle, Abacá oder Seide verfertigt. Das Haar tragen die Weiber
aufgelöst oder in einem durch einen Kamm zusammengehaltenen Knoten
("pusod") geknüpft. Zum Schmucke der Haare dienen Blumen. Geschmeide
wird gleichfalls getragen, doch ist es meist europäischen oder
chinesischen Ursprunges oder doch fremden Mustern entlehnt. Die
Füsse stecken bei allen Bemittelten in eigenthümlichen Pantoffeln,
den sogenannten Chinelas, deren Oberdecke so kurz ist, dass sie kaum
die Zehen bedeckt.

Die Tagalen leben vom Fischfang und Ackerbau. Der Reis ist ihre
Hauptnahrung, deshalb wird er auch am meisten gebaut. Auf einer
Ausstellung zu Manila wurden 60 angeblich verschiedene Reisgattungen
ausgestellt, welche sämmtlich in den Philippinen gebaut werden (Jagor,
Skizzen 37). Dem Reisbau wenden sie auch die grösste Sorgfalt zu,
obwohl sie nicht viel mehr zu bauen pflegen, als sie selbst zum
Unterhalte brauchen. Wo die Äcker an Waldwildnisse grenzen, werden sie
durch lebendige Hecken aus einer sehr stacheligen Bambusart geschützt
(Semper, Skizzen 135). Die Ackergeräthe sind sehr plump und meist
aus Bambus zusammengesetzt. Den Pflug zieht der Carabao-Büffel,
von dem ich noch weiter unten sprechen will. Reis ist ihre tägliche
Nahrung, und man sieht die Weiber stets damit beschäftigt, den noch
in der Hülle steckenden Reis--"pálay" genannt--durch Stossen in einem
Holzmörser--lusong--zu enthülsen. Diejenige Speise, welche bei ihnen
nicht nur die Stelle unseres Brotes vertritt, sondern für viele die
ausschliessliche Nahrung ist, besteht nur aus in Wasser gekochtem, oft
ungesalzenem Reis, der Name derselben ist: Morisqueta oder Canin. Auch
ihre Leckereien und Delicatessen bestehen meistentheils aus Reis,
so die Bibinca (gekochter Reis mit Cocosmilch) &c. Aus Reis wird
auch ein Branntwein gebrannt. Die Vorliebe für den Reis ist so gross,
dass selbst der Chocolade gerösteter Reis zugesetzt wird.

Nächst dem Reis werden noch Camóte und Mais gebaut. Camóte (Convulvulus
batatas) wuchert beinahe ohne jede Pflege, sie ist "eine unversiegbare
Vorrathskammer für den Besitzer, der das ganze Jahr hindurch seinen
Bedarf dem Felde entnehmen kann" (Jagor 122). Von Nahrungspflanzen für
heimischen Bedarf werden noch Gabi (Caladium), Ubi (Dioscorea) und zwei
Arumarten cultivirt. Der Cacaobaum wird zwar gepflanzt, liefert aber
bei der Indolenz der Eingeborenen und der Empfindlichkeit des Baumes
einen schlechten Ertrag. Der Caffeebau, für den Export bestimmt,
nimmt immer mehr zu, Zuckerrohr wird von den Tagalen nicht in der
Menge gebaut, wie von den Visayern. Die Fruchtbäume des ostindischen
Archipels werden auch von den Tagalen gezogen, ich gebe hier die
wichtigsten nach der "Ilustracion filipina" (1859, n. 12, p. 99)
mit den tagalischen Namen an: Manga (Mangifera indica), Saguing
(Musa paradisiaca) von den Spaniern "plátano" genannt, Atte (Annona
squamosa), Sapote (Sapote nigra), Tampoy (Eugenia Malaccensis),
Piña (Bromelia ananas), Mangostan (Garciana mangostana), Sagú
(Sagus Rumphii). Die Cocospalme ist nächst der Musa paradisiaca
der wichtigste Fruchtbaum. Sie wird in grossen Wäldern oder Hainen
(Cocales) gepflanzt, bekannt sind die Cocoteros von Pagsanjan, die
Cocosnüsse werden von dort in haushohen Pyramiden über die Laguna
de Bay und den Pasig nach Manila gerudert: "diese Massen haben keine
weitere Unterlage als die Cocosnüsse selbst, deren unterste Schicht
mit Stricken zusammengebunden ist" (Hügel 236). Aus der Milch der
Cocosnuss bereiten sie verschiedene süsse Speisen und Bäckereien,
insbesondere die Speise Macapumi (Scheidnagel 75), diese Palme liefert
ihnen den so beliebten Tuba-Wein, und das Cocosöl dient zum allgemeinen
Leuchtmaterial, sowie zur Pomade. Aus dem Zuckerstoffe der Buripalme
bereiten sie die Zuckerspeise Chancaca, desgleichen aus Pilikörnern [8]
(Scheidnagel, l. c.). An den Flussläufen wird Nipa littoralis gezogen,
von welcher auch Branntwein gewonnen wird. Von Nutzpflanzen werden
von den Tagalen Baumwolle, Indigo und Abacá (Manilahanf) gebaut. Der
Tabak wurde vor der Einführung des Monopols von den Tagalen fleissig
gepflanzt, jetzt (seit 1781) ist sein Anbau auf bestimmte Provinzen
beschränkt. Von den erwähnten Pflanzen sind folgende erst durch die
Spanier eingeführt worden: Indigo(?), Tabak, Mais, Caffee, Cacao
und Camóte.

Die Hausthiere der Tagalen vor Ankunft der Spanier bestanden nur aus
dem Carabao-Büffel, dem Schweine, Hunde und Geflügel, unter letzterem
besonders Hühner und Enten. Erst die Spanier brachten Rind, Pferd,
Schaf und Esel, doch haben diese beiden letzteren Thiergattungen sich
in diesem Lande nicht bewährt und werden demgemäss auch nicht mehr oder
nur hie und da gezüchtet. Der Carabao dient nicht nur als Zugthier, er
wird auch zum Reiten benutzt (Cañamaque, Recuerdos I, 152). Das Schwein
galt bei den Tagalen der Conquista als ein äusserst wichtiges Thier,
wesshalb es bei Opferfesten stets als Schlachtopfer diente, bei vielen
religiösen Ceremonien war wenigstens Schweineblut erforderlich. Auch
heute noch bildet Schweinefleisch eine Lieblingskost der Tagalen,
doch pflegen sie gar keine Sorgfalt auf diese Thiere zu verwenden,
welche sich meist nur von menschlichen Excrementen nähren (Jagor,
Phil. 124). Vom Rinde kommen zwei Gattungen vor, die spanische,
im XVI. Jahrhunderte über Neuspanien eingeführt und der indische
Zebu (Scheidnagel 104), der erst in neuerer Zeit eingeführt worden
sein muss, da ältere Werke hierüber gar Nichts erwähnen. Beide
Rindergattungen werden hauptsächlich des Fleisches wegen gezogen,
zur Arbeit gebraucht man nur den Büffel. Ziegen sind sehr selten
(Scheidnagel 105), ebenso wie Schafe. Die Pferderasse ist ein kleiner
Schlag, gemischt aus andalusischem, chinesischem und japanischem Blute
(Jagor 123 und 315, nach Morga fol. 130 und 161).

Von Geflügel werden hauptsächlich Hühner und Enten gehalten,
erstere nicht blos des Fleisches oder der Eier wegen, sondern, wie
ich es weiter unten ausführlicher besprechen werde, um die Hähne
zum Kampfsport aufzuziehen. Die Entenzucht der Tagalen hat auf den
Philippinen einen weiten Ruf, insbesondere sind es die Ortschaften am
Pasig und der Laguna de Bay, deren Bewohner sich mit der Entenzucht
im grossartigsten Maassstabe befassen, besonders Pateros erfreut
sich einer grossen Berühmtheit, und zwar werden die Eier künstlich
ausgebrütet. Die Ilustracion filipina (1860, n. 4, p. 38) berichtet
darüber folgendes: Das Weib--mit dieser "Industrie" befassen sich nur
die Weiber--richtet 1000-1500 Enteneier zu, dann schlägt sie Pálay
(Reis in der Hülse) in ein rohes Gewebe ("tigbó") und macht diesen
Haufen entweder durch ein Feuer oder die Glut der Sonnenstrahlen
warm. Darauf wird ein grosser Korb genommen und in diesem eine Schicht
des gewärmten Pálay's ausgebreitet, darauf folgt eine Schicht Eier und
so abwechselnd fort, bis die oberste Schicht wieder von Pálay gebildet
wird. Diese Operation wird durch mehr als zwei Wochen täglich zwei Mal
ausgeführt, hierauf werden die Eier in einen Trog, der mit Reishülsen
gefüllt ist, gelegt und mit Zeug bedeckt, um ein Ausstrahlen der
Wärme zu verhindern, andererseits wird wieder gelüftet, um die nöthige
gleichmässige Temperatur zu erhalten. 12 oder 14 Tage nachher kriegen
die jungen Enten aus den Eiern hervor, 800-1000 an der Zahl. Sie
werden sofort in eingezäunte Wasserplätze gebracht. "Vor jeder Hütte
befindet sich gegen den Fluss (Pasig) zu ein grosser eingezäunter
Platz, wo diese Thiere sich sonnen und nach Belieben im Wasser baden
können. Der vom Fluss bespülte Boden des kleinen Geflügelhofes wird
jeden Morgen mit Sorgfalt gereinigt, umgegraben und täglich von Neuem
mit einer grossen Menge von Schalthieren angefüllt, welche den Enten
zum Futter dienen und von den Eingeborenen in kleinen Canoës aus
dem See (Laguna de Bay) geholt werden, wo dieselben zu Milliarden
im Schlamm leben. In Pateros werden jährlich Millionen von Enten
als Handelsartikel gezogen, indem die Tagalen, gleich den Chinesen,
halbausgebrütete Eier und Küchlein für besondere Leckerbissen halten"
(Scherzer, Novara-Reise I, 602). Gänse wurden von den Spaniern aus
China importirt (Jagor, l. c.).

Nächst dem Reis und der Camóte bilden Fische die Hauptnahrung der
Tagalen. Die Hauptbeute liefert der Dalag-Fisch (Ophicephalus vagus,
Peters). "Wenn in der Dürre die Bäche zu einer unzusammenhängenden
Kette von Tümpeln einschrumpfen, dann beginnt der Dalag-Fang. Der
Dalag gräbt sich im Schlamme weiter fort, deshalb werden zunächst
flussabwärts in den Schlamm engmaschige Bambusgitter gesteckt,
um ein Entweichen des Fisches zu verhindern, darauf wird das
Wasser aus den Lachen herausgeschöpft und die Fische ausgegraben"
(Jagor, Phil. 47). In der nassen Zeit sind sie auch so häufig in
allen Gräben und Reisfeldern zu finden, "dass sie mit Knitteln
todtgeschlagen werden" (Jagor, l. c.). In Flüssen und Bächen werden
die Fische dadurch gefangen, dass man die betäubende Frucht des
Tuba-Tuba-Baumes in das Wasser wirft oder in der Nacht sie durch
Fackeln, besonders die Aale, in den Handbereich lockt (Scheidnagel
151). Die Strandbewohner des Meeres und der Binnen-Seen fangen die
Fische auf ähnliche Weise und durch Harpunirung (Semper, Skizzen 31),
oder sie fangen sie durch besonders construirte Netze und Fangapparate,
welche die Küstenschifffahrt behindern. Die Netze beruhen auf einem
Hebelapparate, der auf einem grossen von Bambusrohr gebauten Floss
steht (Semper, Skizzen 111). Die kleinen Fische werden meist an
der Sonne getrocknet oder gesalzen (Scheidnagel 60), sie bilden die
picante Zukost zum faden Reis.

Der Jagd verdanken sie den geringsten Theil ihrer Nahrung. Der wilde
Carabao wird zu Pferde, welche zu diesem Zwecke besonders abgerichtet
sind, und mit der Lanze gejagt (Näheres: Ilustr. 1859, n. 10, p. 78)
oder man lockt ihn durch eine zahme Carabao-Kuh heran und haut ihm
dann in seiner blinden Liebesbrunst die Sehnen mit dem scharfen
Campilan entzwei (l. c.). Gefangen wird er mit dem Lazo. Hirsche und
Wildschweine kommen häufig vor. Wildenten werden gejagt, indem der
Tagale den Kopf sich mit Zweigen bedeckt und schwimmend oder watend
sich den Enten nähert und eine nach der anderen unter das Wasser zieht
(Scheidnagel 150). Der fliegende Hund wird seines wohlschmeckenden
Fleisches wegen gleichfalls verfolgt (Jagor, Skizzen 217). Heuschrecken
werden in irdenen Pfannen geröstet, jedoch nur die Köpfe und Rücken
gegessen (Jagor, Phil. 219). Trotz ihres hochentwickelten Geruchssinnes
essen die Indier gern faules Fleisch (Jagor, Skizzen 39). Der Tagale
isst drei Mal des Tags, um 7 Uhr Morgens, 12 Uhr Mittags und um 7 oder
8 Uhr Abends. Alle Speisen sind stark mit spanischem Pfeffer gewürzt
(Jagor, Phil. 126).

Die Waffen der Tagalen in der Zeit der Conquista bildeten Lanze,
Schild und Campilan (säbelartiges Waldmesser), alles noch heute
vorhanden. Bogen und Pfeile sind noch heute im Gebrauche (Meyer,
Negr.). Zahlreich sind ihre verschiedenen Schiffsgattungen. Da ist
die Falúa oder Lorcha, ein grosses, bequemes, aber schwerfälliges
Ruderschiff, das Pontin, ein Zweimaster mit Mastensegeln von etwa 100
Tonnen Gehalt. Am häufigsten ist am Pasig der Casco, ein Zweimaster
ohne Deck, jedoch mit Strohmatten überdacht, längs der Bordseiten läuft
ein Trittbret, auf welchem die Schiffsleute sich bewegen, wenn sie mit
ihren langen Stangen das Fahrzeug vorwärts stossen. Der Casco führt
einen Holzanker und ist am Vordertheile meist weiss und roth bemalt
(Ilustr. 1860, n. 5, p. 49). Barotos sind kleine Handelsschiffe. Die
Bancas sind Kähne mit einem Schutzdache, sie werden mit Rohrstangen
vorwärts bewegt. Die tagalischen Fischerboote in der Bai von Manila
haben sämmtlich Auslieger (Hügel 95). In den Zeiten der Conquista
besassen noch die Tagalen niedrige, leichte Schiffe ohne Verdeck mit
Ausliegern, Barangay oder Balangay genannt. Die Barangayes besassen
ein bis zwei Maste, konnten aber auch durch Ruder fortgetrieben werden,
über den Ruderbänken befand sich eine Galerie aus Bambus, auf welcher
die Krieger standen (Jagor 311, Morga fol. 128, Morga-Stanley 297).

Als die Spanier mit den Tagalen zum ersten Male in Berührung kamen,
fanden sie bei ihnen bereits den Islam vor, der erst kurz vorher von
Borneo aus importirt worden war; aber, obwohl überall unter den Tagalen
verbreitet, waren in den Binnendistricten es nur die Häuptlinge,
die den neuen Glauben angenommen hatten (Morga-Stanley 307 f.). In
einem Berichte, den der Vicekönig von Neuspanien, Dr. Martin Enriquez,
an Philipp II. am 5. December 1573 von Méjico aus richtet, bemerkt
er über die Luzon, dass der Islam seinen Bewohnern aufgezwungen
wäre und noch keine festen Wurzeln gefasst hätte, "weil viele von
ihnen Wein trinken und Schweinefleisch essen" (Cartas de Indias,
fol. 291). In der That hing noch der grösste Theil der Tagalen fest
an seinem alten heidnischen Glauben, und als dann das Christenthum
ihre Religion wurde, blieben noch die meisten religiösen Anschauungen
ihres Heidenthums bei ihnen wach und sind es auch bis zum heutigen
Tage, alle Bemühungen der Mönche vermochten nicht die nunmehr zum
Aberglauben gestempelten altreligiösen Bräuche auszurotten.

Ihre alte Religion enthielt den Glauben an einen Weltschöpfer und
Hauptgott, der im Himmel throne, überdiess noch an eine grosse Zahl
von bösen und guten Dämonen, neben dieser Mythologie besassen sie noch
den Ahnencultus, indem die Seelen der als Grossväter verstorbenen, die
Anitos oder Nonos, zu Hausgöttern oder Schutzgottheiten gewisser Plätze
werden. Sie besassen auch Priester (Catalonanes) und Priesterinnen
(Catalonas), welche von ihrem Hohenpriester, dem "Sonat", zu ihrem
Amte geweiht wurden.

Noch heute existirt die heilige Scheu vor den Seelen der Verschiedenen,
den Nonos, ich werde bei Gelegenheit der Todtenbestattungen noch
darauf zurückkommen. Freilich in Manila und dort, wo die Spanier
zahlreicher wohnen, treten diese Erscheinungen nicht so grell zu
Tage. Abergläubische Indier pflegen (wohl nur Abends) etwas Speise
am Tische liegen zu lassen, damit die Geister der Verstorbenen sich
sättigen können (Mas, pobl. 94). In vielen Dörfern besteht noch der
Brauch "Pasing-tabi sa Nono", d. h. die Tagalen bitten die Seelen ihrer
verschiedenen Ahnen, sie mögen die Arbeit oder das Werk, womit sie
sich gerade beschäftigen wollen, zu einem guten Ende führen (El Indio
viejo von F. de P. Martinez in Ilustracion 1859, n. 7, p. 54). Grosse
stattliche Bäume, charakteristisch geformte Berge gelten ihnen als
Wohnsitze der Nonos oder Anitos. Niemand geht vorbei, ohne zu rufen:
"mit Deiner Erlaubniss", sonst würde ihnen der Nono schweres Unheil
oder Krankheit senden. Wenn sie einen Baum (Waldbaum?) fällen müssen,
so bitten sie den Nono um Entschuldigung und rufen unter anderem:
der Padre (Pfarrer) hat es befohlen, es ist nicht unsere Schuld und
auch nicht unser Wille (Mas, pobl. 90). Die alten Götter und Dämonen
Tigbalang, Patianac, Sava &c. leben in ihrem Glauben noch heute, nur
sind sie zum Range von Gespenstern heruntergesunken (Mas, l. c.). Sie
glauben auch an eine Art Wünschelruthe, den "Antinantin", welcher ihnen
Reichthümer und Glückseligkeit verschaffen soll (Mas, pobl. 91). Einen
eigenthümlichen Aberglauben hegen sie Schlafenden gegenüber; es gilt
für die schwerste Beleidigung, über einen Schlafenden hinwegzuschreiten
oder ihn plötzlich und schroff aus dem Schlafe zu wecken (Jagor,
Phil. 132). Mas führt diese Sitte auf die Furcht der Indier zurück,
im Schlafe zu sterben (Mas, pobl. 77).

Äusserlich [9] hängen sie fest an dem katholischen Glauben. Das
Tragen von Scapulieren, Rosenkränzen, Reliquien und Heiligenbildern
ist allgemein (Mas, pobl. 100). Baron Hügel sah 1834 bei den Tagalen
an der Laguna de Bay, dass sie am Boden des Salacó ein Heiligenbild
oder Amulet trugen, von welchem sie glaubten, dass es sie schütze. Sie
beteten zu ihm, indem sie den Hut abnahmen und auf das Bild starrten;
sah irgend ein Anderer in den Hut und erblickte er das Bild, so war die
Zauberkraft desselben vollständig erloschen (Hügel 207). Festlichen
Gottesdienst, Processionen und Kirchenfeste machen sie sehr gern mit
(Scheidnagel 62), in Manila soll diess weniger der Fall sein als
auf dem Lande (Mas, pobl. 103). Die Beichte ist bei allen dieselbe,
sie haben stets nur drei Sünden: am Fasttage Fleisch gegessen,
am Sonntage die Messe versäumt und eitel geschworen zu haben (Mas,
l. c.). Sie erzählen gern von Visionen, die sie gehabt hätten (Mas,
pobl. 95), noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Glaube an
Hexen weit verbreitet (Mas, pobl. 122). Die tagalischen Maler malen
gewöhnlich die Christus- und Heiligenbilder nach Modellen ihrer eigenen
Rasse, diesen Heiligenbildern erweisen sie aber geringere Verehrung,
indem sie sagen, die Heiligen wären sämmtlich Spanier gewesen (Mas,
pobl. 102). Um Diebe zu entdecken, bedienen sie sich verschiedenartiger
katholisch gefärbter Bräuche: so, um nur einen herauszugreifen,
wird eine Kerze dem hl. Antonius von Padua angezündet, rings herum
knieen die Verdächtigen, neigt sich die Kerze oder Fackel gegen
einen derselben, so ist dieser der Schuldige (Mas, pobl. 93, nach
Fr. Tomas Ortiz, Práctica del Ministerio). Neben den Heiligenbildern
und Reliquien, welche meist von Weibern getragen werden, tragen
sie noch andere Amulete mit sich herum, welche aus Wurzeln, Rinden,
Fellstückchen, Knochen &c. bestehen, denen sie die Gewalt zuschreiben,
sie entweder in Gefahren zu schützen oder Reichthümer und Liebesgenuss
zu verschaffen (l. c.). Der Glaube an Prophezeiungen und Unglückstage
ist gleichfalls verbreitet (l. c.).

Machen sich bei einer Frau die Geburtswehen fühlbar, dann trifft der
Gatte alle Anstalten, um dem Patianac und dem Usuang entgegenzutreten,
beides sind böse Dämonen. Der Patianac sucht die Geburt unmöglich
zu machen und ebenso wie der Usuang die neugeborenen Kinder zu
tödten (Mas, pobl. 92). Man schreibt dem Vogel Tictic es zu, dass er
diesen beiden Unholden durch seinen Gesang jene Orte anzeige, wo eine
Kreisende sich befinde. Um nun diese bösen Geister abzuhalten, steigt
der Gatte der Wöchnerin ganz nackt [10] oder nur mit einem Schurze
bekleidet auf das Dach seiner Hütte, bewaffnet mit dem Campilan, der
Lanze und womöglich mit einem Schilde, um das Haus stellen sich seine
Freunde auf und nun haut und sticht er wüthend in der Luft herum,
damit die beiden Unholde nicht in die Hütte eindringen können (Mas,
pobl. 123). Oft suchen sie den Patianac dadurch irre zu führen, dass
sie die Kreisende schnell in eine andere Hütte bringen und so den
Unhold im Besitze des leeren Hauses lassen (Fr. Tomas Ortiz in Mas,
pobl. 92).

Im Wochenzimmer selbst werden alle Thüren und Fenster fest verschlossen
(Jagor, Phil. 130), um dem Patianac das Eindringen unmöglich zu
machen. In der Stube selbst sammeln sich die Verwandten und erfüllen
die ohnehin stinkige Luft des Zimmers mit den Rauchwolken ihrer
Cigarren und Cigarritos. Hildebrand (Kossak, III, 32) sah, dass auch
die Kreisende in den Pausen ihrer Wehen sich die Zeit durch Rauchen
verkürzte. Sobald die Geburt Statt gefunden hat, pressen die anwesenden
Weiber mit aller Kraftanwendung von beiden Hüften aus den Bauch
der Wöchnerin zusammen, "um die inneren Organe wieder in den alten
Status zurückzubringen" (Mas, pobl. 88). Ist das Kind geboren, so ist
damit noch nicht alle Gefahr vor jenen beiden Unholden zu Ende, zwar
stellen der glückliche Vater und dessen Freunde das Luftgefecht ein,
aber um das Kind vor den Klauen jener Ungeheuer zu schützen, werden
Räucherkerzchen angezündet (Mas, pobl. 85), bis die Taufe alle Gefahr
beseitigt. In entfernteren Provinzen soll von den Tagalen noch heimlich
die Beschneidung ausgeübt werden, der Schnitt wird von oben bis unten
geführt (el corte se hace de arriba abajo); es ist diess nicht etwa
eine Erinnerung an den Islam, denn auch die heidnischen Stämme der
Philippinen übten zur Zeit der Conquista schon die Beschneidung (Mas,
domin. I, 21), doch scheinen die einwandernden Moslim aus Borneo die
Sitte nach Luzon gebracht zu haben (Morga-Stanley 308).

Hatte Jemand die Absicht, ein Mädchen zu heirathen, so war es
früher üblich, dass der Bräutigam drei bis vier Jahre bei seinem
zukünftigen Schwiegervater nicht nur Wohnung nahm, sondern auch
die schwierigsten Knechtsarbeiten verrichtete. Dann erst erhielt der
Ehestandscandidat die Ersehnte zur Frau, wobei seine Eltern die Hütte,
Kleider &c. hergeben. Diese Sitte hat sich nicht mehr halten können, da
die Pfarrer gegen das Anstössige derselben mit allem Eifer arbeiteten;
wo sie noch hie und da erhalten ist, darf der Bräutigam zum wenigsten
nicht in der Hütte seiner Braut wohnen (Mas, pobl. 87). Will der
Tagale der Jetztzeit heirathen, so schenkt er seiner Auserwählten
irgend eine werthvolle Sache oder Geld, welches ihre Eltern sich in
der Regel aneignen, letztere pflegen auf diese Gabe so erpicht zu
sein, dass sie ihre Tochter, selbst wenn sie geschwängert ist, lieber
ledig lassen, als dass sie auf jenes Geschenk verzichten würden (Mas,
pobl. 88 u. 125).

Die Hochzeit wird mit einem festlichen Gelage ("Catapusan") gefeiert,
von diesem bringen sie einige Gerichte unter den von ihnen als Sitz
der Nonos verehrten Balete-Baum: es ist schon vorgekommen, dass sie bei
einer solchen Festlichkeit sich vom Pfarrer Weihrauch zu erschwindeln
wussten, um diesen dann unter dem heiligen Baume zu verbrennen (Mas,
pobl. 88). Bei der grossen Sinnlichkeit der Tagalen ist Ehebruch
nichts weniger als selten, er wird auch sehr gelinde gestraft, die
Frau wird gehörig durchgeprügelt, womit die Sache abgethan ist, dem
Verführer geschieht gar Nichts (Jagor, Phil. 129). Die Behandlung
der Frauen ist eine gute, die Männer aber sind meist liederlich
(Jagor, l. c.). Sind die Gatten einander überdrüssig geworden, so
verschwindet der unzufriedene Theil, oder sie gehen in grösster
Gemüthsruhe auseinander (Cañamaque, Recuerdos I, 136). Alt und
Jung, Weiber und Männer schlafen bunt durch- und nebeneinander (Mas,
pobl. 124, nach Fr. Manuel Ortiz), bei ihrer Geilheit und Ungenirtheit
ist Incest nicht ausgeschlossen (Cañamaque, Rec. I, 168 u. 174),
letzteren Vorwurf erhebt auch Renouard de St.-Croix (a. v. St.),
doch darf man nicht vergessen, dass sowohl St.-Croix wie Cañamaque
gern grelle Farben auftragen.

Trotz der Bemühung der spanischen Mönche ist die Sittenlosigkeit eine
grosse und zwar nicht nur in Manila, sondern auch auf dem Lande. Auf
Jungfräulichkeit wird gar nicht gesehen, die Mädchen geben sich ohne
Weiteres jedem Liebhaber preis, nur wenige treten im jungfräulichen
Zustande zum Traualtar (Mas, pobl. 124), es rührt diess noch aus
den Zeiten des Heidenthums her, wo der jungfräuliche Stand in gar
keinem Ansehen stand. Der Coitus wird nach Cañamaque (Recuerdos I,
174) angeblich ganz ungenirt auf offener Strasse vollzogen, derselbe
Autor beschuldigt (l. c.) selbst Kinder der Unzucht (?). Cañamaque
(Recuerdos I, 43) spricht ihnen auch alles Schamgefühl ab: Männer wie
Weiber, besonders in der Provinz, lassen sich splitternackt erblicken,
ohne die geringste Verlegenheit zu zeigen! Prostitution ist vorhanden
(Vila 10).

Diebstähle kommen unter ihnen häufig vor, am allerhäufigsten
Spaniern gegenüber, indem sie behaupten, alles, was jene besässen,
sei Landeseigenthum (Mas, pobl. 80). Zum Räuber- und Piratenleben sind
sie sehr geneigt, und diess hängt mit ihrer Neigung zum unabhängigen
Müssiggang zusammen. Der Tagale hat einen ausgesprochenen Hang, isolirt
zu leben, wären nicht die Pfarrer und die Dorfältesten (cabezas de
barangay) für die Abgaben ihrer Untergebenen solidarisch haftbar, die
Städte und Dörfer würden dann längst sich in Familienniederlassungen
(Ranchos) aufgelöst haben (Jagor, Phil. 106). Trotz der Wachsamkeit
dieser Behörden verlassen viele Tagalen ihre Dörfer und flüchten sich
in die undurchdringlichen Bergwildnisse, wo ihnen die Gendarmerie
Nichts anhaben kann. Diese Flüchtlinge, welche ganz in die
Ungebundenheit der Wilden zurückfallen, heissen Remontados. Aus ihnen
und entlaufenen Verbrechern und eingeborenen Deserteuren recrutiren
sich die nicht seltenen Räuberbanden. Diese Räuber ("Tulisánes")
vereinigen sich oft zu grösseren Corps und ihre Verwegenheit ist
nicht gering; hat doch zu Anfang der sechziger Jahre eine Bande von
Tulisánes die Frechheit gehabt, einen Vorort Manila's anzugreifen,
bis das schnell herbeieilende Militär sie wieder hinauswarf (Jagor
181). 1866 wurden 50 Räuber aufgeknüpft und 140 zur Zwangsarbeit
verurtheilt (Jagor 182, Note 101). Trotz der Unermüdlichkeit der
Gendarmerie wuchert das Räuberunwesen fort, wenngleich nicht mehr in
so hohem Grade wie früher. 1876 fand Ritter v. Drasche (Fragmente,
54) im Nordwesten der Laguna de Bombon Räuberbanden, 1877 wurde
in der Prov. N. Écija eine grosse Bande durch zwei Compagnien
Infanterie ausgehoben, dasselbe wiederholte sich 1880 (Scheidnagel
67). Im letzteren Jahre wurden die Banden des Antonio Sumicat und Juan
Martin zersprengt und ihre beiden Führer, welche sich zusammengefunden,
endlich erwischt und hingerichtet. Die beiden Kerle ritten auf Carabaos
(Diario 1880, Num. 165).

Das Betelkauen ist die Hauptleidenschaft des Tagalen. Die Betelportion
heisst Buyo. Der Buyo wird in verschiedenen Sorten fabricirt, deren
beste den Namen "buyo de castila", d. h. spanischer Buyo, oder Buyo der
Weissen führt (Ilustr. 1859, n. 8, p. 62). Die Areca heisst Bonga, der
Betel Icmo (l. c.). Mit dem Verkaufe befassen sich meist junge Mädchen,
die Buyeras, deren Kramläden von Verehrern ihrer Reize stets umschwärmt
werden. Alte Leute, denen die Zähne ausgefallen sind, zerstossen sich
den geliebten Buyo in kleinen Mörsern aus Bambusrohr, welche Calicot
oder Calicut heissen (Ilustr. 1859, n. 7, p. 53). Bei Festtafeln der
Tagalen wird auch Buyo präsentirt (Cañamaque, Recuerdos I, 35). Der im
Munde zerkaute Buyo wird Sapa genannt, welchen Liebende mit einander
als Zärtlichkeitsbeweis austauschen (Cañamaque, Recuerdos I, 150). Die
Tagalen hungern lieber, als dass sie auf den Buyo verzichten (Ilustr.,
l. c.).

Nächst dem Buyo und dem Tabak liebt der Tagale den Hahnenkampf über
alles. Dr. Jagor erwähnt (Phil. 21), dass die Hahnenkämpfe erst von
den Spaniern und zwar von deren mejicanischen Soldaten eingeführt
worden wären, nun ist aber der Hahnensport auch bei den übrigen Malaien
verbreitet (Waitz V, 158), die Javaner lassen nicht nur Hähne, sondern
auch Wachteln mit einander kämpfen (Bastian, Reisen V, 215), auch auf
den Carolinen findet man diesen Sport (Waitz V, 2. Abth. 129), und
was am schlagendsten ist: die Spanier fanden bei der Entdeckung der
jetzt Marianen genannten Inseln diese Thierquälerei vor (Oviedo XX,
16). Es ist daher nicht so unwahrscheinlich, dass die Tagalen schon
vor Ankunft der Spanier mit diesem Sporte bekannt waren.

Fast jeder Tagale besitzt einen Kampfhahn, den er mit mehr Sorgfalt
behandelt als seine Kinder; das erste, was der Indier beim Erwachen
macht, ist, sich nach seinem Hahne umzusehen, das letzte, was er vor
dem Einschlafen thut, ist, das geliebte Thier zu liebkosen (Cañamaque
Recu. a. v. St., Mas, pobl. a. v. St.). Keines ihrer Hausthiere wird so
gepflegt, wie dieses. Wenn der Indier arbeitet, so hat er seinen Hahn
in der Nähe angebunden, um in den (zahlreichen) Ruhepausen den Liebling
zu streicheln oder wenigstens an seinem Anblicke sich zu sättigen. Für
einen guten Hahn zahlt ein Tagale oft 40 bis 70 Pesos (Cañamaque,
Recu. II, 7), besitzt er den Hahn schon einige Zeit hindurch, dann
ist er ihm überhaupt nicht mehr feil. Sie tragen den Hahn unter dem
Arme auf ihren Spaziergängen, setzen ihn zeitweilig auf die Erde und
suchen ihn zum Kampfe dadurch zu üben, dass sie einen anderen Hahn in
die Nähe des ihren bringen und beide aufeinander loshacken lassen. Die
Leidenschaft für den Hahnenkampf ist bei ihnen so tief gewurzelt, dass
es wohl kaum einen Indier giebt, der sich nicht einen Kampfhahn hält,
"selbst wenn er Nichts zu essen hat, findet er Geld zum Hahnenkampf"
(Jagor, Phil. 127).

Der Hahnenkampf selbst darf nur in besonderen zu diesem Zwecke
erbauten Arenen Statt finden, indem dieser Sport seit 1779 mit einer
eigenen Steuer belegt ist, welche "Gallera" heisst. Zum Kampfe werden
die Hähne mit Stahlsporen versehen, welche aus alten Rasirmessern
verfertigt werden. In der Arena macht das Phlegma des Tagalen einer
leidenschaftlichen Erregung Platz, die Höhe der Wetten ist gesetzlich
auf das Maximum von 50 Pesos beschränkt (Jagor, Phil. 22), sonst
würden die Indier all' ihr Hab und Gut verspielen, was trotzdem nicht
selten geschieht.

Stiergefechte werden auf Luzon zwar auch gegeben, doch dienen diese
nur zur Belustigung der Spanier Manila's, die Tagalen haben bisher
diese nationale Sitte ihrer weissen Herren nicht acceptirt. Dagegen
hat sich das Billardspiel bei ihnen eingebürgert, das Billard der
Tagalen besteht oft nur aus "Pandanusmatten mit Banden von fünf
Rotan, spanischen Röhrchen" (Hügel 148), der Tisch ruht oft auf
steinernen Pfeilern. Gewöhnlich treten an Stelle der elfenbeinernen
Kugeln solche aus hartem Holze (Ilustr. 1860, n. 10, p. 109). Auf
diesen Billards wird Carambol, Einunddreissig und Kegelpartie (mit
neun Kegeln) gespielt (l. c.). Auch Karten spielen sie mit grosser
Leidenschaftlichkeit, besonders "Einunddreissig", doch dürfen sie nur
zu gewissen gesetzlich bestimmten Stunden spielen (Scheidnagel 58),
diess ist um so nothwendiger, als sie sonst ganze Nächte hindurch
dem Hasard fröhnen würden, wie es denn nicht selten geschehen
ist, dass Cabezas de barangay (Viertelmeister) den ganzen Tribut
(Kopfsteuer) ihres Viertels im Kartenspiele verloren haben (Mas,
pobl. 71). Unglückliche Spieler liefern ein nicht unerhebliches
Contingent zu den Remontados.

Sie kennen auch andere harmlosere Spiele, selbst solche, welche unseren
Pfänderspielen gleichen (Mas, pobl. 71). Von den Chinesen haben sie es
gelernt, Papierdrachen ohne Schweif in die Höhe steigen zu lassen, ein
Vergnügen, das sich bei ihnen nicht allein auf die Kinder beschränkt
(Scheidnagel 101).

Bei ihren Kirchenfesten fehlt das Pala-pala selten: Auf einem Gerüste,
welches dem Traubengelände des europäischen Südens gleicht, wird Laub
aufgehäuft, dann buntfarbige Lampions darin aufgehängt, in deren Nähe
ganze Büschel von frischen oder getrockneten Früchten, Bäckereien
und Zuckerwerk aufgehängt werden. Ist es Abend geworden, so werden
die Lampions angezündet und auf ein gegebenes Zeichen stürzen die
Festtheilnehmer in die Pala-pala-Lauben, um sich die Leckereien
gegenseitig abzujagen. Manchmal ist das Pala-pala nur für Kinder
hergerichtet, dem entsprechend ist das Gerüste dann sehr niedrig
(Ilustr. 1860, n. 12, p. 143).

Grosse Vorliebe hegen die Tagalen für das Theater. Man darf nicht
vergessen, dass sie ein eigenes Alphabet besassen, von welchem in Mas
(Informe), wie auch in der englischen Übersetzung des Morga Proben
gegeben sind. Diese Vorliebe für dramatische Spiele wurde bei der
Christianisirung der Tagalen von den Mönchen nicht angetastet, im
Gegentheile, letztere übten mit ihren Pfarrkindern Schauspiele in
spanischer wie tagalischer Sprache ein (Morga-Stanley 320). Es giebt
ein ständiges tagalisches Theater und zwar in Tondo, das sogenannte
"Teatro de Tondo" (Scheidnagel 19), doch die eigentlichen nationalen,
freilich schon christlich gefärbten Theatervorstellungen der Tagalen
muss man auf dem platten Lande suchen, wo dieselben bei Gelegenheit
von Kirchenfesten unter freiem Himmel gegeben werden. Die Dramen haben
die Kämpfe zwischen Christen und mohammedanischen Piraten--"Moros"
der Spanier--zum Gegenstande. Die Vorstellungen sind endlos, indem sie
sich oft 3 Tage und Nächte hindurchziehen, auf der Bühne treten oft
Hunderte von Personen auf, wobei zu bemerken ist, dass die Darsteller
keine professionsmässigen Schauspieler, sondern schlichte Landleute
sind. Die Darstellung eines Gefechts nimmt mindestens eine Stunde in
Anspruch und die Kämpfenden gerathen mitunter in eine solche Wuth,
dass es zu wirklichem Blutvergiessen kommt. Das oft aus 2000 Familien
bestehende Publicum nimmt an diesen Gefechtsscenen den lebhaftesten
Antheil, besonders an dem Schicksale der Christen, von allen Seiten
erschallen lebhafte Verwünschungen und Flüche gegen die Darsteller
der Moros &c. Da diese tagelangen Vorstellungen ohne Unterbrechung
fortdauern und das Publicum sich nicht eher entfernt, als bis das Drama
mit dem Siege der Christen endet, so nehmen die Zuschauer Lebensmittel
mit, wer schläfrig wird, schläft ungenirt auf seinem Sitze ein. Bei
Nacht werden Fackeln angezündet (Cañamaque, Recu. I, 60 u. f.).

Mitunter werden in den Landstädten von Spaniern Versuche gemacht,
spanische Theaterstücke von Tagalen aufführen zu lassen, doch
misslingen sie in der Regel, indem die Tagalen in dem fremden Stoffe
und der fremden Ideenwelt sich nicht auskennen und sich daher sehr
linkisch benehmen (Jagor, Phil. 84).

Auch die lyrische Poesie wird von den Tagalen gepflegt, es sind meist
Liebeslieder, welche in Begleitung von Musikinstrumenten gesungen
werden. In einem Liebeslied aus Tayabas heisst es: "Wenn mir mein
Bräutchen sterben sollte, ich würde mich über ihren Grabhügel werfen,
damit nicht ihre Gebeine Kälte leiden" (Oriente 1878, n. 11, p. 20
nach D. Juan Alvarez Guerra). Bei Festgelagen treten Improvisatoren
auf, welche bei Begleitung eines Blasinstrumentes vierzeilige Lieder
singen (Cañamaque, Recuerdos I, 39).

Am beliebtesten sind zwölfsilbige Verse, die vierzeiligen Strophen
haben alle denselben Reim, wobei zu beachten ist, dass bei den Tagalen
der Reim lediglich aus dem letzten Buchstaben oder Laute des Verses
besteht (Mas, pobl. 115), diess gilt auch, wenn sie in spanischer
Sprache dichten, so sind z. B. die Worte: estrellas, cielos, veces,
nubes bei ihnen Reime, weil sie mit einem s endigen. Jedes lyrische
Gedicht muss von Musik begleitet werden (Mas, pobl. 116). Von
ihren Nationalmelodien--wenn ich mich so ausdrücken darf--ist
die bekannteste und beliebteste der Comintan, der zugleich ihre
Nationalhymne und ihr Nationaltanz ist. Der Comintan ist im 3/4 oder
6/8 Tact gesetzt (Hügel, 307), seine Weise wird ebenso beim Begräbniss
von Kindern gesungen, wie bei festlichen Gelegenheiten nach derselben
getanzt wird (l. c. 145). Wird der Comintan getanzt, so tritt nur
ein Paar auf, welches pantomimisch eine Liebeserklärung darstellt
"von dem Ausdrucke des einfachen Wohlgefallens bis zu der heftigsten
Leidenschaft" (Hügel, 307). Eine andere Art des Comintans besteht
darin, dass die tanzenden Personen körperliche Gebrechen nachahmen
(l. c.). Ein anderer Nationaltanz ist der Talindao, er "wird zu vier
Personen getanzt, die sich einzeln gegenüberstehen, meistens ihren
Platz nicht verlassen und nur mit wenigen Bewegungen tanzen. Die Musik
ist höchst romantisch, ernst, und von Zeit zu Zeit fallen alle vier
Personen mit rauschendem Castagnettenschlage ein" (l. c.). Baron
Hügel sah bei einem Kirchenfeste im Orte Pasig einen Tanz, der
nicht wie die beiden erwähnten bereits spanische Einflüsse offenbart,
sondern noch ein Überbleibsel aus den Zeiten vor der Conquista zu sein
scheint. Die Tänzer waren Tagalen, welche in der Tracht und Bewaffnung,
wie sie vor Ankunft der Spanier üblich war, einhergingen. Sie tanzten
unter grosser Bravour und Leidenschaftlichkeit eine Art Waffentanz
(Hügel, 186). Übrigens tanzen die Tagalen auch alle europäischen und
specifisch-spanischen Tänze als Walzer, Polka, Bolero &c. Die Weiber
tanzen mit den Chinelas (Pantoffeln) an den Füssen.

Sie sind grosse Freunde der Musik, fast jedes Dorf hat seine Musikbande
(Cañamaque, Recu. I, 50). Europäische Musikstücke spielen sie recht
brav, insbesondere Märsche (l. c. 35), und die Militärmusikcapellen
Manila's, deren Musikanten sämmtlich Tagalen sind, werden von allen
europäischen Besuchern belobt.

In früheren Zeiten schrieben die Tagalen sämmtliche Krankheiten dem
Einflusse bösgesinnter Nonos zu, weshalb sie in Krankheitsfällen
denselben, unter den von ihnen bewohnten Bäumen, Opfer darbrachten,
welche im Verbrennen einzelner Kräuter und Deponirung von Speisen,
Getränken, Tabaksblättern und Buyo bestanden (Mozo, a. v. St.). Auch
glaubten sie früher, dass mannigfache Krankheiten und Irrsinn
durch Dämone erzeugt werden (Mas, pobl. 92). Heutzutage ist der
Glaube so ziemlich verschwunden, dagegen blühen Kurpfuscherei und
Wunderkuren. Tagalische Kurpfuscher und Quacksalber giebt es in
jedem Orte. Werden diese zu einem Kranken gerufen, so lassen sie
sich vorerst von den Angehörigen desselben gehörig bewirthen und
mit Tabak beschenken, dann befühlen sie erst dem Patienten den Puls
und verordnen, wie es ihnen gerade einfällt, Umschläge, Aderlässe,
Hausmittel und Schröpfköpfe (Ilustr. 1859, p. 121). Schröpfen
ist sehr beliebt, da die heutigen Tagalen der Ansicht huldigen,
dass die Krankheiten dadurch rasch geheilt würden, wenn die böse
verdorbene Luft aus dem Innern des Patienten entfernt werde (Mas,
pobl. 88). Unter ihren Hausmitteln ist auch eine Epheu-Gattung
("Malacatmon") zu erwähnen, auch Vanille und die Cardamome werden
gern von jenen Volksärzten verwendet (Ilustr. 1860, n. 7, p. 80).

Sobald der Tagale die Sterbestunde herannahen fühlt, wird eiligst
zu dem Pfarrer geschickt oder, wenn dieser weit entfernt lebt, der
Sterbende hingetragen, um die Sterbesacramente zu empfangen, da sonst
ein ehrliches Begräbniss verweigert wird (Mas, pobl. 101). Stirbt
ein Kind, so wird es unter grosser Lustbarkeit und den Weisen des
Comintans zu Grabe getragen (Hügel, 145), hier haben also die Tagalen
die spanisch-christliche Anschauung vollständig adoptirt, nach welcher
man über den Tod eines unschuldigen Kindes sich nur freuen müsse,
da seine Seele doch sofort unter die Englein aufgenommen würde. Bei
den Todtenfesten zu Ehren erwachsener Verstorbenen überwiegen aber
vollständig die Bräuche und Sitten des früheren Heidenthums. Sobald
ein Erwachsener gestorben ist, wird die ganze Verwandtschaft desselben
in das Sterbehaus eingeladen, angeblich, um Rosenkränze zu beten,
kaum aber sind einige Gebete heruntergeschnarrt, so wird gegessen,
getrunken und getanzt und diess durch volle neun Tage (Mas, pobl. 85,
Ilustr. 1859, n. 7, p. 55). Dieses neuntägige Fest, welches mitunter
zur Orgie ausartet (Vila 10), heisst Siam-na-arao oder Tibao. Am
wichtigsten ist der dritte Tag dieses Festes, denn die Tagalen glauben,
dass die Seele des Verstorbenen an diesem Tage wieder in das Sterbehaus
zurückkehre, um an dem Festmahl Theil zu nehmen. Es werden deshalb
Kerzen angezündet und eine mit Asche bestreute Matte ausgebreitet,
letzteres geschieht, um an den allenfallsigen Fussabdrücken in der
Asche zu erkennen, ob die Seele des Verschiedenen wirklich erschienen
wäre oder nicht Vor die Thüre der Hütte wird Wasser in einem Gefäss
hingestellt, damit die heimkehrende Seele sich die Füsse waschen
könnte (Mas, pobl. 91). Um diesen "Aberglauben" zu unterdrücken,
suchen die Pfarrer auf alle Weise es zu verhindern, dass die Hütte
eines Verstorbenen den dritten Tag nach seinem Tode von irgend Jemand
besucht wird. Die Bestattung ist ganz und gar katholisch, jede
nationale Sitte hat hier der Macht der Kirche weichen müssen. Die
Tagalen sterben übrigens mit grosser Resignation, und zwar sowohl in
der friedlichen Hütte, wie draussen auf dem Schlachtfeld.

In den Zeiten der Unabhängigkeit gab es unter den Tagalen ebensoviele
Staaten als Dörfer, eine Ausnahme hiervon machten nur die kleinen
Reiche von Manila und Tondo, von denen einige kleine Vasallengebiete
abhängig waren, doch machte sich hier der Einfluss von Borneo
bemerkbar. Die tagalische Ständegliederung war damals folgende:
Fürsten oder Häuptlinge (Manguinoos, Dattos), freie Leute (Mahaldicas),
Freigelassene (Timaua), Vasallen der Dattos (Cabalangay), Leibeigene
(Aliping namamahay), Halbsclaven, Sclaven (Aliping saguiguilir). Die
Spanier hoben bei der Occupation des Landes die Leibeigenschaft
und Sclaverei auf und gewannen dadurch die Sympathien dieser
Volksclassen. Die entthronten Dattos wurden in kluger Weise fest
mit ihren Interessen an die spanische Herrschaft geknüpft, indem
ihnen eine Menge Vorrechte gegeben wurden, so z. B. der Titel Don,
und indem man sie mit ihren erstgeborenen Söhnen von der Zahlung
des Tributes enthob. Ihre sonstige Gewalt wurde dadurch geschwächt,
dass in den neuen Pueblos, welche aus verschiedenen Tribus gebildet
wurden, jetzt Leute friedlich nebeneinander wohnen mussten, die früher
feindlich gegen einander gesinnt waren, und bald durch Wechselheirathen
miteinander vollständig verschmolzen, wodurch die einzelnen Dattos
gleichsam ihre früheren Unterthanen verloren. Von diesen Dattos
stammt zum grössten Theile die heutige Principalia, der Patricierstand
oder der Dorfadel der Tagalen ab. Die Bevölkerung der neuen Pueblos
wurde in Abtheilungen eingetheilt, welche Barangayes [11] genannt
wurden. Jedem Barangay wurde ein Chef vorgesetzt, welcher Cabeza
de Barangay hiess und der Principalia entnommen wurde. Der Cabeza
de Barangay sammelt in seinem Barangay den Tribut (Kopfsteuer) ein,
für dessen vollständige Eintreibung er haftet. Aus der Principalia
wird der Bürgermeister gewählt, welcher Gobernadorcillo oder (im
gewöhnlichen Verkehr) Capitan genannt wird.

Der Gemeinderath besteht aus den Cabezas de Barangay, überhaupt
aus Mitgliedern der Principalia. Gehört zur politischen Gemeinde
noch ein zweites Dorf (visita, barrio, anejo), so besitzt es einen
Vice-Chef, den Teniente. Sonstige Gemeindebeamte sind der Teniente
mayor (Bürgermeister-Stellvertreter), Juéz mayor de Ganado (Richter für
Streitigkeiten, welche Vieh-, Weideangelegenheiten &c. betreffen), Juéz
mayor de Sementeras (Richter über Feldstreitigkeiten), ein Juéz mayor
für Polizeivergehen, dann der Teniente segundo, der Teniente tercero,
ferner zwei Alguaciles (Polizeiwachtmeister), von denen der erstere
gewöhnlich "el actual" heisst und gewöhnlich mit der Escortirung
von Reisenden betraut wird. Nur der Gobernadorcillo und der Teniente
mayor müssen dem Gesetze nach dem eingeborenen Adel angehören. Der
Ex-Gobernadorcillo heisst gewöhnlich "Capitan pasado", ein Ex-Teniente
"Titulado". Da die Mitglieder dieser tagalischen Municipien, besonders
in den Provinzen, selten oder nur schlecht spanisch sprechen oder gar
schreiben können, so wird zum Verkehre mit den spanischen Behörden
ein Secretär von der Gemeinde aufgenommen, der Directorcillo genannt
wird. Jede Gemeinde unterhält ein Haus, Tribunal genannt, in welchem
der Gemeinderath tagt, Gericht gesprochen, europäische Reisende
untergebracht werden, und das zugleich als Arrestlocal und Zeughaus
dient. Die Arrestanten werden sehr gut verpflegt, doch pflegen die
tagalischen Richter meist nur Prügelstrafen zu dictiren. Die nicht dem
Adel angehörigen Indier sind verpflichtet, 40 Tage im Jahre öffentliche
Arbeiten (polos y servicios) bei Strassen- und Brückenbauten &c. zu
leisten, eine Woche im Tribunal Dienst zu leisten und eine Woche
Nachtwache zu halten. Von diesen Dienstleistungen kann man sich
loskaufen, und zwar in Form einer Geldstrafe. Die Leute, welche im
Tribunal Dienst zu leisten haben, heissen Semaneros, sie stehen "gegen
geringen Tagelohn als Boten oder Träger zur Verfügung der Reisenden"
(Jagor, Phil. 37). Zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zum Schutz gegen
Angriffe von Räuberbanden oder Horden wilder Bergstämme dient eine
Art Bürgergarde oder irreguläre Miliz, deren Streiter Cuadrilleros
genannt werden.

Der Volksschulunterricht ist obligat, jede Gemeinde hat ihre
Schule. Der Unterricht soll in spanischer Sprache erfolgen, was
aber bis in die neueste Zeit ausserhalb des nächsten Umkreises von
Manila nur selten vorkam, indem einestheils spanisch sprechende
Individuen sich selten in die Provinz verirrten und anderntheils die
Geistlichkeit mit Händen und Füssen sich dagegen sträubte, dass die
Indier sich die spanische Sprache aneigneten, da sie dadurch ihre
Vermittlerrolle zwischen den spanischen Behörden und den Indiern
verlieren musste. Heute hat die Geistlichkeit diesen Widerstand
aufgegeben, und es sieht in dieser Beziehung etwas besser aus. Die
Localinspection wird von den Pfarrern ausgeübt. Vor mehr als zwanzig
Jahren schon sagte Bastian (Reisen, V. 265) über die Tagalen der
Prov. Laguna: "Man erstaunt über die verhältnissmässig grosse Menge
derjenigen, die zu schreiben und zu lesen verstehen". Tagalen findet
man als Schreiber in allen Regierungsbureaux. Die grösste Freude
tagalischer Eltern ist es aber, wenn sie ihren Sohn als Priester
erblicken. Die Weltgeistlichkeit besteht beinahe ausschliesslich nur
aus Mestizen und Tagalen, Visayern &c. Die farbigen Priester stehen
in geringem Ansehen; wenn sie nicht besser sind als ihr Ruf, stehen
die Sachen schlimm (m. vgl. darüber: Jagor, Phil. 104, n. Cañamaque
a. v. St.). Selbst der ultramontane Baron Hügel sagt hierüber:
"Es giebt in der That indische Pfarrer, welche eine Frau haben, mit
der sie in der Pfarrei leben, und die Kinder nennen sie nach meiner
eigenen Erfahrung ohne Umstände Papa" (Hügel, p. 287), und weiter:
"Der Indier ist im Allgemeinen wenig dazu geeignet, die Pflichten eines
Geistlichen und Pfarrers zu erfüllen. Ich ..... füge hier nur noch
hinzu, dass sie manchmal ausschweifend leben, ihren Pfarrkindern dann
ein schlechtes Beispiel geben, und dass ihre Pfarrbücher sich meistens
in grosser Unordnung befinden" (l. c. 349). Eine grosse Anzahl von
Aufständen hat eingeborene farbige Priester zu Urhebern gehabt, die
sich durch Blutdurst und Grausamkeit gegen die Weissen auszeichneten.

Das Christenthum hat bei den Tagalen die unter dem Namen Amoklaufen
bekannten Wuthausbrüche nicht beseitigen können, doch kommen derartige
Fälle seltener vor als in den übrigen malaiischen Ländern (Jagor,
Phil. 131). Die Amokläufer werden "posong" genannt (Mas, pobl. 119).

Die Industrie der Tagalen beschränkt sich meist auf Gewebe
und Stickereien. Aus den Fasern der Ananasea sativa werden
feine, vollkommen durchsichtige Zeuge gemacht, welche Piña oder
Grasscloths heissen, sie werden mit zierlichsten Dessins bestickt
und dann oft zu horrenden Preisen--ein Stück 2000 Thaler (Jagor,
Phil. 112)--verkauft. Zu den Piña-Webereien werden statt eiserner
Messer Bambusspäne benutzt (Jagor, Skizzen 176). Aus Abacá (Manilahanf)
werden ebenfalls dünne und durchsichtige Hemdstoffe und Zeuge
verfertigt, welche Sinamay und Nipis genannt werden und eine grössere
Dauerhaftigkeit aufweisen als die Piña-Zeuge (Scherzer, Novara-Reise
I, 600; Diaz Arenas 291). Beim Weben der Nipis-Stoffe pflegen sich die
Arbeiterinnen vollständig einzuschliessen, damit nicht ein Luftzug die
dünnen Fäden entzweireisse (Cañamaque, Filipinas 27). Tapis-Stoffe aus
Seide und Baumwolle, blaucarrirte Baumwollenstoffe (Cambayas) werden
ebenfalls von den Tagalen und zwar in ziemlichen Mengen fabricirt (Diaz
Arenas, l. c.). Die Tapis-Weberei hat ihren Hauptsitz in der Provinz
Bulacán (Jagor, Phil. 48). Aus Abacá werden auch leichte Luxusstoffe,
"Júsi" genannt, verfertigt (Scheidnagel 75). Aus der Rohrgattung
Nito werden Hüte europäischer Façon, Jalacó's und Matten geflochten
(Scheidnagel, l. c.). Hüte und Matten werden noch aus anderen
Materialien--z. B. der Burí-Palme--gearbeitet (Scheidnagel 27; Jagor,
Phil. 59). Aus dem unteren Ende der Blattstiele einer Calamus-Art
werden Cigarrentaschen von ausserordentlicher Feinheit fabricirt,
welche zu hohen Preisen, von 2-50 Dollar das Stück, verkauft werden
(Jagor, Phil. 48). Kabel und Taue werden nicht nur aus den Fasern des
Manilahanfes verarbeitet, auch die Gomuti-Palme (Arenga saccharifera)
liefert ein ungemein festes und dauerhaftes Material, den sogenannten
Cabo-negro, es ist diess eine schwarze Faser, welche den Ursprung der
Blattstiele am Stamme jener Palme bekleidet (Jagor, Skizzen 10). Aus
Pandanus-Gattungen, dann aus dem Bambus werden Maurerpinsel gemacht
(Jagor, Skizzen 176). Aus der kletternden Mimose "Gogo" wird durch
Zerklopfen der Rinde ein Seifenstoff gewonnen, der nicht allein beim
Bade und der Kleiderwäsche benutzt wird, sondern auch den Goldwäschern
dienlich ist; bei der Goldwäsche "wird dem Wasser der schleimige Saft
des Gogo zugesetzt, der feine schwere Sand bleibt darin länger schweben
als in blossem Wasser und lässt sich somit leichter vom Goldpulver
trennen" (Jagor, Phil. 142). Dem Apíton-Waldbaume wird ein harziges Öl,
der Baláo oder Malapájo, abgezapft, welches Eisen zehn Jahre lang vor
dem Rosten schützt und zum Firnissen der Schiffe verwendet wird (Jagor,
Phil. 230). Aus der Cocos-Palme wird ein Branntwein bereitet, welcher
"Tuba" heisst, diese Industrie wird insbesondere am Südufer der Laguna
de Bay betrieben (Jagor, Phil. 57, Mozo 89). Auch Öl wird von dieser
Palme gewonnen, über deren vielfache Ausbeutung Scheidnagel (p. 74)
viel Interessantes berichtet. Das Bambusrohr wird in ähnlicher Weise
ausgenutzt, wie in allen übrigen Theilen des ostindischen Archipels. Zu
Handwerkern macht Indolenz, Faulheit und Liederlichkeit die Tagalen
unbrauchbar (man vgl. Mas, pobl. 66 u. 72). In Manila existirt eine
eigenartige Klein-Industrie, es werden kleine Modelle einheimischer
Fahrzeuge, Hütten &c. und Figuren zum Verkaufe an Fremde gearbeitet
(Scheidnagel 121). Im Schiffsbau stehen sie noch ohne alle chinesische
Concurrenz da und leisten wenigstens etwas hierin.

Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass die Tagalen sehr starke
Beimischungen fremden Blutes in ihren Adern haben, nicht nur Chinesen
und Spanier, auch Japanesen (XVI. u. XVII. Jahrhdt.) haben zur
Aufbesserung der Rasse beigetragen. Andere Beimischungen sind gering
oder verwandter Natur; so fanden die Spanier bei der Besitznahme
des von den Tagalen bewohnten Landstriches Luzon (verhältnissmässig)
zahlreiche Borneaner angesiedelt, theils als Kaufleute, theils als
mohammedanische Priester und Missionäre, wenn ich überhaupt den
letzteren Titel ihnen geben darf. Die Spanier hingegen ergänzten
die Mannschaft ihrer auf den Philippinen stehenden Linientruppen
seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts beinahe ausschliesslich mit
mejicanischen (mitunter auch peruanischen) Indianern, welche sämmtlich
nach abgelaufener Dienstzeit im Lande blieben und sich eingeborene
Weiber nahmen. In Marigondon, an der Bai von Manila, liessen sich
auch im Jahre 1661 Ternataner (Insel Ternate der Molukken) nieder.



2. Pampangos.

Die Pampangos wohnten zur Zeit der Conquista und noch im
XVII. Jahrhundert an den nördlichen Gestaden der Bai von Manila,
und ihre Wohnsitze erstreckten sich von da bis an den Knotenpunkt
des mächtigen Caraballo Central, ohne aber im Gebirge selbst Fuss zu
fassen. Heutzutage sind sie durch die Tagalen beinahe ganz vom Meere
getrennt, und die wenigen dort lebenden Pampangos werden schnell
"tagalisirt". Die heutigen Wohnsitze der Pampangos befinden sich
in folgenden Provinzen: Porac, Tarlac, Pampanga, Bataán, Zambáles
und Nueva Écija. Porac und Tarlac werden nahezu ausschliesslich von
Pampangos bewohnt, Pampanga in überwiegender Mehrzahl, doch beginnt die
seit Anfang dieses Jahrhunderts immer grössere Dimensionen annehmende
Einwanderung der Ilocanen die Herrschaft des Pampango-Dialektes stark
zu gefährden. In Nueva Écija werden die nordöstlichen, in Bataán
die nordwestlichen und in Zambáles die westlichen Territorien dieser
Provinzen von den Pampangos eingenommen.

In ihrer körperlichen Erscheinung, wie in ihren Sitten und Bräuchen
gleichen sie unter allen Malaien Luzons am meisten den Tagalen, so dass
alles von diesen Gesagte auch für die Pampangos volle Geltung hat. Sie
galten und gelten auch noch jetzt als die tapfersten unter den Malaien
der Philippinen, die eingeborenen Truppen der Spanier recrutirten
sich bis auf die Einführung der Conscription zum grössten Theile aus
diesem kriegerischen Stamme, und sie haben ihrem Rufe überall Ehre
gemacht, sowohl in den Kämpfen gegen die mohammedanischen Fürsten der
Molukken, von Mindanao und Sulu als auch gegen europäische Soldaten,
gegen Holländer und Briten. Bei der Unterdrückung der furchtbaren
Chinesenaufstände von 1603 und 1639 haben sie sich besondere Verdienste
erworben.

Als die Spanier sie unterwarfen (1571) waren sie zum grössten Theile
Heiden, doch hatte auch hier der Islam bereits Eingang gefunden. Ihre
ursprüngliche Religion kannte auch den Ahnencultus der Tagalen und war
auch sonst mit jener der Tagalen identisch. Sie sind dann durch die
Spanier zum Katholicismus bekehrt worden, doch gab es noch i. J. 1848
Heiden unter ihnen, denn Diaz Arenas spricht von 100 unterworfenen
heidnischen (infieles) Pampangos, welche in dem erwähnten Jahre der
spanischen Herrschaft unterworfen waren.

Sie besitzen auch Schlangenbeschwörer, welche Schlangenbisse heilen,
diese Heilkünstler werden "Tavac" genannt (Mozo 97). Ihre Industrie
ist im Vergleiche zu jener der Tagalen gering, sie umfasst dieselben
Zweige wie bei den letzteren.



3. Zambalen (Zambales).

Die Zambalen oder Tinos bewohnen den mittleren und südlichen Theil
der Provinz Zambáles, doch sind sie als wilde Bergstämme in geringer
Zahl auch in den nördlichsten Theilen von Bataán anzutreffen. Erst zu
Ende des XVII. und im Anfange des XVIII. Jahrhunderts gelang es den
Spaniern mehr durch den Eifer der Missionäre als durch Waffengewalt
sie zu unterwerfen, obgleich noch heute ein nicht unbeträchtlicher
Theil dieses blutdürstigen Stammes in den Bergwildnissen entweder
volle Unabhängigkeit behauptet oder durch Zahlung einer geringen
Geldsumme sich die Freiheit sichert.

Die Zambalen zur Zeit der Conquista trugen das Haar bis auf eine
frei herabwallende Locke geschoren (Morga-Stanley 269), von ihrer
sonstigen Tracht wird Nichts erwähnt. Ihre Waffen waren Lanze, Schild,
Messer und Pfeile, welche sie gut zu brauchen wussten. Sie lebten in
Polygamie (Cañamaque, Filipinas 226). Grössere Hausthiere, nämlich
Büffel (?), Rinder und Pferde erhielten sie erst durch die Missionäre
(Cañamaque, Filipinas 134), Ackerbau scheint weniger als die Jagd
getrieben worden zu sein, was vielleicht auf eine starke Beimischung
von Negritoblut hinweist. Andererseits erwähnen Buzeta und Bravo,
dass sie ein dem tagalischen ähnliches Alphabet besessen hätten,
was für eine höhere Culturstufe spricht. Ihre Dörfer wurden nur von
10-30 Familien bewohnt und bildeten jedes einen Staat für sich, so
dass wir hier derselben staatlichen Zersplitterung begegnen, wie bei
den Tagalen. Die Häuptlinge waren bejahrte Leute, welche nur einen
geringen Einfluss auf ihre Untergebenen auszuüben vermochten. Die
einzelnen Dörfer waren in beständige Fehden miteinander verwickelt,
eine Folge ihrer eigenthümlichen Sitten. Starb nämlich Jemand, so
legten seine Hinterbliebenen Trauer, d. h. eine schwarze Kopfbinde
an, welche sie nicht eher ablegen durften, als bis sie Jemanden
getödtet hatten, was an eine ähnliche Sitte der Negritos lebhaft
erinnert. Dann wurde die Binde abgelegt und die Trauer mit einem
Saufgelage beendet. Ein Mord oder Todtschlag innerhalb eines und
desselben Tribus wurde entweder mit Gold oder Silber gesühnt oder
es wurde der Familie ein Sclave oder Negrito (Cañamaque, Fil. 128)
gegeben, um als Sühnopfer abgeschlachtet zu werden.

Die Zambalen waren wie noch jetzt die Dayaks wüthende Kopfjäger,
je mehr Köpfe erschlagener Feinde ein Zambal von einem Kriegszuge
heimbrachte, desto höher stand er im Ansehen der Seinen, wodurch
ihre angeborene Mordlust noch mehr gesteigert wurde (Cañamaque,
Filipinas 126). Sie stiegen deshalb von den Gebirgen in die Ebenen
der benachbarten christlichen Provinzen und lauerten Reisenden auf
oder suchten zur Nachtzeit sich an die Dörfer heranzuschleichen. Die
Schädel der Erschlagenen benutzten sie angeblich (Mozo 86) als
Trinkgefässe. Auf einer Art Trophäe, welche sie beständig mit sich
herumtrugen, machten sie die Zahl der erbeuteten Schädel ersichtlich
(Cañamaque, Fil. 127). Nach P. Juan Ferrando (Historia de los
P. P. Dominicos en las Islas Filipinas in Cañamaque, Filipinas 124)
pflegten die Zambalen in ihrer Gier nach Feindesschädeln jeden Menschen
zu tödten, der nicht gerade zu ihrem Stamme gehörte, und führten
dann um die Schädel "satanische" Tänze auf; Ähnliches berichtet Mozo
(l. c.), indem er erwähnt, dass sie die abgeschlagenen Köpfe zur
Verherrlichung ihrer Feste heimschleppen. Durch diese Kopfjägerei
unterscheiden sie sich auffallend von den Tagalen und Pampangos,
welche diese Sitte nicht kannten.

Die Religionen der alten Tagalen und Zambalen waren nicht, wie Buzeta
und Bravo berichten, identisch, aber doch sehr ähnlich. Sie kannten
einen obersten Gott ("Malyari"), zwei minder mächtige Hauptgottheiten
Acasi und Manglobag und eine Anzahl Diiminores. Der Priesterstand
spielte bei ihnen eine wichtigere Rolle als bei den übrigen Malaien
der Philippinen. Der Hohepriester oder Papst ("Bayoc") weihte den
einzelnen Gottheiten unter langen Ceremonien die Priester. Nach
Ferrando (Cañamaque, Fil. 129) spendete der Bayoc auch--wenn gleich
selten--eine Art Taufe mit Schweineblut, wie denn auch hier, wie
überall in diesem Archipel, das Schwein als das den Göttern angenehmste
Opferthier galt. Die heiligen Feste arteten in Orgien aus. Wie viele
von diesen Bräuchen sich noch heute bei den unabhängigen Zambalen
(den "Cimarrones" oder "Infieles" [12]) erhalten haben, ist mir
unbekannt. Sie leben in kleinen Dörfchen (Rancherías), deren Häuptlinge
(Reyes oder Reyezuelos) den Verkehr mit den spanischen Behörden
vermitteln. Sie leben von erlegtem Wilde, Honigwaben und Bataten
(Camote), deren Anbau ihnen erst durch die Spanier bekannt wurde. Reis
kaufen sie von ihren christlichen civilisirten Brüdern und bezahlen
ihn mit den von den Chinesen hochgeschätzten Bezoarsteinen und Tabak,
den sie heimlich bauen und in der Nachtzeit in die christlichen Dörfer
einschmuggeln [13]. Die meisten Horden stehen zu den Spaniern auf dem
Kriegsfuss, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil die spanischen
Finanzwächter ihre Tabakpflanzungen vernichten, doch scheint ihre
Mordlust und Kopfjägerei längst erloschen zu sein, sie sind froh,
wenn man ihnen Ruhe giebt.

Die christlichen Zambalen weisen dieselbe Tracht auf wie die Tagalen,
deren Agricultur und Industrie auch die ihre ist, wenn auch letztere
noch in den Kinderschuhen liegt. Ein Rest alter heidnischer Sitte
zeigt sich bei den Leichenfeierlichkeiten. So lange die Leiche im
Sterbehause liegt, werden alle Eintretenden mit Speise und Trank
reichlich bewirthet, und ungenirt zeigt sich allenthalben unter den
Gästen frohe Lustbarkeit. Auch bei dem eigentlichen Begräbnisse
herrscht keine Trauer, nur das gemiethete Klageweib heult in
ohrzerreissenden Tönen hinter dem Sarge (Cañamaque, Recuerdos I, 21
u. f.). Ob der Ahnencultus bei den christlichen Zambalen sich ebenso
erhalten hat wie bei den Tagalen, ist mir unbekannt geblieben.

Es scheint nicht als ob die Zambalen sich als besonderer Dialektstamm
werden erhalten können, die zahlreichen Einwanderer von Ilócos drohen
vermöge ihrer activen Kraft diesen an und für sich schwachen Stamm
ganz in sich aufzusaugen, wie diess in Bataán durch die Tagalen
geschehen ist.



4. Pangasinanen (Pangasinanes).

Die Pangasinanen bewohnen die westlichen und südlichen Gestade
des Golfes von Lingayen. Auch sie werden von den Ilocanen mehr und
mehr zurückgedrängt; in den Zeiten Don Juan de Salcedo's waren die
südlichen Küstenstriche der heutigen Provinz La Union von Pangasinanen
besiedelt, wo jetzt der Ilocos-Dialekt der herrschende ist. Selbst
in dem Stammlande dieses Malaienzweiges, in Pangasinán, behaupten
sie sich nur noch an dem Meeresstrande, das ganze Hinterland und
der nördliche Theil dieser Provinz ist der friedlichen Invasion der
thätigen Ilocanen anheimgefallen, welche in diesen Strichen Luzons
dieselbe Rolle spielen, wie die angelsächsischen Squatter unter den
spanischen Hacenderos von New Méjico und Tejas. Pangasinanen sind als
Colonisten auch in dem District Benguet anzutreffen, Niederlassungen
derselben findet man auch in der Provinz Nueva Écija. Compact aber
wohnen sie, wie gesagt, nur am Golf von Lingayen vom Cap Bolinao bis
S. Fabian.

Seit 1572 sind sie der spanischen Krone unterworfen, seit 1574-76 auch
ziemlich alle christianisirt worden, so dass wir bei ihnen dieselben
Einrichtungen und Institutionen, Tracht und Bräuche antreffen, wie
bei den Tagalen. Die Pangasinanen sind sehr fleissige Ackerbauer,
Reis, Zuckerrohr und Indigo werden stark gebaut (Scheidnagel 29),
der Reis speciell wird in grossen Massen exportirt, und nicht
allein nach China, sondern auch nach Annam und Siam (Jagor, 239)
ausgeführt. Mais wird gleichfalls sehr stark gebaut, doch dient er
nur zum Viehfutter; nur in Zeiten, wo die Reisernte missrathen ist,
auch zur Nahrung der Menschen (Ilustr. 1861, p. 104). Ausgedehnte
Cocospflanzungen sind allenthalben zu finden, in welchen unter anderen
die schöne und von den Indiern so hochgeschätzte Macalimba-Varietät
dieser Palme bevorzugt wird. In den Zeiten der Conquista waren die
Cocoshaine (Cocales) viel ausgedehnter als wie heute, wo der Mais-
und Indigobau sowie die Pflege des Zuckerrohrs die Pangasinanen die
Cultur dieser Palme um so eher vernachlässigen liess, als einige Mal
ein kleines Insect riesige Cocosbestände in kurzer Zeit verwüstete.

Ihre Industrie beschäftigt sich mit denselben Artikeln wie jene der
Tagalen, als besondere Specialitäten der Pangasinan-Industrie werden
sehr feine Hüte aus Nito- und Bejuco-Geflecht genannt (Scheidnagel
30). Aus der Rinde des Coliao-Baumes arbeiten sie sehr haltbare Taue
und Stricke, welche nach dem Baume Coliaos heissen (Scheidnagel 127).

Zur Zeit der Conquista hatten sie dieselben religiösen Anschauungen
wie die Tagalen, heute sind alle insgesammt Katholiken. Heiden giebt
es nicht mehr unter ihnen, auch findet bei den Pangasinanen seltener
das "Remontarse" Statt, d. h. die Flucht in die Wälder, um dort wie
ein Wilder zu leben.



5. Ilocanen (Ilocanos).

Zur Zeit der Conquista bewohnten die Ilocanen einen schmalen
Küstenstrich vom Golf von Lingayen an bis hinauf zum Cap
Bogeador. Nach dieser Zeit breiteten sie sich, zum Theil unter dem
Schutze der spanischen Bajonnette, immer weiter und weiter aus. Sie
besitzen eine grössere Expansivkraft als die so vielgepriesenen
Tagalen. Heute bewohnen die Ilocanen die Provinzen Ilócos Norte (nur
den Küstenstrich), Abra (neben Tinguianen und Igorroten), Ilócos Súr
und La Union. Dann haben sie den nördlichen Theil und das Hinterland
von Pangasinán inne. Zahlreiche ilocanische Einwanderer haben das fast
gänzlich entvölkerte Thal von Benguet mit hoffnungsvollen Ansiedelungen
versehen, in Zambáles, Pampanga und Nueva Écija ist ihre Zahl beständig
im Steigen begriffen, dasselbe gilt vom westlichen Küstenstrich von
Cagayán. Selbst nach den Batanes- und Babuyanes-Inseln treibt sie
ihre rege Wanderlust, ja sogar im District Príncipe, an der Ostküste
Luzons, haben sie sich als strebsame Colonisten mitten unter Tagalen
und Ilongoten niedergelassen. In den Districten Lepanto und Bontoc sind
sie gleichfalls mitten unter den Bergstämmen der Igorroten zu finden,
doch muss hier ausdrücklich bemerkt werden, dass in diesen beiden
Districten alle getauften Indier, gleichgültig ob sie nun Igorroten,
Buriks sind, Ilocanos genannt werden, ohne Rücksicht auf ihre Abkunft
(Lillo Gracia 17). Es pflegen auch in der That die getauften Igorroten
die Sprache der (ihnen nahe verwandten?) Ilocanen ganz anzunehmen,
und es mag vielleicht diese--freilich geringe--Beimischung mit dem
Blute dieses so tapferen und kräftigen Bergvolkes auch etwas zu der
lebendigen Kraft und Expansionsfähigkeit beigetragen haben, welche
die Ilocanen so vortheilhaft vor der Passivität der übrigen Indios
civilisados auszeichnet.

Die Tracht gleicht mehr oder minder jener der Tagalen. Unentbehrlich
erscheint ihnen das Waldmesser "Sual", welches sowohl zum Bearbeiten
der Erde als auch zum Behauen der Balken und Fällen der Bäume dient
(Scheidnagel 124). Als Jagdwaffe benutzen sie denselben Wurfspiess
wie die Igorroten, den sie gleichfalls "Cayang" nennen.

Sie bauen Reis, Indigo, Mais, Zuckerrohr, Cacao, Kaffee, Cocos, Oliven
und Weinreben (Ilustr. 1860, n. 14, p. 164) und überdiess Baumwolle
(Ilustr. a. a. O., Cañamaque, Filip. 29). Die Hauptnahrung ist auch
hier der Reis, nächst diesem werden sehr viele Fische genossen; aus
dem Fische Ipon oder Dolon, der massenhaft gefangen wird, bereitet
man durch Einsalzen desselben die Speise "bayon" (Ilustr. 1860, n. 12,
p. 152). Die Viehzucht ist in blühendem Zustande, indem die Ilocanen
an den Bergvölkern gute Käufer ihrer Büffel, Rinder und Schweine
finden. Die Pferde von Ilócos gehören angeblich zu den besten der
Philippinen (Ilustr., l. c.). Früher war Viehraub an der Tagesordnung
(Mas, pobl. 80).

Die Industrie der Ilocanen ist ziemlich entwickelt, sie besitzen sogar
eine Specialität, nämlich aus Baumwolle gewebte Mäntel, die sogenannten
"mantas de Ilócos", welche einen wichtigen Exportartikel nach den
übrigen Theilen von Nord-Luzon bilden. Nach Diaz Arenas (p. 291)
liefert Ilócos Sur ausgezeichnete Sinamay- und Nipis-Zeuge. In Ilócos
Norte kommt die Abacá (Manilahanf) nicht mehr fort, als Surrogat
dient die Mague-Pflanze, deren Fasern ähnliche Eigenschaften besitzen
(Ilustr. 1860, n. 17, p. 200). Sonstige Industrieartikel entsprechen
den tagalischen. Scheidnagel nennt drei Ölgattungen, welche in Ilócos
erzeugt werden: Palo-María, Macabujay und Tagumbao.

Über ihre Religion zur Zeit der Conquista ist mir Nichts bekannt,
sie wurden durch den Cortés der Philippinen, Don Juan de Salcedo, der
spanischen Krone unterworfen, und sind schon über drei Jahrhunderte
Christen. Aus den Zeiten ihrer Unabhängigkeit datirt das grosse
Missverhältniss zwischen Reich und Arm. Die Edelleute (principales)
haben den Reichthum in ihren Händen, ihnen gegenüber steht die
grosse Masse der immer mehr verkommenden Plebejer, der sogenannten
Cailianes. Die Edelleute pflegten den Cailianes Seide oder Baumwolle zu
geben, welche sie zu Geweben verarbeiten sollten. Bei der Ablieferung
derselben pflegten die Cailianes bedeutend verkürzt zu werden,
indem die Principales bald schlechte Beschaffenheit des Gewebes oder
zu geringes Gewicht zum Vorwande nahmen, um die Cailianes zu ihren
ihnen rettungslos verfallenen Schuldnern zu machen, indem sie ihnen
keinen Lohn zahlten (Mas, hist. II, 60). Diese harte Bedrückung
verursachte zwei blutige Plebejer-Aufstände in den Jahren 1762 und
1811. Obwohl diese Übelstände in der Neuzeit so ziemlich beseitigt
erscheinen, so ist es vielleicht nicht unwahrscheinlich, die rege
Auswanderungslust der Ilocanen auf die unerquicklichen Verhältnisse
der Heimath zurückzuführen.



6. Ibanags oder Cagayanen (Cagayanes).

Die Ibanags werden gewöhnlich Cagayanes genannt, weil ihr Hauptsitz
die Landschaft Cagayán und der Unterlauf des gleichnamigen Stromes
ist. Diejenigen von ihnen, welche auf den Batanes- und Babuyanes-Inseln
wohnen, wurden früher als ein besonderer Stamm angesehen, doch lässt
sich hierüber nichts Sicheres sagen, da unsere Nachrichten über die
Batanes mehr als spärlich sind. Sie bewohnen die Babuyanes-Gruppe,
welche auch den Namen Islas de Ibanag führen, die Batanes-Inseln,
ferner das Küstengebiet der Provinz Cagayán; ihre Ansiedelungen gehen
das Thal des Rio Grande de Cagayán hinauf bis nach Furao hin in der
Provinz Isabela. Der Ibanag-Dialekt dient im ganzen Stromgebiete
des Rio Grande als Verkehrssprache mit den wilden Bergstämmen, es
dürfte hier das Ibanag-Idiom nach und nach die Sprachen jener Horden
vollständig verdrängen. Ich glaube, dass ein ähnlicher Vorgang auch
auf den Batanes sich abgespielt hat, denn die Beschreibung, welche
Dampier von jenen "Bashee"-Insulanern giebt, lässt sich schwer
mit den Schilderungen in Übereinstimmung bringen, welche uns die
Spanier von dem Habitus, der Tracht und Lebensweise der Cagayanen
zur Zeit der Conquista niederschrieben. Baron Hügel schreibt über die
Batanes (S. 69): "Die Bewohner werden als ein starker, gutmüthiger und
vollkommen harmloser Menschenstamm geschildert". Diess stimmt nicht mit
dem Charakter der Ibanags Luzons überein, denn diese werden einstimmig
von allen Schriftstellern, von den ältesten bis zu den modernsten
herab, als ein kriegerischer und trotziger Stamm geschildert, und es
hat auch in der That den Spaniern die Eroberung Cagayans mehr Blut
gekostet, als jene der übrigen Provinzen Luzons. Reisbau, Schweine-
und Ziegenzucht, sowie die Bereitung eines Branntweines aus Zuckerrohr
oder Reis entsprechen ganz den ähnlichen Verhältnissen von Cagayán. Den
Golddraht, den die Batanes um die Arme tragen, trugen die Cagayanen in
den Zeiten der Conquista ebenfalls. Nach Waitz (Anthr. V, 62) sind die
Bewohner physisch den Dayaks ähnlich, auf S. 101 werden sie wie folgt
beschrieben: Farbe: dunkelkupferbraun, Gestalt: klein und untersetzt,
Gesicht: rund, Stirne: niedrig, Augen: klein mit starken Augenbrauen,
Nase: kurz und klein, Haar: dick und schlicht. Diese Beschreibung
entspricht auch dem Bilde der Cagayanen.

Die Ibanags von Cagayán sind seit dem XVI. Jahrhundert Christen,
ebenso jene der Babuyanen, die Batanes sind aber noch zum grösseren
Theile Heiden, leider ist es mir nicht möglich gewesen, etwas über
ihre Religion zu erfahren. Die Cagayanen bekannten sich in der Zeit
der Conquista ebenfalls zu einer Art von Ahnencultus, wie die Tagalen,
Pampangos &c.

Wie bei den naheverwandten Ilocanen war auch hier die tiefe
Scheidewand zwischen den Edelleuten und Plebejern vorhanden. Die
letzteren heissen in Cagayan "timavas", was wohl mit dem tagalischen
"timauas" identisch ist, womit bei den Tagalen Freigelassene in den
Zeiten vor der Conquista benannt wurden. Auch hier machte sich der
Hass der unterdrückten Kaste durch blutige Aufstände Luft.

Die Ibanags von Cagayan und Isabela bauen dieselben Pflanzen
wie die Ilocanen, die Hauptmasse der Bevölkerung widmet sich
aber--zwangsweise--dem Tabaksbau, denn der Tabak dieser beiden
Provinzen ist der beste der Philippinen. Die Härte, womit
die Zwangscultur dieser Pflanze von der Regierung überwacht und
durchgeführt wird, lässt keine nennenswerthe Industrie aufkommen (man
vgl. darüber: Semper, Skizzen 41 f. und 131 f.). Die Finanzbehörde
der Colonie bleibt den Tabakbauern oft Jahre hindurch den Betrag für
die abgelieferten Blätter schuldig (Cañamaque, Filipinas 30).

Auch bei den Ibanags herrscht eine grosse Auswanderungslust, besonders
Manila zieht sie an, wo sie halbnackt in grossen Schaaren anlangen
(Buzeta I, 240).



7. Igorroten mit Buriks und Busaos (Igorrotes).

Mit dem Namen "Igorrotes" wird viel Unfug getrieben. Spanische
Schriftsteller haben alle heidnischen sogenannten "wilden" Bergstämme
Luzons Igorrotes getauft, und so kamen auch unter anderen "Igorroten
von Camarínes", "Igorroten von Tayabas" in die ethnographische
Literatur. Andere Autoren, wie z. B. der gelehrte D. Sinibaldo de Mas,
bezeichneten mit diesem Namen alle Bergstämme Nord-Luzons, mit Ausnahme
der Tinguianen, was immerhin eine gewisse Berechtigung hätte. Ich fasse
unter dieser Bezeichnung die Igorroten im engeren Sinne und die Busaos
und Buriks zusammen, denn diese haben eine gemeinsame Sprache, welche
nur geringe dialektische Verschiedenheiten aufzuweisen hat (mündliche
Mittheilung von Herrn Gumersindo Morales). Auch unterscheiden sich
diese Stämme nur durch Tracht und Tätowirung voneinander, während
Sitten und Bräuche nur unerheblich voneinander abweichen.

Die Heimath der Igorroten bilden die Provinzen oder Districte: Benguet,
Lepanto, Tíagan und Bontoc. Nach Scheidnagel (a. v. St.) finden sich
auch Igorroten-Niederlassungen in den Provinzen Abra, Nueva Vizcaya
und Isabela vor, doch ist es fraglich, ob Scheidnagel nicht hier den
Namen der Igorroten in der oben angegebenen Weise missbraucht. Die
Busaos haben die nördlichsten Sitze inne. Von der Cordillere Tila
oder Tovalina an wohnen sie in den Districten Tiagan, Lepanto
(nördliche Hälfte) und in Bontoc, in letzterem im Quellgebiete des
Rio Caycayan. Nach der Ilustracion del Oriente (Jgg. 1818, Nr. 1,
p. 4) sind sie auch in Benguet wohnhaft, was mir unwahrscheinlich
vorkommt, da sie von diesem Districte durch die Buriks getrennt
sind. Zu Grenznachbarn haben sie im Norden die Tinguianen und
Guinanen, im Osten die Itetapanen und vielleicht auch die Suflin;
südlich von ihnen wohnen die Buriks, im Osten von Santa Cruz und
im Westen des Monte Data. Ihre wichtigeren Orte sind: Suyuc, Cayan,
Sabangan, Cabugatan, Banao und Mancayan (Yamcayan).

Südlich von den Buriks wohnen die eigentlichen Igorroten, deren
Stammland das Thal von Benguet ist, obwohl sie jetzt in diesem Thale
nur in verhältnissmässig geringer Zahl wohnen, indem die blutigen
Kriege, welche in den zwanziger und dreissiger Jahren dieses Säculums
zur Unterwerfung dieses kriegerischen Stammes führten, das blühende
Land beinahe entvölkerten. Ihre wichtigeren Orte sind Benguet, Apayao,
Cabacan (Cabagan), Buguias (Bujias) &c. v. Drasche (Fragm. einer
Geologie, p. 27) traf Igorroten zwischen S. Nicolas am Rio Agno und
Bambang (Provinz Nueva Vizcaya), bis zum Caraballo Sur. Auch hier muss
ihre Zahl erheblich sich vermindert haben, denn gegen die geringe Zahl
der Individuen stach die Menge der verlassenen und verfallenen Hütten
ab. Einst war das von den Igorroten bewohnte Territorium grösser,
im XVII. Jahrhundert wird noch der Berg von Sto. Tomas als in der
"Tierra de Ygolotes" [14] liegend mehrfach erwähnt, und noch 1747
reichte das Gebiet der Igorroten bis zum Weichbilde der Pueblos Agoo
und Aringay (Mozo 81). 1829 war die Grenze bis zum Monte Tongló (beim
Monte Sto. Tomas) zurückgewichen (Mas, pobl. 46). In den Districten
Lepanto und Bontoc zählte man 1876 19 852 unterworfene und 29 600
unabhängige Igorroten incl. Buriks und Busaos, während Diaz Arenas für
das Jahr 1848 die Zahl 12 304 für die damaligen Provinzen Pangasinán
("in der Cordillera grande"), Abra und Ilócos Sur angiebt.

Ihre Hautfarbe ist ein "nicht sehr dunkles Olivenbraun, seltener das
Gelb der Mestizen" (Semper, Erdk. XIII, 90) oder gelblich kupferfarben
(Ilustr. 1860, n. 12, p. 151). Nach Buzeta und Bravo (Diccionario
I, 52) zeigt ihre Haut die Farbe gekochter Quitten. Ihr Körperbau
ist kräftig, die Muskulatur gut entwickelt (Ilustracion, l. c.,
Semper, l. c.). Die Durchschnittshöhe der Männer beträgt nach Semper
(Erdk. XIII, 89) 4' 8'' 2''', bei Weibern 4' 5'' 4''' Pariser Maass.

Professor Virchow nennt einen Igorrotenschädel "ausgezeichnet
dolichocephal", "von den Malaienschädeln ganz verschieden" und
bemerkt weiter, "er nähere sich mehr den Formen von Palembang". Nach
Professor Semper ist auch das Gesicht länglicher und die Stirne mehr
gebogen und zurücktretend als bei den Tagalen (Erdk., XIII, 90). Die
Augen sind schwarz und gross, der äussere Augenwinkel ist spitz und
etwas schräg nach oben gestellt (Semper, l. c.; Buzeta y Bravo I,
52; Ilustracion 1860, n. 12, p. 151). Die Wangen sind gross und
breit (Buzeta, l. c.). Das dichte Haar ist schwarz, glatt und ohne
Glanz (Semper, Erdk., XIII, 91; Mas, pobl. 24). Erwähnenswerth ist,
dass nach Lillo Gracia (p. 17) es auch reinblütige Leute giebt, die
einen ebenso dichten Bart haben wie Europäer, doch lassen sich nur
einzelne Berg-Igorroten von Lepanto den Bart stehen, die überwiegende
Mehrzahl zieht sich die Haare am Kinne, der Brust, den Achselhöhlen und
Schamtheilen mit einer kupfernen Zange aus (Semper, Erdk. XIII, 91).

Allgemein wird behauptet, dass die Igorroten stark mit chinesischem
Blute gemengt seien, ja es wird sogar von Mischung mit Japanern
gesprochen (Novara-Reise, Ethnogr. Th., p. 32; Semper, Erdk. XIII,
89). Semper sagt: "Jemehr man sich nördlich wendet, um so schärfer
tritt der mongolische Charakter hervor". Nach ihm (Erdk., l. c.) zeigen
die grossen Individuen chinesischen, die kleinen malaiischen Typus. An
einer anderen Stelle (l. c., S. 91) bemerkt er: "Die Weiber nähern sich
im Allgemeinen mehr dem malaiischen Typus". Mozo bemerkt hierüber:
"aparecen muy semejantes á los Chinos ..... especialmente en los
ojos, en que no los quitan pinta" (Misiones, p. 63). Mas (pobl. 24)
findet es auffallend, dass in ihrer Sprache der spanische Laut ch,
entsprechend dem deutschen tsch, vorkommt, den angeblich die Dialekte
der übrigen Malaienstämme nicht kennen. Lillo Gracia sagt von ihrer
Sprache, sie sei einem corrumpirten Ilocanisch ähnlich, besitze
aber eine eigenthümliche nasale Accentuirung, die an das Chinesische
erinnere. Eine Vermengung mit Chinesen lässt sich nicht gut nachweisen,
sie müsste jedenfalls vor der Einwanderung der Ilocanen erfolgt sein,
so lange die Igorroten noch im Besitze der Küste waren, denn sonst
müssten die Ilocanen auch einen chinesischen Typus aufweisen, da die
Chinesen wohl mehr Berührungspunkte zu einem intimen Verkehre mit
diesen vorfanden, als mit den tieferstehenden Igorroten. Jedenfalls
heisst es in dieser Frage nicht voreilig sein, sondern specielle
Untersuchungen über diesen Gegenstand abwarten.

Das Haar tragen Männer und Weiber "vorn geradlinig über der Stirn
und zu beiden Seiten des Gesichts abgeschnitten, so dass es fast
die ganze Stirn bis zur Nasenwurzel, sowie die Ohren bedeckt";
am Hinterkopf lassen sie es oft lang wachsen und binden es in
einen Knoten zusammen (Semper, Erdk. XIII, 91). Doch wechselt die
Haartracht bei den einzelnen Stämmen (Lillo 30). Die Igorroten im
engeren Sinne des Wortes tätowiren ihren Körper an Händen, Armen und
der Brust (Lillo 31), doch beschränkt sich diese Sitte in den meisten
Dörfern nur auf ein rohes Sonnenbild, welches auf die Handrückenfläche
gemalt wird (Semper, Erdk. XIII, 90), insbesondere die Weiber dehnen
die Tätowirung zumeist auf keinen anderen Körpertheil aus (Lillo,
l. c.). Die Tätowirungsmuster auf Brust und Armen sind Combinationen
gerader und krummer Linien, seltener findet man bildliche Darstellungen
von Menschen und Thieren (Semper, l. c.). Die Tätowirungsmuster haben
eine schmutzig-blaue Farbe und werden der Haut durch Nadelstiche
beigebracht, die Nadel selbst ist in eine Farbmasse getaucht,
welche aus Öl und einem Pulver, das durch Verbrennung blauer
Baumwollenstoffe gewonnen wurde, zusammengesetzt ist (Lillo 31). Die
Busaos-Igorroten tätowiren sich Blumengebilde auf die Arme (Mas,
pobl. 25; Ilustracion, 1860, 152 und 285; Bastian, Reisen V. 273;
Ilustr. del Oriente, 1878, Nr. 1, p. 4), andere Körpertheile werden
nicht tätowirt. Die Buriks-Igorroten tätowiren sich den Körper in
einer Weise, dass er wie mit einem Panzerhemde bedeckt erscheint,
während die Arme mit schlangenartigen Mustern versehen werden (Mas,
pobl. 25). Bemerkenswerth ist die Sitte, dass bei Vornehmen die Zähne
mit einem breiten Goldblech bedeckt werden (Semper, Erdk. XIII,
90). Denselben Brauch fanden die Spanier bei der Eroberung des
Archipels bei Tagalen und Visayern vor.

Den schmutzigen Körper und die nie gekämmten Haare verhüllen
verschiedenartige Tracht und Gewandung. Bei der Feldarbeit wird
von den Männern nur der Bajaque oder Baac--eine Art Schurz--getragen
(Lillo 31). Der Bajaque besteht aus Baumwollenzeug oder Baumrinde (Mas,
pobl. 23). Sonst wird noch ein Mantel getragen, "aus Baumwollenzeug
verfertigt und ilocanischer Provenienz", da dieser "Mantel" viereckig
ist, könnte er wohl besser Plaid genannt werden. Der Plaid ist lang
genug, dass er doppelt um den Leib herumgeschlagen werden kann, er ist
blau und weiss gestreift oder schwarz; wenn ganz von weisser Farbe,
gilt er als Trauergewand (Mas, pobl. 23). Diese anscheinende Anlehnung
an chinesischen Brauch liefert aber kein neues Beweismaterial für
die Chinesen-Abstammungs-Hypothese, denn die Spanier fanden in den
Zeiten der Conquista Weiss als Trauerfarbe im ganzen Archipel, und
noch heute ist es so auf den Sulú-Inseln.

Der Kopf wird meist unbedeckt getragen (Semper, Erdk. XIII, 89), sonst
tragen die Berg-Igorroten ein Zeug turbanartig um den Kopf gewunden,
während die Thalbewohner mit dem Salacó das Haupt bedecken (Lillo
31). Die Tracht der civilisirten Indier (gleich der tagalischen)
beginnt bereits in den Grenzdistricten die nationale zu verdrängen
(Lillo, l. c.). Die Weiber tragen eine bis zu den Knieen reichende
Schürze, ferner ein jackenartiges Hemd mit langen Ärmeln, welches die
Brüste durch einen Schlitz erblicken lässt, beide Kleidungsstücke sind
indigoblau mit weissen Streifen (Semper, Erdk. XIII, 89; Ilustr. 1860,
p. 151). Die Häuptlinge tragen im Kriege einen eigenthümlichen Barigués
oder Porta-itac genannten Gürtel, welcher aus kleinen blendend weissen
Steinchen zusammengesetzt ist (Scheidnagel 124). Die Kleider werden
nie gewaschen (Lillo 31).

Als Schmuckgegenstände dienen beiden Geschlechtern Ringe und Schnüre
um Hals, Arme und Beine, sowie Ohrgehänge. Um den Hals werden mit
Glasperlen und Steinen bedeckte Schnüre getragen (Semper, Erdk. XIII,
90), manche legen einen aus Kupferblech bestehenden Halsschmuck
an, einige tragen förmliche Hunde-Halsbänder (Lillo 30). Die Arm-
und Beinringe bestehen aus Metalldraht, Glasperlenschnüren oder
Pflanzenflechtwerk (Semper, Erdk. XIII, 90); eine besondere Gattung
dieser Ringe heisst Bali, wird aus Kupfer verfertigt und ist mitunter
vergoldet (Scheidnagel 125). Die Ohrgehänge, welche auch von den
Männern getragen werden, bestehen aus Gold, Kupfer und Hundezähnen
(Lillo 30; Scheidnagel, l. c.). In Ermangelung von etwas besserem
werden auch Holzpflöcke in die Ohren gesteckt. Je grösser die
Ausdehnung des Ohrläppchens ist, desto grösser der Stolz.

Tabak, Geld und andere Gegenstände werden in einer Art Patronentasche
aus Rohrgeflecht getragen, welche an einem Bandelier hängt (Lillo
30). Semper sah viele Igorroten, welche an einer (Glas-) Perlenkette
einen Ohrlöffel und jene Kupferzange beständig mit sich trugen,
welche zum Auszupfen der Barthaare dient.

Von ihren Geräthen und Waffen fällt zunächst ihre Axt Ligua (Aligua,
Aliva) in die Augen, sie hat die Gestalt eines Trapezoids (Scheidnagel
124) und ist mit einer Spitze versehen, welche zum Aufspiessen des
abgeschlagenen Feindeskopfes dient (Lillo 24). Dann kommt zunächst
das zweischneidige Waldmesser Bujías oder Talibong (Talibon) in
Betracht. Breite einschneidige Hackmesser, gleich den ilocanischen,
und ebenso Bolos genannt, sind gleichfalls im Gebrauche. Der Talibong
wird bei den Busaos nicht vorgefunden (Ilustr. 1860, p. 152). Zur Jagd
wie zum Kriege dient als Hauptwaffe ein Wurfspiess mit eiserner Spitze,
welcher Cayang genannt wird. Sie besitzen zwar auch Pfeil und Bogen,
wissen aber diese Waffe nicht gut zu gebrauchen (Mas, pobl. 24). Als
Schutzwaffe dient der aus Holz verfertigte Schild, Calata (Lillo
24). Sämmtliche Angriffswaffen sind aus Metall verfertigt, bezw. haben
sie aus diesem verfertigte Spitzen, Eisen wird natürlich bevorzugt,
kommt aber nur durch Handel in ihre Hände, weshalb in früheren Zeiten
das Kupfer das Material zur Herstellung ihrer Waffen und Werkzeuge
nahezu ausschliesslich hergab.

Von Transportgeräthen sind erwähnenswerth der Apirang und der Cayabang,
ersterer ist ein auf dem Rücken zu tragender Korb aus Rohr und Bambus,
letzterer ist gleichfalls ein Korb von vollendeter Arbeit, welchen
nur Weiber tragen, er hat die Gestalt eines abgestumpften Kegels; zum
Fortschaffen und Aufbewahren verschiedener Gegenstände dienen auch die
Sackgattungen Upit und Sagupit, beide aus Bejuco und anderen Rohr-
und Gras-Gattungen geflochten. Der Upit hat einen doppelten Boden
(Scheidnagel 126).

Die Dörfer der Igorroten sind nicht klein und erscheinen noch grösser
durch den Umstand, dass jedes Haus von dem anderen durch einen
viereckigen Hofraum geschieden ist (Semper, Erdk. XIII, 90), dieser
Hofraum ist von einem aus rohbehauenen Steinen zusammengefügten
Walle umgeben. Die Hütten sind je nach der Lage des Dorfes aus
verschiedenen Materialien hergestellt; wo spanisches Rohr und
Cogongras noch fortkommen, werden aus ersterem die Wände, aus
letzterem die Bedachung verfertigt, in den höheren Gebirgen dienen zum
Hausbaue Dielen und Balken aus Fichtenholz (Ilustracion 1860, n. 12,
p. 151). Die Igorroten-Hütten in den Niederungen von Lepanto haben
bereits ilocanisches Gepräge (Lillo 31). Der Grundriss ist viereckig,
die Zimmer sind vier Fuss hoch; zwischen der Zimmerdecke und dem
Dache ist der Reis aufgehäuft; selten läuft um das Haus eine Galerie
(Semper, Erdk. XIII, 90). Die Hütten haben keine Fenster und nur eine
einzige niedrige Eingangsthür, zu welcher man auf einer Leiter--denn
auch hier ruhen die Hütten etwas erhöht über dem Erdboden--gelangt
(Lillo 31). Der Feuerherd befindet sich gewöhnlich in der Mitte des
einzigen Zimmers (Semper, Erdk. XIII, 90). In manchen Gegenden umgeben
die Igorroten ihre Häuser mit Bambuszäunen (Scheidnagel 75). Das Innere
der Hütten starrt von Schmutz, Russ und Asche (Semper, Erdk. XIII, 90;
Mas, pobl. 24; Ilustracion 1860, n. 12, p. 151). Früher schmückten die
Igorroten das Äussere und Innere ihrer Behausungen mit den Köpfen der
erlegten oder geschlachteten Thiere aus, wodurch die ganze Umgebung
der Hütte durch infernalischen Gestank verpestet wurde (Mas, pobl. 20;
Semper, Erdk. XIII, 94), jetzt beginnt diese Sitte zu verschwinden,
wenigstens in Benguet und Lepanto.

Die Igorroten sind fleissige Ackerbauer, sie bauen Reis, Mais,
Patatas, Camote und verschiedene Gemüsegattungen, ferner Tabak. Kaffee
wird zwar in ihrem Lande gepflanzt, aber diese Plantagen sind im
Besitze und in Verwaltung von Spaniern und Mestizen (Lillo 41). Vor
dem Auftreten der Spanier scheinen sie nur Reis gebaut zu haben und
diesen nicht in genügender Menge, denn zu Ende des XVII. Jahrhunderts
tauschten die Igorroten in Ilócos nicht allein Schweine und Büffel,
sondern auch Reis ein (Morga-Stanley 284). Lillo Gracia sagt von
den Igorroten von Lepanto, dass sie beständig darnach streben, neue,
ihnen unbekannte Sämereien und Pflanzen anzubauen. Hie und da, wo das
schon kühlere Klima ihres Landes es zulässt, bauen sie Zuckerrohr,
Mangobäume und Apfelsinen (Semper, Erdk. XIII, 72).

Bewunderungswürdig ist die Anlage ihrer Felder an steilen Berglehnen
und das Berieselungssystem, welches ihren Äckern das nöthige Wasser
bringt. Die schroffsten Abhänge sind durch mühseliges Aufthürmen von
Felsblöcken in Terrassenfelder verwandelt worden (Semper, Skizzen 59,
und in Erdk. XIII, 91; Lillo 39). Den Feldern wird das Wasser durch
ausgezeichnet nivellirte Canäle zugeführt, Schluchten und Bergklüfte
werden durch primitive Aquäducte überbrückt, welche aus rinnenartig
ausgehöhlten Baumstämmen hergestellt sind (Lillo 40). Um fruchtbare
Äcker zu gewinnen, brennen die Igorroten grosse schöne Fichtenwaldungen
nieder (Lillo 46). Das Pflügen und der Terrassen- und Canalisirungs-Bau
liegt den Männern ob, alle übrige Feldarbeit ist Sache der Weiber und
Kinder (Lillo 32). Der Reis wird nicht geschnitten, sondern Halm für
Halm ausgerissen (Semper, Erdk. XIII, 91). Nach der Ernte werden die
Felder unter Wasser gesetzt und dann gepflügt. Zu letzterer Arbeit
wird nur in den Niederungen der Büffel mit benutzt, in den Berghöhen
arbeitet der Mensch allein (Lillo 39). Der Pflug ist eine Art Harke
(Semper, l. c.). In Lepanto besteht er aus eisenbeschlagenen Stäben,
welche die Erde aufreissen, worauf die Schollen durch Daraufschlagen
zerbröckelt werden (Lillo, l. c.).

Von einer Viehzucht in dem bei uns üblichen Sinne des Wortes ist
bei den Igorroten keine Rede. Sie besitzen zwar Büffel, Schweine
(und seltener) Rinder und Pferde, aber ohne sich mit deren Zucht
und Pflege zu befassen, so dass sie genöthigt sind, diese Thiere in
grossen Mengen in Ilócos aufzukaufen, denn bei ihren Festschmäusen
werden ungeheuere Massen Fleisch vertilgt, der Bedarf ist daher
ein grosser. Die Pferde werden nur des Fleisches wegen gezogen,
die wenigen, welche nicht dem Schlachtmesser verfallen, sind durch
frühe Dienstleistung bald ruinirt (Lillo 41). Auch der Hund muss sein
Fleisch hergeben. Da das letztere Thier, sowie das Schwein und das
Huhn nur unter gewissen Ceremonien und unter priesterlicher Beihülfe
geschlachtet werden können (Semper, Erdk. XIII), so ist der Schluss
berechtigt, dass diese drei Thiergattungen die einzigen Hausthiere der
Igorroten waren, als sie Luzon betraten und ihre jetzigen Wohnsitze
einnahmen. Trotz dieser Vorliebe und religiösen Scheu Schweinen und
Hühnern gegenüber sind die Igorroten von Lepanto so nachlässig und
träge, dass sie, anstatt diese Thiere selbst zu ziehen, solche zu
ziemlich hohen Preisen von ilocanischen Händlern einkaufen (Lillo
42). Die Hunde werden hingegen gut gepflegt und sogar Nachts in
die Hütte mitgenommen, wo Menschen und Thiere sich in der Nähe des
wärmenden Herdes lagern (Semper, Erdk. XIII, 90). Ställe für Büffel,
Rinder und Pferde giebt es nicht, diese Thiere müssen im Freien die
kühlen Nächte (in Benguet +7° R.) zubringen.

Ihre gewöhnliche Nahrung besteht in Camote, Reis, dem Fleische
ihrer Hausthiere und Wildpret, letzteres wissen sie für längere
Zeit zu conserviren (Ilustracion 1860, n. 12, p. 152). In der
Bereitung der Fleischspeisen sind sie nichts weniger als heikel, für
gewöhnlich braten sie das Fleisch, doch essen sie es auch im rohen
Zustande, selbst die Büffelhaut wird nicht verschmäht und in lange
Streifen zerschnitten noch blutig verschlungen (Semper, Erdk. XIII,
94). Ein Leckerbissen ist den Igorroten der in den Eingeweiden eines
frischgeschlachteten Büffels befindliche Koth (Mas, pobl. 23). Semper
(Erdk. XIII, 94) sah bei einem Festschmause, wie sie den Saft aus den
Excrementen eines geschlachteten Büffels als Sauce auf rohes Fleisch
auspressten. Sie geniessen das Fleisch auch im Fäulniss-Zustande
(Lillo 28).

Den grössten Theil ihrer Reisernte verwandeln sie in Bundang oder
Siniput, ein saures, berauschendes Bier (Semper, Erdk. XIII, 92). Ein
anderer gegohrener Trank wird aus Zuckerrohr bereitet und heisst
"Basig" oder "Basi".

Von den civilisirten Malaienstämmen der Philippinen unterscheiden
sie sich vorteilhaft dadurch, dass sie keinen Buyo kauen, dagegen
rauchen Männer und Weiber von früher Jugend an leidenschaftlich Tabak,
und zwar aus Pfeifen (Lillo 30). Letztere werden von ihnen selbst
fabricirt und bestehen aus Stein, Holz oder Bronze (Messing).

Sobald ein Weib Geburtswehen fühlt, eilt sie zu einem Flusse oder
Bache, in dessen Wasser sie das neugeborene Kind sofort badet,
dann legt sie das Kindlein in eine Art Korb, der über den Schultern
festgehalten wird und geht damit heim (Ilustracion 1860, n. 12,
p. 152). Werden Zwillinge geboren, so wird das zuletzt geborene Kind
der ersten besten Familie geschenkt, die es adoptiren will; findet
sich Niemand, der sich des armen Wesens erbarmt, so wird das Kind
erwürgt oder lebendig begraben (Lillo 25). Dieser barbarische Brauch
ist im raschen Schwinden begriffen. Das neugeborene Kind erhält den
Namen desjenigen, der es zuerst beschenkt, doch werden die Namen im
Leben mehrmals gewechselt (Lillo, l. c.).

Entgegen den liederlichen Sitten der Tagalen und Visayer hüten die
Igorroten ängstlich die Keuschheit ihrer Mädchen. Sobald die Kinder
geschlechtsreif werden, tritt eine vollständige Isolirung der Jünglinge
und Mädchen ein. In jedem Dorfe giebt es zwei grosse Häuser, in dem
einen bringen die Jungfrauen, in dem anderen die Jünglinge die Nacht
zu; ein Greis bei den letzteren, eine Greisin bei ersteren führen die
Oberaufsicht und verhindern, dass Jemand zur Nachtzeit sich hinaus-
oder hereinschleiche (Lillo 27). Bei Tage werden die Jungfrauen bei
jedem Ausgange von älteren Frauen ihrer Familie oder dem Vater selbst
begleitet und bewacht (Lillo, l. c.). Der Fehltritt eines Mädchens
wurde bei einigen Stämmen mit dem Tode (Mas, pobl. 23), bei anderen
durch schwere Züchtigung bestraft (Lillo 29). Diese Strenge bewirkte,
dass die Mädchen, welche ihren Trieben freie Zügel schiessen liessen,
indem sie die Wachsamkeit ihrer Aufseher täuschten, vorgaben, von Affen
im Walde genothzüchtigt worden zu sein (Mittheilungen des Fray Lorenzo
Juan in Mas, pobl. 23). Der Verkehr mit den eingewanderten christlichen
Ilocanen und Pangasinanen, sowie mit den Soldaten der Forts hat diese
reinen Sitten auf vielen Punkten untergraben (Lillo 32).

Verliebt sich ein Jüngling in ein Mädchen und sind beide Eltern einem
Ehebündnisse ihrer Kinder geneigt, so gestatten die Eltern der Braut
dem Jünglinge, mit ihrer Tochter im Concubinate zu leben, denn es gilt
vor Allem, die Fruchtbarkeit derselben zu erproben (Lillo 27). Wird
die Braut binnen einer bestimmten Frist schwanger, so findet erst die
Hochzeit Statt, im entgegengesetzten Falle tritt der Bräutigam zurück
(Lillo, l. c.). Wer ohne Grund seine Braut verliess, wurde früher
geköpft (Lillo 29). Die Hochzeit beginnt mit einem religiösen Acte:
die Priesterin erscheint, und unter Anrufung der Anitos verrichtet sie
in Gegenwart aller Verwandten ihren Hocuspocus. Während der ganzen
Ceremonie ruht der Fuss des Bräutigams auf dem der Braut (Lillo
27). Dann folgt der Festschmaus, welcher oft 8 bis 9 Tage dauert,
während dieser Zeit bleibt das Ehepaar unsichtbar (Mas, pobl. 19).

Die Igorroten kennen nur die Monogamie, und die Heiligkeit der Ehe
wird ungemein hochgehalten. Die noch unabhängigen Igorroten tödten
jedes ehebrecherische Weib durch Kopfabschlagen, die unter spanischer
Herrschaft stehenden lassen es mit einer schweren körperlichen
Züchtigung bewenden (Lillo 29). Die Ehen sind nur durch den Tod
löslich (Lillo 27). Die Witwe gehört zur Familie ihres verstorbenen
Gatten, ohne deren (seltene) Einwilligung sie sich nicht wieder
vermählen darf, in welchem Falle sie jedes Recht auf ihre Kinder
von ihrem ersten Gatten verliert, deren Vormundschaft und Schutz
der Familie desselben zufällt (Lillo 27). Der Witwer darf sich erst
nach sieben Jahren wieder verheirathen, während dieser ganzen Zeit
fordert der gute Anstand von ihm, durch dumpfes Stillschweigen und
Vorsichhinbrüten, sowie durch gänzliche Vernachlässigung der ohnehin
geringen körperlichen Reinlichkeit, seine Trauer um die verstorbene
Gattin zur Schau zu tragen (Lillo, l. c.).

Im Familienleben der Igorroten fällt angenehm die Hochachtung auf,
welche den Greisen gezollt wird (Lillo 29), minder vortheilhaft
klingt die Meldung, dass noch im Anfange dieses Jahrhunderts die
Igorroten ihre Kinder gern an die guten Christen von Ilócos und
Pangasinán verkauften. Die Kinder wurden von den "edlen" Indiern zu
Viehhirten und Knechten aufgezogen, der Preis schwankte zwischen 20
bis 30 Pesos, nur mit grosser Mühe gelang es der spanischen Regierung,
diesen schändlichen Handel mit lebendigem Menschenfleisch auszurotten
(Mas, pobl. 34).

Ist ein vornehmer Igorrote verschieden, so wird eine Priesterin geholt,
welche an die Leiche Fragen stellt, wie z. B.: "Warum hast du deine
Verwandten und Freunde verlassen?" Dann werden alle Verwandten, auch
die entferntesten, von dem Todesfalle benachrichtigt, welche auch
insgesammt erscheinen; jeder tritt vor den Todten, grüsst ihn und
drückt ihm die Hand, wobei er die oben erwähnte Frage der Priesterin
wiederholt. Der Leichnam wird nicht eher begraben, als bis alle
Blutsfreunde ihm diese letzte Ehrenbezeugung erwiesen, was oft 8 bis
9 Tage währt; bei den mehr civilisirten Igorroten wird die Leiche
früher bestattet oder wenigstens auf den Friedhof gebracht (Lillo
25 f.). Während der ganzen Zeit, wo der Todte von seinen Verwandten
begrüsst und besucht wird, feiert man vor dem Hause ein Cañao (Fest),
d. h. es werden ungeheuere Quantitäten Fleisch und Reis verschlungen
und noch viel mehr Basi getrunken. Der Aufwand ist oft so übertrieben,
dass manche Familie durch ein solches Todtenfest vollständig verarmt
(Lillo 26). Die Igorroten von Benguet begraben ihre Todten ohne die
angeführten Ceremonien und überdiess kurze Zeit nach der Sterbestunde
(Semper, Erdk. XIII, 95). In einigen Gegenden werden die Leichen
über einem Feuer gedörrt (Lillo 26 u. Semper, l. c.) in anderen,
wiewohl selten, auch einbalsamirt (Semper, Erdk., l. c.). Der Leichnam
wird sitzend (Lillo 26, Semper, l. c.) in einen kistenartigen Sarg
gesteckt, welcher, wenigstens in Lepanto, aus einem Holze verfertigt
wird, das angeblich die Fäulniss verhindert (Lillo, l. c.). In Benguet
bestehen die Särge, an welchen mitunter Schnitzereien angebracht sind,
aus Fichtenholzbrettern (Semper, Erd. XIII, 96). In den Sarg werden
Lebensmittel mitgegeben. Ein Sarg enthält oft zwei und mehr Leichen
(Semper, Erdk. XIII, 96). In Benguet werden die Todten meist unter
oder neben den Häusern bestattet (Semper, Erdk. XIII, 95), jedoch
werden mit Vorliebe Höhlen zu Begräbnissplätzen ausgesucht (Lillo 6),
was um so bemerkenswerther ist, als auch die Visayer vor der Annahme
des Christenthums dieselbe Weise der Todtenbestattung ausübten. Die
Höhlen werden, wo die Natur sie nicht gebildet, künstlich vermittelst
des Feuers in den Felsen hineingearbeitet (Semper, Erdk. XIII, 96). Die
Begräbnissstätten der Häuptlinge und Vornehmen heissen "Luddut", jede
Familie hat da ihren bestimmten Platz, gleichsam ihre Familiengruft
(Mas, pobl. 18). Früher geschah es mitunter, dass die Leiche (bei
Leuten geringeren Standes) von den Cañao-Festgenossen aufgezehrt
wurde. Mas (pobl. 19) erwähnt einen solchen Vorfall, der sich in der
Igorroten-Niederlassung Baruncucureng bei dem Pueblo Tagudin noch in
diesem Jahrhunderte zugetragen hat.

Jeder Mord und Todtschlag, welchen ein Fremder verübt, wird durch
Blutrache gegen dessen Dorf gesühnt, falls nicht Wehrgeld erlegt
wird (Mas, pobl. 18). Bei ihrem zu Gewaltthaten geneigten Sinne
und dem Ruhm, den jener geniesst, der seine Hütte mit recht vielen
Menschenschädeln schmücken kann, nimmt die Schlächterei unter ihnen nur
dort ein Ende, wo die Autorität der spanischen Behörden volles Gewicht
hat. Die Igorroten von Benguet zeichneten sich durch eine grössere
Kriegslust aus als die Buriks und Busaos. Die Bewohner von Ilócos und
Pangasinán waren in den Zeiten, wo die Igorroten noch unabhängig waren,
beständig durch Banden dieser Kopfjäger beunruhigt. Bei einzelnen
Stämmen herrschte früher der Brauch, dass, wenn ein Todter 2, 3,
4 &c. Finger der Hand ausgestreckt hielt, seine Hinterbliebenen
ebensoviele Menschen tödten mussten; so nahm das Morden kein Ende
(Mas, pobl. 23). In der bestialischen Wuth tranken sie mitunter das
warme Blut des Unglücklichen, dem sie soeben den Kopf abgeschlagen
(Mas, pobl. 22). Kehrte ein Kopfjäger mit seiner schauerlichen
Beute heim, so erschienen die gesammten Bewohner des Ortes in dem
Hause desselben und tanzten unter wildem Geschrei und Gejohle um die
blutigen Feindesköpfe, Reis- und Zuckerrohr-Branntwein wurde in Massen
vertilgt, und Tage verstrichen oft, ehe diese entsetzliche Festlichkeit
endete, welche den Blutdurst und die Roheit der Igorroten in grellem
Lichte offenbarte (Lillo 24). Den Krieg führten sie am liebsten im
Hinterhalte, wurden sie aber vom Feinde im offenen Felde angegriffen,
so wussten sie sich mit grosser Bravour zu vertheidigen. Wollten die
Igorroten herannahenden Fremden erklären, dass ein Betreten ihres
Gebietes gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung wäre, so legten
sie Bogen und Pfeil auf den Weg und besprengten die Erde mit Blut
(Mas, pobl. 44). Sie warfen auch Schanzen auf, um Feinden den Zugang
in ihre Thäler zu versperren (Galvey's Tagebuch in Mas, pobl. 58).

Ihre Religion erinnert lebhaft an jene der alten Tagalen. Sie glauben
an ein oberstes göttliches Wesen, welches die ganze Schöpfung regiert
und nennen es "Apu" oder "Apo" oder (in Lepanto) "Lumaoig" (Lillo
21). Die Gemahlin des Apu heisst Bangan, seine Kinder sind der Sohn
Ubban und die Tochter Bugan. Ausserdem giebt es zwei Untergötter:
Cabigat und Suyan. Diese Gottheiten wohnen am westlichen Himmel und
stehen mit den Menschen durch die Anitos im Verkehr (Lillo, l. c.). Die
Namen der Götter werden in jedem Dorfe verschieden angegeben. Donnert
es, so sagen sie, der Gott Cabuniang verlange Schweine [15] zum
Opfer, sie kommen auch seinem Verlangen unter grossen Festlichkeiten
nach (Mas, pobl. 16). Den Igorroten am Rio Agno wird die Sonne zur
Gottheit, als deren Kinder die Götter Magsib und Caspök gelten, welche
letzteren in Krankheitsfällen angerufen werden und auch sonst einen in
Festlichkeiten bestehenden Cultus besitzen (Semper, Erdkunde XIII, 94).

Den Göttern wird aber viel weniger Verehrung erwiesen, als den Seelen
der verstorbenen Ahnen, den Anitos. In jedem Dorfe befindet sich
ein heiliger Baum, den man als Wohnsitz von Anitos ansieht. Unter
diese Bäume werden Opferstöcke hingestellt, welche natürlich dem
ersten vorbeistreifenden Hunde ein willkommenes Fressen bieten. Vor
diesen Bäumen stehen oft (Lillo 20) Felsblöcke oder Steine in
Form von Altären, auf welchen die Opfer den Anitos dargebracht
werden. Am unteren Rio Agno giebt es nur hie und da Opferplätze
(Semper, Erdk. XIII, 94). Der Anito-Cultus zieht wie der rothe
Faden in dem Tauwerk der englischen Marine durch alle Anschauungen,
Sitten, Bräuche und Lebensgewohnheiten der Igorroten. Bei jedem
Anlasse werden sie angerufen und jeder Vorfall, besonders wenn er
schlimmer Natur ist, ihrem Einflüsse zugeschrieben, deshalb sucht
man sie sich stets gewogen zu erhalten. Vor der Aussaat des Reises
wird ihnen ein grosses Opferfest abgehalten, damit sie Saaten und
Felder schützen &c. Die Anitos rufen auch die Krankheiten hervor und
erzeugen verderbliche Dünste in Feld und Flur. Die Igorroten des in
Lepanto liegenden Ortes Cabugatan halten die Aale ihres Baches für
Verkörperungen ihrer Anitos, weshalb sie ihnen nicht nur kein Leid
zufügen, sondern sie selbst füttern (Lillo 21). Mitunter findet man
(in Lepanto) rohe Holzbilder, welche einen stehenden oder hockenden
Mann darstellen, es sind diess Bilder der Anitos. Semper traf bei den
südlichen Igorroten keine derartigen Bilder. Besonders zur Nachtzeit
ziehen die Anitos herum, um Schaden zuzufügen (Mas, pobl. 17).

Die Igorroten besitzen einen Priesterstand, dessen Mitglieder der
Mehrzahl nach Weiber sind, wie diess bei den Tagalen und Visayern
in den Zeiten der Conquista ebenso der Fall war. Der männliche
Priester heisst Mambunung, in jedem Dorfe ist nur einer, der erst
auf dem Todtenbett seinem Sohne die Gebetsformeln mittheilt (Semper,
Erdkunde XIII, 94). Diese Mambunungs heilen auch Krankheiten, indem
sie das Gesicht des Leidenden mit dem Blute eines geschlachteten
Opferthieres beschmieren; als Bezahlung erhalten sie Gold und die
besten Fleischstücke des Opferthieres (Semper, l. c.). Schweine,
Hunde und Hühner dürfen nicht geschlachtet werden, ausser sie werden
vom Mambunung eingeweiht und Theile ihres Fleisches den Göttern oder
Anitos geopfert.

Meist werden alle religiösen Ceremonien durch Priesterinnen, die
sogenannten "Asiteras", geleitet, es sind diess gewöhnlich alte
Weiber, welche die Opfer bei den religiösen Festen, den Cañaos,
zu verrichten haben. Die Anlässe zur Veranstaltung solcher sind
verschiedenartigster Natur, wie: Erkrankung, plötzliches Umstehen des
Viehes, eine Leichenbestattung, Hochzeiten, das Erblicken gewisser
Vögel oder einer Ratte, welche den Weg kreuzt, ferner der Neubau
eines Hauses oder der Aufbruch eines Kopfjägers, der Blutrache ausüben
will (Lillo, 19 f.). Die Asiteras leiten das Fest, das in ein Fress-
und Saufgelage ausläuft, mit dem Schlachten eines Opferthieres ein,
indem sie unter Hersagen verschiedener Stossgebete und Ausrufungen
mit dem Opferblute die Umstehenden oder das Anitobild besprengen. Die
Asiteras geben vor, von einem Anito begeistert zu sein (Lillo 20). Zum
Abhalten dieser religiösen [16] Feste, Cañaos, besitzt jedes Dorf einen
kleinen Schuppen, vor dem ein offener Platz sich befindet (Lillo 24).

Das Erscheinen des Regenbogens halten die Igorroten für ein gutes Omen,
kreuzt hingegen eine Schlange den Weg, so kehren sie augenblicklich um
(Mas, pobl. 16). Wenn sie irgendwohin aufbrechen wollen, so zünden sie
ein Feuer an, schlägt der Rauch nach der ihrem Ziele entgegengesetzten
Richtung, so halten sie diess für ein sehr schlimmes Zeichen und
unterlassen sofort den Zug (Mas, l. c.). Unter ihren "abergläubischen"
Bräuchen verdient folgender einer Erwähnung: Wenn bei dem Neubaue eines
Hauses Jemand bei der Errichtung der Grundpfeiler niest, so muss der
Bau sofort unterlassen werden, sonst würde von den Betheiligten einer
bald sterben müssen (Lillo 23).

Das Christenthum hat zwar bei ihnen Eingang gefunden, breitet sich aber
nur langsam, wenn auch sicher, aus. Man hat schon in den vergangenen
Jahrhunderten Versuche gemacht, sie zum Christenthume zu bekehren, aber
P. Mozo (Misiones 80) gesteht freimüthig, dass die wenigen Igorroten,
welche die Taufe nahmen, diess nur thaten, um ihre Stammesgenossen um
so leichter und wohlfeiler mit Mänteln, Schweinen, Kühen und (Palm-)
Wein zu versehen.

Über ihre nationalen Rechtsverhältnisse ist mir so gut wie Nichts
bekannt. In zweifelhaften Fällen waren Gottesurtheile, wenn ich diesen
Ausdruck hier anwenden darf, üblich. Zwei Arten derselben erwähnt
Lillo (Lepanto 20). Mit einem spitzen Eisen von der Grösse und Gestalt
eines kleinen Nagels werden die Köpfe der Streitenden geritzt, wer
bei dieser Operation mehr Blut verliert, hat den Streit verloren. Ein
anderes Mal wird ein kleiner Scheiterhaufen angezündet, worauf jeder
der Streitenden ein gefesseltes Huhn in die Flammen wirft. In dem
Augenblicke, wo die armen Thiere in den letzten Zügen liegen, werden
sie wieder aus dem Feuer herausgezogen und der Leib geöffnet, wessen
Huhn eine grössere Galle besitzt, der hat den Process verloren.

Das Jahr zählen sie nach Ernten, die Monate nach Monden, die
Stunde nach dem Stande der Sonne (Lillo 44). Ihre Gesänge sind
monoton und nach unseren Begriffen unharmonisch, der Kriegsgesang
besteht eigentlich nur aus einem gellenden Geschrei (Lillo 24). Ihre
Musikinstrumente sind nicht zahlreich, zu erwähnen wäre zunächst
der Batitin, eine Trommel aus einem ausgehöhlten Baumstamme (Lillo
28), denselben Namen giebt Semper (Erdk. XIII, 93), nur mit einer
geringen Modification--batiting--, den auch bei den Igorroten üblichen
Gongs. Prof. Semper erwähnt an derselben Stelle auch eine Trommel,
welche die Form einer Kanone besitzt und mit einem Stück Stierleder
überzogen ist. Der Gong der Igorroten von Lepanto heisst la Ganza,
er besteht aus Bronze. Zur besseren Handhabung ist an die Ganza ein
Henkel angemacht, welcher aus dem Kinnbacken eines Feindesschädels
besteht, so adjustirte Ganzas haben einen besonderen Werth (Lillo 29).

Die vornehmen Igorrotenfamilien wetteifern miteinander in
Veranstaltungen von grossen Festschmäusen. Zu diesen Festen werden
nur die Vornehmsten des Ortes persönlich eingeladen, die übrigen
Dorfbewohner erscheinen auf das Signal von Trommelschlägen. Ehe das
Gelage seinen Anfang nimmt, wird getanzt. Bei den südlichen Igorroten
treten bei solchen Festen als Tänzer ein Weib mit drei bis vier
Männern auf. "Das Weib dreht sich, die Arme bald weit ausstreckend,
bald sie über die Brust kreuzend, wobei sie sich tief gegen die (schon
bereitstehenden und mit Reisbier gefüllten) Krüge verneigt, nach
einer Seite im Kreise um diese herum, in entgegengesetzter Richtung
bewegen sich die Männer, deren Anführer ein breites buntfarbiges Tuch
über Brust und Schultern trägt und lebhaft mit den Armen gesticulirt"
(Semper, Erdk. XIII, 93). Der Tanz der Igorroten von Lepanto besteht
in einem schnellen Bewegen der Beine, ohne die Füsse vom Boden zu
erheben oder den Körper zu bewegen, dabei halten die Mädchen ein
Tuch in den Händen, hinter welchem sie sich anscheinend zu verbergen
suchen, ähnliches thut der Mann, nur fingirt er das fehlende Tuch;
es tanzt immer nur ein Paar, welches rasch durch ein anderes ersetzt
wird (Lillo 29).

Beim Kriegstanze ahmen die mit Schild und Lanze bewaffneten Tänzer
ein Gefecht nach (Lillo, l. c.), doch beginnt diese Sitte rasch zu
schwinden, da bei den den Spaniern unterworfenen Igorroten keine
Kriege mehr geführt werden.

Ihre Industrie ist nur in Bezug auf Metallarbeiten und Bergbau von
Belang. Sie besitzen zwar kleine Webeapparate (Lillo 42), können
aber damit nur den geringsten Theil ihres Bedarfes an Baumwollgeweben
decken. Aus der Rinde des mächtigen Baumes Baliti bereiten sie durch
Klopfen und Dörren an der Sonne einen überaus haltbaren Stoff, welchen
sie zu ihrem Kopfbunde, zu Schlafteppichen &c. verwenden (Scheidnagel
126). Im Flechten von Körben, Matten und Hüten sind sie sehr geschickt,
letztere Industrie nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Aus Holz werden
verschiedene Sachen, als Tabakspfeifen, Schüsseln &c. geschnitzt. Die
"Latoc" genannte Holzschüssel hat zwei Höhlungen, eine für das Salz,
die andere viel grössere für die eigentliche Speise (Scheidnagel
126). Sie sind ausgezeichnete Schmiede, ihre Werkstätten liegen
nie im Dorfe, sondern tief im Walde versteckt (Semper, Erdk. XIII,
92). Aus Kupfer fabriciren sie Kessel, Kochtöpfe, Tabakspfeifen,
Ketten und ähnliche Dinge. Auch Felle wissen sie gut zuzubereiten,
besonders verdienen die aus dem bunten Felle der Bergkatze bereiteten
Tabaksbeutel Beachtung (Scheidnagel 127).

Im Bergbau übertrafen sie die übrigen Malaienstämme der
Philippinen. Die reichen Kupferminen um den Mte. Datá, in Mancayan
&c. werden von ihnen ergiebig ausgebeutet, ebenso die Goldgruben von
Acupan, Apayao und Suyuc. Jede Familie in den erzführenden Districten
hatte ihr eigenes streng abgegrenztes Schürfgebiet. "Zur Förderung
des Erzes bedienten sie sich des Feuersetzens, indem sie an geeigneten
Stellen Feuer anzündeten, um durch die Spannkraft des in den Spalten
enthaltenen erhitzten Wassers, mit Zuhülfenahme eiserner Werkzeuge
den Felsen zu zerkleinern. Die erste Scheidung des Erzes wurde in dem
Stollen selbst vorgenommen, das taube Gestein blieb liegen und erhöhte
den Boden, so dass bei späterem Feuersetzen die Flamme der Holzstösse
stets die Decke traf" (Santos, Informe sobre las minas de cobre,
in Jagor, Reisen, p. 147). Reiche Erze wurden einfach geschmolzen,
die quarzhaltigen einer sehr starken Röstung unterzogen (Jagor,
l. c.). Scheidnagel (p. 98) führt die Gattungen des Goldgewinnes
an: Die einfache Wäsche, Galerienbau und Zerklopfen des erzhaltigen
Gesteines. Die Schmelzöfen der Igorroten bestehen aus einer runden
Vertiefung im Thone und haben einen Durchmesser von 0,3 m und eine
Tiefe von 0,15 m. "Eine damit in Verbindung stehende 30° gegen die
Vertiefung geneigte conische Röhre von feuerfestem Gestein nahm
zwei Bambusrohre auf, die in die unteren Enden zweier ausgehöhlter
Fichtenstämme eingepasst waren, in denen sich zwei an ihrem Umfange
mit trockenem Grase oder Federn bekleidete Scheiben abwechselnd auf-
und abbewegten und die für das Schmelzen erforderliche Luft zuführten"
(Jagor, l. c. 148). Der Kupferbergbau hat stark nachgelassen (Drasche,
Fragm. zu einer Geol. 36), indem die reichsten Kupferminen sich
jetzt im Besitze spanischer Actiengesellschaften und Capitalisten
befinden, bei denen die Igorroten, die einstigen Grubenbesitzer,
Taglöhnerdienste verrichten (Lillo 52). Das Goldwaschen ist noch heute
in ihren Händen; in den Zeiten ihrer Unabhängigkeit war der Goldhandel
allein Monopol der vornehmen Familien, denen die Plebejer--wenn ich
so sagen darf--alles gefundene Gold abliefern mussten (Mozo 81). Die
Igorroten in der Umgebung von Suyuc bringen noch jetzt Gold im Werthe
von 12 000 Dollars in den Handel (Lillo 42).

In den Zeiten der Unabhängigkeit bildete--und für die noch jetzt nicht
unterworfenen Stämme gilt dasselbe--jedes Dorf einen Staat für sich
(Lillo 17), wir finden also hier, wie schon Mas erwähnte (Mas, historia
I, 10), dieselbe staatliche Zersplitterung wie bei den heutigen
Indios civilisados in der Periode der Conquista. Der Häuptling des
Dorfes gehört dem Adel an, jedoch scheint diese Würde nicht in einer
einzigen Familie erblich zu sein, sondern der Tapferste--dann Mainguel
genannt--oder Reichste wird Chef eines Dorfes (Lillo 17). Seine Macht
ist sehr beschränkt, denn die eigentliche Regierung liegt in den Händen
der gesammten Adeligen (Lillo 18). Diese werden "Bacnanes" genannt,
ihnen gehört der ganze Boden und das Ackerland des Dorfstaates, in
welchem gewöhnlich vier, sechs oder mehr solcher Magnatenfamilien
leben. Die übrigen Dorfbewohner sind nichts anderes als Leibeigene
des Adels, dessen Felder sie zu bestellen haben und denen sie sonst
zu Diensten stehen; als Lohn erhalten sie dafür Speise und Trank
(Lillo 18). In Lepanto werden sie Cailianes genannt (Lillo, l. c.),
d. h. ebenso, wie die Plebejer in Ilócos. Die einzelnen Dorfstaaten
waren beständig miteinander im Kriege begriffen.

Den ersten Versuch, die Igorroten der spanischen Krone und dem
Katholizismus zu unterwerfen, unternahmen die Spanier 1660, er misslang
so wie mehrere andere Expeditionen, bis es 1829 den Spaniern gelang,
festen Fuss im Lande zu fassen, seitdem ist ein Igorroten-Territorium
nach dem anderen durch Güte und Gewalt annectirt worden. Vom 4. bis
7. März 1880 fanden neue blutige Kämpfe mit noch unabhängigen
Bergstämmen Statt, welche siegreich für die Spanier endeten.

Die unterworfenen Igorroten haben dieselbe Gemeindeverfassung und
Autonomie erhalten, wie die übrigen Eingeborenen der Philippinen. Jede
Ranchería (Dorf) wählt einen Gobernadorcillo oder Gemeindevorsteher,
Wähler sind die vornehmsten Dorfbewohner, d. h. die Bacnanes (Lillo
34). Die Gemeindegebiete sind scharf abgegrenzt, um Zusammenstösse
und Streitigkeiten bei den fehdelustigen Igorroten zu vermeiden. Sie
haben ebenso die Servicios und Polos zu leisten wie die Tagalen, es
ist jedoch bemerkenswerth, dass diese öffentlichen Arbeiten meist
von Weibern verrichtet werden, welche ihre Männer vertreten. Nur
in Bezug auf den Tribut (die Kopfsteuer) haben die Igorroten einen
grossen Nachlass, sie zahlen gleichsam nur eine Taxe.

Die spanische Regierung hat auch unter ihnen Schulen gegründet, in
denen die Kinder im Lesen und Schreiben der spanischen Sprache, im
Rechnen und in der katholischen Religion unterrichtet werden. 1876
besass der District Lepanto 7 Schulen, welche von 562 Kindern
regelmässig besucht wurden, von welchen 110 fertig spanisch lesen
und schreiben konnten (Lillo 44). Einige erwachsene Igorroten von
Lepanto verstehen im ilocanischen Dialekte zu schreiben, andere können
wenigstens ihren Namen unterschreiben (Lillo, l. c.). Jedenfalls
verdient der gute Wille der Colonialregierung alle Anerkennung.



8. Altasanen (Altasanes) und Ilamuts.

Wo diese beiden den Igorroten naheverwandten Stämme ihre Wohnsitze
haben, war mir nicht möglich sicher zu ergründen. Nicht einmal der
Name des ersteren Stammes ist sichergestellt, indem Mas (pobl. 14)
und nach ihm Bastian (Reisen V, 272) Altabanes schreiben, während
Buzeta y Bravo die Schreibweise Altasanes führt. Merkwürdigerweise
scheint Dr. Bastian, durch diese verschiedene Schreibweise verleitet,
Altasanes und Altabanes für zwei verschiedene Stämme zu halten
(vgl. Bastian, Reisen V, 272 u. 274). Altasanen und Ilamuts verehren
einen Gott Namens Cabiga und dessen Frau, welche bei Buzeta (Dicc. I,
60) Bujan, bei Mas (pobl. 14) Bujas heisst. Das ist Alles, was wir
über diese beiden Stämme wissen. Ihre Wohnsitze sind jedenfalls in
der Provinz Nueva Vizcaya zu suchen.



9. Bujuanos.

Die Bujuanos sind ein ebenfalls den Igorroten naheverwandter Stamm
in der Provinz Isabela (Scheidnagel 35). Ihre Wohnsitze konnte ich
nicht näher ermitteln.



10. Panuipuyes.

Die Panuipuyes oder Panipuyes sind Igorrotenstämme, von denen
nichts weiter bekannt ist als der Name (Mas, pobl. 28; Buzeta I,
58). Wohnstätten wahrscheinlich im westlichen Nueva Vizcaya oder
Isabela. Vielleicht sind sie nur ein Zweig der Mayoyaos.



11. Isinays.

Die Isinays wohnen am mittleren Rio Agno bis gegen den von den
Spaniern Caraballo Sur genannten Gebirgsstock, im westlichen Theile
der ehemaligen Provinz Ituy. In ihren Sitten und Bräuchen gleichen
sie den Bergstämmen der nördlichen Nachbarstriche. Zwischen 1715-40
wurden sie zum Christenthume bekehrt (Mozo 40 f.). Im Jahre 1788 gab
es noch 3900 wilde Isinays (Mas, pobl. 38). Sie scheinen jetzt ihren
Dialekt einzubüssen und vollständig in die Pampangos und Pangasinanen
einzugehen.

Mit ihnen naheverwandt scheinen die Jumangis zu sein, die seit Mozo
(Misiones 58) kein neuerer Schriftsteller erwähnt.



12. Abacas.

Die kleine Nation der Abacas lebt südlich vom Bergstock Caraballo Sur,
in der Umgegend von Caranglan. Ihre Sprache scheint erloschen zu sein,
wenigstens machen die spanischen Censuslisten hiervon keine Erwähnung,
früher besassen sie aber ein eigenes Idiom, das sich selbst von dem
der ihnen sonst in Sitten ähnlichen Italonen unterschied, wie diess
Fr. Antolin de Alzaga, der unter ihnen 1702 als Missionär lebte,
ausdrücklich hervorhebt (Mozo 20). Von den Italonen, mit denen sie in
beständigem Kriege begriffen waren, unterschieden sie sich auch durch
die Polygamie, die bei ihnen üblich war (Mozo, l. c.). Sie scheinen
Kopfjäger gewesen zu sein, heute sind sie friedliche Christen.



13. Italonen (Italones).

Die Italonen wohnen nördlich vom Caraballo Sur im südlichen Theile
der Provinz Nueva Vizcaya, wo auch ihre grösseren Orte Lublub,
Bayombon, Dupax &c. liegen. Sie sind erst seit dem Anfange des vorigen
Jahrhunderts allmählich zum Christenthum bekehrt worden, das aber nur
oberflächlich an ihnen haftet. Im Jahre 1702 zählten sie 52 Dörfer,
welche ein nettes Aussehen hatten, ihre Hütten waren von ansehnlicher
Grösse. Obwohl sie eifrige Jäger waren und der Fischfang in ihren
Bächen und Flüssen reichliche Beute lieferte, so bildete dennoch Reis
ihre Hauptnahrung, sie bestellten die Äcker mit Sorgfalt und waren
durch Aufspeichern von Reisvorräthen in der Lage, bei etwa eintretenden
Missernten der Hungersnoth vorzubeugen (Mozo 19 u. 26). Ob sie andere
Hausthiere als den Hund besassen, ist mir nicht bekannt, obwohl manches
darauf schliessen lässt, dass der Büffel und das Schwein wenigstens
in geringer Zahl gezüchtet oder eingehandelt wurden. Aus Zuckerrohr
bereiteten sie ein berauschendes Getränk, Ilang genannt (Mozo 32). Ihre
Waffen waren Lanze, Waldmesser und Schild. Ihre unbändige Kriegslust,
die gegen ihre sonstige Liebenswürdigkeit (Mozo 19) eigenthümlich
abstach, reizte sie zu beständigen Fehden mit den Nachbarstämmen,
insbesondere den Abacas und den Balugas, wobei derjenige den grössten
Ruhm davontrug, der die meisten Feindesschädel heimbrachte, denn sie
waren Kopfjäger (Mozo 32, 35). Diese eigenthümlichen Trophäen wurden
in der Hütte sorglich aufbewahrt, nur pflegten sie vorher den Schädel
seiner Zähne zu berauben, um damit den Handgriff ihres Hackmessers
auszuschmücken (Mozo 22). Ihre Kriegführung beruhte hauptsächlich auf
List und Überrumpelung, der offene Kampf, Mann gegen Mann, wurde so
sehr als möglich gescheut; am liebsten überfielen sie den Feind in der
Nachtzeit (Mozo 34). Die erlittenen Wunden, sowie andere Krankheiten
heilten sie durch verschiedene Kräuter, über welche Mozo (Misiones
56) eingehend berichtet. Sie sollen auch das Blut der erschlagenen
Feinde getrunken und Theile von deren Hinterhaupte und Eingeweiden roh
verzehrt haben, um den Muth des Erschlagenen zu erben (Mozo 32 f.; Mas,
pobl. 22). Starb ein angesehener Häuptling, so hüllten sie ihre Waffen
zum Zeichen der Trauer ein, und diese Ceremonie nannten sie Magbalata.

Wie bei den Igorroten war auch bei ihnen nur Monogamie üblich,
die Ehen konnten nur durch den Tod eines der Gatten gelöst werden
(Mozo 19). Kebsweiber neben der Gattin zu halten, war untersagt,
auch durften Blutsverwandte keine Ehen untereinander eingehen (l. c.).

Über ihre frühere Religion stehen mir nur die dürftigen Notizen des
Augustiners P. Arzaga zur Verfügung. Nach diesen glaubten sie an
einen einzigen Gott, der die Guten belohne und die Bösen bestrafe,
doch wussten sie nicht zu sagen, in was die Belohnung bezw. Strafe zu
bestehen hätte. Dieser Gott hatte nach ihrer Ansicht im Himmel seinen
Wohnsitz. Auffallend ist, dass dieser Gott unbeweibt lebt, während
sonst alle Bergstämme von Nord-Luzon nur Götterpaare kennen. Sie
glaubten auch an die Unsterblichkeit der Seele, was den Schluss zu
ziehen gestattet, dass der Ahnencultus ihnen nicht unbekannt gewesen
sein mag.

Von diesen erwähnten und dargestellten Bräuchen und Sitten hat sich
wenig erhalten, das Christenthum hat ihrem ganzen Leben tagalisches
Gepräge verliehen.



14. Ibilaos.

Die wilden Ibilaos wohnen in den Grenzdistrikten von Nueva Vizcaya und
Nueva Écija, vom Caraballo Sur gegen Norden und Nordwest ihre Sitze
ausdehnend. Bei den Orten Levang, S. Fabian und Tongbon treten sie
in unmittelbare Berührung mit den civilisirten Indiern. Sie streichen
bis zum Caraballo del Baler hinüber.

Sie sind von kleiner Statur und geringer Körperstärke (Buzeta I,
57). Sie scheinen keinen Ackerbau zu treiben, sondern nur von der
Jagd und dem Raube sich zu nähren, was vielleicht auf eine starke
Beimischung mit Negritoblut zurückzuführen ist. Buzeta und Bravo
bezeichnen das Leben, welches sie führen, als ein nur elendes (Buzeta,
l. c.).

Wie bei den meisten Bergstämmen Luzons herrscht auch bei ihnen die
Sitte der Kopfjägerei (Buzeta I, 57; Mas, pobl. 28). Sie lauern
im Hinterhalte auf den Nichts ahnenden Reisenden, den sie mit
sicherer Hand mit ihren Pfeilen tödten (Mas, l. c.). Es erinnert
diess auffallend an die Negritos. Ihre Pfeile sollen nach Bastian
(Reisen V, 274) vergiftet sein, ich weiss nicht, welcher Quelle diese
Notiz entnommen ist. Auch sie schmücken ihre Waffen mit den Zähnen
der erschlagenen Feinde. Ihre Zahl ist sehr gering (Mas, pobl. 28);
am 2. Mai 1851 zählte man in der Provinz Nueva Vizcaya 330 erwachsene
unterworfene Ibilaos (Diaz Arenas 515).

Von ihrer Religion ist Nichts bekannt; nach Semper (Erdkunde XIII,
94) "sollen" sie am Caraballo Sur Tempel besitzen, was höchst
unwahrscheinlich erscheint.

Einzelne Ibilao-Stämme leben mit den Spaniern in Frieden, besonders
jene der Provinz Nueva Écija (Cavada II, 464).



15. Ilongoten (Ilongotes).

Die Ilongoten, auch Ilungut oder Ylungut genannt, wohnen in den
Provinzen Nueva Vizcaya, Isabela und Príncipe, streifen aber auch
nach Nueva Écija herüber. Die Cordillere zwischen Baler und Casiguran
ist ihr Hauptsitz. Nach einer durch die Liebenswürdigkeit des Herrn
Hofrathes Dr. A. B. Meyer mir zur Ansicht geliehenen Photographie
sind ihre Augen langgeschlitzt und schief gestellt. Oberlippe und
Kinn haben einen Bartanflug. Das Haar wird auch von den Männern lang
getragen; es wird in einen Zopf geflochten, der oft bis zu den Hüften
reicht. Ihre Kleidung besteht nur aus dem auch bei den Igorroten
üblichen Lendengewand. Den linken Unterarm zieren eng aneinander
(spiralförmig?) gefügte Ringe, offenbar aus Metalldraht. Semper
(Skizzen 138) charakterisirt sie mit folgenden Worten: "Sie gehören
mit zu den wildesten Stämmen des Landes, und sie stehen mit den
Christen sowohl, wie mit den nahe wohnenden Negritos in beständiger
Fehde". Sie sind leidenschaftliche Kopfjäger (Mas, pobl. 28; Semper,
Erdk. XIII, 251). Sie bekämpfen nicht nur die Negritos und fremden
Stämme, ein Dorf gegen das andere steht feindlich auf, um die kostbare
Schädelbeute zu erjagen. Auf eigenen Instrumenten werden die blutigen
Trophäen heimgetragen und an der Thüre des Siegers aufgehängt. Ähnlich
wie bei anderen Bergstämmen Luzons wird die Rückkehr einer siegreichen
Kopfjägerbande mit grossen Festlichkeiten und Tänzen gefeiert. Semper
(l. c.) nimmt die Ilongoten gegen den Vorwurf des Cannibalismus in
Schutz.--Ihre Religion besteht in einem Ahnencultus (Semper, Erdk. X,
265). Über ihre Zahl ist mir nichts Näheres bekannt, am 2. Mai 1851
zählte man in Nueva Vizcaya 252 erwachsene und 255 noch im Kindesalter
stehende friedliche Ilongoten. Die Ilongoten der Provinz Isabela
leben im Augenblicke im Frieden mit den Spaniern, doch trauen ihnen
diese nicht.



16. Mayoyaos (nebst Quianganen, Pungianen und Silipanen).

Die Mayoyaos oder Mayayaos sind die westlichen Nachbaren der Igorroten,
durch die Cordillera Central von diesen getrennt. Sie wohnen in den
Grenzdistrikten von Bontoc und Nueva Vizcaya, hauptsächlich aber
in letzterer Provinz, wo die Pueblos Mayoyao, Ozcariz, Vilanova und
Nueva Ocaña ihre Hauptniederlassungen sind. Zu ihnen sind zu zählen
die Pungianen (Panguianen), Quianganen und Silipanen, alle in Nueva
Vizcaya sesshaft [17]. Ich vermuthe überhaupt, dass die Mayoyaos
mit den Ifugaos zusammen einen einzigen grossen Dialektstamm bilden,
doch lässt sich bei den dürftigen Nachrichten über diesen Gegenstand
Nichts auch nur mit einiger Sicherheit behaupten. Eine Beschreibung
vom Jahre 1850 sagt folgendes (Dias Arenas 506): "Einige tragen ein
breitmächtiges Bracelet am linken Arm, bei anderen sahen wir Armbänder,
bestehend aus dickem Kupferdrahte, welcher das Handgelenk in vielen
(spiralförmigen) Windungen umschlang. Etwelche trugen Ohrgehänge,
aus bis zu zwei Finger dicken Perlmuscheln zusammengesetzt, welche
bis auf die Schultern herabfielen. Bei einem von ihnen sahen wir ein
Halsband, welches aus einem durchlöcherten kreisrunden Stückchen Bein
und weissen Steinchen, die vermittelst einer Schnur zu einer Kette
verbunden waren, sich zusammensetzte; diese zierlich auslaufende
Kette war drei Mal um den Hals geschlungen. Bartlos waren nicht alle,
die uns zu Gesichte kamen, einige wiesen Kinn- und Schnurrbart auf,
wenngleich der Haarwuchs kein dichter war". Die Kleidung der wilden
Mayoyaos und auch die der Mehrzahl der unterworfenen besteht nur
aus einem Lendenschurz. Ihre Zahl muss eine recht stattliche sein,
obwohl sie erst 1849 durch die Missionen der Dominicaner friedlich
den Spaniern unterworfen worden sind, so zählte man dennoch 1851
4416 Mayoyaos, 1251 Silipanen, 6076 Quianganen und 2400 Pungianen,
wobei zu bemerken ist, dass bei den Silipanen nur die Erwachsenen
gezählt wurden (Dias Arenas 515).

Der von Cavada (I, 82) erwähnte Stamm der Bungananes ist mit den
Pungianen identisch.



17. Ifugaos.

Die nächsten Verwandten der Mayoyaos sind die Ifugaos; dieser
mächtige Stamm wohnte einst weiter nördlich und wurde erst später
zu Ende des XVII. oder Anfang des XVIII. Jahrhunderts nach seinen
heutigen Wohnsitzen durch die Gaddanen verdrängt. Sie wohnen heute
hauptsächlich am linken Ufer des Magat, südlich und südwestlich von
Furao zwischen Mayoyao und Camarag in der Provinz Nueva Vizcaya.

Ihr Äusseres soll vielfach an die Japanesen erinnern (Buzeta I,
55). Sie bauen zwar Reis, ziehen es aber vor, durch Raub sich zu
ernähren. Auf das Erjagen von Feindesschädeln sind sie noch erpichter,
als die Ilongoten. Auch bei ihnen ist derjenige der Angesehenste,
welcher die meisten Schädel erbeutet hat, und sie begnügen sich
nicht damit, die schauerliche Beute als Prunkstück in ihrem Hause
aufzuhängen, sie suchen auch durch eine Art von Decoration ausserhalb
der Hütte ihren Ruhm zur allgemeinen Kenntniss zu bringen, indem sie
in den Ohren so viel Ringe aus Bambusrinde [18] (?) tragen, als es
ihnen gelungen ist, Schädel zu erjagen (Buzeta I, 56). Die feige,
hinterlistige Art und Weise, mit der sie die Opfer ihres Blutdurstes
überfallen, ist überaus kennzeichnend: Im Dickicht versteckt, lauern
sie auf den einsamen Reisenden, dem sie plötzlich eine Art Lazo um
den Hals werfen, so dass er zu Boden geworfen wird, worauf sie dem
Wehrlosen den Kopf abschlagen (Buzeta, l. c.). Der Lazo ist eine auf
den Philippinen ungewöhnliche Waffe. Sonst sind sie mit Lanze, Pfeil
und Bogen, ferner mit zweierlei Gattungen von Waldmessern bewaffnet,
am geübtesten sind sie im Gebrauche des Lazo. Alle Nachbarstämme,
besonders die christlichen, haben unter ihren Nachstellungen viel
zu leiden, von ihrer Mordwuth kann man sich einen Begriff machen,
wenn man erfährt, dass der Oberst Galvey nach einem Gefechte mit
diesen Wilden unter ihren zurückgelassenen Todten einen Krieger fand,
der im Ohre 32 der obenerwähnten Mordzeichen stecken hatte (Mas,
pobl. 27). Auch untereinander sind sie ewig im Kriege begriffen.

Ihre Religion im Allgemeinen, sowie einzelne Namen ihrer Götter
erinnern an die Gotteslehren der Igorroten und anderer Bergstämme
Nord-Luzons. Ihr höchster Gott heisst Cabunian, dieser hat zwei Söhne,
Sumabit und Cabigat, und zwei Töchter, Buingan und Daunguen, diese
Geschwister heiratheten untereinander und wurden so die Erzeuger
der Menschen (Mas, pobl. 15). Der Regengott heisst Pati; gebetet
wird zu den Dii minores: Balitoc, Piti, Misi, Sanian, Liniantacao,
Bangeiz, Sipat, Batacagan, Sadibubu, Dasiasoiat, Capaiat, Dalig;
Göttinnen geringeren Ranges waren: Libongan, Libugon und Limoan (Mas,
l. c.). Der Ahnencultus scheint auch ihnen nicht unbekannt zu sein.

Die Ileabanes und Ifumangiës, welche Diaz Arenas als in der Provinz
Nueva Vizcaya sesshaft anführt, sind Ifugao-Stämme.



18. Gaddanen (Gaddanes).

Die Gaddanen (richtiger: Gad-danen) werden besonders in Missionswerken
älteren Datums auch Yogades genannt. Ihr Hauptgebiet ist die
Commandancia Saltan, welche von ihnen nahezu ausschliesslich bewohnt
wird, von hier dehnen sich ihre Wohnsitze nach den benachbarten
Provinzen Isabela, Nueva Vizcaya und Cagayán aus. Man findet sie
ebenso bei Gabagan am Rio de Calao, bei Tarnauini, Ilagan, Furao
im Stromgebiet des Rio Grande de Cagayán, wie bei Tuao am Rio Chico
de Cagayán. Am dichtesten wohnen sie zwischen dem Rio Magat und Rio
Chico de Cagayán.

Ihre Hautfarbe ist dunkler, als jene der übrigen Bergstämme Luzons. Sie
besitzen einen gedrungenen Körperbau, rundgeformte Augen und eine
grosse plattgedrückte Nase (Buzeta I, 56), überdiess sind sie wie
die Igorroten schmutzig und unreinlich.

Ihre Hütten stehen auf sehr hohen Pfählen, um der Feuchtigkeit des
Erdbodens nicht ausgesetzt zu sein und um feindliche Angriffe zu
erschweren, es wird deshalb zur Nachtzeit und in Kriegsgefahr auch
bei Tage die Leiter, welche in die Wohnräume führt, aufgezogen. Die
Hütten sind aus Holz oder Cogongräsern erbaut (Cavada I, 82).

Ein grosser Theil der Gaddanen ist zum Christenthum bereits bekehrt,
wenn auch nur äusserlich. Die heidnischen Gaddanen verehren einen
Gottschöpfer Amanolay und dessen Gattin Dalingay (Mas, pobl. 4; Buzeta
I, 60), überdiess ist bei ihnen auch der Ahnencultus heimisch (Semper,
Erdk. X, 165). Sie sind von sanfteren Sitten als ihre Nachbarstämme.



19. Itetapanen (Itetapanes).

Die Itetapanen wohnen östlich von den Busao-Igorroten und westlich
von den Gaddanen, welch' letzteren sie ungemein ähnlich sind, indem
sie gleichfalls eine geringe Körpergrösse und sehr dunkle Hautfarbe
besitzen (Ilustr. 1860, p. 285). Auch an Unreinlichkeit können sie
mit ihren östlichen Nachbarn wetteifern. Mas (pobl. 26) bezeichnet
ihr Äusseres geradezu als widerlich. Durch die runde Formung der
Augen unterscheiden sie sich, ebenso wie die Gaddanen, streng von
den Igorroten. Buzeta und Bravo schreiben: "Die Itetapanen besitzen
den vollen Negritotypus in Körperbau, Farbe und Nasenform, aber
in Bezug auf Haare, Augen &c. gleichen sie den Tagalen" und weiter
"Es ist ebenso schwierig, sie von ihrem wilden Leben abzubringen,
wie die Negritos, mit welchen sie mehr in Bezug auf Charakter, Sitten
und Bräuche als im äusseren Habitus Ähnlichkeit besitzen". Es scheint
demnach, dass die Itetapanen eine starke Beimischung von Negritoblut
aufzuweisen haben. Auffallend ist bei ihrer Tracht eine Kappe,
ähnlich dem Tschako der deutschen Bergleute, nur etwas niedriger. Diese
Kappe, sowie alle aus Bejuco-Rohr verfertigten Gegenstände wissen sie
lebhaft-roth zu färben, doch hüten sie die Bereitung dieser Farbe als
ein strenges Geheimniss, obwohl anzunehmen ist, dass sie durch eine
Mischung verschiedener, in ihren Wäldern wachsender Farbehölzer,
insbesondere des Sibucao, erzielt wird (Buzeta I, 54). Die Farbe
selbst soll unaustilgbar am Bejuco haften. Die Schultern bedecken
sie mit einem aus Palmblättern oder Cogongras geflochtenen Kragen,
"anaos" oder "anas" genannt (Buzeta I, 54; Ilustracion 1860, 285). Ihre
Waffen sind Lanze, Pfeil und die Aliva der Igorroten.



20. Guinanen (Guinanes).

Die Guinanen werden auch Guinaanes, Quinanes oder Quinaanes
genannt. Ihre Wohnsitze liegen nördlich von denen der Busao-Igorroten,
hauptsächlich auf dem Ostabhange jener Cordillere, welche die Provinz
Abra von Cagayán trennt. Das rechte Ufer des Rio Abra und das linke
seines Nebenflusses Pusulguan bezeichnen die Westgrenze dieses wilden
und kriegerischen Stammes. Der Pueblo Bauang ist eine ihrer grössten
und wichtigsten Niederlassungen.

Zu ihrem äusseren Habitus, sowie in ihren Bräuchen ist die nahe
Verwandtschaft mit den Igorroten nicht zu verkennen. Ihre unbändige
Kriegslust wird durch den Ruhm, den ein beutereicher Kopfjäger
geniesst, beständig angefacht, und ihre Nachbarn, besonders die
friedlichen Tinguianen haben vor ihnen nicht einen Augenblick Ruhe. Mit
der Hinterlist, welche allen Kopfjägerstämmen eigen ist, beschleicht
der Guinane sein Opfer, um demselben dann den Kopf abzuschlagen. Ist
diess geschehen, so eilt der Sieger mit der bluttriefenden Beute in
das heimathliche Dorf, wo die Heldenthat dann durch ein mehrtägiges
Trinkgelage gefeiert wird; der Schädel selbst wird als eine kostbare
Trophäe sorgfältig aufbewahrt (Ilustracion 1860, N. 12, p. 152). Haben
sie keine stammfremden Feinde zu bekämpfen, so führen die einzelnen
Dörfer gegen einander Krieg, und zwar in der oben erwähnten Form. Ein
Theil der Tinguianen entrichtete ihnen früher Tribut (Mas, pobl. 26).

Sie sind übrigens nicht ohne alle Kunstfertigkeit, in dem Pueblo Bauang
verfertigen ihre trefflichen Schmiede ausgezeichnete Aliva-Hackmesser,
welche besonders von den Busao-Igorroten gern gekauft werden
(Ilustracion 1860, 285); über ihre Religion ist Nichts bekannt.



21. Calauas oder Itaves.

Die Calauas (sprich: Cala-ú-as) wohnen von Santacruz (an einem Zuflusse
des Rio Chico de Cagayán) bis Nachsiping am Rio Grande. Sie reichen
bis Piat und Tuao im Süden und Malaueg im Norden, nach letzteren Orten
werden sie und ihr Idiom auch Malaueg oder Malauec genannt. Bei den
nördlichen Stämmen ist der Name Itaves der gebräuchlichere, im Süden
aber Calauas. Ihre Tracht erinnert an ihre Nachbarn, die Guinanen,
während ihre ganze Lebensweise in's volle Gegentheil schlägt. Sie
sind noch friedfertiger als die ihnen nach Mas (pobl. 28) ähnlichen
Gaddanen, und zeichnen sich besonders durch fleissigen Feldbau
aus. Nächst Reis wird am intensivsten Tabak gebaut, dessen Anpflanzung
sie eine besondere Pflege zuwenden (Buzeta I, 56). Ihr Tabak wird als
der beste der Provinz Cagayán bezeichnet, und das will so viel sagen,
als dass der Tabak des Calaua-Gebietes der beste der Philippinen
ist. Nach der Tabakernte werden die gesammelten Blätter zuerst einem
Gährungsprocesse unterworfen, dann aber wieder an der frischen Luft
getrocknet. In kleine Ballen gepackt wird dann der Tabak nach Ilócos
Sur und Abra eingeschmuggelt (Mas, pobl. 8; Buzeta I, 56).

Religion unbekannt. Sie sind wie die Guinanen noch unabhängig, doch
ist in diesem Jahre ein Truppencorps gegen sie abgeschickt worden,
um sie zu unterwerfen.



22. Gamunangen und Bayabonanen.

Der Name dieser beiden Stämme findet sich nur an einer einzigen
Stelle bei Mas (pobl. 41) vor, nach dieser leben sie in den Bergen
östlich und südöstlich von Tuao. Es ist nicht so unwahrscheinlich,
dass sie nur Zweige eines grösseren Stammes, etwa der Dadayag sind.



23. Dadayags.

Die Dadayags oder Dadayas wohnen in der Provinz Cagayan, und zwar am
linken Ufer des Mittellaufes des Rio Grande de Cagayan (jedoch nicht
unmittelbar an diesem Strome), etwa in der Höhe des Ortes Cabagan. Über
ihre Lebensweise ist nichts Näheres bekannt.



24. Nabayuganen (Nabayuganes).

Dieser Volksstamm wird auch nur einzig und allein von Mas (pobl. 41)
erwähnt. Sie wohnen im Westen von Malaueg, einem Orte, welcher an
einem der nördlichsten Nebenflüsse des Rio Chico de Cagayan liegt. Die
Nabayuganen sind im Besitze eines eigenen Idioms. Das ist Alles,
was wir gegenwärtig von ihnen wissen.



25. Aripas.

Die Aripas (auch Aribas, Aripanes genannt) wohnen in dem Landstriche
südlich von der Vereinigung des Rio Grande und Rio Chico de Cagayán
zwischen Nagsiping und Tubang, dann hausen sie auch in dem südlichen
Theile jenes Gebirgszuges, welcher die Wasserscheide zwischen dem
Stromsystem des Rio Grande de Cagayán und dem Rio Apayo bildet.

Sie sind sehr friedfertiger Natur (Buzeta I, 310). Ein Theil von ihnen
giebt den Missionären grosse Hoffnung baldiger vollständiger Bekehrung.



26. Calingas.

Nach Semper (Erdk. X, 256) scheint der Name Calinga eine
Collectivbezeichnung "unbekannter" Bedeutung zu sein, da so auch
alle die Provinzen Isabela, Cagayán und Nueva Vizcaya bewohnenden
Infieles (Heiden) genannt werden, Semper nennt deshalb auch die
Irayas Calingas. Ich bezeichne hier mit diesem Namen jenen heidnischen
Malaienstamm, welcher in demselben Gebirge wie die Aripas nur mehr im
nördlichen Theile wohnt und speciell Calingas genannt wird. Über sie
ist wenig bekannt. Sie sollen viel chinesisches Blut in ihren Adern
haben (Schadenberg 165). Sie sind kriegerischer als die Aripas. Nach
der Zahl der getödteten Feinde ziehen sie Streifen auf ihre Arme
(Bastian, Reisen V, 274).



27. Tinguianen.

Die Tinguianen werden auch Itanegas, Tinggianes, seltener Tingues
(so bei Morga) genannt. Sie bewohnen ein sehr ausgedehntes Gebiet,
welches von Candon in Ilócos Sur sich ungefähr bis zum Mte. Pacsan an
der Grenze Cagayans und Ilócos Norte ausdehnt, ja ihre am meisten nach
Süden vorgeschobenen Niederlassungen reichen bis Santa Cruz in der Nähe
der Punta Darigallos (Namagpacan), so dass sie die Bewohner von drei
Provinzen sind, nämlich von Ilócos Sur, Abra und Ilócos Norte. Der
an der Küste von Ilócos Sur 1736 begründete Pueblo Santiago war die
erste christliche Niederlassung derselben, früher scheinen sie nicht
bis zu den Gestaden des Meeres gereicht zu haben, sie gehen hier auch
allmählich in die Ilocanen auf, indem sie deren Sprache annehmen, so
dass der südliche Theil der Tinguianen unrettbar der Entnationalisirung
anheimgefallen ist. Besser erhalten sie sich in den am linken Ufer
des Abra liegenden christlichen Pueblos Banguet und Tayun, obwohl
auch hier durch ilocanische Zuwanderer Gefahr droht. Die christliche
Religion trägt auf den Philippinen am meisten zur Entnationalisirung
bei, es trifft bei allen bekehrten Malaien dasselbe Bild ein mutatis
mutandis, das wir von den Tagalen entworfen haben.

Bei den Spaniern finden wir die Neigung vor, die Tinguianen für einen
von den übrigen Bergstämmen Luzons gänzlich verschiedenen Stamm
zu halten, indem sie ihre diessfällige Meinung auf die sehr helle
Hautfarbe und ihre grosse Friedfertigkeit hinweisen. Es ist diess ganz
ungerechtfertigt, und diese Meinung konnte nur so lange eine gewisse
Berechtigung haben, als man eben nur die Igorroten und Apoyaos kannte,
welche allerdings durch ihre Grausamkeit und Kriegslust einen grellen
Gegensatz zu den gutmüthigen Tinguianen darstellten. Wir haben aber
gesehen, dass die Bergstämme Luzons nicht insgesammt Kopfjäger und
Bluthunde sind, sondern, dass es vielmehr genug Stämme giebt, die an
Friedfertigkeit den Tinguianen in gar Nichts nachstehen. In ihren
Sitten und ihrer religiösen Anschauung liegt gleichfalls nichts,
was die Meinung rechtfertigen könnte, die Tinguianen seien ein zu der
Gesammtheit der nordluzonischen Stämme im Gegensatze stehender Stamm.

Ihre Hautfarbe ist, wie einstimmig berichtet wird, sehr hell,
die Nase oft adlerartig gekrümmt (Mas, pobl. 13). Allgemein [19]
wird behauptet, dass die Tinguianen den Chinesen in Gestalt wie
Kleidung ähnlich sähen; mit Bezug auf die Tracht sollen sie kaum
von den Fischern der chinesischen Provinz Fukiang oder Fokien zu
unterscheiden sein, doch berichtet Mas selbst, dass ein genauer
Kenner des Chinesischen, der Erzbischof Segui, erklärt hätte,
dass in der Sprache der Tinguianen gar nichts vorhanden wäre,
was nur einigermassen an das Chinesische erinnern könnte. Diess
ist von Wichtigkeit, wenn man bedenkt, mit welcher Vorliebe die
spanischen Schriftsteller jeden Stamm als von Chinesen abstammend
hinstellen, sobald in den Gesichtszügen seiner Individuen Anklänge an
den mongolischen Typus sich vorfinden. Jedenfalls wäre es angezeigt,
bevor nicht eingehende Untersuchungen Statt gefunden haben, sich dieser
Chinesentheorie gegenüber sehr reservirt zu verhalten. Die Adlernase
stimmt nicht sehr zu dem Bilde eines Chinesen. Was die Sage anbelangt,
wonach die Tinguianen die Abkömmlinge der Chinesischen Piraten wären,
welche der Cortés der Philippinen D. Juan de Salcedo 1574 von Manila
zurückschlug und das Jahr darauf aus dem Golfe von Lingayen in die
Chinesische See zurückwarf, so kann ich diess ganz ruhig für eine
Erfindung der späteren Zeit erklären, denn bei meinen langjährigen
Studien zur Geschichte der Philippinen habe ich speciell die Schicksale
jenes ritterlichen Salcedo mit besonderem Fleisse und Interesse
verfolgt und fand hierbei, dass die zeitgenössischen Chronisten
von dieser Angelegenheit gar nichts wissen, sondern im Gegentheil
ausdrücklich erklären, dass alle Piraten, welche an's Land stiegen,
von den erbitterten Indiern niedergemetzelt wurden. Erst gegen Ende
des XVII. Jahrhunderts kam die Sage auf, einige (!) jener Piraten
wären aus Pangasinán nach den Bergwildnissen des Innern entkommen
und hätten mit eingeborenen Weibern die Bastardrassen der Igorroten
und Tinguianen erzeugt. Der geschwätzige Fr. Juan de la Concepcion
und sein Epitomator Fr. Martinez de Zuñiga haben dann ihr Schärflein
dazu beigetragen, dass zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Sage für
ein Factum angenommen wurde und zum Theile auch heute noch angenommen
wird. Chamisso hat diese Erdichtung einer späteren Zeit auch nach
Deutschland gebracht.

Von den benachbarten Igorroten unterscheiden sie sich vortheilhaft
durch ihre Reinlichkeit. Charakteristisch bei ihrer Tracht ist die
turbanähnliche Kopfbedeckung, welche aus einem langen Stücke Zeug
besteht, dessen Enden graciös über Schulter und Rücken fallen. Die
Männer tragen eine vorne zuschliessende Jacke, wie sie die chinesische
Küstenbevölkerung trägt, und weite Pantalons. Die Weiber gehen
in derselben Tracht umher wie jene der Igorroten, nur sind die
Kleiderstoffe der ersteren weiss (Buzeta I, 55), während die letzteren
dunkelblaue oder blau und weiss gestreifte Zeuge vorziehen. Man sieht
also, dass auch hier sich kein Gegensatz zu den Igorroten herausklügeln
lässt. Vornehme Frauen tragen Gewänder, welche mit reichgestickten
weissen oder rothen Bändern verziert sind (Buzeta, l. c.). Den Kopf
umwinden sie mit dem Turban oder einer schmäleren Binde (Buzeta,
l. c.; Ilustr. 1860, n. 12, p. 153). Der Unterarm wird vom Ellenbogen
bis zum Handgelenke mit Armbändern geschmückt. Dieselben bestehen
aus buntfarbigen Glasperlen oder Steinchen, letztere kommen von den
Batanes-Inseln her und werden von den Tinguianen auf den Märkten der
Pueblos von Ilócos eingekauft (Ilustracion 1860, n. 14, p. 164). Diese
Armbänder drücken durch ihre Schwere die Arme wund, die Eitelkeit
trägt aber über den Schmerz den Sieg davon. Auch die untere Hälfte
der Waden wird mit diesem beschwerlichen Schmucke versehen (Buzeta I,
55; Ilustracion 1860, n. 12, p. 153). Ohrgehänge und Geschmeide aus
Kupfer und Silber tragen sie in derselben Weise wie die Igorroten
(Scheidnagel 125).

In ihren kleinen Dörfern leben sie in glücklicher Zufriedenheit. Ihre
Waffen, die Lanze und eine Axt "Aliva", deren Eisenfläche Quadratform
besitzt mit einer rückwärts befindlichen Spitze, dienen nur zur Abwehr
der Angriffe ihrer blutdürstigen Feinde, der Guinanen [20]. Sie bauen
Reis in reichlicher Menge (Mas, pobl. 12), ebenso besitzen sie einen
reichlichen Viehstand an Büffeln, Rindern und Pferden (l. c.). Wie
wir wissen, sind die Igorroten auch Ackerbauer und Besitzer von Vieh,
sehen sich aber gezwungen, sowohl Reis wie Vieh von den Christen
einzukaufen, während die Tinguianen beides auf die Märkte von
Ilócos bringen (Buzeta I, 55). Ihre Felder besitzen ebenfalls ein
künstliches Berieselungssystem (Buzeta, l. c.). Sie sind nicht ohne
Industrie, besonders ihre Holzschnitzarbeiten haben einen guten Ruf;
die Igorroten von Abra wagen sich sogar an das Schnitzen von Figuren
(Scheidnagel 126). Ausser mit Reis und Vieh erscheinen sie auch mit
Goldstaub, Wachs und Häuten auf den Märkten von Ilócos. Holz wird von
ihnen auf dem Wasser ihrer Flüsse herabgeschwemmt (Buzeta I, 58). Sie
kommen bis auf den Markt von Vigan (Ilustr. 1860, n. 14, p. 165).

Ein Theil von ihnen ist bereits zum Christenthum bekehrt. Die übrigen
haben einen ähnlichen Ahnencultus wie die übrigen Malaien Luzons;
ob sie ausser den Seelen ihrer Vorfahren andere Götter verehren,
ist mir unbekannt. Wie alle philippinischen Malaien haben auch
sie vor Schlafenden eine grosse Scheu, ihr stärkster Fluch lautet:
"mögest du im Schlafe sterben!" (Mas, pobl. 14). Dieser Fluch beruht
nach Jagor (Reisen 132) auf dem Glauben, dass, wie schon erwähnt,
die Seele im Traume den Körper verlasse.

Die Geburt [21] geht ungemein leicht von Statten, die Mutter eilt nach
der Reinigung sofort zur gewohnten Arbeit. Die Reinigung besteht darin,
dass die Mutter das neugeborene Kind unmittelbar nach der Geburt in
das Wasser eines Baches oder Flusses taucht, ist kein Wasser in der
Nähe, so reinigt sie es mit einem Bananenblatt oder Halmen. Nach
dieser Reinigung giebt die Mutter dem Kinde irgend einen Thiernamen.

Ehen werden durch die Eltern vermittelt, sobald sie eine gegenseitige
Neigung an ihren Kindern wahrnehmen. Durch einen Trommler--"Batintin"
genannt--werden die Hochzeitsgäste eingeladen. Das Hochzeitsfest
beginnt schon zeitlich Morgens, es besteht aus einem Schmause und
Trinkgelage. Der Speisezettel hat nur Reis und Braten von Schweinen,
Rindern und Büffeln aufzuweisen. Die Getränke sind verschiedene aus
Zuckerrohr oder Reis bereitete Branntweinsorten. Das Bankett entbehrt
auch nicht der Tafelmusik, obwohl sie ausser der Trommel nur zwei
Instrumente besitzen, nämlich Flöten aus Rohr und zwei Gattungen
Guitarren. Letztere werden aus Rohrstückchen zusammengesetzt und
sind dreisaitig, jedoch werden die Saiten nicht aus Thierdärmen,
sondern aus den Blattfasern einer weiter nicht genannten Pflanze
bereitet. Die Pausen während des Schmauses, an dem die gesammten
Bewohner des Dorfes Theil nehmen, werden durch Tanz ausgefüllt.

Abends führt der Angesehenste die Neuvermählten in ihre Hütte, wo sie
das Brautbett in Gestalt einer auf den Boden gelegten mächtigen Matte
erwartet. Auf die Matte legen sich die jungen Eheleute in der Weise
nieder, dass zwischen ihnen ein Raum von zwei Ellen Entfernung frei
bleibt, wo sich ein 6- bis 8jähriger Knabe niederlässt, denn bis zum
nächsten Tage darf die Ehe nicht vollzogen werden, ja nicht einmal
Worte miteinander zu wechseln ist den Gatten erlaubt.

Die Ehen werden leicht und rasch geschieden, man geht zum Dorfältesten
oder (in einem bereits spanisch gewordenen Dorfe) zum Gobernadorcillo,
der gegen eine Abgabe von 5 Pesos, 2 Büffeln, 2 Schweinen, 2 Cavanen
Reis, 2 Tinajas Palmwein die Ehe scheidet. Diese Geldbusse zahlt jener
Gatte, welcher die Scheidung beantragt. Die Pönalsumme wird zu einem
grossen Festschmause verwendet, an dem wie bei der Hochzeit das ganze
Dorf Theil nimmt. Bei einer Scheidung bleiben die Säuglinge der Mutter,
die übrigen Kinder werden nach dem Willen jenes Gatten vertheilt,
welcher der passive Theil, d. h. der Nichtbeantrager war. Ist aber ein
Streit oder gar ein Verbrechen die Ursache der Scheidung, so verliert
der schuldige Theil das Recht, über den Verbleib oder die Zuweisung der
Kinder zu entscheiden. In diesem Falle muss auch der schuldige Theil
die oben erwähnte Geldbusse zahlen, selbst wenn der andere Gatte die
Scheidung beantragt. Bei jenen Tinguianen, welche spanische Unterthanen
geworden sind, wird mitunter an den Provinzgouverneur appellirt.

Die Reichen schliessen auf diese Weise 15 bis 20 Ehen nacheinander;
bei den Armen finden Ehescheidungen selten oder gar nicht Statt,
indem sie nicht im Stande sind, jene unumgängliche Geldbusse zu
zahlen. Es ereignet sich mitunter, dass ein Mann drei, vier Mal eine
und dieselbe Frau heirathet und sich wieder scheiden lässt.

Wird ein Tinguiane krank, so erhält er so gut wie keine Pflege;
sobald die Krankheit einen derartigen Verlauf nimmt, dass keine
Hoffnung auf Genesung vorhanden ist, so wird der Kranke von den
Seinen lieblos verlassen, und muss ähnlich wie der Eskimo sein Leben
beschliessen. Kaum hat der Sterbende den letzten Athemzug gethan,
so wird auch schon seine Leiche aus der Wohnstätte herausgeschafft
und dicht unter der Hütte vergraben. Über dem Grabe werden grosse
Steine aufgehäuft. An gewissen Tagen des Jahres werden auf diese
eigenthümlichen Grabmonumente Lebensmittel gelegt, damit die Seelen
der Verstorbenen ihren Hunger stillen könnten.

Die Namen der Verstorbenen werden von deren Hinterbliebenen nicht
mehr genannt, so dass, wenn man einen Tinguianen nach dem Namen eines
seiner Ahnen fragt, dieser den Fragesteller an einen Kameraden weist,
da er selbst die Antwort nicht ertheilen dürfe. Diese Sitte ist für
die spanischen Beamten keine Erleichterung in ihrem Dienste.

Im Jahre 1624 begannen die ersten unglücklichen Versuche der
Spanier, die Tinguianen zu unterwerfen, erst seit dem Ende des
vorigen Jahrhunderts drang die spanische Herrschaft immer mehr in
die Berge und Thäler jenes intelligenten Stammes vor, bereits 1848
zählte man, nach Diaz Arenas, 8717 Tinguianen, welche die spanische
Hoheit anerkannten, während heute nur ein geringer Theil noch seine
Unabhängigkeit bewahrt hat. In diesem Theile Luzons breitet sich das
spanische Hoheitsgebiet sehr rasch und unblutig aus.



28. Adangs.

Der Name der Adangs hat zahlreiche Variationen und Lesearten
aufzuweisen: Adangtas, Adanginos, Adanes, Adamitas. Sie wohnen
im nordwestlichen Winkel Luzons, um den Pueblo Adan(g) und den
gleichnamigen Berg [22]. Ihre Zahl ist keine grosse, trotzdem bilden
sie eine Nation für sich, indem ihre Sprache keine Ähnlichkeit mit
jener ihrer Nachbarn (der Ilocanen, Tinguianen, Apoyaos, Cagayanen)
besitzt (Buzeta y Bravo I, 271). In ihren Sitten haben sie vieles,
was an die Apayaos erinnert (Ilustr. 1860, n. 17, p. 200). Seit 1720
begann ihre Christianisirung, und bald erfolgte auch die Gründung
des christlichen Pueblos Adan(g) (Mozo 73). Das Christenthum wird
auch hier tagalisirend einwirken.



29. Apayaos.

Der gefürchtete Kriegerstamm der Apayaos wohnt in den Bergregionen
des Stromgebietes des Rio Apayao, ferner in dem nördlichen Theile
der Ostabhänge jenes Gebirges, welches die Provinzen Cagayán und
Ilócos Norte scheidet. Im Süden reichen sie bis zur Stadt Malaueg
(oder Malauec) im Stromgebiet des Rio Chico de Cagayán. Sie werden
auch Apayos oder Apoyaos genannt.

Ihre Hütten sind aus Balken einer Cedergattung "Danigga" erbaut, sie
ruhen auf sehr hohen Pfeilern, während die Dachbedeckung durch Rohr
ähnlich wie in Ilócos hergestellt wird (Mas, pobl. 28). Der Grundriss
ist stets viereckig und an den vier Ecken stehen mächtige grosse
Pfeiler. Der Fussboden besteht aus glatt zugehauenen Cederdielen,
die Zwischenwände sind aus Palmblättern verfertigt. Der Feuerherd
ist in einer Ecke der Hauptwohnung angebracht. Wodurch sie sich aber
vor allen übrigen Bewohnern Luzons auszeichnen, ist die Sorgfalt, mit
der sie das Innere ihrer Hütten ausschmücken, besonders beliebt sind
chinesische Krüge und Vasen (Buzeta I, 57). Sie bauen auch Getreide,
insbesondere Mais (Buzeta, l. c.). Auch Tabak wird, und zwar im grossen
Stile, angepflanzt und damit ein schwunghafter Schmuggel getrieben
(l. c.). Sie pflanzen auch einen vorzüglichen Cacao, den sie nach
Ilócos exportiren (Mas, pobl. 28; Buzeta, l. c.).

Ein Theil der Apayaos ist bereits christlich geworden (Buzeta I,
306), die übrigen hängen fest an ihrem alten Glauben, der in einem
intensiven Ahnencultus besteht. Die Waffen und Schmuckgegenstände der
verstorbenen Ahnen werden an den Wänden der Hütten aufgehängt, und
um diese Trophäen herum rothgefärbte Bejuco-Stäbe, zu verschiedenen
Figuren zusammengestellt, an der Wand befestigt (Buzeta I, 60),
oder es wird die Lanze [23] des Ahnen in die Wand gebohrt und mit
rothgefärbtem Bejuco-Geflecht oder den aus bessern Zeugen bestehenden
Lendenschürzen [24] des Verstorbenen behängt (Mas, pobl. 16). Zu den
Seiten dieser Trophäen werden Matten, verfertigt aus der Rinde des
Afutag-Baumes, aufgespannt oder befestigt (Buzeta, l. c.). Dabei fehlt
nie ein eigenthümlich geformtes irdenes Trinkgeschirr, aus welchem sie
bei ihren Festgelagen den Anitos, d. h. den Seelen ihrer Vorfahren,
Libationen darbringen (Mas, pobl. 16; Buzeta I, 60). Diese Trophäen
werden von ihnen ängstlich gehütet und sind ihnen auch zu keinem
Preise feil.

Auch sie sind Kopfjäger. Starb einer, insbesondere ein Vornehmer, so
machten sich seine Verwandten auf, um auf die Kopfjagd auszugehen. Je
höher im Ansehen der Verstorbene stand, desto mehr Köpfe sollten
zum Todtenopfer fallen (Mozo 69; Buzeta I, 306). Sie legen sich
dann in einen Hinterhalt, um dann plötzlich den arglosen Reisenden
zu überfallen und mit Lanzenstichen zu tödten, worauf sie den
Kopf abschneiden, den übrigen Leichnam aber am Orte der Blutthat
zurücklassen. Die erbeuteten Schädel werden dann um den Todten
aufgestellt, worauf ein Schmaus und Trinkgelage Statt findet, bei
welchem viehisch gegessen und getrunken wird. Ist diese lärmende
Festlichkeit vorüber, so wird dann erst der Leichnam bestattet, und
zwar werden ihm in das Grab Speisen, Getränke und jene Feindesschädel
mit hineingegeben (Mozo 69). Heute ist diese grausame Sitte im Abnehmen
begriffen, nur die im Quellgebiete des Rio Apayao lebenden Apayaos
wollen davon nicht lassen. Viele Apayaos sind bereits spanische
Unterthanen geworden.



30. Catalanganen.

Die Catalanganen sind nur ein Zweig der Irayas, verdienen aber eine
Sonderstellung, weil sie in ihren Sitten, Bräuchen und Anschauungen
von den letzteren gänzlich abweichen. Ihren Namen erhielten sie von
dem Rio Catalangan, einem rechten Zuflusse des Rio Grande de Cagayán,
an dessen Ufern ihre Hauptsitze zu suchen sind (Provinz Isabela).

Prof. Semper hält sie für stark mit chinesischem Blute gemischt und
bemerkt hierüber: "Die Abstammung von der mongolischen Rasse liess
sich auf den ersten Blick erkennen, an dem hohen Körperbau der Leute,
dem länglichen schmalen Gesichte mit stark zurücktretendem Kinn und
der hohen, von Haarwuchs freien, aber sehr nach hinten gekrümmten
Stirn, an den starken Backenknochen und den kleinen Augen" (Erdk. X,
257). Innere historische Gründe sprechen gegen eine starke Beimischung
chinesischen Blutes. Semper nimmt auch Mengung mit Japanen oder
wenigstens starken japanischen Einfluss an (Semper, Erdk. X, 265,
und Skizzen 55). Unter den Catalanganen leben friedlich Negritos
(Semper, Erdk. X, 260; Cavada I, 81). Was die günstigen Seiten ihres
Charakters anbelangt, so werden ihre Friedfertigkeit, welche aber
nur ihrer grossen Feigheit zu verdanken ist, ihre Ordnungsliebe,
Subordination, Nüchternheit und Frugalität gerühmt, ihnen dagegen
aber Habsucht, Geiz, Indolenz, Ungastlichkeit &c. vorgeworfen (Semper,
Erdk. X, 261). In Bezug auf letzteres hebt Cavada gerade das Gegentheil
hervor, vielleicht im Irrthume begriffen, indem er die Irayas meinte,
oder es hat seit Semper's Besuch ein Umschwung Statt gefunden.

Sie tätowiren sich, die Muster sind chinesischen oder japanischen
Ursprunges (Semper, Erdk. X, 265, u. Skizzen 55), nach einer anderen
Stelle (Semper, Erdk. X, 254) aber von derselben Art, wie sie bei
den Negritos üblich ist. Die Männer und Weiber tragen eine ähnliche
Kleidung wie die "Indier", d. h. die christlichen Malaien. Um den
Leib über Hüften und Nabel werden buntgefärbte geflochtene Bänder und
Messingstreifen getragen (Semper, Erdk. X, 260). Ausserdem tragen
Männer und Weiber einen Gürtel mit einer dicken Patronentasche,
welche rückwärts hängt und in welcher der Buyo, der von ihnen auch mit
Leidenschaft gekaut wird, sich befindet (l. c.). Diese Tasche dient
auch als Stützpunkt für die kleinen Kinder, welche mittelst eines
Zeuges von der Mutter auf dem Rücken nach Zigeunerart getragen werden
(l. c.).

Ihre Schmucksachen gleichen denen der Negritos (Semper, Erdk. X,
260). Am Arme und in den Ohren tragen sie Messingringe, in einem Ohre
mitunter 6 Ringe, wodurch die Ohrlappen eine unnatürliche Verlängerung
erleiden (l. c.). Auch Glasperlen, Ohrgehänge aus Silber oder schlecht
vergoldetem Kupfer kaufen sie gern von christlichen und chinesischen
Krämern ein (Semper, Erdk. X, 259). Ihre Waffen sind Bogen und Pfeile
(l. c. 261).

Ihre Rancherías bestehen nur aus wenigen Hütten, und diese selbst
liegen weit auseinander, so dass selbst die grössten Dörfer nicht
mehr als 20 bis 30 Hütten zählen (Semper, Erdk. X, 258). Die Hütten
stehen auf Pfählen, so dass man nur auf einer Leiter in das Innere
gelangen kann; in der Nacht wird die Leiter aufgezogen. Die Dächer sind
sehr dicht und solid aus Gras oder Rohr über dem Gebälke hergestellt
(Semper, Erdk. X, 260, u. Skizzen 54). Das Innere der Hütte wird nur
durch eine Schwelle in Küche und Wohnzimmer geschieden, der Rauch
muss sich durch die Thüre und durch die Fensterluken (selten mehr
als zwei) den Ausweg suchen (Erdk. X, 259). Oft ist an das übrigens
kleine und niedrige Haus eine ebenso armselige Scheune angebaut
(l. c.), und wenige Hütten giebt es, welche ohne eine Schmiede wären,
die stets den Ahnen, den Anitos, geheiligt ist (l. c. 262). Neben dem
Hause liegen gewöhnlich zwei Scheunen, eine für den Reis, die andere
für den Mais (l. c. 257), ebenso sind auch in der nächsten Nähe kleine
Götterhäuschen angebracht (l. c.). Die Hütten selbst liegen auf freien,
sorgfältig reingehaltenen (man denke an den Igorrotenschmutz!) Plätzen
(l. c. 256), selbst der unter dem Hause befindliche freie Raum wird
sauber gefegt (Semper, Skizzen 55).

Die Catalanganen sind Ackerbauer, und zwar sind wie bei den Apayaos
Mais und Reis diejenigen Feldfrüchte, welche nahezu ausschliesslich
cultivirt werden (Semper, Erdk. X, 257). Ausserdem bauen sie
Zuckerrohr, einen trefflichen Tabak, die Wurzeln: Samate, Ubi, Gabe
oder Gabi (l. c. 258), letztere ist uns schon bekannt, überdiess
wird noch ein Strauch "Tubá" gezogen, dessen gepulverte Frucht zum
Betäuben der Fische verwendet wird (l. c. 259). Sie zeichnen sich
durch die Sorgfalt aus, mit der sie ihre Äcker von Baumstümpfen,
Steinen und Unkraut reinigen (l. c. 257; Semper, Skizzen 54). Ihr
Fleiss ist schon dadurch gekennzeichnet, dass sie--wenigstens vor
zwanzig Jahren--nur in einer einzigen Ranchería Büffel besassen und
zur Feldarbeit benutzen konnten, während in allen übrigen Dörfern
nur Menschenhände zur Verfügung standen (Semper, Erdk. X, 258,
Skizzen 54). Da sie keine Werkzeuge zum Säen und Ernten besitzen, so
müssen sie bei der Ernte mühsam jeden Halm mit einem kleinen Messer
abschneiden (Semper, Skizzen 54). Durch Anlage von Dämmen suchen
sie ihre Felder vor Überschwemmungen zu sichern (Semper, Skizzen
56). Durch Aufspeichern grosser Getreidevorräthe haben sie sich für
die Zeiten der Hungersnoth, der Missernte &c. geschützt, werden aber
durch diese weise Vorsicht geizig und ungastlich, sie weigern sich
sogar, etwas von ihren Vorräthen zu verkaufen (Semper, Erdk. X, 257,
u. Skizzen 55). Ausser den Früchten ihrer Felder bildet Honig auch
einen Hauptbestandtheil ihrer Nahrung, während sie das Wachs wie alle
Bergstämme an die Christen verkaufen (Semper, Erdk. X, 258). Da ihre
Flüsse und Bäche von Fischen wimmeln, so liefert das Fleisch derselben
nicht nur ihre wichtigste animalische Kost, sie sind vielmehr in der
Lage, selbst von ihrem Überflusse an die Christen etwas zu verkaufen
und zwar sind es meist gesalzene Fische, welche der Gegenstand dieses
regen Handelsverkehrs sind (Semper, Erdk. l. c.). Der Fischfang selbst
findet auf alle mögliche Weise Statt: das Betäuben der Fische durch die
Tuba-Frucht, das Ausspannen von Grundnetzen, die Benutzung von Angeln,
Fischreusen, das Sperren, alle diese Methoden werden nebeneinander
angewendet (Semper, Erdk. 258 n. f.; Skizzen 57).

Ihre Religion kennt zwei Götterpaare, welchen zu Ehren grosse hölzerne
Tafeln unter dem Dache der Thür gegenüber schräg befestigt werden, auf
den Tafeln sind Schriftzeichen angebracht, "die sehr an chinesische
erinnerten" (Semper, Erdk. X, 261). Die Namen dieser Götterpaare
sind: Tschiehónau [25] mit einer Frau Bebenángan und Sialó mit
seinem Weibe Binalínga. Sie scheinen auch Götteridole zu besitzen,
wenigstens erwähnt Semper, er hätte in einem Hause das geschnitzte
Bild eines Gottes gesehen (Semper, Erdk. l. c.). Im Juni wird diesen
Götterpaaren zu Ehren in einem ihrer Dörfer ein Fest gefeiert, in
jener Ranchería ist ihnen nämlich ein Haus geweiht, "worin der letzte
Priester Hantasan und sein Weib Talamajäu [26] gewohnt haben"; seit
dem Tode dieses Priesterpaares kennen die Catalanganen keine Priester
mehr (Semper, Erdk. X, 261). Es wäre sehr interessant, wenn wir über
diese Sage mehr in Erfahrung brächten.

Wie bei allen Malaien der Philippinen wird auch hier den Seelen
der Ahnen, den Anitos, eine grössere Verehrung erwiesen, als den
eigentlichen Göttern. Anito wird die Seele eines jeden Todten,
der zu seinen Lebzeiten Grossvaterfreuden erlebte (Semper, Erdk. X,
262). Der Anito behält auch als solcher den Namen, den er einst als
Mensch getragen. Vor den Hütten werden den ältesten Anitos der Familie
rohe Hausmodelle von 1-1/2 bis 2 Fuss Höhe als Wohnsitz angewiesen,
dem ältesten Anito aber ist "der kleine freie Platz vor der Leiter, auf
dem der Pilan (Reismörser) steht, geweiht; er darf weder durch Feuer
noch durch Essen entweiht werden" (Semper, Erdk. X, 262). Jüngeren
Anitos sind eigenthümlich geformte Bänke, auf denen dem Chinesischen
ähnliche Schriftzeichen eingeritzt sind (Semper, Erdk. l. c.),
geweiht. Anderen Anitos sind als Sitze Töpfe in irgend einer Ecke
aufgestellt (Semper, Erdk. l. c. u. Skizzen 56). Die Catalanganen
heben die Perlenschnüre und Schmucksachen ihrer Verstorbenen als
wunderthätige Reliquien auf und verkaufen sie, ähnlich den Apayaos,
um keinen Preis (Erdk. l. c.). Von jeder Schüssel wird beim Speisen
den Anitos ein Theil geopfert, während aber bei einigen Stämmen Luzons
ein kleiner Rest zu dieser Art Libation verwendet wird, pflegen die
Catalanganen diess Opfer zu bringen, bevor sie zu essen beginnen
(Semper, Erdk. X, 263). Ähnlich den anderen Bergstämmen feiern sie
den Anitos zu Ehren zur Saat- und Erntezeit allgemeine Feste (l. c.).

Ihre religiösen und nationalen Feste richten sich nach dem Laufe
der Sonne (Semper, Skizzen 57). Bei diesen Festlichkeiten bildet
Tanzen einen wichtigen Programmpunkt. Ihre Tänze sind pantomimische
Darstellungen der Liebe, und so tritt immer nur ein Paar auf: die
Tänzerin dreht sich mit unbeweglich ausgestreckten Armen um sich
selbst, während der Mann wie rasend mit den Armen herumfuchtelt und
das Weib stampfend umkreist. Sinkt der Tänzer erschöpft zur Erde, so
tritt sofort ein anderer für ihn ein. Ihre nationalen Musikinstrumente
sind Gongs, welche mit flachen Händen bearbeitet werden. Ausser diesen
Liebestänzen besitzen sie auch einen Kriegstanz (Semper, Erdk. X, 263).

Die ehelichen Bande sind leicht zu lösen: sind Eheleute gegenseitig
unzufrieden, so gehen die Gatten ohne jeden Ceremonienkram auseinander
und schliessen neue Ehen; trotz dieser Leichtigkeit der Ehescheidung
kommen solche Fälle nur selten vor (Semper, Erdk. X, 264).

Die Särge sind an beiden Enden offen; die Todten werden in ihren
Kleidern und Schmucksachen in diese Särge gelegt, auch Habseligkeiten
werden mit hineingegeben. Unter grossem Heulen und Wehklagen der
Hinterbliebenen wird der Sarg unter dem Hause in die Erde gesenkt,
bemerkenswerth ist, dass bei dieser Gelegenheit die Trauernden um
das Grab herum knieen (Semper, Erdk. X, 263). Die Leichenfeier wird
mit einem Festschmause geschlossen (l. c. 264).

Prof. C. Semper rühmt ihnen Achtung vor dem Eigenthume nach: Diebstahl
wird mit dem Feuertode bestraft (Semper l. c. 261).

Sehen wir von dem Flechten von Matten ab, so ist der wichtigste Zweig
ihrer Industrie die Verfertigung von Booten, welche sie an Christen
und chinesische Händler in Ilagán um einen geringen Preis verkaufen
(Semper, Erdk. X, 259).

Seit 30 Jahren sind sie der spanischen Regierung unterthan, doch
begnügt sich diese mit der Einhebung einer kleinen Kopfsteuer (dem
"Reconocimiento"), welche ein Commissär jährlich einhebt. Die Spanier
haben in jedem Dorfe einen Gemeindevorsteher, den Gobernadorcillo,
durch Scheinwahl eingesetzt; diese Gobernadorcillos haben aber in ihrem
Dorfe weder Ansehen noch Macht, nur ihre Eitelkeit kann sich durch
das Tragen des silberbeschlagenen Amtsstockes und einer dunklen Jacke
befriedigt fühlen und sie so für die Lasten und Verantwortlichkeiten
entschädigen, die sie den spanischen Behörden gegenüber übernehmen
(Semper, Erdk. X, 264).



31. Irayas.

Die Irayas wohnen südlich von den Catalanganen, hauptsächlich an
der Westseite der Cordillere von Palanan. Auch über sie berichtet,
wie über den Bruderstamm der Catalanganen Prof. Semper auf das
Ausführlichste. In ihren Adern rollt eine starke Dosis Negritoblut
(Semper, Skizzen 51 u. 54), was kein Wunder ist, da unter ihnen
"zu einer Familie verbunden" Negritos leben und Mischlinge beider
Rassen vorhanden sind (Semper, Erdk. X, 255 u. 264). Obwohl sie nun
zum Theile stark mit Negritoblut inficirt sind, so fand doch Semper
Anklänge an eine "Abstammung von einem mongolischen Stamm", man
sieht aber trotzdem "unter ihnen mehr Leute, die sich dem tagalischen
Typus nähern" (Semper, Erdk. X, 264). Ihre aus geraden und krummen
[27] Linien bestehenden Tätowirungsmuster, ferner Schmucksachen und
Verzierungen sind dieselben, wie wir sie bei den Negritos jener Gegend
vorgefunden haben (Semper, Erdk. X, 254 u. Skizzen 55).

Ihre Hütten sind unsolid und schleuderhaft gebaut, vor Wind und Wetter
schlecht verwahrt (Semper, Skizzen 54), ganz im Gegentheil zu der
Reinlichkeitsliebe der Catalanganen wird aller Unrath unmittelbar vor
das Haus geworfen (Semper, Erdk. X, 264). Sie bauen Zuckerrohr und Reis
(Erdk. X, 265), bei ihrer Trägheit werden aber die Felder schlecht
bestellt, liefern daher im Vergleiche zu denen der Catalanganen
einen geringen Ertrag (Semper, Erdk. X, 264, u. Skizzen 54), trotzdem
speichern auch sie Vorräthe für schlimme Zeiten auf (Semper, Skizzen
57). Als Hausthier und Mitarbeiter für die Reisfelder wird allgemein
der Büffel gehalten (Semper, Erdk. X, 264, u. Skizzen 54). Wie bei den
Catalanganen, liefern auch ihnen Flüsse und Bäche reichliche Fischkost.

Ihre Religion beschränkt sich auf den Anitocultus allein
(Semper, Erdk. X, 265), die Götterpaare der Catalanganen fehlen
ihnen (l. c.). Ob sie sonst andere Götter besitzen, ist nicht
auszuschliessen, die Bemerkung, welche Semper an einer anderen Stelle
(Erdk. XIII, 94) macht, dass nämlich die Religion der Irayas jener
der Igorroten ähnlich sei, lässt diese Deutung zu.

Im Gegensatze zu den düsteren und ungastlichen Catalanganen sind die
Irayas ein fröhliches heiteres Völkchen, dessen Gastfreundlichkeit
nicht nur Negritos, sondern auch jene flüchtige Christen ("Remontados")
und entlaufene Verbrecher freundlich aufnimmt (Semper, Erdk. X, 265,
u. Skizzen 54 u. 55). Die Zahl der Christen, welche unter ihnen lebte,
schätzte Semper vor zwanzig Jahren auf 200 Köpfe (Semper, Erdk. X,
256). Die unter ihnen lebenden Negritos hatten Ackerbau, Religion
und Kleidung der Irayas angenommen (l. c.).

Die Irayas stehen in demselben losen Abhängigkeitsverhältniss zur
spanischen Regierung, wie die Catalanganen, wie sie denn auch das
Institut der Gobernadorcillos besitzen (Semper, Erdk. X, 266).



32. Catabanganen (Catabanganes).

Die Catubanganen sind ein wilder Bergstamm in den Gebirgswildnissen
von Guinayangan in der Provinz Tayabas. Sie werden, so viel mir
bekannt ist, nur von Cavada I, 198, erwähnt, welcher von ihnen
nichts Anderes berichtet, als dass ihre Sitten jenen der Negritos
(welche ebenfalls in jenen Bergen hausen) gleichen, und dass sie
die christlichen Ortschaften beständig überfallen, um Vieh und
Getreide zu rauben. Die dürftige Notiz ist Alles, und es lässt sich
unmöglich darnach entscheiden, ob wir hier die Trümmer eines grösseren
selbständigen Stammes oder verwilderte Abkömmlinge von Remontados
mit Negritoblut gemengt vor uns haben. Vielleicht dürfte das letztere
das Wahrscheinlichere sein.



33. Vicols [28].

Die Vicols bewohnen den südlichsten Theil Luzons, im Norden
beginnt die Sprachgrenze an der Ostküste bei Paracáli und Mambuláo
in der Provinz Camarínes Norte, an der Westküste aber schon bei
den östlichen Gestaden der Provinz Tayabas, so dass die Vicols in
Camarínes Norte die Hauptmasse, in Tayabas aber nur einen Bruchtheil
der Bevölkerung ausmachen. Camarínes Sur, Albay, ferner die Inseln
Masbate, Ticáo, Burías und die Inselgruppe der Catanduanes werden
von ihnen ausschliesslich bewohnt.

Die Vicols gehören wie die Tagalen, Pampangos &c. zu jenen
Malaienstämmen Luzons, welche schon in den Tagen der Conquista eine
gewisse Civilisation aufzuweisen hatten, sie sind auch die ersten
Bewohner Luzons, welche (in Albay zunächst) sich, und zwar im Jahre
1569, den Spaniern unterwarfen. Von den wenigen "wilden" Stämmen,
welche in den Bergen von Camarínes hausen, will ich am Schlusse dieses
Artikels Näheres mittheilen und mich vorerst mit den civilisirten
christlichen Vicol-Malaien beschäftigen.

Obwohl von kräftigem Körperbau (Buzeta I, 281), stehen sie dennoch
physisch wie geistig den Tagalen nach (Jagor, Reisen 120). Sie besitzen
nicht den stolzen kriegerischen Geist der Bewohner Nord-Luzons, sie
sind vielmehr friedfertig und demüthig (Cavada I, 213 u. 221). Obwohl
im Allgemeinen arbeitsam, so besitzen sie dennoch nicht jene
ausgebreitete Hausindustrie, welche wir bei den Tagalen vorgefunden
haben. Insbesondere unterscheiden sie sich von letzteren durch ihre
grosse Unreinlichkeit, die vorzüglich im Süden in die Augen fällt,
zumal, wenn in den betreffenden Orten kein weisser Pfarrer stationirt
ist (Jagor, Reisen 105). Hautkrankheiten und Krätze sind deshalb sehr
verbreitet (Jagor, Reisen 130). Dr. Jagor schreibt (Reisen 145):
"Ich glaube kaum, hier (Mambulao) eine Indierin ohne Krätzflecke
gesehen zu haben".

Ihre Hütten weichen in ihrer Bauart nicht von denen der Tagalen ab,
doch wird gewöhnlich das leichteste Rohrmaterial zum Bau vorgezogen,
was in der Häufigkeit und Intensität, mit der hier die Erdbeben
auftreten, seine Erklärung findet. Der Bau eines Hauses in Camarínes
incl. Material kostet nicht mehr als vier bis fünf Dollar (Jagor,
Reisen 125). Die Möbel beschränken sich wie bei den anderen Malaien
meist nur auf Matten. Das Innere der Häuser wird bei den Vicols bei
Armen durch Harzfackeln erleuchtet, während Reichere zu diesem Zwecke
sich jener Lampen bedienen, welche auch den Tagalen bekannt sind
und aus einer grossen Schnecke mit eingelegtem Binsendochte bestehen
(Jagor, Reisen 127).

Als der holländische Corsar Noort 1600 vor Camarínes anlangte, fand
er die meisten der Bewohner fast nackt vor und die "Vornehmsten,
welche von den ehemaligen Landesfürsten herstammeten, hatten sich
allerlei künstliche Figuren in die Haut geritzet" (Allgem. Historie
der Reisen XI, 369). Auch die Bewohner der Catanduanes bemalten sich,
trugen jedoch ein ärmelloses Gewand (l. c. 398). Die heutige Tracht der
Vicol-Malaien ist decenter, die Tracht der Männer gleicht so ziemlich
jener der Tagalen, wohingegen die Frauen sich ganz anders als die
Tagalinnen kleiden. Vor Allem fehlt hier der Tapis und die Saya (Buzeta
I, 281), an Stelle derselben tritt der Patadíon, ein Frauenrock, der
von der Hüfte bis zu den Knöcheln reicht, dann ein kurzes Hemd aus
Guinara-Stoff (Zeug aus Abacáfasern) und ein Umhängtuch; im Haare wird
ein Kamm getragen (Jagor, Reisen 127). Statt des einfachen Waldmessers
der übrigen Malaien Luzons tragen die Vicols den geflammten Kris der
mohammedanischen Malaien der Sunda (Scheidnagel 123).

Die Vicols bauen dieselben Getreidearten [29] und Culturpflanzen
wie die Tagalen, die grösste Sorgfalt wird aber dem Abacá-
oder Manila-Hanf zugewendet, denn in Camarínes und Albay gedeiht
diese für den Exporthandel der Philippinen so ungemein wichtige
Pflanze am besten. Herr von Scherzer (Novara-Reise I, 598) schreibt
darüber wie folgt: Um den Abacá-Hanf zu gewinnen, wird der Stamm,
sobald die Fruchtkolben, zum Vorschein kommen, von den mächtigen
Blättern gereinigt und bleibt etwa 3 Tage hindurch der Gährung
ausgesetzt. Hierauf wird derselbe in Stücke abgeschält, und diese
werden unter Anwendung eines entsprechenden Druckes zwischen zwei
Eisen durchgezogen, um den durch die Gährung mürbe gewordenen Bast von
den zum Vorschein kommenden Hanffasern zu entfernen. Dieses Verfahren
wird so lange fortgesetzt, bis letztere rein genug erscheinen, um an
der Sonne getrocknet zu werden.

Aus den Fächerpalmen wird in der Weise Zucker gewonnen, dass das
obere Ende des Stammes quer abgeschnitten wird, und zwar mit etwas
geneigter Schnittfläche. Aus der Wunde quillt der zuckerhaltige Saft
(täglich 10 Quart), aus welchem der Zucker durch Einkochen gewonnen
wird; eine Palme liefert einen Reingewinn von 5 Mark, der Baum geht
aber auch ein (Jagor, Reisen 155 f.).

Auch Cacao wird vielfach gepflanzt, wenn auch nicht sorglich
gepflegt. Die Vicols geniessen die Chocolade, indem sie ihr geröstete
Pilikerne zusetzen (Jagor, Reisen 79). Da ein grosser Theil des
besiedelten Landes von Sumpfstrecken durchsetzt ist, und überdiess
in der Regenzeit selbst die Strassen versumpfen, so sind die Vicols
auf die Construction eines Transportmittels verfallen, welches ihnen
die Fortschaffung von Lasten selbst im Sumpfgebiete gestattet. Es
ist diess die Pavavá (man vgl. die Abbildung in Jagor, Reisen 118),
welche aus zwei parallelen Stangen besteht, die an ihren Obertheilen
einen gedeckten Kasten tragen. Die unteren Enden der beiden Stangen
schleifen auf der Erde, die oberen ruhen hüftehoch über der Erde
auf der Gabeldeichsel, deren untere Enden sich ebenfalls nach
hinten verlängern, so dass, wenn der Büffel diese schlittenartige
Pavavá durch tiefen Sumpfbrei schleift, die zwei unteren Enden jener
Parallelstangen und die zwei hinteren Enden der Doppel-Deichsel die
Last tragen. -- Die Vicols besitzen zwar einen reichen Viehstand,
kümmern sich aber nicht einmal um die Fütterung ihrer Thiere
(Jagor, Reisen 123). Fischfang wird auch hier fleissig betrieben,
sie benutzen hierzu die faustgrossen Früchte einer Barringtonie, indem
sie wegen ihres geringen specifischen Gewichtes statt des Korkes bei
den Netzen verwendet wird oder indem man ihre betäubende Eigenschaft
durch Ausstreuen pulverisirter Früchte benutzt (Jagor, Reisen 152).

In ihren Sitten und Bräuchen fällt zunächst der Umstand auf, dass sie
nicht so leidenschaftliche Raucher sind, wie die übrigen Luzonier, sie
geniessen lieber den Tabak in der Weise, dass sie die Cigarren mit dem
Buyo zusammen kauen (Jagor, Reisen 127), obwohl ausserdem noch genug
geraucht wird. Über ihre Bräuche bei Geburten &c., ihren Aberglauben
ist mir Nichts bekannt. Dr. Jagor (Reisen 130) erwähnt, dass die
ersten Excremente eines neugeborenen Kindes unter dem Namen Triaca --
aus Theriacum -- als Universalmittel gegen Schlangen- und Hundebiss
angesehen werden. Von ihren Gespenstern sei der Calapitnan, der Herr
der Fledermäuse, erwähnt, der in der prachtvollen Tropfsteinhöhle
bei Libmanan (Camarínes Norte) seinen Sitz aufgeschlagen hat (Jagor,
Reisen 138). Obwohl seit drei Jahrhunderten Christen, sind sie nicht
nur sehr abergläubisch, sondern auch lau in der Beobachtung der
kirchlichen Vorschriften (Cavada a. v. St.).

Ihre nicht grosse Industrie befasst sich meist nur mit feinen Webwaaren
und Stickereien (Scheidnagel 24), die Sinamay- und Nipis-Zeuge von
Camarínes rangiren an Güte unmittelbar nach denen von Ilócos Diaz
(Arenas 291).

Vicol-Heiden. Ausser den christlichen und civilisirten Vicols wohnen
in den Provinzen Camarínes Norte y Sur und Albay auch noch hie und
da in den Gebirgswildnissen zerstreut Horden von heidnischen halb-
oder ganz-"wilden" Vicol-Malaien, welche von den Spaniern fälschlich
Igorroten (neben "Cimarrones") genannt werden. Sie sind allem Anscheine
nach Abkömmlinge jener Malaien, welche in den Zeiten der Conquista vor
dem spanischen Joche in die ungangbaren Bergwälder flohen und dann auch
späterhin durch dem Steuerdruck sich entziehende Vicols, also durch
"Remontados" frischen Nachschub erhielten. Waren doch die faulen Vicols
stets geneigt, den lästigen Frohnden und der strengen Kirchendisciplin
sich durch die Flucht in die Gebirgswälder zu entziehen, wir wissen ja,
dass in der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts das Innere der Insel
Masbate eine dichte Bevölkerung von solchen Flüchtlingen, die selbst
von Luzon aus dort ihr Asyl gesucht hatten, besass (Fray Juan de la
Concepcion VIII, 142). Selbst heute noch kommt dieses "remontarse"
(sich in die Berge flüchten) häufig vor, die kleinen unbewohnten
Inseln an der Küste von Camarínes Norte beherbergen oft zahlreiche
solche Flüchtlinge--"los marítimos" genannt (Cavada II, 447)--, bis
der Hunger oder der Arm der Behörde sie wieder zur Rückkehr in die
Heimath zwingt. In den ersten Jahrhunderten der spanischen Herrschaft,
beständig wie ein Wild gehetzt, sanken sie zu nomadisirenden Horden
herab, die keine feste Niederlassung besassen, und in dieser Periode
ihrer Entwickelung scheinen sie mit den ein ähnliches Leben führenden
Negritos engere Beziehungen angeknüpft zu haben, wenigstens weist Jagor
(Reisen 106) bei den Heiden von Isaróg nach, dass sie Mischlinge von
Vicol-Malaien und Negritos wären.

Solche Vicol-Heiden leben um die Vulcane Isaróg, Iriga, um Buhi,
um den Vulcan Mazaraga, in der Cordillere von Caramuan, in der Nähe
der Orte Libog und Tabaco. Aus dem Jahre 1848 liegt uns bei Diaz
Arenas sogar eine Schätzung der Zahl dieser Heiden, und zwar jener
der Provinz Camarínes Norte vor; darnach gab es dort in jenem Jahre:
3703 die Oberhoheit der spanischen Krone anerkennende "Infieles",
8000 Cimarrones del Isaróg, 500 Cimarrones del Iriga, 300 Cimarrones de
Buhi und 4000 Cimarrones der Cordillere von Caramuan. Die Zahlenangabe
bezüglich der Heiden vom Isaróg ist offenbar ein Druckfehler, die
Zahl scheint mir zu hochgegriffen zu sein. Ich will nun die einzelnen
Horden näher in Betrachtung ziehen.

Da mir über die Heiden der Cordillere von Caramuan nichts Näheres
bekannt ist, so gehe ich sofort zu den Heiden vom Isaróg über. Diese
wohnen bei dem genannten Vulcane in der Nähe der Pueblos Goa,
Pili, Lagonoy, Bula, Quipayo &c. Sie sind zahlreich, in den drei
Rancherías von Mahaluas (Magarao?), Siano und Paltoc sollen allein
2000(?) leben (Cavada I, 213). Nach Jagor (Reisen 163 u. 168) ist
ihre Zahl durch Kämpfe mit den spanischen Finanzwachsoldaten und
durch Fehden untereinander im Abnehmen begriffen. Jetzt haben die
Kämpfe mit den Spaniern aufgehört, indem diese den Heiden den Ertrag
ihrer Tabakfelder abkaufen (l. c. 164), und andererseits durch die
liebenswürdige und hochherzige Verwendung des Dr. F. Jagor ihnen
von der spanischen Regierung eine Anzahl von Begünstigungen zu
Theil wurden. Jagor (l. c. 162) erwähnt von ihnen: "Sie sind es,
die nach dem Urtheil des Pfarrers von Camarínes die Vicol-Sprache am
reinsten sprechen. Ihre Sitten und Gebräuche sind in vielen Punkten
denen, welche die Spanier bei ihrer Ankunft vorfanden, sehr ähnlich,
andererseits erinnern sie vielfach an diejenigen, welche noch heute
bei den Dayaks herrschen". An letztere erinnert auch die freilich
im Erlöschen begriffene Sitte, den, wenn auch natürlichen Tod eines
Verwandten, durch die Ermordung des ersten besten Fremden zu rächen
(l. c. 171), da aber dem Ermordeten der Kopf nicht abgeschlagen wird,
so ist diess eher auf ein Herübernehmen des ähnlichen Negritobrauches
zurückzuführen, denn die Heiden vom Iriga beweisen durch eine leichte
Kräuselung ihres Haares (l. c. 170), dass auch Negritoblut in ihren
Adern rollt. Einen Schädel, der von einem erschlagenen Heiden vom
Isaróg herrührte, erklärte Prof. Virchow in gewissen Beziehungen
ähnlich mit den Malaien-Schädeln von den Sunda-Inseln, noch mehr aber
mit Dayak-Schädeln (Jagor 169 u. 92). Die in der Nähe von Quipayo
hausenden Isaróg-Heiden haben keine festen Niederlassungen, sondern
schweifen wie die Negritos unablässig herum (Cavada I, 213), die
anderen aber besitzen Hütten, welche hie und da vereinzelt im Walde
stehen (Cavada I, 213 u. 221), nur diejenigen, welche der spanischen
Regierung unterthan geworden, wurden gezwungen, in kleinen Weilern,
deren Hütten aber auch weit auseinanderliegen, zu wohnen (Jagor,
Reisen 163). Den Zugang zu ihren Hütten schützen sie durch Fussangeln
oder Fusslanzen, welche mit Blättern und Reisig geschickt verdeckt
sind (l. c. 166). In der Gestalt und Bauart unterscheiden sich ihre
Hütten in Nichts von denen armer Vicol-Christen (l. c. 167). Sie
bauen Bataten, Caladium, Mais, Zuckerrohr, Tabak (Jagor, Reisen 167;
Cavada I, 213), und jene, welche in den oben erwähnten Rancherías
Mahaluas, Siano und Paltoc leben, selbst Cacao, Abacá, Camote
(Cavada, l. c.). Hausthiere sind Hunde, Katzen und Hühner (Jagor I,
168). Bei jenen Isaróg-Heiden, welche Dr. Jagor kennen lernte, waren
die Weiber decent, wie christliche Indierinnen gekleidet (Jagor,
Reisen 167), wogegen in jenen drei Rancherías die Weiber ebenso
wie die Männer nur einen Lendenschurz tragen (Cavada I, 213). Ihre
Waffen sind Pfeile, Lanzen, runde hölzerne Schilde am Rande mit
Rotang beflochten und das Campilan-Waldmesser (Jagor, Reisen 169;
Cavada, l. c.). Die Pfeile sind vergiftet (Cavada, l. c.). Während
einige Horden die Christen durch Räuberüberfälle belästigen (Cavada I,
212), ist die Mehrzahl der Isaróg-Heiden mit denselben in freundlichem
Verkehr, denen sie ihre Bodenproducte, ferner Honig, Wachs und Harze
verkaufen (Jagor, Reisen 168; Cavada I, 213). Sie leben gewöhnlich
nur mit einer Frau, obwohl Polygamie gestattet ist; die Frau wird
um den Durchschnittspreis von 10 Waldmessern und 10 bis 12 Dollars
baar gekauft (Jagor, Reisen 171). Der Vater der Braut veranstaltet
einen Schmaus, bei dem grosse Mengen Palmwein vertilgt werden (Jagor,
Reisen 172). Ihre musikalischen Instrumente sind Laute, Guitarre nach
spanischem Muster und Maultrommeln aus Bambusrohr (Jagor, Reisen 167).

Die Heiden vom Iriga sind dunkelbraune Mischlinge von Negritos und
Indiern, obwohl nur einige krauses Haar besitzen (Jagor, Reisen
106). Ihre Hütten sind bequem gebaut (Jagor, l. c.) und mit einem
Hausgeräthe versehen, welches aus Cocosnussschalen, Bambusgeräthe,
irdenen Töpfen und Waffen besteht (Jagor, l. c. 107). Die Tracht der
Männer beschränkt sich nur auf ein Schamband, während die Weiber
einen Schurz tragen, der den Unterleib und die Oberschenkel, von
der Hüfte bis zu den Knieen, deckt (Jagor, l. c.). Sie bauen einige
Knollengewächse und etwas Zuckerrohr an (Jagor 106). Zur Jagd auf
die Wildschweine dienen vergiftete Pfeile (Jagor 107), deren Gift
aus zwei unbekannten Baumrinden bereitet wird. Das fertige Gift hat
die Consistenz einer zähen Salbe. Für einen Pfeil braucht man nur
ein haselnussgrosses Stück, worauf der vergiftete Pfeil mit seiner
Wirkung für viele Schüsse ausreicht (Jagor 112). Mit den Christen
unterhalten sie Handel und Verkehr.

Die Heiden, welche beim Vulcane Mazaraga in einigen verstreuten Hütten
wohnen, sind freundliche Leute (Jagor, Reisen 178). Dasselbe gilt für
jene Horden, welche bei Libol und Tabaco in der Provinz Albay wohnen,
sie stehen mit den Christen in Verbindung, ja einige lassen sogar
ihre Kinder taufen (Cavada I, 221). Nach der Nummer 877 des "Comercio"
(Manila, den 16. Aug. 1881) sind in jüngster Zeit in der "La Rinconada"
(Provinz Camarínes Sur) neue Pueblos solcher "monteses" von der
Colonial-Regierung gegründet worden. Die Ausbreitung der spanischen
Herrschaft unter diesen Heiden scheint also Fortschritte zu machen.



34. Manguianen (Manguianes).

Unter dem Namen Manguianen sind die halbwilden Malaien-Stämme zu
verstehen, welche das Innere der grossen Insel Mindoro und (nach
Cavada II, 127) auch die Gebirgswildnisse der Inseln Romblon und Tablas
bewohnen. Ob sie ein eigener Zweig der philippinischen Malaien sind,
lässt sich nach den zwar zahlreichen, aber dürftigen und sich vielfach
widersprechenden Notizen, die uns von diesen Wilden Nachricht geben,
gar nicht entscheiden. Das eine aber scheint mir sicher zu stehen,
dass sie mit den Tagalen Nichts gemein haben und wohl eher als
ein besonderer Zweig der Visayer aufgefasst werden könnten, aber
eben nur könnten. Es könnte leicht sein, ihre Existenz auf ähnliche
Weise zu deuten, wie diess bei den Vicol-Heiden geschehen ist. Der
Ansicht, die in Waitz V, 61, entwickelt wird, wonach die Manguianen
"wenige, den Angriffen der Piraten [30] entgangene Flüchtlinge sind,
die von den Urbewohnern (welchen?) des Centralgebirges verschieden
zu sein scheinen", kann ich unmöglich beipflichten, wie Jeder, der
die Geschichte der Philippinen vom Beginn der spanischen Occupation
an genau studirt hat. Nach der Allgem. Historie XI, 393, wären sie
eine Bastardrasse von Negritos und (Visayer-?) Malaien, was also
den Ursprung dieser Manguianen auf ähnliche Weise erklären würde,
wie jenen der Vicol-Heiden. Die Manguianen waren seiner Zeit in der
gelehrten Welt sehr genannt, indem Careri (p. 42) von ihnen nach
den Berichten der Jesuiten erzählte, sie hätten vier bis fünf Zoll
lange Schwänze. Gemelli-Careri berichtet überhaupt von ihnen, dass
sie bis auf eine dürftige Bedeckung der Schamtheile nackt gingen,
und ihre Wohnungen nach der Jahreszeit veränderten, weil sie sich
blos von wildwachsenden Früchten nährten. Den Christen verkauften
sie Wachs, wofür sie Nägel, Messer, Nadeln und Zeug erhielten. Es
ist diess ein Bild, das, auch auf Negritos angewendet, vollkommen
treffend wäre, und dennoch ersieht man, dass Careri sie scharf von
den Negritos zu trennen weiss. Auch Fray Juan de la Concepcion VII,
11, spricht von ihrer starken Zahl, welche in der jüngsten Zeit auf
30 000 Köpfe veranschlagt wird (Cavada II, 37). Im Äusseren sollen
die Manguianen den (eigentlichen?) Malaien ähnlich sein (Waitz V,
100, nach Journal III, 758).

Die Manguianen von Mindoro zerfallen wieder in kleinere Stämme,
welche die Namen Buquit, Tadiaban, Bungon &c. führen. Einige dieser
Stämme stehen in friedlichem Verkehre mit den Christen, andere aber,
besonders jene tief im Innern des Landes, fliehen vor jeder Berührung
mit den christlichen Küstenbewohnern (Cavada II, 37). Die Manguianen
von Romblon lieben ein herumschweifendes und müssiges Leben und
rauben den Christen Vieh (Cavada II, 127). Die Manguianen von Mindoro
bestatten noch jetzt, wie alle philippinischen Malaien in den Tagen
ihrer Unabhängigkeit, ihre Todten in Höhlen, am bekanntesten ist als
solche Grabstätte eine grosse Höhle an der Ostküste der Insel (Semper,
Erdk. XIII, 95).



35. Mundos.

Die Mundos sind wilde Bergvölker auf Cebú (Mozo 134) und Panay (Mozo,
l. c. u. Hügel 367). Nach Hügel (l. c.) gleichen sie den Igorroten in
"Allem", was aber nach den genaueren Nachrichten Mozo's nicht wahr
ist, denn nach diesen theilen sie die Sitten und Bräuche der Tagalen
und Visayer, und Hügel hat jenes "in Allem" wohl nur den Manilesen
nachgesagt, die alle wilden Heiden "Igorrotes" tituliren, denn Panay
hat Baron Hügel nicht besucht.

Sie glauben an den Patianac, der uns schon von den Tagalen her
bekannt ist, ihm schreiben sie es zu, wenn sie auf einem Pfade sich
verirren. In diesem Falle entledigen sie sich ihres ohnediess nur
dürftigen Anzugs, denn der Patianac flieht vor den Nackten, und so
können sie auf diese Weise den verlorenen Weg wiederfinden (Mozo
137). Um Diebe zu entdecken oder verlorene Sachen wiederzufinden,
bedienen sie sich gewisser Zauberformeln, welche sie Bilao nennen
(l. c.). Sie halten überhaupt viel auf Zauberei, weshalb unter ihnen
auch zahlreiche Zauberer wohnen, welche sich in Crocodile oder andere
Thiere verwandeln können und dann den Menschen viel Unheil zufügen
(Mozo 135). Sie glauben an Behexung, "Gavay" genannt, von der man sich
durch besondere Ceremonien, welche Mozo (Misiones 136) beschreibt,
wieder befreien oder enthexen kann. Die Christen haben deshalb eine
grosse Scheu vor diesen Wilden und wollen ihre Niederlassung in ihren
Dörfern nicht dulden. Sie leiden sehr an Magenkrankheiten, "Bungsol"
genannt (Mozo 136).

Die Zahl der Mundos ist eine beträchtliche; 1848 zählte man nach Diaz
Arenas allein in der Provinz Ilo-ilo (Insel Panay) 5000 Mundos. Nach
eben demselben Autor leben unter ihnen viele Remontados. Es ist
überhaupt noch fraglich, ob die Mundos ein selbständiger eigenartiger
Stamm sind, ich vermuthe nach ihren abergläubischen Bräuchen, dass
sie Visayer im Stadium der Vicol-Heiden vom Isaróg, Iriga, Caramuan
&c. sind. Sie scheinen von Remontados und Negritos abzustammen (man
vgl. Buzeta II, 103).



36. Carolanen (Carolanos).

Der Name dieses Stammes wird nur von Diaz Arenas erwähnt, nach
welchem sie 1848 auf der Insel Negros in der Kopfzahl von 2322 in
dem Gebirgszuge lebten, der sich von der Hauptstadt gegen Cauayan
hin ausdehnt. Wahrscheinlich ist diess nur ein besonderer Name für
einige Horden von Visayer-Heiden.



37. Visayer (Visayas) [31].

Die Visayer bewohnen alle jene Inseln, welche südlich von Luzon,
Masbato, Burías, Ticao und Mindoro und nördlich von Borneo, Sulu
und Mindanao liegen. Auf letzterer Insel wird von ihnen auch die
ganze Nord- und Ostküste bewohnt, jedoch streng genommen nur an der
Küste. Im südlichen Theile von Palawan (Paragua der Spanier) scheinen
andere Malaien bereits zu wohnen.

Die Visayer-Sprache zerfällt in die Dialekte von Cebú, dem
eigentlichen Visayer-Dialekt und jenem, der auf der Gruppe der
Calamianen und Cuyos-Inseln gesprochen wird. Eine Unterabtheilung
des Visayer-Dialektes sollen wieder der Dialekt von Süd-Panay, das
Panayano, ferner der Dialekt von Capiz sein, doch widersprechen sich da
die Nachrichten, und da ich der Visayer-Sprache unkundig, so will ich
darüber hinweggehen. Nach ihren Sitten und Bräuchen zerfallen sie in
die eigentlichen Visayer, in die Caragas und Calamianen incl. Coyuvos.

a) Visayer im engeren Sinne des Wortes. Diese bewohnen die Inseln
Panay, Romblon, Tablas, Masbate (sporadisch neben den Vicols), Negros,
Cebú, Bóhol, Sámar, Leyte, den Surigao-Archipel und die Landschaft
Dapitan der Provinz Misámis auf der Nordküste von Mindanao. Auf dem
übrigen Theil der Nordküste von Mindanao (Misámis, Iligan, Cagayán und
Butnan) wohnen zwar auch Visayer, aber sie sind mit den eingeborenen
Stämmen sehr stark vermischt, doch bleibt ihre Sprache dort die
herrschende. Am Meerbusen von Davao sind viele Visayer angesiedelt,
welche die Spanier seit dem Jahre 1848, wo sie jenes Land occupirten,
dorthin gebracht haben. Die Visayer sind nicht so weit im Archipel
verstreut, wie die intelligenteren Tagalen, doch finden sich welche,
meist Fischer, selbst auf den Babuyanen, besonders auf Camiguin [32]
(Mas, pobl. 42). Die Visayer der Küstendistricte sind alle Christen
und civilisirt, im Innern dieser Inseln leben sie aber als halbwilde
Heiden, welche von jenen Visayern abstammen, die sich den Spaniern
nicht unterwerfen wollten, und welche durch Remontados immer neuen
Zuschuss erhielten und zum Theil noch erhalten. Ich werde zunächst
mich mit den Christen befassen.

Die Visayer waren zur Zeit der Conquista bereits ein civilisirtes Volk,
das, entgegen den Ansichten der modernen spanischen Schriftsteller,
welche ohne auf die ursprünglichen Quellenwerke zurückzugehen, über die
Geschichte der Philippinen Essays schreiben, einen noch höheren Grad
von Cultur besass als die Tagalen. Borneo, Mindanao und den Molukken
näher gelegen als die Tagalen, standen sie auch mit diesen Ländern
in regerer Verbindung, und diese mag auch die Ursache sein, dass ihr
Typus dem der eigentlichen Malaien sich mehr nähert, als jenem der
Tagalen. Im XVI. und XVII. Jahrhundert wurden sie von den Spaniern
Pintados genannt, weil sie ihren Körper zu bemalen pflegten. Sie
nahmen ohne besondere Schwierigkeiten das Christenthum an und halfen
mit ihren Kriegern den Spaniern die Tagalen unterjochen.

Ihre Hütten sind nach demselben Modell gebaut, wie jene der
Tagalen, dagegen unterscheiden sie sich von letzteren durch Tracht
und Gewandung. Während die Tagalen das Haar verschneiden, lassen
auch die Männer bei den Visayern das Haar lang wachsen (Buzeta I,
242). Die Frauen tragen keinen Tapis, sondern nur die aus grobem
aber durchscheinenden Guinara-Zeug verfertigte Saya und die kaum
die Brüste bedeckende Camisa (Jagor, Reisen 188). Um das Haar
schlingen die Frauen ein Stück Zeug (Buzeta, l. c.). Sie bauen
alle Getreidesorten und Culturpflanzen, die auf Luzon cultivirt
werden, Reis insbesondere auf Panay, Zucker auf Cebú, Bóhol, Negros,
vorzüglichen Cacao auf Cebú, Tabak auf Cebú und Bóhol, Mais auf Cebú,
Abacá auf Leyte, Kaffee in der Provinz Misámis auf Mindanao. Viel
stärker als auf Luzon wird auch rother Pfeffer cultivirt, da die
Visayer damit alle ihre Speisen, besonders aber die Morisqueta, stark
würzen (Buzeta I, 33). Cocospflanzungen sind überall, Viehzucht wird
lässig betrieben. Sie sind noch eifrigere Fischer als die Tagalen,
der Fang von Trepang ("Balate"), der hier häufigeren Manatis und
Schildkröten liefert ihnen reichen Gewinn, desgleichen das Suchen
der Schwalbennester (Buzeta, Mas, Semper, Cañamaque, Cavada a. v. St.).

Von den Tagalen unterscheiden sie sich unangenehm durch ihre
Unreinlichkeit (Jagor 188) und durch ihre Trunksucht (Cavada
a. v. St.). Ihre alte Religion glich in vielen Punkten jener
der Tagalen, auch sie kannten den Ahnencultus, nur wurden die
Nonos und Anitos der Tagalen und Nord-Luzonier hier Diuatas
oder Divatas genannt. Sie besassen Idole, Liche oder Laravan mit
Namen. Ihre Priesterinnen hiessen Babaylanas, neben diesen waren
auch Priester. Selbst unter den Christen erhielt sich der alte Glaube
insgeheim, 1797 noch entdeckten die Mönche in dem seit der Conquista
christlichen Pueblo Sibalon auf Panay (Provinz Antique) 180 Babaylanas
(Buzeta I, 300). Selbst unter den Cabezas de Barangay auf Sámar gab
es 1648 heimliche heidnische Priester (Tanner III, 544). Auch bei
den Visayern war das Schwein das bevorzugte Opferthier.

In den Zeiten der Conquista herrschte bei den Visayern die
Polygamie. Das Christenthum beseitigte diese, nicht aber die
grenzenlose Unsittlichkeit und Unzucht, über welche alle älteren
Schriftsteller schauderhafte Details berichten (man vgl. vorzüglich:
Morga-Stanley 304 und Carletti 148). Auch heute ist Ehebruch ungemein
häufig, um so mehr, als die Gatten keine Eifersucht kennen, und wie in
den Zeiten der Conquista, geben sich die Frauen viel leichter preis
und sind auch viel geiler als die Mädchen (Jagor, Reisen 236). Der
Freier dient, ähnlich wie bei den Tagalen es vordem häufiger üblich
war, 2-5 Jahre dem Vater seiner Braut umsonst, ehe er diese als Gattin
heimführt (Jagor 235). Francisco Cañamaque (Fil. 186 f.) beschreibt
die Brautwerbung wie folgt: Der Freier geht mit einem angesehenen
Manne seines Dorfes zu den Eltern seiner Auserwählten, und beide
fragen letztere, ob sie zur Eheschliessung geneigt ist, worauf sie mit
Ja antwortet. Das Herkommen erfordert es, dass die Braut hierbei des
Leides gedenkt, das ihr die durch die Ehe nöthig werdende Trennung von
den Eltern verursachen müsste. Die letzteren pflegen, selbst wenn sie
wohlhabend sind, dem Freier zu erklären, sich wohl Alles zu erwägen,
denn ihre Tochter habe kein Vermögen, besitze keine Kenntnisse und
sei überdiess recht albern. Der Freier und sein Genosse wiederholen
aber die Werbung immer von Neuem, bis der Vater einwilligt. Ist diess
geschehen, so fangen die vor der Thüre versammelten Freunde des Freiers
an, Raketen steigen zu lassen und Musikinstrumente zu bearbeiten,
andere gehen in das Haus hinein, überreichen süsse Bäckereien, Tabak,
Buyo &c. Nach der kirchlichen Trauung durcheilt die junge Frau,
begleitet von Freundinnen, die Gassen des Dorfes, um alle Verwandten
und Freunde zu einer Chocoladegesellschaft (mit Tanz und Gesang)
einzuladen. Wenn die Jungfräulichkeit der soeben Getrauten über allem
Zweifel erhaben ist, so tanzen die beiden Gatten zusammen einen Tanz,
worauf die geladenen männlichen Gäste eine grosse Anzahl von Töpfen
und Schüsseln, welche aber noch nie gebraucht worden sind, zu den
Füssen des Paares zerbrechen und hinwerfen. Bei dem Hochzeitsmale
essen zuerst die Frauen, nach diesen die geladenen Männer und dann
erst die zum Hause Gehörigen, wobei die Sitte erfordert, dass jedes
Mal ganz neue Gerichte auf den Tisch oder, richtiger gesagt, auf die
über den Boden gelegte Matte, aufgetragen werden, selbst wenn grosse
Speisequantitäten von der vorhergehenden Tafel übrig sind. -- Die Ehen
sind sehr fruchtbar, man zählt oft 12 bis 13 Kinder in einer Ehe, doch
ist dafür auch die Kindersterblichkeit eine grosse (Jagor, Reisen 236).

In ihren sonstigen Bräuchen und Sitten weichen sie nicht sehr
von den Tagalen ab. Ihre Todten begruben sie in den Zeiten ihrer
Unabhängigkeit, ähnlich wie die Igorroten, in Höhlen, das hat
natürlich unter dem Christenthum aufhören müssen. Wie die Tagalen
feiern auch die Visayer ein neuntägiges Todtenfest, das am letzten
Tage in einer eigenthümlichen Weise seinen Abschluss findet. Der
beste Theil des Hauses wird schwarz ausgeschlagen und eine Art
Thronhimmel in demselben errichtet, auf dessen Hintergrund 10 bis 12
Todtenköpfe gemalt oder solche aus Papier ausgeschnittene befestigt
werden. Dann wird unter diesem Thronhimmel ein Katafalk aufgerichtet,
der mit allen Heiligenbildern, die die Verwandtschaft der verstorbenen
Personen auftreiben kann, beklebt wird. Um 8 Uhr Abends halten dann
die Hinterbliebenen das letzte Gebet für den Verstorbenen ab, was eine
halbe Stunde in Anspruch nimmt, worauf das Haus für alle Eintretenden
geöffnet wird. Speisen und Getränke stehen Jedem in reichlicher Fülle
zur Verfügung. Ist der Magen der Anwesenden befriedigt, so werden
von den Anwesenden improvisirte Coplas gesungen, deren Inhalt mit dem
Todesfalle in gar keinem Zusammenhange steht, sondern sich meist um
Schlachten oder fröhliche Dinge dreht. Diese Coplas werden nach einer
durch eigenthümliche Regeln geordneten Weise, ähnlich wie bei dem
deutschen Pfänderspiel "zusammengesetzte Hauptwörter", von Burschen
und Mädchen gesungen, welche als Theilnehmer dieses Spieles bellacos
und bellacas [33] heissen, der Anführer des Chors heisst: Dueño de Jato
[34] und das Spiel selbst Duplo [35] (Cañamaque, Fil. 180-185).

Ihre Industrie beschränkt sich hauptsächlich auf Herstellung von
groben Sinamay- und Nipis-Zeugen (Diaz Arenas 291). Einen besonderen
Ruf geniessen die wunderbar feinen Piña-Gewebe, bei deren Herstellung
Fenster und Thüren fest verschlossen bleiben müssen, da der geringste
Luftzug hinreicht, die zarten Fäden zu zerreissen (Buzeta I, 211). Die
Ausfuhr von Geweben aus Ananasfasern wird denn auch in dem einzigen
Hafen Ilo-ilo allein auf 1 000 000 Dollar geschätzt (Jagor 241). Die
beste und feinste Piña wird in Antique gearbeitet (Scheidnagel
127). Durch Gährung wird aus den Cocosnüssen ein stinkendes Öl mit
Namen aceite de caracoas oder mabajon lañgis bereitet (Buzeta I,
31), welches in grossen Massen ausgeführt wird. Bei der Ölgewinnung
geht man sehr nachlässig vor (Jagor, Reisen 214). Sonst sind noch als
Exportartikel der Visayer-Industrie Stöcke und Messergriffe aus Horn
erwähnenswerth (Scheidnagel 128).

Das Innere aller der von Visayern bewohnten Inseln ist von "wilden"
Visayern, "Infieles, Montesinos, Cimarrones" der Spanier bewohnt. Diese
stammen sämmtlich von Flüchtlingen ab, welche vor dem Christenthum
und der spanischen Herrschaft in die Wälder flohen. Sie sind meist
gutmüthiger Natur und beginnen allmählich, ihren Nacken unter das
spanische Joch zu beugen, obwohl trotzdem noch Jahrzehnte verfliessen
werden, ehe die Spanier Herren der Binnenlandschaften der Inseln
werden, deren Küstensaum sie beherrschen.

b) Calamianen. Die Calamianen bewohnen den gleichnamigen Archipel
und den nördlichen Theil von Palawan oder Paragua, die von ihnen fast
gar nicht verschiedenen Coyuvos die kleine Inselgruppe von Cuyo. Die
sogenannten Agutainos bilden die nördliche Hälfte der Coyuvos. Die
Calamianen sind dunkler gefärbt als die übrigen Visayer und haben etwas
krauses Haar (Waitz V, 98; nach Mallat I, 335 und Crawfurd), was auf
eine Beimischung von Negritoblut hindeuten würde. Ihre Gesichtszüge
sollen einen wilden Ausdruck besitzen (Bastian V, 274). Sie bauen
Reis, Cacao, Kaffee, Baumwolle und Pfeffer, aber Alles in so geringen
Quantitäten, dass nicht einmal der heimische Bedarf damit gedeckt wird
(Buzeta I, 452). Desto eifriger wird Fischfang getrieben (Cavada II,
21; Scheidnagel 45), besonders aber die Balate- oder Trepangfischerei;
die Calamianen sind auch die eifrigsten und gewandtesten Sucher
der essbaren Schwalbennester, weshalb ihre Länder als der Hauptsitz
des Schwalbennesterhandels anzusehen sind (Buzeta I, 41; Cavada II,
21). Der Handel mit dem von den Wilden aus dem Gebirge eingetauschten
Wachs und Honig wird eifrig betrieben. Sie werden als abergläubisch,
indolent und faul geschildert, das "Remontarse" ist unter ihnen
besonders häufig (Cavada, l. c.). Industrie existirt kaum dem Namen
nach und beschränkt sich nur auf weibliche Webearbeiten.

c) Caragas. Die Caragas bewohnen die Ostküste von Mindanao vom Cap
Surigao bis zum Cap S. Augustin. Sie gehören zu dem kriegerischsten
Stamme der Visayer, ihre wilde Tapferkeit machten sich die Spanier
in jenen grossen Kriegen zu nutze, welche sie im XVII. Jahrhundert
gegen die Holländer und die Sultane von Buhayan, Mindanao und Sulu
führten. Von ihrem kriegerischen Wesen zeugt die noch zu Ende
des XVII. Jahrhunderts übliche Sitte, dass wer von ihnen sieben
Menschen getödtet hatte, das Recht erhielt, einen rothen Turban
zu tragen. Dieser Turban führte den Namen Bajacho. Natürlich hat
diese Sitte seit lange bereits aufgehört. Die heutigen Caragas,
seit drei Jahrhunderten Christen, unterscheiden sich jetzt wenig
von den übrigen Visayern. Ihr Hauptnahrungszweig ist die Fischerei,
dann erst der Reisbau; Industrie gering.



38. Manobos.

Die Manobos sind ein in fast allen Theilen der Insel Mindanao
wohnhafter heidnischer Stamm. Ihre Wohnsitze sind die Bergwildnisse
südlich von Dapitan (Cavada II, 197), dann durch christliche
Visayer-Niederlassungen vom Meere getrennt in den Bergen südlich von
Iligan, Cagayán (de Mindanao), Butuan und in den Thälern, welche die
bei den letztgenannten Städtchen mündenden Flüsse in ihrem Laufe bilden
(Semper, Skizzen a. v. St.; Cavada a. v. St.). Im Süden reichen sie bis
zu dem Meerbusen von Davao (Cavada II, 221, 222), wo sie hauptsächlich
am östlichen Gestade wohnen, während am linken sich nur einzelne
Niederlassungen finden. Sie reichen im Westen bis in die Nähe von
Cotta bató (Jagor 44; Cañamaque 43). Doch muss man bei diesen Angaben,
soweit sie nicht, wie von Semper als Augenzeugen, sichergestellt sind,
sich sehr reservirt verhalten, denn Manobos (Varianten: Manabos,
Manobas) ist in Mindanao zu einem Collectivnamen für heidnische
Bergstämme geworden [36]) (Waitz V, 56; D. Claudio Montero y Gay,
in dem Bol. de la Sociedad geográfica de Madrid I, n. 4, p. 322).

Die Manobos erinnern in ihrem äusseren Habitus etwas an Chinesen
(Semper, Skizzen 59). Sie leben in ganz kleinen Horden, welche
gewöhnlich nur aus dem Häuptling -- Bagani genannt -- und den Brüdern
seiner Frauen sich zusammensetzen (l. c. 60). Ihre Hütten stehen
auf hohen Pfählen (l. c.), ebenso die Scheunen und Vorrathshäuser,
welche mitten in den Feldern stehen (l. c. 61). Die Manobos im
Norden treiben Ackerbau, und zwar sind Gegenstände desselben Tabak,
Mais, Camote und insbesondere Reis, welch' letzteren sie in solcher
Fülle ernten, dass sie im Stande sind, ganze Bootsladungen an die
christliche Küstenbevölkerung zu verkaufen (l. c. 60). Ausserdem
obliegen sie dem Dalag-Fischfang mittelst Fischreusen und Netzen
(l. c. 47). Die Manobos, welche am Meerbusen von Davao wohnen,
scheinen keinen Ackerbau zu treiben, sondern sich nur vom Fischfange
und Wurzeln, ja im Nothfalle selbst von ekelhaften Reptilien zu
nähren (Cavada II, 223). Die ackerbauenden Manobos sind deshalb
nicht sesshaft; sobald ihr nie gedüngter Ackerboden erschöpft ist,
verlassen sie ihre Niederlassung und gründen sich an einer anderen
günstigen Stelle ein neues Heim (Semper, Skizzen 62). Sie leben in
Polygamie, doch gilt nur eine Frau als die legitime, der die anderen
zu gehorchen haben (l. c. 60). Jede Frau hat eine Hütte für sich, in
welcher sie mit ihren Kindern und den ihr zugewiesenen Sclaven lebt
(l. c.). Da die Feldarbeit nur auf den Schultern der Frauen, Kinder
und Sclaven ruht, so besteht in der grösseren Zahl derselben auch
der grössere Reichthum des Mannes (l. c.). Ihre Waffen sind Lanzen,
Schilde, Dolche und Schwerter (Semper, Skizzen 62), die Manobos von
Davao wissen auch meisterhaft Bogen und Pfeil zu gebrauchen (Cavada
II, 223). Ihre Religion und die Sucht, Sclaven zu erwerben, reizt
sie zu beständigen Kriegen und Fehden. Sie haben einen ähnlichen
Ahnencultus wie die übrigen Malaien Luzons und der Philippinen
(Semper 61), überdiess kennen sie noch andere Götter. "So halten
sie den Donner für die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt
eines abenteuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde
niederfährt und in die Bäume einschlägt, so soll das Thier, nach ihrer
Meinung, mitunter einen seiner Zähne darin stecken lassen" (Semper,
Skizzen 61). Der Caiman wird von ihnen heilig gehalten (l. c.), welche
Verehrung dieses Thier einst auch von den heidnischen Tagalen genoss
(Mas, hist. I, 15). Bezeichnend ist der Name Diuata (Semper, Skizzen
62), der einem ihrer Götter zukommt, es ist dieses Wort gleichlautend
mit der Ahnen-Benennung der Visayer. Der Diuata ist der Gott der
Erntefeste, man erinnere sich an die religiösen Festlichkeiten,
welche die Igorroten zur Erntezeit den Anitos darbringen. Dem Diuata
werden Schweine geopfert und, wie bei den Igorroten, an das Opfer eine
grosse Schmauserei geknüpft (Mas, pobl. 29). Hochverehrt wird auch
der Kriegsgott Tagbusau (Semper 62). Nach beendigter Ernte ziehen
die Manobos, wenn die eingeholten Auspicien glückverheissend sind,
auf den Kriegspfad. Der Bagani, der als Priester des Tagbusau auch
"dessen Talisman" mitträgt, sucht mit seinen Leuten den Feind
im Morgenschlummer zu überrumpeln oder hinterrücks im Walde zu
überfallen. Alle Erwachsenen werden niedergemetzelt, die Weiber und
Kinder aber in die Sclaverei abgeführt (l. c. u. Cavada II, 223). Ihre
Bestialität äussert sich sogar in einer Art von Cannibalismus:
"Ist der Feind glücklich niedergeworfen und getödtet, so zieht er
(der Bagani) ein heiliges, nur diesem Dienste geweihtes Schwert,
öffnet der Leiche die Brust und taucht die Talismane des Gottes, die
ihm um den Hals hängen, in das rauchende Blut ein. Dann reisst er das
Herz oder die Leber heraus, und verzehrt ein Stück davon als Zeichen,
dass er nun seine Rache an dem Feinde befriedigt habe. Dem gemeinen
Volk wird es nie gestattet, Menschenfleisch zu kosten; es ist das
Vorrecht aber auch die Pflicht des fürstlichen Priesters" (Semper,
Skizzen 62). Die Schädel der erschlagenen Feinde werden nach Hause
mitgenommen, aber nicht nach der bei den Kopfjägern Luzons üblichen
Sitte aufbewahrt (Semper, l. c.). Einen der Gefangenen pflegen sie nach
glücklich erfolgter Heimkehr gleichsam als Dankopfer dem Tagbusau auf
grausame Weise abzuschlachten (Mas, pobl. 40, Semper, l. c.). Wie bei
den Negritos wird auch hier jeder Todesfall durch einen Mord eines
armen arglosen Wanderers, dem sie im Walde auflauern, wettgemacht
(Mas, pobl. 39). Die Manobos der Provinz Surigao scheinen nicht mehr
so blutdürstiger Natur zu sein (Cavada II, 206). Ihre Kopfzahl bei
Butuan wird auf 10 000 Seelen geschätzt (Jagor, Reisen 322). Mas
(pobl. 14) betrachtet sie als Seitenzweig der Igorroten, wohl nur
mit Bezugnahme auf ihre Kriegslust und Fressgelage.



39. Mamanuas.

Die Mamanuas sind ein Mischlingsvolk von Malaien und Negritos
(Semper, Skizzen 49), der malaiische Typus wird wohl bald überwiegen,
da sie beständig neue eheliche Verbindungen mit Malaien eingehen
(l. c. 136). Sie führen ganz das Leben der Negritos (Semper,
l. c. 53). Ihre Wohnsitze sind zwischen Surigao und der Laguna Maïnit,
ferner nordwestlich von Llangan zu suchen. Ihre Anzahl ist gering.



40. Tagbalays.

Die Tagbalays wohnen nicht weit von der Ostküste Mindanao's, in der
Nähe von Bislig (Waitz V, 51). Ihr Name kommt auch in den Varianten
Tago-Balvoys und Taga-Balooyes vor. Sie sind hellfarbig (Waitz,
l. c.), deshalb aber nicht mit japanischem Blute gemengt. Die
Japano- und Chino-Manie wird mit Bezug auf die Philippinen bald
ähnliche Übertreibungen und voreilige Behauptungen zu Tage fördern,
wie die Kelto-Manie von anno dazumal in Deutschland. Mas (pobl. 14)
bezeichnet sie als "Igorroten", wohl aus ähnlichem Grunde, wie bei
den Manobos. Ob die in der Ilustracion filipina 1860 n. 17, p. 193,
erwähnten Tagabotes mit unseren Tagbalays zu identificiren sind, wage
ich nicht zu entscheiden, da sonst (wenigstens in den mir zugänglichen
Werken) dieser Volksstamm der Tagabotes nirgendswo anders erwähnt wird.



41. Bagobos.

Die Bagobos wohnen in der Quellgegend des Rio de Butuan zwischen
Manobos und Mandayas, dann zwischen dem Vulcane Apo und der Stadt
Davao und bewohnen selbst mehrere Rancherías unmittelbar an der
Küste, darunter Darum oder Daron (Cavada II, 221). Die Bagobos sind
ein friedliches Volk (Cavada II, 206), obgleich sie sonst mit den
Manobos Lebensweise und Waffen gemeinsam haben. Die Bewohner der
Ebenen und Gestade sind rachitisch und kränklich (Cavada II, 223),
was wohl nicht allein auf die Kreuzung mit von den Manobos gekauften
Sclaven zurückzuführen ist, sondern vielleicht auch, dass sie eben
als Bergstamm in den Sumpfniederungen verkümmern. Cavada rühmt ihnen
Mässigkeit im Essen, Reinlichkeit und Vertragstreue nach. Sie sind
ebenso wie die Manobos, Mamanuas und Tagbalays Heiden.



42. Guiangas.

Nach Jagor (Reisen 322) wohnt dieser anderswo nicht genannte heidnische
Stamm in denselben Districten, zwischen Apo und Davao, welche von
den Bagobos bewohnt werden. Der Name dieses Volksstammes erinnert
einigermaassen an den der Manguangas. Sie sind von heller Hautfarbe
(Cavada II, 223).



43. Vilanen.

Die Vilanes oder Bilanes sind ein den obigen ähnlicher Stamm,
gleichfalls heidnischer Religion. Sie wohnen südlich von den Bagobos
zwischen dem Gebirge und dem westlichen Gestade des Meerbusens von
Davao (Jagor, Reisen 322; Cavada II, 220).



44. Tagacaolos.

Die Tagacaolos hausen südlich von den Vilanen, in den westlichen
Gestadelandschaften des Meerbusens von Davao und südlich vom Vulcane
Apo. Tagacaolos wohnen auch als Nachbarn der Mandayas nördlich von der
Balete-Bai. Ihren Namen scheinen sie vom Flusse Tagalaya herzuleiten,
welcher auf jenem Berge entspringt. Ihr Hauptort heisst Malalag (Cavada
II, 221). Sie sind ebenfalls Heiden, obwohl es unter ihnen genug
Mohammedaner giebt, besonders im Süden, welche aber kaum äusserlich
an den Lehren des Korans festhalten. Sie glauben an das Dasein eines
übernatürlichen Wesens, das seinen Sitz auf dem Apo hat. "Diesem Genius
des Guten und Bösen bringen sie, um ihn zu besänftigen, beständig
Menschenopfer, insbesondere, wenn sie sich einbilden, dass er ihnen
zürnt, oder auch nur, wenn sie sich vornehmen, Schwefel zu sammeln,
damit er es ihnen gestatte" (Ausland 1881, S. 219).



45. Sanguils.

Die Sanguils bewohnen die Halbinsel, welche durch den Meerbusen
von Davao und die Sarangani-Bai gebildet wird. Mit den Vilanen und
Tagacaolos sollen sie 76 000 Köpfe zählen (Jagor, Reisen 322).



46. Mandayas.

Die Mandayas wohnen am Rio Hijo, der in die Bucht von Davao mündet
(Cavada II, 222), am Oberlaufe des Rio Agusan und des Rio Sahug,
ebenso trifft man Mandayas in dem Hinterlande der Küstenorte Caraga,
Santa Maria und Zatagoza (Dr. Montano y Rey).. Dann bewohnen sie den
südlichen Theil von Mindanao, von Linao an der Westküste bis zu den
grossen Seen im Innern des Landes, sie sind dann auch weiter bis gegen
Butuan anzutreffen (Jagor, Reisen 322). Die am Meerbusen von Davao
wohnenden sind mit Manguangas vermischt (Jagor, l. c.). Ihre Hautfarbe
ist eine sehr helle (Cavada II, 206 u. 223), diess hat Mallat zu der
Annahme verleitet, dass sie Mischlinge von Japanen und Visayern sein
sollen, was aus historischen Gründen sehr unwahrscheinlich ist; Sir
J. Bowring's Hypothese, nach welcher die Mandayas gar Abkömmlinge
von Weissen und Eingeborenen wären, muss bei jedem Kenner der
Geschichte Mindanao's nur Unwillen erzeugen. Schwerwiegend ist
jedoch, dass Prof. Semper sich für eine Vermengung mit Chinesen
ausgesprochen hat (Semper, Skizzen 59), gegen diese Autorität wage
ich es nicht, Etwas einzuwenden. -- Sie sind von starker Gestalt und
kräftigem Gliederbau, kriegerisch und stets zum Kampfe bereit, mit
den Christen aber unterhalten sie freundliche Beziehungen (Cavada II,
206 u. 223). Ihre Waffen sind Lanze, Kris, Pfeil, Bogen und Bolomesser
(Cavada II, 223). Während die Mandayas der Provinz Surigao Freunde
einer herumschweifenden Lebensweise sind (Cavada II, 206), sind die
Mandayas von Davao arbeitsame Leute (Cavada II, 223). Ihre Religion
besteht in einem Ahnencultus (Semper, Skizzen 59).



47. Subanos.

Die Subanos bewohnen jene langgestreckte Halbinsel, welche den
äussersten westlichen Ausläufer Mindanao's bildet. Ihr Name bedeutet
so viel als Flussbewohner (Combés 24). Die Geschichte ihrer Abstammung
bei Barrantes (Guerras piráticas 417) ist sehr schön, aber für unsere
Zwecke nicht brauchbar. Neuere Schriftsteller und Reisende haben uns
keine erweiterte Kenntniss dieses malaiischen Volksstammes gebracht, so
sind wir denn noch immer auf Combés und Gemelli-Careri angewiesen. Sie
sind kriegerisch, und ihre Kriegslust wird durch ähnliche Bräuche
angefeuert, wie einst bei den Caragas, nur brauchte der Subano nur
einen einzigen Feind zu tödten, um den rothen Kopfbund tragen zu
dürfen. Obwohl bei ihnen Blutrache gilt, so kann diese leicht durch
Goldstaub gesühnt werden. Geschlechtlichen Ausschweifungen huldigen
sie in ebenso grossem Maasse, wie alle ihre Nachbarstämme. Ein Theil
von ihnen ist zum Christenthume bekehrt, die übrigen sind Heiden und
nur zum geringsten Theile Mohammedaner. Ihre Kopfzahl soll sich auf
70 000 belaufen (Jagor, Reisen 322).



48. Manguangas.

Die Manguangas wohnen in der Cordillera Sugut auf Mindanao und
erstrecken sich bis zu dem grossen See von Boayan oder Magindanao. Sie
zählen nach einer älteren Schätzung gegen 80 000 Seelen (Jagor,
Reisen 322). Sie sind Heiden; über ihre sonstigen Sitten und Bräuche
ist mir Nichts bekannt.



49. Sameacas.

Die Sameacas sind die (heidnischen?) Bewohner des Gebirgsinnern der
Insel Basilan. Bis zum XVI. Jahrhundert bewohnten sie auch die Küsten
dieses Eilands, da landete aber der Prätendent des Reiches Mindanao,
der Paquian Tindig, mit seinen Anhängern und Sclaven auf Basilan und
trieb die ursprünglichen Herren des Landes in die Gebirgswälder hinein,
wo sie noch heute in völliger Unabhängigkeit leben (Pazos 10). Bei
der Dürftigkeit der Nachrichten über diesen Volksstamm lässt sich
die Frage gar nicht in Untersuchung ziehen, ob nicht die Sameacas
mit den Guimbas zusammen nur einen Stamm repräsentiren.



50. Guimbas.

Die Guimbas sind die Bewohner der Gebirgswildnisse der Hauptinsel
von Sulu. Bei Combés, Fray Juan de la Concepcion und Anderen kommen
noch folgende Varianten ihres Namens vor: Guinbajanos, Guimbanos,
Quimpanos. Sie sind nach den spanischen Geschichtsschreibern der
Philippinen zu derselben Zeit von den einwandernden Mindanaos in
das Gebirge geworfen worden als Basilan. Die Jesuiten nannten sie
"gente montaraz", d. h. ebenso wie die heidnischen Bergstämme Luzons,
sie sind also in jenen Tagen (1578-1646) Heiden gewesen, während sie
sich jetzt wenigstens zum Theil -- bei Carondon -- zum Islam bekehren
liessen, wenigstens nennt Pazos (Joló 194) die in der Nähe Carondons
wohnenden Guimbas Moros guimbas montescos.

Der Name Guimbas wurde ihnen von den mindanaoischen Eroberern
verliehen, er soll soviel wie Trommler bedeuten, da es bei ihnen Sitte
ist, im Kriegsfalle durch den Lärm zahlreicher Trommeln sich Muth
einzuflössen. Zu demselben Zwecke kauen sie die Wurzel Panayaman(g),
welche die Eigenschaft besitzt, den Körper gegen die Schmerzen der
Wunden unempfindlich zu machen. Ihre Tapferkeit und ihr Muth sind
in der That ausserordentlich, und die Spanier haben zu der Zeit,
wo sie im XVII. Jahrhundert vorübergehend (1638-46) Sulu besetzt
hielten, mehrmals von ihnen Schlappen erlitten, ein Mal sogar eine
ordentliche Niederlage. Ihre Waffen sind Lanzen, Schilde und Panzer,
letztere aus Carabao-(Büffel-)Haut verfertigt, woraus zu schliessen
ist, dass sie wenigstens den Carabao als Hausthier besitzen, und da
dieses Thier auf den Philippinen nur als Ackerbaumedium benutzt wird,
so ist der Schluss gerechtfertigt, dass sie Reisbauer sind. Überdiess
besitzen sie auch Pferde (Koner 124). Pazos nennt sie auch nur
Halbwilde (semisalvages). Bemerkenswerth ist, dass sie nach Pazos
(Joló 10) besonders auf den nördlichen Abhängen des Gebirgsstockes
von Sulu wohnen, so dass auf den Südabhängen Platz wäre für die Idanes
Dalrymple's, da ich aber leider kein Exemplar Dalrymple's auftreiben
konnte, so ist es mir unmöglich, auf diesen letzteren Volksstamm näher
einzugehen. Nach der Bemerkung in Waitz (V, 46), dass der Name Idan
eine Collectivbezeichnung für verschiedene Idiome sprechende heidnische
Stämme sei, ist eine Identificirung der Idanes de Joló mit den Guimbas
auch nicht unmöglich, man vgl. übrigens das bei den Negritos Erwähnte.



51. Die Piratenstämme von Mindanao und Sulu.

Unter obiger Bezeichnung fasse ich jene mohammedanischen Malaienstämme
zusammen, welche an der Westküste von Mindanao, am Rio Grande de
Mindanao, den beiden grossen Seen südlich von diesem Strome an der
Laguna de Malanao, an der Küste des Panguil-Busens, in einigen
Dörfern an der Nordwestküste Mindanao's zwischen Zamboanga und
Misamis und welche ferner die Küstenbevölkerung der grösseren und die
Gesammtbevölkerung der kleineren Sulu-Inseln bilden. Sie werden von
den Spaniern je nach ihrem Aufenthaltsorte als Joloanos, Camucones
(Bewohner der Inseln südwestlich von Tawi tawi), Tirones (Bewohner
der Inseln zwischen Tawi tawi und Borneo), Moros de Balabac, Samales
(Bewohner der Inseln südlich von Basilan), Basilanes, Jacanes (auch
auf Basilan), Illanos oder Ilanos (an der Baia Illana), Lutaos (bei
Zamboanga), Malanaos (am See Malanao), Mindanaos (Mündungsgebiet des
Rio Grande und die Küste Ost-Mindanao's von Pollok bis zur Südspitze
der Insel), Tegurayes oder Tinivayanes (Flussgebiet des Rio Grande
de Mindanao) bezeichnet.

Sie sind Mischlinge von den in den diesbezüglichen Ländern
erbgesessenen Visayer- oder (auf Mindanao zum Theile) Manobos-,
Mandayas-, Subanos-Stämmen und von den von Borneo und den Molukken
her einfallenden mohammedanischen Stämmen. Balabac ist von Borneo her
mit dieser neuen Bevölkerung versehen worden. Gerade als die Spanier
unter Legazpi, 1565-1572, sich des Archipels bemächtigten, machten
sie einer grossartigen, continuirlichen, wenn auch geräuschlosen
und friedlichen Invasion von Borneo-Malaien ein Ende, damals waren,
wie Morga, Fr. Gaspar de S. Augustin, Fray Juan de la Concepcion
uns melden, in allen Theilen der Philippinen, mit Ausnahme der
nördlichen Landschaften Luzons, Borneaner nicht nur als Kauffahrer,
sondern auch als mohammedanische Proselytenmacher und Stifter neuer
Dynastien und Reiche thätig. Die Vasallenfürsten der Sultane von
Manila und Tondo waren alle Borneaner, sowie vielleicht ihre Herren
selbst. Noch 1585 (Brief des Bischofs Salazar in den Cartas de
Indias, Fol. 651) zahlten die Bewohner der Calamianen den Spaniern
und dem Sultan von Borneo zugleich Tribut. Nach Argensola, Combés,
Fr. Juan &c. hat Mindanao seine mohammedanische Bevölkerung durch
Einwanderung von Ternate erhalten, wie denn auch im XVI. und Anfang
des XVII. Jahrhunderts die Sultane von Mindanao und Buhayen in
einem gewissen Abhängigkeitsverhältnisse zu den Sultanen von Ternate
standen, welches sich erst löste, als letztere sich den Holländern
unterwarfen und in den Kämpfen zwischen letzteren und den Spaniern
eine bedeutende Einbusse an Macht und Gebietsumfang erlitten. Am
gemengtesten erscheint die Bevölkerung von Sulu. Die Nachrichten
von Dalrymple [37], Crawfurd1, Hunt1 und Forrest widersprechen zum
Theil sehr jenen Nachrichten, welche uns die spanischen Historiker
des XVI. und XVII. Jahrhunderts bringen. Es ist zu bedauern, dass
W. Koner in seiner Monographie des Sulu-Archipels (Erdk. 1867, II, 105
f.) nur englischen und holländischen Quellen gefolgt ist, denn jene
spanischen mönchischen Geschichtsschreiber bringen sehr zuverlässige
Nachrichten, die meist von Missionären ihrer Orden stammten, welche
lange Jahre in jenen Ländern zugebracht hatten, ja Combés war selbst
geraume Zeit in Mindanao thätig. Auch die französischen, englischen
und holländischen Quellen weichen sehr voneinander ab. Das eine aber
scheint sicherzustellen, dass die heutigen Dattos oder Feudalfürsten
Sulu's von Mindanao, indirect also von Ternate herstammen, einige
Dattos stammen auch von Butuan ab, letzteres aber war auch von
Ternate her colonisirt und dann die maurische oder Moslimbevölkerung
von den Spaniern verjagt worden [38]. Doch schon vor dieser Invasion
hatten auf jener Hauptinsel Sulu sich auch Javanen (Bastian V, 275;
man vgl. auch Koner 123) gezeigt, auch kamen einmal Einwanderer aus
Johore (Bastian, l. c.). Vermischungen mit Dayaks sollen auch Statt
gefunden haben (Novara-Reise, Ethnogr. Theil 32), was vielleicht auf
eine Vermengung mit Dayaksclavinnen zu deuten ist. Eine Zeit hindurch
(vor Magallanes) gehörte die Insel auch zum Reiche Bandjermassing von
Borneo und erhielt von dort auch Zuzug (Koner 122). Übrigens dürften
die heutigen Sulus und Mindanaos physisch sich gar nicht von den
Visayern unterscheiden, denn seit Jahrhunderten haben sie Tausende
von Visayern von ihren Raubzügen aus den Philippinen heimgebracht,
welche bei ihnen, man kann es ruhig sagen, zu 95% blieben und mit
ihnen zu einem Volke verschmolzen. In Sulu selbst dürfte auch eine
verhältnissmässig nicht unbeträchtliche und historisch nachweisbare
Vermischung mit Chinesen Statt gefunden haben, indem diese seit dem
XVII. Jahrhundert sich in der Hauptstadt zu einer fluctuirenden, nur
aus Männern bestehenden Handelscolonie niederliessen, deren Mitglieder
gewiss ebensogut mit eingeborenen Weibern Kinder zeugten, wie in
den spanischen Philippinen. Die anderen fremdartigen Beimengungen
sind gar nicht der Rede werth, die Zahl der arabischen Prediger und
der spanischen, mejicanischen und peruanischen Renegaten des XVI.,
XVII. und XVIII. Jahrhunderts war eine zu geringe, als dass sie einen
Einfluss auf die Rassenbildung hätte äussern können.

Was ihr Äusseres anbelangt, so sind sie von mittlerer Körpergrösse mit
normalem Brustkorbe und schlanker Taille; der Kopf ist rund und klein,
die Augen sind von dunkler Farbe und horizontal und weit gespalten,
die Lippen sind schmal, die Nase ist stumpf geformt, die Hautfarbe
ist gelblichfahl; die Kopfhaare--welche von den Männern meist rasirt
werden--weisen eine tiefschwarze Farbe auf und sind rauh anzufühlen,
die Augenbrauen sind spärlich, dasselbe gilt vom Barte, der oft
gänzlich fehlt; bemerkenswerth ist noch die Sitte, die Zähne schwarz
zu färben, auch fällt auf, dass die Beine meist säbelförmig auswärts
gebogen sind (Garín 126).

Alle diese mohammedanischen Piratenstämme, diese "Moros" der Spanier,
haben ausser der Religion ein gemeinsames charakteristisches Merkmal,
das sie scharf von den übrigen Malaienstämmen der Philippinen scheidet,
und das ist die Feudalverfassung. Nur an der Bai von Manila fanden die
Spanier Legazpi's ähnliche Verhältnisse, doch hier war eben bereits
fremder, speciell borneanischer Einfluss im Spiele.

Was zunächst die Feudalverfassung anbelangt, so zerfallen alle die
ehemaligen und zum Theile noch existirenden Sultanate von Sulu,
Mindanao, Buhayen, Butig, Sibugney &c. in eine grosse Anzahl von
kleinen Lehensfürstenthümern, deren Chefs den uns schon bekannten
Namen Datto führen. Selten herrscht ein Datto über mehr als ein Dorf,
und beständig fanden neue Gründungen von solchen Datto-Herrschaften
Statt und zwar in der Weise, dass ein Datto- oder Sultans-Sohn mit
einigen Sclaven auf einen Piratenzug auslief und mit den geraubten
Sclaven eine neue Niederlassung in einer noch unbewohnten Gegend
oder Insel gründete, welche durch neue Sclavenjagden immer neuen
Zuwachs erhielt. Die Dattos sind die eigentlichen Herren gewesen,
neben denen der Sultan nur die Rolle des primus inter pares spielte,
ohne deren Einwilligung er auch nicht den geringsten politischen Act
vornehmen durfte. Combés, Dampier, Forrest, Sprengel, Deguignes,
Renouard de St.-Croix, Koner, Barrantes und Pazos haben darüber
manches interessante Detail veröffentlicht, von welchem ich hier das
Interessanteste und Wichtigste hervorheben will, wobei ich mich nur
auf die Verhältnisse im Sultanate Sulu und dem von Mindanao (jetzt
der spanische District Cotta-bató) beschränke.

In beiden Ländern war das Sultanat erblich, doch gab es keine geregelte
Thronfolge, sondern der Sultan besass das Recht, sich seinen Nachfolger
aus seinen nächsten Nachkommen und Verwandten zu erwählen, doch
übten die Dattos dabei ein Anerkennungsrecht aus. In Mindanao giebt
es folgende Adelsstufen: Tuam, so viel wie Herr, Junker; Orancaya so
viel wie Magnat und Cachil gleich Prinz von königlichem Geblüte. Auf
Sulu ist diese Hierarchie eine viel verwickeltere, der Sultan geniesst
mehrere Titulaturen und zwar immer Maulana, so viel als Majestät;
ist er der Enkel eines Sultans, so führt er noch den Titel Paduca,
ist er der Sohn eines solchen, so fügt er noch den Titel Majarasin,
d. h. der Reine und Erhabene, hinzu. Der Thronfolger in Sulu heisst
Rajá-Muda. Einzelne Dattos bilden eine Art Ministercollegium: der
Grossvezier (Datto Interino der Spanier), der Generalissimus der
Landtruppen und Kriegsminister (Datto Realao), der Oberstlandrichter
(Datto Mitsainguir). Wird ein grosser Kriegszug unternommen, so tritt
an die Spitze der Streitkräfte der Pauliman, Orancaya oder Salicaya,
je nachdem zu Lande oder zu Wasser, oder zu Wasser und zu Lande
der Krieg geführt werden soll. Jeder Datto hat einen Grossvezier,
der Monabe genannt wird.

Der Sultan versammelt in allen wichtigen Angelegenheiten die Dattos
um sich, um ihre Einwilligung einzuholen. Auf allen Vertragsurkunden
müssen die Unterschriften der Dattos neben die des Sultans gesetzt
werden, sonst wäre der Vertrag ungültig.

Da die Macht und das Ansehen der Dattos vornämlich nur auf der
Zahl der Sclaven beruhte, so suchten sich die Mindanaos und Sulus
durch grossartige Piratenzüge, welche mitunter sich bis nach Banka
und Billiton erstreckten, vorzugsweise aber gegen Celebes und
die Philippinen gerichtet waren, solche zu verschaffen. Schon vor
Ankunft der Spanier stand die Piraterie in schönster Blüthe (Mas I,
28). Geführt von Renegaten überfielen sie mit ihren leichten und
seichtgehenden Schiffen die Küstenniederlassungen, verbrannten die
Dörfer, vernichteten das auf den Feldern stehende Getreide, hieben
die Fruchtbäume um und schleppten die Dorfbewohner in die Sclaverei,
lange bevor die tiefgehenden spanischen Kriegsschiffe zur Rettung
anlangen konnten. Von je drei Gefangenen erhielt der Datto, der die
Expedition ausrüstete, zwei, einer gebührte der Mannschaft. Man kann
sich einen Begriff von der Ausdehnung dieser Piratenzüge machen,
wenn man erfährt, dass diese Piraten in 30 Jahren 20 000 Gefangene
in den Philippinen allein gemacht hatten (Jagor, Reisen 180). Selbst
die Einführung von seichtgehenden Dampfkanonenbooten befreite die
Philippinen nicht von dieser Plage. "Die leichten, flachen, sehr stark
mit Ruderern bemannten Boote (der Piraten) sind so geschwind, dass nur
die schnellsten Dampfer ihnen folgen können, diese verrathen sich aber
schon aus grosser Ferne an ihrer Rauchsäule, so dass die nur wenige
Fuss über das Wasser ragenden und folglich in sehr geringer Ferne
unsichtbaren Pancos gewöhnlich vollauf Zeit haben, zu entwischen"
(Jagor, Reiseskizzen 86). Auch die wiederholten Expeditionen, mit
welchen früher die Spanier diese Piratennester durch Niederbrennen zu
vernichten suchten, halfen Nichts, es bemerkte hierüber schon in der
ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein spanischer Stabsofficier
im Kriegsrathe zu Manila: "Sie (die Piraten) verändern die Lage einer
Stadt mit derselbigen Leichtigkeit, wie wir den Ankerplatz eines
Schiffes, und es liegt ihnen wenig daran, sie zehn Leguas weiter oben
oder weiter unten neu zu begründen, denn überall finden sie Berglehnen
zum Feldbau, gutes Schiffsbauholz, Nipa-Palmen zum Dachdecken und
Mangel-Sümpfe, um sich bei drohender Gefahr zu verbergen" (Fr. Juan
XIII, 378). Man vergleiche übrigens über die Schwierigkeit, sie
in ihrem eigenen Lande zu bekämpfen, die gute Bemerkung in Pazos,
Joló, p. 378. Erst durch die Eroberung Sulu's und die kostspielige
Occupation des Mündungsgebietes des Rio Grande de Mindanao ist die
Piraterie einigermaassen, aber nicht gänzlich unterdrückt worden.

Der Islam ist zwar die herrschende Religion, an der seine Bekenner
mit fanatischem Eifer hängen, aber die Vorschriften des Korans
werden nur oberflächlich erfüllt, der Genuss des Schweinefleisches
und spirituöser Getränke ist allgemein. Auf Sulu heisst die höchste
geistliche Autorität Sarif (Scherif), dann folgt der Jabdi und
endlich die Panditás. Die Polygamie gestattet natürlich der Islam,
gewöhnlich aber begnügt sich auch der Vornehme mit einem Weibe, Koner
will hierin den Einfluss der gefangenen Christinnen bemerken. Bei
diesen Piratenstämmen ist der Knechtsdienst, den der Bräutigam seinem
Schwiegervater in spe bei den Tagalen und Visayern zu leisten hat,
nicht gebräuchlich. Der Bräutigam kauft die Frau von ihrem Vater für
Schiffe, Kanonen, Feuerwaffen, Munition &c.; ist der Schwiegervater
ein nobler Mann, so giebt er seiner Tochter eine aus ähnlichen Dingen
bestehende Mitgift. Am Vorabende der Hochzeit führt der Pandit die
Brautleute jedes in ein besonderes Häuschen, wo sie sich beide festlich
schmücken. Am anderen Tage geleitet der Pandit unter Trommelwirbel
den Bräutigam in das Häuschen seiner Braut, welche unter Zeugen,
besonders Flaggen, verborgen liegt. Der Pandit wiederholt drei
Mal die Frage, ob der Bräutigam jenes Weib zu ehelichen wünsche,
welches unter dieser Hülle sich befände. Kaum hat der Bräutigam
diess bejaht, so springt die Braut aus ihrem Verstecke hervor und
läuft davon, verfolgt von dem Bräutigam und den Gästen. Hat der
Bräutigam oder vielmehr Gatte sein Weibchen eingeholt, so zieht er
sich auf ein einsames Plätzchen zurück, um sofort das matrimonium zu
einem consumatum zu machen. Diese Ceremonie ist nur beim Einholen
der legitimen Frau--"Dayana" genannt--üblich. Die Sittenlosigkeit
ist bei der affenartigen Geilheit dieser Piraten zügellos, und die
Zustände, wie sie Dampier in Mindanao fand, sind auch bis heute sich
gleichgeblieben. Das Abtreiben der Leibesfrucht findet sehr häufig
Statt (Garín 176).

Bei schweren Erkrankungen [39] suchen die Panditen durch Recitiren von
Koransuren und Gebeten den Patienten zu heilen. Stirbt ein Vornehmer,
so werden Kanonenschüsse abgefeuert und vor dem Hause desselben
Trommeln geschlagen und mit verschiedenen Musikinstrumenten ein
höllisches Concert angestimmt. Der Todte wird, nachdem der Priester ihn
gewaschen, in ein weisses Kleid gehüllt und angethan mit seinem Kris
in einer Kiste unter grossem Spectakel begraben. Die Hinterbliebenen
tragen zum Zeichen der Trauer einen weissen Turban und verbringen
acht Tage mit Wehklagen auf dem Grabe des Dahingeschiedenen. Die
Panditen beten noch länger, bis zu 40 Tagen, und werden dann von den
Hinterbliebenen reichlich beschenkt.

Der Ackerbau obliegt den Sclaven (Sácopes) und umfasst Reis, Mais,
Camote und verschiedene Gemüse, auch Cacao wird gepflanzt, Cocoswälder
bilden aber den Hauptreichthum. Der Viehstand weist Pferde, Rinder,
Büffel, Ziegen, Hühner und Tauben auf.

Die Bauart der Hütten unterscheidet sich nicht von der der Tagalen und
Visayer, nur werden dieselben mit Vorliebe direct über dem Wasser
erbaut. Bambusstege führen von einem Hause zum andern, so dass
durch Wegziehen derselben jedes Haus isolirt im Wasser dasteht. Am
Lande pflegen sie feste Forts aus Palissadenzäunen, welche durch
Korallenblöcke vor Kanonenkugeln gesichert sind, zu errichten.

Die Tracht besteht aus Jacke, weiten Hosen, einem Turban oder einer
fezähnlichen, aber aus leichterem Stoffe verfertigten Mütze. Auch die
Weiber tragen, wenigstens auf Sulu, Hosen (Garín 124), auf Mindanao
aber auch Röcke. Die Dattos führen schön bemalte Schilde mit sich,
als Waffen dienen Feuergewehr, Bogen und Pfeil, Lanze, Kris und
ein gegen das Ende zu breiter werdendes krummes Schwert. Seltener
sind Panzer aus eisernen Maschenhemden, oder aus zusammengefügten
Muschelschalen oder Büffelhaut verfertigt, manche schützen den
Körper durch den Cambut, einen dicken Gürtel aus grober Baumwolle,
der mehrmals um den Leib herumgeschlungen wird. Die meisten begnügen
sich mit dem Schutze, den ihnen ihre Schilde gewähren, welche aus
hartem Holz, das mitunter noch mit Büffelleder überzogen ist, in
zweierlei Grössen verfertigt werden; die runden Schilde decken nur
den halben, die eckigen den ganzen Körper, letztere werden auch an den
Bordwänden der Schiffe aufgerichtet, um als Brustwehr zu dienen. Die
Landbefestigungen und Schiffe sind mit zahlreichem (meist geraubtem)
Geschütz des verschiedenartigsten Calibers versehen, doch wissen die
Piraten sie nicht gut zu bedienen.

Ohne Compass schwärmen sie mit ihren leichten Schiffen bis nach
Singapore hin. Ihre Fahrzeuge zeichnen sich alle durch besondere
Schnelligkeit und geringen Tiefgang aus, einen Kiel besitzen nur die
Panco, Guban und Garay genannten Schiffsgattungen. Der Panco hat die
Form und den Tonnengehalt einer flachen Küstenbrigantine und hat,
wie alle Schiffe dieser Piratenstämme, keinen einzigen Nagel oder
Eisenbestandtheil aufzuweisen. Die übrigen Boote, Salisipans, Barotos,
Lancans, Vintas, Dalamas, sind nur aus einem ausgehöhlten Baumstamm
verfertigt und mit Ausliegern--"Batangas"--versehen. Alle Schiffe
sind auf Fortbewegung durch Ruder eingerichtet, letztere--Gayong
genannt--haben die Form der Ruder europäischer Galeeren. Das
Steuerruder ist bei den grösseren Schiffen mitunter in derselben Weise
und Form angebracht, als diess bei europäischen Schiffen der Fall
ist, meistentheils sind es aber blos zwei oder ein Schaufelruder am
Buge. Die Mastbäume sind dreigetheilt in eine Spitze zusammenlaufend,
ähnlich den drei Stützen der Malerstaffelei. Die Segel sind stets
viereckig und das Segelzeug bunt gefärbt.

Pazos (Joló 7) schliesst seine Beschreibung ihrer Schiffe mit folgenden
Worten: "Der leichte Bau ihrer Fahrzeuge ermöglicht bei ihrem geringen
Gewichte und seichtem Tiefgang eine schnelle Fahrt; wenn sich die
Piraten verfolgt sehen, so segeln sie kaltblütig, weil für sie ohne
Gefahr, durch die gefährlichsten Klippenreihen durch, wohin ihnen
auch die kleinsten Kanonenboote nicht folgen können, und falls einmal
(innerhalb der Klippen oder am Strande) die Seichtigkeit des Wassers
die Weiterfahrt unmöglich macht, dann wirft sich die Mannschaft einfach
in's Wasser und schleift das Boot in's tiefere Wasser oder trägt es
selbst auf seinen Schultern dahin, worauf die Bemannung wieder an Bord
steigt und ruhig seine Fahrt fortsetzt, auf diese Weise nur zu oft
die Verfolgung, welche unsere Kreuzer anstellen, illusorisch machend".

Sie sind leidenschaftliche Tabakraucher und Betelkäuer, aber diese
Reizmittel genügen ihnen nicht, sie rauchen auch Opium aus langen
Rohrpfeifen (Garín 127; Pazos 205). Unter den Betel wird gewöhnlich
Opium, ja auch Theriak gemengt (Garín I, 27). Musik und Tanz wird
gepflegt, letzterer wird gewöhnlich nur von Mädchen [40], Sclavinnen,
zumeist zur Ergötzung der Dattos aufgeführt. Ihnen eigenthümliche
Instrumente sind der Agun oder Agon und Culintangang (Ilustr. del
Oriente 1877, n. 10, p. 4), der Agun ist nichts Anderes als eine
metallene, auf einer Seite offene Kugel, während der Culintangang
aus mehreren geschlossenen Metalldecken besteht, welche mit zwei
Holzklöppeln geschlagen werden.

Die Industrie reducirt sich auf Schiffsbau, Waffenschmiedekunst und
grobe Hauswebewaaren, dagegen ist der Handel blühend. Besonders Sulu
ist der Hauptsitz der Trepang- und Perlfischerei, sowie des Handels mit
Salangan-Schwalbennestern, Ambra und Schildkrotschalen. Die Chinesen
concentriren den Handel ganz in ihre Hände. Der schwungvolle Handel,
welchen die Sulus und Mindanaos durch Verkauf der gefangenen Christen
in Batavia betrieben, hat bereits im vorigen Jahrhundert aufgehört.

Sie lassen nicht nur Hähne, sondern auch Büffel gegeneinander kämpfen.



III. CHINESEN, CHINESISCHE MESTIZEN, JAPANEN.


1. Chinesen.

Der Verkehr zwischen China und den Philippinen muss in das frühe
Mittelalter hineinreichen, denn schon 1372 wird in chinesischen
Werken--und zwar in dem Buche Ming-tsche--erwähnt, dass eine
Gesandtschaft von Liú-sung, d. i. Luzon, in China angelangt wäre, und
dass schon vor diesem Zeitpunkt Sulu in Intervallen von fünf zu fünf
Jahren Tribut nach Amoy gesandt hätte (Ilustr. del Oriente 1877, n. 12,
p. 10). Man hat auch in Visayergräbern, welche aus einer Zeitperiode
lange vor der Conquista herstammen, bunt gemalte chinesische Schüsseln
gefunden (Jagor 209). Der Handelsverkehr zwischen China und den
Philippinen muss später stark zurückgegangen sein, denn als Don Miguel
Lopez de Legazpi 1565 in den Visayern anlangte, da erfuhr er daselbst,
dass die chinesischen Schiffe nur Luzon besuchten (Fr. Gaspar de
S. Augustin, p. 95 f.). Die ersten Chinesen trafen die Spanier 1571 bei
Mindoro, und die freundliche Behandlung, welche ihnen zu Theil wurde,
bewirkte, dass im folgenden Jahre drei Dschunken in Manila erschienen
(Fr. Gaspar 251). Von da an fand ein regelmässiger Verkehr zwischen
ihnen und den Spaniern Statt, die Zahl der chinesischen Schiffe wuchs
mit jedem Jahre, und dieses freundliche Verhältniss erlitt selbst keine
Trübung, als 1574 der chinesische Piratenkönig Limahon drei Mal Manila
angriff, welches nur durch die Energie und Tapferkeit des ritterlichen
Salcedo vor dem Untergange gerettet wurde. Erst 1575 gelang es Salcedo,
Limahon aus dem Golfe von Lingayen, wohin er sich nach der Niederlage
von Manila zurückgezogen hatte, zu verjagen. Erst im Jahre 1585 wird
erwähnt, dass in Manila eine Niederlassung von chinesischen Krämern,
Sangleyes genannt, existire, und zwar zählte selbe über 1000 Köpfe
(Brief des Bischofs Salazar in den Cartas de Indias, Fol. 640). Sie
handelten mit chinesischen Waaren und waren ferner Fischer, Gärtner,
Handwerker, Apotheker (!) und Maler. Schon damals mussten die
Chinesen Abgaben entrichten, denn in dem Decrete, mit welchem 1588
Philipp II. sämmtliche Angelegenheiten der neuen Colonie regelte,
wird die Hälfte der Abgaben, welche von den Chinesen gezahlt wurden,
dem Municipium der Stadt Manila als Einnahme zugewiesen (Fr. Juan de
la Concepcion II, 132).

Die Ermordung des Gouverneurs Gomez Perez Dasmariñas durch die
chinesische Bemannung seines Admiralschiffes (1593) flösste zuerst
Misstrauen gegen die Sangleyes ein, bis dann im Jahre 1603 in Manila
die Chinesen, welche bereits 30 000 Seelen zählten, sich gegen
die Spanier erhoben. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, 23 000
Chinesen waren auf dem Schlachtfelde gefallen oder am Richtplatze
gestorben. Trotzdem waren 1605 16 000 Chinesen wieder im Parian
(Ghetto und Bazar) von Manila angesiedelt, deren Zahl im Jahre 1639
bis auf 40 000 angeschwollen war (Fr. Gaspar, 374). Im November dieses
Jahres erhoben sich die Chinesen von Neuem, gerade in einer Zeit,
wo die Spanier mit Holland und den Sultanen von Sulu und Mindanao
im Kriege lagen. Erst im März 1640 wurde der Aufstand bewältigt,
nur 7000 Chinesen überlebten das Ende desselben. Die spanischen
Behörden liessen sich durch diese Vorfälle zu keinem Verbote der
chinesischen Einwanderung bewegen, und so verbreiteten sich dieselben
in allen Provinzen. Einzelne Chinesen nahmen Antheil an dem Aufstande
der Pampangos vom Jahre 1660, dadurch wurde die Erbitterung gegen
sie allgemein. Als bald darauf der König Kogseng von Formosa den
Gobernador Manrique Lara mit Krieg bedrohte, erhoben sich neuerdings
die Chinesen Manila's, wurden aber besiegt und die Überlebenden,
ausgenommen die Christen, ausgewiesen. Die Chinesen-Einwanderung
nahm zwar geringere Dimensionen an, hörte jedoch nicht auf. Um
der Gefahr eines nochmaligen Aufstandes zu begegnen, ordnete ein
kgl. Erlass vom 17. Juni 1679 an, dass alle heidnischen und die
ledigen christlichen Sangleyes Manila's in dem ihnen zugewiesenen
Parian oder Ghetto, die verheiratheten aber in den Vorstädten Binondo
und Santa Cruz sich niederlassen sollten. Auch die in den Provinzen
lebenden Chinesen sollten womöglich in besonderen Quartieren vereinigt
werden. Diese Verordnung scheint nicht befolgt worden zu sein, oder
es haben vielleicht die Colonialbehörden Vorstellungen beim Rathe von
Indien dagegen erhoben, denn sie wurde am 14. November 1686 neuerdings
erlassen. Als 1709 der kühne Eroberer von Verapaz, der Graf Lizarraga,
Gouverneur der Philippinen wurde, vertrieb er alle Chinesen, welche
nicht im Dienste der Regierung standen oder sonst für Gewerbe und
Industrie unentbehrlich waren. 1721 plünderten sieben chinesische
Dschunken in den Calamianen, sie wurden zwar von den Spaniern genommen,
auch waren die Sangleyes von Manila an dem Vorfalle unschuldig, aber
man begann sie immer argwöhnischer zu beobachten, zumal ihre Zahl im
steten Wachsthum begriffen war.

Man suchte nun durch hohe Auflagen die unentbehrlich gewordenen
Chinesen von massenhafter Zuwanderung abzuschrecken, im Jahre 1732
allein trug die Licenzengebühr, welche die chinesischen Krämer für
die Ausübung ihres Handels zahlten, 24 000 Dollar dem Staatsschatze
ein, abgesehen davon, was die mit der Chinesenaufsicht betrauten
Organe unterschlugen. 1745 verbreitete sich in Manila das falsche
Gerücht, die Chinesen wollen die Spanier niedermetzeln, weshalb man
eine grosse Anzahl Verdächtiger auswies. Bereits 1747 war ein Decret
erlassen worden, welches alle heidnischen Chinesen von den Philippinen
verbannte, erst 1757 wurde es aber ausgeführt und zugleich der Handel
mit China durch Erlass einer Anzahl Verordnungen geregelt. Die
meisten der aus Manila vertriebenen Chinesen, 4000 an der Zahl,
wanderten nach Sulu aus. Obwohl 1759 neuerdings Ausweisungen vorkamen,
so war bereits 1762 der Parian wieder stark bevölkert. Als die Briten
Manila's sich bemächtigten, schlossen sich die Sangleyes ihnen an und
fochten gegen die Spanier, weshalb der spanische Generalissimus Anda
alle in den Provinzen lebenden Chinesen aufknüpfen liess. Als 1763
die Briten Manila räumten, zogen auch die Chinesen ab, und eine kurze
Zeit hindurch gab es keine Chinesen auf den Philippinen. Da sie aber
unentbehrlich geworden waren, so gestattete man ihnen wieder, sich
niederzulassen. Der Gobernador Basco (1778-87) suchte durch die Anlage
eines neuen Chinesenviertels den Handel Manila's noch mehr zu heben,
stiess aber dabei auf so heftige Opposition, dass er den Gedanken
aufgeben musste. Dagegen gründete er bei Candava eine Ackerbaucolonie
von 200 christlichen Chinesen (Diaz Arenas 114), doch ging selbe
unter seinen Nachfolgern ein. 1790 richtete der Gouverneur Marquina
ein Gesuch an den Hof, in welchem er die Erlaubniss unbeschränkter
Importation und Einwanderung von Chinesen verlangte. In Madrid aber
erneuerte man 1804 die alten Ausweisungsdecrete, nur die verheiratheten
Chinesen und jene, welche mit der Bebauung des Landes beschäftigt
waren, durften bleiben. Bei Gelegenheit der Cholera-Epidemie im
Jahre 1819 fand wieder ein grosses Chinesenmassacre Statt, welches
die ausgerückten Truppen nicht zu hindern vermochten. 1828 wurde das
Steuerwesen und die Selbstverwaltung der Chinesen und Chinesengemeinden
neu regulirt, ebenso 1839 Anordnungen getroffen, um die Ertheilung der
Licenzen für chinesische Krämer zu reformiren. Die weisen Maassregeln
wurden durch ein Gesetz im Jahre 1843 vervollständigt, von nun an
sollten die chinesischen Schiffe im Hafen- und Zoll-Verkehr den übrigen
ausländischen gleichgestellt werden. 1850 erliess die Colonialbehörde
ein Decret, welches vor Allem die Einwanderung chinesischer Ackerbauer
und Feldarbeiter befördern wollte, es blieb jedoch ohne ein Resultat.

Die Chinesen, welche nach Manila kamen und kommen, waren und sind
entweder Krämer oder Handwerker, es giebt nur wenige Ackerbauer
und Feldarbeiter unter ihnen, so 1867 unter 20 293 nur 425
Ackerbauer. Diess ist um so merkwürdiger, als die Leyes de Indias nur
die Niederlassung von ackerbautreibenden und Dienerstellen einnehmenden
Chinesen gestatten (Cañamaque, Recu. I, 278; Scheidnagel 71). Nach
Jagor (Reisen 274) hindert sie die Feindseligkeit der Indier daran,
welche den Chinesen mit grimmigem Hasse und Neide begegnen [41]. Nach
einigen Werken (Cañamaque, Recu. I, 202; Scheidnagel 70) ist die
Einwanderung chinesischer Frauen gesetzlich untersagt, es muss aber
wohl ein Irrthum der resp. Verfasser oder eine Nachlässigkeit der
Behörden vorliegen, denn nicht allein Dr. Jagor (Reiseskizzen 227)
erwähnt die Anwesenheit derselben; nach den statistischen Angaben in
Cavada (I, 373, II, 339) lebten 1870 unter den 23 242 Chinesen der
Philippinen 193 Frauen.

Die Chinesen pflegen sehr jung nach den Philippinen zu kommen, wo sie
zuerst bei einem reich gewordenen Landmanne als Commis oder Lehrling
einzutreten pflegen. So lange er die spanische oder tagalische Sprache
noch nicht erlernt hat, beschäftigt sich der Neuling lediglich mit
Handlanger- und Packer-Arbeiten. Hat er sich hinreichende Sprach- und
Geschäftskenntniss erworben, dann beginnt er mit dem Hausirhandel, um
sich dann später einen Laden einzurichten. In verhältnissmässig kurzer
Zeit hat sich der betriebsame Zopfträger ein kleines Capital erworben,
mit dem er sich in die Heimath zurückzieht. Der gesammte Kleinhandel
ist in ihren Händen vereinigt, "den Aufkauf der Colonialproducte
in den Provinzen für die Ausfuhr theilen sie etwa zur Hälfte mit
Indiern und Mestizen" (Jagor, Reisen 274). In jedem grösseren Pueblo
ist wenigstens ein Chinese anzutreffen. Über die Zahlungsfähigkeit
ihrer Kunden sind sie stets gut unterrichtet (Ilustracion 1860,
n. 14, 158). Alle Handwerke werden von ihnen betrieben, selbst das
unedle Gewerbe der Kurpfuscherei und Charlatanerie findet unter ihnen
zahlreiche, vielgesuchte Vertreter (Buzeta, I, 20).

Da die spanischen Gesetze nur christlichen Chinesen gestattet zu
ehelichen, und die Aufmerksamkeit der Geistlichkeit Concubinate
unmöglich macht oder wenigstens sehr erschwert, so lassen sich viele
taufen, sobald sie einen "guten" Pathen finden. Die Abschliessung
einer Ehe hindert aber den Chinesen nicht, sobald er ein Vermögen sich
erworben, Weib und Kinder im Stiche zu lassen und in sein Vaterland
zurückzukehren, weshalb die Indierinnen, wenn sie mit einem Chinesen
eine Ehe eingehen wollen, sich ein Capital sicherstellen lassen.

Die Chinesen der Philippinen theilen alle Laster ihrer Nation,
insbesondere huldigen sie übermässigem Genusse des Opiums, welcher in
den bekannten Opiumpfeifen geraucht wird. Nur den Chinesen gestattet
die spanische Regierung den Genuss dieses gefährlichen Reizmittels,
für welche Erlaubniss sie eine Abgabe zahlen müssen, welche für 1877
auf 2 345 340 Reales de vellon veranschlagt wurde (Illustration de
l'Oriente 1877, n. 3, p. 9).

Wo die Chinesen in grösserer Anzahl vorhanden sind, wie in
Manila-extramuros, bilden sie autonome politische Gemeinden, welche
nach Art der Indier-Pueblos gegliedert sind. Sie zahlen einen bedeutend
höheren Tribut als die Indier, und 50 Tributzahler bilden auch hier
eine Cabecería, deren Tribut der Cabecilla del Tributo oder Champan
einzunehmen hat. An der Spitze der Gemeinde steht der Gobernadorcillo
oder Capitan, dessen Amtsgehülfen der Teniente, Alguacil mayor und
die Bilangos (gleich den Jueces der Indiergemeinden) sind. Die Wahl
dieser Magistratspersonen erfolgt in derselben Weise, wie jene der
Indiergemeinden. Der Gobernadorcillo, der Teniente und der Alguacil
mayor müssen immer Christen sein.

Was die Zahl der Chinesen anbelangt, so betrug sie:


    1585     1 000 Seelen
    1603    30 000 Seelen (in Manila allein)
    1639    40 000 Seelen (nach Fr. Gaspar, nach Anderen nur über
                   30 000)
    1815     5 000 Seelen allein in der Provinz Tondo
    1828     5 708 Seelen davon in der Prov. Tondo (Manila) 5279
    1830     8 640 Seelen
    1834     5 000 Seelen
    1836     9 038 |
    1837    10 168 |
    1838    10 877 | Seelen allein in der Prov. Tondo
    1839    11 575 |
    1840     5 729 |
    1842    10 000 Seelen
    1847     5 736 | allein in der Prov. Tondo
    1848     7 422 |
    1849     9 331 Seelen
    1850     9 158 Seelen nach Diaz Arenas
             9 901 Seelen nach Buzeta und Bravo
    1870    23 242 Seelen
    1876    30 797 Seelen
    1880 ca 20 000 Seelen in Manila allein.



2. Chinesische Mestizen.

Die Mischlinge von Chinesen und Malaiinnen wurden früher Mestizos
de Sangley genannt, jetzt beginnt dieser Name allmählig durch die
Bezeichnung Mestizos chinos verdrängt zu werden. Diese Mischlinge
sind kräftig gebaut und besitzen die väterliche Sparsamkeit und
Gewerbfleiss, weshalb ein grosser Theil des Kleinhandels, ja selbst
der Bankgeschäfte (im kleinen Umfange) in ihren Händen ruht. In Tracht
und Gewandung nähern sie sich den vornehmen Indiern oder spanischen
Mestizen, von der Mutter haben sie die leidenschaftliche Vorliebe für
den Tabak und das Buyokauen geerbt, vom Vater aber stammt ihr Hang
zum Opiumrauchen her (Cañamaque, Recu. II, 195). Wo die chinesischen
Mestizen in grösserer Anzahl zusammen wohnen, bilden sie autonome
Gemeinden, wie die Chinesen. Bei ihnen genügen 25 bis 30 Tributos
zur Constituirung eines Baranguay. Vor 1783 zahlten sie denselben
Tribut wie die Indier, damals aber wurde er um das Doppelte erhöht,
und seit jener Zeit zahlen sie Abgaben, welche stets höher sind
als die der Indier, aber niedriger als jene der Chinesen. Ihre Zahl
ist eine verhältnissmässig grosse, sie bilden den Bürgerstand der
Philippinen, im Gegensatze zu den Weissen und deren Abkömmlingen,
von denen die ersteren den militärischen oder bureaukratischen, die
letzteren den Landadel darstellen. 1842 zählte man 240 000, 1850 180
000, 1867 210 816 chinesische Mestizen, wobei zu bemerken ist, dass
man diesen Zahlenangaben kein unbedingtes Vertrauen schenken darf,
denn bei der Volkszählung werden nur die Tributos, wenigstens bis
vor Kurzem, gezählt; ein Tributo ist aber die Steuer, welche zwei
erwachsene Personen, quasi ein Ehepaar, zusammen entrichten, es sind
also die Kinder, die erwerbsunfähigen und über 60 Jahre alten Personen
bei der Tributzahlung nicht berücksichtigt, weil sie von der Zahlung
des Tributes befreit sind. Um nun die Bevölkerungsziffer herzustellen,
multipliciren die spanischen Statistiker die Zahl der Tribute mit
4-1/2, manche mit 5, andere mit 6, wodurch die oft widersprechenden
Zahlenangaben hinreichend aufgeklärt sind. Nach meinen mühseligen
und langwierigen Untersuchungen verhält sich im Allgemeinen die Zahl
der spanischen Mestizen (diese zahlen keinen Tribut) zu jener der
chinesischen durchschnittlich wie 1:16, nach älteren Daten berechnet,
da in der neueren Zeit die spanischen Mestizen nicht mehr besonders
in den Censuslisten geführt werden.



3. Japanen.

Zu Ende des XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts existirte in Manila
und zwar in der Vorstadt Dilao eine Japanen-Niederlassung [42]. Von
derselben hat sich jetzt keine Spur erhalten, die Japanen gingen in
den Tagalen auf.



IV. WEISSE UND ANDERE BEVÖLKERUNGSBESTANDTHEILE.


1. Weisse und deren Mischlinge.

Die weisse Bevölkerung der Philippinen war nie eine beträchtliche. Sie
erhielt am Anfange des XVII. Jahrhunderts einen Zuwachs durch jene
portugiesischen Familien, welche nach der Eroberung der Molukken
durch die Holländer sich nach den Philippinen flüchteten. Was unseren
Archipel von allen übrigen spanischen Colonialländern scharf schied,
war das gänzliche Fehlen eines weissen Grundbesitzerstandes; die
Hacenderos und Mineros von Neu-Spanien und Peru waren hier nicht
vorhanden, denn die Philippinen lieferten bis zur Regierung des
thätigen Gobernadors Basco nichts Nennenswerthes an Bodenproducten,
sie waren nur ein Entredépôt des chinesisch-spanischen Handels. Nach
dem westphälischen Frieden wanderten nur Wenige ein, kein Wunder, wenn
man bedenkt, dass man von Spanien nach Manila nur den Weg über Mejico
und durch den Stillen Ocean nehmen durfte, und dass der jährliche
Verkehr zwischen Neu-Spanien und Manila sich nur auf ein einziges
Schiff beschränkte. Die Einwanderer waren Beamte, Soldaten, Mönche,
politische Verbrecher, mitunter auch Abenteurer dunkler Vergangenheit
und wenige Kaufleute. Fast die gesammte weisse Bevölkerung concentrirte
sich in Manila, die von den ersten Conquistadoren begründeten Städte
mit spanischer Bevölkerung und Municipalverfassung verödeten, wie
Cebú, N. Cáceres, N. Segovia oder wurden wieder zu Indier-Dörfern, wie
Arevalo auf Panay. Die wenigsten von den Eingewanderten trugen sich
mit dem Gedanken, sich hier bleibend niederzulassen, sondern kehrten
nach einer Reihe von Jahren in ihr Vaterland zurück, da überdiess
die Zahl der eingewanderten Frauen eine geringe war, so konnte sich
nicht jene mächtige Creolenkaste bilden, die in Spanisch-Amerika noch
heute dominirt.

Als das Festland von Amerika sich von Spanien losriss und
eine Militärrevolte in Manila Statt fand, verwies die spanische
Regierung alle die zahlreichen Mejicaner und Peruaner, welche seit
Basco zahlreich nach den Philippinen gewandert waren. Die Regierung
erschwerte auch in einer dem Gedeihen der Colonie sehr hinderlichen
Weise die Ansässigmachung von Weissen auf dem Lande, und erst in
neuerer Zeit haben Erleichterungen Platz gegriffen. Trotzdem nimmt die
Einwanderung der Weissen mit jedem Jahre zu, und demgemäss beginnt
sich auch eine zahlreiche Creolenkaste zu bilden, da viele von den
Einwanderern sich bleibend niederlassen. Die weisse Bevölkerung
steigert sich auch in den Provinzen. Die Ordensgeistlichkeit besteht
ausschliesslich nur aus Weissen.

Die spanischen Mestizen widmen sich nur dem Plantagenbau als kleine
Grundbesitzer oder sie wählen sich die Beamtenlaufbahn. Jene der
niederen Klassen tragen europäische Beinkleider und Schuhe, über den
Pantalons aber das Hemd, dann eine bunte Cravatte und Cylinderhut. Die
Zahl der Mestizen ist in Wirklichkeit viel grösser als die Censuslisten
aufweisen, indem bei der Nachgiebigkeit der Indierinnen, besonders
der Frauen, von den Spaniern viele Kukukseier gelegt werden, wenn ich
mich dieser vulgären Redewendung bedienen darf. Nach Jagor (Reisen 64)
fällt einem in allen Gegenden, wo Spanier häufig sind, die weisse Farbe
der Eingeborenen auf, was auf eine starke Blutmengung hinweist, wenn
auch diese officiell als "Indios" angeführt werden. "Mädchen, die als
Geliebte von Europäern Kinder bekommen, rechnen sich dieses fast zur
Ehre. Noch mehr ist diess der Fall, wenn das Kind vom Pfarrer ist"
(Jagor 129). Die spanischen Mestizen zahlen ebenso wie die Weissen
keine Kopfsteuer.


                  Weisse           Mestizen      Zusammen

        1575        540 [43]             ?              ?
        1830      6 000                  ?              ?
        1842      1 500 Spanier     20 000         25 000
                  3 500 Creolen
        1849          ?               8 475 [44]        ?
        1850      4 050 [45]          8 584        12 634


Die neueren Censuslisten lassen die Zahl der Weissen und spanischen
Mestizen nicht mit Sicherheit feststellen, da sie die von der
Kopfsteuer befreite Bevölkerung, d. h. die Weissen und deren
Abkömmlinge, nach der Beschäftigung aufzählen, andererseits die in
der Armee und Flotte Dienenden zusammen mit den Indiern aufgeführt
werden. Die Differenzen in den obengenannten Zahlen weisen einerseits
nur auf blosse Schätzungen hin, dann sind ein Mal die europäischen
Soldaten mit eingerechnet, ein anderes Mal wieder nicht.



2. Sonstige Bevölkerungsbestandtheile.

In den vergangenen Jahrhunderten bis zu den Jahren 1821-23 bestand die
Linientruppe der Philippinen, soweit sie sich nicht aus Eingeborenen
ergänzte, zumeist aus mejicanischen Indianern und Mestizen. Zwar
blieben die Soldaten auch nach vollendeter Dienstzeit im Lande und
verheiratheten sich mit eingeborenen Frauen, aber ohne irgendwie
eine selbständige Kaste zu bilden, sie gingen einfach in den Malaien
auf. Dasselbe gilt von den Negern, Kaffern und Papuas, welche in
geringer Anzahl nach den Philippinen im Beginne der spanischen
Conquista von portugiesischen Sclavenhändlern gebracht wurden; da
aber bereits Philipp II. durch ein Decret die Aufhebung der Sclaverei
auf den Philippinen bewirkte [46], so blieben die Philippinen von dem
Fluche einer Negerkaste befreit. Die wenigen Sclaven, welche 1565-90
den Spaniern aus Siam, Cambodscha und Borneo zugeführt wurden, kommen
gar nicht in Betracht.



ANHANG.

Die maritimen Entdeckungen der Spanier im Archipel der Philippinen.


Fernando Magallanes erreichte am 16. März 1521 die Insel Jomonjol in
der Surigao-Gruppe und wurde so der Entdecker der Philippinen, denen
er den Namen S. Lazarus-Archipel verlieh, doch hat diese Benennung
wenig Anklang gefunden, und wir werden sehen, dass diese so reiche
Inselgruppe bis zum Empfange des heutigen Namens von den Spaniern
gewöhnlich "Islas de Poniente" genannt wurde, d. h. die Inseln des
Westens, während sie die Portugiesen die "Islas del Oriente", d. h. die
Inseln des Ostens, hiessen. Magallanes trat mit den Bewohnern Jomonjols
in freundlichen Verkehr, setzte aber, sobald seine Kranken sich ein
wenig erholt hatten, seine Reise fort, auf welcher er die grosse
Insel Leyte und zwar die Südostküste entdeckte, zwischen welcher und
der kleinen Insel Panaon er zu dem Inselchen Limasaua [47] gelangte,
deren Radjah ihn freundlich aufnahm. Von dort begab er sich nach Butuan
an der Nordküste von Mindanao. In Butuan zog er genaue Erkundigungen
über die grosse Insel ein, insbesondere über die Ostküste derselben,
deren Namen Caraga sein Chronist Pigafetta in Calagan verzerrte. Da
aber in Mindanao keine Lebensmittel aufzutreiben waren, so kehrte
Magallanes nach Limasaua zurück, deren Radjah sich ihm selbst als
Lootsen erbot, um die Spanier nach dem Centrum der Visayer-Inseln,
nach Cebú zu führen. Die Expedition brach also unter der Führung des
Radjahs auf und segelte zunächst nach Norden, entlang den Gestaden
Leyte's. Diese grosse Insel führt bei Pigafetta zwei Namen, der
südliche Theil wird dort Ceylon, der nördliche nach einem Orte der
Westküste Baybay genannt. Von Baybay wandte sich die Expedition nach
Westen, erreichte die kleine Inselgruppe der Camotes, segelte dann
Südwest und gelangte so zur Insel Cebú [48] und nach Passirung des
Canales, welcher Cebú von der Insel Mactán trennt, nach der wichtigsten
Stadt jener grossen Insel, welche ebenfalls Cebú hiess.

Da es nicht meine Aufgabe ist, eine Geschichte der Fahrt Magallane's zu
geben, sondern nur die auf die Philippinen bezüglichen Entdeckungen
kurz zu registriren, so sei erwähnt, dass nach dem unglücklichen
Ende des kühnen Magallanes seine Expedition sich nach der Westküste
von Bohol wandte und von dort zwischen der Südspitze von Negros und
der Insel Siquijor ihre Richtung gegen Südwesten nahm. Die Spanier
entdeckten einen neuen Theil der Mindanaoküste und zwar jenen,
welcher westlich von Dapitan beginnt und ungefähr bei der Punta Gorda
endigt. Nach dem im Osten der Punta Gorda befindlichen Cap Quipit
nannten sie die ganze Strecke, die sie vielleicht für eine besondere
Insel ansahen, Isla de Quipit ó Quepindo. Dann folgte die Entdeckung
von Palawan, welches von den Spaniern Paragua genannt wird; die Spanier
entdeckten ferner auf ihrer abenteuerlichen Flucht von Borneo Sulu
(Hauptinsel), die Südküste von Mindanao und die Serangani-Inseln,
von wo aus sich die Reste der Magallanes-Expedition nach den Molukken
wandten und somit das Gebiet der Philippinen verliessen.

Durch diese spanische Expedition wurden die Portugiesen auf die
Philippinen aufmerksam, sie schickten einzelne Schiffe dahin ab,
welche aber keine neuen Entdeckungen machten. In Spanien hatte man
sich inzwischen entschlossen, eine neue Expedition nach den Molukken
auslaufen zu lassen, nachdem ein in Elvas und Badajóz tagender
Congress spanischer und portugiesischer Geographen und Seefahrer
resultatlos auseinandergegangen war; der Congress hatte über die
Frage entscheiden sollen, ob die Molukken zum spanischen oder zum
portugiesischen Weltantheil gehörten. Die neue Expedition bestand aus
sieben baskischen Schiffen, welche unter dem Befehle des Johanniters
Don Fray García Jofre de Loaisa standen, zu dessen eventuellem
Nachfolger der erste Weltumsegler Don Juan Sebastian de Elcano bestimmt
war. Nach schweren Verlusten erreichte die Expedition die Südsee, wo
rasch hintereinander Loaisa und Elcano starben; den Oberbefehl übernahm
nun Toribio Alonso de Salazar, welcher, nach kurzem Aufenthalte in
den Ladronen, am 8. October 1526 die Islas de Poniente erreichte und
zwar an der Ostküste von Mindanao. Salazar wurde so der Entdecker der
Caraga-Küste. Er lief in den Hafen von Liangan ein, starb aber bald,
worauf der muthige Baske Martin Iñiguez (Yañez) de Carquizano Chef der
Expedition wurde. Carquizano versuchte nach Cebú zu gelangen, widrige
Winde hinderten ihn daran, und so begab er sich nach den Molukken,
wo er mit seinen Leuten gegen die Portugiesen kämpfte. Salazar soll
den Islas de Poniente zuerst den Namen "Philippinen" beigelegt haben,
doch ist diess ein Irrthum. So war durch Loaisa's Expedition nur die
Ostküste von Mindanao entdeckt worden.

Eine Expedition nach den Islas de Poniente und den Molukken
sollte bald darauf Neu-Spanien verlassen. Auf Befehl Kaiser Karl's
V. rüstete der glorreiche Eroberer von Méjico D. Fernando Cortés in
dem kleinen pacifischen Hafen Neu-Spaniens Zacatula oder Civatlanejo
eine Flotte von drei Schiffen aus, welche unter der Führung des
D. Alvaro de Saavedra am 31. October 1527 auslief. Da das Hauptziel
dieser Expedition der Molukken-Archipel war, so berührte Saavedra
nur flüchtig die Philippinen und zwar an der Ostküste von Mindanao,
von wo er nach den Molukken aufbrach, so dass diese Expedition nicht
in der Lage war, neue Entdeckungen in dem Archipel zu machen. Von
den Molukken aus versuchte Saavedra zwei Mal ohne Erfolg durch das
Stille Meer nach Méjico zurückzukehren, wobei Sulu von den Spaniern
wieder aufgesucht wurde.

Durch den Vertrag von Zaragoza vom Jahre 1529 entsagte Kaiser Karl
V. seinen Ansprüchen auf die Molukken, und da die Islas de Poniente
nach den damaligen Anschauungen ziemlich werthlos erschienen,
so hörten alle Versuche von spanischer Seite auf, sich mit der
Entdeckung und Colonisation dieses Archipels zu befassen. Die
Portugiesen selbst waren zu sehr mit den Molukken beschäftigt, als
dass man in den Regierungskreisen an eine nähere Durchforschung des
Archipels gedacht hätte, nachdem die Spanier aus diesen Theilen der
Welt verdrängt waren. That auch der portugiesische Staat nichts, so
versuchten es doch Privatleute, für ihren Glauben und die Herrschaft
ihres Vaterlandes Propaganda zu machen. Ein portugiesischer Edelmann,
Francisco de Castro, hatte bereits auf Mangcassar in Celebes als
Missionär gewirkt, ohne selbst Priester zu sein. 1531 kam er nach
der Insel Mindanao und bekehrte dort einige Fürsten, darunter den
Radjah von Butuan, zum Christenthume [49]; es mögen auch noch andere
Portugiesen auf dieser Insel geweilt haben, jedenfalls ist aber die
Entdeckungsgeschichte der Philippinen durch sie nicht bereichert
worden. Die Portugiesen machten sich bald darauf in Mindanao
unmöglich, indem der portugiesische Capitän Pinto nach Abschluss
eines Freundschaftsvertrages mit dem Radjah der Insel Surigao auf
dessen Unterthanen Jagd machte, worauf die empörten Eingeborenen den
verrätherischen Sclavenjäger zur schleunigen Heimkehr nöthigten. Die
Jesuiten und Portugiesen behaupten, dass zu Anfang der vierziger
Jahre des XVI. Saeculums der berühmte Apostel der Indier, Franciscus
Xaverius auf Mindanao das Christenthum gepredigt hätte, was aber aus
triftigen Gründen bezweifelt wird [50]; jedenfalls hat er zur weiteren
Aufdeckung Mindanao's nichts beigetragen.

Einer von den Officieren des Loaisa, der wackere baskische Capitän
D. Andrés de Urdaneta kehrte erst 1536 nach Spanien von den Molukken
zurück, wo er unter den Fahnen des Sultans von Tidore rühmlich gegen
die Portugiesen gefochten hatte. Dieser tüchtige Seemann und Haudegen
suchte dem Kaiser Karl die Wichtigkeit der halbvergessenen Islas de
Poniente hervorzuheben, welche nach seiner Vorstellung die Spanier für
die Cession der Molukken entschädigen sollten. Eingehend wies Urdaneta
nach, dass die Islas de Poniente innerhalb des spanischen Weltantheils
lägen, während die Portugiesen das Gegentheil behaupteten. Wenn
auch Karl damals mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt war, so
versäumte er es nicht, dem Rathe von Indien eine genaue Prüfung der
Vorschläge Urdaneta's anzuempfehlen. Da der berühmte amerikanische
Conquistador D. Pedro de Alvarado ohnehin sich mit dem Plane trug,
einen Zug durch das Stille Meer nach China zu unternehmen, und
dieser spanische Held über eine hinreichende Anzahl von Schiffen und
Soldaten gebot, so gab der Kaiser ihm den Befehl, nach den Islas de
Poniente aufzubrechen, jedoch sollte er unter keiner Bedingung die
Molukken oder irgend welche andere Besitzung der portugiesischen Krone
berühren, noch auch in die Streitigkeiten der eingeborenen Fürsten
und Portugiesen sich mengen. Alvarado begann auch sogleich sich
zu rüsten; schon schien Alles zum Auslaufen bereit, als die Indier
der Provinz Jalisco sich empörten. Alvarado zog gegen sie zu Felde,
aber ein Sturz vom Pferde machte seinem abenteuerlichen Leben ein Ende.

Da das Geschwader segelfertig war, so beschloss der Vicekönig von
Méjico, D. Antonio de Mendoza, es auch nach dem Tode des designirten
Befehlshabers auslaufen zu lassen. Der Vicekönig trug das Commando
zunächst dem in Méjico angelangten Urdaneta an, da aber dieser
erklärte, die an die Führung der Expedition geknüpften Bedingungen und
Vorschriften nicht annehmen zu können, so wurde der Oberbefehl einem
Verwandten des Vicekönigs anvertraut, dem Ruy Lopez de Villalobos, von
dem der alte Waffengefährte des Cortés, Bernal Diaz de Castillo, sagt:
"que sabia mucho de alturas y del arte de navegacion". Da, wie erwähnt,
Alvarado seinen Zug bis nach China hatte ausdehnen wollen, so hatte
er dementsprechend eine grosse Zahl von Schiffen zusammengebracht;
der Vicekönig wollte das Ziel der Expedition auf die Islas de Poniente
beschränken, und weil ohnediess der Aufstand in Jalisco der Flotte
einen Theil der Besatzung entzog, so erhielt Villalobos den Befehl,
sich nur die besten unter den Schiffen Alvarado's auszusuchen, was
denn auch geschah.

Am 1. November 1542 verliess Villalobos den mejicanischen Hafen
Navidad (Natividad) mit fünf Schiffen und 370 Mann. Am 2. Februar
1543 erreichte er die Ostküste Mindanao's und landete in der
Caraga-Bucht. Bernardo de la Torre, Commandant der Landtruppen
der Expedition, gab Mindanao [51] den Namen Cesarea zu Ehren des
Kaisers. Sein Versuch, auf den an der Südspitze Mindanao's liegenden
Sarangani-Inseln eine Niederlassung zu gründen, misslang wegen Mangel
an Lebensmitteln. Die Portugiesen auf den Molukken erhielten hiervon
Kunde und schickten einen Gesandten ab, welcher von Villalobos
die sofortige Räumung des gesammten Archipels forderte, weil er
zum portugiesischen Weltantheil gehöre. Der durch eine grosse
Anzahl erhaltener Vorschriften in seinem freien Thun und Lassen
behinderte Villalobos schickte hierauf ein Schiff nach Neu-Spanien
zurück, um neue Instructionen zu holen, aber dasselbe musste durch
widrige Winde genöthigt umkehren. Villalobos verliess in Folge der
eintretenden Hungersnoth die Sarangani-Inseln und suchte nach Cebú
zu gelangen. Jetzt begann eine wahre Odyssee für diese unglückliche
Expedition, welche beständig mit widrigen Winden und Mangel an
Lebensmitteln zu kämpfen hatte. Umsonst schickte Villalobos von Butuan
aus Schiffe nach Bohol und anderen Inseln, die Spanier schwebten
beständig in der Gefahr, den Hungertod zu erleiden. Zwei seiner
Brigantinen gelangten nach der Insel Sámar und zwar an die Ostküste
derselben, welche damals Ibabáo genannt wurde, während der westliche,
gegen Leyte gewendete Theil den Namen Sámar schon führte, welcher
heute der ganzen Insel zukommt, während der Name Ibabáo vollständig in
Vergessenheit gerathen ist, obwohl im XVII. Jahrhundert die ganze Insel
auch Ibabáo genannt wurde. Die Spanier des Villalobos nannten die Insel
nach dem Radjah von Ibabáo Tendaya (oder Tandaya), Villalobos gab ihr
aber nach dem Infanten Don Felipe den Namen Filipina, ohne jedoch den
Namen auf den ganzen Archipel auszudehnen, wie gewöhnlich angenommen
wird. Noch am 15. Juli 1552 nennt Fray Nicolas de Witte in einem an
den Kaiser selbst gerichteten Schreiben die von Magallanes entdeckten
Inseln "Islas de Poniente" [52], was er gewiss nicht gethan hätte,
wenn jener Archipel nach dem Sohne und Thronerben des Kaisers benannt
worden wäre. Die Bezeichnung Neu-Castilien, welche Villalobos den
heutigen Philippinen gab, gerieth ebenso schnell in Vergessenheit, wie
der Name Islas de San Lazaro, den ihnen Magallanes verliehen hatte. Die
Unmöglichkeit, Lebensmittel zu erlangen oder Cebú zu erreichen, zwangen
schliesslich nach langen Irrfahrten den spanischen Admiral, mit dem
Reste seiner Leute nach den Molukken aufzubrechen und den Portugiesen
halbverhungert sich zu ergeben, nachdem ein Versuch misslungen war,
ein Schiff in südlicheren Breiten (längs Neu-Guinea) nach Neu-Spanien
um Succurs zu senden. Der Befehlshaber dieses Schiffes, der seekundige
Mönch Fray Gerónimo de S. Estévan y Jimenez, gab angeblich Neu-Guinea
den noch heute gebräuchlichen Namen. Die auf Sámar durch Schiffbruch
zurückgebliebenen Spanier wurden durch Schiffe des Sultans von Tidore
nach den Molukken gebracht.

Nach dieser unglücklichen Expedition verlor Kaiser Karl V. alle Lust,
sich weiter mit den Islas de Poniente zu beschäftigen, sie hatten ihn
nur Blut und Geld gekostet, ohne auch nur einen Ersatz für die auf ihre
Entdeckung verschwendeten Opfer zu bieten; erst als sein Sohn Philipp
II. zur Regierung gelangte, begann man am spanischen Hofe sich wieder
der Islas de Poniente zu erinnern. Es ist nur zu wahrscheinlich,
dass Urdaneta es war, der den König auf jenen entlegenen Erdtheil
aufmerksam machte. Philipp entschloss sich im Jahre 1558 nochmals, den
Versuch zu unternehmen, die Islas de Poniente zu erobern, er richtete
ein in den schmeichelhaftesten Ausdrücken verfasstes Schreiben [53]
an Urdaneta, in welchem er ihm mittheilte, dass der Vicekönig von
Neu-Spanien den Befehl erhalten hätte, nach den Islas de Poniente
(also Philipp kennt den Namen Philippinen nicht) eine Expedition
auszusenden, und dass es der Wunsch des Königs wäre, dass Urdaneta
an diesem Zuge Theil nehme. Urdaneta war inzwischen Augustinermönch
geworden, und aus seinem Kloster in der Stadt Méjico schickte er dem
Könige als Antwort auf dessen Schreiben ein ausführliches Memorial
über die Schifffahrt in der Südsee und den ihm bekannten ostasiatischen
Gewässern. Der Vicekönig hatte gleichzeitig den Befehl zur Ausrüstung
jener Expedition erhalten, es stand ihm die Auswahl der Befehlshaber,
der Schiffe und Mannschaft frei; die Richtung und Ausdehnung der Fahrt
aber, kurz die ganze Direction der Unternehmung sollte dem erfahrenen
Fray Andrés Urdaneta überlassen bleiben, der den Titel eines "Protector
de Indios" erhielt. Auf Vorschlag des Urdaneta wurde sein Landsmann,
der Baske Don Miguel Lopez de Legazpi zum Chef der Expedition ernannt,
auch die Mannschaft der aus fünf Schiffen bestehenden Flotte bestand
grösstentheils aus seekundigen Basken.

Am 21. November 1564 verliess die Expedition die Küste Neu-Spaniens;
am 9. Januar 1565 wurden die Ladronen erreicht und am 13. Februar
die erste Philippine, die kleine Insel Suluan, südlich von Sámar,
der Legazpi den Namen Buen Señal (das gute Omen) gab. Da es nicht in
meiner Absicht liegt, eine Geschichte der spanischen Eroberung der
Philippinen zu geben, sondern mich nur mit der kurzen Registrirung der
Entdeckungen zu beschäftigen, so erwähne ich, dass Legazpi zunächst
Sámar aufsuchte und zwar den südlichen Theil, er nennt die Insel:
"Ibabáo". Von dort wandte er sich nach Leyte und landete bei dem uns
schon durch Magallanes bekannten Inselchen Panaon. Da die Expedition
trotz aller freundlichen Bemühungen die in die Bergwildnisse sich
flüchtenden Eingeborenen zur Lieferung von Lebensmitteln nicht bewegen
konnte, so entschloss sich Legazpi, am 14. März nach Mindanao zu
gehen, entweder nach Butuan oder der Insel Camiguin, widrige Winde
verschlugen ihn aber nach dem damals sehr schwach bevölkerten [54]
Bohol, so dass er auch hier keine Lebensmittel auftreiben konnte,
zumal auch hier die Eingeborenen sich mit den Spaniern in keinen
Verkehr setzten. Legazpi schickte nun das schnellste seiner Schiffe,
den S. Juan, unter Capitän Isla nach Butuan, um mit dem Fürsten dieses
Landes einen Freundschaftsvertrag abzuschliessen und Lebensmittel und
Zimmt dort einzukaufen. Ehe noch Isla von seiner glücklichen Fahrt
nach Butuan zurückgekehrt war, hatte Legazpi durch Vermittelung eines
Steuermannes aus Borneo sich mit den Häuptlingen von Bohol befreundet
und mit dem vornehmsten derselben Blutsfreundschaft (beide tranken
gegenseitig ihr Blut) geschlossen. Legazpi schickte den Piloto Mayor
der Flotte, Don Estévan Rodriguez, in Begleitung des borneanischen
Steuermannes, mit geringer Bedeckung mit einem kleinen Fahrzeuge ab,
um Cebú zu recognosciren und die Route dorthin sicherzustellen. Als
dieses Schiff lange ausblieb, wurden zwei spanische Soldaten auf
einem Boote der Eingeborenen dem ersteren nachgeschickt, sie kehrten
mit der Nachricht zurück, dass von dem ersten Fahrzeuge nichts zu
erblicken wäre, dagegen brachten sie die frohe Kunde, dass Cebú von
Reichthümern strotze, bald darauf traf Rodriguez ein und bestätigte
diese Nachrichten, auch Capitän Isla langte mit reicher Ladung an. Das
kam zur rechten Zeit, denn schon hatten Hungersnoth und Enttäuschung
(man fand nirgends Gold) die Leute unzufrieden gemacht und selbst unter
dem Officierscorps den Wunsch nach einer Rückkehr nach Neu-Spanien
hervorgerufen, Legazpi hatte sich genöthigt gesehen, einen Kriegsrath
einzuberufen, der erst nach langen und stürmischen Debatten sich für
das Bleiben entschied.

Am 22. April verliess Legazpi Bohol, statt aber direct nach Cebú
zu gelangen, wurde er nach Dapitan an der Nordküste von Mindanao
verschlagen, wo ihm der Fürst desselben, Pagbuya, erst die Piloten
gab, welche die Expedition glücklich nach dem Hauptorte Cebú's
brachten, wo Legazpi's Schiffe am 27. April 1565 Anker warfen und
zwar in der Ensenada de Mandave. Dort gründete Legazpi eine spanische
Niederlassung, die er zuerst S. Miguel de Cebú nannte, deren Name er
aber bald darauf in "Villa de Santísimo Nombre de Jesús" umänderte, als
ein Soldat die Statue eines Jesuskindes fand, die wahrscheinlich von
Magallanes' Leuten zurückgelassen worden war. Fray Andrés de Urdaneta
kehrte hierauf mit dem besten Schiffe nach Neu-Spanien zurück, um den
Vicekönige den Bericht über den Stand der jungen Colonie zu erstatten
und um Verstärkungen und Nachsendungen zu fordern [55].

Auch in Cebú litten die Spanier Mangel an Lebensmitteln, denn die
Eingeborenen bauten nicht mehr als sie selbst brauchten, und das
nach Neu-Spanien abgegangene Schiff hatte die wenigen Vorräthe
vollständig erschöpft. Legazpi schickte den Capitän Goyti ab,
um Lebensmittel aufzutreiben, Goyti wurde so der Entdecker von
der Westküste von Cebú und den gegenüberliegenden Gestaden von
Buglás, das er nach seinen schwarzen Bewohnern die Isla de Negros
(Neger-Insel) nannte. Im folgenden Jahre (1566) gelangte der Oberst
Mateo de Sauz bis nach Panay, als er Reis einkaufen wollte, bei
dieser Gelegenheit besuchte er die Westküste von Negros. Derselbe
Sauz (ebenfalls ein Baske) entdeckte noch in demselben Jahre die
Nordküste der Isla de Baybay (Nord-Leyte), die Inseln Bilaran und
Panamao, sowie den nördlich von der Juanico-Strasse gelegenen Theil
von der Westküste Sámars. Der unermüdliche Sauz begab sich noch in
demselben Jahre und zwar zum zweiten Male nach Butuan, und besuchte
auch die Ostküste Mindanao's, deren nördliche Strecke er Küste Coavit
(nach dem heute Cavit geschriebenen Cap) benannte, dort stiess er
aber mit einem portugiesischen Schiffe zusammen, denn die Portugiesen
waren gekommen, um durch Güte oder Gewalt die Spanier zur Räumung der
heutigen Philippinen zu zwingen. Die Portugiesen erschienen auch in der
Nähe von Cebú, kehrten aber wieder nach den Molukken zurück, da sie die
Spanier stärker vorfanden, als ihnen berichtet worden war. Im März 1567
wurde die Entdeckung von Panay durch den Capitän de la Haya vollendet.

In demselben Jahre schickte Legazpi ein Schiff nach Neu-Spanien ab,
welches einen genauen Bericht des spanischen Generals an seinen König
zu überbringen hatte. In diesem Briefe nennt Legazpi den ganzen von
ihm bisher entdeckten Archipel "Islas Filipinas", welche Benennung
noch heute allgemein üblich ist. Die Inselgruppe, welche Cebú, Bohol,
Leyte, Sámar, Negros und Panay umfasst, also jenen Archipel, welchen
die Spanier Islas Visayas heute nennen, bezeichnete er mit dem Namen
Islas de Pintados, weil die Eingeborenen sich den Leib zu bemalen
pflegten. Der Name Pintados für die Visayer [56]-Inseln und deren
Bewohner erhielt sich bis in den Anfang des XVIII. Jahrhunderts. Das
Jahr 1568 brachte wenig neue Entdeckungen, weil die Spanier, von
einer portugiesischen Flotte in Cebú angegriffen, Mühe hatten, sich
des plötzlichen Angriffes zu erwehren.

Da Cebú zu wenig Lebensmittel producirte, so verlegte Anfang 1569
Legazpi sein Hauptquartier nach dem reichen Panay und zwar an die
Nordküste dieser Insel, wo die heutige Provinz Capiz sich befindet,
von da an jagt eine Entdeckung die andere. Der Sevillaner Edelmann
D. Luis Henriquez de Guzman entdeckte und eroberte die Inseln Masbate,
Burías und Ticao, von dort gelangte er nach der Landschaft Albay,
dem südlichsten Theile Luzons, er war also der erste Spanier,
welcher die grösste Insel der Philippinen betrat, und das betone
ich ausdrücklich, weil man oft der Ansicht begegnet, die Entdecker
Luzons wären Goyti und Salcedo gewesen [57]. Ihn begleitete auf
diesen Zügen der Augustiner Fray Alonso Jiménez. Die vollständige
Unterwerfung dieser Gebiete führte unmittelbar darauf der Capitän
D. Andrés de Ibarra aus. Damals führte Albay den Namen Ibalon oder
wurde wenigstens so von den Spaniern genannt.

Zur selben Zeit unternahm der heldenmüthige Enkel Legazpi's, Don
Juan de Salcedo, an der Spitze von 30 Spaniern und 500 Eingeborenen
eine Expedition nach der den Spaniern noch unbekannten grossen Insel
Mindoro, deren Küsten er befuhr; er entdeckte noch überdiess die
Insel Lubang und kam auf diese Weise in die unmittelbarste Nähe der
Bay von Manila.

Inzwischen hatte Legazpi den Befehl vom König erhalten, den gesammten
Archipel der Philippinen der spanischen Krone zu unterwerfen, deshalb
trachtete er vor Allem darnach, Manila's sich zu bemächtigen, dessen
Kaufleute und Schiffe er in Mindanao wie den Pintados getroffen
hatte und von dessen Reichthume sich die Spanier überschwengliche
Vorstellungen machten. Während er sich mit den Rüstungen zu
diesem Zuge und dem Aufbau seiner Befestigungen in dem zu einer
Ciudad (kgl. Freistadt) erhobenen Cebú (Santísimo Nombre de Jesús)
beschäftigte, wurden der Maestre de Campo (Oberst) Goyti und Juan
Salcedo mit mehreren Schiffen und 120 spanischen Soldaten und
zahlreichen "Pintados" abgeschickt, um Luzon, insbesondere Manila,
zu recognosciren (1570).

Die Expedition erreichte Luzon an den Küsten der heutigen Provinz
Batangas, welche damals Comintana genannt wurde, hier trennten
sich die beiden Führer, Goyti segelte nach Norden und wurde so der
Entdecker der herrlichen Bai von Manila, Salcedo aber entdeckte den
grossen Binnensee von Bombon, in dessen Mitte auf einer kleinen Insel
der niedrige aber unheilvolle Vulcan von Taal sich befindet. Damals
war das kurze Flüsschen, welches die Laguna de Bombon mit dem Meere
verbindet, tief genug, um den seichtgehenden Schiffen Salcedo's
das Einlaufen in den See zu gestatten. Als aber Salcedo mit den
Umwohnern der Lagune in Kampf gerieth und selbst verwundet wurde,
zog er sich zurück und vereinigte sich erst vor Manila mit Goyti. In
Manila wurden die Spanier plötzlich überfallen, woran vielleicht
portugiesische Wühlereien Schuld trugen, wenigstens fand man nach
der Erstürmung des hölzernen Forts des Sultans von Manila einen
Portugiesen, welcher die Artillerie befehligt hatte. Ich glaube,
dass jener Portugiese kein Agent seines Vaterlandes gewesen ist, die
dürftigen Nachrichten gestatten den Schluss, dass er ein Deserteur
oder Renegat gewesen sei. Nach der Züchtigung der verrätherischen
Eingeborenen kehrten Goyti und Salcedo nach Panay zurück.

1571 erschien Legazpi in der Bai von Manila und gründete dort an der
Mündung des Pasig die Hauptstadt der Philippinen, von welcher aus bald
Expeditionen nach allen Seiten ausgingen, um Luzon oder Neu-Castilien,
wie es Legazpi nannte, zu unterwerfen. Goyti drang in die Landschaft
Pampanga vor und unterwarf sie der spanischen Krone, damals verstand
man unter dem Namen Pampanga auch die heutigen Provinzen Bulucán,
Nueva Écija und La Infanta, jedoch kam Goyti nicht bis an die Ostküste
Luzons, das war Salcedo vorbehalten. Dieser kühne Conquistador
segelte den Pasig hinauf und wurde so der Entdecker der wunderbar
schönen Laguna de Bay, deren Gestade er seinem Könige zinspflichtig
machte. An der Laguna erfuhr Salcedo, dass jenseits der Berge, welche
im Osten und Südosten den See umgeben, Gold zu finden wäre. Salcedo
brach sofort dahin auf, zwar missglückte sein erster Zug, er musste
beim Vulcan Mahayhay oder Banahao wieder umkehren, aber mit frischen
Verstärkungen versehen gelang es ihm, unter grossen Schwierigkeiten die
Ostküste Luzons, die sogenannte Contracosta, zu erreichen, worauf er
die Küsten von Camarínes [58] bis zur Bai von S. Miguel befuhr und die
Goldminen von Paracale und Mamburao entdeckte; beinahe gleichzeitig
war die Insel Tablas, dann die luzonische Landschaft Calilaya (das
heutige Tayabas) von spanischen Truppen unterworfen worden. Auch die
Cuyos- und Calamianes-Inseln sowie das nördliche Palawan (Paragua)
waren inzwischen entdeckt und unterworfen worden.

1572 brach Salcedo mit einem kleinen Geschwader von malaiischen
Fahrzeugen aus Manila auf, um die nördlichen Küsten Luzons und die
Ausdehnung dieser Insel überhaupt kennen zu lernen. Salcedo umsegelte
ganz Nord-Luzon, entdeckte die Landschaften Zambales, Pangasinán
(Lingayen), Ilócos und Cagayán und gab den Vorgebirgen Bogeador und
Engaño ihre noch heute üblichen Namen. Auf der Fahrt längs der Ostküste
entdeckte er die Insel Polillo. In der Bucht von Amanto endete diese
abenteuerliche Expedition, Salcedo kehrte auf dem Landwege und über
die Laguna de Bay nach Manila zurück, wo inzwischen sein Grossvater
Legazpi im August 1572 gestorben war. Labezares, ebenfalls ein
Baske, wurde jetzt Interims-Gouverneur, er schickte im Jahre 1573
den Salcedo nach Camarínes ab, um dieses von Salcedo selbst entdeckte
Land der spanischen Krone zu unterwerfen, was ihm rasch gelang, wobei
auch die gesammten westlichen Küsten von Camarínes entdeckt wurden
(durch Cap. Chaves), so dass jetzt die Küste Luzons in ihrer gesammten
Ausdehnung bekannt wurde, hauptsächlich durch Salcedo. Damit war die
Aera der grossen Entdeckungen in den Philippinen zu Ende, es blieb
nur die Nachlese übrig. Figueroa besuchte 1578 die einzelnen Inseln
des Sulu-Archipels, und von Cagayán drangen die Spanier wenige Jahre
später nach den Babuyanen vor. Damit war die Entdeckung der Philippinen
abgeschlossen und weitere Forschungsreisen konnten sich nur mehr mit
den Binnenlandschaften des Archipels befassen.

Fassen wir kurz das oben Erwähnte zusammen, so gelangen wir zu
folgenden Resultaten, wenn wir die einzelnen Theile der Philippinischen
Inseln der Reihe nach durchnehmen.



A. Surigao-Inseln:

entdeckt von Magallanes 1521 und zwar die Insel Jomonjol, die Inseln
Caburao, Siargao, Bucas und Dinagat von der Expedition unter Villalobos
1543. Die Insel Suluan wurde schon von Magallanes entdeckt, aber erst
1565 von Legazpi näher erforscht. Legazpi verlieh ihr auch den Namen
Buen Señal.



B. Visayer-Inseln oder Islas de Pintados.

1. Sámar: Ältere Namen sind Tendaya oder Tandaya, Achan, Camlaia,
Filipina und Ibabáo. Letztere Benennung erhielt sich am längsten,
wurde aber Anfangs auf den östlichen Theil der Insel beschränkt,
während die westlichen Gestade Sámar oder Samal genannt werden. Im
XVII. Jahrhundert dient als Gesammtbezeichnung für die Insel der
Name Islas de Ibabáo, wohl zu unterscheiden von dem Ausdrucke Costa
Ibabáo, womit nur die Ostküste in dieser Zeit bezeichnet wurde; im
XVIII. Jahrhundert gewinnt erst der Name Sámar Oberhand, und heute
ist selbst der Name Ibabáo vergessen, die anderen Namen haben nur eine
Eintagsexistenz gehabt, in französischen Werken des XVII. Jahrhunderts
nur fand ich den Namen Tendaya und Filipina noch lange Zeit hindurch
erhalten. Obwohl es nicht unwahrscheinlich ist, dass Magallanes
wenigstens von der Ferne die Südspitze von Sámar erblickte, so sind mit
Sicherheit nur zwei Schiffe von Villalobos' Expedition (1543) als die
ersten europäischen Schiffe nachzuweisen, welche Sámar, und zwar die
südlichen und östlichen Gestade besuchten. Die übrigen Küsten desselben
wurden erst 1566-1570 von den Spaniern der Legazpi'schen Expedition
aufgefunden; speciell der an der Bernardino-Strasse gelegene Theil
und die benachbarte Insel Capul wurden erst 1570 vom Capitän Ibarra
aufgesucht und genau durchforscht.

2. Leyte mit Panaon, Limasaua, den Camotes, Bilaran, und
Panamao. Pigafetta nennt den nördlichen Theil von Leyte Isla de
Baybay, den südlichen Ceylon oder Seilani, weshalb noch in späteren
nicht-spanischen Werken, welche ihre Kenntniss der Philippinen aus
Pigafetta schöpften, die Insel Leyte den Namen Ceylon de Pigafetta
führt, eine Benennung, die den spanischen Historikern selbst der
älteren Zeit unbekannt ist. Magallanes besuchte die südlichen Hälften
der Ost- und Westküste. Der übrige Theil der Küste wurde von Sauz
1566 besucht.

Die kleine Insel Panaon wurde 1521 von Magallanes entdeckt, desgleichen
Limasaua, welches Mazava oder Massaua genannt und gelegentlich auch
Dimasaua oder Dimausava (Dimasaba, Limasaba, Limasava) geschrieben
wurde. Auch die Camotes-Gruppe, zwischen Leyte und Cebú, ist eine
Entdeckung des Magallanes, während die nördlich gelegenen Inseln
Bilaran und Panamao von dem Basken Sauz entdeckt worden sind.

3. Bohol (oder Bojol geschrieben, weil die Eingeborenen das spanische
j mit dem h-Laute oft verwechseln). Bohol wurde von den ersten
Conquistadoren auch Pohol oder Pool genannt. Bohol wurde von der
Expedition des Magallanes in seinen westlichen und östlichen Theilen
entdeckt. Die Südküste wurde erst von den Schiffen des Villalobos
genauer untersucht (1543), und der mittlere Theil der Nordküste 1565
von Legazpi's Leuten betreten.

4. Siquijor oder Fuego. Die Westküste dieses Eilandes wurde von
Carvalho 1521 gesehen, die übrigen Theile unter Legazpi 1565 und 1566.

5. Cebú mit Mactan. Cebú wird von den ersten Entdeckern Zubu, Çubu,
Subu, auch mit t am Ende: Zubut &c. geschrieben, bei den Eingeborenen
führte es den Namen Sogbu. Im XVII. und XVIII. Jahrhundert finden wir
die Orthographie Zebu oder Çebu. Der grösste Theil der Westküste wurde
von Magallanes selbst und nach seinem Tode von Carvalho entdeckt. Eine
andere Strecke der westlichen Gestade entdeckte Legazpi 1565 selbst,
den Rest sowie die Ostküste seine Officiere, insbesondere Goyti.

6. Negros. Negros wurde von den Visayern Buglás genannt, der spanische
Name hat jedoch den eingeborenen vollständig verdrängt. Der südlichste
Theil mit der Punta Bombonon wurde jedenfalls schon von Carvalho
1521 gesehen, doch lässt sich diess nicht mit voller Sicherheit
behaupten. Die Ostküste wurde 1565 von Goyti, die Westküste von Sauz
und anderen spanischen Officieren des Legazpi 1566 entdeckt.

7. Guimaras. 1566 entdeckt, damals wurde es Ymaras genannt.

8. Panay. Ihr alter Name ist Isla de Oton, später heisst der nördliche
Theil (das heutige Capíz) Isla de Panay, der südliche Isla de Oton
(Otong, Octong). Die Insel wurde 1566 von Sauz entdeckt und ihre
Gestade waren bis 1568 durchweg bekannt, 1569 sogar schon vollständig
den Spaniern unterworfen.

9. Die Cagayanes (zwischen Negros und Palawan) waren schon 1521
Carvalho bekannt, doch fällt ihre eigentliche Entdeckung erst in die
Jahre 1569-71, wo diese Inselgruppe von den Spaniern nach und nach
entdeckt und in Besitz genommen wurde.

10. Die Cuyos-Gruppe wurde in derselben Zeit wie die Cagayanes entdeckt
und unterworfen.

11. Masbate, Ticao und Burías wurden 1569 von Guzman entdeckt,
der Capitän Ibarra hatte bei diesen Entdeckungen sich ebenfalls
Verdienste erworben.

12. Tablas, Romblon, Sibuyan und Marinduque. Die Westküste von Tablas
war 1569 durch Don Juan de Salcedo entdeckt worden, die Ostküste
sowie Romblon, Sibuyan und Marinduque wurden etwas später von anderen
Officieren des Legazpi entdeckt und unterworfen.

13. Mindoro und Lubang. Diese beiden Inseln wurden von Salcedo 1569
aufgefunden und erobert [59], desgleichen die zwischen Mindoro und
Panay liegende Insel Semerara. Mindoro wurde in der ältesten Zeit
Mait genannt.



C. Palawan und die Calamianes.

Palawan wird von den Spaniern Paragua genannt, ältere Bezeichnungen
sind Palaon, Palauan. Der südliche Theil von Palawan wurde bereits
1521 von Magallanes' Leuten unter Carvalho entdeckt, der nördliche
Theil dieser Insel wurde zwar unter Legazpi's Regierung, und zwar
1570-72 entdeckt und dem spanischen Könige tributpflichtig gemacht,
doch haben die Spanier sich wenig um diese grosse Insel gekümmert,
deren grössere Südhälfte erst in den letzten Jahren von den Spaniern
occupirt wurde, obwohl mit unberechtigter Hartnäckigkeit selbst neuere
deutsche Karten es mit derselben Farbe coloriren wie Sulu. Der südliche
Westtheil dieser Insel wurde vielleicht erst um 1577 oder 1578 von
den Spaniern genauer untersucht. Die einst zu Borneo, dann zu Sulu
und heute zu Spanien gehörige Insel Balabac wurde 1521 entdeckt.

Die Calamianes wurden in der Zeit von 1570-1572 von spanischen Mönchen
und Soldaten besucht.



D. Luzon.

Der ältere Name Luzons lautet Lusong, wie ihn noch heute die Chinesen
gebrauchen. Legazpi gab dieser grössten Insel der Philippinen den
Namen Neu-Castilien, doch gerieth dieser Name in Kürze vollständig
in Vergessenheit. Nach der wichtigsten Stadt, nicht nur Luzons,
sondern auch der Philippinen überhaupt, nach Manila [60] nämlich,
wurde auch Luzon Manila genannt, aber nur von den Portugiesen und
Franzosen, welche auch die gesammten Philippinen Manila-Inseln nannten,
daher auch in einigen deutschen Werken des vorigen Jahrhunderts unser
Archipel die Bezeichnung "die Manillen" führt, doch ist zum Glück diese
geschmacklose Benennung von den deutschen Karten verschwunden. Zur
Zeit der Conquista zerfiel Luzon in folgende Landschaften: Albay oder
Ibalon, Camarínes oder Nebuy, Talyabas oder Calilaya, Batangas oder
Comintana, Manila mit Tondo, Laguna de Bay, Pampanga, Pangasinan,
Ilócos und Cagayan.

Unter der Landschaft Ibalon oder Albay der Conquista ist der südlichste
Theil Luzons zu verstehen, und zwar kann man als nördliche Grenzscheide
die tiefe Einsenkung zwischen den beiden Vulcanen, dem (übrigens
erloschenen) Mazaraga und Máyon (besser bekannt als "Vulcan von Albay")
annehmen. Diese Landschaft Albay ist wohl zu unterscheiden von der
späteren Provinz Albay, zu welcher auch die Inseln Masbáte und Ticáo
gehörten. Ibalon wurde 1569 durch Guzman entdeckt und diese Entdeckung
unmittelbar von Ibarra fortgesetzt, insbesondere an der Ostküste.

Die Landschaft Nebuy oder Camarínes hatte als nordwestliche Grenze
die beiden Flüsse Rio Tabagon und Rio Cabibijan, von denen der erstere
in die Bucht von Sogod an der Contracosta, der letztere in die Bucht
von Guinayangan oder Ragay sich ergiesst. Von der Landschaft Albay ist
Camarínes durch die obenerwähnte Einsenkung zwischen dem Mazaraga und
Máyon getrennt. Der Entdecker von Camarínes ist Don Juan de Salcedo,
den nördlichen Theil entdeckte er bereits 1571, den Rest 1573. Die
Catanduanes-Inseln an der Ostküste von Camarínes sind aber nicht von
ihm, sondern vom Capitän Chaves (1573) besucht worden, ebenso die
Küstenstrecken in der Bucht von Ragay.

Calilaya oder Tayábas umfasste den schmalen isthmusartigen Landstrich
Luzons, welcher vom Vulcane Mahayhay bis zu der von mir oben erwähnten
Nordwestgrenze von Camarínes reichte. Die nördlichen Gestade (an
der Contracosta) wurden von Salcedo 1571 entdeckt, die südlichen zur
selben Zeit vom Capitän Ibarra, ein Theil der an der Bucht von Ragay
liegenden Gestade wurde erst 1573 von Chaves betreten.

Die Landschaft Comintana oder Batangas wurde auch nach ihrer
grössten Stadt: Taal oder nach ihrem Binnensee, der Laguna de Bombon,
Bombon genannt. Sie umfasste die heutige Provinz Batangas und den
südlichen Theil der Provinz Cavite. Ihre Gestade wurden von Goyti
und Salcedo 1570 entdeckt und diese Entdeckungen 1571 durch Ibarra
vervollständigt. Die Laguna de Bombon wurde von Salcedo 1570 entdeckt,
die nördlichen Ufer derselben wurden von ihm nur von der Ferne gesehen,
da er nur im südlichen Theile des Sees an's Land trat.

Die Landschaften Manila und Tondo umfassten die heutige Provinz
Tondo-Manila ganz, ferner den nördlichen Theil der Provinz Cavite und
Theile der Provinz Bulacán. Ihre Küste wurde von Goyti 1570 entdeckt,
wie denn dieser ungemein tüchtige Baske der Entdecker der Bai von
Manila ist und nicht Salcedo. Die am Pasig gelegenen Theile wurden
1571 von Salcedo entdeckt und unterworfen.

Die Landschaft Laguna umfasste die ganzen Ufergebiete der Laguna de
Bay (früher auch "Bahi" genannt) und wurde 1571 von Salcedo entdeckt
und tributpflichtig gemacht.

Unter Pampanga verstand man in den Zeiten der Conquista nicht allein
die heutige Provinz gleichen Namens, sondern auch den nördlichen Theil
von Bulacán, die südliche grössere Hälfte des heutigen Zambales, den
südwestlichen Theil von Nueva Vizcaya und das ganze heutige Nueva
Écija, La Infanta und Bataán. Die an der Bai von Manila gelegenen
Theile, die Corregidor-Insel (damals Marivelez genannt), entdeckte
1571 Goyti, alle übrigen Gestadelandschaften des alten Pampanga's
wurden 1572 von dem Cortés der Philippinen, dem ritterlichen Don Juan
de Salcedo, auf seiner Umseglung Nord-Luzons entdeckt. Salcedo liess
keine Bucht undurchforscht.

Pangasinán umfasste die Küstenlande des Golfs von Lingayen (Lingayan),
weshalb es auch Lingayen genannt wird. Die Halbinsel, welche zwischen
dem Golf von Lingayen und der Bucht von Bazol liegt und mit dem Cap
Bolinao endigt, gehörte damals zu Pangasinán, ebenso der südlichste
Theil der heutigen Provinz Union. Pangasinán wurde von Salcedo 1572
entdeckt.

Ilócos umfasste den ganzen langgestreckten aber schmalen Küstensaum,
welcher vom Golf von Lingayen, und zwar vom Monte Sto. Tomas sich
bis über das Cap Bogeador ausdehnt. Ilócos wurde ebenfalls 1572 von
Salcedo entdeckt und unterworfen.

Cagayán war das Land an der Nordküste Luzons und an den Ufern des Rio
Grande de Cagayán (dem Rio Tago älterer Werke). Auch hier begegnen
wir dem Namen Salcedo's wieder, der das Land entdeckte, aber nicht
unterwarf (1572).

Die nördlich von Luzon gelegenen Babuyanes-Inseln wurden in der Zeit
zwischen 1581-85 entdeckt, von wem? ist nach dem mir vorliegenden
Quellenmaterial nicht zu sagen. Ich vermuthe, dass Capitän Carrion
sie entdeckte, als er eine japanische Piraten-Niederlassung an
der Küste Cagayáns (in der Nähe des heutigen Aparri) verhinderte
und seine Schiffe den japanischen Flüchtlingen nachsetzten. 1585
zählte Philipp II. auf diesen Inseln bereits 1000 Unterthanen. Die
nördlich von den Babuyanes gelegenen Batanes oder Bashee-Inseln
waren den Spaniern lange vor der angeblichen Entdeckung Dampier's
bekannt. So kehrte die Mannschaft des 1596 an der japanischen Küste
gescheiterten spanischen Schiffes S. Francisco über die Batanes
nach Manila zurück, ohne dass diese Schiffbrüchigen als Entdecker
dieser Inselgruppe bezeichnet werden, es müssen also die Batanes
schon vor 1596 den Spaniern bekannt gewesen sein. Erst in der Zeit
des nordamerikanischen Unabhängigkeits-Krieges wurden diese Inseln
von den Spaniern militärisch besetzt.



E. Mindanao mit dem Sulu-Archipel.

Es ist sehr schwer, die Entdeckungsgeschichte dieser Insel mit
apodiktischer Sicherheit wiederzugeben, denn nirgends waren die
ersten spanischen Seefahrer so freigebig mit Namensbezeichnungen,
die sich selten localisiren lassen, als hier.

In der ersten Zeit besass diese zweitgrösste Insel der Philippinen
gar keine Gesammtbezeichnung, sondern nur die Namen der einzelnen
Districte, denen das Wort Isla (Insel) vorgesetzt wurde, so dass man
glauben konnte, einen ganzen Archipel, statt einer einzigen grossen
Insel vor sich zu haben. Noch im Anfange des XVII. Jahrhunderts finden
wir Bezeichnungen wie: Isla de Caraga, Isla de Butuan &c. vor. Auf
diese Weise entstand die nie existirende Insel San Juan auf den alten
Karten im Nordosten von Mindanao, welche, nebenbei gesagt, noch in
Spruner's historischem Handatlas ihre mysteriöse Existenz ungestört
weiterfristet. Der Name Mindanao war auf das Mündungsgebiet des Rio
Grande de Mindanao beschränkt, wo das mächtige Sultanat gleichen
Namens sich bildete. Als durch die Jesuiten der Name Mindanao bald
zur Gesammtbezeichnung der ganzen Insel wurde, entstanden grössere
Confusionen selbst bei minder oberflächlichen Schriftstellern,
indem die Landschaft Mindanao, das gleichnamige Sultanat (welches
in seiner Blüthezeit die ganze Westküste des Eilandes umfasste) und
die gesammten Inseln miteinander verwechselt wurden. Bei Benutzung
alter Werke ist daher grosse Vorsicht nöthig, wenn man in denselben
auf den Namen Mindanao stösst, selbst wenn dort "Isla de Mindanao"
sich findet, ist oft nur das Mündungsgebiet des obenerwähnten Flusses
gemeint. Nur wenn wir auf den Namen La Isla Grande (de Mindanao)
stossen, ist jeder Zweifel überflüssig. Die Variante Magindanao wurde
von spanischen Schriftstellern nur selten gebraucht. Der gediegenste
Historiker der Insel der selbst lange Jahre auf ihr zugebracht hatte
(Mitte des XVII. Jahrhunderts), P. Combes, schreibt stets Mindanao. Die
Leute Magallanes' nannten die Nordküste der vom Panguil-Busen sich
vom Hauptkörper abtrennenden westlichen Halbinsel Mindanao's Quipit
oder Quepindo, eine Bezeichnung, die sehr rasch in Vergessenheit
gerieth. Die Ost-Küste von Mindanao wurde schon damals nach ihrem
Hauptorte Costa de Caraga (bei Pigafetta: Calagan) genannt. Bernardo
de la Torre gab 1543 der ganzen Insel [61] den Namen Cesarea, doch
ist auch diese Bezeichnung vollständig in Vergessenheit gerathen. Der
nördliche Theil dieser Caraga-Küste hiess hier zur Zeit Legazpi's
vorübergehend nach einem Vorgebirge Costa de Cauit (Coauit). Zu
Ende des XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts zerfiel Mindanao in
folgende (geographische) Landschaften, welche zum Theile sich mit
den gleichnamigen politischen Gebieten deckten: 1. Mindanao (das
Mündungsgebiet des Rio Grande de Mindanao und das zwischen diesem
Flusse und dem südlichen Theile der Cordillera de Sugut oder Sujut
liegende Territorium). 2. Buhayen, auch Buhayan, Boayhan &c. genannt
(das Land zwischen dem Rio Grande und der Bahia de Sarangani, den
Oberlauf des mehrgenannten Flusses mit einbegriffen). 3. Caraga
umfasste die ganze Ostküste Mindanao's bis zum südlichsten Punkte
der Insel, der Punta Tinaca; auch das ganze Gebiet des Flusses
Agusan, der bei Butuan mündet, wurde zu Caraga gerechnet. 4. Iligan
(die Küste zwischen Iligan und der Insel Camiguin). 5. Das Land
der Illanos und Malanao (das Territorium zwischen der Illanos-Bai
[62] und dem Panguil-Busen mit dem See von Malanao). 6. Sibuguey mit
Zamboanga [63], die langgestreckte Halbinsel umfassend, welche, von
dem Isthmus zwischen dem Panguil-Busen und der Illanos-Bai beginnend,
sich gegen Westen und Südwesten ausdehnt und bei Zamboanga ihr Ende
findet. Zamboanga hiess damals Sampoangan.

Nach dieser kurzen Beschreibung der alten Eintheilung Mindanao's
will ich zur Registrirung der Entdeckung seiner Küsten übergehen,
wobei ich von dem Princip ausgehe, nur jene Entdeckungen zu melden,
welche sich aus den Quellen ohne jede mir verhasste Hypothesenreiterei
erweisen lassen.

Beginnen wir bei der Nordküste: Die Bai von Butuan sowie die
Surigao-Halbinsel entdeckte Magallanes 1521. Schwieriger ist es,
die Entdeckung der Insel Camiguin und der zwischen dem Panguil-Busen
und dieser Insel gelegenen Küstenstriche festzustellen. Gründlich
untersucht wurde dieses Gebiet durch die Expeditionen, welche Legazpi
von Cebú aus 1565-1569 nach Mindanao unter Sauz, Goyti und Isla
abschickte, weshalb ich auf meiner Kartenskizze es mit der Farbe
der Legazpi-Entdeckungen colorire, obwohl bereits die Expedition
des Villalobos einzelne Theile dieses Landes gesehen hat (Villalobos
selbst nicht, aber von ihm auf Lebensmittelrequisition abgeschickte
Schiffe). Der Panguil-Busen wurde wegen der Gefährlichkeit seines
Fahrwassers, der Unwirthbarkeit seiner Gestade und der Feindseligkeit
seiner Umwohner von den ersten Conquistadoren nur an seiner breiten
Mündung besucht; vollständig wurden seine Gestade erst in den Jahren
1639 und 1640 erforscht, als der kühne Gobernador der Philippinen,
Corcuera, systematisch von allen Seiten den Angriff auf die
unabhängigen Malaien Mindanao's eröffnete, um Spanien den Besitz
der ganzen Insel zu sichern. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der
See von Malanao durch eine von Iligan abgehende Expedition entdeckt
und seine Gestade für kurze Zeit Spanien zinspflichtig gemacht. Die
ganze Umgebung Dapitans wurde erst 1565 von Don Miguel Lopez de
Legazpi entdeckt. Es darf nicht verschwiegen werden, dass Dapitan
wahrscheinlich in der Zeit von 1531-1562 von Portugiesen besucht worden
war, da wir aber hierüber keine sicheren Nachrichten besitzen, und
Legazpi selbst von den Eingeborenen Nichts über eine frühere Ankunft
oder Anwesenheit von Europäern erfuhr, so belassen wir den Spaniern
den Ruhm der ersten Entdeckung. Die Küste um das Cap Quipit wurde im
Jahre 1521 von Carvalho entdeckt. Die langgestreckte Halbinsel, an
deren südlichem Ende Zamboanga liegt, wurde erst unter Legazpi näher
erforscht, als die Spanier, unterstützt von den Fürsten von Dapitan,
jenes Land der Krone Castiliens unterwarfen, doch ist auch hier mehr
als wahrscheinlich, dass die Leute des Magallanes die ersten waren,
welche dieses Land gesehen hatten. Die Entdeckung des Mündungsgebietes
des Rio Grande de Mindanao gebührt ohne alle Frage den Portugiesen,
ebenso nach meiner Vermuthung die Entdeckung der Punta Flecha. Die
Südküste Mindanao's, sowie die Sarangani-Inseln entdeckten die Leute
des Magallanes auf ihrer Fahrt nach den Molukken.

Das Cap S. Augustin, sowie die gesammte Ostküste Mindanao's entdeckte
der Führer der Loaysa-Expedition, Toribio Alonso de Salazar, 1526. Die
Davao-Bai wurde erst 1578 durch Figueróa in ihrem gesammten Gebiete
durchforscht.

Schwieriger ist, die Entdeckung der Sulu-Inseln Schritt für Schritt
zu verfolgen. Die Sulu-Inseln wurden von den Spaniern Xoló (nach der
neuen Orthographie: Joló) genannt und zu ihnen natürlich auch Basilan
gerechnet, welches damals nach einem seiner Küstenorte Taguima genannt
wurde. Magallanes segelte mitten durch den Archipel, Albo nennt hiebei
Sulu: Soló oder Soolou, Basilan aber: Jaguima (offenbar hat Navarrete
in letzterem Worte J für T gelesen), später wurde die Hauptinsel
einige Mal von einzelnen Spaniern aus den Molukken aufgesucht,
unter Saavedra (1529) hielt sich ein spanisches Schiff einige Zeit
in Sulu auf. Basilans Nordküsten wurden noch unter Legazpi in der
Zeit 1566-1571 von den Spaniern betreten, die südlichen Gestade erst
1578 von Figueróa genau untersucht, der dasselbe bei der Hauptinsel
that. Figueróa sah zwar auch Tawitawi, betrat aber dessen Boden nicht,
das geschah erst in den Zeiten Corcuera's, als dessen tapfere Seehelden
Almonte, Ugalde und Monforte den nach Tawitawi geflüchteten Sultan
von Sulu zeitweilig belagerten.

So können wir aus dem Gesagten ersehen, dass, ungeschmälert die
unsterblichen Verdienste des Magallanes, Don Juan de Salcedo es war,
dem die Krone unter den Entdeckern und Conquistadoren der Philippinen
gebührt. Das Innere der meisten Inseln ist noch heut' zu Tage eine
terra incognita, erst in der jüngsten Zeit begann man das Versäumte
nachzuholen, und unter diesen wissenschaftlichen Conquistadoren
begegnen wir auch deutschen Namen: Dr. F. Jagor, Dr. A. B. Meyer,
Prof. C. Semper und Dr. Ritter von Drasche. Am wenigsten durchforscht
sind Mindanao, Mindoro und Palawan, obwohl der tapfere spanische
Marine-Officier und Kartograph Don Claudio Montero y Gay zur näheren
Kenntniss der erstgenannten Insel sehr viel beigetragen hat.



ALPHABETISCHES REGISTER DER CITATABKÜRZUNGEN.


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zu Lande. Leipzig 1748.

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konnte nur Auszüge in der "Neuen Sammlung der Reisebeschreibungen"
und in Sprengel's "Auswahl der besten ausl. geogr. u. stat. Nachrichten
zur Aufklär. der Völker- und Länderkunde" benutzen.

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Zuñiga--Martinez de Zuñiga. Historia de Philipinas. Sampaloc 1803.



* Die mit einem Sternchen versehenen Werke habe ich nur aus zweiter
Hand benutzt.



NOTEN


[1] Ich werde demnächst eine übersichtliche Darstellung der Religion
der philippinischen Malaien veröffentlichen.

[2] Vorläufig zu dreien: dem Ilocanischen im nördlichen, dem
Tagalischen im mittleren und südlichen Luzon, dem Visaya-Stamm im
Visayer-Archipel und Mindanao. Dem Tagalischen Stamme winkt der
sichere Sieg über die beiden anderen.

[3] Die Spanier theilen die Malaien der Philippinen ein in "Indios",
d. s. Christen, Infieles oder Igorrotes (auch Cimarrones, Montescos,
Montaraces), d. s. Heiden und Moros, d. s. Mohammedaner.

[4] Sind nicht unter diesen "Armenios" richtig Parsis zu verstehen?

[5] Auch die Negritos von Tarlac (Pampanga) sind Ackerbauer, indem sie
Reis und Mais pflanzen (Cavada I, 164), ebenso pflegen die Negritos
von Camarínes Norte, vom Hunger getrieben, den Vicol-Malaien bei der
Bestellung der Reisfelder mitzuhelfen (Cavada II, 447).

[6] Dr. Schadenberg fand diese Bestattungsweise nicht allgemein vor,
dagegen bestätigt sie Cavada (I, 221).

[7] Ähnlich berichtet Dr. Schadenberg (147) nach Serrano und Calayag,
dass die Negritos für jeden verstorbenen Stammesgenossen einen Indier
(-Malaien) tödten.

[8] Pili, eine Art Canarium.

[9] Scheidnagel (S. 58) sagt treffend: Obwohl man sich sehr viel
Mühe gemacht, sie zu dem Lichte des Christenthums heranzuziehen,
so hat man doch nach meinem schlichten Verstande sehr wenig für die
Pflege der wahren Moral gethan.

[10] Der Patianac scheint überhaupt vor allem Nackten seine Macht zu
verlieren. Er ist jener Spukgeist, der den Reisenden vom rechten Wege
abbringt und ihn sich verirren lässt. Geschieht diess den Tagalen,
so ziehen sie sich nackt aus und strecken die entblössten Genitalien
gegen den Wind, worauf der Patianac seine Kraft einbüsst (Mas, l. c.).

[11] Barangay ist der Name einer in der Zeit der Conquista
gebräuchlichen Schiffsgattung.

[12] Bei dem Missbrauch der auf den Philippinen mit dem Namen der
Igorroten getrieben wird, ist es kein Wunder, wenn man hie und da
von "igorrotes de Zambáles" liest, es sind diess eben unsere wilden
Zambalen.

[13] Auf den Philippinen ist das Tabaksmonopol eingeführt.

[14] Diess scheint ihr ursprünglicher Name zu sein, denn P. Mozo sagt
(Misiones, p. 62): "La primera nacion se llama Igolot, y corrompiendo
letras, suelen llamarla Igorrota". Auch Morga nennt sie "Ygolotes"
(Morga-Stanley 284).

[15] Nicht Hirsche wie Bastian (Reisen V, 272) erzählt.

[16] Festlichkeiten rein privater Natur, welche mit ihren religiösen
Anschauungen gar Nichts zu thun haben, werden Regnas genannt, wenn
sie vom ganzen Dorfe gefeiert werden, sind sie aber nur von einer
Familie veranstaltet, so heissen sie Bumaguil. Hier werden keine
Asiteras beigezogen (Lillo 30).

[17] Die Pungianen bei Pungian, die Quianganen bei Quiangan und die
Silipanen bei Silipan.

[18] Nach Mas, pobl. 27, Rohrstückchen.

[19] Mas, pobl. 5 und 12. Buzeta I, 54. Ilustracion 1860, 152.

[20] Dass sie nicht feige sind, geht daraus hervor, dass Hügel 1834
unter der Garnison Manila's auch einige Tinguianen bemerkte, wobei
er die Notiz macht: "Für die Regimenter werden diese Männer vor allen
anderen gesucht". Heute ist diess nicht der Fall, da die Conscription
eingeführt ist.

[21] Diess und das Folgende nach Nr. 22 der Ilustracion 1860.

[22] Aus dessen Namen "Adam" gemacht wurde (von den Mönchen).

[23] Hauptwaffe der Apayaos.

[24] Die Apayaos tragen denselben Lendenschurz wie die Igorroten.

[25] Ausnahmsweise ist der Name dieses Gottes in deutscher Orthographie
nach Semper's Schreibweise wiedergegeben.

[26] Deutsche Orthographie.

[27] In Semper, Erdk. X, 265, wird nur von geraden Linien gesprochen,
in den Skizzen, 55, auch von krummen.

[28] Falsche Orthographie: Bicol.

[29] Nach Buzeta I, 205, besitzen die Vicols ein eigenes Feldmaass,
den Pisoson, gleich einer viereckigen Fläche von 100 cast. Brazas
Länge und 50 Brazas Breite.

[30] Es sind darunter die Piraten gemeint, welche von Sulu und
Mindanao aus im XVI., XVII. und XVIII. Jahrhundert die Philippinen
brandschatzten und um die Mitte des vorigen Jahrhunderts durch mehrere
Jahrzehnte sich auf verschiedenen Punkten Mindoro's festgesetzt hatten.

[31] Man findet oft die falsche Schreibweise Bisayas oder Bisayer,
mitunter auf älteren deutschen Karten auch Bissaier.

[32] Wohl zu unterscheiden von der gleichnamigen Insel, welche nördlich
von Mindanao liegt und gleichfalls von Visayern bewohnt wird.

[33] Bellaco spanisch: Spitzbube.

[34] Spanisch: Kälberbesitzer.

[35] Spanisch: Etwas, was in einer Sache zwei Mal vorkommt oder
enthalten ist.

[36] Dasselbe gilt von dem Namen Mananapes.

[37] Nur indirect benutzt.

[38] Gerade kurz vor der Ankunft der Spanier hatten von Moslims
bedrängte Bohol-Visayer ihre Insel verlassen und sich in Dapitan auf
Nord-Mindanao festgesetzt.

[39] Die häufigsten Krankheiten sind Syphilis, Elephantiasis,
Dysenterie und Fieberkrankheiten. Masern-Epidemien sind nicht sehr
häufig, sind aber, sobald sie auftreten, sehr verheerend.

[40] Tänze, welche nur von einem Mädchen getanzt werden, heissen
Panjalays; der Kriegstanz führt den Namen: Sayan oder Moro-Moro.

[41] "Alle Versuche, grössere Unternehmungen mit chinesischen Arbeitern
zu betreiben, sind bisher durch die inländischen Arbeiter vereitelt
worden, die jene nicht dulden, sie durch offene Gewalt oder heimliche
Verfolgung vertreiben" (Jagor 252).

[42] Nähere Details in meinem Aufsatze über diesen Gegenstand in den
Nummern 1-3 des Jahrgangs 1881 der Österreichischen Monatsschrift
für den Orient.

[43] Nur Männer.

[44] Ohne die Mestizen von Tayabas und Sámar.

[45] Nach Buzeta's Schlusstabelle, pag. 143, im I. Bde des Werkes
findet sich die Angabe: 7000 españoles ó de raza española.

[46] Erst Anfang des XVII. Jahrhunderts konnte das Decret vollends
durchgeführt werden.

[47] Magallanes' Chronisten schreiben: Masava, Massana; andere
Varianten sind: Dimasana, Limasana, Limasaba.

[48] Sógbu, Zubu, Zubuth mit Varianten wie: Çubu &c.

[49] P. Francisco Combes. Historia de las islas de Mindanao, Joló y
sus adyacentes. Madrid 1667, p. 74.

[50] Man vgl. darüber: Fray Juan de la Concepcion. Historia general
de Philipinas. Sampaloc (Manila) 1788-92. Bd. V, p. 378.

[51] Oder nur der Caragalandschaft?

[52] Cartas de Indias. Madrid 1878, fol. 119.

[53] Das Datum ist vom 24. September 1559.

[54] Fray Gaspar de San Augustin. Conquista de las Islas Philipinas,
Madrid 1698, p. 91.

[55] Urdaneta wird als der erste genannt, welcher die Südsee von West
nach Ost durchschiffte; eigentlich gebührt dieser Ruhm einem anderen
Officiere des Legazpi, dem Capitän Arellano, welcher auf dem Wege
nach den Philippinen desertirte und noch früher mit seinem von einem
Mulatten gesteuerten Schiffe nach Méjico gelangte als Urdaneta. Er
hatte diess gethan, um den Preis zu gewinnen, den der König auf die
erste Durchkreuzung der Südsee von West nach Ost ausgeschrieben hatte.

[56] Die Schreibweise Bisayer ist unrichtig.

[57] Man vgl. darüber: Fray Gaspar de S. Augustin, a. a. 0.,
p. 214 u. 515.--Fray Juan de la Concepcion. a. a. O., Bd. VIII,
p. 137.--Rafael Diaz Arenas, p. 30.--Buzeta y Bravo. Diccionario
geográfico, estadístico, histórico de las Islas Filipinas, Madrid
1850, Bd. I, p. 285; Bd. II, p. 311.--M. C. Sprengel, Geschichte und
Beschreibung der Philippinischen Inseln (in Forster's und Sprengel's
Beiträgen zur Länder- und Völkerkunde, Leipzig 1782), S. 30.

[58] Damals auch Nebuy genannt.

[59] Unter den "Eroberungen" in den Visayern ist immer nur die
Unterwerfung der Küstenorte zu verstehen, denn die schwach bevölkerten
Binnenlandschaften sind zumeist noch heute unabhängig.

[60] Diese Schreibweise mit Il "Manilla" ist ganz falsch, sie findet
sich leider in vielen Lehrbüchern der Geographie.

[61] Vielleicht nur der Caraga-Küste (?).

[62] In deutschen Karten findet man: Illana-Bai, das ist entschieden
falsch, denn in dem spanischen Worte Bahia Illana ist das letztere
Wort ein Adjectiv, hergeleitet von dem Substantiv Illano. Die Illanos
sind nämlich die Küstenbewohner jener Bai; es kann daher im Deutschen
nur richtig lauten: Illanos-Bai, Bai der Illanos oder Illanische Bai,
aber nie Illana-Bai.

[63] Das Gebiet von Zamboanga wurde auch "Land der Subanos" (Çubanos)
genannt.





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